bisher seinen Namen führten, werden in Zukunst mit Weg⸗ lassung dieses Titels genannt werden.
Italien.
Der Minister des Innern Nicotera stattete gestern Abend in Turin der „Gesellschaft zur Förderung der nationalen Industrie“, deren Ehrenmitglied er ist, einen Besuch ab. In Erwiderung auf die Begrüßung des Präsidenten sagte der Minister, dem, W, T. B. zufolge, er beabsichtige nicht, eine politische Rede zu halten. Er erinnerte an die Politik Cavour's, welche Italien einen großen Kredit ver⸗ schafft habe. Cavour sei Freihändler gewesen, aber er habe darunter Handelsfreiheit für Italien und nicht Protektion für Andere verstanden. Später habe Uebertreibung dahin ge⸗ führt, daß Italien Handelsfreiheit für Andere, aher nicht für sich selbst gefichert habe. Nicotera meinte, daß Italien von dem System, seine Erzeugnisse nicht zu schützen, Abstand nehmen und vielmehr seiner Industrie Existenzbedingungen schaffen sollte, welche nicht ungünstiger seien als die des Aus⸗ lands. Dle Regierung müsse eine sichere Bahn ihrer Politik verfolgen, welche anderen. Mächten keine Verlegen⸗ heit bereiten würde. Der Minister schloß: „Ohne neue Steuern zu erheben, werden wir uns bemühen, die ökonomische Lage zu bessern, damit das Land seine Lasten tragen kann. Wenn é wir nicht reüssiren, so werden wir es nicht sein, die zu neuen Steuern ihre Zuflucht nehmen.“ ö
Unter den neuen Gesetzen, welche die gegenwärtige Re⸗ gierung vorbereitet, befindet sich eines, welches im Lande, wie man der „P. C.“ schreibt, allgemein mit lebhafter Be⸗ friedigung aufgenommen wird, nämlich jenes über die Decentralisation der Verwaltung. Die Centra⸗ lisation, welche bisher, besonders unter dem getzten Ministerium, geübt wurde, hat manche Nachtheile mit sich gebracht, indem sie nicht nur die Last der Ge— schäfte der Central-Verwaltung bedeutend vermehrte und den Dienstweg verwickelter gestaltete, sondern auch die Autorität und den Wirkungskreis der autonomen Behörden beeinträchtigte. Das gegenwärtige Kabinet hat sich nun entschlossen, den auto⸗ nomen Behörden einen größeren Spielraum zu gewähren, die Agenden der Central-Verwaltung und dadurch auch die Kosten derselben in manchen Beziehungen bedeutend einzuschranken. Die Regierung hat auch schon den hierauf bezüglichen Gesetz⸗ entwurf vorbereitet, welcher dem Staatsrath zugegangen ist und nach dessen Prüfung und Billigung durch diese Körper⸗ schaft dem Parlament vorgelegt werden soll.
Die radikale Partei beschloß, wie der Magdeb. Ztg.“ gemeldet wird, nach Wiedereröffnung der Kammer die Ver setzung Crispi's in Anklagestand wegen der Masso vah⸗ frage zu beantragen. Das Ministerium werde jedoch den Uebergang zur Tagesordnung begehren. Menotti Gari⸗ bald erstattete dem Marchese di Rudini Bericht über seine Reise nach Massovah. Er empfehle entweder die Besetzung der Morebgrenze oder vollständige Räumung Afrikas. Der Bericht besage ferner, daß in Massovah mehrere Mordthaten vorgekommen seien, daß jedoch Livraghi's Angaben übertrieben
wären. Schweiz.
Die Telegraphen⸗ und Telephongesellschaft von La Plat a hat, wie „W. T. B.“ aus Bern berichtet, durch Vermittelung der argentinischen Regierung ihren Beitritt zum Inter⸗ nationalen Telegraphenvertrag erklärt. ⸗
Die Prinzen Ludwig und Victor Napoleon sowie die Prinzessinnen Clotilde und Lätitig sind am J. d. M. auf Schloß Prangins zur Eröffnung des Testamentes des Prinzen Napoleon eingetroffen. Am Nach⸗ mittag begab sich der Notar Audeoud aus Genf nach Schloß Prangins, wo sämmtliche Mitglieder der Familie Bonaparte versammelt waren. Audeoud theilte als testamentarischer Voll⸗ strecker der Tamilie den letzten Willen des verstorbenen Prinzen mit. Die Familie beschloß der „Frkf. Zig.“ zufolge von der Veröffentlichung des politischen Theils des Testamentes vorläufig Abstand zu nehmen.
Serbien.
Belgrad, J. April. Die Skupschtina nahm, wie „W. T. B.“ meldet, das Preßgesetz mit 89 gegen 4 Stimmen endgültig an, auch Garaschanin stimmte für die Vorlage.
Der Kriegs-Minister verfügte die Zutheilung von 25 Offizieren aller drei Waffengattungen und eines Auditeurs an die russische Armee. Die Be— treffenden werden voraussichtlich am 13. d. M. an ihren Be⸗ stimmungzort abgehen.
Wie dem „Egytertes“ von hier gemeldet wird, erließ der Minister des Innern ein Eirkular, betreffend die zahlreichen, in Serbien weilenden bulgarischen Emi— granten. Danach ist denselben bei sofortiger Ausweisung nicht mehr gestattet, in den Grenzdistrikten zu wohnen, sondern sie dürfen sich lediglich in Belgrad aufhalten und müssen sich verpflichten, sich jeder politischen Aktion auf serbischem Gebiet fernzuhalten.
Bulgarien.
Sofia, J. April. Der Kawaß des russischen Agenten, welcher beschuldigt ist, die Drohbriefe an den Prinzen Ferdinand, dessen Mutter Prinzessin Clementine und den Minister des Aeußern Grecoff gerichtet zu haben (siehe Nr. 81 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 6. d. M.), ist laut Meldung des „W. T. B.“ ausgewiesen, von Gendarmen bis zur türkischen Grenze geleitet und dort freigelassen worden.
Der neu ernannte belgische General-Konsul ist hier eingetroffen.
Gegenüber einem Artikel der Bulgarie“, welcher auf Agitationen von Emigrirten und Panslavisten gegen Bul⸗ garien und das gegenwärtige rumänische Kabinet als ein russenfreundliches hinwies, erklärt die „Swoboda“, daß alle rumänischen Regierungen, selbst in den schwie— rigsten Momenten, die freundschaftlichsten Ge— sinnungen gegen Bulgarien bekundet hätten. Dieselben seien auch anläßlich des letzten Unglücksfalles Seitens der rumänischen Presse zum Ausdruck gelangt. Die rumänische Negierung gewähre der bulgarischen jedwede Mitwirkung Behufs Ermittelung und Verhaftung der Verbrecher.
Schweden und Norwegen.
(E) Stockholm, 5. April. Prinz Carl, welcher morgen aus Norwegen hierher zurückkehrt, wird zufolge früher gefaßten Beschlusses am 11, oder 19. d. von hier nach dem Süden ahreisen, um den übrigen Theil des Frühlings wahr⸗ scheinlich in Nord⸗Italien zuzubringen.
Zu Ehren des dänischen Kronprinzlichen Paares wird eine Reihe festlicher Veranstaltungen stattfinden; zu⸗ nächst ein Ballfest im Königlichen Schlosse, zu welchem das diplomatische Corps, die obersten Hofchargen und die Spitzen der Gesellschaft geladen werden sollen; dann folgt eine Wiederholung der Vorstellung im Circus nach gleichem Programm, wie kürzlich bei den sogenannten Vertheidigungs⸗ festen. Der Königlich dänische Gesandte, Kammerherr Hegermann⸗Lindencrone wird ein Souper geben, an dem auch der Königliche Hof theilnehmen wird. Eine große Festlichkeit beabsichtigt das Offiziercorps der Svea Leib⸗Garde zu ver—⸗ anstalten, welchem Corps der Vater der dänischen Kron⸗ prinzessin, König Carl XV., besonders zugethan war. Schließlich soll auch in der Königlichen Oper eine Fest⸗ vorstellung stattfinden und ist die Aufführung von Verdis „Othello“ dazu in Aussicht genommen.
Eine Kommission, bestehend aus dem Contre⸗ Admiral a. D. Lagerberg, dem Direktor des ,, wesens Pihlgren und dem Distrikts-Chef im südlichen Wege⸗ und Wasserbaudistrikt Meajor Gag ner, ist von dem Chef des Finanz⸗Departements beauftragt worden, nach Deuts chland zu reisen, um an Ort und Stelle die näheren Verhält⸗ nisse kennen zu lernen, welche bezüglich des Planes einer Postverbindung zwischen Schweden und Deutschland über Saßnitz auf. Rügen als von Be⸗ deutung erachtet werden können. Die Delegirten sollen den Saßnitzer Hafen und dessen Umgegend besuchen und sich über die Kommunikations verhältnisse zwischen Saßnitz und Stral⸗ sund informiren; auch sind sie beauftragt, die Privat⸗ werften in Stertin zu besichtigen und bezüglich des in Frage stihenden Baues von Postdampfern das Produk kions- und Reparationsvermögen dieser Werften zu prüfen.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Der Staatasekretär Blaine hat, wie dem „R. B.“ aus Wgshington gemeldet wird, die letzte Note des Marchese di Rudini über die in New⸗ Srleans an Italienern, verübte Lynchjustiz noch nicht be⸗ antwortet. Der italienische Gesandte Baron de Fava ist heute in New- York eingetroffen und wird am Sonn⸗ abend nach Europa abreisen. Die Anführer der Lyncher Parkerson und Houston, sind gestern vor der Großen Jury in New-Orleans vernommen worden. Der Jury liegen auch die Namen der Mitglieder des Comités, das die That angestiftet hatte, vor. Man glaubt, daß die Große Jury die Einleitung der Verfolgung gegen einige der Anführer der Lyncher genehmigen werde. Von dem Ausgange dieses Prozesses wird es abhängen, ob eine Anklage auch noch gegen andere Personen erhoben werden wird. .
Nach einer Drahtmeldung der „World“ aus Rio de Janeiro widersetzen sich die dort ansässigen fremden Kaufleute noch immer energisch der Ratifikation des von dem Staatsfekretä⸗ Blaine mit Brasilien auf der Grundlage der Gegenseitigkeit abgeschlossenen Vertrages. Es herrsche allgemein der Glaube, daß, wofern nicht der Präsident beim brasilianischen Kongreß intervenire, die Ver⸗ werfung des Vertrages unvermeidlich sei.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (93.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats-Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnte,
wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend
Abänderung der Gewerbeordnung, fortgesetzt, und zwar bei dem von dem Abg. Rösicke vorgeschlagenen 58. 120. Dieser lautet:
Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, den von ihnen beschäͤftigten Arbeitern über 16 Jahren jwischen je zwei Arbeits- schichten oder je zwei Acbeitstagen eine Ruhezeit von wenigstens g Stunden zu gewähren. In Betrieben, in welchen die täglichen Arbeitszeiten unbestimmt sind, muß den Arbeitern über 16 Jahren innerhalb 24 Stunden ine Ruhezeit von mindestens 9 Stunden hintereinander gewährt werden.
Ausnahmen hiervon können auf Antrag von der unteren Ver waltangsbehörde jedoch nur für solche Betriebe gestattet werden, in denen Arbeiten vorkommen, welche ihrer Natur nach eine Unter brechung nicht zalassen und in welchen die geringe Zahl der be— schäftigten Arbeiter eine Ablösung derselben unthualich erscheinen läßt. Der Antcagsteller hat glaubhaft nachzuweisen, daß die wirk liche Arbeitszeit der betreffenden Arbeiter innerhalb 24 Stunden 11 Stunden nicht übersteigt.
Gegen die Ablehnung eines solchen Antrags steht dem Antrag—⸗ steller eine Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde binnen zwei Wochen zu.
Die vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung auf die im 5§. 105 unter Nummer 1 aufgeführten Arbeiten,.
Der Antragsteller bezeichnete als Zweck des Antrags, eine übermäßige Inanspruchnahme der Arbeitskraft zu beseitigen, ohne eine schematische Beschränkung der Arbeitsthätigkeit ein⸗ treten zu lassen. Die Dauer der Arbeitszeit bleibe von dem Antrag unberührt und es sei eine Entstellung, wenn in ein⸗ zelnen Blättern behauptet worden sei, daß der Antrag auf einen 15stündigen Normalarbeitstag hinauslaufe.
Staats-Minister Freiherr von Berlepsch hielt den Antrag weder für nothwendig noch für unbedenklich. Nach der in 8. 1206 dem Bandesrath gegebenen Befugniß, wonach für solche Gewerbe, in welchen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, die Dauer der zulässigen täglichen Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen vorgeschrieben werden kann, sei es vollkommen möglich, den Mißständen, die in einzelnen Gewerben bestehen und welche der Antrag beseitigen wolle, zu begegnen. Der Bundesrath werde auch von der Befugniß vollauf Gebrauch machen. Es empfehle sich deshalb die Ablehnung des Antrags Rösicke. Abg. Rösicke zog nach dieser Erklärung seinen Antrag zu rũck.
§. 121 lautet:
Gesellen und Gebülfen sind verpflibtet, den Anordnungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ibnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden.
Hierzu lag ein Antrag der Abg. Auer und Gen, vor:
Hinter dem Worte „Gehülfen“ auf der ersten Zeile folgenden Satz in Paranthese aufzunehmen:
(auch Perfonen, die regelmäßig für die Bedienung in Gast⸗ und Schankwirthschaften, als Gehülfen und Lehrlinge in Gärtnereien beschäftigt werden)
Abg. Bebel begründete diesen Antrag.
Abg. Schmidt (Elberfeld) wies darauf hin, daß 5§. 121 nichts Neues, sondern nur bestehendes Recht enthalte, und Mißstände bisher nicht hervorgetreten seien.
Regierungs-Rath Dr. Wilhelmi bat, den Antrag Auer abzulehnen. Die Thätigkeit der Gastwirthschaftsgehülfen sei eine ganz verschiedene. Soweit sie in häuslichen Dienst⸗ leistungen bestehe, falle sie nicht unter die Gewerbe-, sondern die Gesindeordnung; für die große Masse der Kellner unter⸗ liege es aber nicht dem leisesten Zweifel, daß auf sie die Befsimmungen der Gewerbeordnung Anwendung finden. Was die Gärtnereigehülfen betreffe, so sei die Landwirthschaft aus dem Gebiet der Gewerbeordnung ausgenommen, und es liege kein Anlaß vor, den Gärtnereigehülfen eine besondere Stellung einzuräumen. .
Abg. Bebell befürwortete noch einmal den Antrag Auer.
Regierungs-Rath Dr. Wilhelmi legte dar, welche Zweifel und Schwierigkeiten die ungenaue Fassung des An⸗ frages bieten müßte. Was heiße „regelmäßig“, „Bedienung in den Gastwirthschaften“ u. f. w. Daß die Antragsteller solche Ausdrücke wählen mußten, habe eben seinen Grund in der Vielgestaltigkeit der Thätigkeit in dem Gastwirthsgewerbe.
Nachdem noch die Abgg. Freiherr von Stumm, Dr. Hartmann und Freiherr von Unruhe⸗Bomst gegen den Rntrag Auer gesprochen, wurde dieser Antrag abgelehnt 6 . unverändert angenommen. (Schluß des
attes. =
Kunst und Wissenschaft.
Aus der egyptischen Sammlung der Königlichen Museen.
Drei größere Geschenke sind unserer egyptischen Samm⸗ lung in dem letzten Jahre zu Theil geworden, und alle drei verdanken wir englischen Freunden der Wissenschaft, die sie in ihren Ausgrabungen gewonnen haben — ein erfreuliches Zeichen des großen, jeder Engherzigkeit baren Sinnes, der die wissenschaftlichen Kreise Englands beseelt.
Das stattlichste der gedachten Geschenke ist uns von dem „Egypt exploration fund“ zugegangen, einer wissen⸗ schafilichen Gesellschaft, die in jeder Hinsicht Bewunderung verdient. Denn dieses Unternehmen, das durch private Bei⸗ träge erhalten wird, die zumeist nur 1 Pfd. Sterl. betragen, ver⸗ fügt Dank dem Eifer seiner Leiter über ein jährliches Ein⸗ kommen von etwa 50 000 6. Das Erträgniß ihrer Aus⸗ grabungen vertheilt die Gesellschaft an die Museen ehne jeden Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten; ihre wissenschaftlichen Refultate veröffentlicht sie mit einer Schnelligkeit, die bei uns selten zu erreichen ist.
Aus der letzten Campagne des Egypt exploration fund“, in der die Herren Naville und Graf d'Huelst den Tempel von Bubastis aufdeckten, stammen nun die großen Denk⸗ mäler, die jetzt im Säulenhofe des egyptischen Museums ihre Aufstellung gefunden haben. Der Tempel, zu dessen Trümmern sie gehörten, ist derselbe Tempel von Bubastis, von dem Herodot rühmt, es gebe zwar größere Heiligthümer in Egypten, aber keines, das ihm an Schönheit gleiche, derselbe, zu dessen orgiastischen Festen er die Egypter zu Hunderttausenden zu⸗ samnienströmen sah. Er lag unweit der heutigen Stadt ö. (nordöstlich von Kairo) und war der katzenköpfigen
öttin Bastit geweiht.
Wie die englischen Grabungen ergeben haben, bestand hier schon im sogenannten „alten Reiche“ (etwa 2100 2500 v. Chr.) ein Heiligthum, von dem indessen nur wenig erhalten ist. Seinen eigentlichen Charakter erhielt der Tempel von Bubastis erst unter den großen Königen des mittleren Reichs (etwa 2200 – 1900 v. Ehr.), die ja uberhaupt eine gewaltige Bauthätigkeit entfaltet haben. Es war wahrscheinlich König ÜUsertesen? III, der Eroberer Nubiens (etwa 1950 v. Chr, der dem Heiligthume einen dritten großen Saab anfügte, ein Gebäude, das an Schönheit und Pracht des Materials — polirter rother Granit — selbst in den egyptischen Tem⸗ peln nicht viel seines Gleichen gehabt haben dürfte. Seine Decke, die in der Mitte höher war als an den Seiten, wurde abwechselnd von Säulen und viereckigen Pfeilern getragen, und von einem der letzteren stammt das gewaltige Kapitäl mit dem Kopf der Göttin Hathor, das unseren Museen zu Theil ge⸗ worden ist. Schwere Flechten, die mit Bändern umwickelt sind, umgeben einen Frauenkopf von eigenthümlichem Reiz; die kleinen Kuhohren und die auffallende Breite des Gesichts sind gewiß von irgend einer uralten Darstellung der Haihor her über⸗ nommen, aber der Künstler hat es verstanden, auch diesen Zügen jenen Ausdruck stiller Majestät zu geben, der die besten Bölterbilder der Egypter auszeichnet. Und mit wie feinem Gefühl ist das ganze Kapitäl komponirt, wie ist jedes Ueber⸗ maß in dem Beiwerk vermieden worden! .
Um ein halbes Jahrtausend jünger als das Kapitäl war die kolossale Königsstatue, deren Obertheil wir erhalten haben. Ramses II. (um 1300 v. Chr.), der durch systematische Aus⸗ tilgung der alteren Inschriften dem Tempel den Anschein gab, als fel er von ihm selbst errichtet, der ihn auch mit eigenen Denkmälern schmückte. Zu diesen gehören gewaltige Stand⸗ bilder des Königs, die ihn, einen Pfahl mit einem Götterbild haltend, darstelllen. Wie man aus unserem großen Bruchstücke sieht, waren sie flüchtig genug gearbeitet und lediglich auf eine dekorative Wirkung berechnet. Wie bei vielen derartigen Kolossen war auch hier der Scheitel abgeplattet, um eine Krone tragen zu können; wir . unserem Exemplar eine solche Krone aufgesetzt, die ebenda gefunden ist und nach Größe und Material zu ihm gehören könnte.
Nach der Zeit Ramses' IJ. muß Bubastis von einer großen Katastrophe ereilt worden sein, denn als König Scheschonk (der Eroberer Jerusalems, um 925 v. Chr.) diese Stadt zu seiner Residenz erhob, lag der Tempel in Trümmern. Sein Sohn, König Osorkon J., scheint den Tempel in gewissem Sinne wieder aufgebaut zu haben, indem er die Bruchstücke der zertrümmerten Säulen und Statuen als Bausteine verwendete; auch unser großes Kapitäl hat damals als Block in einer Mauer green und trägt daher auf Ober- und Unterseite Inschriften Osorkon's J.
Eine wirkliche Herstellung fand das Heiligthum erst unter dem
Enkel dieses Königs, Osorkon II.; er hat bei seinem Bau
ü. A. den Hathorkapitälen wieder ihren alten Platz verliehen
und hat die zweite große . be des Tempels in e
einen „Festsaal“ verwandelt, en Granitwände über und über mit Reliefs bedeckt waren. Zwei der⸗ selben sind auch uns zu Theil geworden, sie stellen, wie alle anderen, Scenen aus einem großen Feste dar, das Oforkon Ji. in seinem 22. Jahre seinen Göttern feierte. Be⸗ sonders bemerkenswerth ist der eine Block, der König und Königin in ganzer Figur zeigt. Leider können diese Reliefs an ihrem jetzigen Siandort nicht recht zur Geltung kommen;
es ist das aber die einzige Stelle unserer Museumsräume, die die gewaltige Last dieser Blöcke zu tragen vermag.
Nicht große Skulpturen, sondern Alterthümer von meist unscheinbarer Art hat uns ein Geschenk gebracht, für das wir Mr. Martin Kennard in London ju lebhaftem Danke verpflichtet sind. Der bekannte englische Ingenieur und Ge⸗ lehrte Mr. Flinders Petrie hat im Auftrage des Herrn Kennard verschiedene Gräberfelder und Trümmerstätten auf⸗ gedeckt und 63 davon getragen, die die egyptische Alter⸗ ihumskunde sehr gefördert haben.
Unweit der Pyramide von Illahun, am Eingang des Faijum, liegt das Trümmerfeld von Tell Kahun,. Petrie, der es ausgegraben hat, hat mit Sicherheit nachgewiesen, daß es einer kleinen Stadt angehörte, die gelegentlich des Baues jener Pyramide, etwa um 2009 v. Ehr, angelegt worden ist, um nicht lange nachher wieder einzugehen. Gerade diese ephemere Existenz des Ortes verleiht nun seinen Trümmern ihre Wichtigkeit, denn aus ihr folgt, daß alle hier gefundenen Alterthümer aus jener Zeit — um 2000 v. Chr. — stammen, ein Resultat, das für die Kulturgeschichte von großer Wichtig⸗ keit ist. Was in den Häusern dieser Handwerker und Bau— meister zurückgeblieben ist, ist natürlich meist einfacher Haus⸗ rath, Töpfe ünd Schalen aller Art, Kasten, Handwerkszeug, Steinmesser, Sandalen u. dergl.; aber gerade diese einfachen Geräthe geben uns ein richtigeres Bild von dem häuslichen Leben der Menge jener alten Zeit, als es die in den Gräbern der Vornehmen erhaltenen einzelnen Luxusgeräthe bisher ge⸗ geben haben. Die uns zu Theil gewordenen Stücke sind im Saale des „mittleren Reiches“ (hinter dem Säulenhof) ausgestellt; frei aufgestellt ist ein großer Wasserkrug, der am Rande ausgebrochen war und von seinem ordnungsliebenden alten Besitzer mit Gips ausgeflickt worden ist. Unter den im Schranke befindlichen Sachen beansprucht ein Holzkasten, der ursprünglich zur Aufbewahrung von Kleidern gedient haben mag, ein besonderes — man möchte sagen, kriminalistisches — Interesse. Diesen Kasten nämlich und mehrere ähnliche fand Petrie unter dem Fußboden der Häuser vergraben und ein jeder barg die Reste eines neugeborenen Kindes.
Die andere Hälfte des Geschenkes des Mr. Kennard führt uns in eine wesentlich jüngere Epoche, etwa in das Jahr 1400 v. Chr., die Blüthezeit der egyptischen Macht. Unweit von Tell Kahun, zu Tell Gurob hat Mr. Petrie eine ähnliche ephemere Stadt, aus der Zeit Amenophis; III. aufgedeckt, und die hier gemachten Funde bilden ein höchst merkwürdiges Seitenstück zu denen von Tell Kahun; sie zeigen uns, daß sechs Jahrhunderte auch im egyptischen Volksleben eine völlige Umwälzung mit sich, bringen. Neben der größeren Eleganz aller Formen fällt besonders die Menge fremder Waaren auf; cyprische Gefäße und solche der ältesten griechischen Kultur (der sogenannten „mykenischen“, die uns durch Schliemann's Funde bekannt geworden ist) finden sich in Menge. Zur Zeit konnte von diesem Funde nur ein Stück, ein großes cyprisches Gefäß, ausgestellt werden (im Saale des „neuen Reiches“); unter den anderen Sachen dürfte ein völlig erhaltenes Gewand aus feinstem Leinen besonderes Interesse erregen.
Ebenfalls aus einer Ausgrabung Mr. Petrie's stammt das dritte Geschenk, das wir der bekannten wissenschaftlichen Gesellschaft des „Palestine Exploration KEund“ ver⸗ danken. Petrie hat in ihrem Auftrage eine Ruine Süd—⸗ Palästinas, Tell Hesy, untersucht, die vermuthlich der alten Amoriterstadt Lakisch entspricht. Die Fundstücke, die wir von hier erhielten, Gefäße der verschiedenen Perioden der Stadt, sind wichtige Belege für die Geschichte der antiken Töpferei. Sie werden in den vorderasiatischen Sälen ihre Aufstellung finden. Adolf Erman.
— Ueber die gestern im R. u. St. A. kurz gemeldete erste Sitzung des T. Kongresses für innere Medizin in Wies baden entnehmen wir einem ausführlichen: Bericht der Frkf. 3. die folgenden Mittheilungen: Der Kongreß wurde am Montag Vormittag durch eine Rede des Kongreß -Präsidenten E. Ley den- Berlin, welcher vor zehn Jahren mit dem verstorbenen Th. Frerichs zusammen den Kongreß ins Leben gerufen und an seinem Aufblühen stets den leb haftesten Antheil genommen, eröffnet. Redner gab zuerst einen historischen Rückblick über die verflossenen zwei Lustcen, die der Kongreß erlebt, berübrte die steigende Zahl der Mitglieder, führte aus, daß Wiesbaden stets als eigentliche Heigath des Kongresses gelten müsse, und gedachte der Verstorbenen von Frerichs, Rühle, O. Becker, von Busch, P Börner, Brehmer Görbersdorf ꝛc. und ging dann auf die Themata der 24 Referate ein, die während des Bestehens des Kon— gresses geführt wurden; sie spiegeln die Strömungen wieder, die sich inzwischen in der inneren Medizin geltend gemacht haben, denen der Kongreß Ausdruck gegeben und die er in die richtigen Bahnen gelenkt hat. In einem Ueberblick über die verflossenen zehn Jahre besprach fodann der Vortragende die Aufgaben der modernen Medizin und gedachte hierbei auch der jüngsten Entdeckung seines Kollegen Liebreich von der Wirkung der cantharidinsauren Salze, welche uns noch weitere therapeutische Erfolge verspricht'“. Er besprach auch die Hygiene, welche nun ihren gebührenden Platz gefunden habe, nachdem sie eine Zeitlang zurückgeblieben sei und fuhr dann, ganz aktuelle Fragen streifend, fort:
„Mit der Hygiene hat die Bakteriologie gerade im letzten De⸗ zennium ihre großartige Entwickelung gewonnen. Die Namen Pasteur und R. Koch glänzen als die ersten tt auf diesem Gebiet. Den Gipfelpunkt des Interesses hat die Bakteriologie erreicht durch die jüngst vielbesprochene Entdeckung von R Koch. Das vergangene Jahr 1850 wird in der Geschichte der Medizin mit großen Lettern veizeichnet stehen. Es war eins der an Exeignissen reichsten auf ihrem Gebiete. Zunächst fällt in dasselbe der größte Theil der denkwürdigen und wunder- baren Influenza ⸗ Epidemie, welche noch einer umfassenden Bearbeitung harrt. Für uns hat das Jahr auch dadurch Bedeutung, daß wir zum ersten Mal näch Oesterreich zogen, in die schöne Kaiserstadt an der blauen Donau, und unter dem bewährten Präsidium unseres allverehrten Hof · raths Nothnagel einen der bestgelungenen Kongresse feierten. Dann kam der internationale Kongreß, auf dessen Erfolg wir Deutsche stolz sein können, und mit ihm die erste Andeutung von R Koch's Ent deckung, welche seither die Welt nicht mehr zur Ruhe kommen ließ. Noch nie hat eine medizinische Entdeckung eine so allgemeine Auf⸗ regung hervorgerufen. Vergeblich rief der Entdecker und warnte vor zu n, n Hoffnungen. Wir können uns nicht verhehlen, daß anches, was sich an die Entdeckung anhängte. wenig erfreulich war, und daß es für unsere Wissenschaft und unseren Stand besser gewesen wäre, wenn durch Darlegung der neu entdeckten Thatsachen Klarheit und Maß gegeben worden wäre. Nur schwer gelang es der besonnenen Prüfung, sich Gehör und Be rechtigung zu verschaffen. Die allgemeine Meinung war captivirt, das Ürtheil der Laien abgeschlossen, ehe noch die wissenschaftliche Prüfung begonnen hatte. Nur all mählich ist die vorsichtige und wissenschaftliche Prüfung zur Geltung gekommen, welche nun nach und nach den Kern augschälen und das übertriebene Beiwerk bei Seite schieben wird. Obgleich die Diskussionen bereits zu einer umfangreichen Literatur angewachsen sind, so ist ein Ende noch nicht abzusehen. Die große Verschiedenheit der Ansichten und Erfahrungen beweist jedenfalls so viel, daß die Sache noch nicht klar liegt. ir
werden morgen über dies Thema zu verhandeln haben vom Stand
punkt des Klinikers und Arztes. Ich zweifle, ob wir sofort zu einem
abschließenden Urtheil gelangen werden. Ein solches bleibt noch der Zukunft vorbehalten. Aber soviel, glaube ich, können wir heute schon sagen, daß auch die neue Heilmeihode nur dann Segen verspricht, wenn sie nicht zu einem schematischen Mechanismus berabsinkt. Sie wird sich den bisherigen ärztlichen Erfahrungen und Methoden anzu⸗ schließen haben, statt sie bei Seite zu schieben.“
Alsdann gelangte das auf der Tagesordnung stehende Referat: „die Gallensteinkrankbeiten? zur Verhandlung, welches sich zu einer populären Wiedergabe nicht eignet; der Referent und Korreferent Professor Naunyn Straßburg und Fürbringer ⸗Berlin entledigten sich in Form und Inhalt meisterhaft ihrer Aufgabe; an der sehr lebhaften und eingehenden Diskussion, die in der Nachmittags sitzung stattfand, betheiligten sich die Herren Riedel“ Jena, der die Frage vom Standpunkte des Chirurgen be⸗ handelte, A. Fränkel⸗ Berlin, Gans⸗ Karlsbad und Mosler⸗ Greifswald. Weiterhin hielten Vorttäge Kroll-⸗Prag über die Pathologie der Kreislaufstörungen sowie über Struktur der guer gestreiften Muskeln in krankhaften Zuständen, Schott: Nauheim über Differenzdiagnose zwischen Pericardiglexsudat und Herzdilatation. Von welteren Notabilitäten unfer den Theilnehmern des Kongresses sind zu erwähnen: Nothnagel Wien, Gerhart ⸗Berlin, Leube Würzburg, von Ziemssen München, Pfuhl und S. Guttmann-Berlin, Doutre⸗ lepont und Schultze⸗Bonn, Dettweiler⸗ Falkenstein, Jürgensen⸗ Tubingen, Kast⸗Hamburg, Riedel⸗Jena u. A. m.
Land⸗ und RTorstwirthschaft.
Produktenpreise.
Die Preise für Getreide, Kartoffeln, Spiritus, Molkereiprodukte und Fleisch, mit Ausnahme des Schweinefleisches, welches wesentlich billiger geworden ist, sind, wie aus dem Reg. Bez Marienwerder berichtet wird, vom Standpunkt des Produzenten und vom Stand punkt der Rentabilität des Landwirthschaftsbetriebes immer noch be⸗ friedigend. Da reichliche Futter⸗ und Streuvorräthe, vorhanden waren, bot die Durchwinterung des Viehs keine Schwierigkeiten.
Verkehrs⸗Anstalten.
Mit dem neuen Se rpostdienst zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika ist nun⸗ mehr begonnen worden, und zwar ist die erste Seepost auf der Linie Bremen — Ne w⸗YHork mit dem Dampfer „Havel“ am 31. März von Bremerhaven, und die erste Seepost auf der Linie Hamburg — New-⸗Hork mit dem Dampfer „Columbia“ am 3. April von Cuxhaven abgegangen.
— Die mittels des Reichs-Postdampfers „Hohen⸗— st aufen beförderte Post aus Australien (Abgang aus Sydney am 2. März) ist in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin voraussichtlich morgen Vormittags zur Ausgabe.
Bern, 8. April. (W. T. B. Der Bernische Große Rath beschloh, der Jura⸗Simplonbahn eine Subvention von einer Million für die Durchbohrung des Simplon zu ge— währen. Dieser Beschluß unterliegt der Volksabstimmung. Ferner hat der Große Rath die Subventignir ung ron 15 neuen Eisenbahnlinien (darunter die Bahnen Bern Neuenburg, Tlun = Simmelthal Vevey, Münster — Solothurn, über Weißenstein) mit 25 000 bis 40000 Fr. pro Kilometer beschlossen.
Theater und Mufik.
Königliche Theater.
Im Hinblick auf das Auftreten des Hrn. Sonnenthal zum Besten der Berliner Presse hat der General ⸗Intendant Graf von Hochberg Veranlassung genommen, die auf Sonnabend angesetzte Neueinstudirung des „Käthchen von Heilbronn im Schauspielhause auf Sonntag, den 12, zu verlegen. Am Freitag und Sonnabend gelangt nunmehr auf vielfachen Wunsch die Trilogie Das goldene Vließ“ zur Auf⸗ führung. Die Besetzung des ‚Käthchen von Heilbronn‘ ist die folgende: Käthchen: Frl. Kramm, Gräfin: Frau Kahles Eleonore: Frl. Lindner, Brigifte: Fr. Seebach, Kunigunde: Frl. Poppe, Rofalie: Frl. Abich, Kaiser: Hr. Arndt, Graf Strahl: Hr, Mat⸗ kowsky, Erzbischof: Hr. Will, Flammberg: Hr. Puischian, Gottschalk: Hr. Siegrist, Friedeborn: Hr. Nesper, Gottfried: Hr. Hertzer, Rhein ⸗ graf: Hr. Grube, Burggraf: Hr. Müller.
Berliner Theater.
In der „Wallenstein “Aufführung am Sonnabend wird das neue Mitglied Herrmann Haack zum ersten Male auftreten. Er spielt bei dieser Gelegenheit den Isolani, eine Rolle, die er vorher noch nicht
dargestellt hat. Lessing⸗Theater.
Am Sonnabend, in der Neu⸗Aufführung von Gustav von Moser's Lustspiel Ultimo“ wird Hr. Oscar Blencke als Georg Richter zum letzten Mal vor seinem Ausscheiden aus dem Verbande des Lessing⸗ Theaters Gelegenheit finden, eine seiner beliebtesten humoristischen Bühnenschöpfungen darzustellen. In den übrigen Hauptrollen des Lustspiels sind Oscar Höcker als Kommerzien⸗Rath. Otto Vischer als Professor Schlegel, Lilli Petri als Therese, Oscar Sauer als Hr. von Haas, Georg Molenar als Dr. Berndt, Carl Waldow, Luise von Pöllnitz, Ida Stägemann und Elise Sauer beschäftigt. Die Inscenesetzung wurde von Hrn. Direktor Anno geleitet.
Wallner Theater.
In der am Freitag zum ersten Male in Scene gehenden Novität Des Teufels Weib‘, phantastisches Singspiel in drei Akten von Denri Meilhae und A. Mortier, bearbeitet von Th. Herzl, Musik von Adolf Müller, sind in Hauptrollen beschäftigt die Damen: Josephine Glöckner, Hedwig Pallatschek, Emmy Branden, Walther-⸗Trost, und die Herren: Richard Alexander, Franz Gutheiy, Carl Meißner, Leopold Deutsch, Georg Worlitzsch ꝛc. Das Orchester wird an diesem Abend Hr. Kapellmeister Adolf Müller, der Komponist der Novität, persönlich dirigiren.
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.
Morgen findet das bereits angekündigte Benefiz für den verdienst⸗ voll en Tenoristen Hrn. Sigmund Steiner statt.
Residenz Theater.
Die gestrige Aufführung von ‚Fromont jr. und Risler sen.“ brachte ein ekwas günstigeres Ergebniß als der erste Abend des Sonnenthal'schen Gastspiels, insofern nämlich die Darsteller sich ewas intimer zufammengefunden haben und dadurch ein erfreulicheres Enfemble hergestellt wurde. Im Uebrigen konnte aber die Erscheinung nicht ausgelöscht werden, daß das Daudet'sche Stück in seiner Anlage verfellt, in der Charakteristik der Hauptpersonen vergriffen, in den einzelnen Vorgängen oft. unwahrscheinlich und unglaub⸗ würdig und endlich in der Moral häßlich und deprimirend ist. Für einen birtuosen Darstelle wie Sonnenthal aber ist das Schauspiel anz besonders wenig geeignet, weil er den ganzen Umfang seiner dar— ier, Kraft, Herz und Geist, Leidenschaft und Opfermuth, nur in jwei kurzen Seenen wirksam zur Anschauung bringen kann; diese Scenen allerdings lassen den großen Schauspieler in seiner ursprüng⸗ lichen Macht über die Seelen der Zuschauer erkennen; es genügen fhatsächlich wenige Momente, um ein vollbesetztes Theater zu stür= mischer Begeisterung für den einzigen Künstler hinzureißen. Man kann wohk sagen, daß man auch in den vorangehenden, unbedeutenden Seenen, ai onnenthal auf die Bühne trat, ihn als den hervor ragenden Menschendarsteller auch ohne Theaterzettel, herausfinden wurde, aber es giebt da keinen Ernst der Lage, nicht einmal bedeut- same Worte und Gedanken, in welchen der Künsler sich hälte bethätigen können; die ganze Handlung flach, breit ausgesponnen, nur auf gewisse theatralische Wirkungen zugespißzt, ist eben zur Bethätigung echter Künstlerschaft ungeeignet und daher Haben auch alle übrigen Darsteller
nur wenig Gelegenheit, Sympathien beim Zuschauer zu erwecken. Frl. Bertens als Sidonie spielte recht geschickt, aber immerhin hätte sie der schönen Sünderin an den rechten Stellen mehr Liebreij oder wilde Leidenschaft verleihen können. Frl. Güst ing er, die die junge Frau Fromont (ab, hatte einige glückliche Augenblicke und im Ganjen ein sympathisches Wesen, wenn auch die schauspielerische Routine, wie aus manchen Bewegungen und Geberden zu erkennen ist, noch zu wünschen übrig läßt. Eine sehr anmuthige und ja auch in der Charakteranlage sehr sympathische Erscheinung bot Frl. Zipser als Desirse dar, der sie in Lust und Leid zu Herzen gehende Töne lieb. Eine recht schwache Leistung war die des Fromont jr., den Hr, Reusch gab, während die Hrrn. Pagay und Pansa auch in diesem Zusammenhang sich als tüchtige Darsteller auswiesen. Hr. Schönlank als Risler jr. zeigte noch in seinem Wesen viele Züge der Anfängerschaft.
Am Freitag verabschiedet sich Adolf Sonnenthal als Rivonnisre in, Dumaß' „Vater und Sohn.“ von dem Berliner Publikum. Direktor Lautenburg hat sich aus freiem Antriebe bereit erklärt, einen Theil der Einnahmen dieses Abends dem Unterstützungsfonds des Vereins „Berliner Presse“ zu überweisen.
Kroll's Theater. Der Eröffnungsabend der Kroll'schen Oper am 19. April bringt Beethoven's „‚Fidello- mit Lilli Lehmann in der Titelpartie und hrem Gat ten Paul Kalisch als Florestan.
Adolph Ernst⸗Theater.
Heute Mittag wurde in den Räumen des Theaters das Jubi⸗ läum der fünfundzwanzigjährigen Bühnenthätigkeit des Schauspiel ers und Direktors Adolph Ernst festlich begangen. Grüne Laubgewinde und Fahnendekorationen schmückten das an der Straße gelegene Vorder⸗ haus, durch welches man zum Theater gelangt; alle Gänge und Korri⸗ dore zeigten kunstvolle Zusammenstellungen von Lorbeerbäumen und grünen Pflanzen. Das Haus war in allen Räumen von einem festlich geschmückten Publikum gefüllt Dem Jubilar, von den Hausdichtern, den Hrrn. Jacobson und Görß, hereingeführt, wurden in einem kurzen aber sinnreichen Festspiel die hervorragendsten Gestalten der unter seiner Leitung zur Darstellung gebrachten und von Erfolg ge⸗— krönten Stücke als Gratulanten vorgeführt. Da nahte Fr. Dora als Schützenliesl, dann Hr. Tielscher, die junge Garde“, die drei Grazien“, der ‚Goldfucks' und die Don Juans“. Daß die Bühnen. und Direktionsthätigkeit Adolph Ernst's auch in weiteren Kreisen Würdigung gefunden hatte, bewiesen Erinnerungszeichen, welche vom Carl Schultze Theater in Hamburg und von Hrn. Schweighofer aus Dresden kamen. Das Berliner Theater hatte eine Deputation mit einer Adresse gesandt, und der Leiter des selben, Hr. Direktor Barnavy, welcher in einer Orchester⸗ loge der Feier beiwohnte, sandte einen Blumenkorb mit einer kleinen Mare Anton⸗Büste in Begleitung eines liebenswürdigen humorvollen Schreibens. Die Mitglieder des Theaters und die per— sönlichen Freunde des Jubilars gaben ihrer freudigen Anerkennung durch kostbare Geschenke Ausdruck. Hr. Direktor Adolph Ernst dankte gerührt den Mitgliedern seines Theaters, der Presse und dem Publikum, welche alle dazu beigetragen hätten, ihn in seinem ernsten künstle⸗ rischen Streben zu fördern und ihm zum Erfolge zu verhelfen. Unter Musikklängen, welche auch die Feier einleiteten und zum Theil begleiteten, verließ die Festgesellschaft das Haus.
Thomas ⸗ Theater.
Die Direktion macht nochmals darauf aufmerksam, daß von der Posse „Drei Paar Schuhe“ nur die eine Vorstellung am Sonnabend als Benefiz für Hrn. Reinhold Wellhof stattfinden kann. Am Sonntag flieht bereits wieder ‚Der Millionenbauer“ auf dem Repertoire, dessen Zugkraft eine unverminderte ist.
. Sing - Akademie.
Der seines Augenlichts beraubte Komponist und Pianist Hr. Attila Horvath aus Ungarn gab gestern ein Concert, in welchem mehrere seiner Kompositionen zum Vortrag gelangten und bei dem er sich zugleich als trefflicher Pianist bewährte. Eine Sonate mit Vio—⸗ line und eine zweite für Klavier allein ließen eine erfreuliche Begabung für thematische Erfindung und Formbeherrschung erkennen. In einer Suite von fünf Klavierstücken zeichnete sich besonders das zweite: Melodie, durch seine hübsche Cantilene und. Auf dem Lande. durch seine originellen Rhythmen aus. Die stets gern gehörte Violinvirtuosin Frl. Wietrowetz iter g. den Concertgeber in dem Vortrag der Violinsonate aufs Wirksamste; auch erwähnen wir noch schließlich der Deklamationsvorträge des Frl. Torday, die mit sehr klang⸗ vollem Organ zugleich eine feurig belebte Ausdrucksweise verbindet. Sämmtlichen Vorträgen folgten reiche Beifallsbezeugungen.
Römischer Hof.
Zu dem Wohlthätigkeits⸗Concert, das die Damen Frau Ida Klee, Frln. Leubuscher, Juschka, Paech, Misses Dorn, Pigott, Broughton in Gemeigschaft mit den Herren Kam mervirtuosen Posse, Espenhahn, Nieselt und dem Hof— opernsänger Däseler veranstaltet hatten, war gestern eine ansehn⸗ liche Zuhörerschaft erschienen. Die bereits vortheilhaft bekannte Pianistin Frl. Leubuscher eröffnete den Abend mit den Hrrn. Nieselt (Violine) und Espenhahn (Cello) durch den sehr gelungenen Vortrag der Novelletten von Gade. Alle drei Betheiligten traten später noch mit Sololeistungen hervor, die sich reichen und wohlverdienten Beifalls erfreuten. Frl. Dorn (Mezzosopran) trug mit sehr klangvoller Stimme und edler Ausdrucksweise mehrere Lieder vor, bei denen sie durch die Violinbegleitung der Orrn. Nieselt und Spiring unterstützt wurde. Frau Klee war leider durch eine plötzliche Trauernachricht an ihrer Mitwirkung verhindert. Hr. Däseler brachte seine kraftvolle und umfangreiche Baßstimme in einer Romanze von Verdi und in der Arie des „Sarastro? von Mozart vortrefflich zur Geltung. Den Schluß des Concerts bildete das von den Damen Frl. Juschka, Paech und Pigott unter Klavierbegleitung der Miß Broughton sehr präcis und schwungvoll vorgerragene Terzett der Rheintöchter aus Wagner's „Götterdämmerung“.
Preuszische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der gestern fortgesetzten n der 2. Klasse 184. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung:
1Gewinn von 5000 S6 auf Nr. 32 539.
1 Gewinn von 3000 S auf Nr. 92 542.
1Gewinn von 1500 MSS auf Nr. 75 364.
2 Gewinne von 500 MS auf Nr. 84311. 129 801.
14 Gewinne von 300 S6 auf Nr. 24 959. 42 396. 51 190. 54 298. 68 904. 72 117. 85 366. 86 107. 107920. 123 895. 123 939. 128 006. 170 326. 176 874.
Bei der heute. rte ten Ziehung der 2. Klasse 184. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Vor⸗ mittag⸗Ziehung:
1 Gewinn von 15 000 M6 auf Nr. 24 263.
16Gewinn von 5000 MS auf Nr. 181 824.
2 Gewinne von 500 M auf Nr. 66461. 167 009.
9 Gewinne von 300 S auf Nr. 36 385. 56 882. 71 791. 96 308. 101 662. 173 830. 183 917. 186111. 186 774.
Mannigfaltiges.
Am 3. April, Abends 7 Uhr, fand im Landeshause der Provinz Brandenburg, Matthäikirchstraße 20 21, die Generalversammlung des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Evangelischen Kirchenbau-⸗Bereins für Berlin unter dem Vorsitz des Ministers des Königlichen Hauses von Wedell statt. Nach Begrüßung der Erschienenen durch den Vor⸗ sitzenden nahm der Geheime Kommerzien⸗Rath Frentzel das Wort zu einer