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weniger, als am Dienstag. Auf der benachbarten Zeche „Eiberg“ sind von der 398 Mann starken Belegichaft der Morgenschicht 1022 Mann obne Angabe von. Gründen ausgeblieben. Auf der Zeche Holland bei Watten⸗ scheid, deren Belegschaft durchschnittlich 1400 Mann beträgt, ist auf Schacht 3 die ganze Belegschaft der Morgenschicht ohne Angabe von Gründen fortgeblieben. Auf der Zeche WGCarolinenglück. zwischen Wattenscheid und Bochum, sind von 2065 Mann der Morgenschicht nur 35 angefahren. Ueber Tage arbeiten alle Arbeiter. Im Dort⸗ munder und Essener Bergwerkrevier ist keine Arbeits⸗ einstellung vorgekommen. Aus Gelsenkirchen wird ferner berichtet, daß seit heute früh auch die Belegschaft von Schacht 3 der Zeche „Hoffnung“ (Revier Gelsenkirchen) ausständig ist. Wir knüpfen hieran den folgenden Bericht der Rb.⸗W. Ztg.“ über eine Versam m⸗ lung der Belegschaft der Zeche Hoffnung‘ am letzten Sonntag in Essen, welcher etwa 130 von den 470 Bergleuten der Zeche beiwohnten. Der Einberufer erklärte, daß die Versammlung den Zweck hahe, mehrere Wünsche der Belegschaft öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Es müsse dahin gewirkt werden, „daß das Holzauftragen fortfalle und das Holz auf, einem Geleise vom Ma⸗ gazin nach der Brücke geschafft werde; daß der Gang zum Schachte durch eine Treppe verbessert werde; daß den Leuten zur Unterbringung ihrer Kleidungsstücke Schränke gegeben werden; daß die Wasch⸗ kauen mit Ruhrwasser gespeist und ferner mehr Wetter⸗ mühlen aufgestellt werden.“
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Arbeit.
sind von Auf der
Au Dortmund telegraphirt man der „Köln. Ztg.“, daß eine Belegschaftsversammlung der Zeche Westhausen das Gebahren der deutschen Abgeordneten in Paris verurtheilte und den Beschlaß faßte, weder einem Verband noch anderen Belegschaften sich anzuschließen.
Aus Freisenbruch wird der . Rhein. Westf. Ztg. geschrieben: Seit Dienstag Morgen werden hier unter den Bergleuten Aufrufe ver— theilt, in welchen es heißt: „Kameraden! Wie Ihr wißt, strikt die Belegschaft der Zeche „Eintracht Tiefbau‘ wegen unerhörter Be— drückung. Beweis dafür ist die Anerkennung der Forderungen der Belegschaft von hohen Beamten der Zeche sowoh' wie vom Ge— meindevorsteher Amtmann Hans u. s. w.“ Wir sind in der Lage und ermächtigt, die in dem Aufrufe enthaltene Bemerkung, die Forderungen der Belegschaft der Zeche „Eintracht Tiefbau“ seien vom Hrn. Amtmann Hans als richtig anerkannt worden, für unwahr und nicht zutreffend zu erklären. Hr. Amtmann Hans hat nur auf spezielles Ersuchen der Versammlung vom letzten Sonntag es über“ nommen, vermittelnd zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein— zuwirken, niemals ist es demselben eingefallen, die gestellten Forderungen der Belegschaft als berechtigt oder gar als eine unerhörte Bedrückung der Belegschaft anzuerkennen.
Aus Gottesberg in Schlesien wird der ‚Madb. Ztg.“ unter dem 21. d. M. jelegraphirt: Die allgemeine Bergarbeiter⸗ versammlung im nahen Fellhammer verlief ohne Störung. Der Beitritt älterer Bergarbeiter zum Rechtsver bande war sehr schwach, Die Kohlenkonsumenten, die einen Strike befürchten, errichten große Niederlagen, sodaß auf einzelnen Gruben bereits Feierschichten vorkommrn.
Aus Köln wird der Berliner ‚„Volksztg. geschrieben: In einer stark besuchten Bersammlung der Schuhmacher wurde am Montag beschlossen, in den nächsten Tagen die Forderung auf Ein⸗ führung des Elfstundentages und eine l5prozentige Lohn⸗ erhöhung für Akkordarbeiter zu stellen. Bei Nichtbewilligung der Forderung soll eine allgemeine Arbeits einstellung stattfinden.
Aus Kiel schreibt man demselben Blatt: Die Schiffs⸗ zimmerleute der Germanig⸗Werft und der Howald swerke sind wegen Lohnerhöhung vorstellig geworden. Sie beanspruchen einen Minimallohnsatz von 40 4 die Stunde und einen entsprechend höheren Prozentsatz für Ueberstunden, als bisher bewilligt worden ist.
In Altona ist, wie W. T. B.“ meldet, der von den Sozlal⸗ demokraten für den 3. Mai beabsichtigte Umzug verboten worden. .
Aus Hanau schreibt man der „Frkf. Ztg.“, daß dort seit Montag die Schuhmachergefellen im Aus tand sind, weil die Meister die Einführung eines erhöhten Lohntarifs ablehnten. Nach dem neuen Tarif fordern die Gefellen als Wochenlohn 15 60 obne Kost und Logis oder 7 M mit Kost und Logis zc. Außerdem wollen sie den Arbeitstag von 12 auf 10 Stunden gekürzt und ihre Ueber stunden bei Wochenlohn mit 40 und bei' Stückarbeit mit 30 0 vom Verdienst vergütet haben, während seither Ueberstunden nicht vergütet wurden.
Aus Brüssel wird vom 21. d. M. berichtet, daß die dortige Vereinigung der Arbeiterpartei durch Maueranschläge und durch ein Manife st, welches sie in 100 C00 Exemplaren vertheilen läßt, die Arbeiter auffordern wird, an der fur den j. Mai zu Gunsten des achtstündigen Arbeitstages und des allgemeinen Stimm⸗ rechts in Aussicht genommenen Kund gebung theilzunehmen. — Heute wird nun telegraphisch gemeldet, die geplante Arbeiter- kundgebung am 1. Mal sei von dem Bürgermeister unter der Bedingung gestattet worden, daß der Weg, den der Zug nehmen soll, von der Gemeindebehörde festgesetzt werde, und daß die Führer für die Ordnung einstehen.
Aus Rom meldet ein Wolff'sches Telegramm: Dem Fanfulla! zufolge werden alle Polizei- Kom miffare am 25. d. M. eine gleich lautende Bekanntmachung bezüglich des 1. Mai erlassen. Vach derselben sollen Versam mlungen, selbst an öffentlichen Orten, ebenso Reden, soweit fie keine Beleidigung und keine Angriffe gegen Staatsgesetze enthalten, gestattet, jedoch Aufzüge, unter welcher Form immer, verboten und um jeden Preis unterdrückt werden.
Aus Arras wird telegraphisch mitgetheilt: Das Syndikat Rar, Bergarbeiter des Departments“ Ppas-de- Galas * beab— sichtigt, eine Kundgebung zu veröffentlichen, in welcher die Berg⸗ arbeiter aufgefordert werden, anläßlich deg 1. Mai Petitionen zu unterzeichnen, in denen die Beschwerden der Arbeiter dargelegt werden sollen, sich jedoch im Uebrigen jeglicher Demonstration zu enthalten.
Aus La Crovern berichtet W. T B.: Einige Walzwerk⸗ arbeiter, welche seit sechs Wochen strikten, nahmen am Dienstag die Arbeit wieder auf. Zahfreiche noch Strikende versammelten sich vor dem Ausgang der Werkftätten und mußten durch Gendarmerie und Polizei zerstreut werden. Dabei wurden mehrere Verhaftungen i, ,n, J
Wie aus Scottdale (Pennsylpanien) über London telegraphi gemeldet wird, eiwartet man daselbst 9 lend als gm f die ausständigen Arbeiter im Cokesgebiete.
Kunst und Wissenschaft.
4 Der Bildhauer Henry Chapu ist am 21. April in Paris gestorben. Chapu war am 29. September 1833 in Lemise geboren, ein Schüler von James Pradier, dessen Meisterschaft in der Behandlung des Marmors auch er erreichte. Seine zahlreichen, vielfach in öffent—⸗ lichem Auftrage geschaffenen Arbeiten offenbaren neben dieser Sauberkeit der Durchführung einen großen Reichthum an poetischen Gedanken. Es sei hier nur die „Jeunesse“ für Regnault's Grabmal und die „Jeanne d'Arc im „Luxembourg“ genannt. Der 1872 zum Offizier der Ehrenlegion ernannte Künstler zählte mit zu den bekanntesten künstlerischen Persönlichkeiten von Parie, obwohl er mit seiner Auffassung einer bereits als überwunden geltenden Richtung angehörte.
— Das Befinden des erkrankten Historikers Ferdinand Gregorovins in München hat sich nach einer Meldung des W. T. B.“ weiter verschlimmert.
— Bei Ausgrabungen, die in Wien in der Nähe des Arsenals vorgenommen werden, wurden nach einer Mittheilung der Madb. 3. sechzebn römische Grabstätten gefunden. Skelette, die sich darin befanden, wurden dem Centralfriedhof, verschiedene Gegenstände, so Opfermünzen, Kleiverswangen, Urnen, Schüsseln und Fläschchen der Direktion der Sammlungen des Kaiserhauses übergeben.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrunga⸗ Maßregeln. Australien.
Du rch Bekanntmachung des Gouverneurs zu Sydney vom 25. Februar 1891 ist angeordnet worden, daß die von Colom bo, sei es direkt, sei es über Zwischenhäfen, kommenden Schiffe, mit Rücksicht auf die angeblich dort herrschende Pockenkrankheit, bei Ankunft in der Kolonie Neu⸗Süädb⸗Wales so lange in Quarantäne gehalten werden sollen, bis sie von dem zuständigen Gesundheits—⸗ beamten zum freien Verkehr zugelassen werden.
Handel und Gewerbe.
Subhastations: Resul tate. .
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen die nach⸗ verzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Gon tardftraße 1, den Baumeistern F. Overbeck und G. Lüdicke gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 800 „ festgesetzt Ersteher wurde der Kfm. Eduard Ullendorff zu Berlin für das Meistgebot von 285 00 ο, — Grundstügk in der Gontardstigße 2, den oben- genannten. Baumeistern gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 200 nt festgesetzt. Ersteher wurden die Rentier Boesche'schen Erben für das Meistgebot von 315100
— Die Generalversammlung der Aktionäre der Stettiner Rückversicherungs⸗Aktien⸗Gesellschaft vom 21. d. M. er⸗ theilte dem Aufsichtsrath und der Direktion Decharge. Die Dividende von 85so — 24 4 pro Aktie gelangt bereits zur Auszahlung.
— Der Rechenschaftsbericht der Lebens-, Penfions- und Leibrenten« Versicherungsgesellschaft Iduna! in Halle a. S. für das Geschäftsjahr 1890 läßt eine befriedigende Weiterentwicklung der Gesellschaft nach allen Richtungen erkenagen. Der erzielte Reinüherschuß des abgelaufenen Geschäftsjahres beträgt 70 542 M und gestattet die Fortgewährung der vom 1. Jaguar d. J. ah auf 26 c erhöhten Dividende. Im Jahre 1899 waren 2429 An— träge über 9 117158 M Kapital und 12890 M. Rente zu erledigen; neugeschlossen wurden 1859 Versicherungen über 6 819 038 0 Kapital und 12417.“ Rente. Der Gesammtoersicherungès bestand am Schlusse des Geschäftsjahres belief sich auf bo 374 Versicherungen über S4 963 243 M6 Kapital und 119 643 6 Rente. Die Prämieneinnahme der „Iduna“ betrug 1890 3289 562 M, der Ertrag der Kapitalsanlagen 914 327 M, der ducch schnittlich erzielte Zinsfuß 4,297 . Zur Vermehrung der Prämien⸗ Reserve wurden 1 495 489 S benutzt, sodaß dieselbe ultimo 1890 20 126 901 MSς betrug. In sicheren Hypotheken, Effekten, baagrer Kasse. Bankier Guthaben und Policen Darlehen besaß die Gesellschaft am Jahresschluß 20 637798 „6 In der ordentlichen General⸗ versammlung der Gesellschaft vom 18. d. M. wurden die zur Er—= örterung stehenden Punkte der Tagegordnung durch Vechargirung der Jahresrechnung und Wiederwahl der turnusgemäß ausscheidenden Mitglieder des Verwaltungsraths erledigt. .
— Der „Köln, Ztg.“ wird unter dem 21. d. M. aus Düssel dorf gemeldet: Die Hauytversammlung des west deutschen Grobblechverb andes stellte fest, daß die Beschäftigung zu⸗ genommen, die Preise aber durch außerhalb des Verbandes stehende Werke stark gedrückt würden. Es wurde beschlossen, dem Wettbewerb mit Entschiedenheit zu begegnen und einen Ausschuß mit der Prüfung der Frage, betreffend die Errichtung einer gemeinsamen Ver⸗ kaufsstelle, zu betrauen.
München, 23. April. (W. T. B.) Die Einnahmen der baverischen Stgattbahnen im 1. Quartal d. J. betrugen 21 823 609 MM, mithin 121 573 M weniger als im gleichen Quartale des Vorjahres, obwohl 92 km hinzugekommen sind; der Frachten— verkehr im März ergab 404 062 MS weniger als im März 18906.
Leipzig, 22. April. (W. T. B Kammzug⸗ Termin handel,. La Plata. Grundmuster B. pr. April 437 A, pr. Mai 4,37 „S, pr. Juni 4423 „, pr. Juli 4,45 Mι, pr. August 444 66, pr. September 4,473 M, pr. Oktober 4475 K, pr. November 4.476 K. pr. Dezember 14,473 6, pr. Januar 4,73 Umsatz 100 090 kg. Ruhig.
New⸗ Nork, 21. April. (W. T. B.) Heute sind im Ganzen 16 Millionen Dollars Gold für den Export bestellt . davon eine halbe Million mit der Bestimmung nach
erlin.
Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 6358 970 Dollars gegen 7 801 53 Dollars in der Vorwoche.
Wetzen-Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staafen nach Großbritannien 39000, do; zniach Frankreich — do, nach anderen Häfen des Kon⸗ tinents 31 000, bo, von Kalifornien und Oregon nach Groß—⸗ britannien 41 000, bo. nach anderen Häfen des Kontinents 87 G00 Qrts.
Mannigfaltiges.
Die Einführung eines Zehnpfennig-⸗Tarifs auf den Pferde⸗ eisenbahnen ist, wie bekannt, in einem Ausschuß der Stadt⸗ verordneten ⸗Versammlung zur Sprache gekommen. Nach dem jetzt vorliegenden Auctschuß ⸗ Protokoll überzeugte sich, wie die ‚N. Pr. 8. mittheilt, der Ausschuß, daß die städtischen Behörden nach den mit den Pferdeeisenbahn⸗Gesellschaften geschlossenen Verträgen sich nicht in der Lage befänden, einen Druck nach der gewünschten Richtung hin auf die Gesellschaften auszuüben, daß dies vielmehr nur bei neuen Konzessionsertheilungen der Fall sein könne. Andererseits wurde im Ausschuß aber auch darauf hingewiesen, daß Berlin von allen Welt- städten die billigsten Pferdeeisenbahn ⸗ Fahrpreise habe und, wie der Geschäftebericht der Großen Berliner Pferdeeifenbahn⸗Gefellschaft ergebe, schon jetzt die bei Weitem meisten Fahrgäste nur 10 3 zahlen. 64 9œίι aller Einnahmen werden durch die ge ep i Fähr fs n. erzielt. Nach den von der Gesellschaft angestellten Berechnungen würde die Einsührung eines Durchschnitts-Zehnpfennig ⸗Tarifs in ben nächsten Jahren einen Ausfall von 15 Minstionen Mark verursachen; außerdem würde der Andrang zu den Wagen ein so gesteigerter werden, daß er mit den vorhandenen Betriebsmitteln nicht bewältigt werden fönnte, sodaß die Gesellschaft genöthigt fein würde, ihren Fuhrpark zu vergrößern und neue Bahnhöfe anzulegen, wag nur mit erheblichen Kosten geschehen könnte. Die Gesellschaft hat es deshalb abgelehnt, einen derartigen Tarif einzuführen.
Die Jahresversammlung des Berliner Zweigvereinsg gegen den Mißbrauch geistiger Getränke findet am Freitag, 24. Apcil 1891, Abends 7 Uhr, im Bürgersaale des Berlinischen Rathhauses, Königstraße 15,168. mit folgender Tagsordnung statt: I) Geschäfts bericht des Vorsitzenden. 2) Kassen bericht. 3) Vorstands⸗ wahl, 4) Mittheilung des Professors Dr. Jolly: „Ueber rückfällige Trinker. 5) Vortrag des Geheimen Saritäts Raths Dr. Baer: Ueber Behandlung der Tinker. 6) Vortrag des Ober Verwaltungk⸗ gerichts⸗ Raths Dr von Strauß und Torney: Ueber Entmündigung von Gewohnheits-Trinkern ?.! 7) Mittheilungen des Geschafts fü hrerd A. Lammers aus Bremen: „Ueber den Entwurf zu dem neuen Reichs gesetz gegen die Trunksucht !. 8) Sonstige Vereintzangelegenheiten.
Königsberg i. Ostpr. Ein ehemaliger Student der Albertus Universität in Königsberg, gegenwärtig einer der angefehensten Aerzte in NewYork, hat es sich zur Aufgabe gestellt, dahin zu wirken, daß das Vorpild der vortrefflichen Einrichtungen, welche an den höheren ameritanischen Lehranstalten für die Pflege aller Leibes übung en bestehen, auch an deutschen Hochschulen Nachahmung findet. Er wünscht zu diesem Zweck Anstalten errichtet zu fehen, welche eine Turn: und Festhalle, Nänme für Uaterricht und Uebung im Fechten, Bäder, eine Reitbahn, auch Speisehallen mit Billarosälen, Kegelbahnen Ballspiel⸗ plätze u, s. w. in sich vereinigen und den Studirenden für ein geringes Entgelt die Möglichkeit bieten, sowohl in ernsten Uebungen als in heiterer Ge⸗ selligkeit die Muskelkraft des Körpers zu pflegen und zu stählen. Er hat, durch die hochherzige Schenkung eines großen, pass end ge— legenen Grundstücks den ersten Schritt dazu gethan, daß diefer schöne Gedanke zunächst an der Universität Königsberg zur Ver— wirklichung gelangt. Zur weiteren Verfolgung seines Plans, welcher nach einer Mittheilung des „Centr- Bi. d. Bau. Seitens des Kultus. Ministeriums mit wärmster Theilnahme aufgenommen worden ist, trat im vorigen Winter ein Ausschuß zusammen, dem die ange⸗ sehensten Männer der Provinz Ostpreußen angehzren. Diefer be— schloß zuvörderst unter den Mitaltedern des Ostpreußischen Archi⸗ tekten⸗ und Ingenieur⸗Vereins auf Grund eines von Sachverständigen aufgestellten Programmeß eine Wettbewerbung zur Erlangung geeig⸗ neter Entwürfe für die bauliche Anlage auszuschreiben. Der Wettbewerb hat das günstige Ergebniß gehabt, sodaß unter den ein⸗ gegangenen Entwürfen den Arbeiten des Architekten Heitmann in Königsberg und des Kreis Bauinspektors Tieffenbach in Ottels burg die ausgesetzten Preise von 500 6 und 3600 S zuerkannt werden konnten (der Plan des Regierungs⸗Baumeisters Schulz⸗Steglitz würde zum Ankauf. empfohlen). Mit diefen Entwürfen ist, wennschon sie für die Ausführung noch nicht ohne Weiteres geeignet erscheinen, ein werthwolles Material für die Förderung des groß gedachlen und ge⸗ meinnützigen Unternehmens gewonnen.
Hamburg, 21. April. Die in Nr. 94 des R. u. St. A.“ kurz gemeldete Feuersbrunst im Freihafengebiet (Sandthor⸗Quai) war die größte, welche jemals daselbst ausgebrochen ist Der „N. Pr. Ztg. ist darüber folgender Bericht zugegangen: Bis tief in die Raͤcht binein wüthete das feurige Element, und die Feuerwehr hotte ihre Noth, die Nachbarbetriebe, die Elektrisitätswerke, sowie den Sandthor-Quaischuppen vor demselben Schickfal zu bewahren, dem der gewaltige Speicherblock . mit seinen fechs Böden nunmehr zum Opfer gefallen ist. In dem Speicher befanden sich außer der Schmidt'schen Kaffeerösterei, welche mehrere Böden einnimmt, noch etwa sechzehn andere Kaufmanntlager, deren Güter, meistens Kolonial und Materialwaaren, dem gierigen Element so reichliche Nahrung boten, daß in dem Augenblick, als man die Luken öffnete, der ganze Speicher ein einziges Flammenmeer war, nachdem vorher der Häuserkoloß im Innern ganz von Rauch angefüllt gewesen. Letzter's war in der Zeit zwischen 6 und 7 Uhr, wo noch Butzende von Menschen in dem Speicher beschäftigt waren, ohne eine Ahnung davon zu haben, daß das Feuer selbst bereits den Speicher O, er' griffen hatte. Als die Feuerwehr, welche anscheinend zu spät alarmirt worden war, um 7 Uhr erschien, schallten ihr markerschütternde Rufe von Leuten entgegen, welchen durch den undurchdringlichen Rauch der Weg zum Ausgange abgeschnitten war. Sie waren zu den Roth— thüren geeilt, die aber verschloffen und eingerostet waren und nicht funktionirten. Den Tod vor den Augen mußten diese Armen warten, bis die Feuerwehr sie einzeln mit Leitern und Stricken retten konnte, was endlich mit sämmtlichem Personal geschehen konnte. Die Letzten mußten sich an den Feuerwehrschläuchen zum Wasserkanal hinablassen, welcher den Sandthor-⸗Quai begrenzt und wo Fahrzeuge der Geängstigten warteten. Mehrere der geretteten Perfonen haben erhebliche Brandwunden erlitten. Wie es angehen konnte, daß das Feuer in dem massiven Bau so rasch sich ausdehnen konnte, er' klärt sich darauß, daß der in der benachbarten Central · Heizanlage aufgestellte Hydrant, welcher sonst das ganze Gebäude hätte unter Wasser setzen können, abgestellt worden war, weil man der Gefahr des Explodirens vorbeugen mußte, in welcher die Dampfkesselanlage sich befand, wo das Feuer entstanden war. Zu der Verwirrung, wesche der Ruf „Feuer“ veranlaßte, kam, daß um 63 Uhr plötzlich alte elektrischen Lichter versagten, denn die elektrische Centralanlage war selbst vom Feuer ergriffen worden und ihr Betrich ist auf längere Zeit hinaus gestört, Der Speicher O. ist ganz aus— gebrannt. — Der „Hamburgischen Börsenhalle“ zufolge beläuft sich der bei dem Brande angerichtete Schaden auf etwa 3 Millionen Mark und ist durch Versicherungen bei 26 Gesellschaften gedeckt. Betheiligt seien unter anderen die Hanseatische Versicherungsgefellschaft mit 330 000 Æñ, die Hamburg ⸗Bremer mit 260 000 Mι, der Londoner Phönix“ mit 300 900 S6, die Preußische Nationalversicherung mit 250 900 „„, die Versicherungsgesellschaft „Sun“ mit 208 005 v und die Berlinische Feuerversicherungs⸗Gesellschaft mit 100 000 S
London, 26. April. Sämmtliche heutigen Londoner Morgen— blätter widmen dem Werk des Dr. Carl Peter s' über die deutfche Emin-Pascha-Expedition, welches heute im Verlag von Ward, Lock u. Co,. in englischer Uebersetzung unter dem Titel: „Nem Light on Dark Africa“ erscheint, eingehende und im Großen“ und Ganzen sympathische Besprechungen.
Paris, 20. Apcil. Aus Fontainebleau wird der Mgdb. Z.“ telegraphirt, daß gestern in den dortigen Waldungen jwei Brände ausbrachen: der eine, in seinen Wirkungen geringer, in der Richtung der Malerkolonie Barbison, wo er etwa fechs Hektär Haide— land versengte, der andere in der Nähe des Rocher Besnard, ebenfalls einer Lieblings gegend der Landschaftsmaler. In beiden Fällen scheinen unvorsichtige Raucher den Brand verursacht zu haben. Der größere verzehrte die Fichten und Birken auf dreizehn Hektar in der Runde—
Rom, 23. April. Heute früh gegen 7 Uhr wurde, wie das . W.. T. B.“ meldet, die Stadt von einem dongerähnlick en Schlage erschüttert, zahlreiche Fensterscheiben zersprangen. Als die Ursache der gemeldeten Erschütterung ergab sich eine vor der Porta Portese, etwa 4 kin von der Stadt, erfolgte starke Pulver ⸗Explosion in dem Pulverthurm von Pozjo Pantales. Fünfzehn Soldaten sollen bei dem Pulverthurm Wache gehalten haben. Wie verlautet, sind durch die Explosion die benachbarten Gebäude schwer beschädigt worden, 120 Personen sollen zum Theil schwer verletzt sein. Todte sind bisher nicht aufgefunden worden, doch befürchtet man, daß solche unter den Trümmern begraben liegen. Der König, der Herzog der Abruzzen. der Minister · Praͤsident di Rudini, der Minister des Innern Nicotera, die übrigen Minister, alle zuständigen Behörden und zahlreiche Personen haben sich nach dem Schauplatz der Explosion . Verwundeten werden nach dem Hospital Consolazione ransportirt.
New -⸗Rork, 21. April. Die heutige Todtenliste für New ⸗ York weist laut Meldung des . W. T. B.“ 251 Todes fälle auf, darunter 27 an der Influenza. Cs ist dies die größte Sterblichkeitsziffer dieses Jahres.
zum Deutschen Reichs⸗An
M 95.
Deutscher Reichstag. 105. Sitzung vom Dienst ag, 21. April.
Am Bundesrathstische der Staats⸗-Minister Freiherr von Ber lep sch. Die zweite Berathung der Gewerb eordnun gs⸗-Novelle (Arber e wird fortgesetzt mit 5. 153. Im bestehenden Gesetz lautet 8. 153 wie folgt:
„Wer Andere durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzung oder durch Verrufgerklärung be⸗ stimmt oder zu bestimmen versucht, an solchen Verabredungen GF. 152) theilzunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder Andere durch gleiche Mittel hindert oder zu hindern versucht, von solchen Verabre⸗ dungen zurückzutreten, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine härtere Strafe eintritt.“
Die Vorlage hatte für den 8. 153 folgende neue Fassung vorgeschlagen:
Wer es unternimmt, durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzungen oder durch Perrufs— erklärung 1) Arbeiter oder Arbeitgeber zur Theilnahme an Ver⸗ abredungen der im 5§. 152 bezeichneten Art zu bestimmen oder am Rücktritt von solchen Verabredungen zu hindern, 2) Arbeiter zur Einstellung der Arbeit zu bestimmen oder an der Fortsetzung oder Annahme der Arbeit zu hindern, 3) Arbeitgeber zur Entlassung von Arbeitern zu bestimmen oder an der- Annahme von Arbeitern zu bindern, wird mit Gefängniß nicht unter einem Monat bestraft. Ist die Handlung gewohnheitsmäßig begangen, so tritt Gefängniß nicht unter einem Jahre ein.
Die gleichen Strafvorschriften finden auf Denjenigen Anwen⸗ dung, welcher Arbeiter zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit oder Arbeitgeber zur widerrechtlichen Entlaffung von Arbeitern öffentlich auffordert. ;
n 7 Kommission hatte in beiden Lesungen den §. 1535 abgelehnt.
Die Abgg. Auer und Genossen beantragen eine ander— weitige a n, des 5§. 153, deren erster Absatz die geltende Vorschrift wiederholt, aber mit Weglassung der Ehrverletzung“ und des Schlußsatzes „sofern nicht — eintriti“. In einem zweiten Absatz wird dieselbe Strafaͤndrohung unter denseiben Voraussetzungen für Diejenigen ausgesprochen, welche Andere zu bestimmen versuchen, an solchen Verabredungen und Ver⸗ einen nicht theilzunehmen oder Arbeitern deshalb die Arbeits⸗ gelegenheit erschweren, sie nicht in Arbeit nehmen oder aus der Arbeit entlassen, weil sie daran theilgenommen haben oder theilnehmen.
Abg. Dr. Schädler: Der §. 152 gebe den Arbeitern das Koali⸗ tionsrecht, es sei das größte und schönste Recht des Arbeiters. Die Vorlage bringe jetzt Verschärfungen der Bestrafung des Mißbrauchs dieses Rechts in Vorschlag, denen seine Partei nicht zustimmen könne. Es habe sich in der Kommission keine Mehrhest für diese Ver⸗ schärfungen gefunden, welche das bisherige Strafmaximum von drei Monaten zum Strafminimum machten und das Piaximum bis auf zwei Jahre erhöhten. Diese Höhe der Strafen und das Kautschuk⸗ artige des ganzen Wortlauts machten denselben sehr bedenklich. Ver Ausdruck unternimmt“ sei viel zu unbestimmt; die Bestrafung nach Ziffer 2 Desjenigen, der auch ohne vorausgehende Vereinbarung oder Ver! ahredung die Arbeiter zur Einstellung der Arbeit zu bestimmen versuche, die schwere Strafe für Verruftzerklärung vermöge feine Partei nicht anzuneh⸗ men. Wenn man sehe, wie die Unternehmer fich zu Kartellen und Ringen vereinigten, wenn man von dem Vorgehen höre, wie es die Broschäre in Betreff des Deutschen Metallindustriellenverbandes enthülle, ein Vorgehen, welches seine Partei ganz entschieden verwerfe und ver⸗ urtheile, so könne man umsoweniger in diesen Gesetzesbestimmungen einen gerechten Ausgleich sehen. Seine Partei glaube nicht, daß damit die Ausschreitungen bei Strikes verhindert, oder die Strikes selbst aus der Welt geschafft werden könnten. Die Statistik der Ausständigen sei noch nicht eine Statistik des Kontraktbruchz. Mancher Strike babe wohlberechtigte Gründe. Zu helfen sei durch die Anerkennung der beguflichen Organisation der Arbeiter, worüber man ja später beim Antrag Hirsch ausführlich verhandeln werde. Seine Partei welle den Frieden zwischen Kapital und Arbeit fördern, die Ver— söhnung beider anbahnen; dazu gehöre Gerechtigkeit und Liebe, nicht aber diese drakonischen Mittel des §. 155 der Vorlage.
Abg. Liebknecht; Der Vorredner habe das Koalitionsrecht das größte und schönste Recht des Arbeiters genannt; er (Redner) sehe in ihm den Schlußstein der Mündigerklärung der Arbeiterklassen. Für die Arbeitgeber habe das Koalitionsrecht als solches keine Bedeurung, das entsprechende Recht der Arbeiter sei ihnen aber verhaßt, denn der Arbeiter, der als Einzelner eine Null sei, werde durch die Möglichkeit, sich zu koaliren, eine Macht, mit der man rechnen müsse. Daher die Anstrengung der Unternehmerklassen in allen Ländern, das Koalitionsrecht der Arbeiter zu verschränken oder unmöglich ju machen. Wie unbegründet die Furcht vor dem Koalitiongrecht der Arbeiter sei, zeige das Beispiel Englands, welches dieses Recht vollständig verwirklicht habe und unter den Kämpfen, welche zu diesem Relultat geführt, nicht zusammengestürzt sei. Rach einer eingehenden Darstellung des Verlaufs dieses Kampfes in England fährt Redner fort: Der Antrag seiner Partei sei dahin gerichtet., Luft und Licht für beide Parteien gleich zu veriheilen. Bis jetzt sei nur der Arbeiter unter diese Strafbestimmungen gestellt, seine Partei wolle den Arbeitgeber genau denselben Strafen unterwerfen. Mit solcher Reform verschärfe man nur die Miißstände, die beständen, und erzeuge eine Mißstimmung, Jie zu Katastrobhen führen müsse. Der Dentschrift, welche seine Partei dem Reichtztage habe zugehen lassen, berdanke sie, daß die Mehrheit gestern zum ersten Male dem Rufe nach Gerechtigkeit endlich einmal ihr Ohr geöffnet habe. Der Verband, dessen Vor⸗ ehen in jener Broschüre geschildert werde, verletze das Gesetz in 6. rantester Weise, verbünde sich mit Behörden und die Behörden riefen nicht nach dem Staatganwalt, sondern gingen Hand in Hand mit ihm, machten gemeinschaftliche Sache mit ihm gegen die Arbeiter und das Gesetz In . Komplott zeige sich recht deutlich, wie Recht man habe, von einem neuen Feudalismus zu sprechen. Durch die Verkümmerung der beiden Hauptrechte des Volks, des Wahl und des Koalttions- rechts, werde dem Volke der Glaube an das Recht überhaupt ge⸗ raubt, Seiner Partei werfe man die Diktatur des Proletariats vor; aber seit 1878 treibe die Bourgeoisie die Diktatur. Die ganze Gesetz.
gebung sei das Werk der vereinigten Kapitallstenklasse zur Förderung ihrer Jateressen gewesen. Der Gegenfatz der Unternehmer. und Arbeiterklasse könne nur durch die Befchtigung der beiden Klassen beseitigt werden; alle müßten Arbeiter werden, und die Arbeits ber · theilung müsse vom Staat geregelt werden. Durch das Züchten von, Millionaͤren habe man große Massen von ehedem 6konomisch selbstaͤndigen Exlstenzen zu Proletariern gemacht, Diesen Prozeß önne man nicht verhindern, aber was man verhindern könne, sei, daß dieser Prozeß sich verknäpfe mit politischen Katastrophen durch Aechtung des Koalitionsrechts, Man könne den Kampf dadurch in friedlich. Bahnen leiten, die Mehrheit könne einer blutigen sozialen
Dritte Beilage zeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 23. April
Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Es ist nicht meine Absicht, gegen den dekorativen Theil der Rede, die wir soeben gehört haben, zu sprechen, zu dem ich all die Angriffe und Uebertreibungen rechne, die eine Variation dessen sind, was wir von Seiten der Herren Sozialdemokraten ja seit langen Tagen zu hören bekommen. Es ist auch nicht meine Absicht, näher auf die Frage einzugehen, die von Hrn. Liebknecht ganz besonders erörtert worden ist, ob es auch außerhalb und neben den hier in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen Verhältnisse giebt, die in der That, wie er behauptet, die Koalitionsfreiheit der Arbeiter zu einem Messer ohne Klinge machen; nur kurz bemerke ich, daß meiner Meinung nach der Verlauf der Strikebewegung der letzten Jahre als Beweis für die Richtigkeit der Behauptung des Hrn. Liebknecht nicht ange—⸗ führt werden kann. Ich fühle vielmehr die Verpflichtung, nachdem in der Kommission die Vorlage der Regierung in 5§. 153 abgelehnt worden ist, zur Begründung derselben hier nur noch einige Worte zu sagen. Mir scheint es erforderlich, wenn man an die Frage herantritt, ob eine derartige Vorlage berechtigt und nothwendig war, sich zunächst zu vergegenwärtigen, welche Stellung die bisherige Gesetzgebung in S8. 152 und 163 der Gewerbeordnung zur Koalitionsfreiheit der Arbeiter und den Nießbrauch derselben einnimmt. Als die verbündeten Regierungen und der Reichstag zu der Ueberzeugung kamen, daß das Verbot der Koalition der Arbeiter nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte, daß den Arbeitern die Mözlichkeit gegeben werden müßte, in der Vereinigung die Kraft zu suchen, die der Einzelne nicht hat, um günstigere Lohnbedingungen zu erzielen, waren Sie zugleich der Meinung, daß es unerläßlich nothwendig sei, die Willens— freiheit derjenigen Arbeiter, die an einer Koalition oder einem Ausstande sich nicht betheiligen wollten, gegen den Zwang ihrer Genossen zu schützen. Das beweisen aufs Klarste gerade die Bestimmungen derfvon mir erwahnten Paragraphen, die Motive der Gewerbeordnung von 1869 und die Reichstags verhand⸗ lungen, welche zu diesem Paragraphen stattgefunden haben. In den Motiven befindet sich ein Passus, welcher folgendermaßen lautet:
Die bestehenden Koalitionsbeschränkungen für die gewerblichen Unternehmer und Arbeiter werden beseitigt, dagegen bleibt den Koali— tionsverabredungen der staatliche Schutz vorenthalten, und der im In⸗ teresse der Freiheit nothwendige Schutz gegen den Mißbrauch, die freie Entschließung der Arbeiter durch Drohung und Anmaßung von Gewalt zu beeinträchtigen, wird in einer Strafbestimmung gesucht.
Ich berufe mich ferner auf die Verhandlungen des Reichstages, und da ist ganz besonders eine Aeußerung des Hrn. Abg. Lasker be—⸗ merkenswerth, die in der Sitzung vom 3. Mai 1869 gethan worden ist und folgendermaßen lautet:
Wenn wir die Freiheit der Vereinigung proklamiren, so wollen wir sie proklamiren auch für Diejenigen, welche sich dieser Vereinigung nicht fügen wollen. Es muß die Freiheit bestehen, zurückzuweisen, daß kein Arbeitnehmer zu einer Vereinigung mit widerrechtlichen Mitteln gezwungen werde. Ich bezweifle nicht, daß es Niemand in diesem Hause giebt, der nicht eine generelle Strafbestimmung für diesen Fall wünscht. Wir würden sonst die Freiheit der Vereinigung in einen Vereinigungszwang umwandeln; ich spreche nicht bloß von Hypothesen, sondern von Dingen, die thatsächlich vor unseren Augen vorgehen.
Auf dem Satz, daß kein Arbeitnehmer durch widerrechtliche Mittel zu einer Vereinigung gezwungen werden soll und darf, und auf der Erfahrung, daß es sich hier nicht um Hypothesen, sondern um Dinge handelt, die thatsächlich vor unseren Augen vorgehen — auf diesem Satz und dieser Erfahrung beruht die Vorlage. Sie unterscheidet sich prinzipiell nicht ron der bestehenden Gesetzgebung, und ich muß bemerken, daß die letztere bis zum Beginn dieser Reichs⸗ tagssession von keiner Seite angefochten worden ist, und daß auch von keiner Seite behauptet worden ist, daß in der bestehenden Gesetz gebung ein Ausnahmegesetz, ein Gesetz, welches Ausfluß der Klaffen« gesetzgebung ist, enthalten sei. Nur der letzte Absatz des §. 1653 betrifft ein Gebiet, welches die Gesetzgebung bisher nicht umfaßt hat, nämlich die öffentliche Aufforderung zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit und zur widerrechtlichen Entlassung von Arbeitern. Im Uebrigen bandelt es sich bei dieser Vorlage lediglich um eine Er— weiterung des Begriffs der strafbaren Handlung — indem nicht nur der Zwang zur Theilnahme an Verabredungen, sondern auch der Zwang zur Niederlegung von Arbeit auch ohne Verabredung unter Strafe gestellt wird —, und um eine Erhöhung des bisherigen Strafmaßes.
Wenn gegen die Vorlage der Vorwurf erhoben worden ist, daß sie mehr gegen die Arbeiter, als gegen die Arbeitgeber gerichtet ist, so muß ich bemerken, meine Herren, daß die Absicht der Vorlage dahin geht, wie es auch die Absicht der bisherigen Gesetzgebang war, den Zwang gegen den Genossen auszuschließen.
Sollte in der Fassung der Vorlage hier eine Dunkelheit vor⸗ liegen, so würden die verbündeten Regierungen durchaus bereit sein, diese Dunkelheit aus dem Gesetz zu entfernen und ganz klar zum Ausdruck zu bringen, daß ihre Absicht lediglich die ist, den Zwang der Genossen gegen den Genossen zu verbieten und zu unterdrücken. In den Kampf der Parteien gegen einander hat die Gesetzgebung bisher nicht eingegriffen, das will auch die Vorlage nicht, und deshalb ist schon aus diesem Grunde der Antrag der Herren Sozialdemokraten für die verbündeten Regierungen nicht annehmbar. Daß dieser Kampf besteht, daß er mit Mitteln geführt wird, die häufig nicht zu billigen sind, ist eine beklagenswerthe Thatsache. Ich will, meine Herren, hier nicht untersuchen, welche der in Frage stehenden Parteien zuerst zu solchen gewaltsamen Mitteln gegriffen hat, wie der Boycott, wie die schwarzen Listen, wie die Kontrolmarken es sind. Alle diese Mittel werden von beiden Seiten jzur Anwendung gebracht, und wenn die Gesetzgebung hier eingreifen wollte, so würde sie zu einem Uebermaß von strafrechtlichen Bestimmungen kommen, die nebenbei nicht einmal ihr Ziel erreichen würden, weil es immer für beide Theile Mittel und Wege geben würde, die be⸗
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Arbeitnehmer gegen die Arbeitgeber und umgekehrt, der, wie gesagt, augenblicklich in beklagenswerther Schärfe herrscht, kann nur eines helfen, die Ueberzeugung, daß eine Verständigung über die gegenseitigen Interessen das einzig richtige Mittel ist, um ihn beizulegen (Bravo! rechts), und ich hoffe, daß die Einigungsämter, die durch das Gesetz über die Gewerbegerichte in's Leben gerufen werden, ihr Theil dazu beitragen werden, um die Verständigung, die ich eben erwähnt habe, zu erleichtern.
Nun, meine Herren, fragt es sich, ob in der That Gründe vor— gelegen haben, um eine Verschärfung der bestehenden Strafbestim . mungen in die Vorlage aufzunehmen. Die verbündeten Regierungen sind nicht zweifelhaft darüber, daß namentlich im Laufe der letzten beiden Jahre die Fälle, in denen Zwang gegen arbeitswillige Arbeiter durch ihre ausständigen Genossen ausgeübt worden ist, sich in erheb—2— lichstem Maße vermehrt haben. Das trat zuerst bei dem großen Bergarbeiterausstand im Jahre 1839 in die Erscheinung. Nicht nur zahlreiche gerichtliche Bestrafungen, sondern auch das Zeugniß der Behörden tritt dafür ein, der Behörden, die in völlig unpartetischer Weise aus nächster Nähe in der Lage waren, die Ver hältnisse zu beobachten, die häufig ihre Vermittelung auch zu Gunsten der Arbeiter haben eintreten lassen. Nach dem Bergarbeiterausstand hat diese Erscheinung sich vielfach wiederholt. Aus ganz Deutschland liegen Berichte von allen betheiligten Behörden vor, die zweifellos feststellen, daß der Zwang zum Strike, zur Koalition in unerhörtem Maße zugenommen hat. Der Fall, daß Arbeiter auf der Arbeitsstätte, auf dem Gange von und zur Arbeit thätlich angegriffen wurden, ist ein ungemein häufiger; die Be⸗ lästigungen und Drohungen verfolgen die Arbeiter bis in die Wohnungen hinein, sie richten sich gegen Frau und Kind. Der Fall ist hãufig, daß Arbeiter genöthigt sind, um zu ihrer Arbeit zu gelangen, Sonn tagskleider anzulegen, daß sie durch die Hinterthüre der Fabriken gehen müssen, um sich der Ueberwachung ihrer strikenden Genossen und den sich daran knüpfenden Folgen zu entziehen. (Sehr richtig! rechts)
Dieser anarchische Zustand, in dem der freie Wille des Arbeiters, sich die Arbeit unter den ihm richtig und annehmbar erscheinenden Bedingungen zu suchen (Bewegung bei den Sozialdemokraten) von den ausständigen Genossen vollständig unterdrückt wird, entspricht nach der Auffassung der verbündeten Regierungen nicht unserer staatlichen und unserer rechtlichen Ordnung; und um ihm ein Ende zu machen, haben sie es für erforderlich gehalten, die Strafbestimmung des 5. 193 in das Gesetz aufzunehmen.
Nun hat der Hr. Abg. Bebel bereits in der Kommission aus— gesprochen, daß, wenn man mit derartigen drakonischen Bestimmungen z. B. in England aufträte, ein Schrei der Entrüstung durch das ganze Land gehen würde; und der Hr. Abg. Liebknecht hat auch heute seinerseits wiederholt auf die Verhältnisse der engl ischen Gesetzgebung hingewiesen, die in schreiendem Widerspruch ständen zu dem, was hier Ihnen vorgeschlagen wird. Ich habe mir erlaubt, bereits in der Kommission auf die Bestimmung der englischen Verschwörungẽakte hinzuweisen, und ich nehme an, daß es für das hohe Haus von Interesse ist, den Wortlaut dieser Bestimmung kennen zu lernen. Sie lautet folgendermaßen:
Wer in der Absicht, eine andere Person zur Begehung oder Unterlassung einer Handlung zu nöthigen, welche die fragliche Person zu begehen oder zu unterlassen ein gesetzliches Recht hat, unrecht— mäßiger Weise und ohne dazu gesetzlich ermächtigt zu sein:
I) einer solchen Person, deren Ehefrau oder Kindern gegen, über Gewalt braucht oder sie einschüchtert oder deren Vermögen beschädigt; oder
2) unablässig solcher anderen Person von Ort zu Ort folgt; oder
3) Werkzeuge, Kleidungsstücke, die jener anderen Person ge⸗ hören oder von derselben gebraucht werden, verbirgt oder sie außer Besitz derselben setzt (leprive) oder an dem Gebrauche hindert; oder
4) das Haus oder sonstige Oertlichkeiten, wosJelbst eine solche Person wohnt oder arbeitet oder Geschäfte betreibt oder zufälliger Weise sich aufhält, oder die Zugänge zu derartigen Häusern oder Oertlichkeiten bewacht oder besetzt hält; oder
5) solcher Person mit zwei oder mehreren anderen Personen auf ungehörige Weise in oder durch Straßen oder auf Wegen folgt,
entweder einer Geldbuße von nicht mehr als 20 E oder einer Gefängnißstrafe für die Dauer von nicht mehr als drei Monaten mit oder ohne Zwangsarbeit unterliegen.
Meine Herren, ich bemerke, daß die Strafe in keinem Falle weniger als ein Viertel der hier angedrohten Strafe betragen kann. Auf Grund dieser Beslimmung ist noch vor wenigen Tagen einer der Führer eines großen englischen Gewerkvereins wegen aufreizender Reden zu mehrwöchentlicher Gefängnißstrafe verurtheilt worden. Ich glaube also, der Vergleich jwischen dem, was in England Gesetz ist, und dem, was die Vorlage als Gesetz einführen will, fällt nicht derart aus, daß man behaupten kann, die Bestimmungen der deutschen Gesetzgebung seien drakonisch gegenüber denen des englischen Rechts. Man ist eben in England der Meinung, daß nur durch scharfe Strafbestimmungen den Uebelständen, die man kannte, beizukommen sei, und dieser selben Meinung sind auch die verbündeten Regie rungen. Wie man nun behaupten will, daß durch die Bestimmungen der Vorlage die Koalitionsfreiheit der Arbeiter beseitigt werde, das ist mir in der That unerfindlich. Ist denn durch die Bestimmungen der englischen Gesetzgebung die Koalitionsfreiheit der englischen Arbeiter beseitigt worden? Die Geschichte der Strikes der letzten Zeit schlägt dieser Behauptung auf das Allerentschiedenste ins Gesicht. Nein, meine Herren, die rechtmäßige Ausübung der Koalitionsfreiheit wird durch dieses Gesetz in keiner Weise berührt, das Gesetz richtet sich nicht gegen die Arbeiter, nicht gegen ihre Befugniß zur Erlan⸗ gung von günstigeren Arbeitsbedingungen sich zu verbinden, nicht gegen den Ausstand an sich, sondern lediglich gegen Diejenigen, die durch Zwang die Theilnahme Derjenigen ihrer Arbeitsgenossen be⸗
Revolution vorbeugen. Wer den sozialen Frieden wolle, müffe den Antrag seiner Partei annehmen.
treffenden Strafbestimmungen zu umgehen. In diesem Kampf der
wirken wollen, welche einem Strike abgeneigt sind. Es hat die