1891 / 96 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

wesen. welen,

Es ist eine Lüge, zu be⸗ Reichs

Jahre J

zu sagen, daß Fürst das Deutsche Reich erworben habe, sei eigentlich mehr als man, wenn man es nicht schwarz auf weiß sähe, glauben sollte. Das sei eine Verwirrung der Begriffe Das seien Binge, die den Charakter des Volks und feine Begriffe über Rechte und Pflichten vollständig ver wirrten. (Unterbrechungen links) Die Sozialdemokraten sprächen immer nur von Rechten, nicht von Pflichten. Was das Verbot von öffentlichen Volksversammlungen betreffe, so mache er darauf aufmerk- sam, daß 1889 66 öffentliche Versammlungen und 1890 367 in Hamburg stattgefunden hätten. Daß die Polizeibehörden sehr wohl Veranlaffung gehabt bätten, nicht besonders entgegenkommend in Bezug auf die Versammlungen zu sein, lehre die Erfahrung. Der Abg. Bebel z. B. habe am 6. März d. J. in Hamburg über seine politische Thätigkeit berichtet. Er habe dabei die Gewerbeordnungdnovelle einer außerordentlich abfälligen Kritik unterzogen. Das sei ja sein

Bismarck sich keine um

Recht gewesen. Er habe sich aber nachher auf das politische Gebiet begeben und nach dem „Echo“ Folgendes gesagt: „Alle Verkũndiger neuer Wahrheiten wurden als Unruhestifter verketzert; auch Christus ist als einer der größten Hochverräther angeklagt und gekreuzigt

Würde er heute im Deutschen Reich leben, so würde es ihm herzlich schlecht ergeben. Er würde mit dem Sozialistengesetz und wohl auch mit. dem Strafgesetz . buch in Konflikt kommen. Ich habe neulich erst die Berg— predigt gelesen, und da bin ich auf den Gedanken gekommen, daß er fich unter den heutigen Umständen mindestens ein Jahr Gefängniß gefallen lassen müßte. Der Abg. Bebel habe sich erlaubt, diese Dinge zu sagen vor einer kritiklosen Hörerschaft, habe sich erlaubt, das heilige Evangelium, das der großen Mehrzahl dieses Hauses beilig sei, in den Staub der Tagesmeinungen und Tages differenzen zu ziehen. Das sei seines Erachtenz in hohem Maße unerlaubt. Der Abg. Bebel würde so eiwas hier, vor einer ihn kritisirenden Versammlung, nicht sagen. Dem Abg. Stadthagen bemerke er, daß im vorigen Sommer in einer großen Anzahl von Fällen allerdings strikende Arbeiter, welche sich gegen die in Rede stehenden Paragraphen ver⸗ gangen hätten oder beschuldigt gewesen seien, sich dagegen vergangen zu haben, nachdem sie verhaftet worden, photographirt worden seien. Von 1435 Verhafteten seien 61 verurtheilt worden bis zu einer Maximalstrafe von 1 Jahr Gefängniß. Es sei naturgemäß anzu⸗ nehmen, daß Derjenige, welcher sich an einem Tage des Vergehens schuldig gemacht, sich desselben Vergehens auch an einem anderen Tage schuldig machen könnte. Es handele sich ja nicht um das spontane Eingreifen eines einzelnen Strikenden, sondern um systematisch ausgebildeten Posten und Patronuillendienst. Die Astaß⸗ nahme der Behörde habe auch ganz vortreffliche Dienste ge⸗ leistet. Von der Anlegung eines Verbrecheralbums könne nicht die Rede sein. Man habe die Leute nicht deshalb photographitt, weil sie gestrikt hätten, sondern nur solche, welche von Arbeltern be⸗ schuldigt seien, daß sie sie beleidigt und ibnen den Beginn oder die Fortsetzung der Arbeit erschwert hätten. Diese Leute müßten geschützt werden. Ob das Gesetz mit oder ohne die Verschärfung dieses Paragraphen beschlossen werde: jedenfalls werde sich der Reichstag damit wohlverdient machen und einen weiteren Schritt zur Her stellung des wirthschaftlichen Friedens thun. Allen Denjenigen aber, die sich an sozialistischen Phantasten erbaut und den Schwärmereien von dem sozialistischen Zukunftsftaat ihr Ohr geliehen hätten, rufe er das Wort zu, welches Dante über den Eingang zur Hölle gesetzt habe: Laßt alle Hoffnung draußen, die ihr hier eintretet! Abg. Freiherr von Stumm: Die Soꝛzialdemolraten verständen die Koalitionsfreiheit nur so, daß die freien Arbeiter von den sozialdemokratischen unterjocht würden. Die Gewerkvereine ständen auf derselben Linie wie die Fachvereine. In der Tendenz, die Herrschaft über die Gesammtheit der arbeitenden Klassen zu erhalten, begegneten sie sich Die Broschüre, die die Sozieldemgkraten mit großen Kasten in die Welt geschleudert hätten, habe ihren Zweck verfehlt. Sie habe nur den Terrorizmus klargestellt, wie er in Hamburg Seitens der Sozialdemokraten gegen die Arbeitgeber und noch mehr gegen die freien Arbeiter geübt werde. Gleichberechtigung solle es sein, wenn dem Arbeiter refp. dem Arbeiterverführer erlaubt sei, dem Arbeitgeber zu erklären: ich arbeite nicht mit dem freien Arbeiter; ich lege die Arbeit nieder, sobald Du nicht ausschließlich solche Arbeiter anstellst, die den Fachvereinen angehören, also Sozialdemokrgten; wir boykottiren sogar Diejenigen, die sich nicht unter unser Joch beugen. Ein solches Vorgehen sei ganz unerhört. Sei es aber buman, einen Ar beiter deshalb auf die Straße zu setzen oder ez zu lassen, weil er dem Fachverein nicht angehöre? Das sei eine Tyrannei, welche jedes Vergleicheßz mit der Tyrannei, die an⸗ geblich Seitens der Arbeitgeber geübt werde, spotte. Die Sozial demokraten wollten das Koalitionsrecht nur für die Arbeiter, nicht aber für die Arbeitgeber, weil sie wüßten, daß. wenn es von beiden Seiten angewendet werde, es nur zum Schaden der Arbeiter aus⸗ schlagen könne. Wenn Hunderttausende von Arbeitern unter rück sichtglosen Agitatoren sich vereinigten und den einzelnen Arbeit- gebern gegenüberträten, so würde der k. fügen oder sein Geschäft aufgeben müssen. Sobald aber die Unter-

worden.

So wenig er selbst geneigt sei, solchen Verbänden benzutreten, so sebr wänsche er, daß überall da, wo die Sezialdemokratie eine unberechtigte Macht gewonnen habe, sich die Arbeitgeber vereinigten, um ihr zu begegnen, auch zu dem Zwecke, statt der Wirkung die Ursache des Uebels zu befeitigen, d. h. einfach zu erklären: wir stellen keinen Arbelter an, der Sozialdemokrat nach unseren An⸗ schauungen ist. Ein solches Vorgehen sei ebensowenig inhuman wie das der Arbeiter, die fagten: wir arbeiten nicht mit solchen Leuten zufammen, die den Fachbereinen nicht angehören. Der Unterschied fei der, daß der Arbeitgeber das nicht thue, um seine Macht zu heben, sondern weil er sich in seinem Ge— wiffen dazu verpflichtet füble. Der Arbeiter werde schließlich felbst dahin drängen. daß das Koalitionsrecht beseitigt oder wenigstens in seinen Auswächsen beschnitten werde, wenn er sehe, daß er dadurch nur in größere Abhängigkeit von den Agitatoren komme und die Theilnahme der Arbeitgeber dadurch verscherje und in schlechtere materielle Verhältnisse gerathe. Die Regierung dürfe allerdings den Fachvereinen nicht dadurch Vorschub leisten, daß sie ihnen Korporationgrechte gewähre und sie dadurch auf festere Basis stelle. Es würde eine große Gefahr darin liegen, wenn die Regierung diese Schwäche hätte. Man weise auch immer auf die Organisgtion der englischen Arbeiter hin. Aber bei uns sei man seit langen Jahrzehnten, nicht erft feit dem vorigen Jahre, bestrebt, die erheblichsten Miß⸗ stände zu beseitigen, während die englischen Gewerkvereine das ganze Krankenkassen⸗ Unfallversicherungs⸗ und Invalidenwesen zu ihren Auf⸗ gaben hätten machen müssen, weil die staatliche Fürsorge gefehlt habe. Ebenso liege es auf dem Gebiet des Arbeiterschutzeß. Es sei ihm vollkommen unbegreiflich, wie ein großer Theil des Hauses eine solche Opposition gegen diesen Paragraphen machen könne. Die Regierungs⸗ vorlage unterscheide sich von dem bestehenden Zustand in drei Punkten. Ueber ein geringeres Strafmaß wäre ein Kompromiß zu erreichen gewesen. Was die Strafandrohung betreffe, so sei es unfaßbar, die Androhung bei Verabredung zum Strike zu bestrafen, sie aber, wenn der Strike wirklich ausgebrochen sei, unbestraft zu lassen. Gegen den dritten Punkt werde der Einwand gemacht, daß er die Gleich- berechtigung nicht wahre. Dieser Einwand sei aber absolut unhaltbar. Allerdings könnte man sagen, der letzte Absatz sei überflüssig, und von diefem Gesichtepunkte aus tröste er sich, wenn er abgelehnt würde. Aber die Arbeiter müßten wissen, was sie zu thun und zu lassen hätten. So weit gehe er allerdings nicht wie der Abg. von Kardorff, daß er von der Annahme dieses Paragraphen seine Zustimmung zum ganzen Gesetz abhängig mache, und zwar weil er (Redner) die Macht des Arbeitgebers schon für genügend halte, um die schwersten Uebergriffe der Arbeiter abzuwehren. Aber das Strafmaximum dürfe nicht bis zum Lächerlichen herabgesetzt werden, sonst werde es zum wahren Hohn. Dann wäre allerdings das Gesetz auch für ihn unannehmbar. Er hoffe aber, daß die Regierungsvorlage angenommen werde. Wenn das Gesetz nicht genügenden Schutz gegen die Sozial⸗ demokratie biete, werde es zum größten Schaden der Arbeiter aus⸗ . denn die Sozialdemokratie sei der größte Feind der Ar⸗ eiter.

Darauf wird die Diskussion geschlossen. . Bei der Abstimmung wird der Antrag Auer gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und einiger Freisinnigen ab⸗ gelehnt. Die Abstimmung über den ersten Theil des 5. 1653 der Vorlage:

„Wer es unternimmt, durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzungen oder durch Verrufs⸗ erklärungen 1) Arbeiter oder Arbeitgeber zur Theilnahme an Ver abredungen der im 5§. 152 bezeichneten Art zu bestimmen oder am Rücktrilt von solchen Verabredungen zu hindern; 2) Arbeiter zur Einstellung der Arbeit zu bestimmen oder an der Fortsetzung oder Annahme der Arbeit zu hindern; 3) Arbeitgeber zur Entlassung von Arbeitern zu bestimmen oder an der Annahme von Arbeitern zu bindern, wird mit Gefängniß nicht unter einem Monat bestraft. Ist die Handlung gewohnheitsmäßig begangen, so tritt Gefängniß nicht unter einem Jahre ein?. ; . ist eine namentliche; sie ergiebt die Ablehnung mit 142 gegen 78 Stimmen. . .

. zweite Theil des §. 153 wird darauf ebenfalls ab— gelehnt. .

Die Debatte wendet sich zu Art. V Schlußbestimmungen). Nach 8. 154 finden die Bestimmungen des Tit. VII auf Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken, wie auf Gehülfen und Lehrlinge in Handelsgeschäften keine Anwendung. Die Be— stimmungen über Kinder-, Frauen- und Nachtarbeit finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Hüttenwerken, auf Zimmerplätzen, Werften, in Ziegeleien, Brüchen und Gruben mit größeren. nicht bloß vorübergehendem Betriebe entsprechende Anwendung. Dieselben Bestimmungen sollen auf Werkstätten Anwendung finden, welche elementare Hülfskräfte benutzen, doch mit der Maßgabe, daß der Bundesrath gewisse Dispense ertheilen kann. Auf andere Werkstätten können diese Bestimmungen durch Kaiserliche Verordnung ganz oder theilweise ausgedehnt werden. Die Hausindustrie soll von denselben nicht betroffen werden. Die Abgg. Auer und Genossen wollen die letztgenannte Bestimmung streichen. ; Abg. Molkenbuhr befürwortet diesen Antrag unter ausführ⸗ licher Barstellung der fchädlichen Verhältnisse in der Hausindustrie, welche der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft am Meisten Vorschub leisten. Desgleichen empfiehlt Redner einen weiteren Antrag, die Befugniß des Bundesraths, Dis pense zu gewähren, zu streichen.

Die Abgg. Dr. Gutfleisch und Genossen beantragen, die Aus- dehnung der Schutzvorschriften in Betreff der Nacht., Kinder und nn. auch auf ‚Bauten! Kaiserlicher Verordnung mit Zu⸗

immung des Bundesraths zu überlassen. ; F. IH4 wird unter Ablehnung der Anträge der Sozialdemokraten

mit dem Antrag Gutfleifch angenommen, ebenso werden ohne Debatte 58g. 154 a und 155, endlich Artikel 7, welcher für das Ge— setz den J. Januar 1892 im Allgemeinen als Zeitpunkt des Inkraft⸗ trẽtens bessimmt, die Ausführung einiger Spezialvorschriften aber bis 1. Januar 1894 ausschiebt, bezw. Kaiserlicher Verordnung über läßt, unter Ablehnung entgegenstehender Anträge Auer, aber unter Annahme eines Zusatzes Gutfleisch u. Gen,, welcher die neue Be⸗ stimmung über die Verpflichtung zum Besuch der , schon am 1. Oktober 1891 in Kraft treten lassen will, angenommen.

Damit ist die zweite Lesung der Gewerbe— ordnungs novelle beendet.

Die eingegangenen Petitionen werden durch die ge⸗ faßten Beschlüsse für erledigt erklärt.

Schluß 5i / Uhr.

Serrenhaus. 12. Sitzung vom Donnerstag, 23. April.

Der Sitzung wohnen der Justiz-Minister Dr. von crm, und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von ey den bei. Zur einmaligen Schlußberathung steht der Gesetz⸗ entwurf wegen Abänderung des esetzes, be⸗ treffend die Bildung von ,,, vom 1. April 1879 für das Gebiet der Wupper und ihrer Nebenflüsse, dessen unveränderte Annahme der , . Ober⸗Bürgermeister Lind em ann beantragt. raf von Frankenberg spricht seine Genugthuung über die Vorlage aus, die einen ersten Schritt auf diesem Wege bedeute,

erg Voraussetzungen zulasse, wirke heilsam für das ganze Land. uch die Landwirthschaft werde sich einem solchen Zwange nicht wider setzen, wenn sie demselben in gleicher Weise, wie hier die Industrie, unterworfen werden würde. Das zeige das Beispiel der Wasser⸗ genossenschaften in den Vogesen. Redner dankt schließlich der Regie⸗ rung für Einbringung der Vorlage. . ; Geheimer Regierungs⸗Rath Bredt spricht gleichfalls seine Zustim. mung zur Vorlage aus. Gerade die Wupper sei ein geeignetes Versuchẽfeld.

Darauf wird die Vorlage unverändert en bloc ange⸗

nommen. In einmaliger Schlußberathung wird der Gesetz⸗ entwurf, betreffend den Rechtszustand vom Herzog⸗ thum Sachsen-Meiningen an Preußen abge⸗ tretener Gebietstheile im Kreise Weißenfels, sowie die Abtretung preußischer Gebietstheile an Sachsen⸗Meiningen, auf Antrag des Berichterstatters Professor Dr. Dernburg ohne Debatte angenommen, ebenso auf Antrag der Justizkommission der Gesetzent wurf, b e⸗ treffend die Abänderung von Amtsgerichtsbezir ken. Ueber eine Petition des Dr. Erkelenz in Köln und Genossen um Festsetzung von Merkmalen für den Begriff der höheren Mädchenschulen und um Regelung der Pensio⸗ nirung und Reliktenversorgung der Lehrer an solchen Schulen beschließt das Haus wegen Kürze der Zwischenzeit seit dem in der vorigen Session über die gleiche Petition gefaßten Beschluß zur Tagesordnung ,,,

Es folgt die einmalige Schlußberathung über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Heranziehung der Fa⸗ briken u. s. w. mit Vorausleistungen für den Wege⸗ bau in der Provinz Schleswig-Holstein mit Aus⸗ nahme des Kreises Herzogthum Lauenburg. . Der Berichterstatter Ober⸗Bürgermeister Fuß beantragt die

unveränderte Annahme der Vorlage.

SBeheimer Regierungs⸗Rath Bredt fragt an, ob das gleiche, für die Rheinprovinz schon vor zwei Jahren beschlossene Gesetz bald publizirt oder eine andere Vorlage dafür eingebracht werden werde. Der Regierungskommissar, Geheime Ober ⸗Regierungs ⸗Rath Gamp erklärt, daß das Gefetz für die Rheinprovinz noch nicht publizirt sei, weil, entgegen dem Vorschlag der Regterung, das Recht zur Heranziehung der Fabriken mit Vorausleistungen für den Wegebau den Gemeinden zu geben, vom Landtage dieses Recht auch auf die Kreise und die Provinz ausgedehnt worden sei. Dadurch würden die Interessen der Industrie in der Rbeinprovinz erheblich geschädigt worden sein. Es schwebten jedoch Verhandlungen über eine neue Vorlage, welche, sobald eine Verständigung mit den Betheiligten erzielt sei, werde vorgelegt werden.

Graf Brock dorff spricht sich für die Vorlage aus.

Herr von Bemberg-Flamersheim bittet die Regierung, die Verhandlungen bezüglich des neuen Gesetzes für die Rbein provinz möglichst zu fördern. Es sei eine Lebensfrage für die Gemeinden der Rheinprovinz, in welcher an allen Ecken und Enden neue industrielle Unternehmungen ins Leben träten, daß die Gemeinden in ihren Wegelasten erleichtert würden.

Darauf wird die Vorlage en bloe angenommen.

Schluß gegen 3 Uhr.

Saus der Abgeordneten. 73. Sitzung vom Donnerstag, 23. April.

Der Sitzung wohnt der Minister des Innern Herr⸗

fu rth bei. Die dritte Lesung der Landgemeindeordnung wird

fortgefetzt bei 8 109. Nach dem Beschlusse der zweiten Lesung follen nur die Sitzungen der Gemeindevertretungen (nicht die der Gemeindeversammlungen) öffentlich sein, Abg. Rickert will für beide Körperschaften die Oeffentlich⸗ keit einführen.

Abg. Freiherr von Huene beantragt, daß jeder groß⸗ jährige Gemeindeangehörige der Gemeindeversammlung als

uhörer beiwohnen könne. ö bahn, * will beschränkte Oeffentlichkeit für Gemeinde⸗

versammlungen und Gemeindevertretungen einführen; in be⸗ sonderen Fällen soll die Oeffentlichkeit ganz ausgeschlossen

werden können. Abg. Cremer (Teltop) will, daß das Ortsstatut be⸗

stimmen könne, dat die Sitzungen mit Angabe der Tages⸗ ordnung vorher bekannt gemacht wurden. .

Abg. Freiherr von Huene glaubt, daß die Sache am Besten ber Entscheidung des Herrenhauses vorbehalten bleibe.

Minister des Innern Herrfurth:

Die Vorlage der Königlichen Staatsregierung hatte unbe—⸗ schränkte Oeffentlichkeit in der Gemeindeversammlung und Gemeindevertretung. In der zweiten Lesung wurde die unbeschränkte Oeffentlichkeit für die Gemeindeversammlung abgelehnt, dagegen die unbeschränkte Oeffentlichkeit für die Gem eindever tretung angenommen. Der Hr. Abg. Freiherr von Huene hat jetzt für die Gemeindeversammlung eine beschränkte Oeffent⸗ lichkeit, für die Gemeindevertretung die un beschränkte Oeffentlichkeit beantragt. Hr. Abg. Bohtz hatte nun in dem von ihm zurückgezogenen Antrag gänzlichen Ausschluß der Oeffentlichkeit der Gemeindeversammlung, beschränkte Oeffentlichkeit der Gemeindevertretung gefordert. In seinem heutigen Antrag auf Nr. 2965 hat er beschränkte Oeffentlichkeit sowohl für die Ge⸗ meindeversammlung, als auch für die Gemeinde vertretung beantragt. Meine Herren, ich will zunächst anerkennen, daß die Gründe, welche der Hr. Abg. Neubarth in zweiter Lesung gegen die unbeschränkte Oeffentlichkeit der Gemeindeversamm⸗ lung, namentlich aber auch der Gemeindevertretung angeführt, meinerseits allerdings für sehr erheblich anerkannt werden, und ich würde keine Bedenken tragen, die Regierungsvorlage dahin abzuändern, daß nur eine auf die Interessenten beschränkte Oeffentlichkeit sowohl bei Gemeindeversammlungen als Gemeinde vertretungen eingeführt würde. Ich würde aber wünschen, daß die beschraͤnkte Oeffentlichkeit sowohl bei Gemeindeversammlungen als bei Gemeindevertretungen angenommen würde. Ich mochte auch nicht auf den Weg treten, den der Abg. Freiherr von Huene angedeutet hat, daß man das dem Herrenhause überlassen möge. Mein Wunsch ist, daß die Landgemeindeordnung eine solche Gestalt finde, daß die un veränderte

Annahme derselben im Herrenhause von der Staatsregierung vertreten werden kann; und ich möchte daher nichts auf jene weitere Instan schieben Wenn ich also mit dem Prinzip, welches der Abg. Bohtz ausgesprochen bat wenn ich ihn recht verstehe: beschränkte Oeffentlichkeit für Gemeindeversammlung und Gemeindevertretung elnverstanden bin, so habe ich doch die gleichen Bedenken, die der Hr. Freiherr von Huene geltend gemacht hat, gegen seine

nebmer gemeinsame Sache machten, so kehre sich der Spleß um: die Koalition der Arbeitgeber werde stetz stärker sein als die der Arbeiter.

dem hoffentlich recht bald weitere folgen würden. Der Zwang jum Gintritt in eine Wassergenossenschaft, welchen die Vorlage unter

Fassung. Man könnte ja vielleicht eiwas welter gehen;

diejenigen, welche nur 600 bis goo M Einkommen bejiehen, aber von den Steuern freigelassen werden und in Folge dessen kein Stimm recht haben, haben doch immerhin ein Gemeinderecht, welches nur ruht, und deshalb könnte man die Leute zur Gemeindeversamm⸗ lung zulassen. Aber ich glaube, die Fassung des Antrages des Hrn. Abg. Freiherrn von Huene verdient für eine Reihe anderer Fälle doch den Vorzug. Sie deckt 3. B. den Fall, daß Jemand, der 22 oder 23 Jahre alt ist und nach Ablauf eines Jahres Stimmrecht bekommen wird, ein Interesse hat, zu hören, wie sich die Sache in der Gemeindeversammlung gestaltet, und dann auch das Recht, mit zuzuhören. Sie deckt den Fall, daß Jemand, der das größte Bauerngut im Dorf gekauft hat, aber es erst sechs oder neun Monate besitzt und erst in drei oder sechs Monaten stimmberechtigt sein wird, sich vorher in der Gemeindeversammlung bereits darüber informiren möchte, wie die Gemeindeangelegenheiten behandelt werden. Alles das wird nicht gedeckt durch den Antrag des Hrn. Abg. Bohtz. Ich i. . ,. ö. Hrn. Abg. Freiherrn von Huene: eder großjährige männliche G i

J ch emeindeangehörige kann als gefällt mir viel besser; sie schließt die etwas bedenkliche Theil nahme der Frauen aus, sie gestattet, daß Diejenigen zwischen 21 und 24 Jahren, die noch nicht Stimmrecht erlangt haben, zuhören. Ich möchte det halb der Fassung des Freiherrn von Huene, die, insefern sie weiter geht, meines Erachtens unbedenklich ist, den Vorzug geben, jedoch aber wünschen, daß sie dann gleichmäßig Anwendung finde für Gemeinde⸗ versammlung und Gemeindevertretung.

Abg. Bohtz bemerkt, daß die Gemeindevorsteher vielfach erklärt 1 daß sie bei Oeffentlichkeit der k und

emeindevertretungen ihr Amt nicht durchführen wollten, weil sie sich nicht dem Einfluß fremder Personen ausfetzen wollten. Für Gemeinde versammlungen sollte man nach wie vor die Oeffentlichkeit . für Gemeindevertretungen eine beschränkte Seffentlich= . für die Gemeindeglieder zulassen. Redner verweist darauf, daß ö. die Sitzungen der Kirchengemeindevertretungen, der Gemeinde⸗ , und der Magistrate nicht öffentlich selen, trotzdem es sich . . Entscheidung auch um das Geld der teuerzahler 9 ele. Wie solle denn eine Sitzungspoltzei in der Gemeinde. 1 n aufrecht erhalten werden? Wenn ein Ruheftörer . igt . solle, müßsse ihn der Schulze selbst beim . . en; dadurch entstehe eine Balgerei. Die Vertheidiger 9 eff entlichkeit könnten von diesen Verhältnissen kaum eine Kenntniß ben. Wenn der. Minister selbst einmal Gelegenheit gehabt kate einer Gemeindeyersammlung beizuwohnen, hätte er sich wohl nicht ö. die Deffentlichleit erklärt. In der Oeffentlichkeit liege eine große . efahr; man müsse der Sozialdemokratie die Waffe, welche) nur urch die Oeffentlichkeit gegeben werde, aus der Hand nehmen. (Sehr richtig! rechts) Die Oeffentlichkeit werde die Sozialdemokratie be⸗ nutzen zur Aufbetzung der perschiedenen Bevölkerungsklaffen gegen ein⸗ 5 Die Oeffentlichkeit solle die Ausübung der Kontrole erleichtern in Wirklichkeit sei sie aber nur ein Ausdruck des gesetzlich fanktionirten

. Auftraggeber gegen ihre Beauftragten. (Lebhafter

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich habe den Eindruck, als ob ich mit meiner vor⸗ her abgegebenen Erklärung, daß ich mit dem Prinzip des Antrags des Hrn. Abg. Bohtz nicht die unbeschränkte, sondern nur die beschränkte Oeffentlichkeit sowohl in Gemeindeversammlungen als in Gemeinde vertretungen einzuführen, einverstanden sei, eigentlich ein klein wenig sein Konzept verschoben habe. Denn ich meine, in seiner sehr schön vorbereiteten Rede paßt das, was gegen mich gerichtet war, nach dieser meiner Er—⸗ llãrung nicht mehr, denn sie ging aus von der Voraussetzung daß ich die unbeschränkte Oeffentlichkeit für die Gemeinde versammlungen aufrecht erhalten wollte. Meine Herren, das ist nicht der Fall; ich habe das vorher, ehe der Hr. Abg. Bohtz das Wort hatte, bereits gesagt. Ich habe allerdings sowohl in privater als in amtlicher Eigenschaft Gelegenheit gehabt, mehrfach an solchen Gemeindeversammlungen theilzunehmen, ich habe aber daraus be⸗ sondere Bedenken gegen ihre Oeffentlichkeit herzuleiten keine Ver⸗ anlassung gehabt.

Auch, meine ich, geht es zu weit, wenn er jedem Mitgliede der Landetzvertretung, das nicht eben in Gemeindeversammlungen persönlich thätig gewesen ist, das Recht nehmen will, über diese Fragen mitzureden und mitzustimmen. Wenn er fragt, was ich für g. adsätzliche Bedenken gegen den unbedingten Ausschluß jeder Oeffentlichkeit habe, so kann ich ihm allerdings sagen: die Heimlich⸗ keit, d. h. die grundsätzliche Ausschließung jeder Oeffentlichkeit (Widerspruch rechts), verwerfe ich aus denselben Gründen, wie sie bei der Kreisordnung für den Kreistag und für die mündlichen Verhandlungen des Kreigausschufsses verworfen worden ist. Auch hier steht diese Vorlage auf dem Boden der Kreisordnung von 1872. Aber ich wiederhole, ich bin mit dem von dem Abg. Bohtz gestellten Antrage, welcher auf die Einführung einer beschränkten Oeffentlichkeit geht, einderstanden so⸗ wohl für die Gemeindeversammlung als auch für die Gemeinde vertretung. Ich gehe in der Beseitigung der unbeschränkten Oeffent⸗ lichkeit noch weiter wie Hr. von Huene; ich gebe aber in Betreff der Frage, wie der Kreis der zuzulassenden Zuhörer zu normiren sei, der FJormulirung des Antrages von Huene den Vorzug, namentlich mit Rücksicht auf die Falle, die ich Ihnen angeführt habe, daß Jemand noch nicht das 24. Jahr erreicht hat, aber im Laufe des nächsten Monats erreichen wird und sich informiren will, wie es in der Gemeindeversammlung zugeht, daß ferner Jemand, der in der Gemeinde ein Bauerngut er⸗ worben hat, aber erst sechs bis acht Monate dort wohnt, wohlbe⸗ gründeten Anspruch haben kann, in der Gemeindeversammlung als Zuhörer zu fungiren, daß ein Stiefsohn, dessen Stiefvater in Folge testamentarischer Bestimmung die Bewirthschaftung des Gutes hat, wenn er volljährig ist, doch den berechtigten Wunsch haben kann, zu wissen, wie es in der Gemeindeversammlung zugeht ꝛe.

Aus diesen rein praktischen Erwägungen gebe ich, unter Aner—⸗ kennung der Richtigkeit des Prinzips der Anträge des Abg. Bohtz, für die Ausgestaltung dieser Anträge dem Antrage des Hrn. Abg. Freiherr von Huene den Vorzug, und ich glaube, gegenüber dieser Erklaͤrung war zu einem besonderen Echauffement seinerseits kein Anlaß. (Sehr richtig! rechts.) J

Abg. Freiherr von Huene: Der Abg. Bobtz i Sache ganz sbermaͤßig. Wm gore th *r , n. 6 Kreistages seien öffenilich; er fehe nicht ein, weshalb nicht auch Gemein . . öffentlich berathen sollten.

Abg. Rickert: Nach der Haltung der Herren von der Rechten bätte der Minister überhaupt kelnen Paragraphen vorschlagen dürfen, ahne mit den Landräthen eine Konferenz abzuhalten. Hier solle die Pforte r ,. werden für die Sozialdemokraten, und der konser⸗

vative Minister baue selbst diefe Pforte. t erst werde diefe Oeffent˖ lichkeit bedenklich gefunden; 3. der w , ,, .

ihrer Einwohnerzahl und des Umfanges der Ge = hältnisse obwalten, die denen . e en 3 dieser Beziehung die analogen Bestimmungen der Städte⸗ ordnung vom 30.

vorsteher und Landräthe der Kommission angehört hätten

* immer so lange, bis diese die Dinge , ar eit) Da müßten sie freilich etwas schneller werden, wenn * die Sozialdemokratie bekämpfen wollten. Sie Gemeindevorsteher wollten sich nicht dem Einfluß fremder Personen aus den Nebenstädten aug⸗ setzn! Ogs werde gesagt von der Seite, welche die geheime Abstim⸗ . ablehne, weil Jeder den Muth seiner Ueberzeugung haben und , n. abstimmen müsse. So würden die Gemeinde vorsteher loßgestellt als Männer, die vor Jeder fremden Person ins Maufeloch 1 . 3, die ,,,, etwas erzielen x ĩ dann könne sie ? lichkeit viel leichter bewerkstelligen. K

vol eg * J schließt sich den Ausführungen des Abg. Bohtz

Abg. Eherty spricht seine Verwunderung darüb

für die Oeffentlichteit der gen n m mn, . versammlungen jetzt überhaupt noch sprechen müfse. Zu bedauern sei es,. daß der Minister die Regierungzsvorlage ganz ohne Grund auf⸗

gegeben habe. führt aus, daß die Beschränkung der

Abg. Dr. Langerhans Oeffentlichkeit große Gefahren für die gesunde Entwickelung der Ge⸗

ö e in sic h chließe. g. Dr. Krause befürwortet di anf igen r. Ber fr et die Annahme des Antrages Huene

Abg. Bohtz bemerkt gegen den Mini den Abg. Rickert, daß es ih gar . 2 daß die Verhandlungen der Gemeindeversammlungen heimlich sein sollten. Es sei aber schon aus praktischen Gründen wegen des Mangels an geeiggeten Lokalitäten unmöglich die unbeschrankte Oeffentlichkeit der Gemeindeverfammlungen zuzulassen. Auch würde die Zulassung von Berichterstattern, welche jede drastische Aeußerung der doch nicht parlamentarisch geschulten Gemeindebeamten berichteten viele und vielleicht die tüchtigsten Gemeindemitglieder dazu bringen an, , mn . 6 Gerade jetzt, wo eine n, . ö. z He der ändlichen Verhältnisse im Werke fei, Minister des Innern Herrfurth: Meine Herren! Der Hr. Abg. Bohtz hat gegenüber meinen Aeußerungen, daß ich die Bestimmung der Regierungsvorlage grund⸗ satzlich rechtfertige mit dem Verfahren, welches auf den Kreistagen und Kreisausschüssen stattfände, geltend gemacht, bei dem Kreisausschuß seien die Verhandlungen nur insoweit öffentlich als es sich um Sachen handele die der Kreisausschuß als Verwaltungsgericht im Verwaltungs⸗ st reitverfahren zu erledigen habe, daß dagegen eine Oeffent⸗ lichkeit bei den Verhandlungen im Beschluß verfahren und nur mit einem solchen seien die Beschlüsse der Gemeindeversammlungen in Parallele zu setzen grundsätzlich nicht stattfinde. Meine Herren, zunächst, wenn ich von einer Heimlichkeit des Ber⸗ fahrens gesprochen habe, so ist dies eben der Gegensatz von der Deffentlichteit heimlich ist in diesem Sinne nur dasjenige wobei die Oeffentlichkeit grund sätzlisch ausgeschlossen wird. (Sehr richtig links, Widerspruch rechts) Nicht aber ist ein Verfahren heimlich in dem Sinne, daß dabei Heimlichkeiten, d. h. wie er annimmt Durchstechereien vorkommen. Was das von ihm angezogene Argument anlangt, so gestatte ich mir, ihn auf das maßgebende Gesetz aufmerksam zu machen, das Gesetz von der allgemeinen Landesverwaltung. Da ist zunächst ein Titel, welcher lautet: Ueber das Verwaltungsstreitverfahren“ und da steht im 5. I: Die mündliche Verhandlung erfolgt in ĩ ĩ ö g erfolg öffentlicher Sitzung (Hört, hört! links; Zuruf rechts: Gericht! Und dann kommt ein anderer Titel: Beschluß verfahren“, und da heißt es: In Betreff der mündlichen Verhandlungen finden die Vor—⸗ schriften der 85. 68, 71 und 72 sinngemäße Anwendung. (Hört, hört! links und im Centrum.) Sollte der Hr. Abg. Bohtz darüber im Zweifel sein, so braucht er nur das Regulativ für den Kreisausschuß anzusehen, wo ohne Unterscheidung zwischen Ver⸗ waltungsstreitverfahren und Beschlußverfahren für alle mündlichen Verhandlungen im 5. 13 gesagt ist, daß die Oeffentlichkeit die Regel und daß nur durch Beschlüsse des Kreisausschusses ein Ausschluß der ö stattfinden kann. (Sehr richtig! im Centrum und nks. . Ich möchte dem Hrn. Abg. Bohtz anheimstellen, daß er von diesen Vorschriften einen ihm persönlich nahestehenden Landrathe Mittheilung zu machen sich veranlaßt finden möchte. (Große Heiter keit und sehr gut! im Centrum und links.) Abg. Rickert stellt fest, daß die an gegen die 3 3 , fh Hauptverhandlung in der Kommission. Auffallend sei es, daß ein Abgeordneter, der selbst Vorsitzender eines Freisausschuffes sei, sich in Unkenntniß der Gesetzesbestimmungen Über denfelben befinde; es

sei doch den Herren Praktikern zu rathen, d Gesetzen, die sie ausführen, etwas bekannt 564 sie sich mit den

bg. von Rauchbaupt: Nach dem Gefetz über die allgemei Landes verwaltun i . er n nn i genf banblungen des Kreisausschusses im Minister des Innern Herrfurth: Meine Herren! Wer meinen Worten genau gefolgt ist, wird zu⸗ geben, ich habe ausdrücklich nicht gesagt, daß im Beschluß⸗ verfahren die Oeffentlichkeit die Regel ist, sondern ich habe damit nur die Angabe des Hrn. Abg. Bohtz zurückgewiesen, daß im Beschlußverfahren in keinem Falle die Oeffentlichkeit stattfinde. Darauf habe ich den Gesetzesparagraphen verlesen, wonach es aus⸗ drücklich heißt, daß, wenn im Beschlußverfahren mündliche Ver handlung stattfindet, dieselbe öffentlich ist. Außerdem bemerke ich dem Hrn. Abg. von Rauchhaupt, daß zu⸗ nächst der Kreisausschuß das Recht hat, in allen Fällen mündliche Verhandlung anzuordnen, daß aber in einer Reihe von Fällen außerdem die mündliche Verhandlung auf Antrag der Bethei⸗ ligten stattfinden muß, wie j. B. bei gewerblichen Anlagen, Schank⸗ konzessionen, Armensachen, und daß diese mündlichen Verhandlungen der Regel nach im mer oͤffentlich sind, sofern nicht durch Beschluß des Kollegiums ausnahmsweise die Oeffentlichkeit ausgeschlossen wird. (Aha! rechts.) Damit schließt die Diskussion. §. 109 wird mit dem nn chen enge nr z

ei §. 116, welcher bestimmt, daß über die a Pensiongverhältnisse besoldeter Gem r statut Bestimmung per fn werden soll, beantragt Abg. Cremer (Teltow), daß fuͤr Gemeinden, in welchen vermöge

Mai 1853 gelten sollen. Abg. Cremer weist darauf hin, daß man die großen Vororte

lungen babe Niemand etwag davon gemerkt, trotzdem Gemeinde

nicht mst den kleinen Landgemeinden auf eine Stufe stellen könne,

daß für i altni . ga ele vielmehr die Verhältnisse

Minister des Innern Herr furth:

Mit der Absicht, welche der Abg. Cremer mit seinem Antrag verfolgt, kann ich mich einverstanden erklären; ich habe aber Bedenken gegen die Fassung seines Antrages und glaube, daß er dag, was er mit ihm erreichen will, auch ohne die Annahme desselben erreichen kann. Ein Bedenken gegen die Fassung habe ich deswegen, weil eine genaue Begriffsbestimmung darüber, in welchen Gemeinden ver— möge ihrer Einwohnerzahl und des Geschäftsumfangs Verhãltnisse obwalten, welche denen der Städte vorkommen, so allgemeln gefaßt ist, daß man nicht in con ereto bestimmt sagen kann: auf diese Ge⸗ meinden findet dies Anwendung, auf jene nicht. Wenn man aber eine Bestimmung annimmt, aus welcher einzelne Beamte privat rechtliche Ansprüche herleiten können, so muß die Bestimmung so klar sein, daß man auch weiß, ob in einem bestimmt vorliegenden Falle er einen Anspruch hat oder nicht.

Nun hat der Abg. Cremer meines Erachtens mit vollem Recht gesagt: meine Bestimmung hat schon deswegen keine besonderen Be⸗ denken, weil in jedem einzelnen Falle die Genehmigung der Aufsichts⸗ behörde erforderlich ist. Ich bin der Meinung: es wird sein Antrag bereits gedeckt durch die Bestimmung in §. 115:

die Landgemeinden sind befugt, die Anstellung besoldeter Ge= meindebeamten für einzelne Dienstzweige oder Dienstverrichtungen zu beschließen, bierzu bedarf es der Genehmigung des Kreisausschusses und die Gemeinde kann dann bei der Anstellung beschließen, wie es demnächst bei der Pensionirung der anzustellenden Beamten gebalten werden soll. Ich glaube, jede Gemeinde, die einen derartigen Beschluß über An- stellung besoldeter Beamten faßt, wird sich nicht bloß schlüssig machen über die Frage: was soll der Beamte bekommen? sondern wird sich auch von vornherein über die etwaigen Pensionsansprüche desselben schlüssig machen. Ich glaube, das Ziel, das der Abg. Cremer er- reichen will, wird auf diesem Wege erreicht, während sein Antrag, meines Grachtens als zu allgemein gefaßt, Anlaß zu Bedenken geben kann.

Abg. Richter macht darauf aufmerksam, daß in der dritte der Antrag des Abg. Cremer nicht mehr so zu . er wohl Annabme finden könne. Vielleicht sei es möglich, den von dem Abg. Cremer gewünschten Zusatz bei der Berathung im Herren hause in geeigneter Form zu machen. Daß den Stellungen der be—⸗ soldeten Gemeindebeamten Pensionsberechtigung beigelegt werde, sei gewiß wünschenswerth, doch könne die Aenderung auf 5§. o5 der Städte⸗ ordnung beschränkt werden.

Abg. Cremer zieht seinen Antrag zurück, der Paragraph H ,

u 5§. 137, welcher von dem Verbandsausschusse handelt ssiehe den Bericht über die J3. Sitzung in . i. Hauptblatt), beantragen die Abgg. von Dziembowski und Genossen, in Abs. 4 Zeile 1 statt „Landgemeinden“ zu setzen: Gemeinden“. Abg. von Strombeck beantragt, dem vorletzten Absatz ,, nnn n,

mit der Maßgabe hinsichtlich des 5. 77, daß der Verbands—⸗

ausschuß aus seiner Mitte einen Hr e de; wählt und Wahl von zwei Beisitzern Abstand nehmen kann. ! ö

Minister des Innern Herrfurth:

Ich glaube, den Ausführungen des Hrn. Abg. von Strombeck meinerseits beitreten zu können, und erachte den Antrag als eine Ver⸗ besserung, möchte aber bitten, den Antrag des Hrn. Abg. von Dziem⸗ bowski, Nr. 279 der Drucksachen zu 26, abzulehnen. Ich glaube, er beruht auf einem Irrthum. Hier ist bestimmt in dem Absatz 4, wie bei den Landgemeinden die Vertretung stattfindet. Nun soll das Wort ‚Land' gestrichen werden, woraus gefolgert werden könnte, daß die Vertretung in den Verbandsausschüssen auch bei den Stadt. gemeinden, wenn diese in Verbänden theilnehmen, nach Maßgabe dieser Bestimmung geregelt werde; das steht aber in ausdrücklichem Wider⸗ spruch mit dem späteren Antrag des Hrn. Abg. von Dziembowski auf Nr. 279 ju 26, wo besondere Bestimmungen darüber getroffen sind, wie die Vertretung von Stadtgemeinden stattfinden soll. Ich glaube daher da Absatz 4 lediglich Anwendung findet auf die Landgemein-⸗ den —, daß der Antrag zu Nr. 25 abgelehnt werden muß.

§. 137 wurde mit dem Antrage von Strombeck an⸗

genommen. Aufsicht des Staates (985. 139 bis

Beim fünften Titel: ö. ;. g. von Meyer (Arnswalde) darauf hin, daß in kei

vielen Drucksachen von den Kosten der neuen die Rede sei. Schulze, Schreiber würden unbedingt angeftellt werden müssen, denn die Gemeindevertretungen würden verlangen, daß ihnen die Tagesordnung der Sitzung 3 bekannt gegeben werde. Die Schreiberei werde, namentlich auch bei der Aufsicht des Staaies ins Unendliche gehen. Es werde mit der Landgemeindeordnung ebenso gehen, wie mit der Selbstverwaltung; sie werde immer bureau—⸗ kratischer werden. Als er das früher gesagt habe, sei er von feinen damaligen Fraktionsgenossen verlacht worden, namentlich auch von dem Abg von Rauchhaupt, der sich damals an die Spitze der neu= konservativen Partei gestellt habe, welche sich später ö höhere An⸗ ordnung wieder mit den Altkon servatiben vereinigt habe. (Heiterkeit) Seit Einführung der Selbstverwaltung habe sich die Zahl der Be= 3 . ,. . . . . Zahl der Beamten

ehrt werden, n bei den Au = dern er beim , M bg; van Rauchhaupt; icht auf höhere Anordnung sich die Neukonservativen mit den Altkonservativen , doch auch Etwas davon; eher sei das Gegentheil der Fall gewesen. Der fünfte Titel wird unverändert angenommen.

Der sechste und letzte Titel enthält die 6 S⸗ und

in den Städten maß

Schlußbestimmungen (5. 146 und 147. N i

die Landgemeindeordnung mit dem 1. . . . gare t Weiter werden dann aufgezählt die Bestimmungen des All⸗ gemeinen Landrechts, welche mit diesem Zeitpunkt außer Kraft treten. Die bestehenden sstatuten und Observanzen follen noch längstens drei Jahre in Kraft bleiben. Rechte und Pflichten, welche auf besonderen Titeln des öffentlichen Rechts beruhen, sollen in Kraft bleiben infoweit, als fie von den bis= erigen allgemeinen Vorschriften u. s. w. abweichende Be⸗ mmungen enthalten. Endlich soll für die Bildung von Schulverbänden eine esetzliche Regelung vorbehalten bleiben. a ,, . . vor, welche gewisse Theile dieses

en ken. een . Paragraphen formuliren oder g. Dr. van Gneist empfiehlt die

ir. , . deshalb die ve ler nnn ĩ e . f. ur welche auf besonderen Titeln deg gffentlichen Rechts beruhen,

g. Schmidt (Warburg) will augdrũcklich die Bestimmung

e n e Privatrechte dur dieses Gesetz nicht geschmälert