1891 / 74 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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n) Die Bahn ist für Rechnung deg Bankhauses Erlanger n. Söhne in Frankfurt a. M. erbaut, nach Eroͤff nung des Betriebes ift das Eigentumsrecht des Bankhauses an die Jever Carolinenfieler Eisenbahn · Gesellschaft übergegangen.

1) Am 15. September 1890 sind 0.53 Km Betriebslänge in Zu⸗ gang gekommen.

1) Ausschließlich 87 400 M für Betriebsmittel und Werkstatts⸗ einrichtung, welche dem Betriebspächter gehören.

2) Vom 1. Januar 1890 ab findet auf der Strecke Eisern—=— Eiserfeld (5,00 m) auch Personenbeförderung statt.

A) Die Bahn ist am 18. Mai 1899 eröffnet; am 15. Juli 1890 ist die Hafenbahn von Mirow bis zum Stichkanal (0, 95 Km) eröffnet. *ẽFᷣ Das Anlagekaxital ist von der Stadt Dsterwieck aufgebracht worden. w) Die Bahn ist vom Hessischen Cisenbahn ⸗Konsortium (Darm stãdter Bank und Hermann Bachstein) für eigene Rechnung erbaut. *) Wie zu 23. *) Wie zu 23. . 5 . ist von der Stadt Perleberg aufgebracht. ie zu 25. z 5 Die Bahn ist vom Mitteldeutschen Eisenbahn⸗Konsortiu⸗n

k Bank und Hermann Bachstein) für eigene Rechnung er

aut.

*) Die Babn ist bis zum 1. Juli 1890 für Rechnung des Bau⸗ fonds betrieben worden. w) Hiervon entfallen auf das Jahr 1889 Ho /o und als Nach⸗ zahlung rückständiger Dividenden aus früheren Jahren 3 0lo. j

u] Die nen sind Eigenthum der Firma H. Bachstein, Berlin.

n Die Zinsen für die St. Akt. Litt. A sind in Höhe von 3 v. H. von der Lokaleisenbahn · Betriebsgesellschaft in Hamburg garantirt, während für die Zinsen der Pr. St. Akt die Emissionshäuser die Garantie bis zu 4 v. H. bis zum Jahre 1890 übernommen haben.

Mr. Landesversammlung

der Internationalen striminalistischen Vereinigung zu Halle a. / S. am 25. und 26. März 1891.

Erster Tag.

Die Berathungen sind am Mittwoch in dem Saale des Hotels „Zum Kronprinz! um 106 Uhr Vormittags durch den Landgerichts Präsidenten Werner ⸗Halle eröffnet worden. Erschienen waren gegen 15 Mitglieder, darunter die Reichsgerichts. Räthe Stellmacher, Mittel staedt, Olshausen, die Reichsanwälte Dr. Lipmann und Treplin, Üünter⸗Staatssekretär von Mayr aus München, Strafanstalts⸗Direktor Pr. Krohne u. A. Neben vielen anderen Mitgliedern war Professor von Liszt-⸗Halle durch Krankbeit am Erscheinen verhindert; Geheimer Rath Wach hatte die geplante Theilnahme in letzter Stunde auf— geben müssen. ̃

Bei der Begrüßung bebt Präsident Werner hervor, daß die Versammlung zum Theil die gleichen Fragen zu erörtern haben werde, wie die im Vorjahre zu Bern stattgehabte Jabresversammlung der Gesammten Internationalen Vereinigung. Die Sonderberathung der deutschen Gruppe sei aber um deswillen gerechtfertigt, weil das Strafrecht aus den Sitten und Einrichtungen jedes einzel aen Volkes herauswachsen müsse. Er schließt mit dem Wunsche, daß die nach idealen Zielen strebende Versammlung bei ihren Berathungen den realen Boden nicht verlieren möge.

Nachdem hierauf Reichsgerichts Rath Stellmacher durch Akklamation zum Leiter der Verhandlungen gewählt ist, wird in die Berathung der ersten Frage der Tagesordnung eingetreten.

Dieselbe lautet: ,

Ist es möglich, der kurzzeitigen Freiheitsstrafe durch Verschärfungen abschreckende Wirkungen zu ver⸗ leihen, und bejahendenfalls, in welcher Weise ist An- ordnung und Vollzug dieser Verschärfungen zu den ken?

Zur Orientirung sei hier in Erinnerung gebracht, daß eine seit etwa zwei Jahren in der kriminalistischen Literatur hervorgetreten Richtung die Beseitigung der nach ihrer Ansicht unwirksamen, ja schädlichen kurzen Freiheitsstrafen anstrebt. Als Ersatz für die⸗ selben ist, insbesondere durch Prof. von Liszt, die Einführung der „bedingten Verurtheilung“, d. h. eines auf richterlicher Anordnung beruhenden, bei guter Führung des Verur⸗ theilten in Fortfall der Strafe übergehenden Strafaufschubes vor⸗

eschlagen worden. Nach anfänglicher rvielseitiger Zustimmung 6 dieser Vorschlag u. A. von den Professoren Wach und von Kirchenheim sowie auch in den von den preußischen Ober ˖⸗ Landesgerichts Präsidenten und Ober ⸗Staatsanwälten über diese Frage erforderten Gutachten eine ablehnende Beurtheilung erfahren Bei ihren letzten Zusammenkünften hat sich die „Internationale Kriminalistische Ver= einigung‘ für die bedingte Verurtheilung ausgesprochen. Die gegen wärtig tagende Versammlung will sich, von dieser Neuerung absehend, mit denjenigen Plänen für eine Reform unseres Strafensystems be⸗ schäftigen, welche die Prinzipien desselben im Wesentlichen unbe⸗ rührt lassen. . ö

Wie die oben mitgetheilte erste Frage zeigt, steht auch hier im Vordergrund die Reform der „kurzzeitigen Freiheitsstrafe‘.

Referenten für diese Frage sind Landgerichts Rath Kronecker— Berlin und Amtsrichter Simo nson- Luckenwalde, die über ihr Thema ein Jeder eine Reihe von Thesen aufgestellt haben. Der Unterschied in ihren Ansichten ist lediglich ein quantitativer. Simonfon spricht der kurzzeitigen Freiheitsstrafe in ihrer jetzigen Gestalt jeden abschreckenden Ckrrarter ab, nach Kronecker ist diese Wirkung wohl vorhanden, ihre Erhöhung aber möglich und nothwendig. Als zukünftiges Mindestmaß der kurzzeitigen Freiheits- strafe erachtet Simonson eine Woche, Kronecker einen Zeitraum von drei Tagen; erstrecken wollen sie die Dauer derselben (inkl. der unten mitgethellten Schärfungen) auf drei Monate, bezw. auf sechs Wochen. In den Gründen, aus welchen die Wirkungen der jetzi⸗ gen kurzen Freiheitsstrafen unzulängliche seien, in der Wahl der anzuwendenden Schärfungs mittel, sowie über die Durch führung derselben sind Beide einig, nur verwirft FKronecker die von Simonson für jugendliche Delinquenten und bei Rohheits⸗ vergehen empfohlene Prügelstrafe; auch vermag er in dem von Jenem als Strafschärfung besonders betonten Arbeitszwang kein novum zu erblicken, da derselbe, wenigstens fakultativ, bereits bestehe. Beide erwarten von der Durchführung ihrer Vorschläge eine Ver minderung der Straffälle und glauben darnach, daß eine strenge Anwendung der sehr wünschenswerthen Einzelhaft sich ohne allju große Aufwendungen für Gefängnißbauten werde erreichen lassen. In ihrer reformirten Gestalt erachtet Kronecker die kurze Freibeitsstrafe als die beste, da sie mit den geringsten Mitteln das Meiste erziele. Wenn, wie Liszt verlange, stets Strafen von längerer Dauer verhängt werden sollten, so würde dadurch häufig ohne Noth die bürgerliche Existenz der Verurtheilten vernichtet wer⸗ den, was bei den immer mehr sich zuspitzenden wirthschaftlichen Ver hältnissen sorglich zu vermeiden sei.

Zum Zweck der Diskussion werden die Vorschläge der beiden Referenten in folgende Sätze zusammengefaßt:

J. Es ist geboten, die Wirkung der kurzzeitigen Freiheitsstrafen

durch Verschärfungen zu erböhen.

II. Als derartige Strafschärfungen empfehlen sich:

Kostschmälerung, Lagerentziehung, Dunkelarrest, Arbeitszwang oder lim Lauf der Debatte eingefügt) Arbeitsentziehung, Prügelstrafe. - J III. Die Anordnung der Sckärfungen erfolgt auf Grund des Gesetzes im Urtheil. Das Gesetz sieht die Strafschärfungen fakultativ vor; für das Urtheil ist der Einzelfall maßgebend. LIV. Für den Volljug ad II (abgesehen von der Prügelstrafe) ist Emzelhaft nothwendig. j

Aus der Debatte über diese Sätze sind folgende Momente her⸗ vorzubeben: . . .

Landgerichts ⸗Präsident Werner glaubt, daß die kurzzeitige Frei⸗ heitsstrefe nicht an sich, sondern in Folge der häufig traurigen Zu⸗ stände in den kleinen Gefängnissen wirkungslos bleibe und zumal kein Uebel für den Verurtheilten sei. Abhülfe könne bier nur durch Ver waltungsmaßregeln, insbesondere durch Vermehrung der Gefängniß⸗ beamten, nicht aber durch neue gesetzliche Vorschriften geschaffen werden.

Dem gegenüber heben Reichsanwalt Treplin und mehrere der Versammlung angebörende Amterichter herror, daß nach ihren Er⸗ fahrungen von einer allgemeinen Unzulänglichkeit der kleinen Gefäng⸗ nisse füglich nicht gesprochen werden könne. .

Reichsgerichts Rath Mittel staedt befürchtet, daf, im Falle die vorgeschlagenen Thesen angenommen würden, der kriminalistischen Vereinigung entgegengehalten werden dürfe, was für einen Werth dann noch die von ihr früher angenommene bedingte Verurtheilung behalte; er will deshalb die Strafschärfungen auch auf die längeren Freibeits⸗ strafen ausgedehnt wissen.

Dielen Gegensatz der zur Berathung stehenden Frage zu der be⸗ dingten Verurtheilung kann Staatsanwalt Appelius⸗Eiberfeld nicht

, . da letztere nicht bestimmt sei, al le kurzen Freiheitsstrafen zu ersetzen. . . ö lebbafte Erörterung entsteht über die vorgeschlagene Ein⸗ führung der Prügelstrafe. Reichsanwalt Dr. Lipm ann, Professor Frank und Strafanstalts Direktor Dr. Krohne sprechen sich in be⸗ stimmter Weise gegen diese Maßregel aus, welche weder bessere noch abschrecke, sondern nur das etwa noch vorhandene Ehrgefühl ersticke. Vertheidigt wird der Vorschlag von den Ersten Staatsanwälten Goetz e⸗ Halle und Lanz ⸗Naumburg, in gewissem Umfange auch von Mittel stae dt und Amtsrichter Schubert ö

Gegen den Dunkelarrest wendet sich aus Gesundheitsarũcksichten besonders Amtsrichter Dr. Aschrott-⸗Berlin. Statt dessen wünscht er Ifolirzellen, in denen eine zeitweilige völlige Abschließung des Ver urtheilten von der Außenwelt, selbst von den Gefãngnißbeamten be⸗ wirkt werde. Dieser Vorschlag stößt auf vielfachen Widerspruch, doch wirdzin Folge dessen als weiteres Strafschärfungsmittel die Arbeits entziehung eingeschaltet, welche bei durchgeführter Einzelhaft eine genügende Wirkung hervorbringen könne. .

Die zeitlichen Grenzen der kurzen Freiheitsstrafen will Krohne zwischen sieben und dreißig Tagen bemeßsen wissen, ohne daß die Ver⸗ sammlung dieser Anregung Folge giebt. ö

Bei der Abstimmung werden die Sätze zu I, U, ad a und b, II und IV fast einstimmig, die Punkte zu Il e, d und e mit geringen Majoritäten angenommen. Hinsichtlich der Prügelstrafe wird auf Äntrag des Ersten Staatsanwalts Goetze mit nicht ganz. sicherer, jedenfalls mit verschwindender Mehrheit beschlossen, die Abstimmung, da die Frage noch nicht spruchreif sei, auszusetzen und einer späteren Versammlung vorzubehalten. .

Die Versammlung wendet sich darauf zu dem zweiten Punkt der Tagesordnung, der Reform der Geldstrafe, über welche wir, da die Verhandlungen zu vorgerückter Stunde abgebrochen werden mußten, in der nächsten Nummer des R. u. St. A. im Zusammenhange berichten werden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Bauart der Gebäude im preußischen Staat.

Der große Reichthum statistischen Materials in den Veranlagungs⸗ nachweisungen und Gebäudesteuerrollen ist von der preußischen Sta⸗ tistik nicht nur bezüglich der Art der Bestimmung der Gebäude, son⸗ dern auch nach der Art des Baues derselben verwerthet worden. Die Bauart der Gebäude und Baulichkeiten ist nach der Beschaffen⸗ heit der Umfassungswände und der Bedachung unter⸗ schieden; indem einmal die vier Hauptgruppen: 1) Gebäude mit massiven Umfassungswänden, 2) Gebäude mit Umfassungs⸗ wänden von Fachwerk oder mit Riegelwänden, 3) Gebäude mit Umfassungswänden von Holz, ) Gebäude mit sonstigen Umfassungswänden, und in diesen Hauptgruppen Unterabthei—⸗ lungen gebildet sind, je nachdem die Bedachung aus Metall, Ziegeln, Schiefer, Stein und Holjpappe, Holz, Rohr, Stroh, gemischtem oder sonstigem Material besteht. Als massioe Umfassungswände galten dabei solche aus Feldstein, gebrannten Ziegeln, Kalkstein, Cementstein, Tuffstein und Eisen; zu Fachwerk oder Riegelwänden wurden solche aus Fach⸗ oder Bindewerk mit Auskleidung durch Ziegel, Lehm, Kalk kund dergl. gerechnet, zu den Holzwänden, Holzfachwerk-, Schur zwerk⸗, Füllholz, Schrot, Gehrsaß⸗, Holzflechtwerk⸗ und ähnliche Wände, zu den sonstigen Umfaffungswanden solche aus ungebrannten (Luft“)

iegeln, Lehm, Pisé, Torf (Torfsteinen oder Soden), Erde, Rasen, Gras,

chilf u. I w.; ferneriwurden hierhin die Baulichkeiten gerechnet, deren Dach auf Säulen, Pfeilern, Stützen gleichviel aus welchem Material ruht, deren Umfassungswände also ganz oder theilweise offen sind. Bei einzelnen Gebäuden, deren Wände zum Theil als massir, zum Theil als Fachwerk bezeichnet waren, gelten die ersteren als vorhanden, wenn sie mindestens die Hälfte ausmachten; sonst wurden die Wände als Fachwerkswände angesehen. Gebäude mit Wänden theils von Fach⸗ werk, theils von reinem Holje sind in derselben Weise entweder als Fachwerks oder als Holzbauten betrachtet worden. Fachwerkswände auf massivem Unterbau mit Holzabschluß an den Giebeln wurden zu den Fachwerksbauten gezählt. Unterscheidet man in üblicher Weise die Bedachungen nicht nach besonderer Angabe ihres Materials, son= dern allgemeiner in solche aus hartem, halbhartem, weichem und ge— mischtem Materiale, so sind als hartes Material Metall, Ziegel, Schiefer, als halbhartes Stein, und Holipappe, als weiches Holz, Rohr, Stroh, als gemischtes und sonstiges die Zusammensetzungen zer bisher genannten Stoffe sowie Glas, Cement, Asphalt, Erde, Ginster, Haide, Soden, Rasen, Filz u. s. w. zu rechnen.

Von den 7558 259 Gebäuden des preußischen Staates aus— schließlich Hohenzollern und des Stadtkreises Berlin, der hier nach Lage des Materials gleichfalls außer Betracht bleiben mußte hatten 2845 5127 oder 377½ massive Umfassungswände, z 731805 oder 49,4 υάη solche von Fachwerk oder mit Riegelwänden, 796 844 cder 10,55 9 dergleichen von Holz und 182 601 oder 2, 40/0 sonstige Umfassungswände, während 1457 Baulichkeiten außerhalb der genannten Gruppen fielen. Was die Provinzen anlangt, so hatten von den Gebäuden in Prozenten .

massive Fachwerk⸗ sonstige in Umfassungẽe⸗ oder Umfassungs⸗

wãnde Riegelwãnde wãnde Ostpreußen . 19,5 Westpreußen.. 41,0 Brandenburg... ; 50 6 Pommern... ? 73,65 . ? 45,3 22, 6 J 56,5 Schleswig⸗Holstein. z 35,5 Vannover 5 74,2 Westfalen ... 70.6 Hessen / Nassau .. 81,2

Rheinland... 55,9 42,5 19 0,6.

Es zeichnen sich also die Provinzen Schleswig⸗Holstein, Rhein⸗ land und Schlesien durch ihre große Zahl massiver Gebäude, welche über die Hälfte der Gesammtzahl der letzteren betragen, aus; dagegen besitzt in Pessen Nassau, Hannover, Westpreußen, ä, , Posen und Ostpreußen noch nicht der vierte Theil der Gebäude massive Umfassungswände, und Westfalen steht nur um ein Geringes günstiger. In Hessen⸗Nassau, Hannover, Pommern und Westfalen k die Gebäude mit Umfassungswänden von Fachwerk und mit Riegelwänden mit über 79 c, während in Ostpreußen. Westpreußen, Schlesien und Posen die Gebäude mit Umfassungswänden von Holz bedeutend über den Staatsdurchschnitt vertreten sind. Was die Regierungsbezirke betrifft, so zeigten in Trier 2,8 , in Hildesheim dagegen nur 9, 0 So aller Gebäude massive Umfassungswände; im letztgenannten Bezirke waren SsS2 9/0 mit Umfassungswänden von Fachwerk bezw. mit Riegelwänden, ferner in Gumbinnen 64,1 / mit Umfassungswänden von Holz versehen.

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Deutsche Volksbaugesellschaft.

Bei Gelegenheit des jüůngsten Zusammentretens des Herrenhauses fand in dessen Räumen auf Einladung des Feldmarschalls Grafen Moltke, welcher sich bekanntlich für die Wobnungsfrage sehr lebhaft interessirt, und einiger anderen Herren eine Versammlung von Herren⸗ haus mitgliedern statt, in welcher die Pläne der Deutschen Volksbaugesell⸗ schaft zur Milderung der Wohnungsnoth und zur Vermehrung der Zahl kleiner Grundbesitzer besprochen wurden. In dieser Versammlung gewann der Gedanke, mittels der Lebens versicherung den kapitallosen Klassen ein eigenes Heim zu verschaffen, allgemeine Anerkennung. Es wurde vorzugsweise darüber diskutirt, ob der Plan, wie für die Städte und Industriebezirke, so auch für die Begründung kleiner ländlicher Besitzstellen verwendbar sei. Mehrere Theilnebmer der Versammlung stellten ihren Beitritt zur Genossenschaft in Aussicht; einige andere, wie Fürst Putbus, Landes Direktor von Levetzow, Gra Schlabrendorf und Graf Zieten Schwerin sind als Genossen bei⸗ getreten. Nach Wiederbeginn der Sitzungen des Herrenhauses soll eine erneute Besprechung stattfinden insbesondere zur Erörterung der Verwendbarkeit des Unternehmens für die Seßhaftmachung der Land⸗ bevölkerung.

Raiffeisen'sche Darlebhnskassen. . Die Bewegung für Errichtung von Darlehnskassenvereinen Raiffeisen'schen Spstems bleibt im Regierungebezirk Kassel in er⸗ freulichem Wachsen. Zehn neue Kassen sind während der letzten Monate gegründet. Die Gliederung des Kasseler Verbandes in Kreis⸗ unterverbände ist in der Vorbereitung begriffen.

Zur Arbeiterbewegung.

Das Centralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands Vorwärts“ druckt an der Spitze der heutigen Nummer den Aufruf an die Arbeitervereinigungen aller Länder ab, mit welchem der Generalrath der belgischen Arbeiterpartei zur Beschickung des internationalen Arbeiterkongresses in Brüssel einladet. Es heißt in dem Aufruf, der internationale sozialistische Arbeiter kongreß werde in Brüssel am 18. August d. J. stattfinden und eine Dauer von einer Woche beanspruchen. Die Einladung er—⸗ folgt auf Grund des Auftrages, welchen der internationale Arbeiterkongreß und der igternationale Sozialistenkongreß, welche beide in Paris im Jahre 1889 versammelt waren, dem Generalrath der belgischen Arbeiterpartei ertheilt haben. Alle Arbeiter und Sozialistenparteien, alle Arbeitervereinigungen und Gruppen ohne Unterschied werden eingeladen. Der Kongreß behält sich die Pꝛüfung der Vollmachten der Delegirten vor; auch die Festsetzung über die Form der Abstimmung jowie der Tagesordnung ist dem Kongreß selbst vorbe⸗ halten. Die Berichte über die Arbeiterlage sowie die sozialistische Bewegung eines jeden Landes werden durch die Delegirten der einzelnen Nationalitäten vorgelegt werden. Den Parteien, Vereinigungen und Gruppen wird anempfohlen, diese Berichte auf ihre Kosten in drei Sprachen, in französischer, deutscher und englischer, drucken zu lassen, um solche an die Delegirten bei Eröffnung des Kongresses zu ver⸗ theilen. Auf der Tagesordnung stehen bereits folgende drei Punkte: 1 Arbeiterschutzgesetzzebung vom nationalen und internationalen Gesichtspunkte aus und die für ibre Ausdehnung und Wirksam: machung einzuschlagenden Mittel und Wege. 2) Vereinigungsrecht und dessen Garantien, Strikes, Boykottage und die kooperative Bewe⸗ gung vom internationalen Standpunkte aus. 3) Lage und Pflichten der Arbeiterklassen dem Militarismus gegenüber.

Aus Silschede wird der ‚Rh.⸗Westf. Ztg.“ vom gestrigen Tage berichtet, daß die Verwaltung der Zeche Vereinigte Trappe“ von den 1656 noch ausständigen Bergleuten weitere 108 angelegt hat; für das Unterkommen der noch übrigen 42 wird ebenfalls Sorge ge⸗ tragen.

Wie demselben Blatt aus Dortmund geschrieben wird, scheinen die Vorstellungen, welche die sozialdemokratischen Ab⸗ geordneten Singer und Auer den Führern der Bergleute wegen eines bevorstehenden Strikes gemacht haben, nicht wirkungslos zu sein; wenigstens ist in den letzten zehn Tagen die Bergarbeiterbewe⸗ gung in ein viel ruhigeres Fahrwasser gerathen. Den Bergleuten ist gesagt worden, vor allen Dingen sei es nothwendig, die Organisation aus⸗ zubauen und zu erweitern. Mit den Vorbereitungen dazu ist augen⸗ blicklich der Central ⸗Vorstand stark beschäftigt und hat bereits vier Rechtsschutzbureaus eingerichtet. Die Zahl, der Versammlun—⸗ gen war für den letzten Sonntag sehr eingeschtänkt worden. Kurzum, die Thatsache läßt sich nicht bestreiten, daß augenblicklich die Lage so aussieht, als würden die Führer der Bergleute sich ruhig verhalten.

Einem Telegramm des Wolff'schen Bureaus aus Waldenburg i. Schl. zufolge wurden von dem Berghauer Lerche in einer Versammlung des dortigen Knappenvereins die Meldungen von einem nahe bevorstebenden Ausstande in dem hiesigen Revier als voll stãndig erfunden bezeichnet.

In Hamburg hat, wie telegraphisch gemeldet wird, eine Ver⸗ sammlung des sozialdemokratischen Vereins im zweiten Hamburger Wahlkreise wie im ersten Wahlkreise beschlossen, am 1. Mai zu arbeiten und den vierten Theil des verdienten Tage⸗ lohnes an die Gewerkschaftsorganisationen zu überweisen. Am 1. Mai soll ein Flugblatt vertheilt werden. Am 3. Mai wird der Verein sich an der geplanten Massenkundgebung der Gewerkschaften betheiligen.

Am letzten Sonntag hat, wie dem ‚Hann. C. aus Kassel ge⸗ schrieben wird, trotz drei Grad Kälte und Schneetreiben bei dem Dorfe Kirchdit mold, in der Nähe von Wilhelmshöhe, eine Ver⸗ sammlung von Sozialdemokraten stattgefunden. Weil die Wirthe in Kassel und den Nachbarorten sich geweigert hatten, einen Saal herzugeben, mußte die Versammlung unter freiem Himmel ab⸗ gehalten werden; es batten sich dazu 4-50) Theilnehmer eingefunden.

Der „Vorwärts“ theilt aus Brandenburg a. H. mit, daß in einer dortigen Volksversammlung in Betreff der Maifeier be⸗ schlossen worden sei, am 1. Mai eine Volksversammlung mit Vortrag über den Achtstundentag anzuberaumen, die Feier selbst aber auf den nach olgenden Sonntag, den 3. Mai, zu verlegen und an diesen Tage von der Polizei die Genehmigung zu einem Aufzuge mit fliegenden Fahnen zu verlangen; ein Viertel des am 1. Mai verdienten Tagelohnes soll der Partei überwiesen werden. ;

In, Graz hat die Tischlergenossenschaft einstimmig eine Resolution beschlossen, mit welcher sie Verwahrung einlegt gegen die den Prinzipien des Rechtsstaats widersprechende Oktropirung des 1. Mai als Feiertag Seitens der Arbeiter. Die Genossen⸗ schaft wird bel der Regierung um Verhinderung der Begehung des 1 Mai als Feiertag petitioniren.

Wie ein . Wolff'sches Telegramm“ aus Brüssel meldet, trat gestern der Generalrath der Arbeiterpartei zu einer gemein schaftlichen Berathung mit dem Comits der Fortschrittspartei über die augenblickliche Lage unter dem Vorsitz des Abg. Janson zu⸗ sammen. Es wurde, um den Ausbruch eines allgemeinen Ausstandes hintanzuhalten, beschlossen, zum 5. F. M. einen Arbeiterkongreß nach Brüssel einzuberufen, welcher die politische Lage 9 und bezüglich eines Ausstandes Beschluß fassen soll. Die Wiederaufnahme der Arbeit in Seraing hat, der Köln. Ztg.

zufolge vorgestern, wie erwartet war, nur theilweise stattgefunden.

Gin allgemeiner Aus st and auf den Cockerillwerken ist für

unter den Füßen fühlten.

den 1. April beschloffen, sonst hätten die Arbeiter die neuerliche Ent⸗ lassung der Rädelsfübrer nicht hingenommen. Aus La Louvidre wird berichtet: Die ausste henden Walzarbeiter verhöhnten am Montag die von Auswärts gekommenen Er satzarbeiter. Die Gendarmerie wachte darüber, daß keine Arbeits störung vorkam. Am Dienstag ist ein abermaliger Aus stand auch auf dem Werke f 4 nneries de Lacroyeère“ ausgebrochen. Alle Arbeiter ehlten.

Aus Paris berichtet ein Wolff 'sches Telegramm: Die Tages ordnung des vom 31. März bis zum 3. April hierselbst tagenden internationalen Bergarbeiter ⸗Kongresses enthält Antrãge Betreffs Gründung einer internationalen Vereinigung sowie Betreffs Orggnisgtion eines allgemeinen internationalen Strikes Bebufs Erlangung des ach tstündigen Arbeitstages. Außerdem steht ein Antrag belgischer Grubenarbeiter auf derTagesordnung, welcher die Bergarbeiter anderer Länder auffordert. die belgischen Grubenarbeiter durch Einschränkung der Kohlenförderung zu unter stützen, wenn dieselben zur Erreichung des allgemeinen Stimmrechts striken sollten.

Der Arbeiter⸗ Kongreß in Madrid hat sich in seiner vor⸗ gestrigen zweiten Sitzung für den allgemeinen Strike als das geeignetste Mittel zur Erreichung des achtstůndigen Arbeits“ tages ausgesprochen. ;

Literatur.

Militäãrisches.

; Plinzner (deibstallmeister Seiner Majestät): System der Reiteraus bildung. Preis 220 M G. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hof Buchhandlung, Berlin 8W. 12, Kochstrate 68 - 75. Die Ansprüche, welche heutzutage an die Leistungen der Kavallerie gestellt werden, erfordern viel mehr als ehemals eine stramme Durch dildung des einzelnen Mannes. Deshalb bat es der sachkundige, aus seinen Schriften aufs Beste bereits bekannte Leibstallmeister Seiner Majestät des Kaisers Hr. Rittmeister Plinzner unternommen, in dem vorliegenden Werk den Offizieren der deutschen Armee ein System der Soldatenreiterei zur Kenntniß und Prüfung zu unterbreiten. Die Tüchtigkeit und die xdeistungen der Truppe zu heben und zu sichern, ist das einzige und hohe Ziel seiner Grundsätze. Er behandelt daher die verschiedenen Einwirkängen des Reiters auf sein Pferd und deren An— wendung beim praktischen Reiten, überhaupt die gesammte Reit ausbildung des berittenen Soldaten, von der Eclernung des Sitzes bis zu der Reitbesichtigung.

Haase (Ober ⸗Stabsarzt J. Kl): Die Unterbringung der Verwundeten und Kranken auf dem Kriegs schau' platze. Gekrönte Preisschrift. Herausgegeben vom Central-Cemits des Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und er— krankter Krieger. Mit 20 Abbildungen. Preis 240 46 S. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hof Buchhandlung, Berlin SW. Lz, Kochstraße 68— 70. Schon seit langer Zeit ist das Bestreben krien⸗ führender Mächte darauf gerichtet, durch zweckmäßigste Fürsorge für verwundete und kranke Krieger die Schrecknisse des Krieges zu mildern. Ramentlich hat sich die Hochselige Kaiserin Augusta als Protektorin des „Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger“ uncergeßliche Verdienste um diese Aufgaben der Menschenliebe er= worben. Noch in der Sitzung des Vereins vom 6. Februar 1889, bei welcher die Erlauchte Protektorin den Vorsitz führte, wurde auf ihre Anregung beschlossen, eine Preisschrift zur Beantwortung der Frage auszuschreiben: Welche Maßregeln und Organisationen sind anzustreben und welche im Frieden vorzubereiten, um die Unterbringung nicht transportabler Verwundeter und Kranker in gesunden Räumen in möglichster Nähe des Kriegsschauplatzes sicher zu stellen, mit Be— rücksichtigung der Bestimmungen der Kriegs ⸗Sanitätsordnung und der Organisation der freiwilligen Krankenpflege im Felde“. Diese Frage ist nunmehr in der vorliegenden Schrift unter Zugrundelegung der amt lichen Vorschriften durch Hrn. Qber⸗Stabsarzt Br. Haase beantwortet und ihm dafür der ausgesetzte Preis zuerkannt worden.

Landeskunde.

Bon dem Prachtwerk Indien in Wort und Bild“ won Emil von Schlagintweit, zweite bis auf die Neuzeit fort⸗ geführte billige Ausgabe; 45 Lieferungen à 50 3; Leipzig, Verlag von Schmidt u. Günther) liegen uns drei neue Lieferungen (16—18) vor. Hatten die vorhergebenden Lieferungen den Leser mit der Religion der Hindus bekannt gemacht, so wird er jetzt in das gelobte Land des Inders geführt. Orissa, der Sitz des Volkes der Odra oder Uriya, ist dem gläubigen Anhänger Brahmas, was dem Christen Palästina, dem Moslim Arabien; das heilige Land. dessen Besuch von den Sünden erlöst, der Wohnsitz der Götter. Diese und ihre Verehrung, die religiösen Mythen und Gebräuche bilden den Gegenstand eingehender Schilderung, Auch die prachtvollen Kultstätten werden in Wort und Bild vorgeführt. Ein besonderes Interesse beansprucht dabei die Verehrung des Gottes Dschagannath in Puri, dessen fratzenhaftes Gnadenbild, wie der Grundriß seines großen Tempels im Text abge⸗ bildet sind. Durchschnittlich besuchen täglich 50 000 Andächtige den Tempel, und an hohen Festtagen steigerte sich die Zahl der Besucher früher bis auf 300 000. Die Menge setzt sich aus Pilgern zusammen, die aus dem ganzen weiten Indien zusammenströmen. Von den 24 Festen des Jahres ist das vornehmste das Wagenfest. Dieses Fest fällt in den Beginn der Regenzeit, Juni oder Juli, und gipfelt in der Ueberführung einer Statue des Gottes Dschaganräth vom Tempel nach dem etwas über einen Kilometer entfernten Landhause des Gottes. Der prächtig verzierte Wagen (das Berliner Völker Museum ist im Besitz eines solchen) wird mit den Wagen für die Bilder der beiden Geschwister des Gottes unter 6 und dem wilden Geschrei vieler Tausende von Pilgern von gewissen dazu privilegitten Bewohnern fortgezogen. Früher soll es dabei sogar vorgekommen sein, daß Fanatiker sich als Märtyrer unter die Räder warfen. Zu dem Tempel in Puri gehören weitläufize Wohngebäude, bevölkert von zahlreichen Würdenträgern, Priestern und Brüdern; von der Gesammtzahl aller Religionsdiener im Lande Orissa kommen 9924 allein auf Puri und Umgebung. Sehr merkwürdig sind in dem Abschnitt ferner die Schilderungen des Volkstreibens bei den Pilgerfesten, der religiösen Gaukler, Bettler und ihrer entsetzlichen Selbstpeinigungen sowie der Bajaderen, Tempeltänzer und Tänzerinnen, die auch in charakteristischen Typen bildlich festgehalten sind. Im Anschluß an die enormen Menschen⸗ ansammlungen und die dadurch entstebenden verheerenden Epidemien giebt der Verfasser dann ein freilich nicht gerade erfreuliches Bild von den sanitären Verhältnissen in Puri, das von jeber einen Hauptheerd für die dem Abendlande so furchtbare Cholera gebildet hat. Wie wenig die primitive Kunst der einheimischen Aerzte dazu angethan ist, diesem Feinde zu wehren, wird gleichfalls in drastischer Weise be⸗ schrieben. Im 12. Kapitel beginnt die Schilderung Bengalens, der wichtigsten Provinz des indischen Kaiserreichstz. .

O Das Auf Schneeschuhen durch Grönland“, betitelte Reisewerk Dr. Fridtjof Nansen's, welches, in autorisirter deutscher Uebersetzung von M. Mann, von der Hamburger Verlagsanstalt und Druckerei Aktiengesellschaft, vormals J. F. Richter, publizirt wird, liegt jetzt im ersten Bande vor. Die ersten fünf Lieferungen sind bereitg an dieser Stelle besprochen worden. Die sechste setzt die Schilderung der kühnen und gefahrvollen Expedition in und mit dem Treibeise fort. Die naturgemäß etwas eintönige Darstellung, die bei der sonstigen Ereignißlosigkeit nur durch das Zusammentreffen mit

einem Eisbären und durch die poetische Ausmalung einer polaren

Mondnacht Farbe erhält, wird an dieser Stelle in passender Weise unterbrochen durch eine historische n über die früheren Verfuche, den Gisgärtel auf Grönland's Ostküste zu durchdringen. Das 11. Kapitel bringt dann die Erzäblung der Weiterreise Nansem s und e fünf Heck nn nordwärtz an der Küste entlang. In er=

schender Weise schildert er die naive stürmische Freude, welche Alle empfanden, als sie nach der langen öden Eisfahrt das erfte feste Land Wir waren wie die Kinder, schreibt Nansen; ein Stüchen Moos, ein Grashalm, geschweige denn eine Blume erregte einen ganzen Sturm von Gefühlen in uns. Das Greigniß wurde durch eine Festmablzeit mit Chokolade und anderen

Delikatesen, wie Hafercake's und Schweizerkãse gefeiert. Aber da der kurze grönländische Sommer seinem Ende zuneiate und die Exxedition noch die Westküste erreichen wollte, so war Eile nöthig. Man bestieg also sehr bald wieder die Boote und die Gesellschaft zo nach Norden an der Küste weiter. Wieder ging es durch Eis; zwischen den Schollen bindurch erzwangen sich die beherzten Männer den Weg. Eine photograpbische Aufnahme veranschaulicht eine solche Szene Schließlich gingen sie, nachdem sie Kap Adelaer passirt, an dem nördlichen Vorgebitge Grönlands (von Nansen nach einem früheren . Kap Garde genannt) ans Land. Hier hatten sie ein erstes Zusammentreffen mit Eskimos; noch inter⸗ essanter gestaltete sich das zweite, das sie in einem Eskimolager bei dem Kay Zille hatten. Das 12. Kapitel. welches demselben gewidmet ist und eine ãußerst lebendige und witzig humorvolle Schilderung dieser Naturkinder, ibrer urwüchsigen Siiten. Gebräuche und Lebensweise enthält, ist obne Zweifel das fesselndste des ganzen ersten Bandes. Unterstützt durch eine große Zabl von Illustrationen (nach photo⸗ graphischen Originalaufnahmen oder Slizzen Nansen's) ist es wobl geeignet, dem Leser eine lebhafte Vorstellung von diesem wunderlichen, trotz oder wegen des völligen Urzustandes seiner Kultur glücklichen und kindlich zufriedenen Völkchen zu gewähren. Auf der Weiterfahrt nach Norden traf Nansen überall auf die berrlichsten Gebirgslandschaften, in denen sich wilde Gipfel und Zinnen dicht nebeneinander erheben. Je nördlicher die Expedition gelangte, desto häufiger wurden aber auch die großen Eisberge, deren einen, besonders impos anten, Nansen folgendermaßen beschreibt: Zu oberst ragten zwei Spitzen gleich schlanken Kirchthürmen hoch in die Luft empor. Oben an der hohen lothrechten Wand, quer durch das Feld, befand sich ein großes Loch, und unten batte die See so große Grotten ausgeböhlt, daß ein kleines Schiff bequem unter das Eisdach gehen konnte. In diesen Grotten saben wir ein wunderbares Farbenspiel von Blau bis zum siefsten Ultramarin. Es sah aus wie ein schwimmender aus Sapbiren gebauter frre en und ringsumher rieselten Bäche und bildeten kleine Wasser⸗ älle, die sich an den Seiten herabstürzten, während aus den Grotten unaufhörlich der Laut tropfenden Wassers zu uns beraufdrang. Es war Schönbeit, aber von einer fremden Natur, sie machte die Gedanken zu den gebeimnißrollen Märchenlanden der Kindheit zurückschweifen. An einer anderen Stelle, wo Nansen auch eine Erklärung ibrer Ent— stehung zu geben sucht, heißt es: Diese schwimmenden Kolosse nehmen sich von unten gesehen, ganz imponirend aus, aber das ist doch nichts im Vergleich mit dem Eindruck von Größe. den man erhält, wenn man sich auf ihrem Gipfel befindet. Der Eisberg, den wir bestiegen, war verhältniß mäßig flach und bildete förmlich eine Hochebene von beträchtlichem Umfang. Man brauchte fast eine Viertelstunde, um sie an der schmalsten Stelle zu durchqueren. Dort oben war der Schnee hart und das Terrain hügelig, ganz ungewöhnlich geeignet zum Schneeschuhlaufen. Der Eigberg ragte an dem böchsten Punkt sicher mehr als 709 m über dem Meeresspiegel empor. Bedenkt man nun, daß fich 6 bis 7 mal soviel Eis unter dem Wasser befindet, so hat ein solcher Berg also eine Höhe von mindestens 400 m. Fügt man hierzu eine Breite von 1006 m oder mehr, so kann man sich eine ungefähre Vorstellung davon machen, welcher Art diese schwimmenden Eisklumpen sind, und deren giebt es an der Küste entlang Hunderte und Tausende. Von dem Givfel des Eisberges herab hatten wir eine berrliche Aussicht Diese Gegend um uns her glich einer Alpenland schaft in Eis. Zwischen jedem Eisberg waren Schluchten, auf deren Grunde man die See sehen konnte. Gerade unter uns schlängelte sie sich wie ein schmales, dunkelblaues Band durch eine enge Rinne, die von zwei lothrechten, mehrere hundert Fuß hohen Eiswänden gebildet wurde. Die Eisberge pflegen in zwei Formen zu erscheinen. Es hatte den Anschein, als seien sie auf zwei ganz verschiedene Weisen ent standen. Einzelne Berge sind an der Oberfläche wild zer⸗ klüftet, sind reich an Spalten, Rissen und Schluchten. Ihre Aberfläche gleicht derjenigen der Eisgletscher, die ins Meer binausgedrãngt werden. An ihrem bläulichen Aussehen und ihren unregelmäßigen Formen kann man sie schon von Weitem erkennen. Ihr Ursprung liegt klar auf der Hand; sie stammen direkt von den eben erwähnten Gletschern. Dann aber hat man eine andere, weit prosaischere Form, und dieser gehörte der Eisberg, auf dem wir uns befanden, an. Diese Form wird durch kolossale Eisblöcke ohne jene zahlreichen blauen Schluchten und mit verbältnißmäßig glatt polirter Oberflãche und quer abgeschnittenen, lothrechten Seifen gebildet. Sie baben eine mebr weißlichblaue Färbung als die andere Art und machen einen weit solideren Eindruck. Man kann ruhiger an sie beranrudern als an die anderen, denn es geschiebt weit seltener, daß sich Stücke von ihnen ablösen und den Vorüberfahrenden auf den Kopf fallen. Woher stammen nun diese Eisberge oder wie haben sie sich gebildet? Die einzig annehmbare Erklärung ist nach Ansicht Nansen's, daß sie durch Hinabgleiten der Gletscher entstehen, und zwar so, daß bei den einen die Oberfläche der Gletscher nach oben kommt, während die anderen sich entweder gleich beim Herabstürzen oder auch später ge—

wendet baben, so daß sie mit dem abpolirten Fuß oder einer der

ziemlich ebenen Bruchflächen in die Höhe ragen. Mit dem ersten Bande schließt die Beschreibung der Seereise, die am 10. August 1888 am Fuße des kegelförmigen 8h m bohen Berges Kiatak endete. Im zweiten Bande wird nun erst die interessante Schilderung der viel besprochenen Landexpedition auf Schneeschuhen“ beginnen.

Von Tem Verfasser des am 16. August v. J. von uns besprochenen Werkes „Die deutschen Kolonien‘ ist im Verlage von Georg Lang, Leipzig 1891, erschienen: Kurze Landeskunde der deutschen Kelonien“. Bearbeitet von Karl Heßler. Mit fünf Karten. Preis 75 J. An einem solchen Büchlein hat es bislang gefehlt. Verfasser desselben hat es verstanden, die in einzelnen Schriften zerstreuten Mittheilungen über Land und Leute unserer über seeischen Gebiete zu sichten, zu ordnen und so einbeitlich zusammenzufügen, daß nun ein erwünschtes Unterrichts büchlein über die deutschen Schutzgebiete vorliegt. In dem 1 Haupttbeile () desselben, Seite 3 26, werden die „Besitzungen in Afrika‘ (Deutsch⸗Südwest ⸗Afrika, Kamerun, Togoland, Deutsch⸗Ost Afrika, Religion der Eingeborenen Afrikas), im Il, Haupttheile, Seite 30 —– 45 (B), die Besitzungen in der Süd⸗ see (Südseeinseln im Allgemeinen, Polynesier und Mikronesier, Melanesier, Kaiser⸗Wilhelmsland, Bismarck⸗Archipel, Salomons Inseln, Marschall⸗Inseln) und im Anhang die Samoa -Inseln be⸗ handelt. Alles in kurzer, knapper, volksthümlich gebaltener Sprache und meist in der schulisch⸗bewährten Ordnung: Lage und Größe, Bodengestalt, Bewässerung, Klima, Pflanzenwelt, Thierwelt, Be⸗ wohner, Ortschaften, Handel. Die angefügten sehr sauberen hübschen fünf Kartenbilder: 1) Afrika mit Nebenkarte Kamerun, 2) Süd-⸗Afrika, 3) Central ⸗Ost⸗Afrika, 4) Deutsche Schutzgebiete in der Südsee, 5) Die überseeischen Verbindungen Deutschlands mit Nebenkarte: Togoland, illustriren den Lehrinhalt des Werkchens aufs Beste. Wer schnell, leicht und sicher eine gedrängte Kenntniß unserer Kolonial⸗ gebiete gewinnen will, dem dürfte dies Werkchen willkommen sein.

Kulturgeschichte. . .

Q- Das höfische Leben zur Zeit Ler Minnesinger.“ Von Dr. Alwin Schultz, Professor der Kunstgeschichte an der Kaiserlichen und Königlichen deutschen Universität zu Prag. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Zwei Bände (IV S., 45, 315 B) mit 372 Holischnitten. Leiprig, Verlag von S. 66. Das vor⸗ liegende Werk bietet eine mit großem Fleiße zusammengetragene in der neuen Auflage noch weiter 6 Sammlung alles dessen, was sich mit Hülfe der leider so spärlichen Reste der Profankunst, der wenigen noch erhaltenen Geräͤthe, Möbel, Kleidungsstücke, sowie namentlich aus den Schilderungen der epischen Dichter und Geschichts · schreiber und der den Sandschriften ihrer Werke beigegebenen Miniaturen über das Leben an den Fürstenhöfen in der Zeit von 1130 fis 1300, sowie über das Treiben der damaligen vornehmen Gesell schaft ermitteln ließ. Sehr förderlich war dem Verfasser dabei aller⸗ dings der Umstand, daß die für seine Arbeit in Betracht kommenden altdeutschen und altfranzösischen Epen alle in den vornehmsten höfischen Kreisen fich abspielen. Die Dichter haben immer nur ihre Hegen⸗ wart im Auge und schildern in naiver, behaglich breiter Darstellung auch die Helden der Vergangenheit, als wenn sie ihre . vor sich bätten. Ob sie von Karl dem Großen und seinen Pairs, von Artus und feiner Tafelrunde, von Aeneas und der Zerstörung Trojas,

von Alexander oder sonst einem Helden des klassischen Alterthums er⸗ zäblen: sie schildern ihn gekleidet und bewaffnet wie einen Fürsten oder Ritter ibrer Zeit, sie lassen ihn reden und handeln ganz wie sie es bei seinen Standesgenossen oder denen, die sie dafür ansehen, beob⸗ achtet haben. Der Dichter des Salomon und Morolf“ läßt am Hofe des Salomo schon Tempelherren auftreten und die französischen Dichter bezeichnen die Apostel und Heiligen als Barone. Sie um⸗ geben ihre Helden und Heldinnen mit der größten Pracht und kleiden sie in die kostbarsten Gewänder, wie sie es an den ihnen zugänglichen Höfen beobachtet hatten. Der Verfasser durfte also an ihrer Hand, zumal sich ihre überschwänglichen Angaben mittels der vorhandenen Denk⸗ mäler und Bilder kontroliren und korrigiren ließen, wohl an eine Schilderung des höfischen Lebens jener Zeit herantreten. Zuvor aber sucht er die Frage zu beantworten, wie die Vornehmen, Fürsten und Herren im 12. und 13. Jabrhundert gewohnt und wie sie ihre Woh⸗ nungen ausgestattet haben. Er schildert demgemäß zunächst den Burgen⸗ bau und die Befestigungskunst, wie sie zur Sicherung jedes Herrenwohn⸗ sitzes nöthig war, in allen Einzelheiten, dann die innere Einrichtung, das Mobiliar, auch die Städte und die dortigen Behausungen der Vor⸗ nehmen. Dann ist es die Erziehung der jungen Ritter und Damen, welche eingehend und in anziehender Weise dargestellt wird. Die dabei leitenden Ansichten waren, wie man daraus lernen kann und die hier folgende Probe der Darstellungsart des Verfassers darthun mag, von den heute herrschenden vielfach abweichend. So stand z. B. das Schneidern damals auch der hochgeborenen Dame wohl an. Die Frauen von Adel fertigten die Kleider für die Männer und für sich selbst und verzierten sie mit Borten und Edelsteinen. Flachs und Seidespinnen war den Damen eine gewohnte Arbeit, während sie das Spinnen von Wolle gern den Dienstleuten überließen. Das Weben der Borten, Gürtel, Kopfputzsachen, Hauben, Güͤrteltaschen wurde gleichfalls von den Damen und ihren Jungfrauen gern betrieben. Der meisten Beliebtheit erfrchte sich jedoch die edle Stickunst. Am Rahmen stickten sie da mit bunten Seiden und Leinenfäden Wand teppiche, Tischtücher, Meßgewänder für die Priester, Altar ⸗Antependien für die Kirchen c. Die Muster wurden ihnen vorgezeichnet und mit seltener Geschicklichkeit wußten sie Ornamente, menschliche Gestalten und Thiere aller Art mit kunstreicher Nadel zu fixiren. Die jungen Mädchen, die an den Hof geschickt wurden, hatten an diesen Arbeiten Antheil zu nehmen und die Fürstinnen oder deren Töchter zu bedienen. Mit Männern kamen die jungen, vornehmen Mädchen selten zu⸗ sammen. Siegfried war schon ein Jahr in Worms, ahne Kriemhild gesehen zu haben. Nur an großen Festmahlen durften sie theilnehmen und den Kampfspielen am Hofe zuschauen. Im Umgang mit den höchstgebil deten Frauen des ganzen Landes sollten die jungen Mädchen sich die Feinheit des Taktes und der Sitte aneignen, welche man damals von höfischen Damen rerlangte. Die wesent—⸗ lichsten Anstandsregeln, soweit sie die äußere Haltung betrafen, lassen sich folgendermaßen zusammmenfassen: Es galt für unschicklich, daß eine Dame mit großen Schritten einherging oder die Arme lebhaft bewegte. Den Blick gesenkt, ohne sich umzuschauen, stets in den Mantel gehüllt, sollte sie still einber⸗ schreiten, die Kleider aufraffend, daß sie nicht schmutzig wurden. Der „Roman de la Rose“ giebt den Damen gute Raihschläge, wie sie dabei kokett das Füßchen zeigen, die Schönheit ibres Wuchses, ihrer Toilette zur Geltung bringen sollen. Beim Sitzen durfte eine Dame nicht die Beine über einander schlagen. Einen fremden Mann zuerst anreden, war ein großer Verstoß gegen die gute Sitte; es schickte sich auch nicht, daß sie ihn anblickte; sie sellte bescheiden warten, bis sie angeredet wurde, überhaupt nicht viel reden, zumal nicht beim Essen. Lautes Sprechen stand einer Dame gar übel an; sie durfte zwar lachen, aber nicht unmäßig. Beim Reiten durfte sie nicht wie die Männer zu Pferde sitzen, auch mußte sie die Hände schamvoll unter dem Gewande verborgen halten. Nahm ein Ritter sie hinter sich aufs Pferd, so schaute sie vorwärts; es war eine Strafe, wenn sie rückwärts blicken mußte. Trat ein Mann in das Zimmer, in dem sich Damen befanden, so hatten diese aufzustehen; dieselbe Artigkeit wurde ihnen von den Männern erwiesen. Nach den in den mittel⸗ alterlichen Epen enthaltenen Schilderungen schöner Frauen und Männer wird dann auch versucht, die Schönheitsideale damaliger Zeit festzustellen. Ein sehr ausführlicher Abschnitt handelt von der Toilette

und Kleidung, ein besonderer Anhang über die kostbaren zu letzterer verwandten Stoffe. Im vierten Kapitel werden die Hoffeste, die Gastmähler und., der. Aufwand, der dabei getrieben wurde, in fesselnder Weise beschrieben, auch die verschiedenen Speisen und Ge⸗ tränke eingehend besprochen, ebenso die Tischordnung und die bei Tische zu beobachtenden Anstandsregeln detaillirt. Ein angehängter Exkurs verbreitet sich über alte Weinsorten und giebt ein chronikalisches Verzeichniß damaliger Weinlesezeiten. Die Jagd in ihren ver schiedenen Formen, namentlich das edle Vergnügen der Falkenbeize“ bildet den Gegenstand des folgenden Abschnitts. Der naͤchste handelt dann vom Reisen, den Wegen und Wagen, der Gastfreundschaft, wie sie damals so hoch vervollkommnet geübt wurde, und in passender Ver⸗ bindung damit von der gesellschaftlichen Unterhaltung durch Tanz, Musik, Spiele, auch von den fahrenden Leuten und ihren Kunst— fertigleiten. Ein interessantes Kapitel ist das siebente, welches von der Minne und Ehe, sowie den Hochzeits ceremonien berichtet. Auch eine Krönungsseier wird an dem Beispiel derjenigen vorgeführt, in welcher Rudolf von Habsburg zu Aachen die Krone als deutscher König empfing.

Die Annehmlichkeiten des Lebens behaglich zu genießen, stand nach der Auffassung der böfischen Gesellschaft einem edlen, zu „Schildesamt“ geborenen Manne durchaus nicht an. Erst wenn er durch Muth und Tapferkeit sich im Kriege oder bei den öffentlichen Waffenübungen ausgejeichnet, sich Ruhm und Anerkennung erworben hatte, erst dann durfte er sich Erholung gönnen. Um die Waffen übungen des Mittelalters recht verstehen zu können, ist denn auch die Kenntniß der Angriffswaffen und der Schutzrüstungen unerläßlich, und der zweite Band handelt daher ausführlich von der Bewaffnung, den Tarnieren und Kampfspielen. Er schildert, immer an der Hand mit Bienenfleiß gesammelter Citate und zahlreicher Abbildungen, die Er⸗ scheinung des Ritters im Ganzen und allen Einzelheiten, die Kriegs führung, das Lagerleben, den Verlauf einer Feldschlacht, ferner das Schiffswesen nebst den tbeoretischen Regeln der damaligen See—⸗ kriegsführung und theilt Berichte mit über die Seeschlacht, welche im März 1190 der Markgraf Konrad von Montferrat den Türken bei Akka lieferte, sowie über die Schlachten bei Dover und Neapel im folgenden Jahrhundert. Interessant ist auch die Erwähnung eines Taucherboots mit Luftschlauch, das man bereits in dem Gedicht von „Salomon und Morolf angewendet findet. Ausfübrlichst wird endlich die Belagerung einer befestigten Stadt beschrieben, die mannigfachen Wurf⸗ und Schleudermaschinen, die Widder, die Belagerungs⸗ thürme ꝛc. um deren Rekonstruktion sich namentlich der französische Gelehrte Viollet ⸗Le⸗Due verdient gemacht hat.

Die höfische Gesellschaft des 17. und 13. Jahrhunderts weiß sich so etwa faßt der Autor das Ergebniß seiner Untersuchungen zu⸗ sammen das Leben so angenehm wie nur immer möglich zu machen. Trotz der fortwährenden Kriege und der damit verbundenen Ver wüstungen, trotz Pestilenz und Hungersnoth bleibt sie froh, den gegebenen Augenblick nach Möglichkeit sich zu Nutze machend. Es fällt keinem, auch in der größten Bedrängniß, ein, Hand an sich zu legen. So lange die Leute jung sind, genießen sie unbekümmert das Leben und, alt geworden, wissen sie sich schon für ihre Jugendsünden Vergebung zu verschaffen. Die böfische Gesellschaft der Zeit ist aber nicht allein für den Genuß empfänglich: es lebt in ihr doch auch noch ein hoher idealer Sinn. Treue dem Herrn, mannbafte Tapferkeit, die das Leben für die Ehre einsetzte, ein Kampfesmuth und eine Kampflust, die n, , . selbstverständlich erscheinen ließ, das sind doch immerhin Eigenschaften, die einer Zeit nur zur Zier gereichen können. Dazu kommt eine schwärmerische Verehrung der Frauen. Stets ist der Ritter bereit, für den Schwächeren einzustehen, Recht und Gerechtigkeit nach bestem Wissen und Können zu verteidigen. Daß neben diesen Lichtseiten auch Schatten bemerkbar sind, ist ja nicht zu leugnen; aber ebenso wenig kann man es in Abrede stellen, daß die ritterliche Geselischaft im großen Ganzen sich hohe erhabene Ziele gesteckt hatte, daß trotz aller Schwächen ein hochidealer Geist in ihr