1891 / 72 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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„Wir wollen mit dieser Kandidatur nicht den Parteimann, son. dern den Begründer des Denischen Reichs, den größten Stasts mann des Jahrhunderts und aller Zeit, den Fürsten Bismarck aufstellen und dedurch vnseren Wahlkreis einer hoben Ehre und Auszeichnung tbeil- Zaftig werden laffen wie kein anderer Wahlkreis des großen Denk 'chen Reichs sich deren rühmen kann.! Der andere von einigen National · liberalen aufgestellte Candidat Dr. Waltemath aus Hamburg ift zurück · getreten. Wie der Hannov. Cour. hört, sollen mebrere nam hafte nationalliberale Parlamentarier beabsichtigen, demnächst den Wablkreis zu bereisen nd Wahlreden zu halten.

Statiftik und Bolkswirthschaft.

Vorläufises Ergebniß der Volkszäblung, vom 1. ß 1890 im Deutschen Reich.

Ortsanwesende Be völkerung am 1. Dezember

Staaten und Landestheile.

1899 vorlãn nan) . 2. 3.

7

J. Preußen.

Provinz Osftpreußen w d / 1 1 Provinz Brandenburg 2

‚. Pommern. 1

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k Schleswig ⸗Holstein. dazu Helgoland. Sannover . Westfalen Hessen Nassan .. ; t 0 dd 16313 8 kJ 66 148 66720 Königreich obne Helgoland 383 6, 302 28 318 176 Preußen 1 mit . 29 959 288 Bayern. . Bavern rechts des Rbeins.. links des Rheins (Rbz. Pfalz) Königreich Bavern. . ö Sachsen .. Württemberg.

i] ./— Mecklenburg · Schwerin Sachsen· Weimar. Mecklenburg · Strelitz . L. Oldenburg . J. Braunschweig . JJ 403 029 Sachsen⸗MeiZiningen ... 223 82. Sachsen Altenburg. 170 867 Sachsen⸗ Coburg · Gotha 206 329 . ./) 271 353 J. Schwarzburg⸗Sondershausen 5114 Schwarzburg · Rudolstadt . 35 83 k 57 285 Reuß älterer Linie. 62 759 Reuß jüngerer Linien. 119 bh J. Schaumburg ⸗Lippe. 398183 Ge, K 128 414 XXIII. Lübeck. 6 535 57 65 XXIV. Bremen 180 309 165628 XXV. Hamburg. 24 1569 bis 636 XXVI. Elsaß Lothringen 1603987 1564 355 ; 19 4290 842 465 8595 704

Deutsches Reis .

161 460 198 8289 248 166 73 606 83 836 56 59 904 110528 37 204 123 212 67 658

ohne Helgoland mit ö

Zur Lage der Handweber.

Die „Schlesische Zeitung“ führt in Uebereinstimmung mit den in Nr. 63 des „Reichs und Staats -⸗Anzeigers“ gemachten Mittheilungen aus, daß im Gulengebirge nicht von einem außergewöhnlichen, akuten, allgemeinste Hülfeleistung erfordernden Nothstand, sondern nur von einem chronischen, alljährlich mehr oder weniger wiederkehrenden Nothstand der Handweber die Rede sein könne, der durch Persuche, die Bevölkerung allmählich in andere Berufszweige überzuführen, ge⸗ mildert werden könne. Das Blatt wendet sich alsdann gegen die Versuche, die öffentliche Wohlthätigkeit für die Hand weber in Anspruch zu nehmen, wie dies in diesem Winter in Reinerz Seitens des dertigen Pastors Klein zwar im woblmeinendsten Intereffe für die arme Weberbevölkerung, aber unter offenem Wider spruch vieler mit den Berhältnissen seit Jahren bekannten Personen und in ausgesprochenem Gegensatze zu deren Auf sassungen gescheben sei. Das Blatt schreibt weiter: Die Noth des Winters war auch diesen bekannt und fand wie alljährlich in der geordneten Hülfeleistung ausreichende Berück⸗ sichtigung; auch wird sich mit ibnen jeder daran erfreut haben, daß die Eiraichtung einer Suppenküche in dem, den Nothleidenden offen stehenden evangelischen Psarrhause in Reinerz eine sehr wohlwollende Aufnahme fand: deß aber der erste Erfolg zu Aufrufen in off ent⸗ lichen Blättern anregzte und das Bild des Weberelends weit über die Provinz, ja das Vaterland hinaustrug, war ein Ueberschreiten der angewiesenen Grenzen und mußte von vornherein bedenklich er⸗ scheinen. Man wird mit der Behauptung nicht irren, daß, ohne der Wahrheit im Wesentlichen zu nahe zu treten, ähnliche Aufrufe und ähnliche Schilderungen von Armuth und Noth aus allen Theilen der Provinz, ja aus den Nachtseisen aller großen und größten Städte sich jederzeit begründen ließen.. Weiter beruft sich das Blatt auf das gestern auch an dieser Stelle mitgetheilte Urtheil des Kommunal⸗ Arjtes Dr. Schubert in Reiner, und fährt fort: „Die schwere Nothlage, unter der die von der Haus und Handweberei lebende Bevölkerung nicht nur in der Grafschaft Glatz, son dern in ausgedehnten Bezirken unserer Provinz notorisch leidet, Ist belannt und hat mit Hollem Recht Anspruch auf dauernde Für⸗ orge, deren sie übrigens seit langen Jahren, namentlich auch in dem letzten Jarten Winter, theilhaftig geworden ist. Es muß daher in bobem rade bedauert werden, wenn durch das selbstttätige Ein greifen Anjelner Personen das Interesse weitester Kreise kleineren, von der allgemeineren Noth nicht empfindlicher als andere betroffenen Bezirken durch solche Schilderungen zugelenkt wird, daß sie von anderen mit den Verhältnissen genau bekannten Persönlichkeiten als Übertrichen bezeichnet werden dürfen. Unter diesem Gegensa öffentlicker Aeußerungen muß die. Opferwilligkeit und schließli Die arme Bevslkerung selbst geschäbigt werden, für welche sie in An⸗ spruch gencmmen wird. Dag ist eine schwere Verantwortung, welche An mißberstandener Eifer auf sich ladet, der in den Mitteln für ein an sich wohlmeinendes Bestreben nicht vorsichtig ist und zu weit greift. Abgesehen bierven hat sich im vorliegenden Falle in dankens wertbester Weise die opferwillige Wohlthätigteit von Neuem be—⸗ währt. Diese hat in Folge des Aufrufs ihre immer bereiten Quellen so ausgiebig geöffnet, daß der Empfänger jetzt, nachdem mit der milderen Witterung auch die Noth eine mildere zu werden beginnt, die eingegangenen Gaben für den nächsten Zweck gar nicht völlig verwenden kann. Es ist daher von den Empfängern die zu er⸗ wartende Fürsorge zu treffen, den Ueberschuß der armen Bevölkerung

auch weiterhin im Sinne der Geber dienstbar zu machen. Immierbin aber wird (s ibm neben den unliebsamen, durch seine Veroͤffent. lichungen hervorgerufenen Gegenerklärungen an der Erfahrung nicht fehlen, daß die selbst in guter Absicht obne Beruf und in allzu weitem Umfange zur Begebrlichkeit wachgerufenen Geister recht schwer wieder in die notbwendigen und berechtigten Grenzen zurück

zuweisen sind.“ J

Zur Arbeiterbewegung.

n Essen fand am Sonntag eine zahlreich besuchte Beleg; a,,, der Zeche Ver. Sälzer und Neuack statt, in welcher der Rh. Westf. Ztg. zufolge der Bergmann Flügel · hofer über eine Unterredung mit der Direktion berichtete. Danach hat letztere abgelehnt, mit den Delegirten als einer anerkannten Ver · tretung der Belegschaft zu verbandeln und verlangt, daß die Berg⸗ leute ibre Beschwerden einzeln vortragen sollten, weil nur so die noth⸗ wendige Füblung mit den Arbeitern erhalten werden könne. Was die einzelnen Beschwerdepunkte angehe, so babe die Direktion zugesagt, 1) daß an Brandkohlen verabfolgt werden sollen: im Sommer jede Woche 1 Scheffel und im Winter 15 Scheffel; wenn Jemand damit nicht ausfomme, dann werde die Birektion keinem eine Bitte um Mehr abfchlagen, es dürfe aber kein Unfug durch Weiterverkauf damit ge— frieben werden. 2 Die Regulirung des Gedinges der Schleppe habe die Direktion abgelehnt, weil die Löhne bereits kolossal hoch feien. 3) Ueber die Ünterstätzungskasse babe die Direktion mit- getheilt, daß deren Bestand 6997 46 betrage. 4) Für die Befreiung der Kohblenhauer vom Bergeschleppen sei der Betrieb nicht eingerichtet, wohl? könne noch ein Schlepper zugegeben werden, dieser müsse dann aber mit ins Gedinge gehen. 5) Die Beschwerden über Lehm und Steinwagen sollen Äbhilfe finden. 6) Von den durch das Bochumer Gxekutivkomits gestellten Forderungen wolle die Direktion nichts wsssen, auch wenn der Betrieb der Zeche drei Jahre lang zuhen müsse. Als nach diesem Vortrage der Vorsitzende die Frage stellte: Sind Sie damit einverstanden, daß ein jeder einzeln seine Beschwerde vor⸗ trägt? ertönte die einftimmige Antwort; Nein!“ und auf die Frage: Haltet Ihr also an euren Deputirten fest?‘ hieß es wieder ebenso einstimmig: Ja!“ Es sprachen nun verschiedene andere Redner und auch der frühere Bergmann Joh. Margraf wollte das Wort ergreifen, doch erfolgte vorher die polizeiliche Auflösung der Versammlung.

Auf Anregung des katholischen Knappenvereins fand, wie die Tremonia“ berichtet, am Sonntag in Dortmund eine Ver⸗ fammlung ron Bergleuten statt, um Stellung zu nehmen gegen die sozialdemokratischen Agitatoren und eine Sammlung der christlichen und patriotischen Bergleute anzubabnen. Nachdem der Vorsitzende des Dortmunder katholischen Knappenvereins, Berg mann Wiegers, die Versammlung mit einigen einleitenden Worten eröffnet hatte, bielten längere Reden die Orrn. Redacteur Lenfing⸗Dortmund und Syndikus Becker Bochum. Auf Borschlag des Hrn. Lensing wurde folgende Resolution mit allen gegen zwei Stimmen angenommen: Die Bergarbeiterversammlung zu Dort- mund stellt sich bejüglich der berechtigten Forderungen der Bergleute auf den Standpunkt, welcher in der im Oktober 1820 an den Herrn Minister für Handel Freiherrn von Berlepsch gerichteten Petition des Bergarbeiter verbandes Glückauf“ niedergelegt ist: sie erkennt die Nothwendigkeit der Einigung der Bergleute auf patriotischer und crist⸗ licher Grundlage an, sie kält die Lektüre eines Fachorgans für die Berg⸗ leute nͤtzlich und nothwendig und empfieblt nach dieser Richtung das Blatt „Kohle und Eisen in Bochum, sie wünscht die Erhaltung der Knappschaftskasse als Vollknappschaft mit der Maßgabe, daß den Bergleuten bei der Wahl der Aerzte, wie namentlich bei der Wahl der Knappschaftsältesten größere Freiheiten als bisher gewäbrt werden; die Versammlung verurtheilt aufs Entschiedenste das Einmischen der Sozialdemokratie in die Berg— arbeiter Bewegung, sie ersucht die Bergleute, sich durch sozial— demokratische Vetzer nicht zu einem Strike verleiten zu lassen, keine Versammlungen zu besuchen, welche von Sozialdemokraten einberufen werden oder in denen Sozialdemokraten sprechen, auf die sozial· demokratiscke sogenannte „Bergarbeiter Zeitung“ nicht zu abonniren und so lange dem alten Bergarbeiter-Verband nicht beizutreten, als notorische Sozialdemokraten ig demselben als Leiter und Redner mit wirken; die Versammlung beklagt aufs Tiefste, daß durch das Vor— gehen sozialdemokratische: Elemente auch, unsere berechtigten Be⸗ strebungen bei der Bürgerschaft, bei der. Regierung und an Allerhöchster Stelle schwer kompromiitirt sind, sie fordert daher alle wahrhaft. christlichen und patriotischen Bergleute auf, endlich die sozialdemokratischen Macher abzu— schütteln und im Vertrauen auf das Wohlwollen der Regier ang sich dem Verbande „Glückauf“ anzuschließen oder aber selbst die Leitung des alten Bergarbeiter⸗Verbandes auf der ganzen Linie in die Hand zu nehmen. Die Beschickung des Pariser Kongresses hält die Ver— sammlung für unpatriotisch und unsere gerechte Sache schädigend, sie erblickt in diesem Kongreß ein Machwerk der Sozialdemokratie zur Vorbereitung ihrer Umsturzideen, sie erklärt endlich, einem event. von Paris aus proklamirten Genera strik⸗ sich nicht anschließen zu wollen. = Aus der Rede des Hrn. Bensing fübren wir nach der Rh.⸗Westf. Ztg.“ Folgendes an: Der Redner gab der Hoffnung Ausdruck, daß die gegenwärtige kleine Versammlung den Ausgangepunkt bilden möge für eine große Sache, um den verfahrenen Karren der Berg- arbeiterbewegung wieder in richtige Bahnen zu bringen Die Sozial demokraten seien immer bei der Hand, zu ernten, wo Unzufriedenheit herrsche, gleichviel ob dieselbe eine Berechtigung habe oder nicht. In neuester Zeit hätten sich sogar die Berliner sozialdemokratischen Führer Singer und Auer erdreistet, im biesigen Revier mit den Berg⸗ leuten zu konferiren über die Frage: Strike oder nicht. Da sei es endlich an der Zeit, daß man sich rähce und für eine Vereinigung eintrete, welche den Zweck babe, die Bewegung in andere Bahnen zu bringen und die Sozialdemokraten binauszuwerfen. Redner hat eine zu große Achtung vor dem rheinisch⸗westfälischen Bergarbeiterstande, als daß er glauben könne, die Bergarbeiter seien alle Sozialdemokraten geworden. Es sei eine große Frage, ob bei der Forde⸗ rung der achtstündigen Schicht oder einem Migimallohn von 4,50 S , pro Schicht die Kohlenindustrie leistungsfähig bleiben könne. Wenn der faule Arbeiter 450 Se erhalten solle, welchen Lohn dürfe dann erst der fleißige beanspruchen? Mit Schlag— worten, wie solche von den Sozialdemokraten gebraucht würden, komme man nicht weit. Redner kommt dann auf die Bewegung von 1889 zurück, in deren Beginn es Bunte, Schröder, Siegel vortrefflich verstanden, ihre letzten Absichten und ihre wahres Gesicht zu verbergen, namentlich aber habe Schröder dies am Besten verstanden. Man ꝛLürfe es nicht länger dulden, daß an der Spitze der Bergarbeiterbewegung Sozial⸗ demokraten ständen, deren Streben geeignet wäre und darauf hinaus ginge, die Bergleute ins Unglück zu stürzen. Wenn das Unternehmer⸗ thum sich organisire, so könne man dies auch dem Arbeiter nicht ver⸗ denken, aber dazu gebrauche man nicht Leute wie Singer und Auer, nicht die Sozie ldemokratie, sondern die Organisation müsse geschehen auf ruhiger und vor Allem gefetzlicher Grundlage. Die Sozialdemo⸗ kratie wolle den Umstur; und die Beseitigung der Religion, Wege, auf denen kein christlich patriotischer Mensch folgen könne.

Der niederländische Konsul in Hamburg berichtet, wie wir der Berl. Volksztg.“ entnehmen, an die Am sterdamer Han⸗— delska mmer, daß die Tabackarbeiter⸗Genossenschaft in Hamburg sich über ganz Deutschland ausdehnen und zu diesem Zwecke sich an den niederländischen Markt wenden wolle, um für ihre

Ünternehmung Kapital und Rohtabackkredit zu erhalten. Die Ge⸗ nossenschaft wolle den sich betheiligenden niederländischen Firmen ein Monopol einräumen und sich verpflichten, von keinen anderen Firmen Taback zu beziehen. k

Wie der „Frkf. Ztg.“ aus Dresden geschrieben wird, scheinen dort nun auch, wie früher bereits in Berlin, die Droschtenkutscher in die Arbeiterbewegung hineingezogen zu werden. In der Nacht vom 18. zum 19. d. M. fand eine Versammlung der Droschkenkutscher statt, in der sehr lebhaft gegen das Vorgehen der Droschken⸗ besitzer mit Strafbestimmungen protestirt wurde. Man forderte

eine Bezablung, die weniger korrumpirend für den Kutscher als das bisher befolgte System sei. Man machte nach dieser Richtung beftimmte Anträge, die am 1. Mai in Kraft treten sollen. Es ist wahrscheinlich, daß es zu einem Strike der Broschkenkutscher kommt, wenn die Droschkenbesitzer die Forde rung von 18 A festem Wochenlobn oder 14 4 und Prozenten von der Tageseinnahme ablehnen sollten. In der Versammlung wurde der Vorschlag gemacht, einen Verband sämmtlicher Drosch ken⸗ kutscher- Vereine Deutschlands ins Leben zu rufen, um be⸗ sonders in Lobnfragen gemeinschaftlich vorgehen zu können.

In Duisburg stellten am letzten Mittwoch die Tisch ler gesellen der Firma G. Gattermann, achtzehn an der Zahl. die Arbeit ein; nach dem Bericht des Vorwärts“ gab Veranlassung zum Ausstand die Behandlung, welche den Gesellen durch den Fabrikanten zu Theil wurde, und der niedrige Lohn l bis 18 0 die Woche. im böchsten Falle 3 für den Tag). Es sind der Firma folgende Forderungen gestellt worden: 1) den achtjebnjãhrigen Gesellen einen Minimallohn von 18 46, den vierund;zwanzigjäbrigen einen solchen von 23 zu gewähren; 2) die Arbeitszeit, welche in diesem Winter um eine halbe Stunde verlängert wurde, auf zebn Stunden zu be⸗ messen. Diese Forderungen sind zurückgewiesen worden.

In Oldenburg gedenken einer Mittbeilung der ‚Wes. Ita.“ zufolge die Zimmergesellen in allernächster Zeit einen allgemeinen Strike in Scene zu setzen. Von der Centralstelle des Strikes aus- gehend ist den Gesellen eine Zuschrift zugegangen, die höhere Lohn⸗ ansprüche stellt und den Meistern zur Stellungnabme vorgelegt wird. Bei verschiedenen Zimmermeistern ist, da die Ansprüche von diesen nicht bewilligt wurden, die Arbeit schon von sämmtlichen Gesellen gekündigt worden, sodaß diese Gesellen nach 14 Tagen die Arbeit niederlegen. . .

Die Agitationskommission der Schneider und Schneiderinnen Berlins bringt im „Vorwärts“ Folgendes zur Kenntniß: In Lohnbewegung steben die Kollegen in n ,. Rürnberg, Fürth und Eberswalde. Die Lohnbewequng in

otsdam ist zu Gunsten der Arbeiter beendet. Die Firma ö ppenhei mer, Damengeschäft, Jägerstraße, hat die dort beschãftigten Taillenarbeiter aus ge sper rt. Die bis dabin übliche Wochenarbeit sollte zur Stückarbeit berabgedrückt werden, was eine wesentliche Verschlech. terung für den Arbeiter bedeutet. Außerdem hat das Betragen des Chifs seinen . dazu beigetragen, daß dieselben ge⸗ wungen wurden, aufzuhören. 66 Seraing batte gestern ein erstes Telegramm des Wolff⸗ schen Bureaus' gemeldet, die Lage habe sich dort ein Wenig ge⸗ beffert. Gestern Morgen hätten 100 Arbeiter die Arbeit wieder aufgenommen. In den Stahlwerken von Cockerill sei die Arbeit vollständig eingestellt. Der Strike in den Koblengruben von Cockerill und in St. Marie la- Have dauere fort, während derienige in den Kohlengruben von Angleur beendigt sei. In den Koblengruben am linken Ufer der Maas werde gearbeitet. Die Ruhe sei nirgends gestört worden. Ein späteres Brüsseler Telegramm konnte dann weiter berichten: Der Strike in Serging wird als beendet angesehen. In iner Versammlung der Ausständigen wurde beschlossen, nit weiter zu striken. Die Kohlengruben, der Cocke— rill'schn Werke und der Gesellschaft St. Marie la⸗Haye werden am Dienstag die Arbeit wieder beginnen lassen, des gleichen die Stahlwerke. . .

Aus Angers wird telegraphisch gemeldet; Der Strike in den Scieferbrächen von Frslazs ist fast beendet. Das Militär ist nach Angers zurückgekehrt. i

stunst und Wissenschaft.

s. In der am letzten Sonnabend abgehaltenen Arbeitssitzung des Vereins für die Geschichte Berlins widmete zunaͤchst der Vorsitzende, Stadtrath Friedel, dem jüngst verstorbenen zweiten Vorsihenden, Rektor Budezies, einen warm empfundenen Nachruf. Der Verein gedenkt in Gemeinschaft mit dem Verein „Herold“ und dem Verein fur die Geschichte der Mark Brandenburg eine besondere Gedächtnißfeier für Budezies zu veranstalten, dessen Thätigkeit sich hauptsächlich auf Genealogie, Siegel! und Wappenkunde, sowie auf märtische und Berlinische Geschichte erstreckte. Darauf wurde eine am Mühlendamm gefundene, in den Besitz des Mãr⸗ fischen Provinzial Museums übergegangene kleine Schüssel gezeigt, die trotz ihres bald zweihundertjährigen Alters sehr gut erhalten ist und auf dem Rande folgende Inschrift trägt: ‚Liebe mich allein oder laß es gar sein! anno 1709. Nachdem auch des aus dem Ende des Mittelalters stammenden, an derselben Fundstelle ausgegrabenen Ritterschwertes Erwähnung geschehen, nahm der Vorsitzende Gelegen heit, dem Bedauern darüber, daß der Herr Minister Dr. von Goßler, welcher dem Märkischen Provinzial⸗Museum, sowie dem Verein für die Geschichte Berlins stets in wirkungs⸗ vollster Weise seine Sympathie bekundet, Berlin verlasse und gleich zeitig der Freude darüber Ausdruck zu leihen, daß dasselbe Entgegen⸗ kommen und dieselbe Förderung auch bei dem neuen Herrn Kultus Minister Grafen von Zedlitz⸗Trützschler 3 sei, welcher sich der Theilnehmer an der in Posen abgehaltenen Generalversamm⸗ lung sämmtlicher Geschichts- und Alterthumsvereine in Deutschland als Ober⸗Präsident der Provinz mit großer Liebenswärdigkeit an genommen habe, dessen. Initiative auch der Posener Ge⸗ schichtsverein und das dortige Museum ihre Entstehung ver— dankten und der die Herausgabe der Forschungsergebnisse des Archivß veranlaßt habe. Der Verein erklärte sich, damit einverstanden, daß der Vorstand im Namen des Berliner, so⸗ wie des Gesammtvereins den Herrn Minister begrüße und ihm ein Exemplar der Vereinsschriften überreiche Sodann gelangte ein kleiner Kupferstich zur Besprechung und zur Besichtigung, welcher aus der Zeit von 1810 stammend, ein Stück Berlin zur Zeit des Großen Fturfürsten darstellt. Ueber die Persönlichkeit des herstellenden Künstlertz daß Bild weist den Namen „von Hiltbrand“ auf ist man sich ebegso wenig klar, wie über das Objekt der Darstellung. Auf. der Straße vor seiner Ladenthär stehend sieht man einen recht „dicknäsig erscheinenden Berliner Bürger, an welchem ein vornehm auszsehender Herr vorüber geht; die Unterschrift dis Bildet lautet:

An der Thür des Ladens stand .

Jüngst ein fr (echer) Negociant.

Da ging ein Ehrenmann vorüber;

Keck' rief Jener: „Ei, mein Lieber, . . Wie geht's?‘ Doch dieser sprach: Nun, wie man's treibt, Wenn man nicht in dem Gleis der Ehre bleibt!“ .

Worauf sich die Darstellung und die Jnschrift beriehen, ist, wie bereits angedeutet, noch nicht ermittelt worden; der Vorsitzende gab der Vermuthung Raum, daß hier vielleicht ein Zusammenhang mit der Franzosenherrschaft zu luchen sei. An weiteren Merk⸗ würdigkeiten aus dem Märkischen Provinzial⸗Museum, besprach der Vorsitzende die Gesundheitsatteste, wie solche in früherer Zeit die wandernden Handwerksburschen in den größeren Städten erhielten. Ein solches Attest, zu Hamburg im Jahre 1892 ausgestellt, bezeugt merkwürbiger Weise nicht nur die Gefundheit des betreffenden Handwerke burschen, sondern auch diejenige Hamburgs selber, von welcher es gleich zu Anfang heißt:; „Hier herrscht eine gesunde gute Last. Ferner befindet sich im Märkischen i nf, Museum eine Vermögentdeklaration aus dem

ahre 1812, eine Art Vorläufer der demnächst bei, unt zur Einführung gelangenden Steuerdeklargtionen. Darauf er solgte eine Sesprechung der großen Taufe von in den letzten beiden Jahren fertiggestellten Straßen und Brücken; welche nunmehr durch Königliche Kabinets ⸗Orhre, bewirkt worden ist. Der Vorsit ende gab bei dieler Gelegenheit seiner Be— friedigung und Genugthuung darüber Autzhruck, daß bei per Wahl der Namen den Wünschen des Vereins voll und ganz Rechaung ge⸗ tragen worden und daß besonbertz auch die Namen me, . eser

Berliner 8 Berücksichtigung gefunden hätten. Gedanke, den auch Raiser Friedrich vertreten babe, werde von dem gegenwartigen Kaiser mit einer t danken ˖

wertben Oblektivität durchgeführt, und die betreffenden Namen befänden sich überall an der richtigen Stelle, wie das Ver⸗ zeichniß der neuen Straßen und Brücken Namen ergebe. Diese An—= gelegenheit gab dem zweiten Vorsitzenden, Amtsrichter Br. BS ringuier, Veranlassung, darauf hinzuweisen, welche besonderen Verdiensle sich der erste Vorsitzende, Stadtraih Friedel, von welchem die be— treffenden Vorschläge herrühren, auf diesem Gebiete erworben, indem er wesentlich dazu beigetragen habe, daß ein gutes Stück Berliner Geschichte in den Namen der Straßen, Brücken und Plätze der Stadt festgelegt worden sei. Des Weiteren besprach Schriftsteller Bloch die Häuser Moststraße 6, 7 und 8, die von der Baugesellschaft „Union“ käuflich erworben und wabrscheinlich für den Abbruch be⸗ ftimmt sind; besonders kennzeichnete Referent das Haus Nr. 6 als ein altes schönes Patrizierbaus, das sich namentlich durch ein berr— liches schmiedeeisernes Treppengeländer auszeichne. Schließlich legte Maaistraté⸗Sekretär Ferdinand Mever den plan gensral de la maison et du jardin de son excellenee Mr. de Marschall, ministre dEtat de sa Majests prussienne vor. Das geplante Haus ist im Jahre 1736 durch Gerlach an der Wilhelmstraße gebaut worden, wäbrend sich das Terrain des in Aussicht genommenen Gartens an der damaligen Potsdamer (jetzigen Leipziger) Straße und am Octogon (etzt Leipziger Platz) befand.

Literatur.

Vaterländisches.

Ansprachen und Erlasse Seiner Majestät des Kaisers aus den Jahren 1888, 1889, 1890. Zusammengestellt nach dem ‚Deutschen Reichs ⸗Anzeiger' und nach dem Stoff systematisch geordnet von Dr. Baumann. Ceipzig, Schmidt u. Günther) Das Werk bildet gleichsam das aktenmäßige Material für die Thätigkeit Seiner Majestät des Kaisers auf den verschiedensten Gebieten während der Jahre 1888 bis 1890. Es läßt seine Thätig— keit auf dem Gebiete der äußeren und inneren Politik erkennen, seine Sorge für Erziehung und Unterricht, sein Interesse für Sozialreform, seine Stellung zur Armee und Marine ꝛc. Es ist eine von ihm selbst geschriebene Geschichte seiner ersten Regierungszeit. Die Aus— stattung ist hochelegant, der Preis 150 4 sehr mäßig.

Militärisches.

Betrachtungen über eine zeitgemäße Fechtweise der Infanterie von Bronsart von Schellendorff L, General der Infanterie und kommandirender General des J. Armee. Corps. Berlin 1891, E. S. Mittler und Sohn. Preis 1 16 Mit der Autorität eines höheren Truppenbefehlshabers tritt in dieser kleinen beachtenswerthen Schrift der Verfasser auf gegen alle diejenigen Militär⸗ schriftsteller, die das Exerzier Reglement und die Schießvorschrift als nicht ausreichend für die Gefechtsausbildung des Soldaten erachten und vom Reglement den Normalangriff, von der Schießvorschrift das ungezielte Feuer fordern. Er giebt dabei den aktiven Offizieren die beberzigenswerthe Lehre, ihre von diesen Vorschriften abweichende Meinung, deren Berechtigung er auf das Entschiedenste in Abrede stellt, schoön aus Gründen der Disziplin zu unterdrücken und nicht öffentlich zu besprechen. Ein Meinungsauttausch innerhalb der durch die Königlichen Vorschriften gesteckten Grenzen könne nur anregend wirken und sei durchaus zu empfeblen, eine Polemik gegen diese Vor⸗ schriften dagegen auf das Strengste zu verurtheilen. Aus innerster Ueberzeugung und nicht nur aus Gründen des Gehorsams bekennt sich der Verfasser als Anhänger der Königlichen Vorschriften und entwickelt in leichtverständlicher Weise seine Grundsätze über die zeitgemäße Fecht⸗ weise der Infanterie. Die deutsche Armee wird sich dem Verfasser zu Dank verpflichtet fühlen für diese klare Darlegung, die besonders dem durch die Fülle der sich aufdrängenden verschiedensten Ansichten zu Zweifeln gekommenen jungen Offizier einen Anhalt, eine gewisse Sicherheit geben kann.

Nachdem den Anhängern des Normalangriffs, welche den durch das Reglement gelassenen Spielraum für die eigene Entschließung eingeengt wissen wollen, in der gebührenden, allerdings sehr scharfen Weise entgegengetreten wird, daß diese Einschränkung nur für mittel. mäßige Naturen am Platze sei, wird diese Frage wobl für längere Zeit von der Tagesordnung abgesetzt sein. Leichter als die Gegner des Exerzier · Reglements waren die Anhänger des ungezielten Feuers, die Gegner der Schießvorschrift, zu bekämpfen. Sie erfahren guf Seite 32 folgende gleichfalls endgültige Abfertigung: „Der moralifche Werth einer Truppe beruht auf einer auf den höchst möglichen Grad gesteigerten Ausbildung in Führung und Verwerthung ihrer Waffe. Was soll ein Soldat sich dabei denken, wenn er während einer auf die höchsten Leistungen hinausgehenden Schießausbildung dahin belehrt wird, daß er, je näher er dem Feinde kommt, ohne zu zielen, horizontal anschlagen oder gar von der Hüfte feuern soll? Und wir haben doch zum größten Theil denkende Leute. Diesen, wie allen Anderen, ist fortaesetzt das ideale Ziel vorzuhalten. Thun wir dies in der Friedens- ausbildung nicht, üben wir dagegen Das, was die menschliche Schwäche im Kugelregen erzeugt, so werden wir, wenn wir in denfelben gelangen, noch geringere Leistungen aufluweisen haben. Oder sollen wir etwa auch das Autzreißen üben, um der Wirklichkeit schon auf dem Uebungs—⸗ felde ganz nahe zu kommen? Und es giebt doch Ausreißer.

Außer mit diesen beiden Hauptaufgaben beschäftigt sich die Schrift noch damit, Lehren darüber aufzustellen, wann der Gebrauch dichter oder lockerer Schützenlinien angtzeigt, wann das Feuer beim Angriff zu eröffnen, in wie fern auch im Feldkriege sogar beim Angriff der Gebrauch des Spatens zur Herstellung von Deckungen zu empfehlen, und daß der Bajonnetangriff, wenn auch mit viel Vorsicht angewendet, doch noch immer das Siegel auf einen durch das Feuergefecht that sächlich abgeschloffenen Akt sei, daß unbedingt auch heute noch gesitgelt werden müsse. In einem hochinteressanten Abschnitt sind Gedanken über den Einfluß des rauchschwachen Pulvers auf die Krieg⸗ führung ausgesprochen, die streng logisch zu dem Schluß führen, daß das rauchschwache Pulver, so sonderbar es klinge, den Feind verschleiere, und somit die Aufklärung und die obere Führung erschwere, daß da⸗ gegen füär das reine Jafanteriegefecht, für den Angriff, wie für die Vertheidigung, seine Vortheile und Nachtheile sich ziemlich gleich mäßig geltend machen, also das neue Pulver, außer einem schnelleren Verlauf dieses Kampfes, voraussichtlich keine wesentlichen Veränderungen herbeiführen werde, daß dagegen Infanterie und Artillerie im Ftampfe gegen die Kavallerie . das rauchschwache Pulver in eine vor⸗ theilhaftere Lage gebracht seien. Zum Schluß ist in einer Ab— handlung, Drill und Erziehung überschrieben, der Nachweis ge⸗ liefert, daß für die heutige Zeit der Drill allein nicht mehr genügt zur Ausbildung des Soldaten, sondern daß die auf Religion und Vaterlandsliebe gestützte Erziehung kem allerdings immer noch unentbehrlichen Drill zu Hälfe kommen müsse. Die Er— ziebung des Soldaten sei Sache des Offiziers. Wenn der Soldat empfinde, mit welcher Begeisterung der Offizier an seinem König, an seiner Fahne, an seinem Truppentheil und seinen Pflichten hänge, wenn der Offizier es verstände, aus der Geschichte unseres Königs hauses, des Vaterlandes und Truppentheils die für Hebung des Ehr⸗ gefühls, der Selbstverleugnung und Todesverachtung geeigneten That⸗ sachen leicht faßlich und packend vorzutragen, so werde der Soldat dem Beispiel des Offiziers in der Pflichterfüllung folgen und seinen Worten Glauben schenken, was ihm auch vorher Gegentheiliges vor⸗ geredet sein möge. Die Erziehung erzeuge den guten Geist einer Truppe, der gute Geist sei aber allein nicht ausreichend, um einen fertigen Soldaten herzustellen, dazu gehöre vor Allem der gewohnheits⸗

mäßige Gehorsam, und dieser sei nur durch den so oft und so ungerecht geschmähten Drill zu erreichen. .

Das Buch bietet dem Offizier aller Grade reichen Stoff zur Belehrung, kann selbst den gebildeteren Unteroffizieren mit Nutzen in die Hand gegeben werben und auch der Laie wird es mit Vergnügen lesen und durch Vertiefung in feinen Inhalt sich leicht über die ihm unbekannten Militärperhältnisse unterrichten und mit ihnen befreunden. r von Schgrfenort (Haupt.), Friedrich der Große über die Erzießung ver misstärisch en, Jugend, Vortrag, gehalten am 76. November 1890 in der militärischen Gesellschaft. Preis M 6650. (G6. S. Mittler u. Sohn, Königl. Hof ⸗Huchhandfung)!

Die „Bildung des Charakters“, welche eben in unseren Tagen als ein Ziel der gesammten Erziehung von Neuem hervorgehoben wird, ist auch der Grundsatz gewesen, von welchem aus Friedrich der Große insbesondere die Kadettenpflege geleitet wissen wollte. Er erkannte in sorgsamster Ausbildung des Charakters sehr richtig ein Hauptmittel, die Zukunft, den Halt des preußischen Offiziercorps, den guten Geist in, der Armee zu sichern. Die Fürsorge des großen Königs in dieser Richtung, die in zahlreichen Aeußerungen und Bethätigungen sich kundgiebt, schildert Hauptmann von Scharfenort, Bibliothekar der Haupt ⸗Kadettenanstalt in Lichterfelde, in der vorliegenden Schrift.

Marine.

Von dem illustrirten Lieferungswerk , Zur See (heraus gegeben vom Vize Admiral 3. D. von Henk und Marinemaler E. Niethe; Verlagsanstalt und Druckerei A. G., vorm. J F. Richter, in Hamburg) liegen jetzt sieben neue Hefte vor, welche das Werk bis zur elften Lieferung weiterführen. In der fünften bis neunten Lieferung wird noch die Beschreibung der Schiffsformen und Seewaffen der Neuzeit fortgesetzt und neben den größten und bemerkenswerthesten aus ländischen Schiffen, wie dem französischen Temerairen, dem englifchen Neptune“, „Thunderer“ 2g, werden die Haupttypen unserer deutschen Marine erörtert. Von der Panzerkorvette Württemberg“ (der Sachfen⸗ klasse), den Panzer · Fahrzeugen. Arminius und, Wespe“ und dem Aviso Pfeil! sind auch gute Abbildungen beigegeben. Als Typus der Klasse der geschützten Kreuzer“ wird die Kreuzer⸗Korvette Irene“, als neuester Schiffstyp der deuischen Kriegsmarine der Siegfried“ in großen vor- treff lichen Holischnitten veranschaulicht und beschrieben. Ein besonderer Abschnitt ist der Schiffs Artillerie gewidmet, in welchem ein mächtiger Krupp scher lo00-Pfünder und eine 40 em Kanone abgebildet und in ihrer Konstruktion sowie nach ihren Schießwirkungen geschildert sind. Das nächste Kapitel macht den Leser eingehend mit dem Torpedo— wesen, den Seeminen und den Schutzmitteln dagegen bekannt. Der gleichfalls sehr instruktiv illustrirte Abschnitt enthält u. A. auch die Abbildung einer Hotchkiß (Revolver) Kanone und veran— schaulicht die Sprengung eines Panzerschiffs, sowie die verschie— denen, bei Versuchs-Explosionen beobachteten Wassersäulen. Der Lieferung 8/9 ist auch eine sorgfältig ausgeführte Karte der Mün— dungen der Jahde der Weser und der Elbe, nebst Angabe der Strömungen und Tiefenverhältnisse beigefügt.

In den beiden letzten Heften werden die Anlagen einer Werft an dem Muster der Kieler dargestellt und die Schiff bauanstalten beschrieben. Große Tafeln und viele Textholzschnitte zeigen die verschiedenen Stadien, die ein solcher Schiffskoloß auf der Weift durchzumachen hat, ehe er klar zum Ablauf“ vom Stapel wird, andererseits aber auch die schlimmen Havarien, denen die Schiffe so leicht beim Auf— laufen auf Felsen ausgesetzt sind, letzteres an dem Beispiel eines riesigen Lloyddampfers. Auch eines der neuerdings eingeführten praktischen eisernen Schwimmdocks ist abgebildet. Den Beschluß der Lieferung macht eine interessante Schilderung des Taucherwefens. In Ca. 50 Lieferungen (Großfolio Format) mit im ganzen über 400 Illustrationen, Karten und Tafeln zum Preise von je 60 3 soll das Werk vollständig werden.

Kunstangelegenheiten.

Die Kunst unserer Zeit. Redigirt von H. E. von Ber— lepsch. München, Franz Hanfstängl Kunstverlag A.-G., 1890. Nach dem unter dem gleichen Haupttitel im Jahre 1889 die erste Münchener Jahresausstellung in demselben Verlage erschienen und durch die geist⸗ reiche Art der Darstellung des Herrn Verfassers in Verbindung mit zahlreichen Voll⸗ und Textbildern einen durchschlagenden Erfolg gehabt; giebt der jetzt. vorliegende stattliche Band von 246 Seiten nebst über 70 großen Photographien und mehr als 100 kleineren Nach bildungen einen Ueberblick über die Kunftbestrebungen nicht bloß Deutschlands und Oesterreichs, sondern auch Englands, Italiens, Frankceichs und Spaniens. Zugleich werden von bewährten Forschern und Schriftstellern auf dem Gebiete der Kunst in einzelnen Auf— sätzen interessaute Themata besprochen, z. B. von Prof. Franz von Reber die Schwierigkeiten der Herstellung von witkungs— vollen Panoramen, unter Zugrundelegung des von den Professoten Bühlm a nn und Alex. Wagner gemalten „Einzugs des Kaisers Konstantin in Rom (zur Zeit hier in der Herwarthstraße zu sehen); ferner schildert der Dr. Corn. Gurlitt den Charakter der Hausfrau als besonders geeignet, in den Geist eines Kunstwerkes einzudringen, sodaß eher Frauen als Kunstkenner“ auftreten können, wie Männer. Helene Zimmern giebt in ihren beiden Aufsätzen: „Die moderne Kunst in Italien“ (besonders Florenz) und Sir John Everett Millais“ einen glänzenden Beweis diefer Kennerschaft. Arthur Fitger zeigt uns „Schiller's Ver hältniß zur bildenden Kunst“, welches erst durch Goethe's Einfluß zu der Tiefe, der Auffassung gedieben, die wir an unferem volksthümlichsten Dichter bewundern. Professor W. Lübke sucht in der Abhandlung Monumental. Sinn“ den Nachweis zu führen, daß dieser in Deutschland augenblicklich auf keinem Gebiete zur, vollen Entfaltung gelange; ein Urtheil, das wohl mannigfachen Widerspruch erfahren dürfte. Nissen macht einen Rückblick auf die Pariser Kunst des Jahres 1890, Gurlitt auf die Berliner aka— demische Ausstellung und Semper auf die französische Plastik auf der Pariser Weltausstellung, während von Berlepsch die Münchener Jahresaus stellung sowie die reproduzirten Gemälde und plastischen Werke selbst bespricht. Bei der bevorstehenden internationalen Kunst⸗ ausstellung in Berlin erscheint der vorliegende Band der Kunst unserer Zeit“, welche in monatlichen Einzellieferungen weiter heraus— gegeben wird, als eine um so will kommenere Gabe, als der Redacteur des Unternehmens nicht nur in kunstkritischer Beziehung sich verdient ge⸗ macht hat, sondern selbst mit dem Zeichenstift äußerst geschickt umzu⸗ gehen versteht, wie seine dem Text beigefügten Vignetten und seine landschaftlichen Skizzen in der ‚Kunst für Alle“ (II. Heft 19 beweisen. . ö „Die März⸗Numm er der im Verlage von Velhagen und Klasing erscheinenden Neuen Monatshefte enthält unter anderen einen Aufsatz von Preuß über den Geschichtsmaler Prof. Werner Schuch, aus dem wir wiederum bestätigt fehen, daß der wahrhaft bedeutende Künftler durch keinerlei Hindernisse von feinem Endziele abgehalten werden kann. Schuch war ursprünglich Architekt und entwickelte sich ganz selbständig zum Maler. Werthvolle Re—⸗ produktionen farbiger Studien des Künstlers zu verschiedenen historischen Gemälden sind dem Texte beigegeben.

„Georg Bötticher. Schilda, Verse eines Klein städters mit Illustrationen von Jul, Kleinmichel. Verlag von Franz Karrer. Leipzig. Diese mit fröhlichem Humor das „klar und offen dahinfließende Leben! einer kleinen Stadt schildernden Verse haben an dem gaf dem Gebiete der Illustration hinreichend bekannten Münchener Maler Kleinmichel einen ebenbürtigen Interpreten ge— funden. Seine leicht hingeworfenen Federzeichnungen geben mit wenigen, nur das Charakteristische betonenden Strichen lebenswahre, ihrem Beruf treu ergebene Mitglieder des Honoratiorenkreises von Schilda derart treffend wieder, daß ihre komische Wirkung die des Textes noch erhöht, ähnlich wie es in den „Fliegenden Blättern“ Schlittgen versteht. Ganz besonders sind dem Künftler die Gruypenbilder, welche das Vereinsleben der Stadt schildern, gelungen. Von den beiden März-Heften der Fr. Pecht schen Kunst für Alle“ macht uns das erste mit dem Bildhauer Volkmann bekannt; in dem zweiten gelangt ein recht beachtenswerther Aufsatz „über 3 und Kunstkritiker aus der Feder Hermann Helferich's zum schlu

Dichtkunst.

Alle Freunde gediegener Werke in kostbarer Ausstattung, ganz besonders aber die nach vielen Tausenden zählenden Besitzer der illustrirten Prachtausgaben von Shakespeare, Schiller und Goethe, die von der Deutschen Verlags⸗Anstalt in Stuttgart im Laufe der Jahre unter Herbeiziehung erster Künstler herausgegeben worden sind, werden es freudig begrüßen, daß der genannte Verlag in einer gleich kostbaren und elegant ausgestatteten Ausgabe die Werke

Wilhelm Hauff's vorbereitet. Gerade Hauff ist durch die Anmuth

und das jesselnde Interesse seiner Erzählungen ein Liebling aller Kreise des deutschen Publikums; sein ‚Lichtenstein', seine ‚Phantasien im Bremer Rathskeller', sein Mann im Mond“, seine Märchen und Novellen 2c. wirken heute noch ganz wie in der Zeit ibres Eescheinens mit voller Frische und erhalten jetzt durch die prächtig ausgeführten Illustrationen hervorragender Künftler erhöhten Reiz. Der neue Hauff, auch kunstkritisch sorgfältig behandelt und mit biographischen Er— läuterungen ꝛę. versehen, ist berechtigt, in jedem deutschen Hause Ein—= gang zu beanspruchen und sich als werthvoller Besitz von Generation zu Generation fortzuerben. Wir wollen heute nur noch darauf hin— weisen, daß die Lieferung nur 59 3 kosten wird. und bebalten uns näheres Eingehen auf die neue Ausgabe bis zu ihrem Erscheinen vor.

Zeitschriften.

GU Gewerbehalle‘, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner. Redigirt von Ludwig Eisenlobr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart. (Verlag von J. Engelhorn in Stuttgart) 29. Jahr⸗ gang, Heft 1—3. (Pr. d. Hefts. J1 S 50 7). Der neue Jahr⸗ gang dieser vortrefflichen, in den Kreisen der Kunstindustriellen längst gebührend geschätzten Vorbildersammlung wird eröffnet durch ein prächtiges Glanjstück modernen Kunstgewerbes: den in üppig reichem Renaissancestil gehaltenen Entwurf zu einem Trinkhorn in Silber fassung. Das schöne vom Direktor der Kunstgewerbeschule in Karls— ruhe H. Götz erfundene Werk bildete den Ehrenpreis Seiner König— lichen Hoheit des Großherzogs von Baden zum Iffezheimer Wett— rennen. Gereicht dieses Werk dem badischen Kunstgewerbe zu hoher Ehre, so zeugen die im zweiten Heft mitgetheilten beiden in schwung— vollem Recocostil gestalteten Laternen aus ciselirter Bronze von Paul Stotz in Stuttgart von der auch in Württemberg sorglich ge— pflegten kuͤnstlerischen Metallindustrie. Die Möbeltischlerei nimmt, wie immer, einen besonders breiten Raum ein. Zwei Tafeln zeigen ganze Zimmereinrichtungen, eine ein traulichesü niedriges Wohnzimmer mit Erker (entworfen bom Architekten H. Kirchmayr in München), die andere ein weites hohes getäfeltes Gargon- Zimmer (ron W Mäüller, Bau und Kunsttischlerei in Wien) mit Oberlicht, beide in modernisirter Renaissance.

Auf anderen Blättern sieht man einen Salonschrank, in edlem Rococostil von Franz Stifter in Wien entworfen, sowie einfachere Schränke von anderen Wiener Firmen Die italienische Kunstmöbel⸗ Industrie ist vertreten durch ein Schränkchen aus Nußbaumholz in Barockformen, mit reicher figürlicher Schnitzerei, theils rund, theils in Hochrelief, von den Gebrüdern Besarel in Venedig, die sich dafür auf der Pariser Weltausstellung die goldene Medaille erwarben. Dieselbe Auszeichnung erhielt die Firma Qrartara in Turin für ihren gleich falls mitgetheilten, reich ornirten Kredenztisch aus demselben Makerial. An weiteren modernen Arbeiten enthalten die Lieferungen noch den Entwurf zu einer Damastdecke und die Aufnahme eines Grabmals in antikem Stil vom Pragfriedhof in Stuttgart (entworfen von Prof. Reinhardt, ausgefübrt vom Bildbauer Höschle). Zur Verzierung von Büchern und graphischen Erzeugnissen bieten die Zierleisten, Vignetten, Initialen, Umrahmungen, welche Hans Kaufmann und E. Unger in München, mit Anpassung an den zur Zeit herrschenden naturalistischen Geschmack, erfunden haben, mannigfache Anregung. Auch das ältere Kunstgewerbe ist durch eine Reihe werthvoller Stücke vertreten. Hervorgehoben sei namentlich ein prächtiges gothisches Kreuz von theilweise vergoldetem Silber, welches sich in der Kirche zum heiligen Blut am Hofberg bei Landshut befindet. Der obere Theil dieses Kreuzes birgt eine Kreuzpartikel als Religuie. An der Unterseite des Füßes liest man die Inschrift: ‚Das Kreuz hat ge— macht Melchior Bos, Goldschmid zu Nördling, 1505. Von dem edel stilisirten Werk sind auch die Grundrisse, Schnitte, Gravirungen und das Wappen des Künstlers mitgetheilt. Andece interessante Tafeln zeigen ein Chormotiv im Rococostil mit Wolken und ge— flügelten Puttenköpfen aus der Klosterkirche zu Diessen am Ammerfee, und eine Sitzbank aus Eichenhol (Renaissancestil) mit Relief— schnitzerei. Die hohe Vollendung der alten Schmiedekunst bezeugt eine Kollektion von künstlerisch schön gezeichneten geschmiedeten Gittern aus Elbing, Lübeck und Straßburg i. E., sowie ein prachtvolles altes Rocoeco ⸗Thürschloß nebst Schlüssel aus Böhmen. In farbiger Reproduktion wird endlich eine schöne alte Kelchdecke mit Gold und Silberstickerei (aus der Sammlung des kaiserlich österreichischen Museums für Kunst und Industrie zu Wien) veranschaulicht. Auf mehrfach an sie gerichtete Anfragen siebt sich die Redaktion der Gewerbehalle! zu der wiederholten Erklärung veranlaßt, daß sämmtliche in letzterer erscheinenden Entwürfe von Jedermann (aus- genommen zum Zweck der buchhändlerischen Publikation) nachgebildet werden dürfen. Künstler und Kunstgewerbtreibende finden auch in den neuen Heften viele solche direkt verwerthbare Muster. Der Text bietet nebenher in Aufsätzen und Notizen allerlei praktische Rathschläge, die ihnen ebenfalls willkommen sein dürften.

CD Die „Baverische Gewerbe-Zeitung“, das Organ des Bayerischen Gewerbe⸗Museumß in Nürnberg und des Verbandes bayerischer Gewerhevereine (redigirt von Dr. J. Stockbauer), hat ißren vierten Jahrgang begonnen. Sie leitet denselben ein mit dem Hin⸗ weis darauf, daß die gewerblichen Zustände in unserer Zeit durch weitgreifende legislatorische Bestimmungen vielfach gründ— lich beeinflußt würden, und daß wir einer neuen Zeit mit neuen Verhältnissen, neuen Anforderungen, neuen Rechten und Pflichten gegenübersteben. In diese Zeit hineinzuführen, in den neuen Verhaͤltnissen ein Führer und Rathgeber zu sein, das werde auch in Zukunft die Aufgabe der Zeitung bilden. Daneben wird aber auch dem Gewerbe und Kunstgewerbe in theoretischer und historischer Beziehung wie früher in dem Organe sorgliche Pflege zu Theil, wie die vorliegenden fünf Nummern des neuen Jahrganges das deutlich erkennen lassen. Sie bringen an größeren dahin gehörigen Beiträgen u. a. eine Geschichte der ehemaligen Fayence⸗ und Porzellanfabrikation in Kassel von Prof. Dr. A. von Drach, eine aus⸗ führliche Abhandlung über gewerbliches Zeichnen im Zusammenhang mit der vorjährigen Nürnberger Ausstellung und eine Darstellung der Industrie des baverischen Waldes. In der neuesten Nr. 5 beginnt eine Uebersicht über Baverns bedeutendste Werkstätten und Kunst⸗— anstalten; sie hebt vielversprechend an mit der Beschreibung der be⸗ rühmten Königlich bavtrischen Hof ⸗Glasmalerei ⸗Anstalt von F. X. Zettler in München, deren ausgezeichnete Leistungen durch mehrere AÄbbildungen veranschaulicht sind. An diese größeren Aufsätze reihen sich dann Mittheilungen aus dem bayerischen Gewerbe⸗Musenm, aus dem Verbande bayperischer Gewerbevereine und aus dem Gewerbe⸗ leben überhaupt, ferner technische Rathschläge sowie literarische Besprechungen neuer Publikationen aus dem Gebiete der Kunst⸗ industrie und aller Gewerbszweige. Auch für ein interessantes Feuilleton über die verschiedensten gewerblichen und kunstgewerblichen Verhältnisse und Vorkommnisse ist gesorgt. Eine ebenso anziehende wie praktisch werthvolle Zugabe bilden die Vorbilder die theils auf besonders beigefügten Kunstblättern, theils in zahlreichen guten Text illustrationen geboten werden. Aus den neuesten Nummern seien nur erwähnt zwei Lichtdrucke, darstellend schön gravirte vergoldete Silber⸗ kannen aus dem Besißz der protestantischen Kirchenverwaltung in Schweinfurt sowie eine Tafel mit einer alten Haustbär nebst Oberlicht und Glockegzng aus der Sammlung des Museunmk; im Text finden sich sorgfältig aufgenommene Abbildungen des Martin-= Behaim⸗⸗Denkmals in Nürnberg, des Kriegerdenkmals in Erlangen, eines prachtvollen schmiedeeisernen Rococo⸗ Kreuzes vom Friedhof in Schwabach, eines malerischen alten, mit Erker geschmücklen Wohn hauses spät⸗gothischer Zeit aus Wimpfen, und Aehnliches. Diese Bei⸗ gaben gewähren dem Kunstfreunde ebenso viel Vergnügen, wie sie dem Fachmann zum Nachschaffen anregend und nützlich sind. Die Gesammt. heit dieser Vorbil der mit dem begleitenden erläuternden Text durfte daher auch für Fachschulen sich nutzbar erweisen; sie verschaffen der Zeitung einen bleibenden Werth. Die „Bayerische Gewerbe⸗Zeitung‘ erscheint monatlich jweimal, in Stärke von drei Bogen, mit Illustrationen und Kunstbeilagen. Der Abonnementspreis beträgt 16 M pro Jahr, für die Mitglieder des Bayerischen Gewerbe⸗Musenms 10 6 Be⸗ stellungen nehmen alle Buchhandlungen, sowie die Verlags⸗Anstalt

des eben genannten Museums (G. Schrag) in Nürnberg entgegen.