Regent den Angehörigen des Grafen Moltke ein herzliches Beileidstelegramm. Weiter wird aus München gemeldet: In allen Schichten der Bevölkerung sowie in der gesammten Presse giebt sich die wärmste Theilnahme an dem schmerz⸗ lichen Ereigniß kund. Da der General Feldmarschall Graf Moltke Ehrenbürger von München war, wird sich eine Depu— tation Seitens der Stadt zur Leichenfeier begeben.
Nach einem neueren Telegramm hat der Prinz Regent eine achttägige Armeetrauer angeordnet. Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold ist heute früh mit dem Chef des Generalstabes der bayerischen Armee, General⸗ Lieutenant von Staudt nach Berlin abgereist und überbringt einen prachtvollen Kranz des Prinz⸗-Regenten. 3 Hof wird sich der kommandirende General des II. Armee—⸗
orps, General-Lieutenant von Parseval dem Prinzen Leopold anschließen. Der Militär-Bevollmächtigte bei der bayerischen Gesandtschaft in Berlin, Ritter von Haag ist beauftragt worden, im Namen der bayerischen Armee einen Trauerkranz auf dem Sarge Moltke's niederzulegen. ;
Seine Majestät der König von Württemberg über⸗ sandte gleichfalls auf die Todesnachricht sofort Seiner Majestät dem Kaiser ein Beileidstelegramm. Im württem⸗ bergischen Abgeordnetenhause widmete der Präsident Hohl dem Andenken Moltke's folgenden Nachruf:
Durch die deutschen Lande geht die Tranerkunde, daß General Feldmarschall Graf Moltke (das Haus erhebt sich von den Sitzen) aus dem Leben geschieden ist, — der große Heerführer, der an der Seite unseres heimgegangenen Kaisers Wilhelm und unseres heim— gegangenen Kaisers Friedrich die deutschen Heere zum Sieg führen und der Einigung unseres deutschen Vaterlandes auf den Schlacht- feldern die Wege bahnen balf; Ler dann in den folgenden schönen alücklichen Jahren auch auf dem Feld des politischen Lebens, auf dem Feld der Volksvertretung alle Zeit so treu mitschaffen haif an der Lösung der großen Aufgaben, die auf diesem Gebiet herantraten. Das Andenken des heimgegangenen großen Heerführers wird im deutschen Vaterland, im deutschen Volk fortleben für alle kommenden Zeiten!
Auch der Senat von Bremen übersandte Seiner Majestät dem Kaiser sowie dem Neffen des General-Feldmarschalls, Major von. Moltke, Beileidstelegramme. Wie aus Bremen gemeldet wird, beantwortete Seine Majestät das Beileids— telegramm mit einem Telegramm, in welchem der Allerhöchste Dank ausgesprochen wird und das mit den Worten schließt: „Ich und das ganze Reich haben einen unersetzlichen Verlust erlitten.“
Die städtische Verwaltung von Köln hat das Denkmal ihres Ehrenbürgers, des Grafen Moltke, auf dem Laure nzplatz am Sonnabend mit einem Trauerschmuck umgeben lassen. Lorbeerguirlanden umziehen den Sockel, und am Fuß des Standbildes ist ein mächtiger, florumhüllter Lorbeerkranz mit einer Schleife in den siadtkölnischen Farben niedergelegt. Die Häuser am Laurenzplatz hahen Trauerfahnen ausgehängt. Immer größer wurde im Laufe des Tages die Zahl der Häuser, deren Bewohner durch Aushängen von Trauerfahnen dem Schmerz um das Hinscheiden des großen Mannes Aus— druck gaben. Der Veteranen⸗Verein ließ durch seinen Vor⸗ sitzenden am Denkmal Moltke's einen prächtigen Lorbeerkranz niederlegen, welcher die Widmung trägt: „Seinem unvergeß— lichen Ehrenmitgliede. Der Veteranen-Verein.“
Die Stadt Memel hat die Absendung einer Deputation zu dem Leichenbegängniß ihres Ehrenbürgers und Reichstags— Abgeordneten beschlossen; die Häuser und die Schiffe im Hafen haben halbmast geflaggt; auch aus Lübeck, dessen ,, gleichfalls der General -Feldmarschall war, wird dasselbe gemeldet. .
In allen Blättern liegen warme Nachrufe vor, welche die . Verdienste des Hingeschiedenen zu würdigen Uchen.
So schreibt die Nordd. Allg. Ztg.“:
Trauernd steht die Nation an der Bahre des viel verdienten, des hoch bewunderten Mannes und bringt ihm aus vollem Herzen den Tribut der Ehrerbietung dar. Aber in das Gefühl der Trauer und der Wehmuth mischt sich das Bewußtsein, daß das, was Feld marschall Graf Moltke erstrebt und errungen und wofür er mit Einsetzung seiner letzten Kräfte gewirkt hat, von der Gesammtheit des Volkes als ein theures Vermächtniß bewahrt werden wird, an dem auch die Vergänglichkeit der Zeit nicht zu rütteln vermag. Und wenn das Vaterland sich heute erinnert, was ihm der Verewigte war, wenn die Klage der Trauer weithin durch das Land schallt, dann erhebt sich auch vor unserer Seele sein edles, ruhevolles Antlitz und lenkt Denken und Empfinden auf den Mann, dem seine eigene Zeit die unvergänglichsten Chrenkränze reichte und dessen rein menschliche Größe in der Hoheit des Charakters, in der Gottesfurcht und Milde des Wesent einen so leuchtenden Ausdruck fand.
In der ‚National⸗Zeitung“ lesen wir:
Graf Moltke bat, möchte man sagen, die Bescheidenheit seines Wesens bis in den Tod bewahrt. Dieser Zug, der für den moralischen Werth seiner Persönlichkeit der bezeichnendste ist, macht ihn unter den Menschen ur serer Zeit, welche der Ehrgeiz, die Ruhmsucht und der Größenwahn peinigt, zu einer so einzigen, alle Herzen gewinnenden Er— scheinung; dieser Zug verband ihn auf das Innigste mit seinem Kaiser Wilhelm J.: Die beiden glücklichsten und siegreichsten Männer des neunzehnten Jabrhunderts, die nie eine Schlacht verloren und nie in dem Verlauf eines langen Lebens ihre Zwecke und Ziele außer halb des Gemeinwohls gesucht, waren zugleich die bescheiwenften, an. spruchlosesten und einfachsten Aller, und wenn sie selbst auch von dem Stolz ihres Werthes und ihrer Stellung tief im Innersten erfült waren, ließen sie es niemals die Anderen fühlen und gaben dankbar und still der Vorsehung und dem Genius die Ehre ihrer unvergeß . lichen Thaten.
h J. Schluß eines Artikels der „Vossischen Zeitung“ eißt es:
Graf Moltke ist todt, aber sein Ruhm wird fortleben im Andenken der Nation, und auf den Blattern der Geschichte wird sein Name mit goldenen Leitern verzeichnet stehen, nicht nur neben den größten Feldherren, sondern auch neben den edelsten Menschen aller Zeiten. ö
In der Münchener Allgemeinen Zeitung“ lesen wir:
Veutschlands Volk und Heer trauern einmüthig an der Bahre des Mannes, mit dessen Wirken die Einigung des Vaterlandes, die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches so eng verknüpft sind. Die größten militärischen Erfolge sind mit diesem seinem Namen ver⸗ bunden, der auch in Friedenszeit keinem Werke gefehlt hat, das gut und groß war. Was sterblich an Moltke gewefen, wird im stillen Park zu Kreisau in die schlesische Erde gebettet werden, welche auch in, Gebeine bütet. Was unfterblich war, wird dem deutschen Volke er⸗ halten bleiben und fruchtbringend fortleben: die Früchte seines ruhm⸗ vollen Wirkens, seine organifatorischen Schöpfungen, sein Geist im Heere = umstrahlt von dem Glanze der glorreichsten Thaten einer unvergeßlichen Zeit!
Der „Staats-Anzeiger für n,.
Die aar der Helden aus den großen Kriegen lichtet sich. Nun weilt auch Moltke nicht mehr unter den 6 der a den en, ist nach Walhalla eingegangen, still und fanft, ohne Schmer; und Leiden. Der letzte Tag war ihm noch ein Tag der Krbeit und Pflichterfüllung. So, war eg geschrieben; vorbildlich mußte auch dieses gottbegnadeten Lebens Schluß sein. Nach vollendetem Tagwerk
Württemberg“
hat der Allmächtige dieses auserwählte Rüstzeug seines Willens zur ewigen Ruhe abberufen. Beim Hingang eines solchen Helden, der seines Gleichen in der Welt nicht findet, dem sich schon längst zur Zeit seines Erdenwallens die Pforten der Unsterblichkeit aufgeshan haben, wird bei den Üeberlebenden der Schmerz über den Verlust durch andere Gefühle überwogen: das Sterb liche ist gewissermaßen schon abgestreift, über dem Todten breitet sich schon der Schimmer der Verklärung. Darum überwiegt in uns das Gefühl des Dankes, daß dem deutschen Vaterland ein so einzigartiger Mann zur richtigen Zeit geschenkt war; es überwiegt das Gefühl der innigsten Verehrung, der wärmsten Bewunderung, die das ganze deutsche Volk diesem großen Mann darhringt, jetzt und immerdar. Aber auch außerhalb der Grenzen Deutschlands ist die Trauer um das Dahinscheiden des großen Mannes eine all— gemeine und aufrichtige. So wird aus Wien gemeldet:
Seine Majestät der Kai ser Franz Joseyph entsandte anläßlich des ihm durch Seine Majestät den Kaiser Wilhelm telegraphisch angezeigten Hinscheidens des Grafen Moltke sofort den General-Adjutanten Grafen Paar an den deutschen Bot— schafter Prinzen Reuß, um sein innigstes Beileid an dem schmerzlichen Ereigniß aussprechen zu ire Zur Leichenfeier hat sich der Felozeugmeister Freiherr von Beck, sowie eine Depu⸗ talion des Infanterie⸗Regiments, dessen Chef der General— . Graf von Moltke war, nach Berlin begeben; sie
esteht aus dem Regiments-Kommandeur, je einem Stabs⸗ offizier, Hauptmann und Subalternoffizier. Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky hat telegraphisch dem Reichskanzler General von Caprivi und der Familie des Verewigten sein Beileid ausgesprochen.
Sämmtliche Wiener Blätter widmen dem Dahingeschiedenen warme sympathische Nachrufe. Die „Wiener Abendpost“ leitet die Meldung vom Ableben des General-Feldmarschalls Grafen Moltke mit folgenden Worten ein: „Das deutsche Reich verlor seinen berühmtesten und verdientesten Heerführer“, und giebt sodann eine ausführliche Biographie des Verstorbenen. Das Wiener „Fremdenblatt“ betont, Moltke's Genius werde neidlos von Allen gewürdigt; auch Oesterreich habe ihn achten und bewundern gelernt. Molike war als siegreicher Feldherr einzig; er serzog und bildete das Heer zum Siegen, genoß das Glück im patriarchalischen Alter, die Früchte der militärischen Arbeit und die Segnungen des durch dieselbe gesicherten Friedens zu sehen; er hinterläßt eine in seinem Geiste erzogene und gestaltete Armee. — Die Wiener „Presse“ bemerkt: Moltke's Hin⸗ scheiden sei ein schwerer Verlust auch für den deutschen Kaiser, an dessen Seite er als getreuer Eckart stand. Sein Ehren⸗— schild erstrahle in ungetrübtem Glanze. Auch dort, wo er Wunden geschlagen, werde ein ungetrübtes und versöhntes Andenken an seine ritterliche, mit allen menschlichen Tugenden gezierte Person bewahrt werden. Das Blatt hebt besonders die unwandelbare Treue für Kaiser und Vater— land, die imponirende Pflichterfüllung sowie die Bescheiden⸗ heit und sittliche Reinheit des ,, hervor. — Die „Neue Freie Presse“ bezeichnet Moltke als den Stolz und die Freude der ganzen Menschheit; ihn liebten die Seinigen, die Besiegten haßten ihn nicht; er sei nur vergleichbar mit Marc Aurel, der ein Kriegsheld, Menschen⸗ freund und Philosoph gewesen. Alsdann hebt das Blatt die weise Selbstbeschränkung Moltke's und den Mangel an leiden⸗ schaftlicher Begierde nach Macht hervor; sein Tod erwecke Trauer in der ganzen Welt. — die „Deutsche Zeitung“ nennt Moltke den Lehrmeister des deutschen Volks und mittelbar den Lehr— meister aller Nationen darin, die Armee nicht bloß als Werkzeug des Krieges, sondern als Schule des Volks anzus ehen. — Das „Neue Wiener Tageblatt“ bezeichnet die Kriegstüchtigkeit der deutschen Nation als Vermächtniß Moltke's.
Auch die Pester Abendblätter widmen dem Grafen Moltke äußerst sympathische Nachrufe. Der „Nemzet'“ sagt:
Das Genie Moltke's hat auch unsere heldenmüthigen Schaaren be⸗ siegt, dies hat uns aber nie daran gehindert, daß wir seiner außer ordentlichen Individualität unbedingte Verehrung entgegenbringen, und jetzt, nach seinem Tode, da wir mit der aufrichtigsten Theilnahme an seiner Bahre stehen, nehmen wir in vollem Maße an der Trauer der deutschen Nation theil, unser Herz füblt den bittern Schmerz des Verlustes, und wir tragen das ganze Gewicht des Schicksalsschlages.“
Von den Londoner Blättern führen wir zunächst an, was der „Evening Standard“ sagt:
»In der Fülle seiner Jahre, überreich an Ehren, ist der Held friedlich zur Ruhe eingegangen. Hatte die Welt auch ältere Soldaten und ältere Staatsmänner, fo hat sie doch Niemanden, welcher so wie er von den Völkern aller Linder geliebt und verehrt wurde. Graf Moltke hat seine irdische Aufgabe erfüllt. Die dentsche Armee ist so schlagfertig, wie keine Armee zuvor — nicht einmal in der großen Zeit Roms, und ihr Generalstab, der Gegenstand der besonderen Mühen Moltke's, hat nicht seines Gleichen in Europa.“
Die „Pall Mall Gazette“ findet es bemerkenswerth, daß ein so vollkommenes Leben so sanft endete. Wäre Moltke nicht der größte der Feldherren, so wäre er einer der hervorragendsten Echriftsielle der Neu⸗ zeit gewesen. — Der „Globe“ bemerkt: Moltke konnte wie Kaiser Wilhelm auf die patriotischen Früchte eines langen Lebens voller Anstrengungen zurückblicken; man könne von jeder seiner Leistungen sagen, daß sie ein gut verrichtetes Werk war. Und in der „St. James Gazette“ heißt es:
„Marschall Moltke nimmt eine Sonderstellung ein, da er als Feldherr unter seinen Zeitgenossen nicht seines Gleichen hatte. Die nachhaltigste Lehre, welche er den Völkern Europas gegeben, ist viel leicht die, daß diejenigen, welche das große Kriegsspiel zu spielen an fangen wollen, die Karte in ihrer Hand halten müssen Bie Kriege von 1865 und 1870 haben bewiesen, wie verhängnißvoll es heute für eine Nation ist, wenn sie sich von ihren Nachbarn in der Stärke und Zahl ihrer Truppen überflügeln läßt. Moltke, Roon und dem Kaiser ist es zu danken, daß Preußen bei Ausbruch der Kriege von 1866 wie 1870 eine schlagfertige, seinen Gegnern überlegene Armee besaß.“
Auch die französische Presse würdigt die Verdienste des großen Mannes. Die meisten Pariser Blätter heben das Feldherrngenie Moltke's hervor. Der „Temps“ sagt, Nolte war bereits eine Gestalt der Legende, ein nationaler Heros, der als lebendes Band zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart diente. Das allein schon verlieh ihm eine unermeßliche Bedeutung, und Deutschland wird den Verlust dieses Veteranen tief empfinden, welchem die Un⸗ sterblichkeit zu Theil geworden schien, damit er über das Schicksal seines Werkes wache. Frankreich wird diesen Todten mit Achtung grüßen, dessen Genie für Frankreich unheilvoll war; aber Frankreich, wenngleich es noch die nicht vernarbten Wunden fühle, verstehe die Höhe des Talents und die Ein—⸗ fachheit des Charakters 36. Kriegsmannes zu würdigen. — Das „Journal des Dabats“ schreibt: Eine der berühmtesten Gestalten ist vom Schauplatz abgetreten. Die Erinnerung an das, was Moltke uns gethan, wird uns nicht hindern, den seltenen Talenten, der unermüdlichen Thätigkeit, Schlichtheit und Bescheidenheit dieses großen Feindes unferes Landes eine unparteiische Huldigung darzubringen.
nirte Anlagekapital
Wie aus St. Petersburg gemeldet wird, werden sich ur Beisetzung des General-Feldmarschalls Grafen von Moltke r,, der Inhaber des Andreas Ordens, der General⸗ stabs⸗Akademie und des Infanterie⸗Regiments Nr. 69 nach Berlin begeben. — Das „Journal de St. Pétersbourg“ veröffentlicht einen sehr sympathischen Nachruf an den ver⸗ storbenen General-Feldmarschall Grafen von Moltke, in welchem es sagt: „Der Feldmarschall starb, überschüttet von den Zeugnissen der Dankbarkeit Seitens seiner Souveräne und« umgeben von der erkenntlichen Verehrung des gesammten deulschen Volks; die deutsche Armee insbesondere wird Trauer tragen um ihren großen Strategen, den „Schlachtendenker“, dessen Genie so sehr dazu beitrug, sie von Sieg zu Sieg zu führen.“ Auch alle anderen Zeitungen enthalten von Achtung erfüllte Nachrufe an den verewigten General⸗Feldmarschall.
Aus Rom, 26. April, wird gemeldet: Seine Majestät der König ließ anläßlich des Todes des Feldmarschalls Grafen von Moltke durch den Ersten General-Adjutanten dem deutschen Botschafter, Grafen Solms, sein Beileid aus⸗ sprechen. Bei der Beisetzungsfeier wird sich der König, da der
erstorbene Ritter des Annunziaten⸗Ordens war, durch den italienischen Botschafter in Berlin, Grafen de Launay, ver— treten lassen. .
Aus Konstantinopel, 26. April, wirs gemeldet: Der Sultan sandte, nachdem er durch den deutschen Botschafter von Radowitz von dem Hinscheiden des General⸗Feldmarschalls Grafen von Moltke in Kenntniß gesetzt worden war, ein in den wärmsten Ausdrücken abgefaßtes Beileidstelegramm an Seine Majestät den Kaiser Wilhelm, in welchem der großen Dienste gedacht wird, die der verewigte General-Feldmarschall der Türkei geleistet habe. . ⸗
Auch die griechischen Journale in Athen feiern fast allesammt den Verstorbenen in sympathischen Nachrufen.
Aus den über die gegenwärtigen Theilausstände im rheinisch-westfälischen Kohlenrevier erstatteten Be⸗ richten hat sich die bedauerliche Thatsache ergeben, daß die ausständigen Bergleute die Arbeit ohne Kündigung, sogar ohne Angabe von Gründen eingestellt haben, also auch jetzt wieder in derselben ungesetzlichen Weise zum Ausstand geschritten sind, wie bei dem Ausstund im Mai 1889.
In Folge dessen sind die betheiligten Behörden der all— gemeinen und der Bergverwaltung im Auftrage der Minister für Handel und Gewerbe und des Innern durch die Ober⸗ Präsidenten von Rheinland und Westfalen angewiesen worden, den unter Kontraktbruch ausständigen Bergleuten ihre Vermitte⸗ lung im Falle der Anrufung zu versagen.
Vor einigen Tagen ist zu Leipzig im Selbstverlage des Verfassers ein Buch in zwei Bänden erschienen, betitelt Eine j.üdisch⸗deutsche Gesandtschaft und ihre Helfer von Karl Paasch . Zt. in Minden?“. Dieses Buch ist nach Angabe des Ver— faff z den deutschen Bundesfürsten, dem Bundesrath sowie sämmtlichen parlamentarischen Vertretungen in Deutschland zugeschickt worden. Dasselbe enthält zahllose verleumderische Beleidigungen des Auswärtigen Amts und seiner r mten sowie derjenigen der Kaiserlichen Gesandtschaft in
eking.
Wenngleich der Jahalt der Schrift den Eindruck erweckt, daß der Verfasser sich in einem bedauerlich krankhaften Zu⸗ stande befindet, so ist doch, um die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die gedachte Veröffentlichung der ge— richtlichen Würdigung zu unterbreiten, der zur strafgericht⸗ lichen Verfolgung der vorliegenden Beleidigungen gesetzlich erforderliche Strafantrag von dem Staatssekcetär des Aus⸗ wärtigen Amts gestellt worden.
Das Deutsch-Ostafrikanische Schutzgebiet ist vom 1. April ab dem Weltpost verein beigetreten.
Nachdem bereits bisher die innerhalb dieses Schutzgebiets bestehenden Kaiserlich Deumschen Postagenturen in Bagamoyo und Darzes-Salaam an dem Austausch von Briefsendungen jeder Art unter den Bedingungen des Weltpostvereins theil— genommen haben, finden nunmehr auf den Briefverkehr mit dem gesammten Schutzgebiet allgemein die Vereinsportosätze Anwendung. ;
Die im Reichs-Eisenbahnamt i, n, in der Ersten bezw. Zweiten Beilage i , ummer des „Reichs- und Staats⸗-Anzeigers“ veröffentlichte Uebersicht ber Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat März d. J. ergiebt für die 67 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betrieb waren und zur Vergleichung ge⸗ zogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebs länge von 56 471,42 km, Folgendes: Im März d. J. war die Ein⸗ nahme aus allen , auf ein Kilometer Betriebslänge bei 54 Bahnen mit zusammen 32 142,44 km höher und bei 13 Bahnen mit zusammen 4328,96 km (darunter 2 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende März d. J. war dieselbe auf ein Kilometer Betriebslänge bei 49 Bahnen mit . 28 182,12 Em höher und bei 18 Bahnen mit zusammen. S288, 10 km (darunter 4 Bahnen mit vermehrter Betriebs— länge) geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung steh enden Privat— bahnen, ausschließlich der vom Staat für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende März d. J. das ge—⸗ sammte konzessionirte Anlagekapital 22 859 go) MS (5 405 000 6 Stammaktien, 2 454 900 6 Prioritäts⸗Stamm- aktien und 5 000 0900 4. Prioritäts - Obligationen) und die Läng e derjenigen Strecken, für welche das Kapital bestimmt. ist, 118,83 km, sodaß auf je 1 km 192375 MM entfallen. Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat⸗ bahnen betrug Ende März d. 3 das gesammte . io⸗
508 l7 829 M6 (2654 121 0. Stammaktien, 71 507 009 S6. Prioritäts⸗Stammaktien und 182 389 329 M Prioritäts⸗Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dies Kapital bestimmt ist, 2957, 9g km, sodaß auf je 1 Em 172 913 entfallen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische Ober⸗Finanz⸗Rath von Fischer ist hier an⸗ gekommen.
An Stelle des verstorbenen Geheimen Ob er-Justiz-Raths Freiherrn von Wilmowski ist der vortragende Rath im Justiz⸗ Ministerium, Geheime Justiz⸗Rath Dr. Holtgreven zum Mitgliede des Disziplinarhofes für die nicht richterlichen Be⸗ amten ernannt worden.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 2), enthaltend Entschei⸗ dungen des Reichsgerichts, beigefügt.
S. M. Kanonenboot „Hyäne“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Plachte, hat am 25. April Bissao verlassen.
S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kapitän— Lieutenant Graf von Moltke JL, ist am 25. April in Athen eingetroffen und beabsichtigt, am 27. April nach Syra in See zu gehen.
Danzig, 25. April. Der heutigen Leichenfe ier am Sarge des verstorbenen Ober-Präsidenten von Leipziger wohnte laut Meldung des „W. T. B.“ auch der Minister des Innern Herrfurth bei. Die Leiche wird per Bahn nach Niemegk befördert und dort in der Familiengruft beigesetzt werden. Der Minister Herrfurth reiste Abends wieder nach Berlin zurück.
Bayern.
München, 27. April. Der feierliche Ein zug des neuvermählten Prinzlichen Paares des Prinzen Alfons von Bayern und der Prinzessin Louise von Alengon, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ wegen der am Dienstag statt⸗ findenden Leichenfeier für den General-Feldmarschall Grafen von Moltke auf Mittwoch verschoben worden.
Württemberg.
Stuttgart, 25. April. Seine Majestät der König hat — wie der „St. A. f. W.“ erfährt — heute Seiner König⸗ lichen Hoheit dem Großherzog von Baden aus Anlaß dessen 50jährigen Dienstjubiläums das in Straßburg garni— nn 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 verliehen.
Baden.
Karlsruhe, 26. April. Die Feier des Militär— Jubiläums Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs wurde, da auf Höchsten Befehl die in Aussicht genommenen Paraden wegen des Ablebens des General-Feldmarschalls Grafen von Moltke unterblieben, in allen Garni— 6 des Landes durch Militärgottesdienst, Ansprachen an
ie Mannschaften und kameradschaftliche Veranstaltungen der Kriegervereine begangen. Seine Königliche Hoheit der Großherzog brachte den Tag im Kreise des Erbgroßherzog⸗ lichen Ehepaares zu und nahm die Glückwünsche der Mit⸗ glieder des Großherzoglichen Hauses und der Generalität ent— gegen. — Alle Zeitungen bringen Artikel, in denen die militärische Thätigkeit des Großherzogs im Zusammenhang mit seinen nationalen Bestrebungen gewürdigt wird. Aus Brindisi ist, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, die Nach—= richt von der vorgestern gluͤcklich erfolgten Ankunft Ihrer Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kron— prinzessin von Schweden und Norwegen an die Großherzoglichen Herrschaften gelangt. Die Ueber— fahrt von Alexandria nach Brindisi war sehr stürmisch und bewirkte die Erkrankung aller hohen Reisenden. Die Weiter⸗ reise nach Sorrento erfolgte noch am nämlichen Tage.
Das genannte Blatt verbffentlicht ferner einen aus⸗ führlichen authentischen Bericht, nach welchem es zweifellos erscheint, daß die plötzliche Lähmung des seit langer i kranken Herzens als die nächste Ursache des Todes der
reßfürstin Olga zu betrachten sei. Die Sektion habe ergeben, daß die Veränderungen des Herzens viel weiter vor— geschritten waren, als bei Lebzeiten vermuthet wurde.
Mecklenburg⸗ Schwerin.
Schwerin, 25. April. Das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs ist, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, nach den von dort eingegangenen Nachrichten ein sehr gutes.
Elsasz⸗Lothringen.
Straßburg, 25. April. Die Eröffnung des Hoch—⸗ wasserkanals bei Erstein, welcher Straßburg gegen die Ueberschwemmung durch den Ill schützen soll, fand, wie „W. T. B.“ berichtet, heute in Gegenwart des Statt— halters Fürsten von Hohenlohe, der Mit— glieder der Regierung, des Landesausschusses und des Straßburger Gemeinderaths statt. Nachdem der Unter⸗ Staatssekretär von Schraut eine Ansprache gehalten hatte, erfolgte durch den Statthalter Fürsten von Hohenlohe die Grund⸗ steinlegung zu einem Gedenkstein. Hierauf folgte eine Dampferfahrt den Rhein abwärts bis Straßburg bei Rhein⸗ lust. In Rheinlust wurde ein Festessen eingenommen, bei welchem Fürst von Hohenlohe ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser ausbrachte. Der Präsident des Landesausschusses r. Schlumberger toastete auf das Wohl des Statthalters Fürsten von Hohenlohe.
Dentsche Kolonien.
Nach einer Meldung des R. B.“ aus San sibar vom 25. d. ist der Major von Wissmann am Sonnabend von dort nach Europa abgereist.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Wien, 27. April. Vorgestern Vormittag fand auf dem Schmelzer Exerzierfelde die Frühjahrs-Parade vor Seiner Majestät dem Kaiser statt. Anwesend waren mehrere . i und Erzherzoginnen, der Kriegs-Minister, die Genera
abs⸗Chefs und der deutsche Botschafter Prinz Reuß. Das Publikum bereitete dem Kaiser einen enthusiastischen Empfang.
Der Kaiser genehmigte die Errichtung einer Militär⸗ Pulverfabrik in Blum au (Niederösterreich) vom J. Mai ab.
Auf den Vorschlag detz Ministerpräsidenten Grafen Szapary, beschloß das ungarische Unterhaus, keine
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meritorischen Sitzungen abzuhalten, bevor der Verwaltungs⸗ ausschuß den Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Reorganisation der Komitats verwaltung, vorgelegt hat. Ferner stellte Graf Szapary die Einbringung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Frage der Gerichtobarkeit in Bezug auf an⸗ gefochtene Deputirtenwahlen, in Aussicht.
Großꝛbritannien und Irland.
Die amtliche „London Gazette“ vom 24. d. M. veröffent⸗ licht das Mandat der Königlichen Kommission über Arbeitsfragen“. Die Kommissare sollen die r a muff zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern untersuchen, ebenfo die Kombinationen Beider und die Lage der Arbeiter, wie sie
die neulichen gewerklichen Streitigkeiten gezeigt haben; ferner sollen sie darüber berichten, ob die Gesetzgebung mit Erfolg einige der sich kundgebenden Uebel abstellen könne, und sollte dies der Fall sein, in welcher Weise.
Die Budgetrede des Kanzlers der Schatzkammer Go schen hat bei der Presse eine sehr getheilte Aufnahme ge— funden, und sein Plan, den Ueberschuß zur Einführung des unentgeltlichen Volksschulunterrichts zu verwenden, stößt selbst im konservativen Lager auf lebhaften Widerspruch, der sich in den hauptstädtischen Blättern mehrfach äußerte. Die konservative Presse der Provinz dagegen steht dem Plane der Regierung nicht so feindlich gegenüber. Der konservative „Manchester Courier“ schreibt: „Die Freunde der Privatschulen können sich überzeugt halten, daß ein so treuer Vorkämpfer des Religionsunterrichts, wie Lord Salisbury, niemals dulden wird, daß die Interessen der Kirchenschulen geschädigt werden. Die Reform ist gut und wird schließlich als eine weise Maßregel anerkannt werden.“ Der konservative „Liverpool Courier“ weist darauf hin, daß das Experiment mit der freien Volksschule in Schottland bereits versucht worden ist. Bis jetzt habe es sich nicht übel bewährt. Der Versuch sei allerdings von weitreichenden Folgen begleitet. Die Abschaffung des Schulgeldes bedeute die Uebertragung einer Elternpflicht auf den Staat. Man sollte auch nicht ver— gessen, daß eine große Menge Eltern für die Erziehung der Kinder anderer Leute zahlen müsse. Die Bewegung habe indessen ein Stadium erreicht, wo es kein Rückwärts mehr gebe.
Ueber den englisch-portugiesischen Zwist bringt der „Standard“ folgende Mittheilung:
„Der peinliche Zwischenfall in Beira ist, wie wir zu unserer Be⸗ friedigung vernehmen, in einer Weise beigelegt worden, welche nicht allein die Wiederkehr derartiger Vorkommnisse in Zukunft auszu⸗ schließen verspricht, sondern auch schonende Rücksicht auf die leicht entflammte Erregbarkeit des portugiesischen Volkes nimmt. Die Ausschmückungen, welche die französische Presse dem Vorfall gegeben, fordern eher eine literarische als politische Kritik heraus. Der portugiesischen Regierung ist kein Ultimatum gestellt worden, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ein solcher Schritt nicht nothwendig war. Offene Thüren einzubrechen, ist nicht Sitte des britischen Auswärtigen Amtes. Ob die Angestellten der britischen Gesellschaft in Massi Kesse Territorialhoheirsrechte aus⸗ üben, ist noch nicht festgestellt. Selbst wenn sie den Platz mit Gewalt behaupten sollten, so liegt doch noch kein Grund vor, weshalb ein portugiesischer Gouverneur hinsichtlich des Schiffahrtsrechtes die Vor⸗ schriften des modus vivendi bei Seite setzen sollte Hat von englischer Seite ein Vertragsbruch stattgefunden, so wird derselbe in vor— schriftsmäßiger Weise untersucht werden. Nach demfelben Prinzip sind auch die portugiesischen Behörden gezwungen, für jede in ihrem Namen an Engländern verübte Vergewaltigung Genugthunng zu geben. Die Wahrheit über die letzten Vorkommnssse muß jedoch erst fest⸗ gestellt werden, und Lord Salisbury hat Recht, wenn er vor dem Eintreffen weiterer zuverlässiger Nachrichten keinen formellen Antrag auf Genugthuung stellt. Das wichtigste Erforderniß war, dem ge= . Ablommen sofortige Gültigkeit zu verschaffen und dies ist geschehen.
Lord Randolph Churchill verließ am Freitag Morgen,
begleitet von Dr. Rayner, Kapitän Williamson und Hrn. Perkins London, um eine Reise nach Afrika anzutreten. Lord Churchill will sic aus eigenem Augenschein davon überzeugen, ob die neuen britischen Gebiete in Süd⸗A Afrika sich zur Kolonisation für Weiße eignen, und wird dem „Daily Graphic“ zwanzig Reiseberichte schreiben. Der Frische Pächterschutz⸗Ausschuß hielt am Freitag in dem Berathungszimmer des Unterhaufes eine Sitzung. Justin MeCarthy theilte mit, af er keine Antwort von Parnell erhalten habe auf seinen Vorschlag, den in Paris liegenden Fonds zum Besten der ausgewiesenen Pächter zu verwenden. Der Ausschuß beschloß, die Summe von 4060 Pfd. Sterl., welche sich gegenwärtig in den Händen des Irischen Pächterschutz Vereins befindet, sofort zum Besten der ausgewiesenen Pächter zu verwenden. Wie dem „Leeds Mercury“ berichtet wird, beabsichtigt der irische Abg. Michael Davitt nach Californien zu reisen.
Das kriegsgerichtliche Urtheil über die Batterie, welche am Sonnabend, 18. April, in oört Grange (Gosport)z den Gehorsam verweigerte, lautet auf 2 Jahre Zuchthaus sür die ältesten Soldaten eines jeden Geschützes, welche für die Meuterei zur Strafe herangezogen werden. Der Herzog von Connaught hat als Befehlshaber des südlichen Militär⸗ distrikts das Urtheil des Kriegsgerichts bestätigt und sich ge— weigert, das Urtheil zu mildern.
Aus St. Johns in Neufundland vom 23. April meldet das „Bureau Reuter“:
Nicht weniger als 70 mit Heringsköder beladene Fischer⸗ chooner brachen heute die über St. Pierre verbängte Bloka de. Die zur Durchführung des Ködergesetzes in der Bucht stationirten Kreuzer verfolgten die schnellen kleinen Fahrzeuge, aber ohne Erfolg. Die Namen saͤmmtlicher Schooner sind jedoch bekannt und der Ueber⸗ treter des Gesetzes harrt eine strenge Sirafe
Ueber die Ezp edition in Indien liegen folgende Telegramme des „R. B.“ vor:
Maithipham, 22. April. Die Kohima-⸗Kolonne hat beute die Grenze überschritten. Den Truppen stellte sich bisher kein Widerstand entgegen. Der hiesige Ort wurde von den Manipuris geräumt. Die Telegraphenleisung bis hier ist wiederhergestellt worden. Es heißt, daß sich noch 63 Gefangene bei dem Maharadscha befinden. Die Truppen entdeckten heute auf ihrem Marsch die kopf⸗ losen Leichname dreier Flüchtlinge.
Sim la, 23. April. Der Bericht eines hier eingetroffenen Kund—⸗ schafters bestätigt die Nachricht von der vollständigen Niederlage des Stammes der Orakzaid am 20. d. M. Der Feind, welcher keine Unterstützung von anderen Stämmen hatte, mußte 300 Todte und Verwundete auf dem Schlachtfelde zurücklassen. Iwei Stämme, welche den Ausgang des Kampfes abgewartet hatten, um nach dem“ selben ihren Enischluß zu treffen, zogen sich nach der Niederlage der Eingeborenen hastig zurück.
Italien.
In der Deputirtenkam mer erklärte der Minister des Innern Nicotera auf eine Interpellation in der Sitzung vom Sonnabend; Die betreffs der Explosion
vom 25. d. M. angestellten Unter 1 berech⸗ tigten keineswegs zu der Annahme, daß das Ungluck
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nicht durch eine zufällige Ursache veranlaßt worden sei. Die Ermittelungen würden fortgesetzt werden; er gebe sich der Hoffnung hin, daß durch dieselben jede verbrecherische Ursache als völlig ausgeschlossen erscheinen würde. Der Kriegs ⸗Minister Pelloux bestätigte die Erklärungen Nicotera's. Der Interpellant Agnini sprach seine Be⸗ friedigung über die ministeriellen E klärungen aus und er⸗ klärte, er hoffe, daß dieselben alle für die Arbeiterpartei beleidigenden Gerüchte und Zweifel, die vielleicht Anlaß zu ungesetzlichen Maßregeln der Regierung gegen die am
Mai beabsichtigten Kundgebungen hätten geben können, beseitigen würden. Der Minister Nicotera er— widerte: Die Regierung werde ihr Möglichstes thun, um die Leiden der Arbeiter zu lindern, sie werde aber Denjenigen Widerstand listen, welche die Gesellschaft beunruhigen und die bestehenden Einrichtungen umstürzen wollten. Man möge wissen, daß die Regierung sich nie in Verhandlungen mit solchen Arbeitern einlassen werde. Die gleichen Erklä⸗ tungen gab der Minister auf bezügliche Anfragen im Senat ab.
Die Präfekten haben den Erlaß des Ministers des Innern, betreffend das Verbot der Arbeiterumzüge am J. Mai, bereits am Sonnabend veröffentlicht.
Der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini erklärte in der Kammer in Beantwortung einer Anfrage Imbriani's: Die italienischen Zollaufseher, die vor einiger Zeit einen österreichischen Deserteur den österreichischen Behörden in gutem Glauben ausgeliefert hätten, seien zur Disziplinar⸗Untersuchung gezogen worden. Der Deserteur sei von den österreichischen Behörden an Italien wieder ausgeliefert und die österreichischen Zollaufseher seien bestraft worden. Der Abgeordnete Imbriani erklärte sich durch die Antwort des Minister-Präsidenten befriedigt.
Der König unterzeichnete gestern ein Dekret, durch welches die Zahlungen der Zölle mit den Coupons der 5proz. Rente gestattet wird.
Der „Osservatore Romano“ bezeichnet das Befinden des Papstes, trotz der in Folge der Pulverexplosion hervorgerufenen Aufregung, als ein sehr gutes; der Papst sei nur betrübt, daß er den Opfern der Katastrophe nicht nach Wunsch helfen könne. Dem „Capitan Fracassa“ zufolge hat der Kardinalvikar Parocchi im Auftrage des Papstes den schwer verletzten Kapitän Spaccamela und die übrigen Ver— wundeten besucht. Auch die Königin besuchte die im Hospital untergebrachten Verwundeten.
Der Kriegs⸗-⸗Minister ernannte eine Kommission zur Prüfung der Frage der Pulvermagazine und ordnete die Untersuchung aller Pulvermagazine des Landes an.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (109.) Sitzung des Reichstages, welcher der Reichskanzler von Caprivi und der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn beiwohnten, theilte der Präsident zunächst den Eingang der am 1. Juni v. J. zu Fez abgeschlossenen Handelskonvention zwischen dem Reiche und Ma— rokko mit.
Auf der Tagesordnung stand als einziger Gegenstand die zweite Berathung des Entwurf eines Gesetzes, die Be st eue⸗ rung des Zuckers betreffend, auf Grund mündlichen Berichts der XIII. Kommission.
Die Kommission beantragt, den Gesetzentwurf in allen seinen Theilen abzulehnen.
Staatssekretär Freiherr von Maltzahn wies zunächst darauf hin, daß die verbündeten Regierungen die Verant— wortung von sich ablehnen müßten, Falls die Vorlage im Reichstage nicht zu Stande kommen sollte. Von dem Beschluß des Reichstages werde das Schicksal der ganzen Zuckerproduktion abhängen. Der Staatssekretär erachtete es deshalb für seine Pflicht, dem Reichstage nochmals recht dringend diejenigen Gründe ans Herz zu legen, welche die verbündeten Regierungen zur Einbringung dieser Vorlage bestimmt haben. In erster Linie stehen die finan— ziellen Gründe; die Rübensteuer habe bisher eine stetige Tendenz zum Sinken gehabt. Die Mehrzahl der Kommissions— mitglieder wäre auch im Prinzip damit einver— standen gewesen, daß mit der bisherigen Form der Zucker besteuerung gebrochen werden müsse, man habe sich aber nicht einigen können über die eventuelle Aufhebung der Zucker⸗ prämien. Während die Einen glaubten, daß man ohne Ueber gang in das neue System eintreten könnte, wäre die Mehrheit der Meinung gewesen, daß die Vorlage in die Interessen der zur Zeit blühenden Zuckerindustrie allzu schädigend eingreife. Durch die Entziehung der Zucker— prämien, hieße es, würde die deutsche Zuckerindustrie schutzlos der Konkurrenz des Auslandes preisgegeben werden und muͤßte auf den Export nach dem Auslande verzichten. Dem gegenüber müsse betont werden, daß es nicht im allgemeinen Interesse liege das Anwachsen der deutschen Zuckerindustrie durch Zuschüfsfe aus öffentlichen Mitteln zu begünstigen. Zweifellos habe sich die Zuckerproduktion gesteigert im umgekehrten Verhältniß zur Vermehrung des Zuckerkonsums. Je mehr sich dies steigere, um so mehr wachse die Gefahr eines allgemeinen Krachs für die deutsche Zuckerindustrie. Die Höhe der . habe sich von Jahr zu Jahr gesteigert. In Ganzen betrage die Zuckerprämie von 1877718 bis jetzt über A3 Millionen, und es sei nicht zu bestreiten, daß aus den Mitteln der deutschen Steuerzahler diese Summe bezahlt werde, wenn auch ein Theil dieser Prämie von erheblichem finanziellen Vortheil für die Produktion gewesen sei. Kein Staat könne auf die Dauer solche Zuschüsse gewähren, wenn die finanziellen Bedürfnisse des Staats stiegen. Die deutsche Zuckerindustrie nehme zur Zeit auf dem Weltmarkt den ersten Platz ein, und es sei zu hoffen, daß die Noth der Konkurrenz die anderen Staaten zwingen werde, sich freiwillig mit Deutschland zur Aufhebung der n, , zu verbinden, nachdem die internationale
onferenz leider gescheitert sei. Die Zuckerprämie schon jetzt ganz
zu beseitigen, könnten . die verbündeten Regierungen
nicht für richtig halten. Deshalb müßten sie im Interesse der deutschen Zuckerindustrie dringend bitten, an der von ihnen vorgeschlagenen Uebergangsperiode festzuhalten und jedenfalls darüber eine Verständigung zu versuchen.
Abg. Fürst Hatzfeldt erklärte, daß seine Fraktion in eine Abschaffung der Materialsteuer willigen würde unter der Voraussetzung, daß darunter die Landwirthschaft nicht zu leiden hätte. Dies würde aber der Fall sein, wenn man die Zucker⸗ prämien ganz abschaffen wollte. Er könne dies um so weniger