Land⸗ und Forstwirthschaft.
Stand der Saaten.
Im Regierungsbezirk Königsberg konnten in Folge der milden Herbstwitterung, welche während der Ackerbestellung berrschte, die Kinterfaaten Kequem eingebracht werden, sodaß sich dieselben fast überall kräftig entwickelt haben und im Ganzen gut eingegrünt in den Wirter gekommen sind. Auch sind die Saaten Lurch die flarke Schneelage vor dem anhaltenden Froste geschützt gewesen und daher mit wenigen Autnahmen unbeschädigt geblieben. Nach ihrem Stande im Herbst berechtigten die Wintersaaten somit zu den besten Hoff⸗ nunden. Cbenfo konnte im Herbst für die Frühjahrsbestellung aus— giebig vorgearbeitet werden. ; ; J
Im Ftegitrunge bezirk Marienwerder zeigten sich die Winter- saaten, deren Bestellung unter leidlich günstigen. Bedingungen und im Ganzen noch rechtzeitig durchgeführt war, bei Eintritt des Frostes gur bestockt und hinreichend entwickelt; sie haben = obwohl die schützende Schneedecke erst etwas spät sich bildete — Koch durch Kälte anscheinend nicht gelitten. Beschädigungen durch Mäusefraß sind nur vereinzelt konstatirt worden. 2
In den meisten Gebieten des Reglerungsbezirks Düssel dorf ist die Beftellung durch Regen verzögert worden und hat zum Theil nicht zu Ende geführt werden können. Die Saaten haben unter diefen Umständen am Meisten in den Flußthälern, wo Ab⸗ treibungen der Ackerkrume und Versandungen stattfanden, gelitten, im Uebrigen hat die Schneedecke den größten Theil Fer Winterfaaten ror der Ungunst des Wetters geschützt. Soweit sich bis jetzt beurtbeilen läßt, wird im Allgemeinen jedoch nicht auf eine starke Ergiebigkeit der Wirterfrüchte zu rechnen sein, auch wird an vielen Orten über Schneckenfraß geklagt. Die Ernte der Sxätfrüchte, namentlich der Kartoffeln, hat vielfach nicht ganz be— friedigt, die reichlichen Niederschläge haben namentlich Fäule bei dieser Frucht herbeigeführt. Auch, die Futterernten sind durch Nässe und Frost benachtheiligt worden, besonders die Gras. und Klee⸗Ernten; Stoppelrüben, Runkeln und Möhren sind besser gediehen, ebenso die Kohlarten und sonstigen Gemüse, wenn auch vieles durch Frost verloren gegangen itte, Zuckerrübenernte bat zwar ebenfalls unter der Ungunst des Wetters Felitten, aber doch zufriedenstellende Erträge gebracht; es wurden durchschnittlich 160 — 170 Centner auf den Morgen geerntet.
(F) Die dänische Haidegesellschaft ö . hat aus Anlaß ihres 26 jährigen Bestehens über ihre Thätigkeit einen eingehenden Bericht erstattet. Der Hauptzweck der Gesellschaft ist darnach die Beforstung resp. Nutzbarmachung der über 109 Quadrat⸗ meilen großen Haideflaͤchen in Jütland. Als die Gesellschaft im Jahre 1365 ihre Ärbeit begann, war nur erst eine Quadratmeile von der Haide bepflanzt. Es glückte aber nach und nach, das Interesse für die Sache zu erregen und Unterstützung vom Staat, von Gemeinden und Privaten zu erhalten. Die Gesellschaft zählt jetzt über 14000 Mitglieder, die im vorigen Frübjabre für 60 000 Kronen Pflanzen fauffen und damit den Bestand der Pflanzenschulen der Ge— fellschaft aufräumten. Es werden jetzt ungefähr 250 000 Kronen jährlich fur Anpflanzungen und Kalturen in der Haide aufgewendet. Dag bepflanzte Areal umfaßt zur Zeit über 11 Quadratmeilen, wovon etwas über die Hälfte Staats- und Flugsandplantagen sind, der übrige größere Theil von der Haide⸗ gesellschaft verwaltet wird und ca. 5000 ha Privatplantagen sind. Ein anderer Thätigkeitszweig der Gesellschaft war die Anlage von Wiesenbewässernngen. Es sind 110 Bewässerungskanäle von bo Meilen Länge angelegt, die gegen 8000 ha Wiesen bewässern; fast alle fließenden Gewässer der Haide sind schon in Benutzung genommen. In den Kulturen auf vassendem Haideboden hat die Gesellschaft gegen 1000 Mergelgruben öffnen lassen, und zwei Mergelpferdebahnen ron sechs Meilen Länge sowie auch tbeilweife die Staatsbahnen trans portiren den Mergel von den Gruben nach den bedürftigen Gegenden. Nicht unbedeutende Haidestrecken sind schon in fruchtbares Land um— gewandelt. Während der letzten Jahre hat die Gesellschaft schließlich auch die Moolkultur mit Erfolg in die Hand genommen. Von der Haide sind gegen 15 Quadraimeilen Moore, bei deren Kultivirung man sich die in Ostfriesland und Holland gewonnenen Erfahrungen zu Nutze machen will.
Handel und Gewerbe.
Nach den unter dem 18. Februar d. J. in Kraft ge— tretenen Zusatz⸗Bestimmungen zu den Verordnungen der Re⸗ gierung von Neu-Süd-⸗Wales vom 22. Mai 1888 und 51. Juli v. J. sind künftig alle nach Neu-Süd- Wales zur Einfuhr gelangenden Pferde einer vierzehntägigen Quarantäne unterworfen.
Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 3. April gestellt 10 199, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
In Sberschlesien sind am 2. d. M. gestellt 4003, nicht recht zeitig gestellt keine Wagen.
Der Handel sverkehr —
in Königsberg i. Pr. hat in den drei Monaten November, De— zember und Januar im Allgemeinen gegen das voraufgegangene Vierteljahr nachgelassen. Inebesondere hat das Getreide⸗ geschäft die Erwartungen, die man an den Auszfall der Ernte geknüpft hatte, keineswegs bestätigt. Sowohl in der Provinz als auch in Rußland hat der Erdrasch, namentlich was Roggen und Weizen anlangt, enttänscht, und das Geschäft hat deshalb in Könige berg einen wenig befriedigenden Verlauf genommen, wenn es sich auch im Vergleich zu dem so überaus ungünstigen Getreide⸗ geschäft in der entsprechenden Zeit des Vorjahres immerhin ganz er keblich gebessert hat. Es wurden aufgewogen: 108 795 Tons gegen „I 257 im Vorjahre, und abgewogen 83 60ß Tons gegen 66 808 im Vorjahre. Von Rußland kamen ein 6317 Waggons, vom Inlande 4138 Waggons.
Die Lage des Herings markts befriedigte, jedoch war natur; gemäß das Geschäst um die Jahreswende stiller. Inwieweit auf diesein Gebiet zufolge der im deutsch-russischen Verkehr zunächst für Versendungen mit der Ostbahn seit dem 1/13 Januar sehr bedeu⸗ tend erhöhten russischen Eisenbahntarife die Stellung des Königs— berger Platzes gegenüber den russischen Häfen sich ungünstiger ge⸗ taltet, wird sich erst später voll und ganz übersehen lassen. — Es wurden autz Schweden, Norwegen und Schottland zusammen eirca 40 325 Tonnen Heringe zugeführt, holländische Heringe dagegen wegen zu hober Preise gar nicht importirt.
Spiritutz botte sich in den Mongten Novꝛmber und Dezemher des verfloffenen Jahres lebhaften Geschäfts zu erfreuen, das aber im Januar stiller wurde. Die Zufuhr ist in dieser Zeit etwa um 100 000 Liter größer gewesen, als in dem eleichen Zeitraum des vorher⸗ gehenden Jahres. Der Ausfall in der Karteöffelernte wird Seitens vieler intelligenter Brennereibesitzer durch Ankauf von Mais aus— zugleichen gesucht. ;
Für das Theegeschäft ist, wie sich jetzt übersehen läßt, das Jahr 1890 günstiger als die lettvergangenen Jahre gewesen, indem der Impoit gegen 1889 eine Steigerung von 33 360 Centnern auf 48 689 Ceniner aufweist.
Das Sal zgeschäft bewegte sich in sebr engen Grenzen, während das Flachs⸗ und Kohlengeschäft im Allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden konnte.
— In der heutigen stattgehabten Generalversammlung der Dresdner Bank waren 28 Aktionäre anwesend, welche 68035 Stimmen vertraten. Die vorgelegte Bilanz wurde mit Aktlamation genehmigt, ebenso die Vorschläge der Verwaltung bezüglich der Gewinnvertheilung. Die Dividende von 100. gelangt sofort zur Auszahlung. Die aus⸗ scheidenden Aufsichtsrathsmitglieder wurden wieder-“, Herr Konsul Wilhelm Knoop neugewählt.
Königsberg i. Pr., 4 April, (W T. B.) Die Betriebs- einnahmen der Ostpreußischen Südbahn pr, März 1891 be⸗ trugen nach vorläufiger Feststellung im Personen verkehr 64 188 4, im Güterverkehr 293 850 66, an Exlraordinarien 17995 , zusammen 375 154 S6, darunter auf der Strecke Fischhausen = Palmnicken 1368 4 im März 1890 provisorisch 262 8341 , mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 112220 ½, im Ganzen vom 1. Januar bis 31. März 1891 1056 577 (sprovisorische Ein nahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen provi⸗ sorisch 790 150 M im Vorjahr, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres mehr 266 527 „6 gegen definitiv 839 201 40 im Vorjabr, mithin mehrt 217 476 46
Ham burg, 3. April. (W. T. B.) Der „Hamburg. Börsh. zufolge war der Export nach den Vereinigten Staaten aus dem Bezirk des hiefigen amerikanischen Konsulats im ersten Quartal dieses Jahres erheblich größer, als im gleichen Zeitraum des Vor⸗ jahres. Die Mehrausfähr bat ungefähr eine Million Dollars be— tragen. Sie Mac Kinley -⸗Bill habe also bisher auf die hiesige Aus⸗ fuhr keinen ungünstigen Einfluß ausgeübt.
Verkehrs⸗Anstalten.
London, 3. April. (W. T. B.) . Der Unio n⸗ Dampfer Anglian“ ist gestern auf der Heimreise von den Canarischen Inseln abgegangen. ⸗
St. Petersburg, 3. April. (W. T B) Wie aus Ro st ow
gemeldet wird, ist die Schisfahrt auf dem Don wiedereröffnet.
Maunigfaltiges.
Die Sammlungen des Museums der Königlichen Land- wirfbschaftlichen Hochschule sind vom 1. d. Mts. täglich (mit Ausnahme des Mittwochs, sowie der Sonn, uad Feiertage) in allen ibren Theilen von 10 bis 3 Uhr für den Besuch des Publikums geöffnet.
Die feierliche Grundsteinlegung zum Langen beck⸗ haue hat heute Mittag auf dem mit Flaggenmasten geschmückten Bauplatz in der Ziegelstraße stattgefunden. In Vertretung Ihrer Masestät der Kaiferin erschien zur Feier der Kabinets-Rath Frhr. don der Reck, ferner waren anwesend der General-⸗Oberst von Pape, der Kultus -Minister Graf von Zedlitz-Trützschler mit dem Geheimen Ober Regierurgs⸗Rath Dr Althoff und dem Geheimen Regierungs⸗Rath Naumann, der Finanz Minister Dr. Miquel, der? Minister des Königlichen Hauses von Wedell⸗ Yiesdorf, der General-Stabsarzt der Armee Dr. von Coler mit den General Aerzen Dr. Mehlhausen, Dr. Bardeleben, Dr. von Bergmann, Pr. Esmarch, Dr. Roth u. A, der Geheime Medizinal-Rath Dr. Pistor, als Vertreter der Medizinal⸗Abtheilung des Polizei · Präsidiums, der Star tverordneten. Vorsteher Dr. Stryck und zahlreiche andere Ehren⸗ gäͤste. Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie hatten rechts vom Grundstein, die der Berliner medizinischen Gesellschaft daneben Aufstellung genommen. Der Domchor leitete den Festakt mit dem Gesang der Grell'schen Motette ‚Gaädig und barmherzig ist der Herre ein. Sodann nahm der Vorsitzende der Deutschen Gesell= schaft für Chirurgie, Professor Thiersch Leipzig das Wort zur Ver⸗ lefung der Urkunde, die in kurzen Worten davon Kunde giebt, daß die Gefellschaft in Gemeinschaft mit der Berliner medizinischen Gesell⸗ schaft das Haus zu Ehren Langenbecks zu errichten gedenkt. An die Verlesung der Urkunde knüpfte Geheimer Rath Thiersch noch eine Anrede, in der er zunächst an die Hochselige Kaiserin Au gu sta erinnerte, welche nach dem Tode Langenbecks zuerst den Gedanken ausgesprochen, daß das beste Denkmal, welches die dankbare Welt dem Heimgegangenen errichten könne, ein Langenbeckbaus sei. Die Errichtung eines solchen Haufes sei das Sehnen und Hoffen Langenbeck's während seiner ganzen Lebenszeit gewesen, die Ausführung sei aber erst jetzt unter der plan⸗ mäßigen und werkthätigen Hand Bergmann's möglich gewesen. Der Hauptzweck des Hauses solle sein, den Aerzten Gelegenheit zu geben, sich zu versammeln und im mündlichen Aus⸗ fausch die Wiffenschaft zu fördern. Die Förderung der Wissen— schaft sei zugleich eine Förderung der ärztlichen Kunst, denn obgleich diese Kunst ein Kind der Empirie sei, könne sie doch nur gedeihen, wenn sie fortgesetzt in der Pflege der Wissenschaft stehe. Deshalb werde das Haus auch denz Kranken zum Segen gereichen. Der Redner dankte sodann denen, deren Förderung es ermöglichte, den Grundstein schon heute zu legen, Seiner Majestät dem Kaiser und dem Königlichen Hause, den Behörden und den Gönnern und Freunden der ärztlichen Wissenschaft und der chirurgischen Kunst. — gie Urkunde wurde sodann in den Zinkkasten gelegt und ihr die letzten Jahrgänge der Verhandlungen beider Gesellschaften, die neuest Nummer der Medizinischen Zeitschrift, die Tagesprogramme des jetzt hier tagenden Kongresses und ein Bild Langen— beck's beigefügt. Während der Verlöthung sang der Chor die Hömne von Naumann „Wirf dein Anliegen auf den Herrn“. Alsdann erfolgte die Abgabe der Hammeischläge durch den Vertreter Ihrer Majestät der Kaiserin, die Spitzen der staatlichen und ffädtischen Behörden, den Prof. Dr. von Bergmann im Namen der Berliner medizinischen Gesellschaft und, den Autschuß und Vorstand beider bei der Feier betheiligten Gesellschaften.
Auf dem städtischen Wasserwerk in Lichtenberg sollen in diefem Baujahr zwei große Reinwasserbehälter, ein Kondensations Wasserteich und zwei Beamtenwohnhäuser ausgeführt werden. Auch der Bau dis Werkes am Mäüggelsee wird kräftig gefördert.
Der ‚Volks⸗Ztg“‘ zufolge haben die Arbeiten für die Ver⸗ längerung der Dampf Straßenbahn Groß ⸗Lichter⸗ fel de —-Teltow nach Stahnsdorf begonnen und werden mit großer Eile gefördert. Am 1. Juli werden die Berliner zum ersten Mal mlt direkter Bahnverbindung nach Stahnsdorf, bez. dem idyllischen Klein Machnow fahren können.
Die Berliner Krahngesellschaft hat, nach einer Mittheilung des „Anz. f. d. H.“, den dies sährigen Sommer Fahrplan für die Per⸗ sonen?Dampffchiffahrt auf der Havel und Spree bereits festgestellt. Die Dampfer verkehren wieder theils zwischen Berlin — Spandau — Potsdam, theils zwischen Spandau und den Ausflugs⸗ orfen an der Unterhavel. Aus der Reihe der Anlegestellen ist Wein⸗ meisterhorn gestrichen. Die Abfahrtsstelle in Spandau befindet sich nur am Lindenufer. Die Fahrten beginnen am 1. Mai.
Im Nordland ⸗Panorama ', Wil elmstraße 10, war der Feiertags befuch, wohl in Folge des nahe bevorstehenden Schlusses der Augftelfungen, ein ebenso starker wie an den Tagen der Eröffnung. Morgen, Sonntag, beträgt der Eintrittspreis 30 für alle Aus⸗ stellungen. K
Rufe für Reigen (Contredanse) und Hoftanz ¶Quadtille) nennt sich ein kleines Büchelchen, welches der Berliner Zweigverein des Allgemeinen Deutschen Sprachwvereins soeben herausgegeben hat. Um eine Probe der hier vorgenommenen Verdeutschungsversuche zu geben, feien die Rufe angeführt, welche für den ersten Theil des Reigens, die Begrüßung (Pantalon), statt der in Klammern bei gefügten franiösischen zur Anwendung kommen sollen: Verbeugung (Reverence] — Reigenkette! — 2mal (Chaine anglaise) — Wiege⸗ schritt und Runde! (Balancez et tour de main) — Damenkette! — JImal (GChaine des dames) — Spaziergang (Demie pro- menade) — Reigenkette! (Chaine anglaise) — Als Rufe für den ersten Theil des Hoftanzes die. Begrüßung (La dorset, les Tiroirs), werden folgende Rufe vorgeschlagen: Verbeugung zur eigenen Dame! (Ré vèrence à vos dames) — Verbeugung zur
Nebendame! (Révsrenee aux coins) — Erster Herr, jweite Dame vor! zurück! (En avant denz) — Runde links! (Tour de main) — Erstes Paar durch zweites! (Traversez à quatre) — Zweites Paar durch erftes ! (Retraversez à quatre). — Außerdem will der Verein u. A. fr Changez les dames: -Damentausch‘, für Chassez croisez: „Ueber Kreuz“, für Polka: „Schottisch' und für Polka Mazurka: „‚Polnisch“ sagen.
Potsdam. Am 1. April feierte Hofgarten ⸗Direktor Jühlke sein fünfundzwanzigjähriges Amte jubiläum. Um elf Uhr Vormittags waren, wie die ‚Post“ berichtet, die Königlichen Hofgärtner und Lehrer der Gärtner ⸗Lehranstalt erschienen, um eine kunstvoll aus gestattete Adresse zu überreichen; desgleichen erschienen Devu⸗ lirte vieler Vereine, unter anderen des Potsdamer Gartenbau⸗ Vereins, dreier großen Berliner Vereine, viele Freunde des Direktors aus Berlin, Erfurt, Frankfurt a. M. und anderen Orten, um Adressen, Andenken und Glückwünsche darzubringen. Nachmittags vereinigten sich etwa hundert Theilnehmer zu einem Festinahl im Hotel zum Einsiedler in Potsdam; unter den Anwesenden befanden fich der Ober⸗Präsident Dr von Achenbach, der Geheime Ober ⸗Regierungs⸗ Rath Dr. Singelmann aus Berlin, der Qber⸗Bürgermeister von Pots dam Boie und viele andere Gönner des Jubilar.
Hirschberg, 3 April. Vom westlichen Flügel des Hoch⸗ gebirges wird dem „B. a. d. Ri esengebirge. geschrieben: Wenn auch von mehreren Seiten Berichte über den Nachwinter im Hoch⸗ gebirge veröffentlicht wurden, dürften doch die Thalbewohner taum eine rechte Borstellöng von den ungeheuren Sch neemassen haben, die jttzt auf dem Kamme lagern. Die Niederschläge inner · halb der Hochgebirgsregion im Westflügel des Kammes be⸗ trugen nach den Aufzeichnungen der in der Neuen Schlesischen Baude befindlichen Regenmeßstation im März das Zehnfache (1238 mm) aller Niederschläge im Februar; u. A. ergaben die durch den Regenmesser aufgefangenen Schnecmassen am Gründonnerstag 17,8, Charfreitag 83, Sonnabend 11.5, Ostersonntag 14,5, Montag 8,7 und am Dlenstag 11.5 mm Wasser, während die Durchschnittsmenge an einem Märztage 3 bis 4mm betragen sol,. Die Baude ist daher auf der Ost., Säd. und Westseite volÜlständig bis an das Dach verschneit. Die dahinter befindlichen Schneemassen haben eine Höhe von J bis 5m, soöodaß die Baudenbewohner an den Fenstern 2 bis 3m tiefe Schachte anlegen mußten, damit Wohn⸗ stube und Küche das Tageslicht erhalten. Obwohl der Schneefall zur Zeit noch nicht aufhört, ist die Babn von der Neuen Schlesischen Bande bis nach Schreiberhau doch zur Benutzung des Hörnerschlittens brauchbar, da mit dem Ochsengespann täglich drei bis vier Mal durch⸗ gezogen wurde. Zwischen Zackelfall und Baude beträgt die Schnee⸗ köhe j bis 2 m, und eiwa J kis Jm hohe Ränder zu beiden Seiten der Bahn bilden die dem Kammbesucher im Winter bekannte hohle Gasse'. Ohne Zweifel wird bei der sorgfältigen Pflege nach wenig Tagen eine Bahn vorhanden sein, die dem Hochgebirge im Januar und Februar alle Ehre gemacht hätte.
Vom Harz, 2. April. Gelegentlich der zufälligen Unter suchung eines seit Jahrhunderten verlaffenen Förderschachtes in der Nähe von Hobengeiß stieß man, wie die ‚N. A. Z.“ mittheilt, in dic sen Tagen auf eine neue Höhle mit reinen und unberührten Tropfstein⸗ bildungen. Nach näherer Erforschung dieses unterirdischen Natur⸗ tempels dürfte er der Besichtigung durch das Publikum zur Ver— fügung gestellt werden. und zwar sollen die Harzer Werke als Berg- werks⸗Eigner die Absicht haben, die neue Fundstätte in gleicher Weise wie die Hermannshöhle bei Rübeland elettrisch beleuchten zu lassen.
Westerland, 2. April. Der Eigenthumsübergang der Nord⸗ seebäder auf Sylt auf die Gemeinde Westerland, welcher am Donnerstag vor Ostern von der Gemeindeversammlung vorbehaltlich höherer Genehmigung n, worden ist, wird in Bezug auf die Leitung und Hanthabung der Badeangelegenheiten, namentlich für die bevorstehende Kurzeit, keinerlei Umgestaltung mit sich bringen, da die Direktion unverändert in Händen des bisherigen Eigenthümers und Direktors Dr. Pollacsek verbleibt. Die Uebernahme der Verwaltung ,, der Kommune wird frühestenß am Schlusse des Jahres erfolgen.
Werden, 1. Aprll. Auf der Eisenbahnstrecke Werden Essen erfolgte, nach einer Meldung der „K, Z.“, gestern Nachmittag zwifchen vier und fünf Uhr ein Bergrutsch, der das Geleise ver— schüttete und unbrauchbar machte. Ber Verkehr wurde über Steele. Kupferdreh verlegt. In einigen Tagen wird das Geleise wieder fahrbar sein. 91
Köln, 3. April. Wie die „Köln. Volksztg. meldet, ist auf dem Dillinger Hüttenwerk ein Gaskessel explodirt. Vier Ar— beiter wurden schwer verwundet.
44 Düsseldorf. Eine kürzlich erlassene Verfügung der hiesigen Regierung, durch welche die Kreis ⸗Schulinspektoren angewiesen worden sind, darauf hinzuwirken, daß bei den Schulkindern der Sinn für die Pflege der Blumen geweckt werde, kat erfreuliche Erfolge erzielt. In den meisten Schulen, wo nur immer die Lage der Schulzimmer es gestattet, sind Topfpflanzen aufgestellt, bei deren Pflege die Kinder betheiligt werden. Auf manchen Schulhöfen sind Blumenbeete ein⸗ gerichtet worden, bei deren Anlegung und Unterhaltung die Schul⸗ kinder fhätig sind. Auf der Oberstufe der Volksschule wird Unterricht über die ÄAnzuckt von Topf- und Gartenpflanzen ertheilt. Der Gartenbau-Verein und die Lokalabtheilung des landwirthschaft. lichen Vereins zu Moers haben die erforderlichen Geldmittel gewährt, um für 100 Kinder je eine Topfpflanze zu beschaffen. Der Glberfel d. Sarmer⸗-Gärtner⸗ Verein hat sih erboten, m räch⸗; sten Frübjahr einige Tausend junger Pflanzen den dortigen Volksschulen zur Vertheilung an Schüler ur entgeltlich zu überlassen. Ganz befonders thätig in der Anregung. die Lust zur Pflege von Blumen bei den Schulkindern ju wecken, ist der Gartenbau— verein zu Hüls. Es ist zu hoffen, daß die Beschäftigung der Schul⸗ kinder 'mit der Pflege der Blumen eine veredelnde Einwirkung auf die Kinder ausüben wird.
4 Solingen. Hier ist ein Heil kursus für stotte rnde Schulkinder eingerichtet worden, nachdem die Stadtverordneten⸗ BVersammlung bereit willigst die erforderlichen Mittel bewilligt hat.
Wien. Die Ausstellung orientalischer Teppiche in Wien wurde, dem W. T. B.‘ zufolge, heute in Anwesenheit des Erzherzogs Carl Ludwig und der Minister Freiherr von Prazak, Freiherr Gautsch von Frantenthurn, Marquis de Bacquehem und von Zaleski eröffnet.
Schweiz, 3. April. Zu dem Lawinensturz in Uri (vergl. Nr. 78 d. Bl,) wird dem Luzerner Vaterland“ geschrieben: Die Nacht vom Ostermontag auf Dienstag war für die Gemeinde Bristen eine verhängnißvolle Schreckens nacht. Alles lag im tiefsten Schlummer, Berg und Thal waren mit tiefem Schnee bedeckt. Plötzlich erzitterte
das Thal. Eine gewaltige Staublawine stüczte hoch vom Bristenstock mit unheimlichem Donnergepolter ins Thal. Der Luftdruck war fo gewaltig, daß etwa bo0 m vom Schneegrund entfernt fast Alles schrecklich verwüstet ist. Fünf Häuser und acht Ställe wurden zum Theil arg beschädigt, etwa hundert Obst bäume wurden entwurzelt, abgedrekt, zerschmeitert. Die Dächer dreier Häuser wurden wie Papier abgehoben und fortgeschltudert. Zwei der Päufer waren bewohnt, In einem von ihnen schliefen zwei Mädchen in einer Kammer; die First wurde oberhalb der Kammer weg. gerissen und die Mädchen mußten in ihrem Bette buchstablich aus dem Schnee herausgegraben werden. Sie kamen mit dem Schrecken davon. Die ganze Gegend bietet heute ein trostloses Bild der *. störung. Die Betroffenen sind meist arme Leute und bedürfen sehr der wohlthätigen Unterstützung.
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 8 O.
Berlin, Sonnabend, den 4. April
Ziteratur.
Geschichte.
ff. Die Kabinetsregierung in Poeußen und Johann Wilhelm Lombard. Von Hermann Hüffer. Leipzig, Duncker und Humblot, 1891. 12 A — Von den Institutionen des altpreu. ßischen Staats ist keine bezeichnender für den Charakter des vorigen Jahrhunderts als das Königliche Kabinet. Es war die Be⸗ hörde, welche in der persönlichen Regierungsthätigkeit des Monarchen die Einheit in der Staatsverwaltung repräsentirte. Die Fäden der in zahlreiche Real.; und Provinzial ⸗Departements gespaltenen Ver waltung liefen im Kabinet zusammen; von hier aus erfolgte die Ent⸗ scheidung des Monarchen, welcher alle Einzelheiten der Regiernngs⸗ geschäfte überwachte. Da die Chefs der Departements, die Minister, nicht oder nur felten mit dem Könige persönlich verhandelten, so lag es den Kabinets⸗Räthen ob, die eingegangenen Berichte und Anfragen der Behörden dem Könige zur Unterschrift vorzulegen, seine Ent⸗ scheidungen und Erlasse auszuarbeiten, überhaupt den Verkehr des Königs mit den Behörden zu vermitteln. Unter einem Herrscher von der Arbeitskraft und umfasfenden Geschäftskenntniß Friedrich's des Großen waren die Kabinet amstalieder, sämmtlich ursprünglich Sub alternbeamte, nichts als die Vollstrecker des Königlichen Willens. Ein⸗ fluß auf die Geschäfte selbst hatten sie nicht, da Friedrich sie nicht um Rath fragte. Es konnte aber nicht fehlen, daß unter Friedrich Wilhelm II. und 11, welche nicht alle Zweige der Staatsverwaltung zu überseben ver. mochten, die Kabinets. Räthe durch ihren Vortrag bestimmend auf den Herrscher einwirkten und so aumählich infolge ihres fort ⸗ gesetzten persönlichen Verkehrs mit dem Könige größeren Ein⸗ fluß auf die oberste Regierungsgewalt erlangten als die vom münd⸗ lichen Verkehr abgeschnittenen Minister. Auf diese Weise wurden die Kabinets⸗Rãaͤtke allmäblich aus expedirenden Subalternbeamten zu Königlichen Bertrauentzpersonen, mit denen namentlich Friedrich Wilhelm 1II. alle politischen Angelegenheiten besprach. Diesen Um wandlungsprozeß, die Mängel und Vorzüge dieses Regierungssystemẽ, schildert Häffer in Verbindung mit der Lebensbeschreibung Lombard's, des einflußreichsten und von den Gegnern des Kabinets am Meisten gebaßten Kabinets⸗ Raths. Die Mißerfolge der preußischen Politik zu Anfang des Jahrhunderts wurden von vielen Zeitgenofsen den fran. josenfreundlichen Rathichlägen des Kabinets schuldgegeben, welche Friedrich Wilhelm zu keiner energischen Politik kommen ließen und die Thätigkeit der Minister hemmten. In den Unglücksjahren wurde daher Lombard von allen Seiten verurtheilt und sogar der Bestechung durch Napoleon verdächtigt. Hüffer hat sich nun die Aufgabe gestellt, den Einfluß des Kabinets, insbefondere die Stellung und den Charakter Lombard's klarzulegen. Er schildert Lombard als einen durchaus pflichtgetreuen, feinem Könige ergebenen Beamten, der allerdings seiner Stellung als Vertrauensmann Friedrich Wilhelm's III. nicht gewachsen war. In der Ueberzeugung, daß ein Zusammengehen mit Frankreich für Preußen das Beste sei, rieth er dem Könige vom Anschlusse an die antifranzösische Koalition ab und bestärkte ibn so in seiner Neu— tralitätspolitit. Von Friktionen zwischen den Ministern und dem Kabinet berichtet der Verfaffer mehrfach; so konnte z. B. Lombard den preußischen Gefandten in Paris privatim anweisen, einen Auftrag Hardenberg's, des Ministers des Auswärtigen, nicht auszuführen. Mit der Ümgestaltung des preußischen Staats nach 1806 verlor das Kabinet seine Bedeutung; auch für Lombard war in dem von Stein und Hardenberg, feinen politischen Antipoden, geleiteten Staatwesen kein Raum mehr. Während die Reformen, deren Hauptzüge Hüffer kurz schildert, in Angriff genommen wurden, schrieb Lombard, der sich schon früher literarisch bervorgethan hatte, eine Vertheidigung der Reutralitätspolitik vor 1806. Wenn die Ärbeit auch keinen hohen literarifchen oder politischen Werth hat, so sticht sie doch vortheilhaft ab gegen die große Masse der gleichzeitigen antipreußischen Schmäh⸗ literatur, über die Häffer einiges mittbeilt. Das Charakterbild Lom bard' z, welches der Verfasser zum Schluß entwisst, wird den Vor⸗ zügen und Fehlern des vielverkannten Kabinets⸗Raths zweifellos gerecht, fodaß jetzt Leben Haugwitz auch Lombard gegen die schlims sten Vor würfe und Verdächtigungen seiner Zeitgenossen geschützt erscheint.
4 Äsfsyrien und Babvlonien nach den neuesten Ent⸗ deckungen von Dr. Fe. Kaulen, Professor der Theologie zu Bonn. Vierte Auflage. Mit Titelbild, 87 in den Text gedruckten Holzschnitten, 7 Tonbildern, einer Inschrifttafel und zwei Karten. Freiburg im Breisgau, Herder' che Verlagshandlung, 1891. 80. XII und 286 S. Preis 6 S) — Der Verfasser dieses seit dem Jahre 1876 in erter Auflage erscheinenden Werkes ist seither unausgesetzt bemüht gewesen, dem Fortschritte der affyriologischen Wissenschaft mit gewissenhaftem Fleiße Rechnung zu tragen; er hat die neueren inzwischen gewonnenen Ergebnisse der europäischen Gelehrten über die beiden uralten Reiche, welche am Euphrat und Tigris als die ersten Bildungs stätten erblühten, mit wissenschaftlicher Fachkenntniß verwerthet und die reichhaltige S. 266 bis 286 angeführte Literatur, welche die Ent⸗ wicklung der assyriologischen Wissenschaft vom Jahre 1620 bis 18389 darstellt, umsichtig benutzt. Professor Kaulen bezeichnet sich selbst als bloßen Bericbterstalter über die Kenntnisse, welche Lurch die merkwürdigen Entdeckungen auf dem ehemals assprischen und babylo⸗ nifchen Boden gewonnen wurden. Er erweist sich aber durchweg als ein selbständiger und gelehrter Kenner der alten Welt und der neueren Entdeckungen. Bei allen mitgetbe lten, namentlich bei den aas franzöfischen und englischen. Quellen stammenden Textstücken, hat er sich nirgendwo an den Buchstaben gebunden, sondern für den treu beibehaltenen Inhalt eine gefällige Jorm berzustell en versucht. Für die biblischen Namen wurde die Septuaginta und Vulgata der masorethischen vorgezogen (also der von altjüdischen Ge⸗· lehrten), weil jene eine fast tausend Jahre ältere und zuverlãssigere Ueberlieferung darstellt, als die letztere. Durch eine geschickte Aus⸗ wahl aus dem umfangreichen Stoffe ist die eigentbümliche Natur der beiden alten Länder am Euphrat und Tigris sebr übersichtlich ge—⸗ schildert, vornehmlich aber zur Einsicht und Ueberzeugung in an= ziehender Sprache die Thatjache gebracht, daß die Kenntnißnahme diefer alten Geschichte den erhabenen Urkunden, welche in der beiligen Schrift zufammengefaßt find, zur Bestätigung und Aufklärung dienen. Höchst sauber ausgeführte Abbildungen und tbeilweise in den Text gedruckte Holzschnitte veranschaulichen treffend Tie lebendige und ge⸗ schmackrolls Varstellung der wiederum von der Verlags bandlung gor züglich ausgestatteten Schrift. Geltend gemacht wird, daß die Ent decurg von Rinive die Geistesthat eines deutschen Gelehrten, dess in Paris als Profeffor des Persischen und als Sekretär der Asiatischen Gefellschaft thötigen Dr. Julius Mohls, ist, Seine Vermuthung führte thatsächlich den französischen Naturforscher Botta zu der glũck⸗· sichen Entdeckung, welche mehr feinem beharrlichen Eifer, als seinem Gfücke zuzuschreiben ist. Die jetzt durch den Augenschein vermittelte Kenntniß Ninives ist der Schlüsfel zu den seligen Geheimnissen ge⸗ worden, worin vordem die aͤlteste Geschichte der Menschheit ge⸗ hüllt war. Der Palast des Üüsurpators Sargon, welcher als Typus dienen kann, ist nach seiner baulichen Architektur und den inneren Wusfchmückungen S. 40 bis 71 sehr genau. beschrieben, Die Entzifferung der Keilschriften ist als eine der größten Geistesthaten zu betrachten, welche in unserem Jahrhundert geschehen sind. S. 112. Der im Zusammenbang gegebene Aufschluß Über die Verdienste ver⸗ schiedener Gelehrten ist ebenfo übersichtlich als klar. G. F. Grotefend.z Bemühungen sind als geniale Lichtblicke“ bezeichnet. S. 1158. Bleibt auf dem Gebiete der Reilschriftforschung auch noch manche Frage
offen, so sind nach des Verfassers Urtheil (S. 139) der Wissenschaft doch neue Bahnen eröffnet, welche zur Wahrheit und zur immer neuen Verberrlichung der geoffenbarten Religion und des christlichen Glaubens führen müssen. Sind wir jetzt kaum über ein Volk des Alterthums besser unterrichtet, als über das assyrische, so gebührt dem Profeffor Kaulen die volle Anerkennung, die gewonnenen Kenntnisse und Anschauungen für ein größeres, gebildetes Publikum zur voll ständigen Befriedigung noch mehr verbreitet zu haben.
ff. Aus Luxemburgs Vergangenheit und Gegenwaxt. Historisch-politische Studien von Jan van der Eltz. Trier, Fr. Äntz, 1891. — Um dem Bestreben vieler Luxemburger, sich als Franzosen hinzustellen, entgegenzutreten, versucht der Verfasser auf Grund bistorischer und philologischer Studien den Nachweis zu führen, daß die Luxemburger nach Sprache und Abstammung ein kerndeutsches Volk sind. Der wissenschaftliche Werth seiner Ausführungen über die Vergangenheit Luxemburgs ist gering; er nennt z. B. den Vertrag von Mersen (bei Maastricht) zwichen Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen „Vertrag zu Merseburg', und Karl der Kahle ist ihm nicht ein Bruder, sondern Sohn Lothar's J. Diesen Untersuchungen folgt eine Besprechung der jüungsten politischen Ereignisse und eine ausführliche Beschreibung von Stadt und Land Luxemburg. Eltz, welcher übrigens keineswegs die Nachtbeile der Kleinstaaterei verkennt, schließt mit dem Wunsche, daß Luxemburg seine Selkständigkeit be⸗ halten möge; wenn aber eine Vereinigung mit einem Nachbarstaate nothwendig werden sollte, so wünscht er im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute den Anschluß an Deutschland und nicht an Frankreich.
ff Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Pofen, zugleich Zeitschrift der Historischen Gesellschaft ür den Netzedistrikt zu Bromberg. Herausgegeben von Dr. Rodgero Prümers. 5. Jahrg. 4. Heft. Posen, Joseyh Jolowicz, 1890. — Ein Aufsatz von G. Hoffmann berichtet über die Entwicklung des Po st. und Verkehrsweens in dem Netzedistrikt seit seiner Zugehörigkeit zur preußifchen Monarchie In der polnischen Zeit lag das Post— wesen ganz darnieder, Friedrich der Große richtete dagegen sogleich nach der Besitzergreifung Postanstalten ein, welche in der Folge noch ver- mehrt wurden. Va der große König aber die Landstraßen nicht ver beffern ließ, so nahm der Verkehr erst im 18. Jahrhundert mit der Herstellung guter Chausseen einen lebhaften Aufschwung. Hoff mann schildert nun die weitere Entwickelung des Postwesens in unserem Jahrhundert, den stetig wachsenden Verkehr, wofür er Zahlen als Belege anführt; auch die Verwaltung und deren Wandlungen im Taufeé der Zeit werden berücksichtigt, sowie das Verhältniß zwischen Post und Eisenbabn. Die Abhandlung ist somit ein lehrreicher Bei⸗ trag zur preußischen Verwaltungegeschichte. — Max Kirmis setzt seine in früheren Heften begonnene Arbeit über die polnischen Münzverhältnisse fort und behandelt im vorliegenden Hefte be— fonders die Zeit Johann Kasiminr's mit einem Ausblicke auf das 18 Jahrhundert. — Von den kleineren Mittheilungen und Fund— berichten machen wir aufmerksam auf die Ausführungen von Warschauer, welcher eine verschollene Posener Zeitschrift aus den zwanziger Jabren dieses Jahrhunderts bespricht — Die Sitzungs⸗ berichte der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen vom 15. JV. bis 9. XII. 1890 enthalten vornehmlich Auszüge ars Vor⸗ trägen zur vosenschen und polnischen Geschichte; eine Beilage bringt den' Geschäftsbericht der Gesellschaft, sowie ein Verzeichniß der ein gegangenen Tauschschriften und Schenkungen.
ff. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Neue Folge. Herausgegeben von Dr. Christian Meyer, J. Bd. 3 Heft. Berlin, Hans Lästenröder, 1891. Jährlich 19 ½ — Diese Zeitschrift, welche seit Kurzem in einer neuen Folge erscheint, entbält in ihrem 3. Heft vler größere Abbandlungen kulturhistorischen Jahalts. Karl Biedermann giebt in seinem Auffatze über die Bauernartikel von 1525 eine gedraͤngte Schilderung cer wirthschaftlichen Verhältnisse Deutschlands im Mittelalter und bespricht die Ursachen, welche zu der sozialen Revolution des 16. Jahrhunderts, dem sogenannten Bauern⸗ kriege, führten und dieser Bewegung den gewaltthätigen und grausamen Cbarakter aufdrückten. Gegen die Tendenz, die Bemühungen der Bauern, ihre Lage zu verbessern, den Bestrebungen der heutigen Sozialdemokratie gleichzustellen, protestirt Biedermann entschieden und zweifellos mit Recht. — Der Herausgeber der Zeitschrift ist mit einer Arbeit über ‚Oesterreich und die deut sche Kultur im vorigen Jahrhundert“ vertreten. Er entwirft ein Bild von den wirtkschastlichen und sozialen Zuständen und der allwahlichin Aus- breitung, der Aufklärung im Desterreich des 18. Jabrhunderts. Nach einem Ueberblick über die Verfassung der Habsburgischen Lande schildert er in großen Zügen das Lehen der Stände und ihr Verhältniß zu einander, die Resormen Maria Theresia's, die Thätigkeit der Aufklärer, die Kämpfe Joseph's IJ. gegen die über= fommene Gefellfchaftsordnung und endlich den Zusammenbruch der Josephinischen Bestrebungen. — Gustav Stephan behandelt eine Einrichtung des vorigen Fahrhunderts, welche den höheren Ständen die gelehrten Schulen ersetzen sollte, die Hofmeister und Gou⸗ vernanten. Seine Ausführungen, gestützt durch zahlreiche Citate aus gleichzeitigen Quellen, könnten oft erheiternd wirken, wenn sie nicht ein trauriges Bild sozialen Elends im Gelekrtenstande des 18. Jahr⸗ hunderts enthielten. — Zur Geschichte des Hexenwesens bringt Anton Mell Beiträge aus Steiermark, welche Hexenptozesse des 17. Jahrhunderts betreffen. Mit zwei kleineren Mittheilungen und einer großen Zahl Rezensionen neuer Bücher schließt das Heft.
Geographie
D Die neue Lieferungs Ausgabe von Stieler's Hand ⸗Atlas (985 Karten in Kupferdruck und Handkolorit, berausgegeben von Prof. Pr. Hermann Berabaus, Carl Vogel und Hermann Habenicht), welche die gäographische Anstalt von Justus Perthes in Goiba veranstaltet, ist jetzt bis zum 29. Heft gediehen, Auch die zwölf Blatter der letzten vier Lieferungen zeigen alle die Vorzüge, die in den vorhergehenden anerkannt werden mußten: Sckämse und Klarheit der Zeichnung und des Stichs, namentlich auch der Gebirge und der Tertainverhältnisse in ibren bei großer Zartheit doch in allen Uebergãngen sein markirten Höhenunterschieden, geschmackoolle Koloritung, endlich Deutlichkeit und schnelle Lesbarkeit der Namensaufschriften. Unter den neu erschienenen Karten fei insbesondere hervorgehoben die vierblättrige Karte der Balkan - Halbinsel, der auch kleine, aber sehr fein ausgeführte Stadt · pfäne von Konstantinopel und. Athen nebst Umgegend beigegeben sind. Sehr dankenswerth ist auch die am Rande dieser Karte gebotene Er lãuterung der Aussprache der slarischen, türkischen, serbischen, bulgarischen, riechischen Namen, sowie die Verdeutschung der in Zusammensetzungen Eee . bäufig vorkommenden Worte. Ein; besondere, Nord · und Mittel Asien nebst Ost⸗ Europa umfassende Karte ist dazu bestimmt, eine Fieberficht der Ländermasse des ganzen mächtigen russischen Reichs zu geben. Auf der Weltkarte in Merkator's Projektion sind auch alle Hauptpostdampferlinien eingetragen mit Angabe der Entfernungen nach Tagen. Ferner umfaßt dieses Blatt auch noch drei kleinere Weltkarten, welche die Vertheilung des Luftdrucks im Jahresdurchschnitt und die Windrichtungen, ferner die Meeresströmungen und endlich die tele⸗ graphischen Verbindungen zwischen den einzelnen Erdtheilen ver⸗ äanfchaulichen. Auf der Karte des nördlichen Sternenhimmels sind die Thierkreisbilder in gefälliger Art weiß schattirt und heben sich so gegen die anderen nur conturirten Sternbilder deutlicher von dem klauen Grunde ab. Der Atlas nähert sich nunmehr seinem baldigen Abschluß; mit dem Erscheinen der 32. Lieferung (Preis der Lieferung je j Æ 60 9) soll er vollständig vorliegen.
1891.
Meteorologie.
ck. Die Wettervorhersage. Eine praktische Anleitung zur Wetter vorher sage auf Grundlage der Zeitungs wetterkarten und , . wetter berichte Für alle Berufsarfen. Im Auftrage der Direktion der deutschen Scewarte bearbeitet von Pfnofessor Dr. W. J. von Bebber, Abtheilungsvorstand der deutschen Seewarte. Mit zabl⸗ reichen Beifpielen und 163 Abbildungen. Siuttgart, Verlag von Ferdinand Enke. (Preis 4 M — Die von den meteorologischen Inftituten täglich herausgegebenen Wetterberichte, Wetterkarten und Witterungsaussichten haben bekanntlich keinen erheblich praktischen Nutzen, weil beim größern gebildeten Publikum wenig Verständniß für dieselben vorhanden ist, und dieses liegt daran, daß die Fach gelehrten es vielfach versäumt haben, die Hauptlebren von Wind und Wetter in gemeinfaßlicher Weise allgemein zu verbreiten, wenn auch in den letzten Jahrzehnten Manches von sachkundiger Seite geschehen ist. Um so erwünschter und willkommener ist das vorliegende Buch, dessen Verfaffer feinen Erörterungen, welche bezwecken, die Grundzüge der meteorologischen Wissenschaft in gemeinfaßlicher Weise einem größeren Publikum vorzulegen, seine langjährigen Erfahrungen auf dem Bsebiete der ausuͤbenden Witterungskunde zu Grunde gelegt hat. Erst dann, wenn die Wetterberichte, Wetterkarten und Wettervorhersagungen der meteorologischen Institute ihrem eigentlichen Werthe nach richtig vom Publikum erkannt und gewürdigt, werden, können sie auch wirklichen Nutzen stiften, im andern Falle kann ihre Wirkfamkeit eine nur beschränkte sein. Und so wendet sich dieses Buch an das große Publikum, insbesondere an alle Berufsklassen, welche in böherem Grade von Wind und Wetter abhängig sind. Der Säemann, für welchen Richtung und Stärke des Windes bei Ausübung seines Berufes weitaus am Wichtigsten sind, und dem unvorhergesehene Stürme verderblich fein können, der Landwirth, welcher seine Arbeiten nach Regen und Trockenheit und überhaupt nach dem Wetter richtet, der Baumeister und der Kaufmann, welche bei ihren Unternehmungen oft mit dem Wetter rechnen müssen, der Tourist, welcher bei seinen Aus—⸗ flügen stets mit dem Wetter zu Rathe gehen muß, der Lehrer, der seine Schüler in den Naturwissenschaften, also auch in der Lehre vom Wind und Wetter zu unterrichten hat: sie alle finden in diesem Buche Anregung und Belehrung, sie werden durch dasselbe in den Stand gesetzt, fich selbst ein eigenes Urtheil über den Zustand und Verlauf des Wetters zu verschaffen.
= Militärisches.
Geschichte des 5. Badischen Infanterie⸗Regiments Nr. 1153, bearbeitet von Freiherr Schilling von Canstatt, Oberstlieutenant und etatsmäßiger Stabsoffizier des Infanterie⸗ Regiments von Courbiere (2. Posen'sches) Nr. 19. Berlin 1890. C. S. Mitt ec und Sohn. — Die Geschichte dieses Regiments, das im Jahre 1861 aus dem seit 1857 bestehenden 3. Badischen Füsilier⸗ Bataillon zu zwei Bataillonen errichtet ist und dem in den Jahren 1367 und 1863 ein drittes, das Füsilier⸗Bataillon hinzugefügt wurde, ist auf Veranlassung Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs von Baden, seines bisherigen Regiments⸗Cammandeurs und jetzigen Chefs, herausgegeben. Waͤhrend des Feldzuges 1866 hatten die politischen Verhält⸗ nisse und die geographische Lage des Großherzogthums Baden das Regiment mit der Badenschen Division auf die Seite Oesterreichs und unter die Gegner Preußens gestellt. In schlichten Worten ist die Theilnahme des Regiments an dem unglücklichen Feldzug des 8. Bundes ⸗Armee⸗ corps unter dem Oberbefehl des Prinzen Alexander von Hessen geschildert und nachgewiesen, daß es dem Regiment in dieser traurigen Zeit gelungen ist, fich durch Ertragen von Strapazen und seine aus zejeichnete Haltung im Gefecht einen ehrenvollen Namen und die Achtung des Gegners zu erwerben. In schwungvoller Weise sind die Erlebnisse des französischen Feldzuges dargestellt, wo es dem Regiment vergönnt war, in treuer Waffenbrüderschaft mit dem früheren Gegner an der Belagerung von Straßburg, den Kämpfen um Dijon und besonders der Schlacht an der Lisaine ruhmvollen Antheil zu nehmen. Vie autführliche anziehende Schilderung vieler Heldenthaten einzelner Mannschaften läßt das Buch als sehr geeignet erscheinen, zur belehren⸗ den Unterhaltung nicht nur der Mitglieder dieses Regiments, sondern des ganzen deutschen Heeres zu dienen. Das Werk ist durch Karten und Skizzen ausreichend ergänzt und durch gut ausgeführte Abbildungen der Fahnen, des Denkmals für die 18665 Gefallenen auf dem Gefechts= felde bei Hundheim und des zur Erinnerung an den französischen Krieg bei der Kar! s⸗Kaserne in Freiburg errichteten Sieges Denkmals vor⸗ trefflich geschmückt. Der beim Verkauf des Werkes erzielte Reinertrag ist für die Invaliden des Regiments bestimmt.
Gesundheitswesen.
ck. Ueber die Kurzsichtigkeit. Offene Worte an eine Berliner Zeitung vom Königlichen Sanitäts⸗Rath Dr. Katz in Berlin. Verlag von Georg Nauck, Berlin 8W. 12. (Preis 1 S) — Der Verfasser, deffen „200 Augenspenden in Wort und Bild“ eine böchst anerkennende Beurtheilung Seitens der Presse wie auch eine bei⸗ fällige Aufnahme Seitens des Publikums gefanden haben, widerlegt in der vorliegenden Schrift zunächst die Annahme, als sähen wir jetzt Alle schlechter als früher; eine Augen: verderbniß durch die gesteigerte Anforderung der Jetztzeit an das Sehocgan sei nicht einmal wahrscheinlich, geschweige denn ibatsächlich erwiesen. So bann wird der Sehvorgang an normalen wie kurzsichtigen Augen erörtert und durch Zeichnungen erläutert woraus zwei vraktisch wichtige Schlüsse gezogen werden. Nämli 1) die Kurzsichtigkeit beruhe auf einer Entzündung des hinteren Augenapfelt! ils und sei zumeist angeboren oder doch erblich ver⸗ anlagt; 2) Tie Entzündung selbst und damit auch deren Folgezustand, die Kurzsichtigkeit, werde vor Allem durch zwei Allgemeinschäden ge⸗ steigert und unterhalten: zu nahe die Bücher oder Schriften und zu k umm der Nücken; denn ersteres verursache eine aktive oder orga⸗ nische Blutüb erfüllung (durch Ueberanstrengung) und 1 eine passive oder mechan iche (durch Biegen des Halses und. Blutstauung nach Kopf und Äage). Es sei daher ein wichtiges Gebot, daß sich Kurz. sichtige bei er Arbeit aufrecht hielten. Sie müßten aber doch auch bierzu im Stande sein, d. h. ihr Auge müsse auch für eine zum Geradesitzen erforderliche Sehweite ausreichen; sonst lasse sich das durch nichts erzwingen, weder durch Ermahnen, noch durch Drohen und selbst nicht durch Strafen. Die praktische Frage laute hier also: was könne das Sehorgan überhaupt leisten und was nicht? Denn daraus ergebe sich die Allgemeinregel: ein kurzsichtiges Auge müsse bei der Arbeit entweder an sich genügend weit sehen können oder künstlich dazu befähigt werden, d., h. mit anderen Worten: Kurzsichtige bedürften von einem gewissen Grade des Leidens an un⸗ bedingt einer Brille, wenn diese im Einzelfalle nicht geradezu wider⸗ rãthlich erscheine. In diesem Sinne bestehe jede gesetzliche Be⸗ schränkung des Brillentragens in Schulen zu Unrecht, ebenso wie jedes Selbstentsagen darauf, ein Febler bleibe. Jede willkürliche Brillensperre über Kurzsichtige sei sachlich durchaus verkehrt und per⸗ sönlich unverantwortlich, Mit dem thatsächlichen Beweis hierfür hält die Schrift ihre Aufgabe, das eingewurzelte Vorurtheil gegen die Brille zu bekämpfen, für erfüllt und zieht weiterhin nur noch Fragen von allgemeiner Bedeutung in Betracht. So zunächst den Militärdienst Kurzsichtiger und deren durchaus wer m i Einstellung in das Heer; denn der damit verbundene Ferndienst der Augen bekomme ihnen weit besser, als binter Büchern und Schriften zu sitzen. Kurzsichtige Soldaten dienten somit nicht nur dem Vaterlande, sondern zugleich ihrem Auge. — Weiterhin wird die Schulaugenpflege darnach begrenzt, was 3 verlangen kann und was nicht. Mieselbe bezwecke lediglich, das kind⸗ liche Auge unter die besten Sehbedingungen zu setzen, d. h. alle jene