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Gien. Regts. Könisin Olga Ne. 118, zum Com mandeur des Inf. Regts. Alt⸗Württemberg Nr. 121 ernannt. Schnürlen, Oberst⸗ Lieut. und Bats. Commandeur im 8. Inf. Regt. Nr. 126, als etate- mäßiger Stabsoffizier in das Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, Schempp, Major im Inf. Regt. Alt⸗Württembers Nr. 121, als Baits. Commandeur in das 8. Inf. Regt. Nr. 125, von Rein—⸗ hardt, Major à la snite des Generalstabes, unter Enthebung von dem Kommando bei dem Großen Generalstabe, als Bats. Commandeur in das Gren. Regt. König Karl Nr,; 125, — versetzt. Springer, Major und Bats. Commandenr im Gren. Regt. König Karl Nr. 133, dem Regt. aggregirt. Frhr. v. Roeder, Major à la suite des 2. Drag. Regts. Nr. 26, unter Belassung in dem Kommando bei dem Neben Etat des Großen Generalstabes, dem Regt. aggregirt. Lehr, Major a. D. bisher Vorstand der Gewehr ⸗Revisionskomrnission, zur Verfügung des Kriegs-Ministerumt gestellt und zum Inspizienten der Waffen bei den Truppen 2c ernannt. Wagner, Hauptm. und Comp. Chef im Gren. Negt. König Karl Nr. 123, in die erste Hauptmonnsstelle des Inf. Regtt. Alt. Württemberg Nr. 121, Sch mitt, Hauptm. und Comp. Chef im Inf. Regt. Kaiser Friedrich König von Freußen Nr. 125 in die erste Hauptmannsstelle des 8. Inf. Regis. Rr. 126, Levering. Hauptm. und Comp. Chef im Gren. Regt. Königin Olga Nr. II9, in die erste Hauptmannsstelle des Gren. Regts. König Karl Nr. 123. — versetzt. Kayser, Hauptm. a. D., zuletzt Comp. Chef im Fuß⸗Art. Bat. Nr. 13, zur Ver- waltung des Heeresgerätheg bei dem Filial ⸗Artilleriedepot in Ulm bestellt. Loeffler, Hauptmann im Generalstabe der 26. Div. (J. Königl. Württemberg), à la suite des General stabes gestellt und zur Dienstleistung bei dem Großen Generalstabe kommandirt. Fritsch, Hauptm. im Generalstabe des Armee; Corps, zum Generalstabe der 26. Div. (1. König. Württemberg.) versetzt. Bossert, Hauptm. im Gren. Regt. König Karl Nr. 1253, unter Belassung in dem Kommando als ordentliches Mitglied der Gewehr⸗Prüfungskommission, - 7a suite des. Regtt. gestellt. Do rrer, Hauptm. im 2. Feld. Art. Regt. Nr. 29 Prinz Regent Luitpold von Bayern, unter Ueberweisung zum Generalstabe des Armee Corps, in den Generalstab versetz. Berrer, Hauptm. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, zum Comp. Chef ernannt. Brock, Pr. Lt. im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Frhr. v. Könneritz, Pr. Lt. im Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, G ag— stetter, Pr. Lt im Inf. Regt. König Wilhelm Nr. 124, v. Ziegler, Pr. Lt im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Heumann, Pr. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm König von Preußen Nr. 120, — zu Hauptleuten und Comp. Chefs, Schabel, Pr. Lt. im Fuß— Art. Bataillon Nr. 13, zum überjähl. Hauptm, — befördert. Marx, Pr. Lt. im 8. Inf. Regt. Nr. 126, in das Inf. Regt. Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125 versetzt. — Die Sec. Lts.: Schwerin im 4. Inf. Regt. Nr 122, zum überzäbl. Pr. Lt, Müller im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm König von Preußen Nr. 120, zum Pr. Lt., Meßmer im 4. Inf. Regt. Nec. 122
Breyer, Schott im Gren. Regt König Karl Nr. 123, Krafft im Inf. Regt. König Wilhelm Nr. 124, Silcher im Gren.
Regt. Königin Olga Nr. 119, Schönlin im Inf. Regt. Alt— Württemberg Nr. 171, — zu überzähl. Pr. Lt., — befördert. Stein häuser, Hauptm. z. D. zuletzt Comp. Chef im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm König von Preußen Nr 120, hei dem Landw. Bezirk Ulm, Keidel, Hauptm. im 8. Inf. Regt. Nr 126, unter Stellung zur Disp. mit Pension, bei dem Landw. Bezirk Leonberg, König, Hauptm. und Comp. Chef im Inf. Regt. Kaiser Wilbelm König von Preußen Nr. 120, unter Stellung zur Disp. mit Pension, bei dem Landw. Bezirk Ravensburg, Graf Matuschka v Toppoleczan Frhr. v. Spättgen, Pr. Li. im Inf. Regt Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, unter Stellung zur Disp mit Pension, bei dem Landw. Bezirk Hall, — zu Bezirksoffizieren ernannt.
Im Sanitäts⸗ Corps. 31. Märj. Dr. Scheurlen. Assist. Arzt 1. Kl. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm König von Preußen Nr. 120, mit Beendigung des am 31. d. M. ablaufenden Kommandos zum Kaiserlichen Gesundheitsamt, in das Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119 versetzt.
Beamte der Militär⸗Verwaltung
31. März. Moser, Bureaudiätar bei der Militär⸗Intend., zum Registratur ⸗Assist,, Voegele, Kanzleidiätar beim Kriegs⸗-Zahl⸗ amt, Adam heid, Kanzleidiätar im Kriegs. Ministerium, — zu Kanz listen, — ernannt .
Durch Verfügung des Kriegs Ministerium s. 31. März. Dietrich, Ober RNoßarzt im 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz- Regent Luitpold von Bayern, in das Ulan. Regt. König Karl Nr. 19
versetzt. Kaiserliche Marine. .
Ernennungen, Berörderungen und Versetzungen. Kiel, 3. April. Graf v. Moltke, General-Feldmarschall, à la suite des 1. See⸗Bats gestellt.
An Botd S. M. Kreuzer⸗Korvette Carola“, 2. April. Rittmeyer und Valette, Korv. Kapitäns, Letzterer Kommandant S. M. Kreuzer-Korvette „Carola“, zu Kapitäns zur See befördert.
Deu scher Reichstan. 92. Sitzung vom Dienstag, 7. April.
Am Tische des Bundesraths Staats-Minister Frei— herr von Berlepsch.
Das Strafverfahren gegen den Abg. Werner bei dem Amtsgericht zu Kassel ist eingestellt, dagegen wird die Ge— nehmigung zur strafrechtlichen Verfolgung des Abg. Kunert wegen Vergehens gegen 8. 166 des Strafgesetzbuchs duich öffentliche Beschimpfung der christlichen Kirchen und der mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebiets be⸗ stehenden Religionsgesellschasten von der Ober-Staatsanwalt—⸗ schaft in Brezlau nachgesucht. Das betreffende Schreiben wird, wie üblich, der Geschäftsordnungs⸗Kommission überwiesen.
Vor dem Eintritt in die Tagesordnung verliest der Abg. van Hülst folgende von ihm und seinem ostfriesischen Kollegen Abg. Hacke unterzeichnete Erklärung:
»In der Sitzung vom 13. März hat der Abg. Bebel Mißhand⸗ lungen von Soldaten zur Sprache gebracht und dabei einen Vorfall in Aurich angeführt. Ueber diesen Vorfall hat der Kriegs Minister in seiner Eiwiderung folgende Aeußerung gethan: „Es ist ferner eines Vorfalls in Aurich erwähnt, wo den Schullehrern ein gewisser Vorwurf gemacht worden ist. Ich glaube, daß das, soviel ich berichtet bin, seinen Grund darin hat, daß die Offiziere etwas auf⸗ gebracht darüber waren, daß die Hälfte der Rekruten, die in diesem Jahre einge stellt waren, den Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs nickt kannten und ich glaube, da mochten sich die Offiziere wobl zu Aeußerungen den Schullehrern gegenüber haben hinreißen lassen, die denselben nicht gefallen haben. Ich glaube aber, ein Be⸗ weis von großer Begabung für die Schullehrer mag das auch nicht gewesen sein.“ Die unterzeichneten ostfriesischen Abgeorrneten, welche den Wortlaut dieser Aeußerung erst aus dem stenographischen Bericht ersehen haben, bedauern, den darin liegenden Vorwurf gegen den ostfresischen Lehrerstand, sowie gegen den Bildungsstand in Sstfries—⸗ land und endlich den indirekten Vorwurf des Mangeltz an patrio— tischer Gesinnung im ostfriesischen Lehrerstande und ber Bevolkerung 83 1 . , , , zu haben.
Sie behalten sich vor, demnächst im Wege eine d ĩ auf die Sache zurückzukommen.“ ,
Darauf wird die zweite Berathung der Gewerbe— ordnung s⸗Novelle (Arbeiterschutzgesetz) sortgesetzt. S5. 120 a 2e umfassen die auf die Anlage und den Betricd' bezüg⸗ lichen, den Schutz von Gesundheit und Leben bezweckenden Vorschriften.
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Nach 5. 1202 sollen die Gewerbeunternehmer verpflichtet sein, die Arbeits räume, Betriebavorrichtungen, Maschinen und Geräthschaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebes gestattet.
Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des beim Betriebe entstandenen Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase, sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen.
Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutz der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinentheilen oder gegen die auz Fabrik— bränden erwachsenden Gefahren erforderlich sind.
Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebes und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, e . zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebes erforder⸗ ich sind. .
Abg. Wurm: Es sei in hohem Grade bedauerlich, daß wie früher auch nach den neuen Bestimmungen der Bundesratb wohl die Befugniß aber nicht die Verpflichtung haben solle, Maßregeln zur Sicherung der Gesundheit und des Lebens der Arbeiter vorzuschreiben. Schon in dem alten §. 120 sei gesagt, daß die Betriebswerkstätten mit thunlichster Sicherbeit für Gesundheit und Leben ausgestattet werden müßten, und daß Vorsotge für die Sicherung gegen Gefahr getroffen werden solle. Das klinge wunderschön, aber leider sei die Abhülfe insofern kaum durchgeführt, als eine Behörde fehle, welche die Interessen der Arbeiter richtig vertrete. Seit dem Jahre 1883 habe der Bundesrath die Befugniß, Anordnungen für die Sicherheit des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter zu treffen, aber nur dreimal. 1885, 83 und 89, seien solche Angrdnungen für, die Cigarren und die Zündwaarenindustrie getroffen. Dabei sei die Wissen⸗ schaft der Oygiene heute so fortgeschritten, daß man nur die in einem beliebigen Lehrbuch enthaltenen Vorschriften abzuschreiben brauche, um vollkommen genügende Sicherung für Leben und Gefundheit der Arbeiter zu erreichen. In diesen Lehrbüchern werde für einen Fabrikarbeiter ein Luftraum von 20 ebm gefordert, in den Bundesrathsvorschriften für die Tabackindustrie begnüze man sich mit 7 cbm, während der Taback doch noch die Lust mit gesundheitsschädlichem Staub erfülle — das Schlachtfeld der Industrie koste mehr Opfer, als die Schlachtfelder des Krieges, und auf dem großen Markt der Industrie sei das Leben der Arbeiter die wohlfeilste Waare. Alle Vorschriften der Regierung, die den Arbeitern Schutz gewähren sollten, gälten Nichts gegenüber der Gewinnsucht; sächsische Fabrikinspektoren klagten darüber, daß in Betrie zen, in denen Lumpen verarbeitet würden, keine Ventilationseinrichtungen angebracht würden, weil der Staub das Gewicht der Lumpen und damit ihren Preis vermehre. Wo aber der Arbeiterschutz mit dem Interesse des Arbeitgebers zusammen—⸗ falle, würden alle Sicherheits maßregeln getroffen, wie z. B. in der Cementindustrie; hier werde viel Cementstaub in der Luft verflüchtigt, aber wenn man Exhaustoren anbringe, so sei es möglich, diesen Cementstaub wieder zu sammeln. Die angebrachten Exhaustoren machten sich in zwei Jahren bezahlt und brächten in der Folge dem Unternehmer großen Natzen. Da würden also wirksame Ventilations⸗ einrichtungen eingeführt. Aber nicht nur die Privatindustrie mißachte die Vorschriften in Bezug auf Schutz des Lebens und der Ge— sundheit der Arbeiter, sondern die Klagen der Fabrikinspektoren er—⸗ streckten sich auch auf Staatsbetriebe. Die Fabrikinspektoren hätten keine Möglichkeit, die Fabrikanten zu zwingen, Sicherheitsmaßregeln anzubringen, sie könnten nur Wünsche aussprechen. Die Sta— tistik lehre daß der Mangel an Ventilationseinrichtungen von den Acbeitern mit sechzehn Jahren Lebensdauer durch schnittlich bezahlt werde. Die Tischler hätten eine sehr lehrreiche Statistik aufstellen lassen. Von 7488 Werkstätten seien nur 138 mit Ventilationseinrichtungen versehen. In einer großen Anzahl von Werkstätten sei es sogar verboten, von Ende Sep— tember bis Anfang Mai der Kälte wegen die Fenster zu öffnen. Die
olge sei, daß 60 0 der Todesfälle in Folge von Erkrankungen der thmungsorgane einträten. Von 33 000 Gesellen seien nur 128, über 40 Jahre alt, 4 0,υ über 50 Jahre, 1è 9,0 über 60 Jahre und nur G2 Y gleich 69 Arbeitern kämen in den Genuß der Altersrente. Dieser Ausbeutung durch die Arbeitgeber gegenüber seien die Arbeiter ganz machtlos, da könne nur der Staat helfen; wolle dieser es aber nicht thun, so würden die Arbeiter sich auch nicht durch Worte be— thören lassen. Schlechte sanitäre Verhältnisse beständen ferner im Buchbruckergewerbe: dort sei die durchschnittliche Lebensdauer 343 bis 36 Jahre, 54 6ä stürben an Lungenkrankheiten; auch in den Nähmaschinennähereien sei es schlecht bestellt, wo die Fabrik⸗ inspektoren es schon als einen Triumph betrachteten, daß die einzelne Arbeiterin fünf Kubikmeter Luftraum habe, statt der früheren 25 Kubikmeter, sowie in der Cigarretten und in der Knochenmehlfabrikation. Dagegen kämen die Segnungen des Unfallversicherungsgesetzes gar nicht in Betracht; nur O7 do aller Todesfälle von Arbeitern seien die Folge von Betriebsunfällen, 60 o dagegen träten als Folge von TLungenkrankheiten ein; und wenn nun ein Arheiter in Folge der schlechten Athemluft ganz krank geworden sei, so werde er von der Krankenkasse dreizehn Wochen verpflegt, dann mache diese die Thüre zu, und wenn der Arbeiter so heruntergekommen sei, daß er nicht mehr 120 Æ im Jahre ver⸗ dienen könne, bekomme er die Japalidenente von etwa I20 6 — und das solle eine Existenz sein? Die Industrie habe ganz neue Arten von Lungenkrankheiten ausgebildet, die Wissenschaft kenne eine Metall-, eine Lumpen, eine Kiesellunge u. s. w., und wer sich die Ansstellung im Hygiene⸗Museum ansehen wolle, könne sich überzeugen, wie es in der Industrie zugehe. Die Wissenschaft habe ja ge⸗ lehrt, daß die Entwickelung des Tuberkelbacillus am Leichtesten in einer ohnehin geschwächten Lunge vor sich gehe, und die Lungen der Arbeiter würden eben beständig durch Einathmen von Staub völlig anämisch und seien der Krankheit leicht ausgesetzt. Bei der Häufigkeit der Tuberkulose in den Fabriken sei Anlaß vorhanden, die neueren prophylaktischen Maßregeln zu ergreifen, und was geschehe? Man stelle Spucknäpfe mit Wasser auf! Das möge für gesunde Arbeiter ausreichen, aber nicht für Phthisiker, welche fortgesetzt den Staub einathmen müßten. Der Bundesrath sollte doch die Unternehmer zwingen, etwas bessere Schutzmaßregeln zu treffen. Aus den Berichten der ö erfahre man herzlich wenig, wie es denn in den Fabriken in dieser Beziehung eigentlich aussehe. Ueber Gera z. B., einen Hauptort für Weberei, bleibe man vollständig im Dunkeln. Er habe deshalb selbst eine Privatenquete veranstaltet und die Arbeiter flehentlich gebeten, doch ja nicht zu übertreiben. Die Arbeiter, die zu seiner Partei hielten, übertrieben überhaupt nicht. In allen ihm zugegangenen Berichten werde geklagt über unreine Luft, wechselnde Temperatur während der verschiedenen Jahreszeiten, mangel hafte Ventilation — im Winter werde fast gar nicht ventilirt — und über schlecht eingerichtete Aborte. Im Kommissionsbericht werde angeführt, daß die Unfallverhütung im engen Zusammenhang stehe mit der Schonung der Gesundheit der Arbeiter. In dieser Beziehung sei aber von Gesetzezwegen sehr wenig geschehen. Statt eines staatlichen gesetzlichen Schutzes herrsche heute vollständige Anarchie. Nach wie vor bleibe alles dem guten Willen der einzelnen Bundesregierungen und der Polizei überlassen. Auch in diesem neuen Gesetzentwurf werde es dem Bundesrath überlassen, die erforder⸗ lichen Maßregeln zu treffen, und es fei kein Wunder, daß die Arbeiterschaft kein großes Zutrauen zu solchen Gesetzesbestimmungen habe. Man werde wieder sagen, daß die Soziaidemokraten mit folchen Klagen betzten und Unzufriedenbeit schaffen wollten. Das könne sie aber nicht hindern, die Wahrheit zu sagen. Man müßte ihnen danken, wenn sie rücksichtsloß den Finger in die Wunde legten. Wolle man Aufregung vermeiden, so möge man Zustände schaffen, wie die Sozialdemokraten sie in ihrem Arbelterschutzprogramm vor⸗ geschlagen hätten, Es müsse eine Umgestaltung, eine wirthschaftliche Revolution von Grund aus erfolgen, wenn eine Abhüise geschaff en
werden solle. Zunächst werde seine Pariei dafür sorgen, daß die
Arbeiterschaft sich selbst organisire, selbst Enqueten veranstalte, wie es der Abg. Bebel bereits in Bezug auf die Bäcker gethan habe. Man könnte vielleicht fragen, warum sorge der Arbeiter selbst nicht für Reinlichkeit in den Fabriken. Das sei unmöglich, weil er vollauf zu thun habe, um sein Arbeitsquantum zu leisten oder als Akkord⸗ arbeiter den erforderlichen Lohn zu verdienen. Außerdem mache das Elend die Arbeiter stumpf und gewöhne sie an ungesunde Zustände. Auf keinen Fall dürfe man es dem Willen des Bundes. raths überlassen, die erforderlichen Maßregeln zu treffen. Er (Redner) wünsche. daß diese Angelegenheit durch Arbeiter⸗ kammern, in denen auch die Unternehmer vertreten seien, in die Hand genommen werde. Wenn man das aber nicht wünsche, so könnte das Reichs ⸗Versicherungs amt, welches sich eines weitgehenden Vertrauens Seitens der Arbeiter erfreue, einheitliche Arbeiterschutz⸗ verordnungen erlassen. Sollten die Wünsche seiner Partei nicht be rücksichtigt werden, jo würde sie ibren Leuten berichten müssen, man habe viel versprochen, aber wenig gehalten. .
Abg. Möller: Die Ausführungen des Vorredners seien ein merkwürdiges Gemisch von theils wahren, theils übertriebenen und schiefen Darstellungen gewesen. Zweifellos sei jede Industrie und jedes Gewerbe mit gewissen Gefahren verbunden, und seit Jahren sei man auf das Ernsthafteste bestrebt, diese Gefahren nach Möglichkeit einzuschränken. Er gebe dem Vorredner zu, daß vielleicht nicht in allen Orten und auf allen Gebieten gegen die Uebelstände vor⸗ gegangen worden sei, wie es hätte geschehen können. Aber der Vor redner möge doch einmal erst den Erfolg dieses Gesetzes abwarten. Er werde wissen, daß dem preußischen Abgeordnetenhause eine Vermehrung der Fabrikinspektorate vorgeschlagen sei. Andere Staaten würden selbstredend folgen. Uebrigens habe jeder Beruf seine spezifischen Krankbeiten, und auch die Sozialdemokraten würden diese nicht aus der Welt schaffen. Man habe über schlechte Ventilation geklagt, aber die Arbeiter widersetzten sich oft selbst der Lüftung, eine Erfahrung, die man auch bei jeder Eisenbahnfahrt machen könne. Er hoffe, daß in Bezug auf hvgienische Einrichtungen schon im nächsten Jahre eine Reihe von Verbesserungea ins Leben treten werde. Man habe auch geklagt über den Qualm in, den Färbereien. Der Vor redner als Chemiker werde selber wissen, daß dieser Qualm nicht zu vermeiden sei. Zum Schluß bitte er den Staats Minister um eine Aufklärung. In 5. 12062 Absatz 4 sei sehr apodiktisch ausge, sprochen: „Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebes und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebes erforderlich sind. In weiten Kreisen habe nun diese apodiktische Forderung eine Beun—⸗ ruhigung hervorgerufen und er (Redner) selbst habe in der Kommißssion ver sucht. durch Cinschaltung des Wertes thunlichst. die Vorschriften dieses Abfatzes auf die berechtigte Grenze zurückzuführen. Sein Antrag sei abgelehnt worden und er verzichte darauf, ihn wieder ein zubringen, weil in der Kommission schon hervorgehoben worden sei, daß durch den ersten Absatz in genügender Weise festgelegt sei, daß es sich nur um das Ausführbare und Mögliche handele. Er würde dem Vertreter der Regierung dankbar sein, wenn er dies auch im Plenum des Reichstages bestätigte.
Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Gegenüber den Bemerkungen des Herrn Vor⸗ redners gestatten Sie mir einige Worte.
Daß von den Industriellen auf Grund des Paragraphen nichts Unver⸗ ständiges und Unmögliches verlangt werden wird, ist eine selbstverständ⸗ liche Sache, wie ich glaube; ich kann heute nur wiederholen, was in der Kommissionsberathung in Uebereinstimmung von der Majorität und den Regierungsvertretern ausgesprochen worden ist, daß im ersten Absatz des 5 1202 der Grundsatz enthalten ist, der bestimmend ist für die in dem Paragraphen festgesetzten Bestimmungen, daß nämlich die Arbeiter gegen die Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sein sollen, wie die Natur des Betriebes es gestattet. Die folgenden Absätze geben eine Erläuterung dieses ersten Absatzes. Sie beginnen mit insbesondere“, ‚ebenso“ und endlich!. Es versteht sich ganz von selbst, daß auch die besonderen Anführuagen dieser folgenden Absätze nur unter der Voraussetzung gegeben sind, daß die Natur der Betriebe sie ge⸗ stattet. Nicht Mehr und nicht Weniger soll verlangt werden. Ich glaube daher, der Herr Vorredner sowohl wie seine Berufsgenossen können vollständig befriedigt darüber sein, daß Seitens der Polizei behörden an die Industriellen nicht Forderungen gestellt werden, die Mehr verlangen, als die Natur des Betriebes gestattet.
Abg. Dr. Hirsch: Nach den Ausführungen des Abg. Wurm könnte die Ansicht entstehen, als ob andere Parteien des Hauses, auch die feinige (des Redners), für die schweren Mißstaͤnde des Arbeits verhältnisses keinen Sinn und kein Herz hätten, und daß sie es be⸗ fonders unterlaffen hätten, eine genügende Abhülfe im Gesetz zu schaffen und entsprechende Anträge zu stellen. Er konstatire nun, daß in den beiden Lesungen in der Kommission die Parteigenossen des Abg. Wurm nicht im Mindesten diese Beschwerden vorgebracht hätten, und daß sie auch nicht einen einzigen Antrag gestellt hätten, welcher dem Folge gebe, was in den allgemeinen Redens⸗ arten ausgesfprochen worden sei. Er habe 1881 mit dem Abg. Baumbach und dem nationalliberalen Abg. Dr. Blum beantragt, die dem Bundesrath durch den §. 120 ertheilte Befugniß zum Grlafse von Verordnungen zum Schutze der Arbeiter zur Aus- führung zu bringen. Er habe die Genugthuung gehabt, daß der ge⸗ sammte Reichstag diesen Antrag angenommen habe, Er würde selbst⸗ verständlich mit seinen Freunden in ähnlicher Weise hier vorgegangen sein, wenn wirklich in der Vorlage absolut kein Fortschritt vor⸗ handen wäre. Man müsse aber zugestehen, daß in der jetzigen Fassung der Vorlage ein ganz entschiedener Fortschritt vorhanden sei, und daß viele Wünsche der Arbeiter erfüllt seien. Er erwarte allerding von der bona fides der verbündeten Regierungen, daß sie diese Bestimmungen auch im Sinne des Gesetzes und zuin Wohle der Arbeiter ausführen würden. Sollte dies nicht geschehen und die Fabrikinspektoren nicht ißce Pflicht thun, dann werde seine Partei und auch andere Parteien es gewiß nicht an der Warnung feblen lassen und entsprechende Anträge stellen. Heute solche Anträge zu stellen wäre nicht am Platze, Jedenfalls könne seine Partei sich mit Arbeiterkammern, wie sie die Sozialdemokraten wollten, nicht einverstanden erklären. dagegen würde sie einer Zu samrgenfassung der Aufsicht der Fabriken im Interesse der Einheit lichkeit durch das gane Reich nicht abgeneigt sein. Für jetzt empfehle er die möglichst einstimmige Annahme dieses Paragraphen.
Abg. Wurm: Es werde im S. 120 2 allerdings ein ganzer Schwall von Worten gemacht, inhaltlich seien aber die Bestimmungen die alten, und es werde in Wirklichkeit nichts geändert. Wie wolle denn der Dr. Abg Hirsch den Bundegrath zwingen? Er entwickele einen riesigen Optimismus. aber was die einzelnen Regierungen thun würden, sehe man ja an Preußen. Dort habe man zwar die Fabrik⸗ inspektoren vermehrt, aber sie gleichzeitig zu Kesselrevisoren gemacht, die Arbeit dieser Beamten, die schon zuviel zu thun hätten, also noch erschwert. Anträge habe feine Partei in der Kommisston wohl gestellt, aber sie feien mit Hülfe der Freunde des Abg. Dr. Hirsch verworfen worden. Wolle man die Arbeitsämter nicht, so möge man doch andere Vorschläge machen, seine Partei nehme Alles dankbar an. Aber man wolle den Arbeitern, eben nicht zu viel Rechte geben. In dem Arbeiterfreund‘, der kein sozialdemokratisches Blatt sei, werde der, S 1269 guf Grund einer Broschüre des Bruders des Abg. Möller viel schärfer keifisict, als er (Redner) es gethan habe. Seine Partei wolle, daß, was in der Gesetzgebung versprochen werde, auch zur That werde. Der Abg. Möller könne in Brauereien seben, wie wunderschön der Dampf abgezogen werden könne, sodaß die Arbeiter nicht im Geringsten davon belästigt würden. Die deutschen Maschinen seien allerdings so eingerichtet, daß immer erst besondere Schutzmaßregeln angebracht werden müßten, in England würden gleich bei der Herstellung der Maschinen solche
Vorsichtsmaßregeln getroffen, daß Verletzungen nicht eintreten könn⸗ ten. Wenn die Unternehmer für die Gesundheit der Arbeiter haftbar gemacht würden, würden sie sich ebenso darum kümmern müssen, wie um die Unfallverhütungsvorschriften.
Abg. Heine: Der Abg. Dr. Hirsch habe das größte Vertrauen zum Bundesrath, aber nach den bisherigen Erfahrungen habe man Ursacht, das Vertrauen einzuschränken. Es bleibe schließlich Alles auf dem Papier stehen. Trotz aller Bestimmungen über die Unfall⸗ verhütung sei ein Arbeiter in Halberstadt bei der Bleiweißfabrikation vollständig verkrüppelt. Die Berufsgenossenschaft habe das aber für keinen Unfall erklärt, sondern für eine durch die Art des Betriebes bedingte Gewerbekrankbeit, und habe den Mann mit seinen Ansprüchen abgewiesen. Solche Bestimmungen würden nur wirksam, wenn sie von einer Behörde überwacht würden, bei welcher die Arbeiter selbst mitzusprechen hätten.
Abg. Möller: Arbeiterkammern halte seine Partei nicht für geeignet, sie habe vielmehr das Vertrauen, daß die enorme Vermeh⸗ rung der Fabrikinspektoren eine erhebliche Verbesserung herbeiführen werde. Eine ganze Reihe von Uebelständen erkenne er ja an, aber keine Maßregel werde gewisse Uebelstände, die mit den Gewerben naturgemäß verbunden seien, beseitigen können. Der Abg. Wurm mache aus der von ihm (dem Redner) erwähnten Färberei eine Brauerei; er sei wahrscheinlich niemals in einer Färberei gewesen. Da sei es unmöglich, den Qualm aus den Bottichen, in welche die Sachen eingetaucht würden, zu beseitigen. Zur Ueberwachung der Ver. hältniss⸗ wünsche seine Partei nicht wie die Sozialdemokraten eine ganze Reihe von Instanzen, sondern nur eine einzige, damit die Sache einheitlich gehandhabt werde. Wie sich die Sache machen werde, müsse man abwarten. . ;
Abg. Bebel: Bei einem früheren Paragraphen habe seine Partei in der Kommission einen Antrag auf Einrichtung von Arbeitsämtern für das ganze Deutsche Reich gestellt. Nachdem er aber abgeschlagen worden sei, habe sie selbstverständlich keine Veranlassung gehabt, später darauf zurückzukommen, habe aber erklärt, daß sie in einer späteren Session einen vollständig ausgearbeiteten Ent— wurf in Bezug auf die Ueberwachung der Betriebe vorlegen werde. Der Abg. Möller wolle eine einheitliche Instanz. Als seine (des Redners) Partei aber früher beantragt habe, die Fabrikinspektoren zur Reichssache zu machen, sei sie in der Minorität geblieben, und nun hätten die Einzel⸗ staaten mit der Fabrikinspektion so verfahren, daß die verschiedensten Einrichtungen für dieselbe beständen. Seine Partei sei also bereit gewesen, Wege zu ihrem Ziele anzugeben. Der Abg. Möller und feine Freunde hätten es aber verhindert. Er (Redner) sei erstaunt, daß der Abg. Möller als praktischer Mann und Fabrikant zweifeln könne, daß eine Ableitung der Dämpfe auch in Färbereien möglich sei. Wenn die Vorsorge für Leben und Gesundheit der Arbeiter nicht für die Unternehmer eine Geldfrage wäre, so hätten Technik und Wissenschaft heute schon eine solche Höhe erreicht, daß 90 0, der bisherigen Unfälle unmöglich wären. Selbst in den Bergwerken könnte man die Unglücksfälle nahezu ganz beseitigen. Aber alle diese Dinge seien Geldfragen für den Unternehmer und daher komme der Wider— stand von jener Seite.
Geheimer Ober ⸗Regierungs Ralh Lohmann: Nach der Statistik sei der geringste Theil aller Unfälle auf Mängel in den Betriebs anlagen zurückzuführen, der größere Theil aller Unfälle entfalle auf Zufälligkeiten, für die kein Mensch könne, oder auf Fehler der im Betriebe beschäftigten Personen. Bon den Sozialdemokraten seien allerdings keine Anträge gestellt worden, um diese Maßregeln wirksamer zu machen, als sie nach dem Gesetzentwurf seien Die Arbeiterkammern würden nicht im Mindesten dazu beitragen, diese Bestimmungen wirksamer zu machen in Folge ihrer Besetzung mit Arbeitern und Arbeitgebern. Sie hätten nach den Vorschlägen der Sozialdemokraten einem Reichs ⸗ Arbeitsamt unter⸗ stehen sollen, das aber in den Vorschlägen selbst noch garnicht existirt habe. Die Ueberwachung durch Beamte sei viel wirksamer als die durch ein aus zwei sich gegenüberstehenden Parteien zusammengesetztes Kollegium. Was der Gesetzentwurf bringe, sei viel wirksamer, als was die Sozialdemokraten gewollt hätten. (Beifall rechts.)
Abg. Dr. Hirsch: Bei ihrer Agitation für die Bildung von Fachvereinen strebten die Sozialdemokraten danach, die Arbeiter zu organisiren, aber hier, wo es sich um den Arbeiterschutz handele, wollten sie Alles in die Hände der Polizei legen. Dann sei der Arbeiter, auch wenn er organisirt sei, doch gegenüber dem Arbeitgeber ohnmächtig. Der Staat müsse hier mit eingreifen, aber nach wie vor nützten alle Vorkehrungen nichts, wenn nicht auch die Arbeiter mit ihrer Organisation dahinter ständen. Ein Grundfehler der Arbeits⸗ ämter sei, daß dabei keine Berufzeintheilung vorgesehen sei. Dabei sei nicht die geringste Sicherheit fär eine sachverstäͤndige Beurtheilung gegeben und deshalb habe seine Partei in der Kommission diesem An— trage nicht zustimmen können. Für die Vorlage stimme sie nur, weil sie erwarte, daß, was Gesetz sei, auch ausgeführt werde von den Be— hörden bis zum Bundesrath hinauf.
Abg. Bebel; Der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmaun babe gesagt, es wäre unrichtig, zu behaupten, daß die Mehrzahl der Unfälle durch mangelhafte Schutzmaßregeln veranlaßt werde, in der That sei in den meisten Fällen Zufall oder Fahrlässigkeit die Ursache; er (Redner) weise darauf hin, daß die Statistik über diese Verhältnisse noch recht mangelhaft sei und daß die zur Beurtheilung Berufenen recht häufig Partei in der Sache seien. Eine genauere Prüfung werde zeigen, daß die meisten Fälle von Fahrlässigkeit“ dann einträten, wenn die Leute ermüdet seien, ferner fehle es den Leuten an einer genauen Kenntniß der Gefahr, in der sie ständen; andererseits sei freilich zuzugeben, daß der stete Umgang mit der Gefahr die Leute sorglos mache. Genaue Instruktion der Leute und verringerte Arbeitszeit würden schon die Zahl der Unfälle sehr verringern. Der Geheime Ober⸗-Regierungs⸗Rath Lohmann habe ferner gesagt, die jetzt von der Regierung vorgeschlagene Organisation wäre besser als die von den Sozialdemokraten vorgeschlagenen Arbeiterkammern. Aber erstens genüge die Zahl der Fabrikinspektoren auch nach der Vermehrung noch keineswegs — selbst wenn man ihnen nicht auch die Kessel— revisionen, zu denen sie ganz ungeeignet seien, auflege —, und zweitens lehre die schon alte Erfahrung mit den Gewerbe⸗Schieds gerichten, für die der Finanz.! Minister Dr. Miquel und der Abg. Goetz ja Zeugniß. und nur günstiges Zeugniß, ablegen könnten, daß auch die auf ähnlichem Boden stehenden Arbeiterkammern ihren Zweck wohl erreichen würden. Wie sie von den Sozialdemokraten vorgeschlagen seien, bildeten diese Arbelterkammern sogar eine ganz ideale Organisation.
Geheimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Lohmann: Seine früheren Ausführungen hätten sich gegen vie Bemerkung des Abg. Bebel gerichtet, daß die Mehrzahl der Unfälle durch Fehlen von Siche—⸗ rungsvorrichtungen veranlaßt sei; dem gegenüber behaupte er (Redner), daß die meisten Unfälle durch Zufall und Fahrlässigkeit hervorgerufen würden. Die Gewerbeschiedsgerichte könnten mit Arbeiterkam mern nicht so unmittelbar verglichen werden, denn es sei den Vertretern der Arbeiter und der Arbeitgeber wohl möglich, zu entscheiden, was in einem bestimmten Falle Recht sei, aber schwer sei es im Allgemeinen für eine Arbeiterkammer, zu beschließen, was in einem Betriebe als zweckmäßig einzurichten sei.
Abg. Merbach: Er als Bergmann könne die Aeußerung, daß die Arbeitgeber aus reinem Geldinteresse die Anbringung von Sicher- beitsporrichtungen in den Betrieben unterliegen, nicht, unwider⸗ sprochen lassen. In keinem Gewerbe seien Unfälle so häufig, wie beim Bergbau, aber hei keinem werde auch mit solchen Opfern an der Verhütung von Unfällen gearbeitet er erinnere nur an die Schlag⸗ wetterkgmmifsionen in Preußen und Sachsen, die wissenschaftlich und prak⸗ tisch alles nur Grreichbare thatsaͤchlich erreichten, und die meisten Unternehmer hätten die Mittel, die die Wissenschaft ihnen gebe, mit großen. Geldopfern eingeführt; es gebe freilich auch Unfälle, denen egenüber die menschliche Macht hinfällig bleibe. Der gefährlichste . des Bergmanns aber sei immer das Vertrautwerden mit der
efghr. Wenn man den Unternehmern den Vorwurf mache, daß sie sich lediglich vom Geldinteresse leiten ließen, so wisse er nicht, was
er daran mehr bewundern solle, den hohen Grad von Mangel an
Sachkenntniß oder das Uebermaß von Ungerechtigkeit. Abg. Goetz: Er bestätige dem Abg. Bebel, daß das Gewerbe⸗
schiedsgericht in Leipzig sich gut bewährt habe, aber dasselbe sei noch nach alten Maßnahmen eingerichtet und leiste namentlich als Einigungsamt Gutes. Der Schilderung gegenüber, die die Sozial demgkraten von den Unternehmern gäben. konstatire er (Redner): die Arbeiter, die hier durch den Mund der Sozialdemokraten vertreten würden, seien noch nicht alle Arbeiter. Er als alter Arbeit- geber, der viele Jubiläumsarbeiter gezüchtet habe, wisse, wie es im Arbeiterstand aussehe. Er protestire auch dagegen, ö. von der Regierung nichts für die Arbeiter gethan werde; in Sachsen sei das Institut der Gewerberäthe gut eingerichtet und erfülle feinen Zweck zum Besten der Arbeiter. Die Gewerbeschiedsgerichte ließen sich nicht so ohne Weiteres auf die Industrig als Arbeiterkammer übertragen — das werde vielleicht in tausend Jabren einmal möglich sein, dann würde aber, wenn die Sozialdemokraten bis dahin ihre Forderungen durchsetzten, überhaupt kein Arbeitgeber mebr existiren können.
Abg. Bebel: Der Abg. Goetz dürfte wohl selbst noch erleben. daß die meisten der soꝛialdemokratischen Forderungen realisirt würden. Er (Redner) finde übrigens den Ausdruck „Züchtung von Arbeitern, nicht sehr human. Seine Partei habe an dem Institut der Fabrikinspektoren wesentlich auszusetzen, daß sie die Interessen der Arbeiter in Deutschland nicht so wahrten, wie es in der Schweiz geschehe. Die Anklagen gegen die Arbeitgeber seien ja doch auf die Thatsachen, die der Abg. Wurm vorgebracht habe, basirt, und wie ungenügend §. 1204 bis jetzt durchgeführt worden sei, beweise die Thatsache, daß der Bundesrath selbst eine Abänderung für nöthig halte. Seine (des Redners) Behauptung von dem Geld⸗ interesse der Arbeitgeber beruhe nicht auf Unkenniniß der Dinge oder auf Ungerechtigkeit, sondern da thatsächlich Arbeitgeber auch in der Bergbauindustrie die von der Wissenschaft gelehrten Sicherheitsein⸗ richtungen nicht einführen wollten, so folge daraus, daß sie ihr Geldinteresse über die Sicherheit der Arbeiter stellten. Wenn die deute namentlich im Bergbau leichtsinnig mit den Sprenggeschossen umgingen und dadurch Unheil anrichteten, so liege das an den schlechten Lohneinrichtungen, namentlich an dem Akkordspstem, welches 9 Leute zwinge, ihre geringen Einnahmen auf jede Weife zu ver— mehren.
Abg., Wurm: Die Thatsachen, die er angeführt habe, ent— hielten nicht einmal Alles das, was ihm von Arbeitern zugegangen und was er bier vorzutragen aufgefordert worden sei; so sei z. B. bei der Ultramarinfabrik Linden vor Hannover die ganze Umgebung blau, aber Ventilationseinrichtungen existirten nicht; in Folge dessen müßten die Leute das so schädliche Ultramarinblau, das seiner Gefährlichkeit wegen dem Zucker z. B. nur in ganz geringen Mengen zugefügt werden dürfe, in großen Mengen einathmen; 100 litten in Folge dessen an Magenkrankheiten. In Wollenwaarenfabriken ge⸗ nössen die Leute ihr Fruͤhstück mit Baumwollenstaub vermischt.
§. 1202 wird mit großer Mehrheit angenommen.
FS. 120 verpflichtet die Gewerbeunternehmer, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten, und diejenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere muß, so— weit es die Natur des Betriebes zuläßt, bei der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern nicht die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Einrichtung des Betriebes ohnehin gesichert ist. Ferner werden in Absatz 3 und 4 besondere Vorschriften für Ankleide und Waschräume für die Arbeiter und Arbeiterinnen und für die Bedürfnißanstalten gegeben.
Abg. Bebel: Seine Partei beantrage, den zweiten Absatz zu streichen, weil er etwas Undurchführbares enthalte. Die Verwendung der Frauen und Mädchen in der Industrie nehme von Jahr zu Jahr zu, und eine räumliche Trennung der Geschlechter sei häufig nicht durchzuführen. Uebrigens glaube seine Partei, daß das Zusammen— arbeiten von Männern und Frauen nicht die Sittlichkeit schäͤdige, sondern im Gegentheil Manchen von einer Ausschreitung zurückhalte.
Abg. Dr. Gutfleisch: Um die jetzt immerhin mögliche Aus— legung zu beseitigen, daß der Arbeitgeber das sittliche Verhalten seiner Arbeiter und Arbeiterinnen auch außerhalb der Betriebswerkstatt zu beaufsichtigen haben solle, beantrage seine Partei, in die Bestim— mung, betreffend die Aufsicht des sittlichen Verhaltens, die Worte im Betriebe“ einzufügen.
Abg. von Jagow (Potsdam): In vielen Betrieben leide die Sittlichkeit der zusammen arbeitenden Arbeiter verschiedener Ge— schlechter, namentlich in Folge der beim Arbeiten nothwendig mangel kaften Bekleidung. Seine Partei halte es aber für ihre Pflicht, der Rohheit und Unsittlichkeit der Arbeiter entgegen zu treten und der Behörde die dazu nöthigen Handhaben zu geben. Daß diese Hand baben nicht mißbräuchlich angewandt werden könnten, sei durch den Wortlaut des Paragraphen erreicht. Das Vertrauen zur Regierung müsse man allerdings baben, denn die Regierung habe die Gesetze durchzuführen; seine Partei habe dies Vertrauen zur Regierung, und deshalb sei sie gegen den Antrag Auer.
Abg. Singer: Der erste Satz des § 120 enthalte voll— kommen das, was nothwendig sei, um die Zustände herbeizuführen, die seine Partei mit dem Vorredner wünsche. Die Einfügung der ferneren Bestimmung wegen Trennung der Geschlechter könne man nur als ein Zeichen des Mißtrauens gegen die Arbeiterbevölkerung betrachten. Es sei aber ungerecht und verwerflich, zu glauben, es seien besondere Vorschriften nothwendig, um Anstand und gute Sitte unter den Arbeitern zu erzwingen. Das Verhalten der Arbeiterklasse babe bisher zu solchem Mißtrauen keinen Anlaß gegeben. In verschiedenen Industrien, wo männliche und weibliche Arbeiter zusammen thätig seien, sei der Ton thatsächlich viel anständiger als da, wo sie getrennt acbeiteten. Es hieße doch an der Kultur und Bildungefähigkeit der Menschen verzweifeln müssen, wenn man nicht annehmen müßte, daß gerade durch die gemein“ same Thätigkeit der Geschlechter die Quelle vieler Rohheiten ver stopft würde. Je mehr man die Trennung beseitige, um so mehr werde man die Rohheiten, die jetzt an einzelnen Stellen vorkommen mögen, vermeiden. Der schulmeisterliche Weg. den man einschlage, werde die Unsittlichkeit in der Gesinnung jedenfalls nicht beseitigen, in der Arbeiterbevölkerung aber den Glauben verstärken, daß die Gesetzgebung ihr mit unberechtigtem Mißtrauen begegne. Seine Partei werde für den Antrag Gutfleisch stimmen.
§8. 120 wird unter Ablehnung des Antrags Auer und Genossen mit dem Amendement Gutfleisch und Genossen an⸗ genommen.
Nach 5. 120 müssen Gewerbeunternehmer, welche Ar⸗ beiter unter 18 Jahren beschäftigen, bei der Einrichtung der Betriebsstätte und bei der Regelung des Betriebes diejenigen besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sittlichkeit nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind, .
§. 120d ermächtigt die zuständigen Polizeibehörden, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der Grundsätze der 58. 120a— 1200 erforderlich und aus⸗ führbar erscheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unent⸗ 56 zur Verfügung gestellt werden. Gegen die Verfügungen er Polizeibehörde steht dem Gewerbeunternehmer binnen zwei Wochen die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde zu. Vor Zurückweisung der Beschwerde ist dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag eine mindestens vierwöchige Frist zur Ein⸗ bringung des Gutachtens eines unbetheiligten Sachverständigen oder des Vorstandes der Berufsgenossenschaft oder Berufs⸗ genossenschafts⸗Sektion, der er angehört, zu gewähren. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist binnen
zwei Wochen die Beschwerde an die Centralbehörde zulässig, diese entscheidet endgitig.
Ein Antrag des Abg. Rösicke will zur Einlegung der Rechtsmittel auch den Vorstand der Berufsgenossenschaft befugt wissen, wenn die Verfügung den von der zuständigen Berufs⸗ er s,nschaft erlassenen lfnfallvechut (nn r e geen wider⸗ pricht.
Abg. Rösicke: Mit. Rücksicht auf Verhandlungen, welche schwebten und voraussichtlich seine Wünsche befriedigen würden, ziehe er seinen Antrag vorläufig zurück. Er bestreite nicht, daß es noch eine große Anzahl von Betrieben gebe, wo die bessernde Hand anzulegen sei. Es seien aber doch nur einzelne Falle dieser Art an= geführt worden, während die Betriebe, wo vorzügliche Einrichtungen vorhanden seien, von den Sozialdemokraten verschwiegen würden, so daß es nach Außen hin den Schein habe, als ob die Betriebsunternehmer ihren Verpflichtungen durchweg nicht nachkämen. Alle Gefahren zu beseitigen, werde niemals möglich fein. Auch in den von Sozial⸗ demokraten geleiteten Betrieben kämen Unfälle vor. Eine Vermehrung der Fabrikinspektoren halte er für nothwendig, und selbst die bevor⸗ stehende Vermehrung in Preußen scheine ihm noch nicht ausreichend zu sein. Jeder einzelne Betrieb werde auch dann nur alle fünf Jahre revidirt werden können. Um so auffälliger sei es, daß die Regierung die Selbstverwaltungkorgane duf diesem Gebiete, die Berufs genossenschaften, nicht herangezogen habe. Die Berufsgenossenschaften hätten von dem Rechte, Unfall verhütungsvorschriften zu er— lassen, in weitem Umfange bereits Gebrauch gemacht. Daß dies nur zum eigenen Vertheil der Unternehmer geschehen sei, treffe nicht zu. Die Arbeiter hätten davon unter allen Umständen einen größeren Nutzen: ein noch größeres Interesse hätten sie allerdings an den gewerbehygienischen Maßregeln, und er hoffe deshalb, daß die sozial⸗ demokratischen Abgeordneten seinem Antrag, wenn er in dritter Lefung wiederkomme, ihre Zustimmung nicht versagten. Krankheit ˖ und Unfall verhütung griffen ja so in einander, daß man sie nicht trennen könne. Die Berufsgenossenschaften hätten zudem nicht nur in den eigenen Kreisen, sondern auch in denen der Arbeiter große Anerkennung sich erworben. Die Einführung der Berufsgenossenschaften an dieser Stelle in das Gesetz, ihre Gleichstellung mit den übrigen Faktoren sei um so mehr am Platze, als ja die Organe der Berufsgenossenschaften ohne Anhörung der Arbeitervertreter Ünfallverhütungsvorschriften nicht erlassen könnten. Das bisherige Vetorecht der Arbeitervertreter könnte ia in ein Initiativrecht umgewandelt werden. Zu einem wirklichen Arbeiterschutz sei die op'erfreudige Thätigkeit aller betheiligten Glieder erforderlich. Diese zu ermöglichen bezweckten seine Anträge.
Abg. Wurm: Der Schutz des Lebens und der Gefundheit der Arbeiter werde hier an Behörden ausgeliefert, welche nicht sachver⸗ ständig und nicht kräftig genug gegenüber dem Unternehmerthum seien, um die richtigen Maßnahmen zu treffen. Die Bestimmungen dieses Paragraphen schränkten das Programm, das 8§. 120 a enthalte, o ein, daß davon kaum mehr etwas übrig bleibe. Viel schlimmer würde es noch für den Arbeiter werden, wenn über die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Einrichtung schließlich die Berufsgenossenschaft, der interefsirte Unternehmerverband, entscheiden sollte, Für die Arbeiter seien keine höheren Instanzen gegeben, die zuletzt Recht verschafften, für den Unternehmer aber sei ein großartiger Instanzenzug vorgesehen, wenn die untere Polizei⸗ behörde eine ihm unangenehme Einrichtung treffen wolle. Es werde dem Arbeiter etwas in Aussicht gestellt, der Arbeitgeber werde eß aber in der Hand haben, sich auf vollständig gesetz⸗ mãßige Weise seiner Verpflichtung zu entziehen. Seine Partei könne nicht dafür stimmen, daß den Behörden ein Recht zum Einschreiten eist dann gegeben werde, wenn die Zustände akut geworden seien. Der 5. 1294 sei die Bankerotterklärung des 5. 120a; nicht einmal die einfachsten Maßnahmen ständen der Polizei ohne Weiteres zu, ihr werde jede Initiative genommen. Speziell müsse seine Partei sich gegen die Hineinziehung der Berufsgenossenschaften und die vierwöchige Frist für die Einholung des Gutachtens erklären.
5. 120d wird angenommen.
§. 120 e überträgt dem Bundesrath die Befugniß, Vor—
schriften darüber zu erlassen, welchen Anforderungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durchführung der Betreffs des Schutzes von Gesundheit und Leben aufgestellten Grund⸗
sätze in den S5. 1202 = 120 zu genügen ist. Erläßt der Bundesrath solche Vorschriften nicht, fo können dieselben durch Anordnungen der Landes-Centralbehörden oder durch Polizei⸗ verordnungen erlassen werden. Die Ber gn fen dufte. vorstände sind vorher gutachtlich zu hören. Die vom Bundes⸗ rath erlassenen Vorschriften sind durch das Reichs-Gesetzblatt“ bekannt zu machen und dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnißnahme vorzulegen.
Die deutschfreisinnigen Kommissionsmitglieder, die Abgg. Dr. Gutfleisch und Genossen beantragen, daß die Vorschriften außer Kraft gestellt werden sollen, sobald der Reichstag es verlangt; sie wollen ferner die Mitwirkung der Berufsgenossen⸗ schaften besitzen; dasselbe beantragen die sozialdemokratischen Abgg. Auer und Genossen.
Abg. Freiherr von Stumm: Es werde hier verschiedenen Instanzen das Recht eingeräumt, über große Vermögensrechte zu entscheiden ohne Hinzuziehung eines Richters. In der Kommifsion sei die Ausschließung der richterlichen Entscheidung lebhaft erörtert worden, und man habe sich bemüßt, einen Ausweg zu finden, um den Mißbrauch einer autokratischen Entscheidung durch die Behörden zu vermeiden. Man habe sich schließlich dahin verständigt, daß die. Berufsgenossenschaftsvorstände vorher gutachtlich zu bören sein sollten. Den Einwand, daß hierdurch die Entscheidung verzögert werde, könne er nicht gelten lassen. Dagegen boten die Berufsgenossenschaften die Garantie, daß die betreffenden An— ordnungen sachgemäß getroffen würden. Nachdem der Abg. Rösicke seinen Antrag in Bezug auf die Berufsgenossenschaften zurückgejogen habe, könne er (Redner) nur empfehlen, den Kommissionzantrag anzunehmen und die Anträge auf Streichung der Beruftzgenossenschaften abzulehnen. Sollte dies nicht der Fall sein, so würde man bis zur dritten Lesung einen Antrag formuliren, welcher das Verwaltunge— streitverfahren für dieses Gebiet einführe.
Abg. Dr. Gutfleisch: Seine Partei glaube, daß durch die Anhörung der Berufsgenossenschaften eine Verlangsamung des Ver— fahrens herbeigeführt werde und dadurch möglicherweise die Tendenz der Landesregierung auf erweiterten Arbeiterschutz zurückgehalten werden könne. Es würde damit eine Schwerfälligkeir in den Paragraphen hineinkommen, die auch die Regierungsvorlage seinerzeit nicht gewünscht habe. Die Bedenken, welche seine Partei bereits früher in Bezug auf eine zuweitgehende Befugniß des Bundesraths bei §. 105 4 geäußert habe, beständen auch hier. Biese Befugnisse seien so weitgehend, daß sie von der Kontrole des Reichstages begleitet sein müßten. Die So— zialdemokraten würfen seiner Partei vor, daß sie gegen eine Ein— n . der Arbeitszeit sei und den Maximalarbeitstag per orres ire. Aus hygienischen Gründen sei auch sie fur eine Ein schränkung der Arbeitszeit sie widerspreche lediglich dein Normal- arbeitstag aus wirthschaftlichen Gründen. Damit aber in diesen Anordnungen nicht zu weit gegangen werde, wünsche sie eine Kontrole des r , eme P
g. Letocha: Seine Partei wünsche eine erweiterte Thätigkeit der Berufsgengssenschaften. Nachdem der Abg. Rösicke seinen rn. zurückgezogen habe, begnüge sich seine (des Redners) Partei, für die Kommissionsanträge zu stimmen, behalte sich aber ihre endgültige Stellungnahme für die dritte Lesung vor.
Abg. Singer; Daß der Abg. Freiherr von Stumm für die Betheiligung der Berufsgenossenschaften eingetreten fei, beweise am Besten die Berechtigung des sozialdemokratischen Antrags auf Streichung dieser Bestimmung. Stets sei der Abg. Freiherr von Stumm auf der Seite Derer zu finden, welche ängstlich bestrebt seien, an der Machtvolllommenheit der Arbeitgeber nichts zu ändern. Werde es in die Hand der Berufsgenossenschaften gelegt, vorher