1891 / 92 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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den Rückenlehnen untergebracht. Die Wandflächen, welche in ihrem unteren Theil mit Stoff nach dem Muster der Sitze beiggen sind, sind durch ein Rabmen⸗ und Leistenwerk in Nußbaum getheilt. ähnlicher Weise ist die Decke mit Nußbaum und Aborntãfelung nach Art der Abtheile J. Klasse bergestellt, die gewölbte Seitendecke da⸗ gegen ist in einem Stabwerk, aus White wood ausgeführt. Die Ausbildung des Oberlichts ist in gleicher Weise erfolgt wie in den Halb ⸗Abtheilen. Die Fenster, unter denen sich ein deizt orper befindet, sind beide beweglich angeordnet und haben Springvorbänge erhalten. An pPafsenden Stellen sind kleinere Gepäcknetze, Nothlampe u. s. w. angebracht . z ; .

Der Fußbodenbelag der Räume ist überall in gleicher Weise erfolgt. Auf den . ist zuerst eine dicke Filzlage aufgebracht, auf diese Linoleum. Der darauf geleate starke Moquette⸗ Teppich ist in allen Räumen des Wagens in demsel ben Master und zwar dunkel indigoblau mit Blumen und Rankenwerk in satten Farben ausgeführt.

Die Metalltheile des Wageninnern, nämlich die Lampen, die Schloßtheile, Beschläge der Sitze u. s. w. sind sämmtlich vergoldet. Sie Thürgriff? und Bänder in den Haupträumen sind reich orna= mentirt hergestellt, die Drücker der übrigen Räume als Sãbeldrücker ausgebildet.

Auen hat der Wagen im unteren Theile einen blauen (Ultra- marin mit Kobalt, sogenanntes Kaiserblau), im oberen Theile einen weißen Anstrich erbalten, welcher durch die Lackirung ein gelbliches, elfenbeinäbnliches Aussehen bekommen hat. Der Oberlichtaufhau ist grau gestrichen. Der untere Theil ist durch breite, schwarze Leisten in Felder getheilt, welcke starke, goldene Absetzungen erhalten kaben. Die Leisten des oberen Theiles (Fensterumrahmungen u. s. w) find mit einem nußbaumfarbigen Anstrich versehen. Auch dieser Theil ist mit goldenen, jedoch schwächeren Strichen abgesetzt. Das steil⸗ ansteigende Seitendach ist bis zur Regenxinne mit schuppenartigem Muster in schwachen goldenen Linien versehen. Das Untergestell und die Drehgestelle sind schwarz gestrichen. An den langen Hauptträgern des Üntergestells sind einfache Verzierungen in Goldstrichen angebracht. Auf den großen Feldern unterhalb der Fenster des Salons und im entsprechenden Felde am anderen Ende des Wagens ist der Reichs adler bezw. der preußische Adler in gothischem Schild mit der Kette des schwarzen Adlerordens angeordnet.

Der Entwurf für den Wagen ist auf Grund von Verhandlungen mit dem Königlichen Ober-Hofmarschall⸗Amt in der Königligen Eifenbahn⸗Direkiion in Magdeburg bearbeitet worden. Die Ausfüh— rung ist durch die Breslauer Aktiengesellschaft für Eisenbahn⸗Wagen⸗ bau in Breslau bewirkt worden; nur die innere Ausstattung der von Seiner Majestät zu benutzenden Räume ist von den Hoflieferanten Ferd. Vogts u. Co. in Berlin nach Entwürfen ausgeführt, welche von dieser Firma gemeinsam mit dem Bildhauer O. Lessing in Berlin aufge⸗ stellt waren. Nach erfolgter Abnahme des Wagens in der Haupt— werkstatt Potsdam und mehrfach, ausgeführten Probefahrten wurde derselbe Anfangs August 1889 in Betrieb genommen und zunächst zur Fahrt Seiner Majestät von Wilhelmshaven, nach Potsdam nach Rückkehr von der Nordlandfahrt benutzt. Seit dieser Zeit ist der Wagen unausgesetzt unter den verschiedensten klimatischen Verhält⸗ nissen im Betriebs gewesen und hat sich durchaus gut bewährt und tadellos gehalten.

Ueber Gesundheitsschädigungen durch den Verkehr mit aus ländischen Rohhäuten.

Nach neuerlichen Wahrnehmungen ist der Verkehr mit rohen Häuten und Fellen, namentlich wenn solche überseeischer Herkunft sind, nicht ohne Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Thieren. Durch Untersuchungen ist nachgewiesen, daß unter den genannten Rohstoffen. (sogenannte Wildhäute oder Kpse, namentlich aus Amerika, Ost⸗- Indien, China) hin und wieder solche sich befinden, welche von milzbrandkranken Thieren stammen. Das Krankheitsgift ist in den Häuten unter der Form der sehr widerstandefäbigen Milzbrandsporen enthalten. Die übliche Be⸗ handlung der Häute durch Trocknen an der Luft, Einstreuen von Salz, Salpeter oder Arsenik vernichtet den Ansteckungsstoff nicht. Bie Gefährlichkeit der Waare wird hauptsächlich durch den Staub bedingt, welcher, mit den ausgefallenen Haaren vermischt, beim Sortiren, Aufsetzen, Einpacken und Verladen der Häute und Felle, sowie beim Oeffnen der Rohhautballen sich entwickelt. Die Staubtheile und Haare, an denen nach Umständen das Milzbrandgift haftet, lagern sich auf Kleidern und Körpern der in der Nähe befind⸗ lichen Personen ab, dringen auch in Mund, Nase, Ohren ꝛe. ein. Selbst die kleinste Hautabschürfung reicht aus, eine Ansteckung zu er⸗ möglichen. Eine Gefahr liegt auch in den Hantirungen bei der Ver arbeitung der Rohstoffe und in der üblen Gewohnheit, trockene Krusten an den Häuten mit den Fingernägeln weg⸗ zukratzen. Die mit Robhäuten beschäftigten Personen können in Folge der Verunreinigung von Kleidern, Kopf und Barthaaren, Handen und dergl. das Milzbrandgift nach anderen Orten verschleppen.

Außerdem hat sich herausgestellt, daß durch Verunreinigung von Futter und Streu mit den von ausländischen Rohhäuten stammenden Staubtheilen und Haaren, ferner durch Einstreu der zum Gerben der Häute benutzten Lohe in Ställe und Laufplätze, sowie in Folge der Wartung von Thieren durch Personen, welche mit der Verarbeitung oder Verpackung der Häute beschäftigt waren, der Milzbrand weiter getragen werden kann. Selbst die Verwendung von Gerbereiabfällen und Kehricht als Dungmittel auf Wiesen und Feldern, sowie das Einlegen der Rohbäute in Gewässer kann unter Umständen zur Ver schleppung des Milzbrandgiftes führen.

Gin zuverlässiges, leicht auszuführendes und für die Waare selbst unschädliches Verfahren zur Desinfektion der Häute ist nicht bekannt. Zur Minderung der Ansteckungsgefahr mögen die nachstehenden Vor— sichts maßregeln insbesondere solchen Berufsklassen empfohlen werden, welche gewerbsmäßig mit Rohhäuten sich beschäftigen.

1) Die Lagerplätze für ausländische Rohhäute sollten nur an ab⸗ gelegenen Orten und namentlich nur in größerer Entfernung von Wohnräumen und Stallungen eingerichtet, dicht umfriedigt und für Thiere nicht zugänglich sein.

2) Schuppen und dergl., welche zur Aufbewahrung von Futter⸗ und Streuvorräthen dienen, eignen sich zu Lager- und Arbeitsräumen für frische Robhäute nicht.

3) Die Entwickelung von Staub beim Oeffnen von Rohhaut— ballen, sowie beim Sortiren, Aufsetzen, Einpacken, Verladen und Ver⸗ arbeiten der Häute und Felle ist sobiel als möglich, erforderlichen Falls durch Besprengen mit Wasser, zu vermeiden.

4) Plätze, auf welchen ausländische Rohhäute gelagert oder be arbeitet sind, sollten nach der Benutzung gründlich gereinigt und in angemessenen Zwischenzeiten desinfizirt werden.

5) Die zum Gerben verwendete Lohe, ferner die Haare und son⸗ stigen Abfälle aus Gerbereien, die zur Verpackung ausländischer Roh häute verwendeten Strohtheile, Lumpen, Stricke u. dergl., sowie endlich der Kehricht sollten verbrannt oder nach vorgängiger Des—⸗ J 6

Personen mit äußeren Verletzungen sollten zu Arbeiten mit auslaͤndischen Robhäuten nicht zugelafsen 4

7) Die mit den Rohbäuten beschäftigten Personen sollten vor dem Verlassen der Arbeitsräume Gesicht, Arme und Hände, sowie Kopf⸗ und Barthaare gründlich reinigen.

8) Die Reinigung der Lager, Arbeitsplätze u. s. w. sollte nur auf nassem Wege geschehen.

M Für die Desinfektion empfiehlt sich Chlorkalkmilch (hergestellt aus einem Theil frischen Chlorkalks und drei Theilen Waffer) oder Karbolschwefelsäure (hergestellt aus zwei Theilen rober Karbolsäͤure, einem Theil Loher Schwefelsäure und vier Theilen Wasser). Kehricht und sonstige Abfälle sind Behufs Desinfektion mit den gleichen Raum⸗ theilen dieser Mittel gründlich zu mischen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Lage der Handweber.

Der Kreistag des Kreises Neurode wird sich, wie die Schweid. nitzer Tägliche Rundschau- erfährt, in seiner Sitzung vom 23. April d. J mit der Frage der Uebernahme der Kosten des Grunderwerbs zum Bau einer Eifenbahn untergeordneter Bedeutung von Neuro de nach Langenbielau beschäftigen. Dieses Projekt gehört ebenfalls zu denjenigen Maßnahmen, die im Interesse der Hebung der Lage der Handweber in Aussicht genommen sind.

Eine Central ⸗Arbeitsnachweise Stelle.

In Duüsseldorf besteht seit Mitte Januar eine Central- Arbeilsnachweise⸗Stelle, die ihre Wirklsamkeit auf Rheinland und Westfalen ausdehnt. An ihrer Spitze steht ein Vorstand, der sich aus Großindastriellen, Beamten der Verwaltung und Justiz und Geistlichen beider Konfessionen zusammensetzt. Sie verfolgt das Ziel, Arbeitsgelegenheit aller Art zu vermitteln und jedem Arbeitsuchenden ohne Unterschied der Religion, des Geschlechts und Alters passende Arbeit und zuverlässiges Unterkommen nachzuweisen. Da der Arbeite⸗ nachweis selbst unentgeltlich geschleht, und nur die entstebenden baaren Auslagen für Porto, Inserate, Drucklosten und Schreib⸗ gebühren wierdererftattet werden müssen, überhaupt das ganze Unter⸗ nehmen einen gemeinnützigen, auf die Wohlfahrt stellenloser Arbeiter gerichteten Charakter hat, glaubte der Vorstand, verschiedene freie Vereine sowie auch öffentliche Behörden um Bewilligung eines Zu⸗ schuffes zu den Verwaltungskosten bitten zu dürfen, und der Erfolg ist nicht ausgeblieben. Die Rheinisch ⸗Westfälische Gefängnißgesellschaft gab 560 „, einschließlich eines ihr früher für diesen Zweck über— gebenen Depositum, der Verein gegen Verarmung in Düsseldorf gab einen Beitrag von 1650 , die Důuͤsseldorfer Ortsgruppe des Bergischen Vereins für Gemeinwohl 300 „6, die Provinzialverwaltung von Rheinland 300 A, die Gefängnißverwaltungen zu Werden, Mänster, Herford, Lingen, Köln, Hamm, in Summa einen Zuschuß von 590 .

In der Stadt machen in die Augen fallende Plakate auf den Bahnhöfen, dem städtischen Meldeamt und in den Polizeibureaus auf die Central⸗Arbeitsnachweise Stelle aufmerksam. Den Innungen und ähnlichen Vereinigungen, welche für ihre Mitglieder Arbeits nach⸗ weis betreiben, ist vorgeschlagen, in Fällen, wo sie die Aufträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern selbst nicht befriedigen können, mit der Central ⸗Arbeitsngchweise⸗Stelle in Verbindung zu treten; Letztere hat sich zu gleichem Verhalten den Innungen gegenüber bereit erklärt.

Bis Ende März hat sich die Arbeitsvermittelung folgendermaßen

gestaltet: J .

Monat Eingeschriebene Gemeldete Besetzte

. Arbeitnehmer Stellen Stellen

Januar 106

Februar 157

Mãärz 184

Summa 1447 .

Eine Reihe Arbeitgeber ⸗Aufträge ist noch unerledigt. J Das Gesckäftsergebniß ist für den Anfang ein sehr erfreuliches.

Eine Steigerung des Verkehrs läßt sich mit Gewißheit erwarten, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die günstigen Bedingungen der Verwaltung mehr und mehr ersahren. Arbeitnehmer zahlen nämlich zur theilweisen Deckung der oben genannten entstehenden haaren Aus. lagen ein Einschreibegeld von nur 50 A, wovon sie die Hälfte zurück erhalten, wenn sich die gewünschte Arbeitsstelle nicht hat beschaffen lafsen. Arbeitgeber haben je nach ihrem Auftrag ein Einschreibegeld von 1 bis 3 M zu entrichten; finden sich jedoch nicht die gewünschten Arbeitskräfte, so erhalten sie den über 1 teingezablten Betrag wieder. Am Gunstigsten stehen sich aber die Arbeitgeber, wenn sie bei der Central-Arbeitsnachweise Stelle abonniren. Der Jahres beitrag dafür beträgt 5 „S und werden dann beliebig viele Aufträge besorgt.

Volksküche für Arbeiter.

Der Norddeutsche Lloyd hat, wie der Hann. Cour. meldet, seit einigen Tagen in Nordenham für seine Arbeiter eine eigene Volksküche eingerichtet, die sich bereits Seitens der Arbeiter eines lebhaften Zuspruchs erfreut. In derselben werden für 20 3 z Liter Suppe und 1 Liter Gemüse mit Fleisch verabreicht.

Zur Arbeiterbewe gun. ö

Aus Bochum meldet ein Wolff'sches Telegramm, daß die Belegschaft der beiden Schächte der Zeche Eintracht Tief⸗ bau‘ bei Steele gestern in einer von etwa 809 Mann besuchten Versammlung die Fortsetzung des Strikes beschlossen habe.

Ueber den Ausstand auf Zeche Sellerbeck bei Mülheim a. d. Ru hr wurde der „Köln. Ztgé unter dem 16. d. M tele⸗ graphisch berichtet, die Zeche habe eine im Verhältniß zur Förderung (122 540 t) übermäßig hohe Belegschaft, 572 Mann, also 214 t auf den Kopf jährlich; deshalb seien letzthin beide Schichten zusammen gelegt und demgemäß am 14. d. M. 35 Mann ge kündigt worden. Daraufbin stellte am Donnerstag der größte Theil des Schachtes Carnall der Zeche die Arbeit ein. Ein Telegramm der „Frkf. Ztg.!“ vom gestrigen Tage behauptet, die Kündigung habe alte Belegschafts mitglieder betroffen, während neuangekommene blieben. Die „Rhein. Westf. Ztg. berichtet, daß auf Zeche ver. Sellerbeck', Schacht Carnall, gestern Morgen wieder 19 Mann von der Belegschaft von 261 Mann und gestern Nach— mittag 27 Bergleute von der ungefähr 109 Mann betragenden Beleg⸗ schaft unter Tage angefahren seien. .

Aus Köln wird der Berliner „Volksztg.“ mitgetheilt, daß sämmtliche Bauhandwerker und Holzarbeiter in die Lohn bewegung eingetreten sind. In einer am Sonntag stattfindenden Versammlung soll die Forderung des Achtstundentages aufgestellt werden.

Aus Mannheim schreibt man der „Frkf. Ztg. : Die aus ständigen Former der Ofenfabrik von Esch u. Co. in Mannheim haben die Arbeit wieder aufgenommen, da ihre Lohnforderungen genehmigt wurden.

Leipzig fand am Dienstag eine von nur 120 Personen be⸗ suchte Versammlung der Holjarbeiter WTischler ꝛes statt. Es wurde, wie die ‚Lpz. Ztg.‘ berichtet, geklagt über die schwache Betheiligung an dem allgemeinen Verein der Holz⸗ arbeiter, der nur etwa 400 von mehreren Tausenden von Ge⸗ hülfen vereinige. Man wählte 29 Vertrauentleute, die in ebenso vielen Bezirken das Einkassiren von Steuern besorgen sollen. Ueber die Frage, wie man die pekuniäre Lage des Gewerlschafts kartells heben könne, wurde eine Einigung nicht erzielt. Man wird die Vorschlã ge des Kartells abwarten. In einer von 70 Personen besuchten Verfammlung der Sattlergehülfen wurde am Donnerstag über die fürzlich in Hannover abgehaltene erste General versammlung des Allgemeinen deutschen Sattlervereins berichtet. Ber erst seit einem Jahre bestehende Verein zählt 37 Filialen und Fatte in diesem Jahre 1360 6 Einnahme bei 760 A6 Ausgaben zu verzeichnen. Auf der Generalversammlung wurde die Lage der Sattlergehülfen als besserungefähig bezeichnet, die Beseitigung der

rauen.“ und Kinderarbeit befürwortet und beschlossen, die Unter⸗ . durchreifender Gehülfen auf L166 zu erhöhen und den Central⸗ Vorstand von allen ausgebrochenen Strikes in Kenntniß zu setzen.

Aus Rochlitz wird dem, Chemn, Tal, berichtet: Die Arbeiter der seit Montag geschlossenen Schöttler schen Cigaxrenfabrik (ygl. Nr. 90 d. Bl.) erklären in Bezug auf die stattgefundene Arbeit seinstellung, daß sie nicht höheren, sondern nur den früberen Lohn gefordert hätten, der durch Einführung der neuen

abrikations ordnung reduziet worden sei. Androhung eines trikes sei nicht erfolgt. Eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist noch nicht erzielt worden.

Hier in Berlin beschäftigte sich am Donnerstag eine Ver⸗ sammtlung von Bäckergesellen mit dem Ausstande der Wiener Bäckergesellen, bekundete denselben, wie wir der Berliner ‚Volkeztg. entnehmen, ihre Sympathie und versprach, die Ausständigen materiell

zu unterstützen, wie auch den Zuzug fern zu halten. Der Ueberschuß der Tellersammlung wurde für die Wiener strikenden Kollegen bestimmt. Die Maifeier gedenken die Bäckergesellen durch einen Ausflug am 3. Mal nach dem Spandauer Bock und dem Grunewald zu begehen, woselbst sie sich mit den Charlottenburger und Spandauer Bäcker⸗ gesellen vereinigen wollen. Ein endgültiger Beschluß wird indessen erst am nächsten Dienstag (21. d. M.) in einer öffentlichen Versamm⸗ lung gefaßt werden. Auch wurde beschlossen, daß jeder am 1. Mai arbeitende Geselle 1 S für die ausgesperrten Arbeiter Deutschlands zu entrichten haben solle. . ;

Aus Wien wird der Voss. Ztg.“ telegraphirt: Die Wiener Arbeiterschaft wird bezüglich der Feier des 1. Mai das vorjährige Programm einhalten. Vormittags finden Versamm⸗ lungen mit Kundgebungen für das allgemeine Wahlrecht und den acht ständigen Arbeitstag statt. Nachmittags ein gemeinsamer Ausflug in den Prater. Um 5 Uhr erfolgt Absingung eines Liedes, dann Rückmarsch. Unter den GJ cirkulirt eine Aufforderung zu neuerlichem Ausstande zu Pfingsten. Man glaubt jedoch nicht an dessen Ausbruch. Nach Ablauf der Kün⸗ digungsfrist stellten gestern die meisten Wiener Bäcker⸗ gehülfen die Arbeit ein. Da die Nothlage der Gehülfen eine sehr große und für die Brodversorgung Wiens vorgesorgt ist, er⸗ wartet man ein rasches Ende des Ausstandes. .

Narodni Listy veröffentlichen einen Erlaß der Polizei⸗ Direktion zu rag, dem zufolge der aka demische Verein „Krakonos“ auf Grund des Gesetzes über das Vereins, und Versammlungsrecht von der Statthalterei aufgelöst wird, weil in der Versammlung vom . Februar von demselben eine Zustimmungskundgebung an die Arbeiter beschlossen und in einer Zuschrift an die Arbeiterzeitung Nase Obrana“ gesagt wurde, daß die Studentenschaft das seziale Programm der Arbeiter—⸗ schaft mit aller Kraft unterstützen und Hand in Hand mit der ezechischen Sozialdemokratie, aber nicht mit der Internationale“ schreiten wolle. = .

Aus Reichenberg (Böbmen) wird dem Vorwärts“ geschrieben; Bei einer Besprechung des Chefs der Firma F. Schmitt mit den strikenden Arbeitern brachten drei Deyputirte der 650 strikenden Spinner solgende Forderungen schriftlich vor: 1) Abändernng des Schiedsgerichtes bei der Krankenkasse. 2) Zehnstündige Arbeitszeit und . des 1. Mai. 3) Ab⸗

schaffung jeglicher Strafe; auch solle künftig kein Arbeiter mehr

entlassen werden und die Auszahlung wöchentlich erfolgen; ferner verlangten dieselben die Wiederaufnahme des entlafsenen Ar= beiters Housa, wegen dessen der Strike entstand. Die Chefs der Firma Schmitt wiesen diese und die anderen For⸗ derungen zurück, worauf die Arbeiter mit der Versicherung sich entfernten, nicht eter in Arbeit zu treten, bis man sie rufen und ihre Forderungen erfüllen werde. Den Beschlüssen des Central vereins der nordböhmischen Woll-⸗Industriellen, am 1. Mai den Betrieb unbedingt aufrecht zu erhalten, traten bisher 600 Firmen des Handelskammerbezirks bei. ö

Wie der ‚Frkf Ztg. aus Am sterdam gemeldet wird, hat der dortige Bürgermeister den Arbeitergesellschaften die Er⸗ laubniß zur Abhaltung einer öffentlichen Kundgebung am 1. Mai zu Gunsten des Achtstundentags verweigert. ;

In Glasgow legten der Londoner Allg. Corr. zufolge die TisGHler am Mittwoch die Arbeit nieder, um ihren Forde— rungen, Erhöhung des Stundenlohnes auf 8 d und wöchent⸗ liche statt der bisherigen vierzehntägigen Lohnauszahlung, größeren Rachdruck zu verleihen. Von 120 Meistern haben bereits 95 die Lohnzulage bewilligt.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 5. April bis inkl. 11. April er. jur Anmeldung gekommen 757 Ebe⸗ schließungen, 1020 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 572 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

LKK. In Schulte's Salon, Unter den Linden, wo Joss Garnelos kolossales duelo interrumpido-, ein ebenso raffinirtes wie seelenloses Sensationsbild, die Bewunderung der eleganten Welt erregt, die sich an dem Panoramaeffekt, den glänzenden Toiletten und dem derb theatralischen Motiv für das Fehlen wahrhaft künstlerischen Empfindens schadlos hält, ist seit Donnerstag eine Reihe von Werken eines jungen Münchener Künstlers, Franz Stuck, ausgestellt, welche den bisher vornehmlich als humorvollen Ilustrator der „Fliegenden Blätter“ weiteren Kreisen bekannten Maler als eine überaus vielseitige, mit überreicher Phantasie ausgestattete Künstlernatur kennen lehrt. Schon sein in Wien erschienenes Sammelwerk „Allegorien und Embleme“, das zunächst praktischen mehr kunst⸗ gewerblichen Zwecken dienen sollte, verrieth einen ungewöhnlichen Üeberschuß an kecker, nicht selten aber auch wunderlicher Ein⸗ bildungskraft. Seine malerischen Leistungen, von denen eine, „Lucifer“, bereits auf der letzten Münchener Aus⸗ stellung Aufsehen erregte, zeigen uns, daß er, von dieser seiner Eigenart in der Wahl seiner Vorbilder bestimmt, vorzugs⸗ weise an Böcklin's Schöpfungen seine Studien gemacht hat; gleich diesem genialen Phantasten sucht auch er seine oft überaus reizvollen Landschaften mit jenen abenteuerlichen Fabelwesen zu beleben, die einer Traumwelt angehören, in welcher jede Kontrole des vernünftelnden Verstandes und der gesunden Naturanschauung aufhört. Kentauren schildert er in ihrer grofesken, zwischen menschlichen und thierischen Wesen schwankenden Lebensäußerungen mit besonderer Vorliebe; so z. B. ein innig umschlungenes Paar dieser Thier⸗ menschen, die auf einsamer grüner Waldwiese in die ver⸗ glühende Abendsonne hinausblicken, einen Kentaurenjäger, der einem ganz seltsam mit Geweih ausgestatteten Genossen durch die Haide nachstürmt, ferner in einem kleinen sehr sauber durchgeführten Reli f auch auf das Gebiet der Plastik folgt er seinem Meister Böcklin einen Satyr, der sich mit einem Meerweibchen unterhält, und andere derartige Motive mehr. 5 diese meist in kleinen Raumverhältnissen sich bewegenden

arstellungen reicht die koloristische Kraft des Künstlers aus, obwohl auch hier schon in der Einseitigkeit, mit welcher er immer wieder dasselbe Problem, grüne und violette Töne zu kombiniren, zum Ausgangspunkt seiner Studien macht, eine gewisse Schwache sich kundgiebt. In den großen Bildern aber, . B. dem „Lucifer“, der, von München her bekannt, kur die internationale Kunstausstellung dieses Sommers bestimmt ist, sowie dem „Oedipus vor der Sphinx“ ermüdet diese Wiederkehr; man sehnt sich aus dem verblasenen und irisirende Wirkungen anstrebenden Kolorit nach kräftigen Farben zurück, wie sie die kleine jedenfalls frühe Studie, welche eine im Gras gelagerte Paniske dar⸗ stelltn, uns zeigt. An der gleichen Verschwommenheit der Farbengebung leidet auch die Mehrzahl der anderen Schöpfungen, unter denen als besonders ins Auge fallend noch die große Leinwand mit dem Wächter des Paradieses erwähnt sei.

Daß in unserem Künstler eine gesunde Kraft steckt, die sich , durch die Einseitigkeit einer absonderlichen Jugendliebhaberei noch zu freieren Leistungen durcharbeiten wird, dafür bürgen seine wirklich humoristischen Federzeich= nungen, von denen eine stattliche Auswahl ausgestellt ist, vielfach alte Bekannte aus den Münchener „Fliegenden

Blättern“, und einzelne mehr humoristische Bilder, wie z. B. der köstliche frierende Satyr im Schneegestöber. Auch einige Proben seiner Radirkunst verdienen Beachtung.

Auf die übrigen Bilder der Ausstellung, welche neben den phantastischen Leistungen Stuck's allerdings vielfach nüchtern und pedantisch wirken, werden wir gelegentlich noch zurück⸗ kommen. Vor der Hand nennen wir nur eine unvollendete Arbeit Makart's, eine ö darstellend, einen Vautier, Kröner und das Porträt unseres Reichskanzlers von dem jungen Berliner Maler Bruno Pinkow.

Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin vom 11. April 1891.

Unter den Vorgängen bei der Gesellschaft ist zu erwähnen, daß auf den Beschluß des Vorstandes hin Seiner Exeellenz dem Staats Minister . D. von Goßler in dankbarer Erinnerung der unaus- gesetzten Förderung, welche derselbe während seiner Amtsperiode den Beftrebungen der Gesellschaft sowie der geographischen Wissenschaft überhaupt hat zu Theil werden lassen, eine künstlerisch ausgestattete Adresse übersandt worden ist. Die silberne Karl Ritter Medaille ist für das laufende Jahr dem namentlich um die Kartographie Afrikas und die wissenschaftliche Verwerthung der Itinerargufnahmen zahlreicher Reisender hochverdienten Kartograßuhen Dr B. Hassenstein in Gotha zuerkannt worden. Im Sitzungssaal war eine reiche Kollektion von vorzüglichen photographischen Aufnahmen aus Serhien und der Herzegowina ausgestellt, welche Professor Deéchy in Budapest der Gesellschaft als Geschenk überwiesen hat.

Der Generalsekretär, Hauptmann Kollm berichtet über den Verlauf der in der Osterwoche in Wien stattgefundenen IX. Ta gung des Deutschen Geographentages, welcher hiermit zum ersten Mal außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs seine Ver⸗ sammlung abgehalten hat. Aus den Mittheilungen des Redners über die verschiedenen Veranstaltungen der Wiener Tagung sei hier nur hervorgehoben, daß dieselbe, abgesehen von der sehr großen Zahl der Theilnehmer, vornehmlich durch die in den ,, gepflogenen wissen⸗ schaftlichen Verhandlungen und die mit dem Geographentag verbundene k zu den bedeutungsvollsten der bisherigen Tagungen ge—

ört. Wärmsler Dank hierfür gebührt den wissenschaftlichen Behörden, Instituten und Gesellschaften DOesterreichs, welche dem Deutschen Geozraphentag das lebhafteste Interesse und die kräftigste Förderung haben angedeihen lassen, ganz besonders aber dem Ehren Piäsidenten der Wiener Tagung, Seiner Excellenz dem Kultus⸗Minister Frei⸗ herrn Gautsch von Frankenthurn, dem Präsidenten der K. KR. Geographischen Gesellschaft, Hofrath Ritter von Hauer, dem Vorstand des Geographischen Instituts an der Universität, Proftssor A. Penck und dem Direktor des K. u. K. militär⸗ geographischen Instituts, General Ritter von Arbter.

Aus der großen Anzahl der dort gehaltenen Vorträge sind als von hohem wissenschaftlichen Werth zu bezeichnen diejenigen des Oberst⸗ Lieutenants von Sterneck vom militärgeographischen Institut über „Schwerestörungen und Lothabweichungen“, sowie des Geheimen Ad⸗ miralitäts . Ratbs Neumayer, Direktors der Deutschen Seewarte, über „magnetische Landesvermessung“. Allseitiges Interesse fanden die Vorträge, welche sich auf den gegenwärtigen Stand der geographischen Kenntniß der Balkan -Halbinsel! bezogen. Dieses Gebiet gebört noch heute zu den wissenschaftlich wenigst bekannten Theilen Eurcpas, und daher wurden mit besonderem Beifall alle jene Mittheilungen begrüßt, welche bekundeten, in welcher gründlichen Weise an der Durchforschung der topographischen, ethnographischen und geologischen Verhaͤltnisse jener Länder Seitens der Oesterreicher gearbestet worden ist. Gleichfalls anziehend waren die Verhandlungen über die „Erforschung der Binnenseen', welche hochwichtige Fragen der physischen Geographie berührten. Als mustergültig ist hier zu be—⸗ zeichnen die von deutscher Seite ins Leben gerufene, jetzt von allen fünf Uferstaaten unternommene „systematische Erforschung des Boden sees', über welche der Vorstand der betreffenden internationalen Kom- mission, Graf Zeppelin aus Konstanz, berichtet..

Ganz hervorragend war die vorwiegend von Oesterreich beschickte Ausstellung, welche hauptsächlich die Entwickelung der Karto⸗ graphie von Oesterreich⸗Ungarn zur Anschauung bringen sollte. Sie war in der That ein großer Erfolg; speziell die moderne Kartographie hat in den meisten Zweigen den höchsten Grad der Vollkommenheit er reicht, was nicht nur bezüglich der graphischen und technischen Herstellung, sondern auch rücksichtlich der wißssenschaftlichen Qualität und Präzision gilt. Als Schöpfer und Träger dieser modernen Kartographie in. Oesterreich ist das muster— gültige militärgeographische Institut aniusehen. Regen Besuches hatte sich demzufolge auch die Ausstellung zu erfreuen nicht nur von den Theilnehmern des Geographentages, sondern auch von den Spitzen der Behörden und den Höchsten und Allerhöchsten Herr— schaften So widmete Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph der Ausstellung eine sehr eingehende, mehr als zwei Stunden dauernde Besichtigung, gelegentlich welcher auch den deutschen Mitgliedern des Central Ausschusses des Geographentages die Ehre zu Theil wurde, vorgestellt und durch Ansprachen ausgezeichnet zu werden.

An einem besonderen Vormittage waren auch die Sammlungen Wiens den Geographen zugänglich gemacht; vor Allem die seltenen Kartenschätze der K. K. Hofbibliothek mit der Tabula Peuntingeriana, der Papyrus Rainer, das Naturhistorische Lof⸗Museum, das militär— geographische Institut u. . m Zum Schluß erübrigt noch, jener herflichen Gastfreundschaft in Wien zu gedenken, die in dem groß— artigen Empfange gipfelte, welchen die Stadt Wien in den Fest— räumen ihres stolzen Rathspalastes dem Geographentag darbot.

An die Tagung schlossen sich noch Ausflüge auf den Kahlenberg und den Semmering, sowie ein größerer über Budapest, woselbst die K. Ungarische Geographische Gesellschaft die betr. Theilnehmer in festlichster Weise feierte, nach Fiume, Abazzia und dem Karst. .

Nach dem Beschluß der Wiener Tazung findet der nächste (X.) Deutsche Geographentag im Jahre 1893 in Stuttgart statt; der ständige Central ⸗Ausschuß besteht, wiederum aus den Herren Ge— beimen Rath Neumayer⸗ Hamburg, Professor Th. Fischer⸗ Marburg, Hauptmann G. Kollm Berlin.

Botaniker Dr. Warburg berichtete sodann über die Reise nach den Bonin-⸗Inseln, welche er im Gefolge einer jaxgnischen Regierungs⸗ expedition zu unternehmen Gelegenheit fand. Die in dem Grenz⸗ gebiet zwischen Ost⸗Asien und Polynesien gelegene Inselgruppe wurde bereits 1543 von den Spaniern entdeckt, 1593 wurde ein japanischer Edelmann Ogasawara nach den menschenleeren Eilanden verschlagen, welcher sie für sein Vaterland in Besitz Lahm und nach welchem die Inseln bei den Japanern noch heute Ogasawara shima heißen. Nachdem im Jahre i675 drei Bewohner von Nagasali die Gruppe abermals besucht hatten, wurde sie von der japanischen Regierung vorübergeßend als Verbrecherkolonie benutzt. 18277 wurde sie von England in Besitz genommen, 1328 fand die durch Kittlitz bekannt gewordene russische Expedition unter Lütke zwei schiffbrüchig gewor⸗ dene Walfischfänger, die hier à la Robinson zwei Jahre lang als die ersten europäischen Kolonisten gelebt hatten. 1830 wurde die Gruppe mit Unterstützung des englischen Konsuls der Sandwich -Inseln mit Lolonisten allerlei Nationalitäten besiedelt, die indeß ohne Rücksicht auf die englische Annexion ihr eigenes Recht ausbildeten. An den wüsten Zuständen, welche dann Jahrzehnte unter den Kolonisten herrschten und welche bewirkten, daß Morde sehr häufig waren, änderten auch die vorübergehenden Befuche englischer Kriegsschiffe nichts. 1852 nahm

erry, der Führer der amerskanischen Expedition nach Japan, einen

heil der Gruppe, die er für eine wichtige Koblenstation für den Schiffsverkehr von Shanghai nach San Francisco anfah, für die Vereinigten Staaten in Besitz. Mit der bald darauf folgenden Er⸗ schließung Japans verloren die Bonin⸗FInseln jedoch rasch ihre Beachtung. Nunmehr richtete Japan nach Jahrhunderte langer Pause wieder selne Aufmerksamkeit auf die Snfeln. Ein 1861. mit hundert Auswanderern unternommener Kolonssationsversuch scheiterte aber in le. der zu bureaukrgtischen Verwaltung. 1876 nahm Japan Lie

ruppe definitiv in Besitz und begann eine erneute energische Kolo⸗

nisation. 1881 = 83 wurden die Inseln vermessen und zeigte die letzte Zählung bereits 355 Einwohner.

Die nördlichste Gruppe der Bonin⸗Inseln, die Perry⸗Gruppe hat drei größere und mehrere kleinere Inseln, von denen jedoch nur eine von einigen Japanern bewohnt ist. Die zweite Gruppe, die Kater Insel ist unbewohnt. Die dritte Gruppe ist die wichtigste und am Meisten bewobnte. Die nördlichste Insel derselben ist St pleton oder Ototoshima, die südlichste die Peel ⸗Insel oder Chichishima. Letztere bat 22 km Fläche und 1990 - 1200 Fuß hohe Berge. Die matlere Insel Buckland oder Anisbima dient vielen Rindern und Ziegen zum Aufenthalt. Die Peel⸗Insel besitzt in Port Loyd einen vor— trefflichen Hafen. Die Vegetation hat bereits einen sehr südlichen Anstrich. Fächerpalmen Haine sind häufig. Die Käste wimmelt zu gewissen Zeiten von Haifischen und Schildkröten, und ihre Jagd bildet den Haupterwerbszweig der Bewohner. Die Schildkröten pflegen von Januar bis August auf die Inseln zu kommen, wo die Weibchen von Mai bis Juli laichen. Die Haifische, welcke während des Winters diese Gewässer verlassen, werden mit Angeln eifrig ge⸗ jagt. Ihre Flossen werden als Delikatesse nach Japan exportirt, aus den Lebern wird Oel gekocht. .

Die Zahl der unvermischten Europäer ist jetzt auf zwei zurück= gegangen, es sind beide ehemalige deutsche Matrosen, die aber ihre Muttersprache vollständig verlernt haben. Die Zahl der Mischlinge ist bei dem starken Kindersegen und dem gesunden fieberfreien Klima, welches ein hohes Alter zuläßt, in starker Zunahme begrissen. Die Frauen stammen alle von den Sandwich-Inseln, den Ladronen, Marschall Inseln und Japan, die Männer waren Amerikaner, Euro⸗ päer aller Nationalitäten, Mulatten von den Bermudas, Tagalen aus Manila und Polvnesier. Daß sich aus diesem bunten Rassengemisch eine Frau hat eft fünf Männer, davon mehrere gleich, zeitig gehabt noch keine eigentliche Mischrasse hat bilden können, ist natürlich; trotzdem findet man eine gewisse Einbeit— lichkeit der Sitten und Lebengsauffassung. Die Umgangksprache ist ein amerikanisirtes Englisch. Schreiben und lesen kann kaum Jemand ordentlich, ein Geistlicher oder eine Kirche existirt nicht. Die Zeit, wo wenige Leute hier im Uebermaß und Nichtsthun schwelgen konnten, wird aber hald vorbei sein; das faule Leben der polynesisch'europäischen Mischrasse muß Schritt für Schritt vor der stetig fortschreitenden japanischen Kelonisation, welche niedliche Dörfer, große Anpflanzungen von Ananas, Bananen, Zuckerrohr und besonders von einer vielversprechenden südchinesischen Indigoart hat entstehen lassen, zurückweichen. Der Ackerbau tritt an die Stelle des Jagd gewerbes und des Seenomadenthums. So wie es auf den Bonin— Inseln jetzt geht, so werden sich auch auf manchen anderen schönen Perlen der Südsee mit der Zeit die Verbältnisse total ändern.

Seitens des Botanischen Musenms und Gartens in Berlin wird eine Centralstelle für die Kolonien eingerichtet werden, welche die Aufgabe hat, ihnen die erforderlichen Saͤmereien und Pflanzen zur Anzucht zu liefern, den Nutzwenth der daselbst ge⸗ zogenen Pflanzen und Früchte zu bestimmen und sich überhaupt nach besten Kräften für die botanische Entwickelung der Kolonien nutzbar zu machen. Es wird, wie das „Dtsch. Kol. Bl. mittheilt, zu diesem Zwecke die Bereitstellung eines geeigneten Terrains im hiesigen Botanischen Garten, sowie die Errichtung eines Vermehrungshauses erfolgen. Auch wird für die erforderliche Vermehrung der wissen schaftlichen Hülfskräfte, sowie für die Austellung der nöthigen technischen Kräfte Sorge getragen werden. Der Verkehr zwischen der botanischen Tentralstelle und den Behörden in den Kolonien hat durch direkte Correspondenz zu erfolgen.

Die Historische Gesellschaft der Provinz Posen wählte, wie das ‚Pos. Tgbl.“ berichtet, in ihrer Sitzung am 14. d. M. den Staats-Minister Or. von Goßler für dessen der Gesellschaft stets bewiesene Theilnahme sowie ihren bisherigen Vor— sitzenden, den Kultus⸗Minister Grafen von Zedlitz ⸗Trützschler zu Ehrenmitgliedern. Dr. von Goßler bat der Gesellschaft per Fracht eine Anzahl von werthvollen Büchern übersandt und an sie folgendes Abschiedsschreiben gerichtet:

. , rl en m nr, 1891.

Der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen erlaube ich mir einige Bücher aus meiner Privatbibliothek, auf welche die König⸗ liche Bibliothek Verzicht geleistet hat, mit den wärmsten Wünschen für ein weiteres gesegnetes Gedeihen zu übersenden.

Ganz ergebenst Goßler, Staats⸗Minister.“

Hr. Staats⸗Minister Graf Zedlitz hat sich mit einem Schreiben nachstehenden Wortlauts von der Gesellschaft verabschiedet:

. Posen, den 17. März 1891.

Nachdem des Kaisers und Königs Majestät geruht haben, mich zum Staats-Minister zu ernennen, bin ich gezwungen, mein Amt als Vorsitzender der Historischen Gesellschaft niederzulegen. Ich scheide aus der Gesellschaft, an deren Thätigkeit ich mich während meiner hiesigen Amtszeit betheiligt habe, mit dem aufrichtigen Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen und mit den herzlichsten Wünschen für ihr künftiges Gedeihen. Zedlitz.“

Die Vorarbeiten für die internationale elektro—⸗ technische Ausstellung in Frankfurt a4. M. schreiten rüstig fort, und steht zu erwarten, daß der geplante Eröffnungstermin, der 16. Mai d. J., wird inne gehalten werden können. Der Haupt— Ausstellungsplatz soll mit dem am Hafen gelegenen Theile der Aus— stellung, der sogenannten Main⸗Ausstellung, und dem Dpernhause durch elektrische Bahnen verbunden werden.

Der Anzeiger des Germanischen Museums in Nürn⸗— berg, welcher mit vielen Illustrationen in Monatsheften erscheint und der außer regelmäßigen Berichten über sämmtlicht in Deutschland gemachte prähistorische und sonstige Funde die reichen Schätze des Museums zur allgemeinen Kenntniß bringt, wird den Mitgliedern bei einem Jahresbeitrage von mindestens 10 gratis und franko geliefert. Jede weitere Auskunft ertheilen und nehmen Beitrittserklaͤrungen an die Mitglieder der Berliner Pflegschaft: H. Lampson, Kaufmann, Kommandantenstr. 83. Frhr. Oito v. u. z. Aufseß, Kgl. Ober⸗Reg. Rath, Kurfürstendamm 142. F. M. Bartels, Sanitäts-Rath, Karlsbad 12,13. R. Béringuier, Dr. jur., Amts richter, Alvenslebenstr. 1090. Bratring, Stadtbaurath, Charlottenburg. Alex Meyer Cohn, Banquier, U. d. Linden 11. G. Dövler d. J., Professor, Dörnbergstr. 2. Dr. O. Loewenstein, Buchdruckereibes. u. Verlagsbuchbhändler, Mauerstr. 63/55. T. e. Architekt, Dessauer⸗ straße 23. Schöpplenberg. Fabrikbesitzer, Linienstr. 1565. Warnecke, Kgl. Geh. Regierungs⸗Rath, Friedrich ⸗Wilhelmstr. 4.

Schon vor längerer Zeit ist der Uebersetzer der sämmtlichen Werke des portugiesischen Dichters Luis de Camoens und dessen Lebensbeschreiber, Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Wil helm Storck, Professor an der Königlichen Akademie zu Münster, von der König lichen Akademie der Wissenschaften zu Lissabon einstimmig zum korrespondirenden Mitgliede ernannt worden. Wie das „Westf. Volksbl.' jetzt hört, hatte ihn kurz vorher schon der altehrwürdige Gelebrtenverein an der portugiesischen Universität zu Coim-⸗ bra, das sogenannte „Instituto de Coimbra“, zum Ehren mitgliede erwaäͤhlt, und zwar wurde ihm die Auf- nabme in die genannte Gesellschaft in auszeichnender Weise bekannt gegeben, indem man ihm außer der üblichen sportugiesischen) Urkunde noch ein besonderes, lateinisch abgefaßtes und eigens gedrucktes, großes Diplom übersandte. Außerdem gingen ibm von Coimbra zwel weitere Ehrenbezeigungen zu. Storck's jüngste Arbeit (Luis' de Camoens Leben, im vorigen Jahre im Verlage von Ferdinand Schöningh in Paderborn erschienen) ist nämlich der Stadt und Uni⸗ versität Coimbra, welche er als Geburts. und Bildungsstät!e des roßen Dichters nachgewiesen hat, zur sechshundertjäbrigen Jubel⸗ . (Herbst 1890) der dortigen Hochschule gewidmet. Von der Landes ⸗Universitaͤt sowie vom städtischen Magistrat zu Coimbra wurden ihm nun Dankschreiben in verbindlichsten Worten zu w g das eine, in portugiesischer Sprache, unterzeichnet vom Rath⸗Präsi⸗ denten der dortigen Munizipalkammer, das andere, in lateinischer Sprache, unterschrieben vom Rektor und den Dekanen bejw. Pro⸗ dekanen der dortigen fünf (katholisch⸗theologischen, juridischen, medi⸗

zinischen, mathematischen, philosophischen) Fakultäten.

In Körchens bei Wittenburg sind, wie der, Allg. 3. aus Rostock geschrieben wird, in diesen Tagen wert hvolle Grab funde ge⸗ macht worden. Nach Mittheilung des Konservators beim Schweriner Alterthums Museums Dr. Beltz in einer Versammlung des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde entdeckte man auf der Fundstelle Hunderte von Urnen, unter welchen sich drei aus Bronze verfertigte befanden. Die zahlreich gefundenen Schwerter und Lanzenspitzen in zwei Arten und die eigenthümliche Form der Stahl- spanne deuten darauf hin, daß dieser Fund einem Gefechtsfeld aus der römischen Zeit angehört. Gegen zwanzig Kriegerrüstungen sind aufgedeckt worden.

Donnerstag, den 9. April, wurden dem Steinauer Kreis und Stadtblatt! zufolge auf Wandritscher Terrain beim Steinegraben germanische Gräber aufgefunden. Der Fundort ist der sogenannte Fuchsberg zwischen Wandritsch und Toͤschwitz, nördlich von der Bahnstrecke Steinau Raudten. Die 3 standen auf allen Seiten geschützt durch mächtige Steine Am Vormittag des genannten Tages wurde ein Grab mit einer Leichenurne und mehreren Beigefäßen bloßgelegt. Die erstere, ein großes Henkelgefäß mit fünf Buckeln und sehr gefälliger Kreis. und Strichwerzierung war leider durch die Steinmassen vollstãndig zerdrückt. Die Asche enthält zwölf sebr interessante Schmuck⸗ gegenstände aus Bronze, daronter acht Nadelreste. Besonders be⸗ merkenswerth ist eine große Nadel, die abgebrochen noch 15 em lang ist und deren Knopf mit konzentrischen Kreisen reich verziert ist; ferner eine Nadel in Schlangenform, ein etwas gebogenes, durch Striche verziertes, 1 em dickes und 4 em langes Stuck in Form eines Bügels (anscheinend der Rest einer Fibula), sowie ein enger, dünner Spiral⸗ ring: alles mit grüner Patina bedeckt. Um die Leichenurne herum standen mehrere Beigefäße. Unter ihnen ist besonders interessant ein S em hohes, verziertes Henkelkrügchen mit vier Buckeln, ferner ein 20 em hoher Henkelkrug mit fünf Buckeln, ein oben 25 em weiter Teller mit zwei Oesen und ein 16cm hohes henkelloses Gefäß mit auswärts ge— bogenem Rande. Die Schmuckgegenstände, besonders die große Zahl der Nadelreste sowie der enge Fingerring, machen es wahrscheinlich, daß hier eige vornehmere Frau begraben wurde. Ein anderes, gleichzeitig geöffnetes Grab enthielt nur Scherben und Asche obne Beigaben. Am Nachmittage wurden neben den gewaltigen Steinmassen nur Gefäß— trümmer ausgegraben und zwar besonders zahlreich von Buckel— gefäßen. Der Hügel war nämlich bis vor einer Reihe von Jahren mit Wald bedeckt, und durch das Roden desselben sind die Gefäße zum größten Theile zertrümmert worden. Charakteristisch für das Feld ist nach dem Mitgetheilten das häufige Vorkommen von Buckelgefäßen, sowie das (nach den bisherigen Beobachtungen) ausschließliche Vorkommen von Bronzeschmuck. Von dem Fundorte überblickt man einen ziemlich bedeutenden, besonders in präbistorischer Hinsicht interessanten Theil des Steinauer Kreises. Man sieht die Höhen von Mühlgast (früher angeblich Opfersteine, bei denen ein steinerner in ein Berliner Museum abgelieferter Art hammer gefunden wurde), ferner das Dorf Oelschen (Steinbammer und Urnenfeld), zwischen Oelschen und Deichslau den Grötschberg, einen slawischen Burgwall, ferner Deichslau (Steinhammer) u. s. w. Bei Wandritsch selbst sind vor etwa 15 Jahren südlich vom Dorfe auf einer dem Fuchsbergebenachbarten Höhe zahlreiche Gefäße gefunden worden über welche genauere Nachrichten nicht vorliegen.

Der internationale astrovhotographische Kongreß, welcher gegenwärtig in Paris unter dem Vorsitz des Direktors der dortigen Sternwarte Admiral Mouchez tagt, bildet die dritte un wahrscheinlich letzte Tagung der im Jahre 1887 gegründeten, den ganzen Erdball umspannenden Vereinigung astronomischer Institute zur Herstellung der großen, den ganjen Himmel umfassenden Stern karte auf photographischem Wege. Nachdem es damals den beiden Astronomen der Pariser Sternwarte Gebrüder Henry gelungen war, durch Konstruktion eines photographischen Fernrohrs von überraschend exakten Leistungen die Aufgabe der Mappirung des Sternbimmels. welche seit dem Bestehen der wissenschaftlichen Astronomie ein Hauptziel der Forschung bildete, aber bis dahin nur in beschränktem Maße gelöst werden konnte, ganz allgemein über den ganzen Himmel und über alle Größenklassen der Sterne durchführbar zu gestalten, wurde auf dem internationalen Kongreß 1887 in Paris unter Betheiligung der meisten Kulturstaaten der Erde die Ausfübrung des Unternebmens be— schlossen. Der ganze Himmel wurde in eine der Theilnehmerzahl entsprechende Reihe von Sektionen zerlegt und diese den geeignet gelegenen Observatorien zugetheilt. Zunaͤchst handelte es sich um Vorarbeiten, Herstellung einbeitlicher Instrumente, Prüfung der Methode und der Leistungen der Apparate. Jetzt sind, wie man der . Weser-Ztg. schreibt, die Vorbereitungen soweit gedieben, daß die Ausführung von den 18 Sternwarten begonnen wird: Paris, Greenwich, Potsdam, Bordeaux, Toulouse, Algier, Oxford, Helfingfors, Rom, Catania, San Fernando, Tacubaya, San⸗ tiago, La Plata, Rio de Janeiro, Capstadt, Sydney und Melbourne. Im Ganzen sind etwa 22 000 Platten von je 2 Quadratgraden her zustellen, um den ganzen Himmel, welcher 41 000 Quadratgrade um- faßt, photograpbisch dargestellt zu erhalten. Demgemäß sind die einzelnen betheiligten Sternwarten mit der Herstellung von Platten betraut, deren Zahl zwischen 1008 und 15123 für eine Sternwarte variirt. Der gegenwärtig tagende Kongreß wird nun die endgültige Entscheidung über gewisse, die Ausführung betreffende Detailfragen auf Grund der bisherigen Vorstudien, sowie weitere Bereinbarungen über das zu gewinnende Forschungsmaterial regeln.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

. Stand der Saaten.

Im Regierungsbezirk Wiesbaden giebt man sich vielfach der Befürchtung hin, daß besonders die späteren und deshalb weniger kräftigen Saaten durch den langen, strengen Winter erheblich Schaden gelitten haben. Doch läßt sich ein abschlietzendes Urtheil zur Zeit hierüber noch nicht fällen. Ein großer Theil Kohlrabi und Dickwurz, welche im Felde eingegraben waren, ist erfroren, ebenso eine Menge Kartoffeln in den Kellern. Die Kaͤlte ist so tief in den Erdboden eingedrungen, daß selbst Ende Februar Erdarbeiten nicht oder nur mit großer Mühe ausgeführt werden konnten.

Der Weinstock hat, soweit bisher festgestellt werden konnte, manchen Schaden gelitten, zumal die Rothtrauben zu Aßmannshausen. In Hallgarten und Rauenthal hat der Frost viele Stöcke vernichtet, desgleichen sind in Lorschhausen manche junge Reben erfroren. Geringer scheint der Schaden in den Weinbergen der Gemarkungen Lorsch, Rüdesheim und Geisenheim zu sein, da hier das Holz bei Eintritt des Frostes schon gut gereift war.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Italien. In Italien sind zur Zeit folgende Einfuhrbeschränkungen in

Geltung: . . 1) Rindvieh,

Die Einfuhr ist verboten aus der Türkei, Egypten, Bombay, Bulgarien, Griechenland und aus allen russischen Häsen am Schwarzen und Asowschen Meere, aus Malta, dem Somalilande und Sansibar. Für Rindvieh rumänischer Proventenz muß ein Ursprungszeugniß bei⸗ gebracht werden.

2) Schafe.

; ir nr. a. hae, . 6 ö . 24 6 gg ien un almatien stammenden a i 2. 2. ,. 7 e unterstehen der Besichtigung ür afe Tru män er Proveni in U 8 zeugniß beigebracht werden. JJ - 3 Schweine. Die Einfuhr lebender Schweine ist verboten aus der gesammten Türkei, Egypten und aus den Vereinigten Staaten von Amerlka. Die Einfuhr von Schweinefleisch ist verboten aus sämmtlichen , , Ländern, mit Ausschluß von Oesterreich Ungarn und Deutsch⸗ and.