1891 / 97 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Vaterland ihm nachruft: der Ruhm der Unüberwindlichkeit, welchen das preußische und deutsche Heer erworben, war sein Werk, ihm danken wir es zu einem sehr wesentlichen Theile, daß die Nation zu einem starken Reiche geeinigt ist, ihm danken wir die Ausbildung unserer Heerführer, von welchen das Vaterland erhofft, daß sie den blanken Schild preu⸗ ßischen Ruhmes ungetrübt der Nachwelt überliefern werden. Gegenüber den Verdiensten des dahingeschiedenen Helden müssen aber alle Dankesäußerungen nur blaß erscheinen: Heer und Volk werden dermaleinst durch die That zu beweisen haben, daß sie des großen Mannes würdig gewesen sind.

Die Fahnen des preußischen Heeres senken sich vor der Bahre des großen Feldherrn; Gewehrsalven werden ihm alsbald den letzten Scheidegruß zurufen: dann wird der im Kriege wie im Frieden nimmer müde Geist zur ewigen Ruhe einziehen, der Geist eines echten Preußen, eines treuen Dieners seiner Kaiser und Könige, und eines wahren, demüthigen Christen! Er ruhe in Frieden!

Ueber die letzten Stunden des General⸗-Feldmarschalls Grafen von Moltke erfahren wir folgende Einzelheiten: .

Graf Moltke entschlief gestern Abend um 93, Uhr in seiner Wohnung im hiesigen Generalstabagebäude sanft ohne jeden Todeskampf. In altgewohnter Pflichttreue und mit der bekannten geistigen Frische hatte der Feldmarschall bis um 3 Uhr Nachmittags der Sitzung des Herrenhauses beigewohnt, war dann zu Fuß nach Hause gegangen, hatte mit der Familie seines Adjutanten, des Majors von Moltke, das Mittag⸗ essen und nach lebhafter Unterhaltung auch Abends den Thee eingenommen. Nach dem Thee bethei⸗ ligte sich Graf Moltke in der üblichen Weise an einer Partie Whist, bei deren Beendigung er asthmatische Beschwerden, an denen er zuweilen litt, fühlte. Auf Vorschlag der Frau von Moltke, seiner Nichte, begab sich der Feldmarschall gegen / Uhr in das Musikzimmer, wo er dem Vortrage eines Liedes zuhörte. Bald darauf ging er in sein Zimmer. Der ihm auf dem Fuße folgende Adjutant fand ihn hier zusammengesunken auf dem Sopha sitzend. Auf die Frage, ob ihm etwas zugestoßen sei, versuchte der Feldmarschall vergeblich zu sprechen. Mit Hülfe eines Andern trug der Major von Moltke den Feldmarschall auf das Bett, wo er sich noch einmal ausstreckte und dann verschied. In kaum drei Minuten war der körperlich und geistig frische Feldherr aus dem Leben abberufen.

Heute Vormittag bald nach 9 Uhr erschien Ihre Majestät die Kaiserin im Generalstabs gebäude, um Allerhöchsteigenhändig in dem Sterbezimmer des Verewigten eine Palme niederzulegen und der tieferschütterten Familie Allerhöchstihr Beileid auszusprechen. Während der Anwesenheit Ihrer Majestät kamen auch Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen-⸗Meiningen, um den Angehörigen des Feldmarschalls ihre Theilnahme auszudrücken.

Auf Befehl des Chefs des Generalstabes der Armee General⸗Lieutenants Grafen von Schlieffen, sind aus Anlaß des Trauerfalls die Bureaux des Großen Generalstabes ge⸗ schlossen. Zwei Offiziere des Generalstabes halten im Parade⸗ anzuge die Wacht an der Thüre des Sterbezimmers.

Die fiskalischen Gebäude und viele Privathäuser der Stadt haben zum Zeichen der Trauer Halbmast geflaggt.

Der Reichstag, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten haben wegen Ablebens des Feld⸗ marschalls ihre auf heute angesetzt gewesenen Sitzungen aus— fallen lassen.

Von auswärtigen Blättern liegt bereits eine Aeußerung der Londoner „Times“ über das Ableben des Grafen Moltke vor, in der es heißt: In Moltke verlor Europa den größten Soldaten seit dem Tode Wellington's. Durch langjähriges, mühevolles Studium schuf er die moderne Kriegswissenschaft. Das Werk Moltke's ist ein solides Werk. Sein Ende kann für die Größe oder Sicherheit des mächtigen Staates, dem er so lange vorzügliche Dienste leistete, kaum etwas ausmachen. Moltke gewann für sich unvergleichlichen Ruhm, für sein Vaterland den vordersten Platz im Rathe . ö. Er mag glücklich gepriesen werden bis zur Todes⸗

unde.

Hiesige Blätter entnehmen einer französischen Zeitung und dem „Hannover'schen Courier“ erneut die Mittheilung, daß zwischen der Kaiserlichen Regierung und dem Londoner Kabinet Verhandlungen über die Abtretung des deutschen Schutzgebiets von Südwest-Afrika schweben.

Trotzdem diese Nachricht, welche zuerst durch ein Telegramm der „Reuter'schen Agentur“ in Berlin in englische Blätter ge⸗ bracht worden ist, erst vor wenigen Tagen an dieser Stelle als völlig aus der Luft gegriffen bezeichnet wurde, wird Angesichts der obigen Mittheilungen deutscher Zeitungen ö,, daß auch diese jeder thatsächlichen Grundlage entbehren.

In der Presse ist in letzter Zeit mehrfach der Auffassung Ausdruck gegeben worden, daß die Aufhebung des im . 1883 gegen amerikanisches Schweinefleisch erlassenen deut schen Ein fuhrverbots unmittelbar bevorstehe. Wir sind in die Lage gesetzt, diese Nachricht als nicht zutreffend zu bezeichnen. J

Allerdings sind unlängst in den Vereinigten Staaten von

Amerika Vorschriften über die Einführung einer Fleischschau für das zum Export bestimmte Schlachtvieh erlassen worden, und man wird das durch den Erlaß diefer Vorschriften be— zeugte , Bestreben anerkennen müssen, die Ausfuhr gesundheits chädlichen Fleisches zu verhindern. Bisher ist aber über die Durchführung der ergangenen Bestimmungen im Einzelnen noch nichts bekannt geworden. Ehe die Organifation des Fleischschaudienstes in Nord⸗Amerika sich nicht des Näheren übersehen läßt und bevor nicht das neue System in der Praxis eine Probe auf seine Zuverlässigkeit be⸗ standen hat, wird die ö über Maßnahmen, welche für die gesundheitlichen ar Hen der deutschen Be⸗ völkerung von so erheblichem Belang find, füglich nicht er⸗ wartet werden können. Die Angelegenheit ist hiernach zur Zeit noch nicht spruchreif.!

Der Bundegrath ertheilte in der am 23. d. M. unter dem Vorsitz des Vize-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher

Dagegen wurden die

abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf einer Ver⸗ ordnung wegen Ergänzung der Verordnung vom 16. August 1876 über die Kaution der bei der Militär⸗ und Marineverwaltung angestellten Beamten und dem Handels⸗ vertrag mit Marokko die Zustimmung. Die Vorlage, be⸗ treffend den Beitritt Rumäniens zu der Uebereinkunft be— züglich der zollsicheren Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr (vergl. unten), und der Antrag Oldenburgs wegen Erhöhung des Etats der Zollverwaltungs⸗ kosten wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. Endlich wurde über die Bemessung des Ruhe⸗ gehalts für mehrere Reichs beamte Beschluß gefaßt.

Die rumänische Regierung, welche auf Grund des Artikels I der auf der Berner Konferenz vom 15. Mai 1886 zwischen dem Deutschen Reich, Frankreich, Italien, Oesterreich, Ungarn und der Schweiz getroffenen Ver⸗ einbarungen über die technische Einheit im Eisenbahnwesen diesem Uebereinkommen bereits früher beigetreten ist, hat dem schweizerischen Bundesrath erklärt, auch den auf derselben Konferenz getroffenen Vereinbarungen über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internatio— nalen Verkehr beitreten zu wollen.

Da die Vereinbarungen über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen in Betreff des nachträglichen Beitritts solcher Staaten, welche an der Berner Konferenz nicht theil⸗ genommen haben, feine Bestimmungen enthalten, so hat der schweizerische Bundes rath für den Fall, daß die auf der Konferenz vertreten gewesenen Staaten geneigt sein sollten, mit der Regierung von Rumänien in dieser Hinsicht die gleichen vertraglichen Beziehungen einzugehen, wie hinsichtlich der technischen Einheit im Eisenbahnwesen, sich bereit erklärt, die Vermittelung zu übernehmen, um eine Verständigung in der Angelegenheit herbeizuführen.

Nachdem dem nachträglichen Beitritt der Regierungen von Belgien, Serbien und Griechenland zu den Vereinbarun— gen über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr bereits zugestimmt worden ist, ist nunmehr dem Bundesrath Seitens des Reichskanzlers der Antrag unterbreitet worden, sich damit einverstanden erklären zu wollen, daß Rumänien den auf der Berner Konferenz vom 15. Mai 1886 zwischen dem Deutschen Reich, Frankreich, Italien, Oesterreich, Ungarn und der Schweiz getroffenen Vereinbarungen über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahn⸗ wagen im internationalen Verkehr nachträglich beitritt.

Die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs erledigte in den Sitzungen vom 153. bis 21. April die früher aus⸗ gesetzten 85. 25 bis 27, die §§. 30 bis 40 und unter einst⸗ weiliger Äussetzung des von den juristischen Personen handelnden , Es. 41 bis 63) die §§. 64 bis 73 sowie den

; 1

Die Berathung des §. 25 und des mit diesem im Zu⸗ sammenhange stehenden §. 64 Abs. 1, welche die Grenze des Kindesalters und die Geschästsunfähigkeit der in diesem Alter stehenden Minderjährigen bestimmen, führte zur ein⸗ gehenden Erörterung der Fragen, ob mit dem Ent⸗ wurf überhaupt zwischen geschäftsunfähigen und in der Geschäftsfähigkeit beschränkten. Minderjährigen unter— schieden oder für alle Minderjährigen (Unmündigen) ohne Unterschied des Alters nur beschränkte Geschäftsfähigkeit an⸗ genommen, ferner ob eventuell für die Geschäftsunfähigkeit eine feste Altersgrenze (das vollendete siebente oder zwölfte Lebensjahr) bestimmt oder die Entscheidung der Frage, ob der Minderjährige bei Vornahme des Geschäfts der erforderlichen Willensfähigkeit entbehrt habe, der konkreten Beurtheilung, des einzelnen Falls überlassen werden solle. Im Allgemeinen wurden nach gründlicher und allseitiger Würdigung der verschiedenen Vorschläge die Bestimmungen des Entwurfs ihrem sachlichen und wesentlichen Inhalte nach, 1 auch unter Einfügung einzelner Aenderungen, aufrecht erhalten.

Auch die Vorschristen des Entwurfs über die Wirkung und die Voraussetzungen der Voll jährigkeits-Erktärung GS. 26, §. 27 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2) wurden sachlich gebilligt, jedoch mit der Maßgabe, daß die Voll jährigkeits⸗-Erklärung einer minderjährigen, unter elterlicher Gewalt stehenden Wittwe an die Zustimmung des Gewalthabers nicht gebunden sein soll. Die auf die Zuständigkeit für die Volljährigkeitserklärung und auf das bei dieser zu beobachtende Verfahren sich be— ziehenden Vorschriften des Entwurfs (6. 27 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3) wurden dem in Aussicht genommenen hesonderen Reichsgesetze über das Versahren in Angelegenheiten der nichtstreitigen Rechtspflege überwiesen. .

Ein Antrag, den Satz „Heirath macht mündig“ in das Gesetzbuch aufzunehmen, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit; doch blieb, der Berathung des 8. 1233 vor— behalten, die Ehemündigkeit der Männer mit der Volljährig—⸗ 1 oder der Volljährigkeitserklärung zusammenfallen zu assen.

Die 30 bis 33 über Verwandt schaft und Schwäger⸗ schaft würden sachlich im Wesentlichen gebilligt, ebenso die Vorschriften der 58. 34, 36, 37, 39, 40 über den Wohnsitz. Z6, 38 gestrichen. ö

Eine Ergänzung erfuhr der Abschnitt des Entwurfs über „Personen“ durch die Aufnahme von Vorschriften über das Vamenrecht, durch welche der zur Führung eines Namens Berechtigte gegen Beeinträchtigungen dieses Rechts sowie gegen einen sein Interesse verletzenden unbefugten Gebrauch des gleichen Namens Seitens eines Anderen geschützt werden soll.

Die von der „Geschäftsfähigkeit“ handelnden 58. 64 bis 711 wurden mit einzelnen nicht sehr erheblichen Aende rungen angenommen. Der 8. 68 Abs. 1 wurde ausgedehnt auf alle Rechtsgeschäfte des Minderjährigen, welche die Erfüllung der aus dem Dienst⸗ oder Arbeitsverhältniß sich ergebenden Verpflichtungen betreffen.

Anlangend die Vorschriften überWillenserklärungen“ G5. 72 bis 76), so entschied die Kommission sich für die Streichung des 7 72, dagegen für die Annahme des §. 73. Abs. 1 des §5. 74 wurde mit der Abweichung gebilligt, daß nicht zwischen ausdrücklicher und stillschweigender Willens⸗ erklärung unterschieden, sondern allgemein die Wirksamkeit einer einem Anderen gegenüber abzugebenden Willenserklärung a abhängig gemacht werden soll, daß diese dem Anderen zugeht.

Brandenburg a. H. Das 75 jährige Jubiläum des Füsilier⸗ Regiments Prinz Heinrich (Branden⸗ burgisches Nr. am 24. April ist, wie der N. Pr. Zig.“ telegraphisch berichtet wird, bei sonnen⸗ schönem etter prächtig verlaufen. Die Betheiligung war allgemein, die ganze Stadt beflaggt. Um 11 Uhr war Parade auf dem Kasernenhof in Gegenwart des kom⸗ mandirenden Generals von Versen. Die Ansprache des Obersten von Specht klang in einem dreifachen Hurrah auf Seine Majestät den Kaiser aus. Es folgte , . Vorbeimarsch in Zug⸗ und Compagniefront. Hieran schloß sich die Uebergabe zweier Büsten, des Hochseligen Kaisers Wilhelm J. und des Kaisers Wilhelm II. durch den Krieger⸗ verein ehemaliger Fünfunddreißiger; dann folgte das Mann⸗

schafts Festmahl.

Schleswig, 23. April. Zu der Vermählung . Hoheit der Prinzessin Luise zu Holstein-Glücksburg mit Seiner Durchlaucht dem Fürsten Georg Victor zu Waldeck und Pyrmont werden den „Schlesw. Nachr.“ zufolge in Luisenlund außer den sämmtlichen Geschwistern der hohen Braut und dem Sohne des hohen Bräutigams erscheinen: der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen, der Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein, die 64 zessin Henriette zu Schles wig⸗Holstein⸗Sonderburg⸗Augustenburg, die Aebtissin Prinzessin Luise zu Schleswig-Holstein-Sonder— burg⸗Glücksburg, die Prinzen Wilhelm Julius und Johann zu Schleswig-Holstein⸗Sonderburg⸗Glücksburg, der Prinz Wil⸗ helm zu Schaumburg-Lippe sowie der Prinz und die Prinzessin Heinrich XXVII. Reuß. Am 27. d. M. beginnen auf Schloß Luise nlund die Festlichkeiten, am 28. ist Familientafel und am 29. die Vermählungsfeier. Am Abend des 29. ver⸗ läßt das hohe Paar Luisenlund, am 1. Mai erfolgt, wie bereits gemeldet, der Einzug in Arolsen. Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 24. April. Die 18. Session des Landes⸗ aus schusses wurde laut Meldung des „W. T. B.“ heute vom Staatssekretär von Puttkamer im Auftrage des Kaiser⸗

lichen Statthalters, Fürsten von Hohenlohe geschlossen, nachdem alle Vorlagen erledigt worden sind.

Hamburg.

Hamburg, 24. April. An die hiesigen Kolonial⸗ Gesellschaften ist, wie Hamb. Blätter berichten, eine amt⸗ liche Aufforderung ergangen, eine Reihe von Persönlichkeiten zu benennen, aus welchen die Regierung Mitglieder fuͤr den neu zu bildenden Kolo nialrath auswählen wird.

Oefterreich⸗Ungarn.

Wien, 25. April. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin-Wittwe, Erzherzogin Stephanie hat Cannes verlassen und sich, wie telegraphisch gemeldet wird, gestern Abend in Genua an Berd der „Sumatra“ nach Neapel eingeschifft.

Der Minister⸗Präsident Graf Taaffe stattete in Prag dem Abg. Schmeykal einen einstündigen Besuch ab.

m Herrenhause legte gestern der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach erneut das Budget pro 1891 vor. Das Haus wies alsdann die Gesetzvorlage, betreffend die rechts— und staatswissenschaftlichen Studien, einem Sonderausschusse zur Vorberathung zu und genehmigte ohne Debatte das provisorische Budget bis Ende Juni.

Der ungarische Minister des Innern hat eine Verordnung gegen die Wettbureaus erlassen, wonach die Vermittelung von Wetten außerhalb der Rennbahnen mit zehntägiger Haft und Geldstrafe bis zu 100 Fl. geahndet werden soll. Die Polizei wird aufgefordert, streng darüber zu wachen, daß Wetten nur innerhalb des abgegrenzten Renn⸗ platzes zugelassen werden. .

Wie das „Fremdenblatt“ meldet, ist der serbische Finanz⸗Minister Vuic vorgestern auf seinen Wunsch von dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky empfangen worden. Der Minister Vuie hat seine Reise nach St. Petersburg um einen Tag verschoben, um sich in der Frage der jüngst in Serbien eingeführten Konsumsteuer ge⸗ nügend zu informiren und der serbischen Regierung alsdann Maßnahmen vorzuschlagen, die geeignet erschienen, einem ernsteren Konflikte vorzubeugen.

Großzbritannien und Irland.

Dem „R. B.“ zufolge hätte der Marguis von Salis— bury in der fing! Mittheilung an die portugiesische Regierung über die Vorfälle in Beira angedeutet, daß, Falls nicht Erleichterungen für die Oeffnung des Pu ngwe— Flusses bis zur britischen Einflußsphäre, dem Modus vivendi gemäß, gewährt würden, England, um die Achtung vor den vertragsmäßigen Verpflichtungen zu sichern, Maßregeln ergreifen dürfte, deren Folgen den dortigen Interessen Portugals nachtheilig sein würden. -

An Stelle des verstorbenen konservativen Deputirten für Whitehaven, Cavendish⸗Bentinck wurde gestern Sir James Bain (konservativy mit einer Mehrheit von 233 Stimmen gegen den Kandidaten der Gladstonianer Swe zum Mit⸗ gliede des Unterhauses gewählt.

Sir Henry Drum mond Wolff wird sich englischen Blättern zufolge im Herbst auf seinen Posten als britischer Gesandter in Persien zurückbegeben. Einstweilen hat er eine Verlängerung seines Urlaubs erhalten, um sich einer Nachkur in einem deutschen Bade zu unterziehen. .

Der britischen ostafrikanischen Gesellschaft. stellen sich in ihrem weiten Gebiet so viele Schwierigkeiten entgegen, daß sie nicht umhin kann, ihren Truppen⸗ bestand bedeutend zu verstärken. Zu diesem Zweck hat der Marguis of Lorne, welcher zu den Direktoren der Gesellschaft gehört, sein Augenmerk auf Canada gelenkt und geeigneten jungen Leuten Kadettenstellungen mit einem monatlichen Gehalt von 50, 40 und 30 Pfd. Sterl. angeboten. Die canadischen Freiwilligen, welche für tauglich befunden werden, erhalten freie Reise erster Klasse

von Quebec nach Mombassa. Einem Telegramm des.

„Berl. Tgbl.“ zufolge ist der Direktor der Gesellschaft, Mackay am 23. d. M in San sibar verstorben.

Im Unterhause erklärte gestern der Unter⸗Staatssekretär er l on: die neuesten Berichte aus Samoa lauteten be⸗ riedigend und ließen keine Unruhen gewärtigen Auf eine

weitere Anfrage erwiderte Fergusson: die Hritisch-ost⸗ afrikanische Gesellschaft habe bei der Regierung die Garantie des Kapitals für eine zu erbauende Eisenbahn

nachgesucht. Das Gesuch werde jetzt erwogen. Ohne Ge⸗ e , . des Parlaments sei die Uebernahme einer Garantie nicht möglich. .

Der Minisler der Landwirthschaft Chaplin erklärte am Donnerstag in einer in Ben son in Oxfordshire gehaltenen Rede: er werde fortwährend gedrängt, a merikanisches Vieh frei in das Innere Englands zu lassen. In Amerika sage man, daß das Vieh völlig gesund sei. Er sei jedoch in dieser Beziehung skeptisch; trotz Allem, was geschrieben worden, sei das amerikanische Vieh nicht seuchenfrei und das erledige die Frage für die Zeit, so lange er im Amte sei.

Frankreich.

Paris, 24. April, Der Minister des Auswärtigen Ribot empfing, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag den italienischen Botschafter Grafen Mena brea.

Die Deputirten kammer hat auf die Tagesordnung der Sitzung vom nächsten Montag die erste Berathung des Genzeralzolltarifs gesetzt.

Der Mu nizipalrath von Paris beschloß die Dring—⸗ lichkeit für eine Resolution, in welcher gegen das von der Zollkommission angenommene übermäßige Schutzzoll⸗ syst em auf das Entschiedenste protestirt und die Regierung aufgefordert wird, ihren ganzen Einfluß aufzubieten, um diese antidemokrgtischen Tendenzen zu bekämpfen, welche den all⸗ gemeinen Interessen der Stadt Paris zuwiderliefen.

Admiral Duperrs veranstaltete gestern in Ajaccio an Bord des Panzerschiffs „Formidable„“ ein Diner, dem der Kommandant des russischen Panzers „Admiral Korniloff“, Alexieff, beiwohnte und bei welchem Duperrs auf Ruß⸗ land und die russische Marine, Alexieff auf Frank— reich und die französische Flotte Toaste ausbrachten.

Rußzland und Polen.

Durch einen gestern veröffentlichten Kaiserlichen Ukas wird der bisherige Gesandte in Lissabon de Fonton an Stelle Hitrowo's zum Gesandten in Bukarest ernannt, während Hitrowo als Gesandter nach Lissa bon versetzt wird.

Die Großfürstin Jelisaweta Mawrikiewna ist vorgestern aus dem Auslande zurückgekehrt.

Nach Nachrichten, welche bis vorgestern Vormittag reichen, nimmt die Schwäche bei dem erkrankten Großfürsten Nicolaus dem Aelteren, zu. Der Groffürst befindet

sich gegenwärtig in Al upta in der Krim.

In St. Petersburg ist, wie W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag der frühere serbische Kriegs-Minister Diuritf ch eingetroffen; ebenso sind 30 serbische Offiziere, welche die Militär Akademie besuchen sollen, dort angekommen.

Im Reichzrath wird zur Zeit das Projekt der Reorganisation der Städteordnung durchgesehen, und es ist, der Now. Wr.“ zufolge, wahrscheinlich, daß es noch in dieser Session bestätigt werde.

Die Regierungskommission in Sachen der finländ ischen Reformen hat, wie dasselbe Blatt mittheilt, ihre Arbeiten bezüglich der Einführung einer Münzeinheit für Finland und Rußland schon so ziemlich beendet und geht nun an die Aus— arbeitung des Entwurfs einer Zolleinheit für Finland und Rußland.

Der bereits telegraphisch erwähnte Kaiserliche Befehl, betreffend die Juden im Gouvernement Moskau, lautet nach der „St. Pet. Ztg.“ näher dahin: es sei bis zur Revision der in der Anmerkung 3 zu Art. 157 der Paßorschriften. Ausg. v. J. 1890, enthaltenen Verordnung; 1) den jüdischen Mechanikern, Branntwein⸗ brennern, Bierbrauern, überhaupt allen Gewerbetreibenden und Handwerkern die Uebersiedelung aus dem Bereich des jüdischen Wohnungsrayons, sowie auch der Uebertritt aus anderen Ortschaften des Reichs nach der Stadt und dem Gouvernement Moekau verboten und 2) dem Minister des K— 53 das Recht gewährt, nach Uebereinkommen mit dem

eneral⸗ Gouverneur von Moskau Maßregeln zu veranlassen, daß die obenerwähnten Juden die Stayt und das Gouverne— ment Moskau allmählich verlassen und nach den Ortschaften des ihnen zum Wohnsitz angewiesenen Rayons zurückkehren.

Eine Pferdezählung zu Militärzwecken wird einer Verfügung des Kriegs-Ministers zufolge vom 15. Mai d. J. (a. Si. ab in 27 Gouvernements und Gebieten des euroö⸗ päischen Rußland und des Kaukasus stattfinden.

Wie der „P. C.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, ist der Finanz⸗Minister Wischnegradsky fan den voraussicht⸗ lichen Fall, daß in Folge einer Verzögerung der Kaiserlichen Sanktion der neue dem Reichs rath soeben zur Berathung vor⸗ liegende Zolltarif nicht, wie ursprünglich erwartet wurde, mit dem 1. Juli in Kraft treten könnte, entschlossen, den zwanzigprozentigen Zuschlag zu den gegenwärtig geltenden Zollsätzen, welcher im vorigen Sommer auf die Einfuhr ge⸗ wisser Waaren gelegt wurde, bis zum Inslebentreten des neuen Zolltarifs beizubehalten.

Italien.

Das parlamentarische Comité für Einführung von internationalen Schieds- und Friedensgerichten beschloß, den Vorschlag der Londoner internationalen parla— mentarischen Konferenz, die nächste Konferenz im November in Rom abzuhalten, anzunehmen. erner wurden Bonghi als Präsident, Pandolfi und affi als Sekretäre be⸗ stätigt und das Präsidium beauftragt, dafür zu sorgen, daß die nächste parlamentarische Konferenz in Italien in würdiger Weise abgehalten werde. Bisher haben 162 Abgeordnete zu⸗ gestimmt. Weitere Zustimmungen werden erwartet. ;

Der Großfürst Georg von Rußland ist gestern in Livorno eingetroffen und sofort nach Rom weitergereist, wo um Mitternacht seine Ankunft erfolgen sollte. Der Groß⸗ 6 beabsichtigt in Rom unter dem Namen eines Prinzen

ariatinski im Hotel Quirinal Wohnung zu nehmen.

Der „Popolo Romano“ meint, aus den von der Unter⸗ suchungskommission in Massovah vorgenommenen Ver⸗ hören scheine hervorzugehen, daß die Verantwortlichkeit für die aufgedeckten Miß rauche nicht über Liyraghi und Cagnassi hinausreiche, welche die Seele aller Intriguen ge⸗ wesen seien.

Dem gestrigen Derby⸗Rennen, das wegen Regen⸗ wetters nur wenig zahlreich besucht war, wohnten der König, die Königin und der Herzog der Abruzzen bei.

Die Fürst⸗Erzbifchöfe von Wien und Salzbur (, die Fürstbischöfe von Graz, Marburg und Laiba ind gestern in Rom angekommen.

ei der gestern in der Deputirten kamm er sort—⸗ Eten Berathung der Vorlage über die rt . des istenskrutiniums wurde ein von dem Abg. Sines ein⸗ gebrachter, von der Regierung abgelehnter Antrag, nach

welchem das Listenskrutinium in den Städten beibehalten werden soll, in namentlicher Abstimmung mit 211 gegen Il Stimmen verworfen. Schließlich wurde bei der Abstim⸗ mung über die Vorlage im Ganzen der Entwutf, betreffend die Abschaffung des Listenskrutiniumzs, mit 182 gegen 715 Stimmen angenommen.

Dem Esercito“ zufolge ist über die Pul verexplosion im Fort Baretta außer der administrativen Untersuchung Seitens des Commandeurs des römischen Armee Corps und der technischen Untersuchung durch das Kriegs-⸗Ministerium noch eine dritte Untersuch ung durch die Ju st izbehör de eingeleitet worden. Der Zustand des bei der Explosion verunglückten Genie Kapitäns Spa ccamelag hat sich seit gestern früh wesentlich gebessert. Die römischen Blätter zollen dem aufopfernden Verhalten des Königs, der, wie schon gemeldet, noch am Abend des Unglücstages perfonlich die Hospitäler besuchte und stündliche Berichte über die Verwun⸗— deten forderte, begeisterte Artikel Ueber die Katastrophe liegen heute noch folgende näheren Nachrichten vor, welche bereits Bekanntes zum Theil ergänzen:

Die Explosion erfolgte am 25. d. M. um 7 Uhr 20 Minuten früh; noch um 10 Uhr Vormittags war die Luft ringsum mit Staub— wolken erfüllt; wo der P⸗ulverthurm gestanden, ist eine 0 m tiefe Grube ausgehöhlt, die Umgebung weithin ist greulich verwüstet. Ein um 10 Uhr in Gegenwart des Königs in Fort Bravetta abgebaltener Appell ergab, daß 15 Mann verwundet sind; der Posten vor dem Pulverthurm blieb wunderbarerweise unverletzi. Unter den Verwundeten befindet sich der Hauptmann Spaccam el g, dem die Beine abgerissen wurden. Der Kaltblütigkeit dieses Offiziers ist es zu danken, daß dem Unglück verhältnißmäßig wenige Menschenleben zum Opfer fielen. Der Hauptmann machte um 7 Uhr die reglement⸗ mäßige Runde um das Fort, als er in der Rähe des Pulverthurms ein Geknatter, ähnlich einem fernen Kleingewehrfeuer, vernahm. Die Größe der Gefahr sogleich ahnend, ließ er Alarm blasen, befahl der Besatzung, sogleich das Fort zu verlassen, und ließ die auf den Feldern zerstreuten Bauern zur Flucht auffordern. Als der Befehl ausgeführt war, verließ er selbst den Pulverthurm. Er war aber kaum hundert Meter weit entfernt, als der ganze Dynamitvorrath in die Luft flog. Der Hauptmann wurde in bewußtlofem Zuastande in einem Graben bingestreckt aufgefunden. Der König ließ ihn mittels Hofwagens in das Spital überführen. Die Verwuͤstung in der Umgebung des Forts ist eine unbeschreibliche. Die benachbarke, von Pius IX. gegründete Ackerbauschule ist wie zerschossen; von den 200 Zöglingen, die sich auf freiem Felde befanden, ist Niemand verletzt. Dagegen sind mehrere auf den Feldern des Janiculus arbeitende Bauern schwer verwundet, dreien derselben wurde die Brust förmlich aufgerissen, mebrere Bäuerinnen durch fallende Ziegel getödtet Der Luftdruck der Explosion wurde bis Fraecati, 20 m weit, verspürt; es liefen von dorther telegraphische Anfragen ein, was in Rom gescheben sei. Im Berathungssaal auf Monte Citorio war der Fußboden mit einer zollbohen Schicht von Glasscherben bedeckt; die zolldicken Glasscheiben der Saalkuppel wurden förmlich zu Staub zerrieben. Der Bahnhof in Trastevere zeigt geborstene Mauern und zerrissene Thür und Fensterflügel. An den im Westen der Stadt gelegenen Häusern ist auch nicht eine Fensterscheibe ganz geblieben. Alle Drahtverbindungen mit Trastepere sind unterbrochen. Die .‚Riforma“ theilt mit, daß der Umstand, daß einige Hand werker eine halbe Stunde vor der Explosion gewarnt wurden, den Verdacht an die Möglichkeit eines Verbrechens vielfach babe aufkgmnien lassen. Einige Häuser in Trastepere drohen einzu⸗ stürzen. Die Tribuna. fordert die Regierung auf. in ihrem Interesse die Untersuchung über die Explosion vor dem 1. Mai anzustellen, um die Zweifel der Bevölkerung bezüglich der Ursachen derfelben und die Furcht vor Arbeiter ⸗Kundgebungen zu zerstreuen.

Spanien.

Der Finanz⸗Minister brachte in der gestrigen Sitzung der Kammer eine Vorlage wegen Emittirung einer vier— prozentigen, binnen 30 Jahren amortisirbaren inneren Rente ein. Der Betrag der Anleihe ist auf 250 Millionen Pesetas bemessen, welche zur Bezahlung der schwebenden Schuld verwendet werden sollen. Die Regierung behält fich vor, den Zeitpunkt für die Emission sowie den Emissions— cours zu bestimmen. Voraussichtlich wird die Emission im nächsten Herbst erfolgen.

Anläßlich der am 4. und 5. Mai in Spanien stattfinden⸗ den Munizipalwahlen wird es sich, wie die „Pol. Corr.“ schreibt, zum ersten Mal ereignen, daß die monarchistischen Parteien aller Schattirungen gegenüber den Rupublikanern geeinigt vorgehen. Was Letztere betrifft, so wird ihrer Thätig⸗ keit schon darum wenig Bedeutung beigemessen, weil sie einen Körper von verhältnißmäßig geringem Umfang mit vielen Däuptern repräsentiren. Die oͤffentliche Meinung beschäftigte ich in letzter Zeit viel mit der Einführung der all— gemeinen Wehrpflicht, welche auf dem besten Wege ist, der Verwirklichung zugeführt zu werden. Die Pensionirung der vielen überzählig gewesenen höheren Offiziere oder deren Einreihung in die Referve vollzieht sich anstandslos. Dem 1. Mai sieht man in Spanien allgemein ruhig . en; in den Fabriken, in denen sich eine genügende An⸗ zahl Arbeiter einfinden wird, soll gearbeitet werden, in denen, wo dies nicht geschieht, solQl gefeiert werden. Eventuellen Ruhestörungen gegenüber ist die Regierung entschlossen, mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. Inzwischen bereitet sie ihrerseits eifrig die schon öfter erwähnten Gesetz— entwürfe zur Regelung der Frauen- und Kinderarbeit vor.

Rumänien.

Bukarest, 24. April. Die Wahlen zur Deputirten⸗ kammer im dritten Wahlkollegi um ergaben 30 Kandi⸗ daten der Regierungspartei und 5. Oppositionelle. Eine Stich⸗ wahl ist erforderlich.

Amerika.

Dem „New York Herald“ wird aus Port⸗au⸗Prince gemeldet, daß der Befehlshaber des amerikanischen Ge⸗ schwaders Contre⸗Abmiral Gherardin und der Gesandte der Vereinigten Staaten in Hayti, Douglaß, mit dem Präsidenten Hippolyte wegen Abtretung des Hafen⸗ dammes von St. Nicholas an die Vereinigten Staaten zur Anlage einer Kohlenstation für die Marine verhandeln. beric us New-Orleans vom 22. April wird dem „R. B.“

erichtet:

Das Kriminalgericht war gestern überfüllt. Auf der Tages— ordnung stand die Vernehmung von 270 hervorragenden Bürgern der Stadt, welche ihr Zeugniß in Sachen der Lynchaffaire abgeben sollten. Da die Leiter des Mobs sich nicht unter der Zahl der Zeugen befanden, so folgert man hiergus, daß die Großjury festzustellen sucht, ob das zu dem blutigen Werk entflammte Volk im Einklang mit der öffentlichen Meinung gegen die Italiener gehandelt hat. Der General anwalt Rogers vernahm die Zeugen, welche einzeln in den Geschworenen⸗ saal hereingeführt wurden. Das Verhör wird voraussichtlich mehrere Tage dauern und der Bericht der Großjury nicht vor dem 1. Mai fertig⸗ gestellt werden. Man vermuthet, daß derselbe ein äußerst langes und voraussichtlich in mancher Hinsicht Aufsehen erregen des Dokument werden dürfte. Der Bericht wird die Geschichte der Mafia in New Orleans enthalten sowie genaue Angaben über die Zahl der

ö

bierher ausgewanderten italienischen Verbrecher und die von ihnen in der Stadt begangenen Schandthaten, ferner über die Bemühungen Hennessey's zur Vernichtung der Mafia, die näheren Umstände seines Todes und endlich über die Gründe veröffentlichen, welche das Pu- blikum veranlaßten, die Bestrafung der Mörder in seine eigene Hand zu nehmen. Es heißt, daß das Dokument sehr warm die Sache der Bürger verfechten und ausführlich darlegen wird, weshalb die Groß jurv es ablehne, Anklagen gegen die Lyncher zu erheben.

Afrika.

Trans vaal. Der Gouverneur der Kap⸗Kolonie, Sir Henry Loch, hat dem . Krüger die folgende telegraphische Depesche gesandt: Es sind bei der Regierung Ihrer Majestät Nachrichten eingetroffen, daß ein Trek in das Maschonaland geplant wird, in der Absicht, dort eine Republik zu gründen. Die Regierung Ihrer Majestät benachrichtigt Eure Ehr⸗ würden, daß sie 3. als eine Handlung der Feindseligkeit gegen die Königin bet achten wird. Die Regierung des Transvaals ist an den Art. 10 der Swaziland⸗Konvention gebunden. Die Regierung Ihrer Majestät erwartet die sofortige Versicherung der loyalen Mitwirkung des Transvaals.“ Präsident Krüger erwiderte 33 „Ich habe den Trek gedämpft und nach den verdächtigen Führern fahnden lassen. Es wird ferner eine Proklamation entworfen. Die Regierung ist sich ihrer Verpflichtungen bewußt.“

Parlamentarische Nachrichten.

Die heutige 107.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Pr. von Boetticher und Freiherr von Maltz ahn beiwohnten, eröffnete Präsident von Levetzow mit folgenden Worten:

(Die Anwesenden hören die nachfolgende Rede stehend an.)

Meine Herren! Ganz unerwartet und tief schmerzlich für uns und für das Vaterland hat Gott einem Leben ein Ende gemacht, so reich an Ruhm, an Ehren, an Erfolgen, aber auch zugleich an Liebe, an Verehrung und an Vertrauen, wie selten einem Sterblichen bis in das höchste Greisenalter es zu führen ver⸗ gönnt war. Unser hochverehrtes Mitglied, der Feldmarschall Graf Moltke ist gestera Abend 93 Uhr ohne vorgängiges Unwohl sein an einem Herjschlage sanst verschieden, nachdem er noch vor jwei Tagen unserer Sitzung und gestern bis zum Nach⸗ mittag, bis wenige Stunden vor seinem Tode, einer Sitzung des preußischen Herrenhauses in bekannter treuer Theilnahme bei= gewohnt hat. Mitglied des Reichstages von Anfang an, stets für den ersten Wahlkreis des Regierungsbezirk: Königsberg, hat der Heimgegangene zu Anfang jeder Legislaturperiode seit dem Jahre 1881 das. Alters Präsidium dieses Hauses geführt. Sie wissen, mit welcher Gewissenhaftigkeit er unseren Verhandlungen folgte, und aufmerksamer habe ich das Haus kaum gesehen, als wenn der Feldmarschall hier das Wort etgriff. Seine letzte jugend= frische Rede, welche er am 16. März hier gehalten die Rede

eines Neunzigjährigen wird uns in steter Erinnerung bleiben.

Meine Herren, ich kann es nicht unternehmen, an dieser Stelle zu rühmen, was der Heimgegangene für Kaifer und Reich geleistet hat. Er selbst machte niemals Wesens davon, und wohl niemals bat zu solchen von der ganzen Welt bewunderten Erfolgen solche Be= scheidenheit sich gesellt In der Geschichte unseres Landes und in der Welt⸗ geschichte wird es zu allen Zeiten mit goldenen Lettern verzeichnet stehen, und unsere Nachkommen werden ebenso stolz sein auf diesen Landsmann, wie wir stolz sind, ihn persönlich gekannt, ihn als treues Mitglied unter uns gehabt zu haben.

Meine Herren, ein Mann, ein Held, ein gelebrter Denker, aber auch zugleich ein Vorbild menschlicher und bürgerlicher Tugenden ist von uns gegangen seine Werke folgen ihm nach. Sein Andenken, . Ehren Sie sich erhoben haben, sei gesegnet und bleibe ewiglich!

Meine Herren! Es ist von den verschiedensten Seiten der Wunsch ausgedrückt worden, daß wir unter dem Eindruck der Trauer, die nicht nur über dieses Haus, sondern über das ganze deutsche Land gekommen ist, in unsere heutige Tagesordnung nicht eintreten. Ich verstehe und theile diesen Wunsch und schlage Ihnen daher vor, bier abzubrechen und unsere nächste Sitzung zu halten Montag, den 27. . M., Mittags 12 Uhr, mit der Tagesordnung: Zweite Berathung des Gefetzent⸗ wurfs, betreffend die Besteuerung des Zuckers. Damit ist das . einverstanden; ich schließe die. Sitzung.

Schluß 1 Uhr 20 Minuten.

Die heutige (14) Sitzung des Herrenhauses, welcher der, Finanz-Minister Dr. Miquel beiwohnte, eröffnete ber Präsident Herzog von Ratibor mit folgenden Worten:

Meine Herren! Es ist mir heute Morgen ein Schreiben des Majors von Moltke, des Neffen des General⸗Feldmarschalls, zu⸗ gegangen, welches ich mir zu verlesen erlaube: „Euer Durchlaucht beehre ich mich ergebenst anzuzeigen, daß der Herr General-⸗-Feld= marschall Graf von Moltte gestern Abend 9 Uhr 48 Minuten durch einen Herzschlag leicht und ohne vorheriges Unwohlsein aus diesem Leben abberufen ist. Dieses Schreiben verkündet uns ein unerwartetes, tiefschmerzliches Ereigniß. Noch gestern weilte der greise Feldmarschall in unserer Mitte und nahm, anscheinend im besten Wohlsein, mit größtem Interesse an unseren Verhandlungen theil. Fast 20 Jahre ist der Verewigte der Genosse unserer Arbeiten ge= wesen, denen er mit sehr seltenen Ausnahmen pünktlich und gewissen= haft seine Theilnahme geschenkt hat. Es würde mein Können überschreiten, wenn, ich versuchen wollte, die Tugenden und Verdienste des greisen Feldmarschalls hier Ihnen vorzuführen. ich muß mich darauf beschränken, an die Ihnen allen bekannten glänzenden Erfolge, zu erinnern, die er seinem umfassenden Geiste, der Bethätigung seines Wappenspruchs: „Erst wägen, dann wagen“ verdankt. Von dem Vertrauen seiner Könige getragen, hat er in selbstloser Weise pro patria et gloria gewirkt und die Wege geebnet, auf denen es der Biplomatie möglich war, einen entsprechenden Ersatz für die Opfer an Gut und Blut zu er langen, welche das deutsche Vaterland seinerseits gebracht hat.

Meine Herren, nicht nur wir im Hause, das ganze Land, das ganze Reich hat einen großen Verlust erlitten, und ich bitte Sie, zum Andenken det Mannes, der ung entrissen wurde, von Ihren Sitzen sich zu erheben Meine Herren, ich glaube im Sinne der Versammlung zu handeln, wenn ich Ihnen vorschlage, heute in dem Gefühl und unter dem Eindruck des Hies⸗ schmerzlichen Greignisses die Sitzung auszusetzen und am nächsten Montag um 11 Uhr Sitzung zu halten. (Zustimmung)

Die heutige (I5.) Sitzung des Hauses der Ab—

, , eröffnete Präfident von Köller um 11 Uhr O0 Minuten mit folgenden Worten:

Die Sitzung ist eröffnet Meine Herren! Gestern Abend ist (die Anwesenden erheben sich von den Sitzen) in Folge eines Herzschlages der Feldmarschall Graf Moltke sanft verschieden. Bei der hohen Be= deutung, die dieser Mann für das Vaterland gehabt hat, bei; der allgemeinen Trauer, die in Deutfchland herrschen wird, denke ih mir, witd das Haus nicht geneigt sein, heute in die Berathung der auf der Tagesordnung stehenden Angelegenheiten einzutreten. Ich schlage vor, die heutige Sitzung ausfallen zu lassen und die nächste am Montag 11 Uhr mi dersel ben Tagesordnung wie heute zu halten (Justimmung). Dagegen erhebt sich kein Widerspruch; ich schließe die Sitzung.