1891 / 80 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Staatssekretär des Reichs-Maxineamts Vize Abmiral Hollmann hat sich aus dꝛenftlicher Veranlassung nach Kiel begeben.

Allerhöchster Bestimmung gemäß wird die Fuß⸗Artille rie an Stelle der Jägerbüchse M / IJ mit dem Karabiner 88 ausgerüstet.

Köln, 3. April. Der erzbischöfliche Offizial, Ordinariats— und General-Vikariats-Rath, Domherr Dr. Anton Heuser

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ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestorben.

Bayern.

München, 3. April. In seiner gestrigen Vormittag sz— sitzung beschäftigte sich der Oberste Schulrath, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, mit denjenigen Paragraphen der Schul ordnung, welche die Ordnung des Schuljahres, sowie die Schul- und Hausaufgaben an den humanistischen Gymnsaslien, dann das Gymnasialabsolutorium behandeln. Im Wesentlichen wurden hierbei die Beschlüsse der Dezembersitzung erneu⸗rt; bezüglich des Schlusses der Schulen am 14. Jult) wurde einstimmig empfohlen, daß derselbe mit einem feierlichen Akt zu geschehen habe. Ferner wurde begutachtet, an Stelle der Bestimmung, welche den Lehrer der nächst⸗ höheren Klasse verpflichtet, neben der Durchsicht der Schul—⸗ und Hausaufgaben der unteren Klasse, in dieser während der letzten Tage des Schuljahres Unterricht zu ertheilen, die Vor⸗ schrift zu setzen: Dem Rektor, welchem, neben dem bisherigen Srdingrius, den übrigen in der Klasse beschäftigten ordent— lichen Lehrern und dem Ordinarius der nächsthöheren Klasse, die Beurtheilung der Reife für das Vorrücken vorzugsweis zusteht, liegt es ob, auf eine, soweit nur immer erreichbare Klarstellung der einschlägigen Verhältnisse rechtzeitig Bedacht zu nehmen. „Zwischennoten sollen im Jahreszeugnisse, nicht aber in den zu Weihnachten und Ostern auszugebenden Zeugnissen ausgeschlossen sein. Als die vier Noten werden:; „sehr gut“, „gut“, „genügend“ und „ungenügend“ in Aussicht genommen. S In der Nachmittagssitzung fuhr der Oberste Schulrath in Verathung der Schulordnung bis zum VII. Titel (Vorstand der humanistischen Gymnasien; Lehrerrath) fort. Dem Titel V. wurde eine Vorschrift über die Ergänzungsprüfung der absolvirten Realgymnasiasten eingefügt, wonach diese Prüfung durch Theil⸗ nahme an der Absolutorialprüfung des humanistischen Gym— nasiums „in der Beschränkung auf die alten Sprachen sschriftlich und mündlich)!“ abgelegt wird. Das Maximum des Schularrestes soll künftighin nur eine Stunde betragen; über die Art, in welcher die hierbei im Interesse erziehlicher Thätigkeit nicht zu entbehrende Beaufsichtigung gedacht ist und zu handhaben sei, wird eine erläuternde Entschließung ergehen.

Württemberg.

Stuttgart, 3. April. Die Kammer der Abgeord— neten setzte in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung der Anträge der Finanzkommission zum Haupt-Finanz-Etat für 1891,83 fort.

Bremen.

Bremen, 3. April. Einer Senatsmittheilung be⸗ züglich der Korrektion der Außenweser (siehe Nr. 78 des „R. u. St. -A.“ vom 2. d. M.) entnimmt die „Wes. Ztg.“ Folgendes: Die Kosten des Projekts sind unter Zu— gruündelegung der Verhältnisse zur Zeit seiner Aufstellung (im Jahre 1889) auf rund 2200000 6 veranschlagt worden. In dieser Summe sind jedoch die zu rund 430000 66 veranschlagten Kosten von besonderen, die Forts auf dem Langlütjensande mit dem Leit— damm verbindenden Querdämmen nicht mit enthalten, da zur Zeit noch nicht mit Bestimmtheit zu übersehen war, welche An— forderungen Behufs Erhaltung der Zugänglichkeit der Forts bei Niedrigwasser Seitens des Kaiserlichen Reichs-Marineamts gestellt werden würden. Da das Projekt Seitens der Deputation für Häfen und Eisenbahnen, wie auch Seitens des Tonnen- und Bakenamts, welches vom Senat zu einer gutachtlichen Aeußerung aufgefordert worden war, auf das Wärmste zur Ausführung empfohlen wurde, durch dasselbe jedoch nicht nur bremische, sondern auch preußische und oldenburgische Interessen berührt werden, ins⸗ besondere auch die in Rede stehende Strecke der Außenweser unter preußischer Staatshoheit steht, erachtete der Senat es für geboten, das Projekt der preußischen und der oldenburgischen Staatsregierung mitzutheilen und den Abschluß eines Vertrages wegen Ausführung desselben anzuregen. Die zu diesem Behuß vom Senat gleichzeitig beantragten kommissarischen Verhand— lungen, zu welchen sich die preußische und die olden— burgische Regierung bereit gefunden haben, und an welchen bezüglich der die Reichsmarine betreffenden Interessen auch das Kaiserliche Reichs-Marineamt durch einen Kommissar theil— genommen hat, haben am T, 8. und 9. Oktober v. J. und am 10. und 11. März d. J. stattgefunden und zum Abschluß eines Vertrages vom 11. März d. J. geführt.

Der Vertrag lautet:

Art. J. In der Außenweser wird auf der Strecke von der Geeste⸗ mündung bis zum Wremer Sieltief zurch Anwendung künstlicher Mittel mit einem Kostenbetrage bis zu drei Millionen Mark eine neue Fahrbahn hergestellt. Die Ausführung wird auf Grund des von den drei Regierungen im Einverständniß mit der Kaiserlichen Marineverwaltung vereinbarten Planes durch Bremen bewirkt. Art. IJ Die Kosten der Ausführung und der Unterhaltung bis zu drei Millionen Mark (Art. L) zuzüglich einer Verzinsung von drei—⸗ einhalb Prozent werden allmählich aus dem Aufkommen der zufolge Staatsvertrages zwischen Preußen, Oldenburg und Bremen vom 5. März 1876 zur Hebung gelangenden Schiffahrtsabgabe erstaitet, soweit dieses Aufkommen nicht zur Deckung der daraus vorweg zu be⸗ streitenden Ausgaben erforderlich ist. Tie vorgedachte Verzinsung beginnt mit dem ersten Tage des auf die Verwendung folgenden Monats. Bremen hat den Regierungen der beiden andern Staaten eine Abrechnung über die Ausgaben jeden Jahres, sowie die Vorschläge über den aus der Schiffahrtsabgabe zu entnehmenden Erstattungtz— betrag zur Prüfung und Anerkennung vorzulegen. Artikel III. Soweit die Aufwendungen Bremens (Artikel I) nicht innerhalb dreißig Jahren nach Genehmigung dieses Vertrages aus dem Aufkommen der Schiff fahrtsabgabe gedeckt sind, wird der Fehlbetrag einstweilen mit drei Sechsteln von Preußen und mit einem Sechstel von Oldenburg an Bremen gezablt, der Rest mit zwei Sechsteln von Bremen über nommen, jeder der drei Staaten aber für seine Aufwendungen ein—⸗ schließlich einer Verzinsung von dreieinhalb Prozent nach dem gleichen Antbeilsverhältnisse aus dem verfügbaren Ertrage der Schiffahrts— abgabe entschädigt. Art IV. Dieser Vertrag tritt sofort nach er folgter Genehmigung desselben in Kraft. ö

So geschehen Bremen, den 11. März 1891.

Die Groß erzoglich oldenburgische Staatsregie— rung hat unter dem 24. März ihre Zustimmung zu dem Vertragsentwurf sowie ihre Bereitwilligkeit, die, in dem Ar— tikel V desselben vorbehaltene Genehmigung zu vollziehen, erklärt, sobald die gedachte Durchbaggerung zwischen Norden⸗ ham und Geestemünde, welche auch von dem Landtage des Großherzogthums als Bedingung der Genehmigung hingestellt worden, bremischerseits zugestanden sei.

Die Königlich preußische Staatsregierung hat

unter dem 28. März dem Senat mitgetheilt, daß sie bald— thunlichst die Genehmigung des Landtages zu dem Vertrage einholen werde. Heute Vormittag fand laut Meldung des . in der oberen Rathhaushalle daselbst unter zahlreicher Be— theiligung des Publikums die feierliche Einführung und Vereidigung des neuen Senators Wessel statt.

Defterreich⸗ Ungarn.

Wien, 4. April. Nach amtlicher Bekanntmachung wird die feierliche Eröffnung des Reichsraths durch Seine Majestät den Kaiser in Person am 11. d. M. Mittags statt⸗ finden.

Der Verwaltungsausschuß des ungarischen Unterhauses begann, wie Wiener Blättern gemeldet wird, vorgestern mit der Detailberathung der Verwaltungs— Reformvorlage. Eine lebhafte Diskussion entwickelte sich gleich bei 5. 1, in welchem ausgesprochen ist, daß die Ver— waltung in den Komitaten eine staatliche Aufgabe sei, welche von ernannten Beamten im Rahmen des Gesetzes erfüllt werde.

Großbritannien und Irland.

Bei der gestrigen Unterhauswahl in Nord-Sligo (Irland) ist der antiparnellitische Kandidat Collery mit einer Mehrheit von 780 Stimmen gegen den parnelli— tischen Kandidaten zum Deputirten gewählt worden.

Ueber das Massacre der britischen Truppen in Manipur enthält ein aus Kalkutta eingegangener Draht— bericht des bei der Expedition betheiligt gewesenen Lieutenants Gurdon folgendes Nahere:

Gleich nach seiner Ankunft am 24. März sandte De Quinton eine Abtheilung Soldaten aus, um Jubrai, den Thronnachfolger des Rajah von Manipur, zu verhaften. Die Bevölkerung leistete jedoch Wöiderstand und ein allgemeiner Kampf folgte. Den Gurkhas ging die Munition aus und sie waren gezwungen, zur Wohnung des briti⸗ schen Agenten zu flüchten, gegen welche die Manipurs ein Bombar— dement eröffneten. De Quinton wollte darauf mit dem Jubrai in Verbandlung treten, wurde jedoch durch Verrath zusammen mit Oberst Skene, Grimwood, Cossins und Simpson gefangen ge— nommen, Die Manipurs nahmen dann den Angriff wieder auf und am 25. März Nachmittags 2 Uhr mußten wir den Rückzug antreten, da der Mangel an Munition uns jede weitere Vertheidigung unserer Stellung unmöglich machte. Wir schlugen uns durch, bis wir glücklicherweise Kapitän Cowley mit seiner Abtheilung trafen, bei weichen wir dann in Sicherheit waren. Das Schatzgebäude ist verbrannt.

Das Entsatzkontingent, welches aus Birma heran— gezogen ist und über Tamu marschirt, kann erst am 17. April in Manipur eintreffen. Einige Leute vom Stamme der Naga haben sich zu Spionendiensten angeboten, um den Eng— ländern Nachrichten über die Lage der Gefangenen zu bringen. In Köhima waren am 2. d. M. nur 35 Gurkhas von dem nach Manipur entsandten 4-500 Mann zählenden Kontingent eingetroffen. Ihre Erzählungen bestätigen die bisherigen Nachrichten. Die Eng⸗ länder waren gezwungen, das Residentschaftsgebäude aufzugeben, weil sie keine Munition mehr hatten. Die Mani— puris hatten offenbar den Schlag lange vorbereitet. Am letzten Montag nahm eine unter dem Befehl des Kapitäns Macintyre stehende Abtheilung Naga-Militärpolizei die ver⸗ rammelte Stellung der Manipuris in Mao, ohne selbst Verluste zu erleiden. Die Militärpolizei legt Verschanzungen zwei Meilen von der Grenze gegen Manipur an.

Der von einem Ausschuß der australischen Föde—⸗ rations-Konvention ausgearbeitete Entwurf einer Bundesverfassung soll, wie dem „R. B.“ aus Sidney gemeldet wird, zunächst an die einzelnen Legislaturen zur Genehmigung gehen. Erst wenn diese ertheilt ist, soll das Reichs-Parlament um seine Zustimmung angegangen werden. Die Hauptbestimmungen des Entwurfs sind folgende:

Der Bund soll den Namen tragen Commonwealth von Austra— lien“. Die Veifassung soll sechs Monate nach der Genehmigung Seitens des Reichs- Parlaments in Kraft treten. Die Legislatur wird aus der Königin, einem Senat und einem Repräsentantenhause be—⸗ stehen. Die Königin ernennt den General Gouverneur, dessen Gehalt mindestens 10000 Pfd. Sterl. jäbtlich beträgt. Die Kolonien werden den Namen Staaten führten. In den Senat schickt jeder Staat acht Vertreter, die von dem Parlament des betreffenden Staates auf sechs Jahre gewählt werden. Die Wahlen für das Repräsentanten⸗ baus finden alle drei Jahre statt, und zwar direkt durch das Volk. Auf je 30 000 Bewohner soll ein Vertreter kommen. Jeder Senator und jeder Abgeordnete erhält 500 Pfd. Sterl. jährliche Diäten. 31 Paragraphen des Entwurfs handeln von der Kom⸗ petenz des Bundes⸗Parlaments. Die Exekutivgewalt der Königin wird durch einen General⸗Gouverneur ausgeübt werden, welchem ein Beirath von sieben Ministern zur Seite steht. Jeder Minister muß entweder Senator oder Abgeordneter sein Für die Gehälter der Minister werden 15 000 Pfd. Sterl, ausgesetzt. Die Exekutivregierung wird alsbald nach ihrer Einsttzung die Verwaltung der Zölle, der Accise, des Post, Telegraphen«“, Heer und Leuchtwesens übernehmen.

Italien.

Einem Brief aus Abessinien vom 1. Februar zufolge, welchen die „Riforma“ veröffentlicht, wird es dem Negus Menelik wegen der Unzufriedenheit unter den alten Häupt⸗ lingen von Schoah sehr schwer, sich und seine Herrschaft aufrecht zu erhalten. Sie sähen mit Mißvergnügen, daß Menelik die Häuptlinge aus den Zeiten des Negus Johannes begünstige. Wahrscheinlich würde keiner von ihnen einen . nach dem Norden mitmachen. Durch die anhaltende zungersnoth in einigen Provinzen sei die Unzufriedenheit so vermehrt, daß man den Ausbruch einer Revolution befürchte, Zu jener Zeit weilten Graf Antonelli und Salimbeni noch am Hofe Menelik's. Die „Riforma“ folgert aus dem Brief: der Negus könne nichts unternehmen, auch wenn er dies beabsichtigen würde.

Die Prinzen Victor und Louis Bonaparte sowie die Prinzessin Lätitia, Wittwe des Herzogs von Aosta, sind am Freitag von San Remo nach Turin zurück— gereist. Die Kaiserin Eugenie begleitete die prinz lichen Herrschaften nach dem Bahnhofe und reiste sodann nach Mentone, wo sie einen zehntägigen Aufenthalt zu nehmen

gedenkt.

Spanien.

Den in nächster Zeit wieder zusammentretenden Cortes wird nach der erfolgten definitiven Konstituirung der Depu⸗ tirten kammer zunächst das Budget für 1891/92 zugehen; ferner wird ihnen ein Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe zur Konsolidirung der schwebenden Schuld, und ein weiterer bezüglich einer Anleihe für Cuba vorgelegt werden. Mit besonderem Interesse sieht man jedoch den in Aussicht gestellten Vorlagen zur Sozialgesetz— gebung entgegen. Die Frage, ob und in welchem Maße der Staat in die Regelung der Arbeits verhalt⸗ nisse einzugreifen und bei der wirthschaftlichen Sicherung der Lage der Arbeiter mitzuwirken habe, wurde in der spanischen Presse seit Langem erörtert, und die Ansicht, daß die Fixirung der Arbeitszeit, des Arbeitslohns u. s. w. völlig der Verstän—⸗ digung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die Kranken⸗ und Altersversicherung der Arbeiter ihrer eigenen Initiative überlassen bleiben solle, fand eine große Anzahl von Ver⸗ fechtern. Der Minister⸗Präsident Canovas del Castillo hielt nun im Madrider Athenäum vor einiger Zeit einen überaus fesselnden Vortrag über das Thema der Sozialgesetz⸗ gebung. Trotz des theoretischen Charakters der Auseinander⸗ setzungen des Hrn. Canovas, weicher in der gelehrten Gesell⸗ schaft selbstverständlich nicht als Minister⸗Präsident, sondern als Historiker und Staatsmann sprach, konnte man, wie die „P. C.“ schreibt, immerhin Anzeichen der Richtung entnehmen, in welcher sich die Aktion der Regierung auf diesem Gebiete bewegen dürfte. Hrn. Canovas scheine der deutsche Staatssozialismus als Muster vorzuschweben, ohne daß fich jetzt schon sagen ließe, bis zu welchem Umfange die spanisch! Regierung sich die Sozial⸗ gesetzgebung des Deutschen Reichs aneignen werde. Wie es heißt, würden die angekündigten Vorlagen zunächst die Rege— lung der Frauen- und Kinderarbeit in den Fabriken, die Er⸗ richtung von Kranken- und Invaliditätskassen und die Fest⸗ stellung der Haftpflicht des Uaternehmers bei Arbeitsunfällen zum Gegenstande haben.

Der Madrider „Imparcial“ will wissen, daß die spanische Regierung, Angesichts der über die fortdauernd gespannte innere Lage in Portugal einlaufenden Nachrichten sich ver⸗ anlaßt sehen könnte, Vor sichts maßregeln an der Grenze zu treffen.

Portugal.

Der König und die Königin statteten, wie W. T. B.“ aus Lissabon meldet, gestern dem dort vor Anker liegenden deutschen Geschwader einen Besuch ab. Im Gefolge des Herrscherpaares befanden sich der Marine-Minister Ennes und der Marine Kommandant. Der Besuch dauerte eine ganze Stunde.

Luxemburg.

Luxemburg, 2. April. Wie Frankfurter Blätter mel⸗ den, waren Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgrtoßherzogin von Baden am Dienstag Nachmittag in Frankfurt a. M. eingetroffen, statteten Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Luxemburg einen Besuch ab und fuhren Abends nach Berlin weiter.

Die luxemhurgische Postverwaltung hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, neue Briefmarken mit dem Bilde des Großherzogs ausgegeben.

Türkei.

Der „Ag. d. Const.“ zufolge hat der (in der gestrigen Nr. d. Bl.) gemeldete Schritt des õste rreichisch⸗ungarischen Botschafters Freiherrn von Calice anläßlich des Vor— falls in Ueskueb in der Abgabe einer mündlichen Er— klärung bestanden, von der er auch eine Abschrift hinter⸗ lassen habe. Die Uebergabe einer förmlichen Note habe nicht stattgefunden.

Serbien. Belgrad, 3. April. Der Skupschtina ist laut

Meldung des „W. T. B.“ gestern ein Gesetzentwurf zu⸗ gegangen, betreffend die Konvertirung der serbischen Anleihen

in vierprozentige zum Minimalcourse von 82,30.

Bulgarien.

Sofia, 3. April. Der Prinz Ferdinand xichtete, wie „W. T. B.“ meldet, an Stambul ow ein der Bevölke— rung durch Maueranschlag kundgegebenes Reskript, in welchem er fagt, das Bedauern und die Entrüstung, mit welcher die Nation die Ermordung des besten Menschen und eines so hervorragenden Talents, wie es Beltschew war, aufnahm, hätten bewiesen, daß die inneren und äußeren Feinde Bulgariens an der Möglichkeit verzweifeln müßten, das Land durch Aufstände und Empörungen zu vernichten, aber auch auf dem neu ein⸗ geschlagenen verabscheuungswürdigen Wege der in der Dunkelheit ausgeführten Ermordung bulgarischer Staats⸗ männer würden die Feinde Bulgariens nicht zu ihrem Ziele gelangen. Beltschew's unschuldig vergossenes Blut werde den bulgarischen Patriotismus nur noch befestigen, an dem alle schlechten Vorsätze der Feinde zerschellen. Der Prinz spricht sodann, indem er

tambulow, seinen ersten und ausgezeichneten Mitarbeiter an der Unabhängigkeit und Freiheit Bulgariens, anläßlich seiner Errettung auf das Wärmste beglückwünscht, die Hoffnung aus, daß die energischen Maßnahmen der Regierung die letzten Ueberreste feindlicher Elemente vernichten würden.

Montenegro.

Cettinje, 3. April. Der neu ernannte französische Gesandte Amelot ist, wie telegraphisch berichtet wird, in Cettinje eingetroffen.

Amerika. Vereinigte Staaten. Die Thatsache, daß Prä⸗ sident Harrison die Vorbereitungen für seine Rundreisse durch den Süden und Westen der Union trifft, beweise, wie „R. B.“ meint, daß er dem italien isch⸗amerikanischen Zwischenfall keine weittragende Bedeutung beilege. Der Präsident werde am 16. April von Washington abreisen. Der Presse wurde am Mittwoch der zwischen dem Staats⸗ sekretar Blaine und dem italienischen Gesandten letzthin geführte Schriftwechsel mitgetheilt. Weitere Nachforschungen in New⸗Orleans haben übrigens dem „R. B.“ zufolge herausgestellt, daß von den vierzehn gelynchten Italienern alle bis auf vier geborene oder naturalifirte Bürger waren. Die vier sind Eharles Trahina, Antonio Bagnetto. Pietro Monasterio und Charles Comitez. Trahina habe früher das Räuberhandwerk in Sizilien betrieben. Bagnetto soll wegen eines verübten Mordes geflohen sein,

wo er zur Räuberbande Expositid's gehört habe. Antonio Marchefi, welcher sich gleichfalls unter den Gelynchten befand, sei ein Garibaldianischer Veteran, welcher aus Palermo habe fliehen müssen, weil eine Anklage auf Mord gegen ihn erhoben worden fei. Von den Antezedentien des Comitez sei nichts bekannt. Die Einwanderung der Italiener nach den Vereinigten Staaten ist, wie noch hinzugefügt wird, in den letzten Jahren bedeutend gestiegen. Es wandern jetzt mehr rl. ein, als Angehörige irgend einer anderen Nation.

März betrug ihre Zahl 7869. Am 2. d. landeten in New— York 1607 Italiener.

Parlamentarische Nachrichten.

Ueber das dem Reichstage noch vorliegende Arbeits— material schreibt die „Nat.⸗Itg.“:

Die wichtigste der noch zu erledigenden Vorlagen ist unstreitig die Gewerbeordnungsnovelle. Sie ist bereits zu einem aller— dings kleinen Theile in zweiter Lesung durchberathen, wird indessen noch eine geraume Zeit zu ihrer Erledigung in Anspruch nehmen. Neben ihr betrifft das Gewerbe im Besonderen noch der Musterschutzgesetz⸗ entwurf. Er ist erst in zweiter Lesung im Plenum K und befindet sich noch in der Kommission. Die Krankenkassen⸗ novelle ist in der Kommission durchberathen; der Bericht darüber liegt bereits gedruckt vor. Zwei weitere der Erledigung barrende Gesetzentwürfe beziehen sich auf die Reichssteuern, es sind der Zuck er⸗ stenergesetzentwurf und die Branntweinsteuernovelle. Beide haben der Kommissionsberathung unterlegen. Drei weitere Vor⸗ lagen haben gleichfalls erst die ersten Lesungen im Plenum passirt: der Entwurf über die Prüfung der Läufe und Verschlüfse der Handfeuerwaffen, der Gesetzentwurf über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs und das internationale Abkommen über den Eijsenbabnfracht⸗ verkehr. Die keiden letzteren sind einer und derselben Kommission überwiesen worden. Noch gar nicht in Berathung genommen sind der zwischen dem Deutschen Reich und Dänemark abgeschlossene Vertrag, betreffend die Aufhebung des Abschoß und Abfahrts⸗ geldes, die nach 5.7 des Nahrungsmittel gesetzes vorgelegte Kaiserliche Verordnung über das Verbot von Maschinen zur Herstellung künstlicher Kaffeebohnen und die auf Grund des 5§. 2 des Gesetzes vom 19. Sep tember 1883 über die Ertheilung der Indemnität von Zollermäßigungen an das Haus gebrachte Kaiserlicke Verordnung, betreffend die Aus⸗ dehnung der Zollermäßigungen in den Tarifen A zu dem deutsch— italinifchen und dem deutsch-spanischen Handels. und Schiffabrts— vertrage mit Ausnahme der inzwischen in Wegfall gekommenen Zoll⸗ ermäßigung für Roggen auf Marokko.

Die nächste Sitzung des Reichstages findet Dienstag, den 7. April, statt und begintt um 1 Uhr. Auf der Tages⸗ ordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Ge— setzenwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbe— ordnung.

Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.

(944) Auf eine Anfrage hat das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem 9. Januar 1891 sich dahin ansgesprochen, daß die Uebernahme der Unfall versichetung für Wegebauarbeiten, welche von Gemeinden und Gutsbezirken als Unternehmer ausgeführt werden, durch den für leistungsfähig erklärten Kommunalverband des betreffenden landräth⸗ lichen Kreises zwar gesetzlich nicht zulässig sei, da der Kreisverband die Versicherung gemäß 5. 4 Ziff. 3, §. 5 Absatz 3 und 55. 46 und 47 des Bauunfaltversicherungsgesttzes nur für diejenigen Bauarbeiten äbernehmen könne, welche von dem Kreise als Unternehmer, d. h. für Rechnung des Kreises ausgeführt würden. Gleichzeitig wurde es jecoch vom Standpunkte des Reichs ⸗Versicherungsamts als unbedenklich befunden, daß der Kreisverband eine Vereinbarung über eine Pauschal⸗ vergütung für die sämmtlichen Gemeinden und Gute bezitke im Einver— nehmen mit diefen gemäß 8. 29 des Bauunfall versicherungsgesetzes mit der Versicherungtanstalt der Tiefbau⸗Berufsgenossenschaft treffe und diese Pauschalsumme alsbald seinerseits an die Versicherungsanstalt ab—= führe; denn dadurch werde die gesetzliche Verantwortlichkeit der Ge⸗ meinden und Gutsbezirke für die Zahlung der Prämien der Tiefbau— Berufsgenossenschaft gegenüber nicht berührt, und es komme der Kreis verband nach außen bin nur als Zahlstelle in Betracht.

(945.) Nach einer Entscheidung des Reichs ⸗Ver sicherungsamts vom 31. Januar 1891 bat der Bescheid 177 („Amtliche Nachrichten des RV.‘ 1886 Seite 120), nach welchem die gewerbsmäßige Reinigung von Glasscheiben und Glasdaͤchern an sich nicht als Glaser⸗ arbeiten bei Bauten anzufehen und auch sonst nicht versicherungs pflichtig ist, auch unter der Herrschaft des Bauunfallversicherungs, gesetzes noch Geltung. Insbesondere fällt diese Thätigkeit nicht ö Begriff der Ausführung von Bauarbeiten“ (8. 1 Absatz: a. 9 O.).

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Jagdberechtigte oder sein Vertreter befindet sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1II. Strafsenats, vom 16. Oktober 1896, im Gebiete des Preuß. Allg. Landrechts in der berechtigten Ausübung seines Rechts, wenn er einem auf frischer That betroffenen, ihm bekannten Jagefreyler das Gewehr bezw., Jagd—⸗ geräth abpfändet, und der Widerstand des Jagdfrevlers gegen diese Pfändung ist aus §. 117 Str. G. B. wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu bestrafen.

Der IJ. Civilsenat des Reichkgerichts bat durch Urtheil vam 12. Januar 1891 in Uebereinstimmung mit seiner bisherigen Recht · sprechung die Frage, ob bei der Simultangründung einer Aktien · gefenlschaft die Vereinbarung der Gründer auf Uebernahme der Aktien ber zu' gründenden Gefellfchaft als Anschaffungsgeschäft im Sinne dez Reichsstempelgesetzes vom 28. Mai 1885 anzusehen sei, bejaht und unter Bezugnahme auf die in früheren Urtheilen enthaltene Motiviru ag diefer Entscheidung begründend ausgeführt: Die (bisherige) Auffassung wird aufrecht erhalten. Das Anschaffungsgeschaͤft ist nicht in dem Sinne ein unentgeltlicher Vertrag, daß die Zahlung eines Preises an denjenigen erfolgen müßte, welcher die Sache zu verschaffen ver · pflichtet ist, fondern in dem Sinne, daß nicht unentgeltlich, vielmehr gegen Erfüllung der vertraglichen Gegenleistung die Anschaffung der Sache geschehen soll. In diefem Sinne ist der Gründervertrag ein entgeltlicher Vertrag, da er jedem Gründer Verpflichtungen auferlegt, welche die Gegenleistung für das ihm gewährte Recht darstellen. Daß der Gegenstand diefes Rechts wesentlich der Erwerb der feiner Bethelligung entsprechenden Anzahl von Aktien ist, kann keinem Zweifel unterliegen, da die Aktien die Grundlage für die nach der KUntstehung der Aktiengesellschaft auszuübenden Rechte der Aktionäre bilden. Baß die Aktien Dokumente über die Betheiligung und die Antheilsrechte der Ättionäre find, schließt nicht aus, daß sie auch den Charakter selbständiger Sachen haben und in dieser Bedeutung als Gegenftände des Vermögens und Rechtsverkehrs in Betracht kommen. Baß der einrelne Gründer den Anspruch auf Gewährung der Aftien schließlich gegen die Aktien efsellschaft geltend macht, kommt deshalb nicht in Betracht, well die für die Gniftehung der Aktiengesellschaft wefentliche Eintragung ing Handelsreglster in Erfüllung des Gründervertrages vor sich geht. In dem zum Grunde liegenden Falle hatke die Diskonto⸗-Gesellschaft zu Berlin bei der am 17. Februar 1889 zu Berlin stattgehabten Gruͤndung der demnächst

in das Handelsregifter eingetragenen Aktiengesellschaft Deutsch.⸗Asiatische Bank in Shanghai als einer der Gründer 305 Stück Aktien über nommen und biervon mit dem gesetzlichen Vorbehalt den Anschaffungs⸗ stempel von 181 4 entrichtet, dessen Betrag sie gegen den preußischen Steuerfiskus klagend zurückforderte und der ihr von beiden Instanzen zugesprochen wurde. Auf die Revision des Steuerfiskus bob das Reichsgericht die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

Knust und Wissenschaft.

Zwei egyptische Holzbildwerke von besonderem Werth, die seiner Zeit durch das hülfsbereite Eingreifen eines unserer Mitbürger, des Hrn. Banquiers Hermann Walter, den vaterländischen Kunstsammlungen gesichert worden waren, sind in diesen Tagen in den Besitz der Königlichen Museen übergegangen.

Das eine, ein bemaltes Relief, stammt etwa aus dem Jahre 1200 v. Chr. und stellt die Tamaket, die Frau eines Priesters der Todtenstadt, in Lebensgröße dar. Als Kunstwerk ohne größere Bedeutung, ist das Relief als Kostümstück von großem Interesse, denn es veranschaulicht in seltener Weise die Erscheinung einer Dame jener Zeit, ihr faltiges weißes Gewand mit Franzen am Saum, ihre schwere Perrücke, den gewaltigen bunten Brustschmuck, die Ohrringe und all die andern Schmucksachen, den Blumenstrauß in der Hand und die Blumen im Haar. Die Erhaltung der Farben ist tadellos und nur das Verdunkeln des Firnisses, das bei Bildwerken dieser Zeit oft vorkommt, läßt die damit überzogenen Fleisch⸗ theile Jeute braun anstatt gelb erscheinen. Uebrigens stammt das Relief aus dem daneben aufgestellten, ebenfalls reich bemalten Sarge der Frau; es war uͤber ihre Mumie gelegt, sodaß wer den Deckel öffnete anstatt der Leiche gleichsam die lebende Tamaket erblickte.

Noch ungleich werthvoller ist die andere jetzt erworbene Holzskulptur, die Statue des Per-her⸗-nofret, Vorstehers der Gärten des Königs. Aus der Blüthezeit der egyptischen Kunst, der sogenannten fünften Tynastie (etwa um 2600 v. Chr, besaßen die Königlichen Sammlungen bereits vorzügliche Reliefs in einer der Grabkammern, die freilich leider der mangelnden Beleuchtung wegen noch immer nicht dem Pu— blikum zugänglich gemacht werden können. Dagegen fehlte ihnen eine größere Statue aus dieser Zeit, die sich den bekannten Meisterwerken, dem „Schreiber“ des Louvre und dem „Dorfsschulzen“ des Museums von Kairo, an die Seite stellen konnte. Die neue Erwerbung, eine Statue in dreiviertel Lebensgröße, füllt endlich diese Lücke aus. Sie befitzt nicht die fast unheimliche Lebendigkeit des Pariser „Schreibers“ und giebt nicht die charakteristische Ge— stalt eines gutmüthigen, beleibten Alten wieder wie die be⸗ ruͤhmte Kairiner Statue: sie ist das einfache Porträt eines jungen Mannes, das durch keinerlei auffallende Züge besticht. Nur auf der Frische der Auffassung und auf der schlichten Wiedergabe der Natur beruht der Reiz, den die Statue ausübt.

Uebrigens ist bei der Aufstellung dieser Statue zum ersten Mal ein Verfahren in Anwendung gebracht worden, das geeignet sein dürfte, dies Holzbild, trotz der 4509 Jahre seines Alters, vor dem Zerfall zu schützen, der ihm sonst in unserm Klima droht; die Statue wird nämlich in einem luft— dichten Gehäuse mit künstlich ausgetrockneter Luft aufbewahrt.

Die Statue des Per-⸗her-nofret ist im Saale des alten Reiches (sogenannter Gräbersaal“, das Relief der Tamaket in dem des neuen Reiches (sogenannter „historischer Saal“) ausgestellt.

Dem TFT. Kongresse der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zu Berlin wurde am Freitag in der Bormittags-⸗ Sitzung im Operationssaale der Königlichen chirurgischen Unipversitäts⸗ Klinik zunächst durch Professor Schönborn Würzburg ein besonders intereffanter Fall von knöchernem Ersatz eines großen Schäãdeldeferktes nach der Merhode von König“ Göttingen vorgeführt. Der Patient, ein achtjebnjähriger Arbeiter, hatte beim Baggern durch die in Rotation befindkiche Kurbel des Baggers einen so heftigen Schlag gegen die Stirn erhalten, daß eine Zersplitterung des Stirnbeins und eine theilweise Zerquetschung der Gehirnmasse erfolgte. Dit Behufs Er. satzes des entstandenen Defektes vorgenommene Operation ging nun in' der Weise vor sich, daß ein der weiter zurückgelegenen Schädel gegend entnommenes Hautknochenstück der Fehlstelle eingefügt wurde. Nach erfolgter Vernarbung und vollständiger Einheilung des ein2 gesetzten Lappens galt es jedoch, wie sich zu spät herausgestellt, den Rebelffand zu beseitigen, daß sich an der Stirn ein behaartes Stück Kopfhaut befand, während die Stelle des Schädels, von welcher jenes entnommen worden, naturgemäß kahl erschien. Auch hier versagte die Funft des Operateurs nicht, denn es wurde jetzt das behaarte Hautstück von der Stirn an seine alte Stelle auf dem Schädel zurück⸗ Jerpflanzt, wäbrend der erneute Defekt an der Stirn durch un behaarte Hautlappen erfetzt wurde und auch diese neue Operation war von gutem Erfolge begleitet, indem eine vollständige Heilung eintrat und die an sich so verhängnißoolle Verletzung des jungen Mannes Dank der chirurgischen Wiffenschaft nur die unvermeidliche Narbe zurückließ. Nachdem 'sich an die Vorführung dieses Falles eine lebhafte und eingehende Debatte getnüͤpft, besprach im Verfolg der Sitzung u. A. Max Wolff Berlin jn einem aus- fübrlichen Vortrage über Aktinompkose die Ergebnisse seiner Unterfuchungen über das Wesen der Strablenpilze. Die Vorschläge u einer erfolgreickeren ortbopädischen Behandlung der Hüůftgelenk⸗ Erkrankungen, welche Heusner Barmen machte, gaben dem Vor sitzenden mit Rücksicht auf die Betreutsamkeit des Gegenstandes Ver⸗ anlassung zu dem Vorschlage, die weitere Besprechung einer allgemeinen Sit ung des nächstjährigen Kongresses, vorzu⸗ behalten, welchem Vorschlage die Versammlung Folge gab. Vor Eintritt in die Tagesordnusg der in der Aula der Königlichen Universität abgehaltenen Nachmittagssitzung nahm die Versammlung die Wahl des Präsidenten für den nächst · jährigen Kongreß vor; Geheimer Medizinal⸗Rath Professor. Dr. Bardeleben, auf welchen sich die meisten Stimmen vereinigten, nahm die Wabl dankend an. Im Verfolg der Sitzung nahm ver Vorsitzende Gelegenheit, die Mitglieder des Kongresses auf den die Sammlungen für das Kaiserin Au gusta · Denkmal betreffenden Aufruf des Ober · Buürgermeisters von Berlin binzuweisen. Die gehaltenen Vorträge hielten sich fast durchweg im Rahmen rein fachwissenschaftlicher Ausführungen; es sprachen Bardenheu er Köln über plastischen Ver⸗ schluß von' großen Blafenfisteln aus der Blasenwand, über plastische Operationen zur Verhütung der Kieferklemme, sowie über Auere Rierenresektion, Landerer-Leixzig über die Behandlung der Vari⸗ cositäten, Petersen Kiel über den angeborenen muserlären Schief halz, Rehn Frankfurt a. M. über Kompression der Cands equina durch einen extradural gelegenen Tumor und über eine mit günstigem Erfolge vorgenommene Operation in einem derartigen Falle. Nachdem noch von Zoege Manteuffel · Dorpat einen Vortrag über angiosklerotische Gangrän gehalten, wurde die Fortsetzung der Ver⸗ handlungen auf heute vertagt.

Der neunte Deutsche Geograpbentag in Wien setzte vor⸗ estern Vormittag um neun Uhr seine Berathungen fort. Den Gegen sftand der Tagesordnung bildete, wie wir einem Bericht der Presse

entnehmen, der gegenwartige Stand der geographischen Kennt⸗!

nisse von der Balkan-Halbinsel. Diesem Tbema sind fünf Vorträge gewidmet, die sich gegenseitig ergänzen. Zunächst sprach Hr. SkerstLientenant H. Hartl vom Militär-geographischen Institut in Wien über die Vermessungsarbeiten auf der Balkan Halbinfel'. Redner betonte, daß die Resultate dieser Arbeiten, die sich einer entfprechenden staatlichen Unterstützung erfreuten, bisher geradezu großartig seien und Licht über das bisherige Dunkel der geographischen Verbältaisse der Balkan -Halbinsel verbreitet haben. Die im Jahre 1871 begonnenen Arbeiten tbeilten sich in astronomische und topographische Ortsbestimmungen und, in Gruppengufnahmen. 1577 bis 1878 gab der russischrtürkische Krieg Rufland Gelegenheit, Ost⸗Rumelien zu vermessen. M Resultat dieser Arbeiten war die Feststellung von 1387 Punkten. Von Seite Desterreich Ungarns wurden in Jahre 1873 Bosnien und die Herzegowina topograrhisch im Ver⸗ kältniffe 1: 50 0060 aufgenommen. Zahlreiche Besitzstreitigkeiten machten eine Katastervermeffung nothwendig und ihr Ergebniß war die trianguläre Bestimmung von 25 000 Punkten. Dr. F. Toula, Professor an der technischen Hochschule in Wien, berichtete über' den Stand der geologischen Kenntnisse der Balkan. Dalkinfel. Der Hauptfache nach gliedert sich die Balkan-Halbinsel in zwei Gebiete: Das Schollenland und das Faltenland. Zu dem Schollen⸗ lande gehören die Niederungen des östlichen Theiles, während die Ge— birgszüge in Serbien und im westlichen Theile das Faltenland kilzen. Die Forschunßen ergaben in beiden Theilen sroße geologische Ueber · raschungen, zu denen das Auffinden von, Basalten, von mãchtigen Kohlenkagern und Erigängen zu zählen sind. Gänzlich unerforscht sei bisher Albanien, das sich der privaten Forschung un— günstig, ja unzugänglich erweise; nur eine von der tũtkischen Regierung ausgerüstete Expedition könnte dort Erfolge erzielen. Der Vortrag wurde von der Versammlung sehr beifällig aufge— nommen. Professor Dr. W. Tomgschek von der Wiener Universitat kesprach die beutigen Bewohner Macedoniens“, indem er die Ver hältniffe der Bevölkerung während der Römerherrschaft beleuchtete, die während der Völkerwanderung durch slavische Stämme eingetre⸗ tenen Verfchiebungen darlegte und an den jetzt vorhandenen Dialekten den Nachweis zu erbringen suchte, daß die macedonische Berölkern, vorwiegend der slovenisch-⸗bulgarischen Sprachgruppe angeböre. Es sprachen hierauf noch Pr. A. Pbilippson aus Berlin über den Gebirgtbau des Peloponnes“ und Regierungs-Rath H. Müller aus Wien „über die Landesdurchforschung von Bosnien und der Derjegs= wing“. Den Vorträgen wobnten der Corps Kommandant F3M. Herzog Wilhelm von Württemberg, der Chef des Gereralstabs F3 M. Freiherr von Beck, der japanische außerordentliche Gesandte und be⸗ vollmächtigte Minister Watanabe - Renkitschi, Herrenhausmitglied Dumba und jahlreiche Mitglieder des Geographentages bei. Die vorgestrige Nachmittagsfitzung des Geographentages, welche um rier Uhr begann und um einhalbsieben Uhr endete, war nach einem Bericht der Wien. 3.“ der Berathung der Anschauungs⸗ mitte! bei dem geoßraphischen Unterricht gewidmet. Gymnasial⸗Professor Br. F. Umlauft aus Wien besprach Des geograpbische Schulkabinet“, unter welchem die Sammlung der Unterrichtsbebelfe für den geographischen Unterricht zu versteben ist. Redner wies auf die Förderung des Unterrichts durch geeignete Änschauungsmittel hin, welche das sonst trockene Studium der Geographie zu beleben und zu erleichtern geeignet sind. Er wies auf die geographischen Charakterbilder und Landschaftsdarstellungen hin, denen die photegraphischen Aufnahmen von Städte Ansichten ze. bei⸗ juiäblen sind. Zur Berathung eines gleichmäßigen Vorgangs bei der Ginfuͤbrung und Benutzung dieser geogrophischen Kabinete beantragte Redner die Einsetzung einer Kommission, welche über dieses Gegenstand an den nächsten Geographentag Bericht zu er⸗ statten hätte. Realschul⸗Professor M. Klar aus Sternberg in Mähren besprach „Das Relief als Unterrichts behelf“ und verbreitete fich eingehend über die Methoden zur Anfertigung von Reliefkarten. Er sprach sich dabei für die Verwendung von Doppelreliefs für Unter⸗ richtsjwecke aus, und zwar von einem einfarbigen Relief für die topo— graphische Landesdarstellung und von einem mehrfarbigen Relief für die übrlzen Erfordernisse. Dabei warnte Redner vor Uebertreibungen bei überkebenden Reliefs, da sie Zerrbilder liefern und die richtige Vorstellung des Berhältnisses der Bodenerhebungen zum Erddurch— messer verdunkeln. In Bezug auf die Wabl des Maßstabes bei über böbten Reliefs wäre ein einheitliches Vorgehen bei Unterrichtsbehelfen erwünscht; jedenfalls sollte bis zu einem Verhältniß von 1: 24090 sede Erböbung des Maßstabes bei dem Relief ausgeschlossen sein. Bürgerschullehrer H. Poruba aus Wien besprach die Verwendung von Projektionsapparafen für den geographischen Unterricht und legte die hohe Bedeutung dieses Unterrichtsmittels, das den Errungen— schaften der Optik zu danken sei, dar. Unter den Lichtquellen für die Beleuchtung des Objekts gab er dem elektrischen Licht dort, wo es leicht zu erkangen ist, den Vorzug. Auch betonte er die Noth— wendigkeit einer geeigneten Auswahl der betreffenden Bilder für den Unterricht. An diese Vorträge knüpfte sich eine längere Besprechang, in welcher auf die Unthunlichkeit einer kommissionellen Berathung der angeregten Einzelheiten im geograpbischen Unterrichte hingewiesen und gegenüber ihrer Schematisirung dem freien Ermessen und dem praktischen Blick des Lehrers bei dem Unterricht das Wort geredet wurde. Der Antrag auf Einsetzung einer Kommission für die Beratbung dieser Fragen wurde schließlich zurückgejogen, und die Versammlung begnügte sich mit den allgemeinen Anregungen, welche gegeben wurden. Abends neun Uhr hatten sich die Mitglieder und Tbeilnehmer des Geographentages, einer Einladung des deutschen und sterreichischen Alpenvereins folgend, zu einer geselligen Zu— fammenkunft in Ronacher's Concertsaal eingefunden. Der gestrigen Sitzung des Geograpbentages wohnte laut Meldung des. W. T. B.“ der deutsche Botschafter Prinz Reuß bei. Auf der Tagesordnung stand die Erforschung der Binnenseen. Die Professoren Simonvi und Loczy, Beide aus Budapest, hielten darauf bezügliche Vorträge. Von mehreren Seiten wurde bervorgeboben, daß die ungarische Regierung demnächst zur Erforschung der vaterländischen Binnenseen schreiten werde. In der Schlußsitzung des Geographentages am gestrigen Nachmittag hielten Oberhummer (München) und Steiner Prag) beifällig aufgenommene Vorträge. Die Einladung Stuttgarts, den nächsten Geographentag nach den Ostertagen Is92? dort abzubalten, wurde nach langerer Debatte angenommen. Ministerial Rath Lorenz gab in einem Abschiedswort der Befrie⸗ digung Ausdruck, daß die an den Geographentag geknüpften Erwar⸗ tungen sich so glänzend erfüllt hätten. Am Abend folgte eine zwang— lose Abschiedsfeier.

Wie die ‚Post“ mittheilt, hat das Berliner Museum in London ein umfangreiches Landschaftsgemälde von Jacob van Ruisdael erworben. Das Motiv zu demselben ist wahrscheinlich der wald⸗ und sumpfreichen, von zwei Flüssen durchzogenen Umgebung des Schlosses Bentheim (Kreis Osnabrück, dicht an der holländischen Grenze) entnommen, wo Jacob van Ruisdael häufig Studien ge— macht hat.

Die Stadt Frankfurt a. M. gedenkt ein Manuskript Schopenbauer's anzukaufen. Der Magistrat verlangt, wie die Nat Ztg. mittheilt, zu diesem Zweck einen Kredit von 1500 Daß fragliche Manufkript Lie Driginalhandscheift des zweiten Bandes bon Schopenhauer's Die Welt als Wille und Vor— stellung“ befindet sich im Besitze der verwittweten Frau Ober⸗ Finanz Rath E. Hofmann in Darmstadt. Aus dem Besitze eines Freundes von Schopenhauer ist dasselbe in den Besitz des Gatten der genannten Dame übergegangen. In dem Manuskript, von dessen Gxistenz bisber in weiteren Kreisen so gut wie nichts bekannt war, feblt nur ein Bogen, der einhunde. tzwanzigste, der indeß schon früher in Verlust gerathen zu sein scheint .

Seit letztem Dienstag sind die Konkurrenz. Modelle für das Denkmal Kaiser Wil helm's 1. in Stuttgart, gemäß dem Vreisausschreiben des Comités daselbst eingelies rt. Es sind im Ganzen 26, die nach erfslgter Ausloosung der Plätze nunmehr im Königsbau zur Ausstellung gelangen werden. Nächsten Montag tritt das Preisgericht zusammen.