1891 / 62 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Viebes die Annahme eines allgemeinen Gewichtssatzes zuließen. Die Sache sei wichtig. Es handele sich um die Versorgung des Publi- kums mit Fleisch durch einen möglichst leicht funktionirenden Apparat und im Interesse der Viebzüchter und Landwirthe um die möglichste Ausnutzung der Transportanstalten, damit sie ihr Absotzgebiet leicht erweiterten. Also beide, das Azgrarierthum wie die Industrie, d. b. die Konsumenten müßten sich für die Tendenz der Petition und ihren Erfolg interessiren. (Beifall.) J ö

Das Haus überweist sie einstimmig den verbündeten Re— gierungen zur Erwägung. ö ;

Die Dortmunder Union petitionirt um Rückzahlung von gesetzwidrig erhobenem Roheisenzoll im Betrage von 140 000 ö . .

Die Kommission beantragt, die Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen, . . .

Referent Abg. Goldschmidt: Die Petition babe schon zwei mal das Haus befchäftigt. Die Kommission habe jetzt den früheren Beschluß, die Petition zur Erwägung zu überweisen, dahin erweitert, sie zur Berücksichtigung zu Überweisen. Sie halte die Beschwerde für vollkommen gerechtfertigt. Der Regierungs ⸗Vertreter habe in der Kommission erklärt, daß der Anspruch der Petentin zollamtlich nicht festgestellt sei, aber die Petentin habe einen amtlichen Nachweis erbracht, in welchem diese Feststellung vorliege und den er auf den Tisch des Hauses niederlegc. Die Petentin habe 14 Millionen Kilogramm ausländischen Roheisens in Form von Fabrikaten wieder ausgeführt. Mit dieser Feststellung sei der Kommission der Antrag auf Rückzahlung des Zolles von 1 3 pro Kilogramm, in Summa also 140 00 *, gerechtfertigt erschienen. . 4

Abg. Möller: Die Dortmunder Union sei in einer Weise ge⸗ schädigt worden, wie es selten vorkomme; sie hätte ihre Ansprüche mit gutem Recht noch höher stellen können. Sie babe sich aber bereit erklärt, um die Sache zu Ende zu führen, die Summe anzuerkennen, welche von der Zollverwaltung festgestellt sei. Der Regierung? vertreter babe in der Kommission ohne jeglichen Nachweis die Behauptung auf⸗ gestellt, daß er nicht in der Lage sei, zu sagen, ob die in der Kommission niedergelegten Zablen absolut richtig seien. Jetzt sei vom Referenten das Originalprotokoll überreicht worden und alle Zweifel seien vollständig gelöst. Ein besonderes Regulativ der Pro⸗ dinzial⸗Steuerdirektlon sei nach zwei Jahren von Berlin au als irrtbümlich bezeichnet worden, und die Petentin sei zur Nachzahlung des Zolles gejwungen worden. Als aber der Bundesrath vollständig klargestellt habe, daß diese Berliner Entscheidung unrichtig sei, sei Seitens der obersten Steuerbehörde dieser obrigkeitlichen Entscheidung jede rückwirkende Kraft abgesprochen worden. Seine Freunde würden jetzt sammtlich für die Rückzahlung von Neuem eintreten, und das hohe Haus werde sich hoffentlich der Petentin anschließen.

Abg. Hultzsch: Er könne gleichfalls nur kitten, daß das Haus dem Vorschlage der Kommission beittete. Aus der Verhandlung in der Kommission habe er die Ueberzeugung gewonnen, daß der Petentin volle Gerechtigkeit zur Seite stehe. Er befinde sich in dieser Beziehung in vollem Einklang mit seinen Freunden, die nach wie vor fur den Beschluß der Kommission eintreten würden, und er hoffe, daß dies auch auf anderen Seiten des Hauses der Fall sein werde,

Abg. Dr. Hammacher: Es sprächen in der That durchschlagende Gründe für den Kommißssionsbeschluß, die auch den Bundesrath von der Gerechtigkeit der Sache Überzeugt hätten. Das Verfahren der Steuerbehörde stehe weder mit den Gesetzen noch mit der Billigkeit im Einklang. Besonders charakteristisch sei noch folgender Umstand: Es werde die Behauptung aufgestellt, daß die Petentin, um die ungerxechtfertigte Erhebung des Eingangszolls ,. zu machen, den Rechtsweg beschreiten wolle, daß aber Seitens der Ober-Steuer⸗ direktion der Kompetenzkonflikt erhoben worden sei, und daß in Folge dessen das Verfahren eingestellt sei. Bei einer zweifelhaften Lage hätte man aber schon aus Anstandsräücksichten einer richterlichen Ent⸗ scheidung nicht in die Arme greifen sollen. Man könne daraus

erkennen, daß die Steuerbehörde Bedenken trage, ihr Verfahren

einer richterlichen Entscheidung zu unterbreiten. Ein richterlicher Schutz wäre aber bei der willkürlichen, ungerechten und ungesetz lichen Behandlung, wie sie hier vorliege, dringend nothwendig.

Geheimer Ober Finanz Rath Schmidt: Der Erhebung des Kom: petenzkonflikts habe in diesem Falle stattgegeben werden müssen Es sei auch garnicht gewiß, daß die richterliche Entscheidung zu Gunsten der k ausgefallen wäre. Er müsse erklären, daß die preußische inanzverwaltung noch heute auf dem Standpunkt stehe, den sie seit 12 Jahren unentwegt inne gehalten habe, daß das Verfahren gegenüber der Dortmunder Union durchaus gesetzmäßig sei und daß jedes andere Verfahren ungesetzlich gewesen sein würde. Die Union habe nicht nach Grundsätzen behandelt werden können, die vor dem Jahre 1879 bestanden hätten, oder nach solchen, die später einmal zur Geltung gelangen könnten. Gerade darauf komme es in diesem Falle an. Die Ausführungsbestimmungen des Schluß protokolls vom Jahre 1867, nach denen die Finarzverwaltung habe ver⸗ fahren müssen, hätten auch der Union bekannt sein müssen. Für die Verarbeitung des inländischen Eisens seien besondere Bestimmungen darin nicht gegeben, und das für den Veredlungsverkehr bestimmte Eisen habe zolltechnisch als ausländisches betrachtet werden müssen. Die Union hätte darüber auch garnicht im Zweifel sein dürfen. Seitens der Lokalbehörde in Dortmund, nicht Seitens der Provinzial: Steuerdirektion sei allerdings ein irrthümlicher Bescheid ertheilt worden, der aber nach zebn Monaten schon aufgeklärt worden sei. Das nur kurze Zeit in Uebung gewesene Verfahren sei auch dann sofort inhibirt und das richtige Verfahren wiederhergestellt worden. Darauf seien dann die verschiedenen Reklamationen erfolgt, Es babe auch nicht in der Absicht des Bundesraths gelegen, die Bestimmungen von 1867 zu deklariren, sondern es seien ganz neue Grundsäße auf— gestellt worden, und schon deshalb sei es nicht möglich, dem Beschluß des Bundesratbs rückwirkende Kraft zu geben. Das Verfahren der preußischen Finanzverwaltung sei also vollständig gerechtfertigt. Anders liege die Frage, ob aus Billigkeitsrücksichten der Petentin entgegen= gekommen werden könnte. Die Dortmunder Union vermöge aber durchaus nicht den ibr zustehenden Anspruch genau zu fixiren. Im Jahre 1886 habe sie das verwendete ausländische Eisen auf 15 Millionen Kilogramm taxirt, dann der Steuer⸗ bebörde gegenüber auf 14 Millionen, bei der Untersuchung durch den Ober ⸗Regierungs-⸗Rath Walter kabe sie sich bereit erklärt, mit der geringeren Summe zufrieden zu sein. In ihrer Klage habe sie das Quantum auf 18 Millionen bezeichnet und jetzt dem Reichstage gegenüber auf 15 Millionen. Also fünf verschiedene Angaben! Es sei also auch nicht möglich, aus Billigkeitsrücsichten den Wünschen der Union zu entsprechen. Den Antrag auf Berück⸗ sichtigung der Petition könne er deshalb keineswegs empfehlen. Er⸗ wogen sei die Sache aber schon recht häufig, zuletzt noch von der preußischen Regierung. Er möchte deshalb anheimstellen, daß der Reichstag einem Antrage, über die Petition zur Tagesordnung uͤber zugehen, nachgebe. ; .

Abg. Moeller legt noch einmal dar, daß die Union mit dem, was sie gethan habe, dem zu entsprechen geglaubt habe, was die Verwaltung verlange. Die Union sei mit aller Vorsicht vorgegangen. habe das Regulativ zusammen mit dem Steuer⸗-Direktor festgeseßt, und gleichwokl mache die Steuerbehörde gegen das Verfahren Gin wendungen. Die Union verlange keine Berücksichtigung aus Billig- keitsgründen, sondern lediglich ihr Recht. Es sei unbegreiflich, daß die Behörde nicht vorgezogen habe, den Rechtsweg zuzulassen.

Abg. Dr. Ham macher: Wenn der Steuerfiskus sich so sicher gefühlt babe, wie der Regierungsvertreter es darstelle, warum habe er nicht den Civilrichter enischeiden lassen, sondern den Kompetenzkonflikt erhoben. Der Regierungsvertreter berufe sich darauf, daß die Union selbst dem Protokoll von 1887 zugestimmt habe. Unter solcher Vivisektion, wie sie die Steuerbebörde vollzogen habe, gebe dem Bürger zuletzt auch die Geduld aus und er sage zu Allem Ja!

Staatssekretär Dr. von Boetticher: Meine Herren! Gestatten Sie mir nur ein paar Worte. Ich

Zöllner und ich würde fürchten, daß in meinen Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit dieser Zollerbebung ich Irrtbümer begehen könnte. Aber einen Satz, den der Herr Vorredner ausgesprochen hat, kann ich doch nicht passiren lassen, ohne ihn einer Erwiderung zu würdigen, namentlich auch um den entgegenstehenden Ausführungen des Herrn Regierungskommissars ihr Recht zu Theil werden zu lassen.

Der Herr Vorredner ist der Meinung gewesen, daß es ein un— verantwortliches Verfahren von der Zollverwaltung sei, wenn sie in diesem Streitfalle den Kompetenzkonflikt erhoben habe. Demgegen⸗ über habe ich daran zu erinnern, daß wir in Preußen in Zollsachen ebensowenig wie in Steuersachen einen Rechtsweg haben; daß diese Sachen vielmehr lediglich im Verwaltungswege zu entscheiden sind, nach Lage unseres Rechts und nach der Lage unserer Gesetze. Wenn also die Dortmunder Union gegen den Fiskus im Wege der Klage auf Erstattung des erhobenen Zolles die civilrichterliche Entscheidung anrief, so war es die Pflicht der Zollbehörde, den Kompetenzkonflikt zu erheben zu dem Zweck, um da— durch ein Verfahren unmöglich zu machen, welches nach der Landes— gesetzgebung unzulässig ist. In dieser Beziehung trifft die Zoll behörde kein Vorwurf, und die Argumentationen des Herrn Regierungs⸗

kommissars sind durchaus zutreffend.

Abg. Dr. Ham macher: Es sei ein einleuchtender Unterschied zwischen der Sistirung eines Prozesses auf Grund des Kompetenz— konfliktes und dem Fall, daß der beklagte Fiskus in einem Prozesse den Einwand der Intsmpeken erhebe. Hätte die Steuerbehörde sich darauf beschränkt, die Kompetenz des Gerichtshofes zu bestreiten und wäre dann Zurückweisung der Klage erfolgt, so hätte er (Redner) die Sache nicht zur Sprache gebracht. Daß auf steuerlichem Gebiete das richterliche Verfahren nicht Platz greife, bedauere er. Dem Vorschlage der Kommission gemäß wird die Petition zur Berücksichtigung überwiesen,. .

Ueber die Petition des Allgemeinen Deutschen Frauen⸗ vereins in Leipzig und des deutschen Frauenvereins „Reform“ in Weimar um Zulassung von Frauen zum Univer⸗ sitätsstudium und zu den Universitätsprüfungen bezw. zum Studium der Medizin und zum ärztlichen Berufe be— antragt die Petitionskommission Uebergang zur Tagesord—⸗ nung. Die Abgg. Bebel und Schrader beantragen Ueber⸗ weisung zur Berücksichtigung, Abg. Dr. Harmening Ueberweisung zur Erwägung.

Abg. Schrader: Die Kompetenz des Reichs in beiden Fragen scheine ihm zweifellos. Nach der Gewerbeordnung seien die Frauen ebenso berechtigt wie die Männer, den ärztlichen Beruf auszuüben. Der Bundesrath habe auch eine Votschrift erlassen sowobl über die ärztliche Prüfung selbst als über die ärztliche Vorprüfung. Das Reich babe also seine Kompetenz bereits selber ausgeübt. Richtig fei allerdings, daß das Reich nicht in alle diejenigen Bestimmungen eingreifen dürfe, welche die Einzelstaaten über den Befäbigungsngch⸗ weis getroffen hätten. Das komme aber nicht in Betracht. Auf Grund der Bestimmung der Gewerbeordnung werde sich schen ein Weg finden lassen, welcher den . den Befäbigungsnachweis er mögliche. In Bezug auf die Zulassung der Frauen zum Universitãts⸗ studium im Allgemeinen sei das Reich wenigstens in Bezug auf Elsaß⸗Lothringen kompetent. Nach der Prüfungsordnung des Bundes raths sei mit vollem Recht der eigentliche Schwerpunkt des Befähi⸗ gungsnachweises auf die letzte Prüfung gelegt, und diese Prüfung am Krarkenbett u. s. w. könne die Frau ohne Schwierigkeit schon unter den j tzigen Verhältnissen ablegen. Anders stehe es mit dem Postulat des Makturitätszeugnisses. So viel er wisse, hätten sich Gymnasien nicht bereit finden lassen, eine Frau einem Abiturientenexamen zu unterwerfen. Der Bundesrath sei aber in der Lage zuzulassen, daß der Besuch ausländischer Universitäten dieselbe Berechtigung ver- leihe, wie der Besuch inländischer Universitäten. Die Unirer⸗ sität Zürich, den deutschen durchaus gleichartig und gleichwerthig, werde denn auch vielfach von Medizin studirenden Frauen be⸗ sucht. Der Bundesrath könnte also in dieser Beziehung für die Frauen eine Ausnahmebestimmung treffen. Auch stände gar nichts im Wege, daß der Bundesrath die Landesbehörden aufforderte, um jenem Reichsgesetz Geltung zu verschaffen, auch ihrerseits die Frauen zum Abiturientenexamen und in irgend einer Form zum Uni⸗ versitätsstudium zuzulassen. Schließlich könnten die Frauen auch in Straßburg, Metz oder sonst im Elsaß ihr Reifezeugniß erwerben. Die Befähigung der Frauen zum ätztlichen Beruf sei jetzt allgemein anerkannt. In Deutschland, speziell in Berlin sei eine ganze Reihe weiblicher Aerzte mit Erfolg thätig. Die weiblichen und männlichen Aerzte verkehrten mit einander auf gutem Fuße, konsultirten mit ein⸗ ander, kurz behandelten einander als gleichwerthige Kollegen. Daß aber die Frauen in großen Zweigen der Heilwissenschaft, wie in der Behandlung von Frauen und Kindern, eine nützliche Thätigkeit ent- falten könnten und entfalteten, sei zweifellos. Der Einwand, daß man den Frauen eine zu schwere Arbeit auflade, wiege nicht schwer. Man habe den Frauen bereits viel schwierigere Aufgaben über · wiesen. Eine stark beschäftigte Schauspielerin habe mindestens einen ebenso anstrengenden und aufreibenden, ja vielleicht noch einen viel aufreibenderen Beruf als eine Aerztin. Man könne also unbedenk ; lich den ersten Theil der Petitionen den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung überweisen. Gegen die Berechtigung der Frauen zum Befuch der Universität im Allgemeinen babe man allerlei Bedenken erhoben; man sage, der Ton unter den Studenten sei nicht geeignet für die Frau. In Amerika und England, wo man gewiß mindestens ebenso viel auf gute Sitten halte, wie in Deutschland, studirten Frauen und Männer hereits zusammen, und er babe von Pro⸗ fessoren, die dort unterrichtet bätten, gehört, daß ihnen die weiblichen Schüler ebenso angenehm seien, wie die Männer. (Heiterkeit Die Frauen seien in der Regel viel fleißiger. Auch der Frübschoppen und die Mensur spiele bei ihnen keine Rolle, wodurch ihnen sehr viel Zeit zum Studium bleibe. Es sei mehr als einmal vorgekommen auf englischen Universitäten, daß Frauen sogar bei Prüfungen den aller ersten Rang eingenommen bätten. Noch zuletzt habe in Cambridge eine Frau den ersten Preis bekommen bei der Prüfung in Mathe— matik. Der Verkehr in England zwischen jungen Männern und Frauen an den Universitäten und sonst sei ein sehr viel besserer als in Deutschland. Selbstverständlich würde die Zulassung zum Studium auch in anderen Fächern noch keineswegs die Zulassung der Frauen zu den Staatsanstalten inbolviren. Mit dem Ein⸗ wurf, daß die Frau ins Haus geböre, habe diese Frage nichts zu thun. Die Zabl derjenigen Frauen, welche den ärztlichen Beruf er— griffen, sei überhaupt nicht groß, und wenn eine solche Frau sich demnächst verheirathen sollte, so würde sie viel mehr werth sein als diejenigen, welche in Nichtigkeiten ihr Leben verbrächten. Mit einem Schritt sei hier allerdings nicht Alles zu erreichen. Aber es wäre wohl Sache der Erwägung des Reiches, ob nicht etwa in Straß burg die Frauen zum Studium zugelassen werden dürften. Die Straß⸗ burger Universität habe sehr gute Einrichtungen, sehr tüchtige Lehrer, und es herrsche dort ein so guter Ton, daß die Frauen sich am ehesten einleben könnten. Er empfehle also die Annahme seines An⸗ trages. (Beifall links.)

Abg. Dr. Harmening: Wenn man sich nicht entschließen könnte, die Petitionen dem Reichskanzler zur Berückichtigung zu überweisen, so bitte er, sie wenigstens zur Erwägung zu überweisen. Ueber die hier beschäftigende, weite Kreise des Volkes seit langem bewegende Frage könne er guts seiner Heimatbstadt Jena mittheilen, daß ein großer Theil der Professoren dafür sei, die Frauen zum Universttäts⸗ studium, mindesteng aber zu dem der Medizin zuzulassen; er glaube, auch von anderen Universitäten gelte dasselbe. Die Aluckunfl die man in der Kommission erhalten habe, daß die Reichsregierung

will mich nicht auf die merita eausae einlassen; denn ich bin kein

bisher keinen Anlaß gehabt habe, sich mit dieser Frage zu beschaͤftigen, sei ihm auffallend gewesen bei dem Interesse, das das ganze 3

Volk dem Gegenstande seit Jahren zuwznde. Er hoff, daß die An⸗ nahme eines der gestellten Auträge der Regierung Anlaß bieten werde, sich mit der Frage zu beschäftigen. Dann sei gesagt worden, die Be⸗ stimmungen der Gewerbeordnung ständen an und für sich der vrak⸗ tischen Ausübung der Medizin durch Frauen nicht entgegen, thatsächlich seien sie aber durch die Organisation der Schule ausgeschlossen, deren Regelung der Kompetenz der Einzelstaaten unterliege. Da müsse man eben die thatsächlichen Verbältnisse den rechtlichen entsprechend ändern. Soviel Einfluß habe das Reich auf die Einzelstaaten, daß diese Aende⸗ rungen ibrer Gesetze vornähmen in einem dem Wansche der Reichs regierung entsprechenden Sinn, dafür könnte man zablreiche Bei⸗ spiele anführen. Uebrigens sei das Reich kompetent fuͤr Alles, wofür es kompetent sein wolle. Wenn man sich jetzt noch nicht klar darüber sei, wie man die Sache praktisch anzuordnen habe, so spreche das nicht gegen die Ueberweisung zur Berücksichtigung, denn dann werde eben der praktische Weg gesucht werden müssen. Er werde für den Antrag Rickert und Genossen stimmen. Sollte dieser aber abgelehnt werden, so bitte er, die Petition, welche die Frau zum Universitätsstudium zulassen wolle, zur Erwägung zu überweisen. Sollte man aber auch das nicht belieben, so bitte er, die Petition auf Zulassung zum Studium der Medizin zur Erwägung zu überweisen. In letzter Zeit sei außer der Schweiz noch Norwegen damit vorgegangen, und was Helsingfors könne, dürfte auch Straßburg und Berlin können. Dann babe man den Einwurf gemacht. daß durch gemeinschaftliches Studium von männlichen und weib lichen Studenten ein ungünstiger Einfluß in sittlicher Beziehung entstehen könnte. Wenn das aber der Fall sein sollte, so würde man doch einen Vorwurf nur den männlichen Studenten zu machen haben. Er wisse nicht, wie die jetzigen Studenten sich dieser Frage gegenüber verhielten, hoffe aber, daß die Anwesenheit der Studentinnen auch auf sie sittlich bildend einwirken müsse. Noch einen Punkt bitte er zu erwägen, nämlich den, daß die Aerzte sich a in großen Städten zusammendrängten, in aͤrmeren Gegenden auf dem Lande aber fehlten. Habe man weibliche Aerzte, so könnte bei den ge⸗ ringeren Ansprüchen, die die Frauen stellten, aucht diesen Bedürfnissen Genüge gescheben. .

Abg. Dr Orterer: Er sei weder für die NUeberweisung zur Er⸗ wägung, noch viel, weniger für die zur Berücksichtigung, denn die Kompetenz des Reichstages und, der Reichsderwaltung zur Lösung dieser Frage sei ihm nicht erwiesen. Die ganze Tendenz bei der Schaffung der Gewerbeordnung lasse nicht darauf schließen, daß man an die Zulassung der Frauen zur Ausübung der Heilkunde gedacht habe. Aber waͤre es auch der Fall, so würde die Durchführung diefes Prinzips einen Eingriff in die Kompetenz der Einzelstagten enthalten. Wolle man die Frauen zum Universitätsstudium zulassen, so müsse man sie auch zum Besuch der Gymnasien zulassen. Er glaube auch nicht, daß die Universität Straßburg sich zu dem vom Abg. Schrader vorgeschlagenen Experiment hergeben werde. Der Auffassung, daß das Reich so weit wie es wolle, kompetent sei, müsse er direkt widersprechen. Die Kompetenz des Reichs sei durch die Verfassung genau abgegrenzt, und die Schulfragen fielen nicht darunter. Insofern habe die Regierung also auch ganz Recht, wenn fie TDiese Angelegenheit bisher ihrer Erwägung nicht unterzogen kabe. Abgesehen davon aber halte er auch aus praktischen Gründen die Zulassung der Frauen zum Studium nicht für erwünscht. Es gebe ja geistreiche Frauen genug, die jeden wissenschaftlichen Beruf ausfüllen könnten, und vielfach könnte ein weiblicher Arzt auch erwünscht sein, aber wenn man die Frauen zum Studium zulasse, so müsse man sie auch zur Ausübung von Staats amtern, Advokatur, Richteramt u. s. w. zulassen; und das würde doch gewaltige Umwälzungen bervorrufen. Wolle man aber das nicht, so rufe man ein Gelehrtenproletariar hervor, welches, wenn es von Frauen gebildet werde, bedenklicher werde, als das schon vorhandene. Auch würde die Uebervölkerung der Universitäten, die ja in den letzten Jahren nicht zugenommen habe, aber immer noch bestehe, in der bedenklichsten Weise vermehrt werden. Man möge doch nach Rußland sehen, wo die studirten Frauen umstürzlerische Tendenzen verträten, die selbst von den am meisten links sitzenden Mitgliedern dieses Hauses nicht gebilligt würden. Wolle man den Ausweg er greifen, die Universität Straßburg allein den Frauen zugänglich zu machen, so würde darin einerseits eine Härte für die studirenden Frauen liegen, andererseits würde diese Universität dadurch degradirt werden. Wenn man auf den bessernden Einfluß der Studentinnen auf die Studenten hinweise, so bitte er doch auch die Kebrseite der Medaille nicht außer Acht zu lassen. Aus allen diesen Gründen sei er mit dem Verhalten der Kommission wohl zufrieden; sie habe der Petition die Ehre eines schriftlichen Berichtes erwiesen, und er sei ganz damit einverstanden, wenn das Resultat einer so eingehenden Be⸗ sprechung der Petitionen der Uebergang zur Tagesordnung sei.

Abg. Bebel: Als es sich darum gebandelt habe, bei der Berathung über die Gewerbeordnung sämmtlichen Gewerbetreibenden ohne Rücksicht darauf, ob sie Gehülfen beschäftigten oder nicht, den Verkauf ihrer Waaren in bestimmten Stunden des Sonntags zu ver bieten, und ebenso bei den Fortbildungsschulen hätten die Abgg. Dr. Orterer und Genossen sich leicht über die Kompetenzbedenken hin⸗ weggesetzt, obwohl damit thatsächlich ein Eingriff in die Kompetenz der Einzelstaaten gemacht worden sei. Hier habe man Kompetenz- bedenken, weil die Sache der Partei nicht genehm sei. Wenn auch der Kommissionsantrag angenommen werde, so werde den Reichstag diese Frage doch noch öfter beschäftigen. Wäre der schriftliche Kom⸗ missionsbericht nicht erstattet, so wäre es auch dasselbe, denn in dem Bericht stehe herzlich wenig. Diese Frage sei nicht von Agitatorinnen aufs Tapet gebracht, sondern es handele sich um eine große soziale Frage. Die Tbatsache, daß Deutschland nach der letzten Volks- zählung weit über eine Million mehr weibliche als männliche Staats bürger babe, zwinge die Frauen, die ihren Beruf als Hausfrauen nicht erfüllen könnten, immer mehr, sich eine selbständige Lebens- stellung zu suchen. Und die Frage des Studiums betreffe zunächst nicht die Proletarierinnen, sondern gerade die Frauen der gebildeten Kreise. Dieses Streben der Frauen werde von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stärker hervortreten. Durch Uebergang zur Tagesordnung sei die Sache nicht erledigt. Die wahren Gründe gegen die Zulassung der Frauen jum Studium seien Konkurrenzrücksichten auf die Männer und sogenannte Sittlichkeits und Anstandsrüͤcksichten bezüglich des medizinischen Studiums. Die Konkurrenz sei heute auf allen Gebieten das tonangebende Element, man könne sie nicht zurückweisen oder müsse Mittel finden, die Vermehrung der Menschen zu verhindern. Ein großer Theil der jungen Männer widme sich heute dem Studium nur, weil es so standesgemäß sei, für ein paar Jahre, höre aber keine Vorlesungen, um später als unfähige Leute in den Staats, und Kommunaldienst überzugehen. Würde die weibliche Konkurrenz ihnen einen Stachel geben, sich mehr des Studiums zu befleißigen, so wäre das ein großer Vortheil. Sittlichkeits⸗ und Anstandsgründe hätten die Herren dagegen nicht, daß jäbrlich Tausende und Abertausende von Frauen berufsmäßig als Krankenpflegerinnen ausgebildet würden. Eine solche werde mindestens ebenso in allerlei intime Vorgänge des menschlichen Körpers eingeweiht, wie die Aerzte. Besonderg die katholische Kirche brüste sich ja damit, Mitglieder weiblicher Orden zu diesem delikaten und anstrengenden Beruf auszubilden. Je mehr man Samariterinnen mit Rücsiicht auf die Opfer künftiger Kriege ausbilden müsse, um so weniger habe. man Veran. lassung, sie nicht auch zum Studium zuzulassen. Uebrigens könne man den Frauen selbst überlassen, was sie über diese Sittlichkeits gründe dächten. Wenn der rohe Ton der Studenten ein Hinderniß sein solle, so seien die Studenten zu bedauern. Wäre es da nicht gerade besser, den rohen Ton der Studenten dadurch zu mo—⸗ difiziren, daß sie genöthigt würden, stets mit Angehörigen des anderen Geschlechts im Hörsaal zusammenzutreffen? In den Vereinigten Staaten Nord Amerikas befänden sich ea. 000 Aerztinnen in der Praxis, und 18 000 Studentinnen ständen auf Gymnasien und Universitäten mit männlichen Studenten im Verkehr, und das Verhältniß beider Geschlechter sei das allerbeste. Auch für den Unterricht sei kein Schaden eingetreten, im Gegentheil, der Wetteifer wirke sogar auf das männliche Geschlecht nützlich In der Schweiz sei durch den Ukas des russischen Kaisers den weiblichen Personen jetzt das Studium

sebr erschwert, wobl aber hätten sich, angeregt durch das Vorgehen der Russinnen, zahlreiche Schweizerinnen dem Studium der ver schiedenen gelehrten Berufe zugewendet Im höoberen Lehrfach leisteten diese Frauen ganz Ausgeieichnetes. In Zürich. Bern, Genf werde man überall sehen, daß in dem Studium der Frauen durchaus keine Gefahr liege. Auch in Deutschland seien bis vor wenigen Jahren Frauen zum Universitãtsstudium ausnahmẽweise zugelassen worden, 3. B. in Leipzig, wo jetzt allerdings kultusministerielle Erlaubniß noth⸗ wendig sei, auf Grund deren aber auch jetzt noch zwei Töchter eines der ersten Professoren Medizin studirten. Es sei nur die Furcht vor der Konkurrenz und ein alter Zepf, der die freie Zulassung er schwere. Der Staat, der sich am Meisten gegen weibliche Studenten gewehrt habe. sei Preußen. Man könnte es sehr wohl einmal probiren, Mädchen zum Gymnasialbesuch zuzulassen. Die Er— fahrungen, die man in den Vereinigten Staaten damit gemacht habe, zeigten, daß gerade die tünstliche Scheidung der beiden Geschlechter die meisten Gefahren in sich schließe. In England, wo beide Geschlechter ungezwungen mit einander verkehrten, sei die denkbar größte sittliche Strenge zu Hause. Wenn man einmal bei der Universität Straßburg den Versuch machen wollte, weibliche Personen zum Studium zujulassen, würde das keine Degradation, sondern ein Avancement bedeuten. 4 ö.

Abg. Hultzsch: Er müsse in Uebereinstimmung mit dem Abg.

Dr. Orterer die von jener Seite des Hauses gestellten Anträge als un—⸗ annehmbar bezeichnen. Seine Partei werde der Kommission darin beitreten, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Der An⸗— sicht, daß es auf dem platten Lande an Aerzten mangele, könne er durchaus nicht zustimmen. Wenn gesagt sei, die Gerechtigkeit spreche für die Zulassung der Frauen zum Studium, so meine er, die Gerechtigkeit verlange durchaus nicht, daß Alles über einen Kamm geschoren werde. (Sehr richtig! rechts) Die Gerechtigkeit verlange, daß man den Frauen lassen solle, was ihnen zukomme, und den Männern lassen solle, was ihnen zukomme. (Sehr richtig) Die Natur habe den Frauen einen Wirkungskreis zugewiesen, das Haus und die Familie, nicht die Welt mit ihren Leidenschaften und Auf⸗— regungen. Reiße man die Frau aus ihrem Wirkungskreis heraus, dann gehe unrettbar das Häusliche und Familienleben zu Grunde. Man möge bei dem bleiben, was Deutschland groß, was Deutschland zu einer Nation gemacht babe. Man möge den Frauen ihren Beruf als Gattinnen, als Mütter, als Erzieherinnen der Kinder lassen und sie von der höchst zweifelhaften Asssicht, be— rühmte Mediziner zu werden, befreien. Seine Partei werde also für den Kommissionsbeschluß eintreten (Lebhafter Beifall rechts.)

Abg. Rickert: Er bedauere, daß die große Bedeutung dieser

Frage weder in den Kreisen des Parlaments noch der Regierung bisher gewürdigt worden sei. Er verstehe das um so weniger, als die Herren sich in den letzten Jahren so sehr mit der sozialen Frage beschäfligt hätten. Wenn die Mehrheit heute die Petition ablehne, so werde seine Partei überlegen, ob sie nicht einen Initiativantrag, die Bestimmungen für die Prüfung der Aerzte einer Aenderung zu unterziehen, einbringe. Da sei doch die Kompeten; des Reichs zweifelloz. Daß die Petitionskommission einen schriftlichken Bericht erstattet habe, sei nur ihre Pflicht und Schuldigkeit; in kümmerlicher Weise sei es ohnehin geschehen. Der Abg. Hulßsch kabe feine Erklärung im Namen der konservativen Partei abgegeben. Die Frage sei doch aber keine Parteifcage, und es sei traurig, wenn man sie dazu herabdrücke. Er erinnere übrigens an Philipp von Nathusius, einen Konservativen echtester Färbung, welcher durchaus den Frauen das Recht einräumen wolle, als Aerztinnen zugelassen zu werden. Die Frauen verlangten im Namen der Gerechtigkeit und des Schamgefühls, in gewissen Krankheiten von Aerztinnen behandelt zu werden; nicht selten ließen sie lieber eine Verschlimmerung der Krankheit über sich ergehen, als daß sie sich in solchen Fällen männlichen Aerzten anvertrauten. In Amerika, England, der Schweiz, Schweden, Italien seien Aerztinnen bereits in Thätigkeit. Die Königinnen von Italien und Rumänien hätten eine Hofärztin. Mißstände aus dem Zusammenleben von Studenten und Studentinnen auf den Universi⸗ täten seien nirgends entstanden; er berufe sich dafür insbesondere auf das Zeugniß des früheren englischen Gesandten in Berlin Andrew White, der 25 Jahre lang Präsident der Cornell⸗Universität in New⸗ Vork gewesen sei. Nichts sei unbilliger als zu sagen, die Frau gehöre ins Haus. Was solle man mit den Millionen Frauen machen, die nicht heirathen könnten? Warum sollten die beiden Geschlechter hier nicht unter dieselben Bedingungen gestellt werden? Die Verschieden⸗ heiten der Natur könnten allerdings durch die Gesetzgebung nicht be— seitigt werden, aber es solle den Frauen nicht verwehrt werden, in die Berufe hineinzukommen, die ihnen gehörten. Es komme sehr bald die Zeit, wo aus der Minorität, in der seine Partei sich heute be—⸗ finde, eine Majorität geworden sein werde. (Beifall links.)

Abg. Wisser: Schon vor 2009 Jahren hätten weibliche Aerzte für die sittliche und physische Gesundheit der Männer gewirkt. Auf dem flachen Lande seien weibliche Aerzte schon darum am Platze, weil 5 die Frauen zu männlichen Aerzten am Wenigsten Vertrauen

ätten.

Abg. Pr. Harmening: Welche Frau sei emanzipirter, die⸗ jenige, welche mit der Reitpeitsche ein Pferd besteige, oder die⸗ jenige, welche als Arzt am Krankenbett weile? Für die letztere Emanzipation trete seine Partei ein. (Sehr gut! links.) Verfasfung und Gesetz stehe der Frauenpraxis nicht im Wege, und wenn es der Fall, so müsse die Verfassung geändert werden. Warum sollten die Frauen nicht Richter werden, wenn sie die Befähigung dazu nachwiesen? Es sei ein sehr wohlfeiler Gemeinplatz: die ö geböre ins Haus. Nur die Unverheiratheten, welche keinen Mann fänden oder suchen wollten die heutige Debatte ermuthige sehr wenig dam (Heiterkeit) würden sich vorwiegend dem ärztlichen Studium widmen. Er bitte, wenigstens den Antrag auf Erwägung anzunehmen.

Die Anträge Rickert-⸗Bebel und Harmening werden ab— gelehnt und der Antrag der n frier ange⸗

nommen. Schluß 5i/ Uhr.

Haus der Abgeordneten. 54. Sitzung vom Mittwoch, 11. März 1891.

Der Sitzung wohnt der Finanz⸗Minister Dr. Mi quel bei. Fricdnng der zweiten Berathung des Entwurfs eines

ewerbesteuer gesetzes.

Die ö 59 69 handeln von der Betriebssteuer, welche für den Betrieb der Gastwirthschaft, der Schankwirthschaft, sowie des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus erhoben wird. Die Steuer soll betragen für jeden, der von der Gewerbesteuer wegen Ertrags unter 1500 befreit ist (5. 60), 12 M, für denjenigen, der zur Gewerbesteuer veranlagt ist, in Klasse Ly 15, in Klasse III 25, in Klasse 50, in Klasse J 100 6 Die Steuer wird bei allen Betrieben, welche geistige Getränke ver⸗ abfolgen, für jede Betriebsstätte besonders erhoben.

Hierzu liegt ein Antrag Broemel vor, alle auf die Betriebssteuer bezüglichen Paragraphen zu streichen.

Abg. Goldschmi dt befürwortet den Antrag Broemel im Interesse der kleinen Gastwirthe, welche sich in keineswegs beneidenswerther Lage befänden. Die Betriebssteuer scheine ihm viel weniger dazu be⸗ stimmt, die Zabl der Schankstätten zu vermindern als höhere Steuer- erträge für den Staat zu liefern. Besonders hart seien in diesem Abschnitt diejenigen Bestimmungen, welche von der Eintreibung der Betriebssteuer handelten. Er werde bei einem späteren Paragraphen einen Antrag einbringen, welcher diese Härten möglichst mildere.

Abg. Robert Tornow: Er bitte, den Antrag Broemel ab julehnen. Durch die Entlastung bei der Gewerbesteuer würden erbeb liche Ausfälle entstehen, welche anderweitig gedeckt werden müßten.

Einnahmequellen in der Einkommensteuer zu suchen seien, da über die Ueberschüsse anderweitig verfügt sei. Sie finde viel mebr einen geeigneten Ersatz in der Betriebssteuer. Sie habe dasselbe Wohlwollen für diese Betriebe wie der Vorredner, aber gerade die kleinen Schankbetriebe würfen die böchsten Gewinne ab, wie der Andrang zu den Konzessionen zum Schankgewerbe be— weise. Uebrigens würden diese kleineren Betriebe gar nicht mehr be— lastet als früher, und auch für die größeren Betriebe seien die Steuer⸗ sätze nicht zu boch. (Beifall rechts)

Abg. von Christen: Unzweifelhaft liege hier eine Doppel besteuerung in optima forma vor. Die Regierung wolle der Ver⸗ mehrung der Schankstätten entgegentreten, sebr gut! Er zweifle aber, daß dieser Zweck durch eine Betriebssteuer erreicht werden könne. Er meine, die Betriebssteuer habe lediglich einen finanziellen Zweck. Wenn er dennoch für trie Betriebssteuer stimme, so geschehe es in dem Sinne, daß es endlich möglich werde, durch diese Einnahme das kleine Gewerbe, namentlich das Handwerk, von der Gewerbesteuer zu entlasten. Dagegen wünsche er, daß die Betriebssteuer für Jeden, wenn er von der Gewerbestener wegen eines hinter der Grenze der Steuerpflicht zurückkleibenden Ertrages befreit sei, nicht 12, sondern wie die Regierungsvorlage gewollt habe, 10 S betrage. Redner empfiehlt ferner folgenden Zusatzantrag: „Der Betriebssteuer unter⸗ liegen auch die Konsumvereine und andere Vereine, deren Vereins⸗ thätigkeit darauf gerichtet ist, den eigenen Bedarf der Mitglieder an Spirstuosen leicht und billig zu beschaff en.

Abg. von Tiedemann (Bomst): Der Hauptzweck dieses Ge—⸗ setzes sei eine bessere und gerechtere Vertheilung der Gewerbesteuer ohne eine Aenderung des finanziellen Ergebnisses derselben. Um einen wesentlichen Ausfall für die Staatskasse zu vermeiden, sei die Betriebssteuer der beste und gerechteste Weg. Er schließe sich den Ausführungen des Abg. Robert Tornow vollkommen an. Der häufige Wechsel unter den Besitzern der Schankwirtbschaften be— weise nach seiner Erfahrung, daß sie eben an einer Stelle genug ver dient hätten und weiter gingen. Der Zudrang zu diesem Gewerbe sei auch ein Beweis für dessen Rentabilität. Wenn man durch die Konzession den Schankwirthen einen Vortheil gewähre, ihre Zahl be— schränke und ihnen so ein Monopol gebe, so verstehe man es nicht, wenn sie ganz steuerfrei blieben. Mit den Kommissionsbeschlüssen habe man genug gethan. Auf die ethischen Gesichtspunkte habe er schon in der ersten Lesung hingewiesen. Das Haus möge die Kommissions beschlüsse mit dem Antrage Goldschmidt annehmen, aber alle anderen Anträge ablebnen. .

Abg. Schmidt (Hohenzollern) ist gegen die Betriebssteuer im Namen der Gast und Schankwirthe, deren einziger Vertreter er im Abgeordnetenhanse sei. Er verweise auf die vielen gegen diese Steuer eingegangenen Petitionen. Der §. 59 solle der ausgleichenden Gerechtigkeit, so laute jetzt immer der schöne Ausdruck, dienen. Dabei sei aber die Betriebssteuer eine Ausnahmesteuer im wahrsten Sinne des Worts; ein und dasselbe Einkommen werde besteuert mit der Einkommensteuner, der Schanksteuer, mit Kommunalzuschlägen u. s. w. Diejenigen aber, die hinter der Grenze der Steuerpflicht zurückblieben, sollten nach §. 60 nach der Regierungsvorlage 10 S6, nach der Kommissionsvorlage 12 M zahlen Die Kommission sei also noch fiskalischer gewesen als der Fiskus. Die Entlastung der kleinen Leute gehe wie ein rother Faden durch diese Steuergesetzgebung. Hier scheine der Faden ausgegangen zu sein. (Heiterkeit) Durch diese 10 4 werde man die Betriebe nicht einschränken. Wo seien denn die zethischen Rücksichten in den sechziger und siebziger Jahren gewesen, als die Schankstätten wie Pilze aus der Erde geschossen seien? Jetzt werde man die Geister, die man gerufen, nicht wieder los. Der Wirthschaftsbetrieb sei keineswegs ein leichter und müheloser. Sein Ertrag stehe auch nicht im Verhältniß zu den Aufwendungen von Be— triebskapital. Deshalb dürfe man diese Betriebe nicht zu sehr über lasten. Er sei für die Streichung dieser Paragrayhen. Es sei zwar wenig Aussicht dafür; aber er wasche seine Hände in Unschuld. (Heiter⸗ keit und Beifall im Centrum)

Geheimer Ober⸗Finanz Rath Fuisting: Die Regierung sei sich bewußt, von jedem Uebelwollen gegen irgend einen Gewerbestand frei zu sein. Zu der besonderen Betriebssteuer für Gast⸗ und Schank— wirtbe sei sie aus rein praktischen Erwägungen gekommen. Nach den Probeveranlagungen für die Gewerbesteuer fehlten zu dem bis herigen Ertrage noch 2700 000 6 Hier habe ein Ausgleich gefunden werden müssen. Man habe nun die untere Grenze der Gewerbesteuer⸗ pflichtigen von 1500 auf 1290 M1 herabsetzen können, es hätten allgemein die Sätze erhöht werden, es hätte ferner der Steuersatz der ersten Klassen über 160 hinaus erhöht werden können. Alle diese Wege halte die Negierung nicht für gangbar. Mit einer Herabsetzung der Steuer grenze werde der Hauptzweck des Gesetzes, die Entlastung der kleinen Leute, nicht erreicht werden. Das Aufkommen aus der künftigen ersten Gewerbeklasse, dem Großbetriebe, sei auf etwa 4 Millionen Mark ver⸗ anschlagt und der Steuerfuß hätte von 1 bis auf 130 erhöht werden müssen, wenn man den obengenannten Ausfall hätte decken wollen. Daß sich schwere Bedenken gegen eine Belastung der Großbetriebe und insbesondere der Industrie erheben würden, zeigten auch die gestrigen Ausführungen der Abgg. vom Heede und von Evnern. Um also einen Ausgleich zu finden, habe die Regierun die Gast und Schankwirthe in ihrer Steuer nicht erhöhen, aber au nicht erleichtern wollen. In der Konzessionirung der Schank wirthschaften sei ein nicht zu unterschätzender Vortheil zu erblicken. Sie beschränke den Wettbewerb und setze die Schankwirthe in eine günstigere Lage gegenüber allen anderen Gewerbetreibenden. Es würde deshalb vielleicht sogar eine besondere Konzessionssteuer, eine Lizenzsteuer angebracht gewesen sein. Er bleibe trotz der Ausfüh— rungen des Vorredners dabei, daß der Gast⸗ und Schankwirtbschaftsstand besser gestellt sei, als die anderen Gewerbe: er brauche keine Lehr⸗ zeit durchzumachen, keine Zeit auf Lehr und Fachschulen zuzubringen, bedürfe keines großen Anlage⸗ und Betriebskapitals und habe doch Aussicht auf einen lohnenden Betrieb. Die Zahl der Gast und Schankwirthschaften sei auch in fortwährendem Steigen begriffen. Allein in der Stadt Köln hätten sich in den letzten fünf Vierteljahren die Schankwirthschaften um 2090 vermehrt; es komme dort jetzt auf 106 Einwohner eine Wirthschaft, in den Vororten Kölns auf 108 Einwohner eine. Es sei also dringend nothwendig, auf eine Vermin⸗ derung der Schankwirthschaften hinzuwirken. In Folge der über großen Konkurrenz müßten viele Wirthe auch bereits zu außer ordentlichen Reizmitteln, zu weiblicher Bedienung, Tingeltangel u. J. w. ihre Zuflucht nehmen. . dadurch ein erheblicher moralischer Schaden angerichtet werde, sei klar. Auch das Leben am Sonntage gestalte sich in einer durchaus nicht kirchlichen Weise. Die Stadt Köln marschire durchaus noch nicht voran. Es greife überall das Bewußtsein um sich, daß der Vergnügungs⸗ und Trunksucht und der Anreizung des Publikums durch die Schankwirthe Einhalt gethan werden sollte. Es sei gewiß nicht erwünscht, wenn durch die Be⸗ steuerung fremde Zwecke erreicht werden sollten. Wenn aber nebenbei ein etbischer Zweck erreicht werden könnte, sei das gewiß nicht zu verwerfen. Von diesem Gesichtspunkte aus habe die Re⸗ gierung den Vorschlag einer Betriebssteuer gemacht. Die Regierung glaube, es werde in weiten Kreifen des Landes nicht ver standen werden, wenn man die durch die Gewerbesteuer herbeigeführte Erleichterung auch auf die Schankwirthe ausdehne. Die jetzige Klasse O bringe an Gewerbesteuer ca. 3 190 635 6, dazu aus Klasse B 259 066 , . 3 440 701 M Künftig werde die Gewerbesteuer der Gast⸗ und Schankwirthe zu bemessen sein auf ca. 1 443 000 6 Die Betriebssteuer sei veranschlagt auf 2 044 639 A, zusammen 3 487 639 M, also nur ca. 47 000 S, nach einer anderen Schätzung nur 21 000 M mehr als bisher. Der Antrag Christen scheine ihm den ihm zu Grunde liegenden Gedanken nicht vollständig zum Ausdruck zu bringen. Wenn er die Konsumvereine heranziehen wolle, warum dann nicht auch die andern? Er bitte also, diesen Antrag wie den Antrag Goldschmidt abzulehnen. Abg. Lückhoff: Er könne den Antrag Christen nur empfehlen. Derselbe wolle den Konsumvereinen Betriebssteuer ebenso auferlegen, wie den Gast⸗ und Schankwirthschaften. Man habe alle Ursache, der Verbilligung des Branntweins entgegenzuwirken. Die

Seine Partei sei nicht der Meinung des Abg. Bachem, daß diese * 8

zielten einen so hoben Gewinn, daß man ihnen die kleine Gewerbe—⸗ steuer wohl auferlegen könne. Er bitte also, den 5. 59 nach den , mn, der Kommission mit dem Antrage von Christen an zunehmen. .

Inzwischen ist ein Antrag des Abg. von Tiedemann eingegangen, der im zweiten Absatz des 5. 63, entsprechend dem Antrage Goldschmidt, auch die quartalsweise Erhebung der Betriebssteuer festgesetzt haben will.

Ahg. Goldschmidt zieht darauf den betreffenden Theil seines Antrages zu Gunsten des Antrages Tiedemann zurück.

Abg. Bachem: Je länger er die Betriebssteuer ansehe, desto weniger gefalle sie ihm. Wenn man die Gewerbesteuer vertheilen wolle je nach der verschiedenen Leistungsfähigkeit der Gewerbetreibenden, so sei das ein annehmbarer Gedanke. Man dürfe aber doch nicht ein bestimmtes Gewerbe herausgreifen und besoaders belasten. Warum habe man denn nicht den großen Betrieben in Klasse Jeine besondere Steuer auferlegt? Der Regierungskommissar scheine sagen zu wollen, man habe es nicht gewagt. Die große Zahl der Schank— stätten in seiner Vaterstadt Köln, auf die der Regierungskommissar hingewiesen habe, sei noch immer nicht so-gros, wie sie sein würde, wenn die Konzessionirung nach denselben milden Grundsätzen wie anders wo erfolgte. Es würden aber thatsächlich aller die Konzession Nach- suchenden abgewiesen. Man könne also die Konzession nicht als ein Moment für die Steuer anführen. Am allerwenigsten begeisterten ihn die ethischen Gesichtspunkte für eine Betriebssteuer der Schank—⸗ wirthschaft. Gewiß wirkten viele Wirthschaften eibisch und volks- wirthschaftlich höchst schädlich. Aber man solle die Abhülfe in einem generellen scharfen Gesetz suchen, das der Trunksucht und auch den schlechten Wirtbschaften ein Ende mache, die verständigen, notb— wendigen Wirthschaften verschone. Dadurch, daß künftig die Gast⸗ wirthe die bisherige Steuersumme in zwei Theilen, einer Betriebs- steuer und einer Gewerbesteuer zahlten, würden die Wirthschaften sich nicht vermindern. Daß man ein Manko bei der Gewerbesteuer decken müsse, sei kein Grund, gerade die Gastwirthschaften zu belasten. Die Finanzen seien so, daß sie einen kleinen Aus- fall ertragen könnten. Anderenfalls müsse man mindestens alle Gewerbetreibenden für den Ausfall heranziehen. Wie es möglich sei, daß in Köln in den letzten fünfviertel Jahren 200 neue Wirth schaften hätten entstehen können, verdiene untersucht zu werden. Die schädlichen Wirthschaften würden sich dann wahrscheinlich um das Doppelte vermehrt haben. Wenn das so weitergehe, liege die Ge⸗ fahr vor, daß das ganze Familienleben zerstört werde. Er sei also dafür, daß man das Uebermaß von Gast« und Schank— wirthschaften einschränke, aber mit einer Betriebssteuer werde man das nicht erreichen.

Geheimer Ober ⸗Finanz⸗Rath Fuisting: Der Vorredner frage warum die Klasse J, die großen gewerblichen Betriebe, nicht beson⸗ ders belastet worden seien. Gegenwärtig bringe die Steuerklasse A1, die sich mit der Klasse JL decke, 1867 760 ½, künftig werde sie 5 416546 M bringen, also mehr 3 548 7386, also 190 9&0 mehr. Er meine, der Vorredner hätte eine weitere Belastung dieser Klasse nicht für wünschenswerth halten sollen. Auch er bezweifle, ob ein Rück gang der Schankwirthschaften im Gefolge der Betriebssteuer ein- treten werde. Immerhin aber sei es ein Mittel gegen die Vermeh— rung. Der Antrag Christen würde einen Effekt nur erzielen bezüglich der Konsumhereine. Bezüglich der Kasinos und ähnlicher Anstalten fehle es an dem nöthigen Maßstabe.

Abg. Dr. Ritter: Außer den zahlreichen Gründen, welche für Einführung der Betriebssteuer sprächen und angeführt seien, dürfe noch derjenige dafür sprechen, welcher in der Konzessionirung liege, weil dadurch die gegenseitige Konkurrenz beschränkt werde. Von seinen Anschauungen für die Betriebssteuer könnten ibn auch die theil weise scherzhaften Bemerkungen des Abg. Schmid ⸗Hohenzollern nicht abwendig machen, weil er ausdrücklich erklärt habe, für den jenigen Theil der Staatsbürger einzutreten, welche gleich ihm von der Steuer getroffen würden, und. somit Trotz aller Selbstbeherrschung doch eine gewisse Subjektivität unter laufen könne; und außerdem weil der Abg. Schmid am Schlusse erklärt habe, seine Hände in Unschuld waschen zu wollen. Nach einem biblischen Beispiel spreche das gerade nicht für seine Ver⸗ tretung. Er trete aber lebhaft für den Antrag von Christen ein. Zwar gebe er zu, daß die Fassung noch verbesserungsbedürftig sei, wünsche aber, daß dies auch geschehe, damit die lediglich zur Beschaffung von Alkohol gegründeten Konsumvereine besteuert werden könnten. Freilich spreche ein Erkenntniß des Ober ⸗Tribunals von 1872 solchen Vereinen die Konzessionsfreiheit zu und ein Ainisterialreskript deshalb eben⸗ falls. Er hoffe aber, daß das Reichsgericht anders entscheiden werde. Habe es ja schon so oft Ober⸗-Tribunals ⸗Entscheidungen durch eine andere Rechtsprechung beseitigt. Daß aber in 8. 60 die Kommission für die niedrigste Stufe den Satz von 10 auf 12 M verändert habe. sei ihm unbegreiflich. Weder im Protokoll noch im Bericht fände er Motive dafür. Mit demselben Recht könne man den Nickel wieder in den 12 theiligen Silbergroschen umwandeln. Man lebe aber jetzt im Dezimalspstem, und da der Kommissionebeschluß keine praktische Tragwelte habe, übrigens aber die kleinen Wirthe nur ärgere, so sei er für Wiederherstellung der Regierungsvorlage hinsichtlich dieses Punktes. (Zustimmung bei den Freikonservativen.)

Abg. Broemel: Daß dem Schankgewerbe hier keine neue Steuer aufgelegt, sondern nur eine Erleichterung nicht zu Theil werden solle, gelte nur für diejenigen Schankwirthe, welche weniger als 1500 Mn. Jahreseinnahme hätten. Bei den Großbetrieben im Schankgewerbe sei die neue Gewerbesteuer ohnehin schon höher als früher, und dazu solle nun noch die besondere Betriebssteuer kommen. In der Verkennung der verschiedenen Stellung des kleinen und großen Gastwirthsgewerbes liege überhaupt der Hauptfehler, den die. Be⸗ triebssteuer enthalte. Die Motive machten den Eindruck, als habe ihr Verfasser sich gar nicht um die thatsächlichen Verhältnisse gekümmert. Man dürfe sich doch nicht täuschen über den wirthschaftlichen Werth der Gast« und Schankwirth⸗Industrie, welche mit Hunderten von Millionen an Anlagekapital arbeite, und welche hier einer Behand⸗ lung unterworfen werden solle, die eigentlich eine Mißhandlung sei. Dagegen müsse er Protest einlegen. Das Gast und Schankwirth⸗ gewerbe nehme es an Leistungsfähigkeit und Solidität mit jedem anderen Gewerbe auf, die Gastwirthe sorgten eifrig für die ordentliche Ausbildung der jüngeren Gewerbegenossen; der Verein Berliner Weißbier wirthe allein habe im letzten Jahre 53090 für seine Fortbildungsschule verwandt, überhaupt seien diese freien Fachgewerbeschulen nach dem Urtheil des Polizei⸗Präsidiums der Innungsschule weit überlegen; ferner werde für Unterstützung von in Noth gerathenen Genossen von den Gastwirthen sehr viel gethan. Auch volkswirthschaftlich sei das Gast⸗ und Schank⸗ gewerbe von großer Bedeutung viele Ortschaften würden ohne die darin etablirten Hotels niemals ihr Aufblühen erreicht haben, sehr häufig müßten Schul“, Einschätzungs⸗ und dergl. Kommissionen in Gasthäusern tagen, und er erinnere sich mancher in solchen Ver sammlungen von Gastwirthen selbst gebaltenen Rede, die ihn sympathischer berührt habe, als solche zelotischer Geistlichen. Die Unterstellung, daß die Gastwirthe aus parteipolitischen Rücksichten gerade bei seiner Fraktion Unterstützung suchten und fänden, werde widerlegt durch die Ueberlegung, daß die Gastwirthe wegen der Konzessionsertbeilung u. s. w sich doch gerade die gute Meinung der Herren drüben erhalten müßten, denn das Auerswald'sche Wort: In Preußen giebt es kein Mittel gegen die Polizei, eher noch eins gegen die Cbolera“, gelte auch heute noch. Die neue Branntweinsteuer habe, was das einzig Angenehme an ihr sei, den Branntwein⸗— konsum eingeschränkt, daneben werde noch ein Trunksuchtsgesetz für den Reichstag vorbereitet, durch Steuern könne man aber der Voͤllerei nicht Einhalt thun, und das leider Ueberhandnehmen der Völlerei sei eine harte Anklage gegen die mit diesen Angelegenheiten betrauten Ver- waltungsbebörden darin gebe er dem Abg. Bachem Recht. Ein Kommissionsmitglied, das über diese Materie recht sachlich urtheilen zu können angestrebt habe, habe einige Lokale mit Damenbedienung, Tingeltangel, u. s. w. besucht, ein Kollege habe ihn zum Schutz begleitet (Heiterkeit), und das Resultat dieser Forschungen sei aller=

Konsumvereine aber, die denselben an ihre Mitglieder Üüberließen, er

dings gewesen, daß man dabei lernen könne, in erschreckend kurzer