1891 / 50 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

—!

1

Gestern Mittag unternahm Ihre Majestät mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Eitel⸗Friedrich und Adalbert eine Spazierfahrt nach dem Schlosse Bellevue und ertheilte gegen Abend mehrere Audienzen.

Heute Nachmittag hielt der Bun desrath eine Plenar⸗ situng ab. Vorher war der Ausschuß für Rechnungswesen zu einer Sitzung zusammengetreten.

Der Inspecteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, General— Lieutenant von Rosenberg ist vom Urlaub zurückgekehrt.

. M. Panzerschiff „Oldenburg“, Kommandant Ka— pitän zur See von Wietersheim, ist am 24. Februar in Portsmouth eingetroffen.

Der heutigen Nummer des Reichs- und Staats-Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. I), enthaltend Entschei⸗ dungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Sachsen. Dresden, 25. Februar. Se. Durchlaucht der Fürst

.

von Schwarzhurg-Rudolstadt ißt, wie das „Dr. J. meldet, gestern Abend von Rudolstadt hier eingetroffen.

Württemberg. des 2 a a e ein Diner statt, zu welchem dem, f, W. zufe Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzeisin ? helm und die P:rinzessin Friedrich von Wurttem— berg, sowie Ihre Durchlauchten der Erbprinz zu Waldeck

und Pyrmont, der Prinz Friedrich und die Vrinzessin

Bathildis zu Schaumburg-Lippe eingeladen waren. Oldenburg. Oldenburg, 24 Februar. the ö zum Zweck der Erbauung Herzog Georg Ludwig das vorbehaltene Krongut de thums mit einer Anleihe bis zu 150 000 (66 zu für welche das neue Palais demnächst in das Eigen— thum des Kronguts fallen soll. Mit der Ausfüh⸗ rung verschiedener von der Staatsregierung beantragter Eisenbahn⸗Hochbauten erklärte der Landtag sich ein⸗ verstanden, soweit die dazu erforderlichen Mittel in Mehr— einnahmen des Erneuerungsfonds im Laufe der Finanzperiode 1891 53 verfügbar sein sollten. Verschiedene andere Gesetz⸗ entwuürfe erhielten die Zustimmung des Landtages in zweiter Lesung. In den ständigen Landtagsausschuß wurden ge⸗ wählt: Abg. Ahlhorn als Vorsitzender und die Abgg. Rogge— mann, Tantzen, Meyer, Kasch und Weis als Mitglieder. Reuß j. L.

Gera, 25. Februar. Der Landtag nahm nach der „Ger. Ztg.“ in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Wahlen zum Landtage und zu den Bezirks— ausschüssen, mit einigen redaktionellen Aenderungen bes Justiz— ausschusses an und genehmigte in namentlicher Abstimmung einstimmig den Gesetzentwurf, betreffend den Civilstaatsdienst.

Elsaß⸗Lothringen.

25. Februar. Gestern Abend fand laut

T. B.“ bei dem Statthalter Fürsten ein parlamentarisches Festessen statt,

m die Spitzen der Civil- und Militärbehörden ie Mitglieder des Landesausschussss im Ganzen hr neunzig Personen theilnahmen. Bei der Tafel

Statthalter das erste, mit Begeisterung auf— Soc auf Se. Majestät den Kaiser aus und dann eine langere Ansprache, in welcher er der Freude Vertragen und die loyale Gesinnung der Bevölkerung

rar das Vertrauen zu den besseren Absichten des

Damrn fei gesteigert, das früher gestört und Maß— De, dis theilweise noch auf dem Lande lasteten.

* **

Ei

11

a f e.

416 1

Statthalter

V

ent des Ausschusses Dr. Schlumberger en Statthalter. . . D* erledigte in seiner vorgestrigen uverwaltung (außerordentlicher Universitat, der Bibliothek, und des meteorologischen Dienstes, der Justizverwaltung und 5. 10 Debatten kamen der „Straßb.

Gꝛzrßbritannien und Irland.

ver Königin hielt der Prinz von nen erf Empfang in dieser Saison

ner den Vorgestellten befanden anische Gesandle. .

Königliche Kommission

er frage einzus. zen, wurde

**

F

mmission ist die Regierung en die britischen Vertreter z Sir John Gorst, Sir e in die Kommifsion berufen nete Fenwick, Sekretär des

* z

2d XS

2338 5 1 28 *.

. 2 R 10

* w C n ernannt werden.

1643 E

Marinebudget auf das Jahr 1891 92 vor. Der Minister verlangt 428 500 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahr. Für 1890— 91 hatte das Marinebudget 13 36 6090 Pfd. Sterl. betragen, jetzt soll es auf 14215190 Pfd. Sterl. erhöht werden. Dies hat theilweise darin seinen Grund, daß das Marinegeschützwesen vom Kriegs⸗-Ministerium auf die Admiralität übergehen soll. Hiermit ist allein eine Mehrausgabe von 78 0090 Pfd. Sterl. verbunden. Anderer⸗ seits erwartet man eine, größere Beisteuer von der indischen Regierung für die von der britischen Marine in indischen Gewässern geleisteten Dienste. Zum ersten Male werden in diesem Jahre in Gemäßheit der Reichs⸗Vertheidigungs⸗ Akte die australischen Kolonien eine Beisteuer entrichten. Dafür aber hat das Reich 7 Kriegsschiffe für dieses besondere Geschwader zu erhalten. Die letzte Rate werden die australischen Kolonien am 1. April 1900 zu zahlen haben. Bringt man diese verschiedenen Posten in Abzug, so fordert der Marine—⸗ Minister dessen ungeachtet 358 500 Pfd. Sterl. mehr. Nach der Marine-Vertheidigungs⸗-Akte sollen, wie schon erwähnt, 70 neue Schiffe gebaut werden. Alle diese Schiffe sollen vor dem 1. April 1844 in kriegstüchtigem Zustande sein.

Die Krisis in der irischen Partei zieht immer weitere Kreise, und auch die Geistlichkeit hat sich jetzt ent— schieden gegen Parnell ausgesprochen. In allen roöͤmisch— katholischen Kirchen der Diözese Cloyne gelangte am Sonn⸗ tag nach dem Gottesdienst ein langer Hirtenbrief des Bischofs MeCarthy über die Frage, wer die Partei in Zukunft führen solle, durch die amtirenden Priester zur Verlesung. Zum Schluß heißt es in demselben: „Ergreift praktische Maßregeln zur Ausführung Eures festen und unwandelbaren Entschlusses, Varnell's Führerschaft zurückzuwersen, und stellt Euch unter die Fübrung Justin MeCarthy's und der Mehrheit der irischen Partei. Befolget auch die Vorschlage, welche dieselben zum Zwecke der Wiederorganisation der Liga in Euren ver—

tem⸗- l

beifallig aufgenommen.

Gewerłoer eins Kongresses,

schiedenen Distrikten an Euch richten werden.“ Mit der endgültigen Spaltung der irischen Partei ist die

2M wpe das V

zu - geworden. e seine Freunde, heißt es, seien geneigt, einen Theil des Fonds unter der Bedingung zu zichten, daß auch die Nationalliga einen Antheil empfange. erers verlangen die Anti Parnelliten, daß die Summe ungeschmalert an den Pachter-Vertheidigungsverein ihrt werde. Inzwischen haben Justin MeCarthy und Freunde es nicht verabsäumt, Gelder für die unmittel— politischen Bedürfnisse ihrer Partei aufzubringen, und en ihre Bemühungen nicht erfolglos. Wie es heißt, sieht i ue Gesellschaft ihre Hauptaufgabe in der Erhaltung der itischen Unabhängigkeit der Anti-Parnelliten von jeder englischen Partei. Auch in Amerika und Australien sind die Rüßungen zu der anti⸗parnellitischen Campagne nahezu ab— geschlossen. Schon in nächster Woche sollen die zur MeCarthy⸗ Gruppe gehörigen Abgg. Flynn und Kenny nach New York und Sullivan und Kox nach Australien abreisen, um die Agitation gegen Parnell auch bei den jenseits des Oceans wohnen⸗ den Iren zu betreiben. Der Kampf dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr lange auf sich warten lassen. Aus Gal waywird gemeldet, daß auch John Dillon die Gefängnißluft nicht hat vertragen können und seinem Freunde und Kollegen O'Brien in das Hospital gefolg! ist, welches dieser schon in den ersten Tagen nach seiner Ankunft bezogen hatte. Die beiden Abgeordneten, welche sich vor ihrer Verhaftung einer ausgezeichneten, um nicht zu sagen robusten Gesundheit er⸗ freuten, sind mit der ihnen zu Theil werdenden Behandlung höchlichst zufrieden. . ; Bei dem vorgestrigen Jahresbankett der Deutschen Wohlthätigkeitsgesellschaft führte, wie der „Köln. Ztg.“ aus London gemeldet wird, zum ersten Mal der Prinz Heinrich von Battenberg den Vorsitz. Ec brachte einen Trinkspruch auf Kaiser Wilhelm aus und feierte ihn als Frieden: fürsten. Die Admiralität hat den Bau eines neuen Kanonen— boots angeordnet. Dasselbe soll den Namen „Leda“ erhalten und im Laufe des neuen Finanzjahres auf den Schiffswerften in Sheerneß erbaut werden. Das Schiff wird 230 Fuß lang sein, eine Tragfähigkeit von 735 Tons besitzen und Über eine Maschine von 3500 Pferdekräften verfügen. Die Bewaffnung der „Leda“ wird aus 4 7zölligen und vier dreipfündigen Schnellfeuerkanoönen und fünf Torpedo-Apparaten bestehen. Die Schnelligkeit ist auf 19 Knoten in der Stunde festgesetzt. Aus Colombo auf Ceylon meldet „R. B.“ unter dem 23. Februar: Der Großfürst-Thronfolger von Ruß⸗ land stattete heute dem Gouverneur seinen Abschiedsbesuch ab. Morgen wird er nach Singapore abreisen, nachdem er den Besuch Siams wegen der dort herrschenden Cholera auf— gegeben hat. . Aus Rangun in Birma wird dem „R. B.“ berichtet, daß die Ortschaft Wuntho in Ober-Birma, dessen einge— borener Häuptling sich seit längerer Zeit im Aufstande gegen die Englander befindet, von einer englischen Truppen— abtheilung unter dem Befehl des Kapitäns Hutchinson besetzt worden ist. Letztere war von Jeu, zwischen Mandalay und Wuntho, vorgerückt und hatte einen fünfstündigen Kampf mit den In surgenten, welche eine starke Stellung inne hatten. Die Verluste der Aufständischen betrugen etwa 50 Todte; auf Seiten der Engländer wurden drei Europäer getödtet und zehn verwundet. Auch Hutchinson wurde schwer verwundet.

8 g , ; d 67 2

*

2 C 8

Sv —i ß TS Tt

H

3 8

Frankreich. Paris, 26. Februar. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Margarethe besuchten gestern das Louvre⸗Museum und nahmen das Tiner in der deutschen Botschaft ein. Abends waren der päpstliche Nuntius Msgr. Rotelli, dessen Sekretär Mgr. Celli, sowie der Herzog und die Herzogin Mandas bei It

hrer Majestät der Kaiserin eingeladen.

Der Oberste Arbeitsrath genehmigte vorgestern, wie der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt wird, die Vorschlaͤge, daß wenigstens zweimal im Monat die Zahlung der Löhne erfolgen müsse, und daß diese Zahlung weder in Waaren, noch in Anweisungen oder Marken geleistet werden dürfe. Ferner wurde eine be⸗ terächtliche Herabsetzung der Kosten bei der Pfändung und beim Gerichtsverfahren beschlossen; ins besondere auch vorge⸗ schlagen, das Friedensgericht an Stelle der Civilgerichte mit em Verfahren zu betrauen. Zu Gunsten der weitern Ent⸗ wickelung der Kooperativagenossenschaften faßte der Arbeitsrath

einen sehr entschiedenen Beschluß. In der gestrigen Sitzung

aßt 2 . ** wurde dem „W. T. B.“ zufolge der Vorschlag angenommen,

den Arbeiter ⸗Syndikatskammern, welche im Einvernehmen mit den Syndikatskammern der Arbeitgeber Dienstvermittelungs⸗ Bureaus organisiren, Subventionen Seitens des Staats zu⸗ zuwenden. .

Der General Mathelin, Commandeur der 2. Division des 1. Corps, ist der, Köln. Itg.“ zufolge zum Com mandeur des 15. Corps (Marseille) ernannt worden und tritt dort an die Stelle des Generals Japy, der die gesetz ich bestimmte Altersgrenze erreicht hat.

Der Schlachtenmaler Detaille erklärt in einem in den heutigen Morgenblättern veröffentlichten Schreiben, daß er sich nicht an der Berliner Ausstellung betheiligen werde; er spreche allerdings nur in seinem eigenen Namen, sei jedoch überzeugt, daß seine Kollegen sich ihm anschließen würden. Der Maler Benjamin Constant hat eine gleiche Erklärung abgegeben.

Italien.

In Rom begann gestern ein Prozeß gegen die wegen Verschwörung gegen das Leben des Königs an⸗ gekklagten Anarchisten Calzoni, Pedroni und Penacchi. In der Anklageschrift wird ausgeführt: der König habe im Januar 1839 ein Schreiben aus Verugig erhalten mit der Unterschrift „Nihilistischer Verein“. In dem Schreiben wurde der Kön aufgefordert, vor dem 21. März abzudanken, widrigenfalls er durch Dynamit in die Luft gesprengt werden würde. Im darauf folgenden Juni trafen in Perugia zwanzig Dynamitpatronen unter der Adresse Calzoni's ein, worauf die Polizei die oben Genannten ver⸗ haftete. Calzoni gesteht nur zu, Anarchist zu sein, leugnet aber ebenso wie die andern Angeklagten alles Uebrige.

Portugal.

Das gestern in Lissabon erschienene amtliche Blatt ver⸗ öffentlicht das Königliche Dekret, betreffend die Einberufung der Cortes zum 4 März Zwecks Berathung der Vorlage über Aufnahme einer Anleihe zur Konsolidirung der schwebenden Schuld.

Die Londoner „Daily News“ ist aus Lissabon ermächtigt mitzutheilen, daß die portugiefische Regierung in den ost⸗ afrikanischen Kolonien völlige Religionsfreiheit gewährleisten und in die Konzession der neuen Mozambigue⸗Gesellschaft eine Klausel einsetzen wird, welche die Gesellschaft auch zur Beihülfe in der Unterdrückung der Sklaverei verpflichtet.

Belgien.

In dem gestern Nachmittag im Ministerium des Innern stattg-habten Ministerrath theilte, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, der Minister des Innern Melot mit, daß er wegen schwerer Krankheit, die ibm längere Ruhe auf⸗ erlege, seine Entlassung nehme. Das Entlassungsgesuch wurde alsbald dem König übermittelt.

Schweden und Norwegen.

(E) Christiania, 23. Februar. Der König und der Prinz Eugen werden am nächsten Sonnabend nach Stock⸗ holm abreisen. König Oskar wird Mitte Juli wieder nach Norwegen kommen, um dem 250 jährigen Ju biläum der Stadt Christiansand beizuwohnen und den Städten Krazgerö, Risör und Arendal einen Besuch abzustatten.

Im Storthing wurde heute die Verhandlung über die Ordnung der diplomatischen Angelegenheiten fort⸗ gesetzt. Alle Staats-Minister und Staatsräathe waren anwesend. Abg. Schweigaard sprach für die von ihm eingebrachte Tagesordnung (vgl. Nr. 48 d. Bl.). Er habe nicht ge— glaubt, daß man jetzt schon eine Aeußerung aus An— laß der Thronrede für erforderlich halten würde, da die fragliche Sache doch erst nach vier Jahren entschieden werden könne, wenn neue Wahlen stattgefunden hätten. Es werde jetzt ein eigener norwegischer Minister des Aeußern verlangt, was man jedoch nicht offen sagen wolle. Diese Forderung sei aber gleichbedeutend mit der Aufhebung der Gemeinschaft, sei in Wirklichkeit die Auflösung der Union. Redner wies auch darauf hin, wie vorsichtig der Wortlaut in der Regierung vorlage abgefaßt sei, sodaß in Zaͤkunft auch ein Norweger zum Minister des Aeußern berufen werden könne. Abg. Berner hielt es für natürlich, daß das Storthing sich jetzt über die von der Regierung selbst ein— gebrachten Vorlagen äußere. Das Storthing müsse seine Pflicht thun, wie die Regierung die ihrige gethan zu haben vermeine. Man beabsichtige durchaus nicht, jetzt schon einen eigenen Minister des Aeußern fordern zu wollen, aber man wolle die Möglichkeit offen lassen, wenn das norwegische Volk dies einmal verlange. Diese Lösung sei nicht unmög⸗ lich, wenn sie auch zur Zeit nicht angebracht oder zweck— maßig sei. Nachdem noch der Abg. Ulmann in gleichem Sinne wie der Vorredner gesprochen hatte, ergriff Staats— Minister Stang das Wort. Durch die Aeußerungen der beiden letzten Redner sei klar erwiesen, daß man die Frage wegen eines eigenen norwegischen Ministers des Aeußern offen lassen wolle, oder mit anderen Worten: man wolle die Freiheit haben, zu jeder beliebigen Zeit die Union auflösen zu können, was faktisch eintrete, wenn die Gemeinschaftlichkeit der diplomatischen Angelegenheiten aufgehoben werde. Die Tagesordnung der Linken beeche mit dem früheren Standpunkt des Storthings und spreche ein Verdammungsurtheil über die Regierung aus; werde sie angenommen, dann werde die Regierung, wie schon dem König mitgetheilt sei, zurücktreten und die Verantwortlichkeit denen Überlassen, welche die Situation hervorgerufen hätten. Für die Tagesordnung der Linken sprachen dann noch u A. der frühere Staatsrath Astrup und der Führer der Moderaten, Pastor Oftedal; dagegen Staatsrath Roll und schließlich Staats⸗Minister Stang, der sich noch gegen den Vorwurf vertheidigte, daß er flüchten und seine Vorlagen im Stiche lassen wolle. Man rathe jetzt der Regierung zu warten, bis die Vorlagen selbst zur Verhandlung kommen würden, aber nicht die Regierung, sondern das Storthing müsse und könne warten. In nament⸗ licher Abstimmung wurde schließlich die Tagesordnung des Abg. Berner mit 59 gegen 55 Stimmen angenommen.

Alle Staats-⸗Minister und Staatsräthe xreichten (wie schon telegraphisch berichtet) gleich nach dem Schluß der Storthingssitzung ihre Demission ein. Der König ließ noch am Nachmittag den Abg. Bankdirektor Berner zu sich rufen.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Das Repräsentantenhaus

hat laut Meldung aus Washington gestern die Ein⸗

wanderungs⸗Vorlage angenommen.

In dem Bericht, welchen, wie schon telegraphisch gemeldet, der dazu niedergesetzte Ausschuß des Repräsentanten⸗ hauses erstattet hat und der sich gegen die Senatsbill für unbeschränkte Silb erpräg ung ausspricht, heißt es: In der gegenwärtigen Gesetzgebung seien ausreichende Bestimmungen äber den Verbrauch des gesammten Silberüberschusses der Welt vorhanden. Nach dem jetzigen Gesetz würden jährlich Dell 4 90M O in Form von Schatzmts noten dem Courant des Landes für Silberankäufe zugeführt und dadurch werde die in Folge des Einziehens der Noten der Nationalbanken entstandene Reduktion bei Weitem überschritten. Sollte die Zunahme des Courants in dem bisherigen Verhältniß fortdauern, so würde das Silber in 10 Jahren den Betrag aller zurückgezogenen Banknoten um 360 609000 Doll. übersteigen. Weitere gesetz⸗ geberische Maßregeln in der Silberfrage find nach dem Be⸗ richt nicht erforderlich.

Brasilien. In Rio de Janeiro ist gestern die Ver⸗ fassung veröffentlicht worden. Dieselbe bestätigt den bundes⸗ mäßigen Charakter Brasiliens. Dem „R. B.“ zufolge ist Marschall Deo doro da Fonseca von dem Kongreß mit geringer Majorität für den Zeitraum von vier Jahren zum Präsidenten der Republik erwählt worden.

Chile. Nach aus Lima in Varis eingetroffener Meldung ist Iquigue von der aufständischen chilenischen Flotte genommen worden.

Afrika.

Egypten. Der Sieg der kleinen Schaar egyptischer, von britischen Offizieren angeführter Truppen über die ihnen an Zahl weit überlegenen Derwische bei Tokar ist in England sehr beifällig aufgenommen worden. Die Presse er— blickt in der Wiederbesetzung von Tokar den ersten erfolgreichen Schritt zur Wiederherstellung des Friedens in den östlichen Sudanprovinzen seit Ausbruch des Aufstandes im Jahre 1883. Inmitten einer frucht—⸗ baren, über 30 Quadratmeilen greßen Oase gelegen, deren fruchtbarer Boden alljährlich reiche Getreide-Ernten hervorbringt, erscheint Tokar gegenwärtig als der günstigste Punkt, von welchem aus die Verkehrsstraßen des oberen Sudan wieder dem Handel erschlossen werden können. Sämmt— liche bedeutenderen Stämme des Ost-Sudan stehen mit Tokar in Verbindung; Stamme, welche, so lange die Macht Egyptens noch nicht erschüttert war, dem Khedive einen jährlichen Tribut von nahezu 109000 Pfd. Sterl. zahlten. Unter diesen Stämmen ist der der Beni Amer der größte und zahlreichste. Diese, ein friedliches Hirtenvolk im Besitz zahlreicher Heerden, blieben wahrend der verschiedenen Phasen des Aufstandes neutral und leisteten der egyptischen Regierung als Friedens— vermittler bei den feindlichen Hadendowas und den unverläß— lichen Bisharins sehr wichtige Dienste. Von nicht zu unter— schätzender Bedeutung für Tokar als Sitz einer neuen egyptischen Verwaltung ist, nach der Meinung englischer Blätter, der Umstand, daß der Häuptling der Beni Amer häufig seinen Aufenthalt in dem Tale des Bark— Flusses nimmt, welcher nicht weit von der Stadt die Ebene durchfließt. Auch die Einsetzung einer wohldisziplinirten Garnison unter der Leitung englischer Ofsiziere in Tokar werde ihren Theil zur Beruhigung der verschiedenen Stämme beitragen. Es bestehe außerdem die Absicht, einige bei den Stämmen in hohem Ansehen stehende islamitische Priester, wie z. B. den als Heiligen verehrten Scheikh el Morghaniß, zu veranlassen, ihren Wohnsitz in Tokar aufzuschlagen, von wo aus sich ihr Einfluß rasch auf die Umgebung verbreiten würde. Die endliche Wiederherstellung des Friedens und der Ordnung in den östlichen Provinzen sei jetzt nur noch eine Frage der Zeit.

Aus Afafit über Suakim liegt folgendes Telegramm des R. B.“ vom 21. d. M. vor:

Die Kavallerie recoanoscirte gestern die Gegend gegen Temerin hin und stieß auf eine Anzabl Derwische, welche sich ergaben. Die selben sagten aus, das Osman Digma nebst einigen Reitern in aller Eile Temerin passirt habe, um sich über Köor Barraka und Langbeb nach Kassala zu begeben. Des Weiteren meldeten sie, daß viele pon denen, die kei Tokar gekämpft hätten, desertiren und sich er— geben würden. Auf der Landstraße stieß die Reiterei auf viele Verwundete, die nicht weiter fortkonnten. Die Scheikbs fast aller Stämme der Gegend haben um Gnade gebeten, welche ihnen auch gewäbrt worden ist. Die Verbindung ist jetzt zu Lande mit Suakim, Akik und Erkowit bergestellt. Die Abtbeilung sovaler Araber, welche am 15. Februar von Suakim nach Erkowit zog, traf gestern bier ein, nachdem sie OZman Digma von Handub gefolgt war, wo er Rekrutirungen vornehmen wollte. Nachdem er aber von dem Vor marsch der Egvrter von Trinkitat gebört hatte, kebrte er sckleunigst nach Afafit zurück. Uaterwegs raffte er alle streitbaren Männer zusammen, deren er babbaft werden konnte. Dieser Umstand erklärt die Stärke seiner Trurpen. Oberst Holled Smith und die britiichen Offiziere bewohnen jetzt die Häuser Osman Digma's. Seit gestern regnet es fortwährend, die Truppen liegen deshalb in 6 Die Verwundeten schreiten meift ihrer Senesung entgegen. Der Gesund. beitezustand der Trurven ist ausgezeichnet. Das Land atbmet auf, weil es von den tyrannischen Bedrückungen Osman Digma's befreit worden ist.

Die neuen Anleihen.

Das Verfahren bei Begebung von Reichsanleihe und preußischer Staatsanleihe, welches jetzt zum ersten Mal eingeschlagen worden ist, besteht bekanntlich darin, daß von der Vermittelung durch ein Garantie⸗-Konsortium großer Bankhäuser abgesehen und die Anleihen durch die Reichs⸗ bank beziehungsweise die preußische Seehandlung direkt aufgelegt find. Durch den großen dabei entfalteten Apparat, namentlich durch die Heranziehung auch der kleineren Reich sbankanstalten (Nebenstellen), im Ganzen mehr als 200, sowie aller preußischen Regierungs⸗-Hauptkassen, Steuerkassen und Kreiskassen, sind die Anleihen dem Publikum bis in die kleinsten Kreise unmittelbar zugänglich gemacht. Die Vortheile, welche sonst dem Konsortium zufielen, find dem zeichnenden Publikum zugewendet. Dieses ganze, neue System . die . glänzend bestanden. Die aufgelegten 200 Millionen Reichsanleihe sind mehr als 46 fach, die 250 Millionen preußische Anleihe nahezu 306fach gezeichnet worden. Aber den betheiligten Behörden, insonderheit der Reichs bank, ist dadurch eine gewaltige Aufgabe ermachsen. Nachdem die Leiter der Finanz⸗Verwaltungen die Höhe, den Zinsfuß und Cours sowie die Grundzüge des Systems nach eingehender Berathung festgestellt, galt es, um das Interesse an der Anleihe zu beleben und dem flüssigen Kapital den Bezug der Schuld— verschreibungen so leicht als möglich zu machen, sich die Mit— wirkung einer Reihe von deutschen Bankhäusern zu sichern, welche vermöge ihrer Bedeutung und der Art ihres Geschäfts—

betriebs vorzugsweise geeignet sind, jenes Interesse zu wecken und die Anleihe in das eine sichere Kapitalsanlage suchende Publikum hinüberzuleiten. An die Auswahl dieser Hãuser schloß sich die Ausarbeitung der Zeichnungsbedingungen. Man entschied sich hierbei für das System der sogenannten Scrips“*, d. h. Interimsscheine, welche nur über die auf jedes Stück geleistete Theilzahlung lauten, sodaß darauf die späteren Zahlungen in gleicher Art zu bescheinigen sind, anftatt daß nach dem bisher üblichen System über den Betrag der ein⸗ zelnen Zahlungen vollgezahlte (dem ganzen gezahlten Betrage entsprechende) Interimsscheine ertheilt wurden. Das neue System erleichtert den Handel, indem es die Zahl der verfügbaren („leichten“) Stücke vermehrt, hat aber große Schwierigkeiten hinsichtlich der spateren Zah— lungen. Diese Schwierigkeiten find dadurch üͤber⸗ wunden, daß die Zahlungen bei einer beliebigen Reichs— bankanstalt geleistet werden können, wodurch freilich schon wegen der erforderlichen verwickelten Kontrol⸗Einrichtungen für fünf Zahlungstermine eine sich fast bis zum Jahresschluß sehr erhebliche Muhwaltung für die Reichsbank entsteht.

Am 20. Februar sollte die Zeichnung stattfinden. Bis dahin waren die nöthigen drei Veröffentlichungen der Pro— spekte zu veranlassen, Hunderttausende von Zeichnungs— scheinen fertigzustellen und rechtzeitig an die Zeichnungsstellen zu versenden. Der Andrang zur Zeichnung war, wie das Resultat erkennen läßt, ein kolossaler. Allein zur Annahme von Vor— anmeldungen hatten schon Tage lang vorher bei der Reichs haupt⸗ bank in Berlin 10 Beamte bestellt werden müssen. Am 26. mußte diese Zahl mehr als verdoppelt werden.

Das Gerücht, daß kleine Zeichnungen vorzugsweise berück— sichtigt werden würden, hatte zur Folge, daß die Zahl der Zeichnungen sich übermäßig vermehrte. Das Kürzungs— und Vertheilungsverfahren ist dadurch bei der statt— gefundenen beispiellosen Ueberzeichnung gewaltig erschwert worden. Das sehr genaue Material, welches sich die Reichs⸗ bank zu diesem Zweck von allen Zeichnungs stellen hatte liefern lassen, ergab, daß die Zahl der Zeichnungen (es sind im Ganzen 270 268 Zeichnungen auf Reichsanleihe abgegeben) die Zahl der in dem herkömmlichen Stückelungsverhältniß ausgefertigten Interimsscheine nicht unerheblich übersteigt und daß, wenn nicht ganze Klassen von Zeichnungen ausfallen sollten, die Bevorzugung kleiner Zeichner von Reichsanleihe nicht weiter als dahin gehen durfte, einem jedem der Zeichner mindestens ein Stück von 200 6 (das kleinste Appoint) zuzutheilen, während die Seehandlung bei der geringeren Ueber— zeichnung derpreußischen Anleihe für Zeichnungen bis 3000 209 (6, bis 19000 S6 300 S und bis 15 000 Ss 500 geben kann. Der Ueberrest wird nach Verhältniß ver— theilt; wo absichtlich zur Erreichung einer größeren Zu— theilung eine Zeichnung in mehrere kleine zerlegt ist, wird die vorzugsweise Berücksichtigung der letzteren versagt.

Die Annahme der ersten Zahlung am 5. März wird wiederum alle Kräfte der betheiligten Beamten anspannen. Bei der Zeichnungsstelle der Reichs-Hauptbank werden dazu acht Kassen eingerichtet. Das gewöhnliche Geschäft des Komtors für Werthpapiere wird an diesem Tage ganz sistirt werden. Die weitere Ab— wickelung der beiden Anleihen wird, wie schon oben angedeutet, voraussichtlich ganz oder doch zum weit überwiegenden Theil der Reichsbank zur Last fallen. Sie trägt allein die Abrechnung über die erste Einzahlung auf beide Anleihen mit den privaten Zeichnungsstellen, welche auch beiderlei Interimsscheine je bei der Bankanstalt ihces Wohnorts in Empfang zu nehmen haben. Die Thätigkeit dieser privaten Stellen erreicht mit der gleichzeitigen Ein— zahlung jener ersten Rate ihr Ende. Daß die Reichsbank ferner an allen ihren Kassen die späteren Einzahlungen auf jeden Interimsschein der beiden Anleihen annimmt, darüber quittirt und die Zahlungen mit der Centralstelle verrechnet, ist bereits bemerkt. Dieses System hängt zu— sammen mit der Zuverlässigkeit des Kontrolmaterials, welches die betheiligten Beamten den Centralstellen zu liefern haben. Es werden hierzu Einrichtungen ins Leben gerufen, welche trotz der in fünfmal wiederkehrenden Zahlterminen sich an— bäufenden Zahlenmassen jeden Irrthum auszuschließen geeignet find, zur Erzielung dieser Sicherheit aber naturgemäß einen bedeutenden Aufwand von Zeit und Arbeitekraft erfordern.

Den letzten Akt wird dann der Umtausch der voll— gezahlten Interimsscheine in definitive Schuldverschrei— bungen bilden.

Es ist ersichtlich, in welchem Maße durch die vorstehend geschilderte großartige Finanz Operation die Kräfte und der Eifer einer großen Zahl von Beamten in Anspruch genommen werden, welche die damit verbundenen mühevollen und verantwortlichen Arbeiten zum Theil neben ihren sonstigen Berufsgeschäften zu erledigen haben. Wir sind aber sicher. daß die bewährte Pflichttreue, verbunden mit der Freude über den erreichten Erfolg, über alle Schwierigkeiten hinweghelfen wird. Die einzelnen Ausführungsmaßregeln sind gewiß hier und da verbesserungs— fähig. Im Ganzen und Großen aber hat sich die gewählte Methode vollkommen bewährt und wird unter ähnlichen nor—⸗ malen Verhaltnissen sicher wieder angewendet werden, wenn das Reich und Preußen zu neuen Emissionen schreiten sollten.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (5. Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretar Dr. von Böoetticher beiwohnte, wurde die zweite Beralhung des Gesetzentwurfs, betr. die Ab⸗ änderung der Gewerbeordnung, fortgesetzt. Die gestern abgebrochene Diskussion über 5. 120 (Fortbikdungsschul⸗ wesen) nebst den dazu vorliegenden Anträgen wurde wieder aufgenommen.

Abg. Bebel verlangte, daß, wenn man einmal die Noth⸗

wendigkeit der Fortbildungsschulen anerkenne, man auch die

Stunden für den Unterricht so wählen müßte, daß die Schüler

den möglichst großen Nutzen von dem Besuch der Schule

hätten. Dazu sei nöthig, daß an Wochentagen die

Stunden in die Arbeitszeit gelegt würden, damit die

Schüler frischen Geistes am Unterricht theilnehmen könnten.

Redner wies besonders an den Bäckern nach, daß diese jungen

Leute bei ihrer Arbeitszeit am Abend müde zum Unierricht

kommen müßten. Er wandte sich dann gegen den Vorschlag,

am Sonntag den Foribildungsunterricht während des Haupt⸗

gottesdienstes zu untersagen. Rechne man die Stunden des

Hauptgottesdienstes, die in der Gewerbeordnung am Sonntag

zugelassenen Arbeitsstunden und die Fortbildungsstunden zu— sammen, so ergebe sich, daß den jungen Leuten ein großer Theil des freien Sonntags dadurch genommen werde.

Bei Schluß des Blattes sprach der Regierungs⸗-Kommissar Geheime Ober⸗Regierungs-Rath Lüders.

In der heutigen (43.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz⸗Minister Dr. Miguel beiwohnten, setzte das Haus die zweite Berathung des Entwurfs eines Ein—⸗ kommensteuergesetzes, und zwar über die das Wahlrecht betreffenden Bestimmungen (G8. Sa und 79), fort. (Vgl. auch den Bericht über die gestrige Sitzung in der Ersten Beilage),

Abg. Dr. Enneccerus sprach für die Kommissions⸗ beschlüsse mit Ausnahme der Bestimmung, welche die Bildung der Abtheilungen innerhalb der Urwahlbezirke festsetzt. Gegen diesen Vorschlag machte er geltend, daß er eine Verfassungs— änderung involvire und daß die Verschiebung des Wahlrechts durch die neue Einkommensteuer nicht schlimmer sei als die schon bestehende Verschiedenartigkeit des Wahlrechts. Die Resolution Rickert sei abzulehnen, weil fie direkt der Verfassung, die nur das Dreiklassensystem kenne, widerspreche; ebenso der Antrag Richter, der den Einfluß der Grund- und Hausbesitzer ver— mindern würde.

Abg. Freiherr von Huene trat für die Bildung der Abtheilungen innerhalb der Urwahlbezirke ein, die nur der Wahlordnung, nicht der Verfassung widerspreche; die Ver— schiebung des Wahlrechts aber müsse man unter allen Um— ständen verhüten.

Abg. Hoeppner wünschte keine Aenderung des Wahl— rechts; die Wirkungen des Vorschlags, der in dieser Richtung gemacht sei, würden zum Theil unbedeutend, zum Theil nicht ganz gerecht sein.

Abg. Pleß wollte das gegenwärtige Wahlsystem aufrecht⸗ erhalten wissen, hielt aber für um so nothwendiger, die Ver— schiebung infolge der neuen Veranlagung durch eine Neu— gestaltung des Wahlrechts auszugleichen.

Abg. Freiherr von der Reck erklärte sich für die Kom— missionsheschlüsse und wollte die Berücksichtigung der Wahl— rechtsperschiebung einer besonderen Revision des Wahlrechts vorbehalten.

Abg. von Eynern hielt den Antrag Bachem für nicht geeignet, die Verschiebung in dem Kommunalwahlrecht zu ver— büten und den Kommissionsantrag bezüglich der Abtheilungs— bildung innerhalb der Urwahlbezirke für unvereinbar mit der Verfassung.

Abg. Bachem (Mülheim) gab zu, daß sein Antrag das, was er beabsichtige, nur mangelhaft erreiche, einer späteren Neuregulirung des Kommunalwahlrechts aber vorarbeite.

Abg. Rickert begründete seine Resolution damit, daß für die nothwendig gewordene Aenderung des Wahlrechts gerade jetzt der rechte Zeitpunkt sei und daß das Wahlrecht zum Hause der Abgeordneten neben dem Reichtagswahlrecht nicht bestehen könne; eine Gleichheit der beiden Wahlordnungen müsse herbeigeführt werden.

Der Minister des Innern Herrfurth erklärte, nur des— halb auf eine nähere Erörterung des Antrags Rickert nicht eingegangen zu sein, weil kein Redner sich für denselben aus— gesprochen habe.

Ein Antrag auf Schluß der Diskussion gelangte hierauf zur Annahme.

Unter Ablehnung aller Abänderungsanträge wurde 3. 79 in der Fassung der Kommission angenommen, ebenso S. 79a und 8 86.

Die Resolution Rickert wurde abgelehnt.

Die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen wurden als erledigt durch diese Beschlüsse erklärt.

Damit war die zweite Berathung des Einkommensteuer— gesetzes erledigt.

Schluß 127, Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen der Antrag Korsch wegen des Ver⸗— kaufs der Lotterielsose und der Antrag Broemel Betreffs der Eisenbahntarife.

Dem Reichstage ist der Bericht der IV. Kommission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, beireffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen, zugegangen, wonach die Kommission diesen Entwurf bis auf einen Zusatz im 5. 9 unverändert genehmigt. Der 3. 9 lautet in der Kommissions⸗ fassung folgendermaßen:

Mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten wird bestraft: wer Handfeuerwaffen feilbält oder in den Verkehr bringt, deren Läufe oder Verschlüsse nicht mit den vorgeschriebenen oder zugelassenen (3. 6) Prüfungszeichen versehen sind. Neben der verwirkten Strafe ist auf die Einziehung der vor— schtiftswidrig feilgebaltenen oder in den Verkehr gebrachten

Waffen zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten ge—

hören oder nicht.

Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten

Person nicht ausfübrbar, so kann die im vorstehenden Absatz be⸗

zeichnete Maßnahme selbstandig erkannt werden.

In der gestrigen Sitzung der Budgetkommission des Reichstages wurde der ‚Nat.-Ztg. zufolge mit der Vorberatbang der einmaligen Jusgaben des Marine⸗Etals fortgefabren, und festzestellt, daß mit dem Bau der Kreuzerkorvetten ‚J„ und Ke noch nicht begonnen sei. Die Kommission lehnte desbald die bierfür geforderte zweite Rate mit je 1509000 6 ab. Auch die in Höbe von 2000 000 4M verlangte jweite Rate zum Bau eines „Avisos für größere Kommandoverbände (Kaiserschiff!! wurde auf 1500 000 herabgesetzt.

Die Kredite zum Bau von drei neuen Panzerfabrzeugen, eines neuen Kreujzers und eines neuen Avisoz führten zu einer eingehenden Dar legung der Bedeutung der deutischen Kriegs Marine im Falle des Krieges Seitens des Staatssekretärs Hollmann. Zur Abstimmung kam es nicht.

Die Krankenversicherungs⸗Kom mission des Reichs⸗ tages erledigte beute die Berathung des Geseßzes und nahm es in der von ihr abgeänderten Form mit 12 gegen 6 Stimmen an. Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Bildung von Wassergenossenschaften vom 1. April 1879 (GesetzSamml. S. 297, für das Gebiet der Wupper und ihrer Nebenflüsse, zu— gegangen. ö

Die VolksschulgesetzKommission des Hauses der Abgeordneten griff in ihrer gestrigen Sitzung zurück auf die S5 51

und 52 der Vorlage: Verpflichtungen Dritter aus belon— deren Rechtstiteln und Aufbebun gen bisheriger Verpflichtungen, deren Fassung mit Rücksicht auf die