1891 / 89 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

einander kennt, das letzte ist meines Erachtens ein sebr wichtiger Faktor bei der Beurtheilung dieser Frage. können allerdings geringe Geldstrafen, sowie Verweise und War⸗ nungen, namentlich Verweise vor versammelter Belegschaft, von er⸗ heblicher Wirkung seln; ich will das in keiner Weise bestreiten. Aber andererseits ist es auch außer jedem Zweifel, daß es eine große An⸗ zahl von Betrieben giebt, wo man eines kräftigen, wirksamen Straf⸗ mittels nicht entbehren kann, um die Ordnung und Disziplin im Be⸗ trieb aufrecht zu erhalten. Das sind namentlich diejenigen Betriebe, wo die beiden Faktoren der Häufigkeit der gefährlichen Maschinen und der großen Arbeitermasse zusammenkommen. der Hand zu liegen, daß man da, wo täglich gleichzeitig in einem Be⸗ triebe Tausende von Arbeitern beschäftigt sind, wo in Folge dessen die Beaufsichtigung eine ungemein viel schwierigere ist, als in kleineren Betrieben, ohne wirksame Strafmittel nicht auskommen kann. Es trifft dies noch mehr zu, wenn die Arbeiterbevölkerung keine seß⸗ hafte ist, sondern die Arbeiter häufig die Arbeitsstelle wechseln. In welch hohem Maße das oft der Fall ist, haben ja Erhebungen ergeben, die in der letzten Zeit stattgefunden haben. In großen Eisenbetrieben bilden fluktuirendes Element.

Fabrikordnung der Strafbestimmungen bis itlassung dekretirt. Nach §. 36 sei es allen einander gerichtliche Klagen ohne vorher dem Chef davon de würden mit 3 bis 10 ν be⸗ Das sei ein Eingriff danach könne der Arbeitgeber den Solche Bestimmungen vertrügen Menschenwürde, und wenn sie nicht

Paragraphen Stumm in Neunkirchen enthielten 36 10 S, und in 4— 5 werde sofortige En mehr den Eindruck eines Strafgesetzbuches. Meistern und Arbeitern untersagt,

zu führen oder sich zu verheirathen, Nachricht zu geben; straft, in schweren Fällen trete En in die Rechte der Arbeiter, denn Arbeitern das Heirathen verbieten. sich nicht mit den je Arbeiter würden . vom Arbeitgeber abhängig wären. aber trotz des 5§. 1

In solchen Betrieben

Zuwider handelnde tlassung ein.

igen Anschauungen von N ich das nicht gefallen lassen, Solche Bestimmungen würden glich bleiben, denn die Fabrik. den unteren Verwaltungsbehörden genehmigt on den Landräthen, in Sachsen von der ch einen Landrath wie den Abg. daß S5. 134 b Die Gebrüder Stumm verlangten von ihr Verhalten außerhalb des namentlich sei ihnen das uner⸗ traßen bei Hochzeiten und in der Neujahrs⸗ Dazu müßten die Arbeiter natürlich ionirsystem ständig überwacht werden. B. dat unerlaubte Schießen verboten werde. die Königlichen Behörden dem gegenüber! erwaltung habe vorgeschrieben, daß die Werkstätten nicht unter 16 und nicht ollten. Wenn eine ähnliche Bestimmung von wo solle man denn hin? Daß Königreich Sachsen es nicht Staatsbehörde

Mir scheint es auf

werden, in Preußen also v Amtshauptmannschaft. von Kleist⸗Retzow nicht viel nützen werde. eitern auch, daß sie durch a Ehre machten;

Wenn er si

Betriebes der Firm 2. laubte Schießen auf den S nacht u. dergl. streng verboten. durch ein wohlorganisirtes Sp Wenn so z. Rolle befänden sich denn Die sächsische Staatsbahn aufzunehmenden über 35 Jahre alt sein s Privatunterneh eine untere wagen werde, gegen Einspruch zu erheben, unterlieg in Preußen sein. allein der Arbeitgeber, große Zahl

darnach fast 50 der Arbeiterschaft Leuten gegenüber, die kommen und gehen ich mache ihnen das nicht zum Vorwurf, ich erwähne nur die sache ist aber, um die Disziplin des Betriebes aufrecht zu er halten, ein wirksames Strafmittel nothwendig, und ein solches kann man nicht in Verwarnungen und Verweisen sehen, sondern nur in einer auch wirklich kräftigen und wirksamen Geldstrafe.

Nun hat die Regierungsvorlage welches nicht hinausgegangen werden darf, den doppelten Betrag des ortsüblichen Tagelohnes angenommen; Rücksicht darauf gewählt, daß damit eine völlig klare, unanfechtbare Grundlage gegeben ist, und die Bedenken, die gegen die Gerechtigkeit dieses Maßstabes vorgebracht worden sind, scheinen mir doch nicht aus— schlaggebend zu sein. Denn wir wollen ja nicht, daß der doppelte ortsübliche Tagelohn als Strafe stets verhängt werden solle, sondern wir wollen mit diesem Betrage nur die Grenze festsetzen, über die hinaus nicht bestraft werden kann.

Ich möchte

Arbeiter in den

erlassen werde, zerwaltungsbehörde im eine solche Fabrikordnung einer e keinem Zweifel, und ebenso werde es ergehungen des Arbeiters entscheide der Arbeiter habe keine Macht dagegen. rdnungen schreibe vor, daß d

Durch die Arbeiter die um sich bessere Arbeitsbedingungen zu Koalitionsrecht der Arbeiter vernichtet. fortgesetzt mache, daß

Ueber alle V

von Fabriko sie hat diesen Maßstab mit

Arbeitgeber

aiserlichen Werften, wonach die

schriften auf den K Arbeit nicht verl verschaffen, werde das blieben da die Koalitionsrecht der die politische Gesinnung der Ar 6 bestraft. Was der Arbeiter in politi Arbeitsstellung thue, gehe den Unternehmer nichts an. §. 1345 eine Bestimmung unmöglich werden, die Betheiligung an politischen Vereinen irgendwelcher sei? Bei einem späteren Para hörde installiren, unmöglich seien. müsse seine Partei, . e Auffassung ausgefallen sei es sich um einen von dem lange seine Partei, daß über einen solchen ondern das Gewerbegericht, an we

assen dürften,

schönen Versicherungen, die man Arbeiter nicht antasten wolle? Arbeiter werde auf den Kaiserlichen Werften scher Beziehung außerhalb seiner Werde nach wonach den Art verboten graphen müsse man eine besondere Be⸗ daß solche Bestimmungen Ihre Anträge, die Ziffern 3 und 5 zu streichen, nachdem die Abstimmung bei §. 125 und 5§. 134 In Fällen, wo Arbeiter angerichteten Schaden handele, ver⸗ Fall nicht der Arbeitgeber sches sich der Unternehmer nn er sich nicht mit dem Arbeiter verständige. geschlagenen Form ollten: von den Arbei⸗ Es liege vollständig in der hmer, wie sie die Arbeiterausschüsse zusammensetzen Die Arbeitskammern seien ganz etwas Bezirke gewählte Vertretungskörper und öffentliche Be⸗ Arbeiterausschüsse ondern könnten nur ihre Meinung über das äußern, was Daß solche Scheineinrichtungen ihren Außerordentlich bedenklich

aufmerksam machen, meines Wissens in keiner Gesetzgebung der Welt den Arbeitgebern die Befugniß zur Verhängung von Geldstrafen völlig genommen Auch Grenzen für die Befugniß, Konventionalstrafen zu sind bisher In Oesterreich ist es nicht geschehen; auch in England bestehen meines Wissens ich glaube, das ist auch schon erwähnt worden Bestimmungen in dieser Richtung nicht.

Nun sind die verbündeten Regierungen der Meinung, daß Strafen in Höhe des einfachen ortsüblichen Tagelohns für diejenigen Be⸗ triebe, die ich mir erlaubt

hier darauf

welche darüber wache, worden ist.

zurückziehen.

entscheide, s sofort zu wenden habe, w Die Arbeiterausschüsse lehne seine Partei in der vor

sie nicht, was sie sein s und für schwerere

hinreichend anzusehen welche die Kommission hier für die geeignete gehalten hat, zu ernsten Bedenken Anlaß bietet. Es sind ja schon von dem Hrn. Abg. Freiherrn von Stumm eine Reihe von Fällen angeführt worden, die für die Ordnung des Betriebes, für das Arbeiter selbst von solcher Be⸗

ab, denn danach seien r rei gewählte Vertrauenskörper. Hand der Unterne für größere ü He hätten gar selbständige Initiative, s J den Arbeitgebern gut dünke. Zweck verfehlten, unterliege keinem Zweifel, A i Arbeiterausschüsse, welche völlig in der Hand der Arbeit iter unter 21 Jahren unter ihre Vormundschaft verboten werden, Es könne ihnen befohlen werden, zur Der Arbeiter solle ein vollständig freier eine Arbeitskraft für eine gewisse Zeit den Außerhalb der Arbeit habe ihm Niemand Diese Bestimmung verletze auch staats bürgerliche Rechte, denn nach dem vreußischen Vereinsgesetz könnten bereits Leute unter 18 Jahren politischen Staats-Minister Freiherr von Berlepsch:

Ich habe die Absicht, zu dem Beschlusse der Kommission zum zweiten Absatz des 5§. 134 zu machen, wonach die Höhe de stimmungen in die Arbeitsordnung aufgenommen werden dürfen, nach ortsüblichen Tagelohnes begrenzt dies Strafmaximum ortsüblichen Tagelohnes fest⸗ An sich ist in den Reden dieses hohen Hauses, auch in den Reden in der Kommissionsberathung und in den Anträgen, ernstliches Bedenken gegen die Geldstrafe als nothwendiges Mittel zur Aufrechterhaltung der Disziplin an sich nicht vorgebracht worden. Vorredner haben zwar ihre persönliche Auffassung dahin gekennzeichnet, Aufrechterhaltung der erforderlich was nothwendig insbesondere Hr. Abg. Dr. Hirsch

Wohl und die Sicherheit der

sei, daß die geber lägen, die Arbe stellen könnten. einem Verein anzugehören. Kirche zu gehen u. dergl. Mann sein, der nur s Unternehmern ve etwas zu befehl

festgesetzt werden: gegen die Vor⸗ Sicherheit des

Thätlichkeiten gegen die Mitarbeiter, schriften, welche zur Ergänzung der Unfallverhütungsvorschriften Es sind als solche weiter Verstöße gegen die guten Sitten und nach Auffassung der Regierung auch unbedingt Verstöße gegen die des Betriebes anzusehen, und die Kontinuität des Betriebes in hohem Maße abhängen. Nun, meine Herren, möchte ich weiterhin doch darauf aufmerksam machen, daß die Frage der Höhe der Strafen in ihrer Schärfe ganz außerordentlich mit dem Augenblicke verliert, wo die Bestimmung getroffen wird, daß die Strafe nicht zum Besten des Arbeitgebers verwendet werden darf, sondern nur zum Besten des Arbeiters, und wo vorgeschrieben ist, daß in die Arbeitsordnung Bestimmungen aufzu— nehmen sind, die diese Art der Verwendungen regeln. weiter sich ins Gedächtniß zurückzurufen die Bestimmung, daß die Arbeiterschaft über die Arbeitsordnung gehört werden soll, daß die Arbeitsordnung der unteren Verwaltungsbehörde vorgelegt werden soll, damit diese prüfe, ob sie in ihren einzelnen Bestimmungen dem Gesetz entspricht, endlich die Vorschrift, daß aus dem der Aufsichtsbeamte sich überzeugen kann, ob eine übermäßige Handhabung der Strafbefugniß stattfindet. Alle diese Vorschriften ziehen die ordnungen in die Oeffentlichkeit; sie entrücken sie dem Gebiete des Privatrechts, in dem sie bisher gelegen haben, und unterziehen sie der Beurtheilung nach dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses.

Darin liegt meiner Auffassung nach ein derartiger Fortschritt zu Gunsten der Arbeiter gegenüber dem bisherigen Zustand, daß ich glaube, der Reichstag sollte nicht zögern, auf der anderen Seite auch dem Unternehmer die Mittel zu gewähren, deren er nicht nur in seinem, sondern zweifellos auch in dem Interesse seiner Arbeiter dringend bedarf, um Ordnung und Zucht in seinem Betriebe aufrecht zu erhalten.

Ich bitte Sie deshalb, meine Herren, den Antrag der Kom⸗ Da zur Zeit eine Möglichkeit, die Re⸗ gierungs vorlage herzustellen, leider nicht vorliegt, so muß ich mich dahin aussprechen, daß ich es für das Richtigste halte, den Antrag von Stumm anzunehmen, der vorschlägt, daß als das Strafbestimmungen der (Lebhafter Beifall.) he insofern zu weit, als s in derselben

diesen Arbeitern Wahrung der

davon die ereinen angehören.

Meine Herren! einige Bemerkungen

Strafen, bezüglich deren Be⸗

den Betrag

Regierung vorlage Ich bitte Sie,

worden ist, gesetzt hatte.

hier vorliegen, ein erhebliches und

ein Bußenverzeichniß

beiden Herren geführt werden soll,

Geldstrafen Strafbestimmungen der Fabrik— Fabrikbetrieben

sei, erreichen könne. ausgesprochen, ganzen Rechtsanschauung sich nicht vertrüge, derartige Strafbefugnisse dem Unternehmer oder Fabrikanten zu übertragen. Diese Ansicht halte Mit unserer Rechtsauffassung ist eine Uebertragung der Befugniß der Festsetzung von Konventionalstrafen Es handelt sich hier Uebertragung einer strafrechtlichen Befugniß, sondern um die Frage, ob Jemand befugt ist, mit einem Anderen eine Konventionalstrafe zu verabreden; und unsere bisherige Rechtsauffassung geht zweifellos dahin, daß für diese Befugniß eine

ich indeß nicht für zutreffend.

eifellos vereinbar. eben nicht um

mission nicht anzunehmen. eschränkung überhaupt nicht Hr. Abg. Dr. Hirsch hätte deshalb meines Erachtens sich richtiger dahin ausgedrückt, daß unsere Rechtsauffassung bisher dahin ging, daß eine Beschränkung der Befugniß, Strafen im Fabrikbetrieb, in der Fabrikordnung festzusetzen, nicht existirt, und daß wir diese Beschränkung jetzt erst durch das vorliegende Gesetz in unsere Gesetz⸗ Daß die Mehrheit dieses Hauses damit vollständig hervor, was wir

Maximalmaß der durchschnittliche Tages⸗

arbeitsverdienst gelten solle.

Abg. Dr. Schädler: Der Antrag Auer ge schweres Vergehen eines Arbeiter he schon einmal bestraft sei, straflos bleiben müsse. Antrag Stumm zu weit Mann nicht für Verlust des vollen Tages⸗ und das sei wohl zu b ilie leben solle. Das Wort des Abg. Bebel, eit und keine Anarchie,

nach ihm ein zweites Lohnperiode, in der er Nach der anderen Seite sei seiner Partei der gehend, zumal sie keine Garantie dafür h ein geringes Vergehen gleich mit dem

verdienstes bestraft werde, achten und auch seine Fam er wolle in der Fabrik keine Disziplinlosigk l werde allseitiger Zustimmung begegnen. Der Disziplinlosigkeit sollten eben die Strafbestimmungen entgegenwirken. diefen Zweck vorgeschlagen habe, würden nicht genügen; Ermahnung, Drohung, Appellation an das Ehrgefühl würden ja vielfach helfen, aber wenn sie versagten, so könne man den Mann doch nicht, wie bei gewissen Parteien die gegen die Parteidisziplin Verstoßenden, gleich an die Luft fliegen lassen, denn dann wäre eben er mit seiner Familie brotlos, sondern man müsse auch Geldstrafen einführen. Seine Partei

gebung einführen. einverstanden gehört haben.

Nun muß ich ja zugeben, daß es eine Reibe von Betrieben giebt, ohne Geldstrafen auskommen kann. Betrieben, wo man mit geringeren mit solchen, welche die Höhe des ortsüblichen Das werden vorwiegend

abe, ob der

wo man in der That von dem er Anzahl von Geldstrafen, z. Tagelohns nicht überschreiten, auskommt. solche Betriebe sein, wo wenig gefährliche Maschinen in Anwendung nur in geschlossenen

Prämien, die man für

kleine Arbeiterzahl,

Räumen, beschäftigt ist, wo eine seßhafte kontinuirliche Arbeiterschaft vorhanden ist, die nicht nur mit der Person des Arbeitgebers in be⸗ eziehungen steht, sondern die sich auch unter⸗

sonderen persönlichen

sei gegen jede Maßlosigkeit der Strafe bezüglich der Art sowobl wie der Größe, zumal unmäßige Strasen leicht den Verdacht erwecken könnten, als handle es sich um eine Bereicherung des Arbeitgebers. Seine Partei stehe auf dem Boden der Kommissionsbeschlüsse, wenngl ich sie manches Bedenken dagegen habe Das erste Bedenken habe sie gegen die Worte ortsüblicher Tagelobn', weil danach dasselbe Vergehen hier mit dieser, dort mit jener Strafe bedroht sei. Vielleicht wäre es besser, die Vergehen in solche leichterer und solche schwererer Natur zu theilen, zu den ersten etwa einmalige Verspätung zu rechnen, zu den letzteren Thätlichkeiten gegen die Mitarbeiter, schwere beharrliche Verstöße gegen die guten Sitten, sowie gegen die zur Sicherheit des Betriebes und zur Durchfübrung der Gewerbeordnung getroffenen Einrichtungen. Seine Partei stimme nichtsdestoweniger der Kom⸗ missionsfassung zu, weil ia nicht immer die höchste zulässige Geld⸗ strafe eintreten müsse, sondern sicherlich vernünftige Unterschiede gemacht werden würden; dann beruhige ibn die Bestimmung, daß jedem Arbeiter vor Uebernabme der Arbeit von der Fabrikordnung Kenntniß gegeben werden müsse, ferner die Bestimmung, daß die Strafgelder nicht dem Unternehmer gehörten, sondern zum Besten der Arbeiter verwandt werden müßten, und endlich die Einführung der Bußbücher, die dem Fabrikinspektor vorgelegt werden müßten und nach deren Inhalt die Unternehmer wohl auch einzelnen Aufsehern und Bear en, die zuviel Strafen verhängten, entgegen⸗ treten würden. Au am seien Betriebe bekannt, in denen man ohne Strafbestimmungen auskomme, aber da lägen die Verbältnisse eben ganz besonders. Die Arbeiterausschüsse begrüße seine Partei mit Freuden, sie halte sie für mebr als Scheinausschüsse, sie würden ein vermit telndes Organ zwischen Arbeitern und Arbeitgebern sein. Unter der Bedingung, daß der Arbeiterausschuß gebört werde und zu— stimme, stimme seine Partei auch dem letzten Abschnitt des 5. 1346 zu, denn darin liege eine Garantie einer maßvollen, zweckmäßigen Ausführung dieser Bestimmung und einer erziehlichen Ein⸗ wirkung derselben auf die Jugend; seine Partei weise nämlich dem Arbeitgeber eine sittliche Aufgabe zu, wie sie auch in der Fabrik selbst eine sittliche Gemeinschaft sehe. Sie erblicke in dem erwähnten Abschnitt keine Bevormundung des Arbeiters, sondern eine Unterstützung der elterlichen Autorität in der Erziehung, die sich nach ihrer Meinung über die Entlassung aus der Schule hinaus erstrecken müsse. Wenn der Abg. Freiberr von Stumm gesagt habe, daß, wer nicht für seinen Antrag auftrete, das Fundament des Staats untergrabe und zugleich die Axt an die Wurzel der Monarchie lege, so nehme er (Redner) an, daß er ebenfalls von der Anschauung ausgehe, daß die Parteien des Hauses im redlichsten Be—⸗ streben hierher gekommen seien, zu arbeiten jum Wohle des Volkes, und daß ihnen nichts ferner liege, als das Fundament des Staats zu untergraben.

Abg. Wöllmer: Die Argumente des Abg. Freiherrn von Stumm über die Strafen in der Fabrikordnung gehörten einer zurück liegenden Zeit an. Namhafte Fabrikbesitzer shen von, Strafen fast ganz ab und gäben ihnen mehr den Charakter einer statistischen Ge— bühr. In einer großen Berliner Maschinenfabrik würden lediglich Strafen für Verspätungen verhängt in Höhe von 16 3. Was die Strafen der Krankenkassen betreffe, so übersehe der Abg. Freiherr von Stumm, daß es sich bei diesen um eine Straffestsetzung inter pares handele, bei der Fabrikordnung dagegen um eine einseitige Festsetzung. Nach den Erklärungen des Vorredners werde die Strafbestimmung wohl nach der Kommissionsfassung ungeachtet der Aufforderung des Handels-⸗Ministers zur Annahme gelangen. Die Arbeiterausschüsse seien der erste Anfang, der Keim zu weiteren Ge— staltungen, welche dazu dienen sollten, auf dag Arbeitsverhältniß ge⸗ wiffe konstitutionelle Formen zu übertragen; sie sollten hauptsächlich die Gleichberechtigung der Arbeiter auch äußerlich markiren helfen. Sei die hier gebotene Gestalt eine unvollkommene, so dürfe man deshalb das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, wie es der Abg. Bebel thue. Die Entfernung aller sittlichen Ge— walten aus dem Arbeitsverhältniß sei nach seiner festen Ueberzeugung auch nicht der Wunsch der Sozialdemokraten selbst; denn sonst würden sie auch für dieses . n nicht ein⸗ treten können. Die Mitwirkung der Arbeiterausschüsse bei den Wohl fahrttzeinrichtungen der Betriebe billige seine Partei daher, nicht aber die Uebertragung von Befugnissen betreffs der Ueberwachung des Ver⸗ haltens der minderjährigen Arbeiter außerhalb der Arbeit. Junge Leute von 19, 20, 21 Jahren könne man nicht anders bezüglich ihres Verhaltenz kontrolliren, als solche von 22, 23, 24, 25 Jahren. Damit würde man zwei Kategorien von Arbeitern schaffen und ungünstig auf die ganze Gestaltung des kameradschaftlichen Ver hältniffes einwirken. Sollten diese Befugnisse durchaus den Aus schüffen übertragen werden, so möge man sie beschränken auf die jungen Leute unter 18 Jahren, denn mit 18 Jahren beginne die Strafmündigkeit und böre das Bedürfniß einer solchen besonderen Devormundung auf, es werde zu diesem Zeitpunkte auch die gewerb—= siche, wirthschäftliche Mündigkeit erreicht.

Abg. Möller: Wenn der Reichstag dies Gesetz noch verab⸗ schieden wolle, halte er die Mitglieder bei der Geschäftslage des Hauses für veipflichtet, sich kurz zu fassen, und er (Redner) werde dieser Pflicht um fo eher nachkommen, als die schweren Bedenken der Unternehmerkreise gegen die Fabrikordnungen, Bedenken, welche er in vollem Maße theile, von anderer Seite schon eingehend vorgetragen seien. Seine Partei hoffe, daß bis zur dritten Lesung eine' anderweitige Ordnung der Strafe und des Strafmaximums sich werde erreichen lassen; geschehe dies nicht, so werde sie in dritter Lesung für den Antrag Stumm stimmen. Sämmtliche sonstigen Abänderungsanträge werde seine Partei ablehnen, für die Arbeiter⸗ ausschüsse im Sinne und Umfange des letzten Satzes des § 1346 werde sie eintreten.

Abg. Freiherr von Stumm tritt den von den Abgg. Bebel und Pr. Hirsch ihm gemachten Vorwürfen entgegen. Die Bestimmungen über Vergehen außerhalb des Betriebes würden aus seiner Arbeits⸗ ordnung und aus allen anderen wegfallen, weil derartige Bestim⸗ mungen für Vergehen außerhalb des. Betriebes nicht mehr in den Arbeitsordnungen enthalten sein sollten. Aber er werde das bisherige Verfahren mit derselben Entschiedenheit wie bisher durchführen. Niemand könne ihn hindern, durch besondere Bekanntmachungen zu erklären, daß er sich um das Privatzerhalten der Arbeiter wie bisher kümmern werde, daß wer eine Ehe eingehe, wer ein Geschäft anfange, ohne ihm feine Absicht milzutheilen oder sonst diese Bestimmungen verletze, zuerst verwarnt und im Wiederholungefalle gekündigt werde. Diese Art der Ahndung werde eben viel schärfer sein als die bisherige, und das wolle er durch seinen Antrag gerade vermeiden. Von einem Verbot des Heirathens sei übrigens bekanntlich in seiner Arbeits⸗ ordnung gar nicht die Rede. Die Arbeitsordnung der Gebrüder Stumm solle die härteste in Deutschland sein. Die höchsten Straf— maße seien in seinem Betriebe wohl niemals angewendet worden; die zeitweilige Ablegung, die härteste aller Strafen, sei bei ihm seit vielen Jahren schon an die Zustimmung des Arbeiters gebunden. Bei einem Strafmaximum von 180 oder 2 müsse er natürlich die zeit- weilige Ablegung öfter zur Anwendung bringen, also die Strafe ver- schärfen. Für die Vorschriften, welche seine Arbeitsordnung bezüglich des Verhaltens] der Arbeiter außerhalb des Betriebes enthalte, seien ihm die Behörde, die Landräthe, die Bürgermeister außerordentlich dankbar. Uebrigens hindere die Arbeiter nichts, in die Arbeitsordnungen bineinschreiben zu lassen, daß auch der Arbeitgeber strafbar sein solle, wenn er sich betrinke u. dergl. Der Antrag Schädler sei nicht acceptabel, denn er wolle die Strafverschärfung gerade für die Verstöße gegen die Ordnung des Betriebes nicht, wo sie gerade am Allernothwendigsten sei. le Schluß⸗ ausführungen seiner ersten Rede hätten natürlich besagen sollen, daß es das Resultat der hier vorgeschlagenen Bestimmungen sein werde, daß die Axt an die Wurzel der Monarchie gelegt werde. Er habe der Partei des Abg. Dr. Schädler geilß kelnen Vorwurf machen wollen. Soweit könne er (Redner) aber nicht gehen wie der Abg. Dr. Schädler, daß keine Partei in dlesem Hause einen solchen

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Vorwurf verdiene. Es gebe hier allerdings eine Partei, welche die Art an die Wurzeln der Monarchie legen möchte.

Abg. Dechelhäuser erklärt, daß er auf die Arbeiterausschüsse später zurückkommen werde. Vorläufig gebe er nur seiner großen Befriedigung darüber Ausdruck, daß diese Ausschüsse von den Sozialdemokraten angefeindet würden.

Abg. Bebel: Die heutigen Besprechungen der Arbeitsordnung des Abg. Freiherrn von Stumm würden in weiten Kreisen, nament— lich auch bei seinen eigenen Arbeitern, einen anderen Eindruck machen, als er selbst gehofft habe. Er (Redner) wisse ja freilich, daß der Abg. Freiherr von Stumm jede Opposition seiner Arbeiter mit den schärfsten und rücksichtslosesten Mitteln bekämpfe. Die Be— hauptung, daß durch die neuen Bestimmungen an seiner Fabrikordnung nichts geändert werde, sei ihm. (Redner) un: begreiflich. Die Maximalstrafe werde künftig selbst bei hohem durchschnittlichen Arbeitslohne nur 2 bis 28 (S. be— tragen, während in den von ihm angezogenen Paragraphen der Arbeitsordnung des Abg. Freiherrn von Stumm keine einzige Strafe unter 3 enthalten sei. Die Ausführungen des Abg. Frei⸗ berrn von Stumm bewiesen, daß nach dem Inkrafttreten des Ge⸗— setziß an den Bestimmungen seiner Arbeitsordnung nicht viel ge— ändert werden würde und daß die Willkür des Arbeitgebers seinen Arbeitern gegenüber nach wie vor in Kraft bleiben solle. Wenn man soweit gehe, selbst das Heirathen zu verbieten, so sei diese Willkür höchstens noch bei den Junkern anzutreffen, die den Gedanken, daß die ländlichen Arbeiter ihre Hörigen seien, auch nicht fallen lassen könnten; sie selbst heiratheten, ohne irgend Jemand zu fragen, und manche von ihnen begnügten sich nicht einmal mit einer Frau. Dem Arbeiter aber müsse auch hier vorgeschrieben werden, wie er sich verhalten solle. Durch die Befürwortung des Stumm'schen Antrages gehe der Handels⸗Minister sogar uber die Regierungsvorlage hinaus, die Strafen würden für einen Theil der Arbeiter höher sein. Die Herren, welche durch subtile Unterscheidungen die Frage zu lösen versuchten und glaubten, nach⸗ weisen zu müssen, daß für mancherlei Verhältnisse, die festgesetzten Strafen nicht autzreichten, möchten doch beachten, daß nicht gesagt sei, wie oft die Strafen verhängt werden dürften; der Unternehmer könnte auch aus einem Vergehen deren mehrere machen und jedes einzelne dann mit dem Strafmaximum belegen. Eine ganze Reihe bisher mit minimalen Strafen bedachter Vergehen würde jetzt mit höheren Strafen belegt werden. Die Unternehmer würden jedenfalls in Hülle und Fülle Mittel und Wege finden, die Strafen zu häufen, darum sel ein Korrektiv durchaus nöthig gewesen Strafen feien nicht die rechten Mittel, um die Arbeiter zur Gewissenhaftig⸗ keit in ihrer Arbeit und zur Vorsicht anzuhalten. In der Hibernia“ solle das Unglück nur durch die Ueberarbeitung des betreffenden Arbeiters hervorgerufen sein, die wieder eine Folge der Akkordbedin⸗ gungen gewesen fei. Lasse man deshalb lieber das fluchwürdige Akkord—⸗ spstem in den Betrieben fallen, welches mittelbar an vielen schweren Unglücksfällen schuld sei, die durch Außerachtlassung von Vorsichts⸗ maßregeln entstanden seien.

Abg. Freiherr von Stumm: Was der Abg. Bebel gegen seine (des Redners) Ausführungen vorgebracht habe, beweise nur, daß er auch seine zweite Rede nicht verstanden habe. I‚m Westen hätten alle größeren Arbeitgeber Bestimmungen Betreffs der Heirath ihrer Arbeiter getroffen. Er halte es auch für die Pflicht jedes Arbeit gebers, der einen geschlossenen Arbeiterstand babe, nach dieser Rich— tung Fürsorge zu treffen. Ein einzelnes Vergehen dreimal zu be— strafen, widerstreite dem klaren Wortlaut der Bestimmung.

Damit schließt die Diskussion.

In der Abstimmung werden die sozialdemokratischen An— träge, der Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm und der Antrag Gutfleisch-⸗Hirsch abgelehnt; §. 1346 im Ganzen wird angenommen.

Nach 5§. 1346 soll der Inhalt der Arbeitsordnung, soweit er dem Gesetze nicht zuwiderläuft, für Arbeitgeber und Arbeiter rechts verbindlich sein.

Abg. Frohme: Dieser §. 134 wolle den Arbeiter auf eine Arbeitsordnung verpflichten, deren einzelne Festsetzungen garnicht genau umschrieben seien. Wenn in eine Arbeitsordnung aufgenommen werde, daß ein Arbeiter nicht Mitglied einer gewerkschaftlichen Vereinigung werden dürfe, solle auch bierauf die Rechtsverbindlichkeit zutreffen? In der weiteren Kritik dieser Vorschrift kommt Redner auf den Ver— band der deutschen Metallindustriellen zurück, der sich nach den neuesten Enthüllungen mit der Polizei und den oberen Staatsbebörden zum gemeingefährlichsten Anarchismus verbunden habe. (Präsident von Levetzow rügt diesen Ausdruck) Namentlich bedenklich sei diese Rechtsverbindlichkeit, wenn man die Unbestimmtbeit der Strafen und die Willkür der Arbeitgeber in dieser Beziehung in Betracht ziehe.

Abg. Freiherr von Stumm beantrggt, in der Kommis— sionsfassung die Bestimmung, daß die Strafen ohne Verzug festgesetzs und zur Kenntniß des Arbeiters gebracht werden müssen, dahin zu ändern, daß die festgesetzten Strafen ohne Verzug dem Arbeiter zur Kenntniß gebracht werden müssen.

Die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann und Ge⸗ nossen beantragen, in 5. 1340. ausdrücklich auszusprechen, daß in dem Arbeitésvertrage andere Gründe für Entlassung und Austritt aus der Arbeit nicht vereinbart werden dürfen, als in der Arbeitsordnung oder in den §5§. 123 und 124 vor— gesehen sind.

Abg. Freiherr von Stumm: Sein Antrag entspreche eigentlich der Absicht der Kommission, nur die Redaktionskommission habe die jetzige Fassung hereingebracht. So wie 8. 134 ietzt laute, werde er den Arbeitern die Möglichkeit eines Rekurses gegen die Straffest⸗ setzung völlig nehmen. Er bitte, den Arbeitern das Danaergeschenk zu ersparen und seinen Antrag anzunehmen.

Abg. Dr. Gutfleisch: Die Antragsteller hätten ihren Antrag gestellt, um die Auslegung des Gesetzes zu fixiren und namentlich um die Befugnisse der Arbeitsordnung abzugrenzen; sie hofften, daß dieser wohl auch den Sozialdemokraten genehme Antrag Annahme finden werde. Die Redaktionskommission habe allerdings den Para graphen materiell geändert, aber daß darauf aufmerksam gemachte Plenum der Kommission hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, allerdings sei der Abg. Freiherr von Stumm in der betreffenden Sitzung nicht anwesend gewelen. Im Uebrigen bitte er (Reyner) um Ablehnung des Antrages Stumm; denn die Folgen, die der Abg. Freiherr von Stumm befürchte, werde der Kommissionsvorschlag darum nicht haben, weil unter „Verzug“ gleich dem juristischen ‚mora“‘ nur strafbarer Verzug“ zu verstehen sei, also ein Rekurs und darauf folgende Untersuchung dadurch durchaus nicht ausgeschlossen sei.

Abg. Möller empfiehlt den Antrag Stumm zur Annahme.

Abg. Freiherr von Stumm zieht seinen vorher gestellten Antrag zurück und beantragt, dafür zu sagen; „Strafen müssen nach ihrer Festsetzung ohne Verzug den Arbeitern zur Kenntniß gebracht werden.“

Abg. Freiherr von Stumm: In Fällen, wo der Arbeitgeber, z. B. er, wochenlang von der Arbeitsstäͤtte entfernt sei, könne leicht bei der Verfolgung eines Rekurses durch irgend eine Versäumniß ein straf⸗ bares Verschulden' entstehen, immer sei der Arbeiter durch solche Falle benachtheiligt und darum bitte er um Annahme seines Antrages.

Gegen den Antrag Stumm macht Abg. Schmidt (Elberfeld) geltend, daß gerade die Verhältnisse, welche den großen Bergarbeiter strike hervorgerufen hätten, die Veranlassung gewesen seien, die an- gefochtene Bestimmung in die Vorlage zu bringen. Nichts hätte die Arbeiter mehr erbittert, als die nachträgliche Festsetzung der Strafe; erst bei der Monatsgabrechnung habe man dem Arbeiter für genullte Wagen, für sonstige Verstöße so und so viel abgezogen. Man sollte fuß gerade im Interesse des Arbeiters diese Bestimmung bestehen assen.

Abg. Singer: Der Abg. Freiherr von Stumm wolle dem Arbeiter die Möglichkelt wahren, bei Verhänqung einer Strafe den Rekurs an den Chef zu nehmen. Das könne ja auch bei sofortiger

Festsetzung der Strafe tzeschehen. Die Strafen müßten verhängt werden unter voller Kenntniß der Strafumstände, während die Darstellung einer Unthat auf dem Papier, wonach der Arbeitgeber beim Rekurse urtheilen müßte, immer viel schlimmer aussehe. Die Fassung der Kommissions vorlage verdiene den Vorzug vor dem Antrage Stumm. Die Arbeiter könnten es als ein Recht beanspruchen, daß die Strafe sofort festgesetzt verde, damit sie wüßten, wie weit sie sich in ibren wirthschaftlichen Ausgaben einzuschränken hätten. §. 134 wird mit dem Antrag Gutfleisch unter Ablehnung des 6 tum angenommen. m 4 / Uhr wird die Fortsetzung der Berathung auf Mittwoch 11 Uhr vertagt. .

Haus der Abgeordneten. 68. Sitzung vom Dienstag, 14. April.

Der Sitzung wohnen, der Vize⸗Präsident des Staats— Ministeriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher und der Minister des Innern Herrfurth bei.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten

Berathung der Landgemeindeordnung.

8. 59 lautet:

Jeder Wähler muß dem Wablvorstande mündlich zu Protokoll erklären, wem er seine Stimme geben will. Er hat so viele Per⸗ sonen zu bezeichnen, als zu wählen sind.

Bezüglich der Stellvertretung bei der Wahl kommen die Be— stimmungen im §. 47 zur Anwendung.

Die Abgg. Eberty und Rickert beantragen, statt §. 59

zu setzen: r

Die Wohlen arfol en diHh Ci

Die Wahlen erfolgen durch Stimmzettel, welche durch die i der Reihe, in welcher sie in der Wah lerliste stehen, . ,,, . ö . gelegt werden.

Jeder Wähler hat auf dem Stimmzettel so viel P en zu bern, . zu wählen sind. . J

e während des Wahlakts erscheinenden Wähler können an

der noch nicht geschlossenen . theilnehmen. j

§. 59 a.

Der Wahlvorstand erklärt, sobald keine Stimme mehr abzu— cn find Wahl für geschlossen und stellt das Resultat der Wa est.

Ungültig sind Stimmzettel,

1 welche keinen oder keinen lesbaren Namen enthalten,

auf welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu erkennen ist,

3) welche einen Protest oder Vorbebalt enthalten,

4) auf welchen mehr Namen als zu wählende Personen ver . oder der Name einer nicht wählbaren Person ent halten ist.

, Meyer (Arnswalde) tritt für die Vorlage ein, weil die öffentliche Abstimmung die eigentliche konstitutionelle Form der Wahl sei; Jeder müsse den Muth seiner Ueberzeugung haben. Abg. Dr von Hevdebrand und der Lasa tritt ebenfalls für die öffentliche Abstim mung ein. Auf die nähere Darlegung der Gründe, weshalb die Konservativen gegen den freisinnigen Antrag stimmten, wolle er sich nicht einlassen.

Abg. Dr. Rickert: Nicht der Muth der Ueberzeugung sei das Noth⸗ wendigste, sondern daß die wirkliche Herzensmeinung der Wähler zum Ausdruck kommen könne. In anderen Staaten herrsche in den Land- Che den bie geheime Wabl. (Zuruf: Wollen wir nicht nachmachen!) Das sage man auf der konservativen Seite immer, wenn ihr das Beispiel nicht passe. Wenn aber das fremde Beispiel passe, dann halte man es seiner (des Redners) Partei vor, ebenfo wie dem Minister der Herr von Rochow, der Mann des beschränkten Unterthanenverstandes als Muster eines konservativen Ministers vorgehalten worden sei. Die geheime Stimmenabgabe sei ein Schutz der Schwachen gegen die Uebermacht der Starken, ein Schutzmittel gegen Unfrieden und Fehde.

Minister des Innern Herrfurth:

Wenn ich die Stimmung des Hauses recht verstehe, so ist es wohl kaum erforderlich, in eine sehr eingehende Erörterung der von Hrn. Abg. Rickert und Gen. gestellten Anträge einzugehen; sie haben meines Erachtens wenig Aussicht auf eine Annahme im Hause. Meine Herren, der Hr. Abg. Rickert hat sich sehr erwärmt für die geheime Wahl. Ich persönlich stebe der Frage, ob öffentliches oder geheimes Wahlrecht, kühler gegenüber, denn ich sage mir: die Frage ist mehr eine technische als eine prinzipielle; die Fragen, ob allgemeines, ob direktes, ob gleiches Wahlrecht, oder nicht, stattfinden soll, das sind grundsätzliche Fragen, denn sie berühren den Inhalt des Wahlrechts; die Frage aber, ob öffentliche oder geheime Wabl stattfinden soll, ist mehr eine Frage der Technik; sie berührt die Form der Ausübung der Wahl. Nun, meine Herren, haben wir in unseren staatlichen kommunalen Ver— fassungsgesetzen für die Stadtgemeinden wie für die Landgemeinden zur Zeit bei der Wahl der Gemeindeverordneten die öffentliche Stimm gebung, und als es sich darum handelte, diese Frage für die Land gemeinden der Ostprovinzen zu entscheiden, hat die Königliche Staats regierung geglaubt, sich an dieses bestehende Recht halten zu müssen, weil sie der Ansicht war, daß, wenn sich auch gar manches für ein geheimes Wablrecht, namentlich in größeren Städten, anführen läßt aus technischen Gründen, diese Gründe bei den Landgemeinden und namentlich bei den Landgemeinden des Ostens am wenigsten zutreffen.

Was die technischen Gründe anlangt, so gebe ich dem Hrn. Abg. Rickert zu, daß nach manchen Richtungen hin derartige Vortheile vor handen sind; die geheime Wahl ist rascher, bequemer, mit geringerem Zeitaufwand für die Wähler verbunden, und es ist desbalb wir haben ja ein solches Beispiel kürzlich in Kiel gehabt, wo durch die Vornahme der Stadtverordnetenwahlen in öffentlicher Wahl große Unzuträglichkeiten entstanden wohl erwägenswerth, ob man nicht die Einführung der geheimen Wahl namentlich für die Städte in Aussicht nehmen soll. Diese Frage ist für mich durchaus diskutabel; aber dieses Echauffement für das geheime Wahlrecht als Palladium der Schwachen gegen die Starken, als Panacse gegen alle Fehden, welche innerhalb der Ge— meinde entstehen können —, das verstehe ich nicht. Meine Herren, es ist ja richtig, daß vor langer Zeit einmal von Allerböchster Stelle ausgesprochen worden ist, das geheime Wahlrecht biete eine Garantie gegen die »-Influenzirung der Wahlen“, es biete eine Garantie für einen wahren Ausdruck der Meinungen der Wähler. Ich glaube, meine Herren, die Erfahrungen, die wir inzwischen mit dem geheimen Wahlrecht gemacht haben, haben den Beweis dafür geliefert, daß das eine etwas zu optimistische An— sicht war. (Sehr richtig! rechts)

Es ist ein eigenes Ding mit der Beeinflussung der Wahlen. Wenn Die der Sache auf den Grund gehen, werden Sie finden: es ist ungeheuer schwer, ja, ich glaube, es kommt verbältniß—⸗ mäßig selten vor, daß eine ganz objektive, ganz unbeeinflußte Wahl stattfindet. Nicht die Rücksicht, daß die und jene Personen

vorzugsweise geeignet seien, die Interessen der Gemeinde wahrzunehmen, giebt in der Mehrzahl der Felle den Ausschlag; gerade für die Wabl von Personen kommen persönliche und politische Sympathien und Antipathien, Rücksichten der Freundschaft und Verwandtschaft, auch wohl der Hinblick auf die Wahrung eigener Interessen un bewußt fast überall mit zur Sprache, und ich glaube, wenn Sie die Wahlfreiheit in diesem idealen Sinne nehmen wollen, so haben wir nur in den allerseltensten Fällen eine ganz un⸗ beeinflußte Wahl. (Sehr richtig!)

Nun spricht ja der Hr. Abg. Rickert nicht von diesen, ich möchte sagen, Beeinflussungen von innen heraus, sondern von der Be— einflussung von außen, und da ist doch dieses Lob des geheimen Wahlrechts auch keineswegs ein so uneingeschränktes und unantastbaces. Ich will nicht soweit gehen, zu sagen, der Uaterschied zwischen dem geheimen und öffentlichen Wahlrecht sei der, daß beide der Beein flussung von außen Raum lassen, daß eine mehr der legitimen Be— einflussung, das andere mehr der illegitimen. Es ist auch richti das wird der Hr. Abg. Rickert mir wohl zugeben —, daß beim öffent- lichen Wahlrecht nicht bloß etwa, wie er es annimmt, Feigheit und Furcht den Ausschlag geben, sondern daß dabei auch Pietät und Rücksicht auf berechtigte Autorität mitwirken können, (sehr richtig! rechts), während auf der anderen Seite, beim geheimen Wahlrecht, dem Neid, der Mißgunst und der agitatorischen Aufhetzerei ein weiter Spielraum gewährt wird. (Lebhafter Beifall rechts, Widerspruch links.)

Ich glaube, meine Herren, das hält sich ziemlich die Wage, wenigstens insoweit, daß Sie nicht ganz unbedingt in allen Fällen diesem geheimen Wahlrecht den Vorzug geben dürfen, wenngleich ich es an sich keineswegs perhorreszire; denn ich habe es ja im

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§. 77 für die Wahl der Gemeindevorsteher vorgeschlagen, und Ihre Kommission hat, soviel ich weiß, das fast einstimmig angenommen.

Wenn nun der Hr. Abg. Rickert in rührender Uebereinstimmung mit dem Hrn. Abg. von Meyer (Arnswalde) der Regierung zum Vorwurf macht diese Inkonsequenz, dieses eigenthümliche, sonderbare Verfahren, daß sie die Gemeindevertreter öffentlich wählen lasse und dann den Gemeindevertretern zumuthe, Schöffen und Gemeinde— vorsteher geheim zu wählen, ja, dann muß ich sagen: die beiden Herren sind doch ebenso sonderbar und eigenthümlich; denn sie sind gewählt als Vertreter des Landes in öffentlicher Wahl, und hier wählen sie ihren Präsidenten und ihre Kommissionen mit Zettel wahl. (Heiterkeit Wenn der Abg. von Meyer einen Antrag auf Abände⸗ rung des §. 77 stellen will, so muß ich meine Verwunderung aus sprechen, daß er bis jetzt noch keinen Antrag gestellt hat auf Abände⸗ rung der Geschäftsordnung dieses hohen Hauses, dessen Mitglieder, in öffentlicher Wahl gewählt, hier mit Zettelwahlen abstimmen bei der Präsidentenwahl und bei allen anderen Wahlen des hohen Hauses. (Sehr gut! rechts.)

Abg. Friedberg hält es für eine Herabsetzung des deutschen Volkscharakters, daß den Wählern nicht der Muth ihrer Ueberzeugung zugetraut werde. Die öffentliche Abstimmung sei die allein eines deutschen Mannes würdige.

Abg. Dr. Freiherr von Huene: Das Centrum werde für den Antrag Rickert stimmen. (Zuruf rechts: Natürlich) Die öffentliche Abstimmung würde ja ein Ideal sein, wenn jeder Wähler wirklich von allen Einflüssen frei an den Wabltisch träte. Allein die Wahl⸗ prüfungen im Reichstage und Landtage bewiesen das Gegentheil. Uebrigens seien nicht bloß die Junker auf dem Lande, sondern auch andere mächtige Persönlichkeiten (Zuruf: Schlotjunker!) geneigt, die Wahlen zu beeinflussen. Durch die traurigen Erfahrungen der letzten Jahrzebnte sei seine Partei gewöhnt, wie man gegen sie das öffentliche Wablverfahren mißbraucht habe. Deshalb sehe sie in dem geheimen Wahlrecht trotz aller Mängel desselben einen Schutz der Minorität. Eine Nothwendigkeit für die öffentliche Abstimmung liege nicht vor. Besonders sei die Berufung auf die Städteordnung nicht zutreffend; Alles, was ihm an der Landgemeindeordnung nicht gefalle, stamme aus der Städteordnung. Die öffentliche Abstimmung werde auf dem Lande sehr viel Verwirrung anrichten und wahrscheinlich eine ganze Anzahl konfuser Wahlen zur Folge haben. Ob seine Partei die Landgemeindeordnung annehme oder ablehne, mache für ihre Stellung im Lande nichts aus. Sie werde sie ablehnen, wenn sie so gestaltet werde, daß sie ihr nicht gefalle. Er bitte also, sich durch ein ablehnendes Votum von der Seite seiner Partei nicht über raschen zu lassen.

Abg. von Jazdzewski erklärt, daß die Polen für den An—

trag Rickert stimmen würden. Abg. Ehberty: Bel den Nationalliberalen stehe heute die Ent scheidung. Wenn seine Freunde mit einem Antrag auf Verfassungs— änderung bezüglich des Stimmrechts kämen, dann lehne man die Zustimmung ab, weil man den Antrag für einen agitatorischen halte. Komme seine Partei bei einer passenden gesetzgeberischen Gelegenheit mit solchem Antrage, so wolle man erst recht nicht dafür stimmen. Daß im Lande allgemein die geheime Wahl verlangt werde, sei bekannt. Würde eine geheime Abstimmung darüber statifinden können, so würde sich eine ungeheure Majorität dafür ergeben. Bei der heute wieder im Hause herrschenden großen Unruhe, die es einem schwer mache, überhaupt zu sprechen, könne er nur bitten, für den Antrag seiner Partei zu stimmen.

Abg. Rickert protestirt dagegen, daß er irgend welche Miz⸗ achtung des deutschen Volkscharakters bekundet habe. Der Abg. Friedberg habe das aber zu seinem Feldzug gegen die geheime Wahl gebraucht. .

Abg. Dr. Friedberg: Er habe sich nicht gegen die geheime Wabl überhaupt erklärt, sondern sie als ungeeignet für die Gemeinde⸗ wahlen erklärt.

Damit schließt die Diskussion.

( In namentlicher Abstimmung wird darauf der Antrag Rickert mit 182 gegen 91 Stimmen abgelehnt (dafür stimmen Centrum, Polen und Freisinnige); 8. 59 wird unverändert angenommen. Die §§. 60 und 61, welche Vorschriften über die Wahl enthalten, werden genehmigt, ebenso §. 62 mit der Aenderung, daß die neugewählten Gemeindevertreter mit dem der Wahl folgenden 1. April (statt 1. Januar) in ihr Amt eingeführt werden sollen.

Bei 5. 65, dem letzten des Abschnitts „Gemeinde— vertretung“ fragt

Abg. Schmidt (Warburg), ob die Gemeindevertreter zu den unbesoldeten Gemeindebeamten zu rechnen seien.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich kann diese Fragen unbedingt bejaben und glaube, es bedarf dazu nicht einmal einer besonderen Interpretation, sondern eine ausdrückliche Bestimmung dieses Gesetzes stellt die Frage gänzlich außer Zweifel. Es beißt nämlich in §. 41 zu 2:

Das Gemeinderecht umfaßt 2) das Recht zur Uebernahme unbesoldeter Aemter in der Verwaltung und Vertretung der Gemeinde.

Daraus ist meines Erachtens mit logischer Nothwendigkeit zu folgern, daß das unbesoldete Gemeindeamt in diesem Sinne auch das Amt eines Gemeindeverordneten mit umfaßt, wenngleich selbstredend