1891 / 99 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Batterien des 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗ Regiments. Die Kavallerie, von jedem Regiment eine Schwadron, hatte fich in der Verlängerung der Moltkestraße, mit der Front nach der Siegessäule aufgestellt. Zur Spalierbildung waren die Berliner Garde Infanterie⸗ und Kavallerie Regimenter, diese zu Fuß befohlen. Das Eisenbahn⸗Regiment, Garde -Pionier⸗ Bataillon und das Kadetten⸗Corps Groß-⸗Lich'erfelde bildeten Spalier um die Siegessäule, in der Alsenstraße und am Kronprinzen Ufer.

Kurz vor elf Uhr erschienen im geschlossenen Wagen Ihre Majestät die Kaiserin mit den beiden ältesten Söhnen und Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich. Gleich darauf fuhr Seine Majestät der Kaiser in Begleitung Seiner Majestät des Königs von Sachsen vor. Seine Majestät der Kaiser betrat den Trauersaal, begrüßte die Familie und nahm zu Füßen des Sarges inmitten der Fuͤrften Aufstellung. Darauf begann die Feier mit der Neidt⸗ hardt'schen Motette Selig sind die Todten“. Dann nahm der Feldpropst Richter das Wort zur Verlesung des 90. Psalms. Die Trauerrede hatte folgenden Wortlaut:

„Aus des alten Feldmarschalls alter Bibel, in Ler er täglich ge⸗ lesen, haben wir soeben die Worte aus dem alten Moses⸗Psalm ver⸗ nommen, aus dem 90. Psalm, als ein Zeugniß über den 90 jährigen, daß sein Leben köstlich war, weil es Muhe und Arbeit gewesen, und daß sein Sterben köstlich war, weil er stets bereit war zu sterben und das Gebet sich oft hat durch die Seele gehen sassen „Herr, lebre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden?“. Nun hat der Herr sein Gebet in Gnaden erhört, nun ist er gestorben, so wie er es sich gewünscht hat, nun soll er noch einmal im Tode zu uns reden gleich wie Moses, der Psalmensänger, der Patriarch seines Volkes, der Prophet, der Führer der Seinen ihnen noch einmal im Tode gepredigt hat. Moses war 120 Jahre, als er starb, feine Augen waren nicht dunkel geworden und seine Kraft war nicht verfallen. Auch hier stehen wir an der Bahre eines Pa— triarchen unseres Volks, eines Propheten einer neuen Zeit, eines Führers durch schwere Zeit zu des Reiches Herrlichkeit. Mit den

einen, denen in dem Verewigten das ehrwürdige Haupt ge nommen ist, weint um ihn ganz Europa, das neidlos dem großen Todten seine Huldigungen darbringt, und an der Spitze steht unser Kaiser als erster Leidtragender, der Kaiser, der nicht bloß den treuesten Diener, der, wie er es selber gesagt, eine Armee mit ihm verloren hat, und mit dem Kaiser die deutschen Fürs⸗e, die deutsche Armee, die deutsche Nation ohne Unter schied der Statde und Parteien, alle einig in dem einen großen Schmerz, einig auch in dem Verlangen, dem großen Sohn des Vaterlandez, un serm Moltke, noch im Tode gerecht zu werden. Halten wir sein Gedächtniß hoch, sein Vermächtniß heilig für alle Zeit! Was, hochverehrte Trauerversammlung, war das innerste Geheimniß dieses gottbegnadeten Lebens, das Geheimniß dieser wunderbaren Kraft bis ins 91. Jahr hinein? War's Natur oder war's Gnade, war's sein reicher und tiefer Geist oder die stählerne Energie seines Willens, war's die große Arbeit oder der große Erfolg seines Lebens, war es die Selbstzucht oder die Selbstlosigkeit seines Wesens, so möchten wir fragen. Gleich als ob man einen CEdelstein nach allen Seiten hin im Lichte sich widerspiegeln läßt und er war ein seltener ExLelstein so waren alle Kräfte seines Lebens getragen und harmonisch zusammen— gehalten von der einen großen Gotteskraft in ihm. Was der Feld—⸗ marschall Moltke gethan hat als Schlachtendenker und als Schlachten lenker, mit Schwert und Feder, mit Rath und That als seiner Könige treuester Diener, als Bürger, als Soldat und als Gelehrter, das steht unauslöschlich geschrieben in den Tafeln der Ge— schichte, das bezeugen hier die Kränze auf seinem Sarge, deren jeder einzeln seine besondere Geschichte hat, seine Sprache redet, stumm und doch so beredt, gleich wie er der große Schweiger. Er war ein Mann, nicht mehr und nicht weniger, aber er war ein Mann, wie wir seines Gleichen niemals wieder sehen werden, er war ein Mann und ein Charakter. Da liegen die starken Wurzeln der Gotteskraft: Maß halten in der Maß— losigkeit der Erfolge, schlicht und bescheiden bleiben auch auf der Höhe des Ruhms, triumphiren und doch schweigen, das kann nur Einer, dessen Kraft nicht in dieser Erde wurzelt. Nun war der große Schweiger auf seinem Todtenbett zum letzten Mal ein Triumphator auch über den letzten Gang, er hat ihn nicht gefürchtet. Wir stehen Alle tief bewegt und doch getröstet hier an seiner Bahre und wir geloben, sein Gedächtniß nicht bloß, sondern auch sein Ver mächtniß heilig zu halten für alle Zeiten. Wie Josua erfüllt war von dem Geiste der Wahrheit, da Moses seine Hände auf ihn gelegt hatte, so wollen wir, die jüngere Generation, an der Bahre des alten Feldmarschalls sein Ver mächtniß entgegennehmen aus seinen erstarrten Händen und für alle Tage und Zeiten als ein heiliges Gelöbniß festhalten, daß sein Geist, der Geist der Weisheit uns bleibe und daß seine Hände, die

Zeugen seiner Kraft, auf uns gelegt bleiben. Wie der ilodte

Cid, so soll er Führer seiner Armee bleiben Das war das Große dieses Mannes, daß er nicht einsam stand auf der Höhe seines Rubmes, sondern daß er es verstanden hat, sein eigenstes Leben ein zuprägen der Armee, der Nation, er einer der größten Bildner des Volkes. Er lebt in der Armee, in der Nasion als der verkörperte Geist der Weisheit, der Kraft, der Zucht, des Maß— haltens, ‚erst wägen, dann wagen“, als der Geist auch des Hasses wider alles Niedrige und Gemeine, als der Geist selbstloser Pflichterfüllung und Mannestreue bis in den Tod. Und darum, ob wir auch gleich von tiefer Wehmuth erfüllt sind, daß wir hier wieder am Sarge eines der alten Paladine des Heldenkaisers stehen, so sind wir doch gerade im Hinblick auf das Vermächtniß des Todten deß gewiß, daß Deutsch—⸗ land den Verlust auch eines seiner größten Söhne nicht nur mit Ruhe tragen muß, sondern auch tragen kann.

Der Geistliche schloß dann mit einer Stelle aus einem Briefe Moltke'z, in dem der damals Achtzigjäbrige im Gedanken an sein Ende an die göttliche Zukunft mit weisem Blicke denkt.

Gegen 12 Uhr war die Feier im Saal beendet, der eichene Sarg wurde heruntergetragen und auf den mit sechs Pferden bespannten Wagen durch Unteroffiziere des Kolbergschen Grenadier⸗Regiments Graf Gneisenau (2. Pommerschen) Nr. 9 und des 1. See-Bataillons gesetzt. Während dieser Zeit präsentirten die Truppen, die Fahnen senkten sich die Musikcorps spielten den Choral „Jesus meine Zuversicht“ und die Tambours schlugen auf gedämpften Trommeln den Trauermarsch. Dann setzte sich der Zug in Be⸗ bea f, in folgender Reihenfolge: Zuerst die Kavallerie, dann die Infanterie, zum Schluß die Artillerie. Vor dem 1. Bataillon

des 1. Garde⸗Regiments marschirten die drei Fahnen des Regi⸗ ments Graf Gneisenau und die Fahne des 1. Seebataillons. Dem Leichenwagen voraus schrüten, geführt von Oberst— Lieutenant von Goßler, à la suite des Thüringischen Husaren— Regiments Nr. 12 und Chef der ,, im

Generalstabe, die ehemaligen Adjutanten des Feldmarschalls Moltke, sieben Stabsoffiziere des ene nehm . auf Kissen den Feldmarschallstab und die Orden des Dahin⸗ geschiedenen trugen. Zu beiden Seiten des Sarges gingen Veneralstabsoffiziere mit Kränzen. Unmittelbar hinter dem Sarge folgte Seine Majestät der Kaiser mit Seiner Majestät dem König von Sachsen. Ihre Majestät die Kaiserin mit den beiden ältesten Söhnen sah dem Zuge vom Balkon, des Genexalstabsgebändes nach. Darauf folgten die leidtragende Familie, die Fürstlichkeiten, die Abgesandten fremder Fürsten, die Botschafter, der Reichs⸗

kanzler und die aktiven Staats⸗Minister, die Präsidenten des Reichstages und beider Häuser des Landtages, die Abordnungen fremder Armeen und der vorgenannten preußischen Regi⸗ menter, die Offiziere des Generalstabes, die Generalität, die Mitglieder des Reichstages, des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten, sowie die Offizier⸗Corps. Der Zug bewegte sich unter den Klängen des Chorals „Jesus meine Zuversicht“ und des Chopin'schen Trauermarsches üger den Königsplatz, um die Sieges säule, über die Alsenstraße die Moltkebrücke nach dem Lehrter Bahnhof. Sowie der Leichen / wagen sich in Bewegung setzte, begann das Salutschießen, welches von einer Batterie des 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiments ausgeführt wurde. Die spalierbildenden Truppentheile prä⸗ sentirten, als der Leichenwagen an ihnen vorüberzog. Die zur Parade befehligten Truppentheile stellten sch bei der An⸗ kunft am Lehrter Bahnhof zu beiden Seiten des Gebäudes auf, während die Fahnen der Kriegervereine in großem Haibkceise dem Portal gegenüber Aufstellung genommen hatten. Darauf wurde der Sarg in das Bahnhofsgebäude ge⸗ tragen von denfelben Unteroffizieren, die ihn auf den Wagen gebracht hatten. Die Trauerparade präsentirte zum letzten Mal, fämmtliche Musikcorps spielten Trauermärsche und die zahlreichen Zuschauer verharrten in andächtigem Schweigen, während der Sarg, der die Reste des allverehrten Feld⸗ marschalls barg, allmähich den Blicken entschwand. Gegen 123 Uhr war die Feier beendet, und Seine Majestät der Kaiser verließ in Begleitung Seiner Majestät des Königs von Sachsen zu Wagen den Bahnhof.

Wir fügen hieran noch einige Mittheilungen über Beileidskundgebungen. .

Nach der Münchener „Allg. Ztg.“ hat Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern an Seine Majestät den Kaiser Wilhelm am letzten Sonnabend Nachmittag folgendes Telegramm gerichtet: ;

„Es drängt mich, Dir wegen des so unerwartet erfolgten Todes des General⸗-Feldmarschalls Grafen Moltke meine wärmste und aufrichtigste Theilnahme auszusprechen. Luitpold.“

Die Antwort Seiner Majestät hierauf lautete nach dem— selben Blatte:

„Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser. Meinen innigsten Dank für Deine warmen iheilnehmenden Worte bei dem so unerwarteten Tode meines treuesten Rathgebers, des General-Feldmarschalls Grafen von Moltke. Wilhelm.“

Seine Majestät der König von Sachsen, welcher mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg von Sachsen Allerhöchstselbst zur Theilnahme an der Leichenfeierlichkeit nach Berlin gekommen ist, hatte angeordnet, daß dieser Feier auch der Staats- und Kriegs⸗Minister General-Lieutenant Edler von der Planitz, der Commandeur der 1. Division Nr. 23 General-Lieutenant von Reyher und der Chef des General⸗ stabes General-Major von Treitschke beizuwohnen haben. Gleichzeitig hat der König angeordnet, daß 1) sämmtliche Offiziere der Armee Trauer Flor um den linken Unter⸗ arm auf acht Tage anlegen, und 2) diese Trauer bei den Offizieren des Generalstabes vierzehn Tage dauert.

Seine Majestät der König von Württemberg hat sich bei der Trauerfeier durch den Flügel-Adjutanten Oberst-Lieutenant Freiherrn von Reischach vertreten lassen. Zur Vertretung des Königlich Württembergischen Armee-⸗Corps sind der mit Führung des Armee Corps beauftragte General⸗ Lieutenant von Wölckern und der Chef des Generalstabes Oberst-Lieutenant von Gilgenheimb hier eingetroffen. Ferner ist für die Offiziere, Sanitaäts⸗Offiziere und Beamten des Armee⸗-Corps 8 Tage, für die Generalstabs-Offiziere 14 Tage Trauer, Flor um den linken Unterarm, angeordnet worden.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog von Baden, der Großherzog von Hessen, der Großherzog und der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar sowie der Prinz Leopold von Bayern sind zur Trauerfeier heute Morgen persönlich in Berlin eingetroffen; die übrigen deutschen Souveräne hatten Vertreter entsandt. Weiterhin waren die kommandirenden Generale, ferner eine Deputation der öster⸗ reichischen und ungarischen Armee, an der Spitze der Feld⸗ Zeugmeister Freiherr von Beck, sowie eine Deputation der Kaiserlich russischen Armee eingetroffen.

Magistrat und Gemeinde⸗-Kollegium der Stadt München hielten, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, am Sonntag Vor⸗ mittag eine außerordentliche gemeinschaftliche Sitzung ab, um über die letzte Ehrung Moltke's zu berathen. Der Erste Bürgermeister Dr., von Widenmayer richtete an die Ver⸗ sammlung folgende Ansprache:

„General ⸗Feldmarschall Graf Moltke ist nicht mehr Nicht nach Krankheit und Leiden, nicht nach Ermattung und Erschlaffung seiner Lebenekräfte ist er von uns geschieden; aus dem frischen Leben, aus voller Geistesarbeit ist der neunzigjährige deutsche Held in Walhall eingejogen. An diesem Mann hat die Vereinigung der größten Tagenden, eines gewaltigen Geistes, unerschütterlicher Pflichttreue und schlichter Seelengröße Herrliches hervorgehracht. Die Umgestaltung des deutschen Heeres, die größten Siege, welche die Welt— geschichte kennt, die Führung des deutschen Volkes zu nationaler Einbeit knüpfen sich an einen Namen. Er war einer der großen Paladine des edlen Kaisers Wilhelm, unter dessen ruhmreicher Herrschaft die natiönale Wieder geburt des deutschen Volkes sich vollzog. Was den großen Kriegs helden dem deutschen Volke so nahe geführt hat, ist die Schlicht heit, Reinheit und Treue seiner Seele gewesen: So lange der deutsche Name, die deutsche Sprache und deutsche Herzen leben., wird Verehrung, Dank und Liebe sein Andenken umgeben. München gehört er als Ehrenbürger an. Er ist mit Freude in die Gemeinschaft des Bürgerthums ein— getreten, zu welcher der einmüthige Beschluß der Münchener Ge⸗ meindevertretung ihn berufen. Bie Stunden, welche die Ab⸗ geordneten Münchens an seinem 90. Geburtstage in seiner Näbe weilten, gehören zu den denkwürdigsten ihres Lebens. Jetzt aber, Angesichts seines Scheidens, legen unsere Herzen Trauer an. Erweisen wir zugleich unserm Ehrenbürger die letzte Ehre, indem wir, als Zeichen der Treue und Verehrung der Münchener Einwohnerschaft, durch einen Abgeordneten einen Lorberkranz an seinem Sarge nieder legen, und drücken wir der edlen Familie seines Neffen, dessen Heim das Leben des Dahingeschiedenen verschönte, die innigste Theil nahme der Stadt München aus!“

Von Seite des Magistrats wurde Hr. Rechtsrath Weber, von Seite des Gemeindekollegiums dessen erster Schriftführer

r. Friedrich nach Berlin delegirt, um am Sarge einen Lorbeerkranz niederzulegen, auf dessen Schleife die Widmung „Dem Ehrenbürger Münchens“ gedruckt ist.

n Hamburg ist angeordnet worden, daß heute aus Anlaß der Leichenseierlichkeit für den Ehrenbürger Hamburgs auf den öffentlichen Gebäuden und den Schiffen in den Häfen bis Nachmittags 2 Uhr halbmast geflaggt wird.

Aus Stockholm, 25. April, wird geschrieben: Alle Abendblätter der Hauptstadt geben ihrer herzlichen Theilnahme

über das plötzliche Hinsckeiden des General⸗Feldmarschalls Grafen von Moltke Ausdruck. Die „Post⸗ och Inr. Tidn.“ schließt ihre hiographischen Aufzeichnungen mit folgenden Worten: „Deutschland hat, ebenso wie die ganze Welt, in Moltke eine seiner größten Persönlichkeiten verloren. „Aftonbladet“ schreibt: Deutschland verliert in Moltke nicht nur den größten seiner Feldherren, sondern auch einen seiner pflichtgetreuesten und edelsten Söhne, einen Mann, der seine glänzenden Erfolge ausschließlich seiner eigenen unerschütterlichen Energie zu danken hatte Auf das Vollkommenste . Eitelkeit und Selbstsucht baar, waren seine Arbeit⸗ samkeit und Energie die hervorstechenden Züge in Moltke's Charakter. In Deutschland genoß er denn auch eine unbe⸗ grenzte Volksthümlichkeit. Und das mit Recht. Er war es ja, der der deutschen Armee ihren Ruhm der Unüberwind⸗ lichkeit verschafft hat, er war es ja, der einer der kräftigsten Mitarbeiter bei der Gründung der Einheit Deutschlands gewesen war.“

Aus Amsterdam, 26. April, meldet die „Köln Ztg.“: Im deutschen Turnverein hielt General-Konsul Göhring aus Anlaß des Todes des Grafen Moltke eine tiefgefühlte An—⸗ sprache. Der deutsche Turnverein wird einen Kranz auf den Sarg des Entschlafenen legen lassen. Alle Blätter widmen dem Todten ehrende Nachrufe.

Der Königlich italienische Botschafter hat dem Reichskanzler am 26. d. M. die nachstehende französische Ueber⸗ setzung eines Telegramms seiner Regierung vom 25. d. M. übermittelt:

Télègramme de Rome 25 avril 1891. Au nom du Gouvernement du Roi interprète certain de la pensée nationale, je dèsire que l'Italie s'associe aux honneurs que l'Allemagne vondra rendre, sous les auspices de Sa Majesteè EEmpereur, au plus illustre de ses modernes Capitaines. Le nom de Moltke, pour nous, s'associe au souvenir des grands évènements qui ont erés l'unité de Italie et pour nous aussi il y a deuil. Je Vous prie de vouloir exprimer au Chancelier de Empire le profond sentiment que nous éprouvons de notre coötè. Signs: Rudini. Der Reichskanzler hat hierauf mit warmen Worten für diese sympathische Kundgebung gedankt.

In den Eisenbahn-Betriebs-RReglements für Deulschland und für Oesterreich⸗Ungarn hat bisher im Wesentlichen Uebereinstimmung bestanden. Um diese Uebereinstimmung im Interesse des Verkehrs auch bei der Umarbeitung aufrecht zu erhalten, welche aus Anlaß der demnächstigen Einführung des inter— nationalen Eisenbahnfrachtrechts erforderlich wird, sind die beiderseitigen Regierungen übereingekommen, kommissarische Verhandlungen stattfinden zu lassen. Die Berathungen, an welchen auch ein Vertreter der Königlich bayerischen Regierung Theil nimnit, haben am 27. d. M. hier im Reichs-Eisenbahn⸗ amt begonnen.

In einem Theile der Presse, insbesondere in der Neuen Preußischen Zeitung“, ist der Vortrag des Staatssekretärs des Reichs-Schatzamts Freiherrn von Maltzahn bei der Reichstags verhandlung am 27. d. M. über den §. 1 des Zuckersteuergesetzes in einem wesentlichen Punkte unxichtig wiedergegeben. Nach diesem Bericht soll derselbe in Bezug auf die von ihm auf 213 243 873 A6 bezifferten, seit dem Jahre 1877,78 baar aus der Reichskasse über den Betrag der erhobenen Rübensteuer hinaus gezahlten Ausfuhrvergütungen erklärt haben:

Nun bestreite ich, daß der Zuckerindustrie dieser Betrag voll zugeflossen ist; ein Theil ist den ausländischen Zuckerkonsumenten zu geflossen. Was ich aber nicht bestreiten kann, ist, daß dieser Betrag aus Mitteln des deutschen Steuerzahlers zu Gunsten der deutschen Zuckerindustrie baar gezahlt wird ohne Aequivalent.“

In Wirklichkeit lauteten diese Sätze:

Nun bestreitet die Zuckerindustrie, daß ihr dieser Be—⸗ trag voll zugeflossen sei; sie sagt: ein Theil desselben ist den aus⸗ ländischen Zuckerkonsumenten zug'flossen; was sie aber nicht bestreiten kann, ist, daß aus den Mitteln des deutschen Steuerzahlers diese Summe baar bezahlt worden ist ohne Aequivalent, zu Gunsten der deutschen Zuckerfabriken= ö

Der Staatssekretär hat im weiteren Verlauf seiner Aus⸗ führungen ausdrücklich hervorgehoben, daß nach Meinung der verbündeten Regierungen die Zuckerprämien in der That im Wesentlichen der deutschen Zuckerproduktion zugeflossen seien.

Die Einfuhr von lebenden Schweinen aus Bielitz⸗ Biala und Steinbruch in die öffentlichen polizeilich über— wachten Schlachthäuser der Städte Lissa i. P. und Samter ist widerruflich genehmigt worden. .

Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, ist von Dienstreisen hier wieder eingetroffen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich sächsischer Zoll- und Steuer⸗Direktor Golz und Fürstlich schaumburg⸗lippischer Regierungs⸗Präsident Spring sind hier angekommen.

Dem zur Zeit mit der kommissarischen Verwaltung des Landrathsamts zu St. Goar, Regierungsbezirk Koblenz, beauf⸗ tragten Ober⸗Amtmann von Weiher ist die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Rummelsburg, Regierungsbezirk Köslin, übertragen worden.

Die Regierungs⸗Referendare Ernst Gerlach aus Posen, August Schumann aus Posen, Barnewitz aus Gum⸗ binnen, Gerbaulet aus Gumbinnen, von Ravenstein aus Breslau und Paul Arnold aus Bromberg haben am 25. d. M. die zweite Staatsprüfung für den höheren Ver— waltungsdienst bestanden.

S. M. Kanonenboot „Wolf, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Hellhaff, ist am 25. April in Amoy eingetroffen 4 beabsichtigt, am 12. Mai nach Takau wieder in See zu gehen.

Banern. München, 27. April. Zur Feier des Geburts⸗

festes Seiner Majestät des Königs wehen, wie die „Allg.

Zig.“ berichtet, heute von allen Thürmen, von allen öffent⸗ lichen und vielen privaten Gebäuden Fahnen in den bayerischen Farben, während die fremden Gesandtschaften und Konsulate ihre Landesflaggen aufgezogen haben. Vormittags fanden in allen katholischen Kirchen Festgottesdienste statt, auch in der Synagoge und in der altkatholischen Kirche wurden Fest⸗ gottesdienste abgehalten.

Oldenburg.

(HE) Oldenburg, 27. April. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sind gestern aus England zurückgekehrt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 28. April. Der Erzherzog Albrecht ist am Sonntag bei dem russischen Botschafter vorgefahren, um demselben anläßlich des Todes des Großfürsten Nicolaus zu kondoliren.

Das „Armee⸗-Verordnungsblatt“ veröffentlicht die Er— nennung des Majors Erzherzog Leopold Salvator zum Oberst-Lieutenant, des Feldmarschall-Lieutenants Brau⸗ mülStetr zum Feldzeugmesster, ferner die Ernennung von 185 General-⸗Majors zu Feldmarschall⸗Lieutenants und von 19 Obersten zu General⸗Majors.

Der „Politischen Correspondenz“ zufolge richtete das Ackerbau? Ministerium an die Statthalter sämmt⸗ licher cisleithanischen Kronländer eine Reihe von Fragen, welche insbesondere das landwirthschaftliche Ver⸗ tretungs- und Vereinswesen, die Modalitäten des landwirth— schaftlichen Kredits sowie die Produktions- und Absatzverhält⸗ nisse betreffen. Die Berichterstattung über diese Punkte soll im Mai erfolgen.

Die Adreßkommission des Herrenhauses hat gestern den vom Grafen Falkenhayn vorgelegten Adreß— entwurf einstimmig genehmigt. Ebenso wurde Graf Fal ken⸗ hayn einstimmig zum Referenten gewählt. ö

Der Entwurf feiert, wie W T B.“ meldet, den Kaiser Franz Joseph als den wahren Vater aller österreichischen Völkerschaften, den weisen Schützer des äußeren Friedens und betont beifällig die Stelle der Thronrede, betreffend das allseitige Verlangen nach friedlichem Nebeneinanderleben. Der Entwurf drückt ferner die vollste Zustimmung dazu aus, daß die Wünsche der einzelnen Parteien zunächst bei gegen⸗ seitiger Achtung ihrer Standpunkte zurücktreten und alle, den hohen Absichten des Kaifers entsprechend, in sorgfältiger, rein sachlicher Er wäguag der für das wirthschaftliche Leben hochbedeutsamen Regierungs⸗ vorlagen sich vereinigen mögen. Vom Herrenhause werde dies als eine hohe patriotische Pflicht angesehen. Wenn eine solche Behandlung öffentlicher Angelegenheiten sich auch außerhalb des Reichsraths Bahn bräche, so wäre dies der sicherste Weg zu dem vom Kaiser erstrebten inneren Frieden. Der Adreßentwurf wünscht. daß die Bestrebungen der Regierung nach Ausgleichung der in Böhmen bestehenden Gegensätze einen guten Erfolg haben, und hetont die Nothwendigkeit einer gedeiblichen Weiterbildung der wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Zustände auf der segenbringenden Grundlage echter christlicher Nächstenliebe, wobei als höchstes Ziel die Hebung und Sicherung der geistigen wie materiellen Wohlfahrt aller Völker festzuhalten sei. Der Adreßentwurf drückt alsdann die Zustim—⸗ mung aus zu den in der Thronrede angekündigten Vorlagen, wünscht aufrichtig einen günstigen Abschluß der angebahnten Regelung der handelspolitischen Beziehungen zum Auslande und betont die Noth⸗ wendigkeit der Festhaltung des mühsam errungenen Gleichgewichts im Staatshaushalt, der Durchführung der allenthalben gewuͤnschten Reform der direkten Besteuerung sowie der endgültigen Befesti gung des Geldwesens in einem näheren Zeitpunkte. Eine wichtige Grundlage menschlicher Gesittung in der religiös ⸗sitt⸗ lichen Erziehung und dementsprechenden Unterrichte erblickend, sieht der Adreßentwurf in den angekündigten Unterrichtsvorlagen das wesentlichste Moment der Verbesserung der sozialen Zustände. Die Schlußsätze betonen abermals die Nothwendigkeit eines gewissen billigen Ausgleiches der Joeen, um den Bemühungen zur Besserung der gesellschaftlichen Lage der Völker durch die Hebung von Gesittung und Wohlstand den Erfolg zu sichern.

Im Abgeordnetenhause legte der Ackerbau— Minister einen Gesetzentwurf, betreffend die Bestim⸗ mungen für die Anstellung von Betriebsleitern beim Bergbau vor. Bei der gestrigen Be— rathung über den Antrag Hajek auf Abänderung der Gewerbeordnung traten die Abgg. Gasseder, Kaizl, Lueger für die Ausdehnung der Sonntagsruhe ein. Letzterer befürwortete zugleich die Trennung der Gewerbe— kammer von der Handelskammer. Die Abgg. Siegmund und Menger vertheidigten die Liberalen gegen den Vorwurf, den Niedergang des Kleingewerbes verschuldet zu haben. Nachdem der Abg. Menger den Wunsch auf Veranstaltung einer Enquéte Betreffs der Sonntagsruhe ausgesprochen, wurde der Antrag Hajak dem Gewerbeausschüß zugewiesen. Die Abgg. Bareuther und Genossen brachten bei dem Handels⸗-Minister 1 de Bacquehem eine Interpellation wegen der Beschickung der Welt-Ausstellung in Chicago ein, in welcher sie an den Minister die Frage richten, ob der 1 eine bezügliche Nachtragskreditforderung vorlegen wolle.

Die auf heute anberaumte Sitzung des Adreß— ausschusses des Abgeordnetenhauses ist auf morgen vertagt worden.

Der volkswirthschaftliche Ausschuß des Abge— ordnetenhauses berieth die Regierungs vorlage betreffend den Austausch von Erklärungen zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und Italien wegen einjähriger Verlängerung der Kündigungs frist für den Handelsvertrag. Der Handels⸗-Minister wies auf die Nothwendigkeit hin, sich hin— sichtlich der allgemeinen handelspolitischen Gesichtspunkie Reserve aufzulegen, und betonte, wie der jetzige italienisch⸗österreichische Handelsvertrag nicht bloß f e e. sondern auch verbesserungsbedürftig sei. Es seien zahlreiche Wünsche vorhanden, welche im Jahre 1887 keine Befriedigung gefunden hätten, weil Italien damals weitgehende Vorsichten gegen Frankreich beobachtet habe. Eme einfache Perpetuirung des Vertrages sei deshalb nicht wünschengwerth. Die jetzt ge⸗ troffene Vereinbarung vertage die Entscheidung auf ein Jahr und stelle damit die natürliche Reihenfolge der Verhandlungen in der Weise her, daß der wichtigste Vertrag, nämlich der⸗ jenige mit Deutschland, zuerst verhandelt werde. Die Vorlage wurde darauf einstimmig genehmigt; zum Berichterstatter wurde Baron Schwegel gewählt.

Großbritannien und Irland.

Der Herzog von Rutland ist an Stelle des ver⸗ orbenen Herzogs von Bedford zum Ritter des Hosenband⸗ rdens ernannt worden.

m Ober hause stand gestern die zweite Lesung der Neufundland⸗Fischereibill zur Debatte. Der Staats⸗ sekretär für die Kolonien Lord Knuts ford betonte die Nothwendigkeit der Durchberathung der Bill im Ober⸗ hause. Die Regierung sei jedoch nach Erwägung der jüngst gemachten Vorschläge der Neufundland⸗ Delegirten damit einverstanden, daß die zweite Lesung der Vorlage erst nach Pfingsten im Unterhause beantragt werde. Wenn bis dahin das Neufundland⸗Gesetz erlassen sei, das die Durchführung des modus vivendi, des Schiedsspruches und der Verträge und Deklarationen sichere, dann werde die Regierung die Vorlage zurückziehen. Die zweite Lesung der . wurde schließlich nach vierstündiger Debatte angenommen.

Im ,, e erklärte der Unter⸗Staatssekretär Fergus son in Beantwortung einer Anfrage: Die Regie⸗ rung erwäge gegenwärtig die Gegenvorschläge Portugals zu dem englischen Entwurf einer Konvention; der modus vivendi laufe mit dem 15. Mai ab.

Nach einer Meldung des „R. B.“ aus Simla in Indien war die Kohima-Kolonne gestern dort eingetroffen und wollte heute gegen Mani pur vorrücken und mit Hülfe der von Birma kommenden Kolonne die Stadt angreifen. Von dem gegen die Miranzai ausgesandten Kontingent ö Generals Sir William Lockhart wird Folgendes be⸗ richtet:

Die Kolonne des Generals Turner bekam am 22. April die Akhel⸗Ansiedelung im Bhagri⸗Thale in Sicht. Da es hieß, der Feind wünsche eine Mittheilung zu machen, so hielt die Kolonne. Die Aufständischen wurden jeooch benachrichtigt, daß das Feuer sofort eröffnet werden wurde, Falls sie versuchen sollten, ihre Dörfer zu verlassen. Nach Verlauf der gegebenen Frist rückte die Truppe in das Thal ein und verbrannte mehrere Dörfer. Auf den Bergen zeigten sich zahlreiche feindlicht Haufen, die Furcht vor den britischen Kanonen aber hielt sie in angemessener Entfernung. Die Shrapnels wirkten furchtbar. General Browlow hat drei Khel ! Dörfer zerstört. Man glaubt, daß die Unterwerfung des 6. jetzt völlig gelungen ist. Das Kontingent hat keine Verluste gehabt.

Von der Expedition in Birma wird über Rangun vom 25. April gemeldet, daß die Hanton-Colonne am 20. April Par lontong überrumpelt hat. Der Feind leistete nur geringen Widerstand. Darauf wurde eine Anzahl Lushai⸗ Dörfer genommen.

In der Kapstadt herrscht dem „R. B.“ zufolge all— gemeine Befriedigung über Lord Salisbury's Maß— nahmen wegen der Vorfälle in Beira. Der Bürger— meister hat eine Bekanntmachung erlassen, wonach das Meeting, welches einen Tadel über die „Unthätigkeit“ der Reichsregierung aussprechen wollte, aufgegeben worden ist. Unter dem gestrigen Datum wird dem „R. B.“ von eben— dorther gemeldet: der englische Konsul in Delagoa berichte, daß zwei Offiziere der Südafrikanischen Gesellschaft gewaltsam angegriffen worden seien. Der eine von ihnen habe innere Verletzungen erlitten und sein volles Bewußtsein noch nicht wiedererlangt. Der Angreifer sei dem Vernehmen nach ein portugiesischer Offizier ge— wesen, der sich jedoch bisher der Verhaftung entzogen habe.

Frankreich.

Paris, 28. April. Der Minister des Innern Con— st ans wird, wie ‚W. T. B.“ meldet, heute dem Minister⸗ rath einen Antrag der Testamentsvollstrecker des Prinzen Isrsme Rapolson unterbreiten, in welchem die Erlaubniß nachgesucht wird, den Leichnam des Prinzen auf den Iles sanguinaires bei Ajaccio zu beerdigen. In Er— wartung des Beschlusses des Ministerraths hat Constans den Präfekten von Corsika um seine Ansichten über diese Ange— legenheit ersucht.

Der französische Botschafter in St. Petersburg Labou— laye, hat aus Familienrücksichten um die Enthebung von seinem Posten gebeten. Dem Vernehmen nach wird der Rücktritt Laboulaye's der Ausgangspunkt weiterer Ver— . in den diplomatischen Vertretungen Frank—⸗ reichs sein.

Der Minister⸗-Präsident de Freycinet empfing heute Vormittag die Senatoren und Deputirten aus dem Departement Bouches⸗du⸗Rhöne, welche ihm einen Protest der Bevölkerung von Marseille gegen die Be⸗ schlüsse der Zollkommission überreichten. Freyeinet nahm den Protest zur Kenntniß und versprach, denselben dem Kabinet zu unterbreiten.

Die Deputirten kammer begann gestern mit der Diskussion des Gesetzentwurfs, betreffend den Zolltarif, verjagte dieselbe jedoch wegen Unwohlseins Lockroy's, der als erster Redner eingetragen war, auf heute.

Der Deputirte Basly brachte in der Kammer einen Gesetzentwurf ein, nach welchem der Arbeitstag auf ein Maximum von acht Stunden beschränkt werden soll. Vergehen gegen dieses Gesetz sollen mit Gefängniß bestraft werden. Der Deputirte Viger (Schutzzöllner) brachte einen Antrag ein, nach welchem vom 10. Mai bis zum 1. No⸗ vember der Zoll auf auswärtiges Getreide auf 2 Fr. 50 Ct. und auf Mehl af 6 Fr. herabgesetzt werden soll.

Dem „Figaro“ zufolge hat der Marschall Canrobert bei einem aus Anlaß des Todes des Grafen Moltke ge⸗ pflogenen Interview von einem französischen General gesprochen, welcher als Stratege den Verstorbenen auf—⸗ wiegen werde: „Ja, wir haben einen Mann, der noch jung und feurig ist, der mit den schönen französischen Vorzügen die deutschen Eigenschaften verbindet, und der je nach den Umständen, und wenn es sein müßte, ein hinreißender General und ein erstaunlicher Mathematiker sein wird. Ja, wir haben unsern Strategen, der ebenfalls Alles gelesen, Alles studirt, Alles vorausgesehen, Alles vorbereitet hat.“ Der Marschall sprach mit Enthusiasmus von dem General, welcher nach seiner ,, . ausersehen ist, der Moltke Frankreichs zu werden. Auf die Frage, welchen General er meine, antwortete er: „Miribel! Das ganze Heer schätzt ihn, aber man wird ihm niemals genugsam schätzen; er wird noch mehr leisten, als man von ihn erwartet . . .“ Als der Berichterstatter des „Figaro“ sich zurückzog, rief ihm der Marschall Canrobert nach: „Sagen Sie ja, daß, wenn die Deutschen Moltke verloren haben, wir Miribel besitzen.“

Rußland und Polen.

Der am 25. April erfolgte Uebertritt der Groß⸗ fürstin Sergius, Tochter des Großherzogs von Hessen, zur orthodoxen Kirche, ist im Regierungs⸗Anzeiger durch nach⸗ stehendes Kaiserliches Manifest bekannt gemacht worden:

„Wir, Alexander der Dritte, Kaiser und Selbstherrscher aller Reußsen, Zar von Polen, Großfürst von Finnland ze. 2c thun allen Unseren freuen Unterthanen kund: Unsere vielgeliebte Schwägerin, die Großfürstin Jelissaweta Feodorowna wünschte, nachdem Sie die Wahrbeit der Orthodoxie erkannt und geprüft hatte, im Einver ständniß mit Ihrem Gemahl, Ihrem Seelendrange Folge gebend, mit Üns im Glauben und in der Gemein schaft der kirchlichen Gebete und Sakramente eins zu sein. Heute hat Sie zu Unserer grohen Freude Unseren orthodoxen Glauben angenommen und die beilige Salbung empfangen. Indem Wir allen Unseren treuen Unterthanen von diesem erwünschten Er⸗ eigniß Kunde geben, befehlen Wir, Ihre Kaiserliche Hobeit Recht⸗ gläubige Großfürstin zu nennen. Gegeben in St. Petersburg, am 13 April des Jahres eintausend achthundert einundneunzig nach Cbristi Geburt, im elften Jahre Unserer Regierung. Alexander.“

Dem „Swiet“ zufolge wird die Leiche des Groß⸗ fürsten Nicolaus Nicolajewitsch zu Wagen aus Alupka nach Jalta und von dort zu Schiffe nach Sewastopol ge⸗ bracht werden. Von Sewastopol aus wird sie dann mit der Eisenbahn nach St. Petersburg überführt werden, wo die Ankunft am 6. Mai erfolgen soll. Die Beisetzung in der Peter⸗Pauls⸗Kathedrale werde am Tage darauf stattfinden.

Italien.

Die Deputirtenkammer begann gestern die zweite Berathung der Vorlage, betreffend die Gestattung des Betriebes für das neue Italienische Bodenkredit-Institut“. Die Deputirten Piccaroli und Imbriani sprachen sich gegen die Vorlage aus. Diligenti war der Ansicht, daß dieselbe von der Kommission nicht verbessert worden sei. Faginoli und Sorrentano äußerten sich in zustimmendem Sinne. Vom Berichterstatter Roux wurde hervorgehoben, daß durch die vorgeschlagenen Aenderungen der Vorlage die Wirksamkeit des neuen Instituts zum Vortheil des Landes und namentlich des landwirthschaftlichen Eigenthums gefördert und gesichert werden würde. Nachdem schließlich noch die Minister Luzzatti und Miceli für die Vorlage eingetreten waren, wurde die Berathung auf heute vertagt.

Die bei der Explosion des Pulverthurms am 23. 8. M. Verwundeten befinden sich in fortschreitender Besserung. Der Kardinal Fürst Hohenlohe hat dem Kriegs-Minister für die Opfer der Katastrophe 100) Fr. übersandt. (Eine nähere Schilderung der Katastrophe befindet sich unter „Mannifaltiges“. D. Red.) ;

Der neu ernannte russische Botschafter Vlangali ist am Sonntag in Rom eingetroffen.

Luxemburg.

Luxemburg, 26. April. Wie die „Luxemb. Ztg.“ ver⸗ nimmt, steht die Rückkehr Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs nach seiner Residenz Luxemburg vor Mitte Mai nicht zu erwarten. Der Großherzog werde sich in nächster Zeit, unmittelbar nach der Abreise der Erbgroßherzogin von Baden von Königstein nach Berlin, zu der Fürstin-Mutter von Wied nach Schloß Segenhaus bei Neuwied begeben. Sollte Seine Königliche Hoheit bei Ankunft Seiner Majestät des Deutschen. Kaisers in Bonn noch in Neuwied weilen, so sei ein Besuch des Großherzogs zur Begrüßung des Kaisers wahrscheinlich. Von Wied aus werde der Großherzog zur Hochzeit des Fürsten zu Waldeck und Pyrmont, des Vaters der Königin⸗Regentin Emma der Niederlande, nach Arolsen reisen. Die Frau Großherzogin hat sich nach Dessau begeben.

Wie dasselbe Blatt meldet, hat Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich am Dienstag v. W. dem Großherzog von Luxemburg auf Schloß Königstein einen Gegenbesuch ab⸗ gestattet.

Die Kammer hat sich nach Erledigung ihrer Vorlagen am 23. d. M. bis nach Pfingsten vertagt.

Serbien Belgrad, 27. April. Graf Hunyady, ein Onkel des Königs Alexander, trifft heute hier ein, angeblich um die Königin-Mutter Natalie zur freiwilligen Abreise zu bewegen. Schweden und Norwegen.

(FE Stockholm, 15. April. Beide Kammern des Reichstages lehnten heute den Antrag des Abg. Adelsköld ab, den ersten Sonntag im September als den gemein⸗ samen Wahltag für das ganze Reich für die Wahlen der Abgeordneten zur Zweiten Kammer festzusetzen. Dagegen be⸗ willigten beide Kammern auf den Antrag der Regierung 100 000 Kronen zur Bildung eines Darlehns fonds für Fischer, aus welchem zur Anschaffung von Fischerbooten und Fischerei⸗ geräthschaften sowie zur Anlage von kleineren Einrichtungen zur Nutzbarmachung und Veredelung von Fischereiprodukten auf Befürwortung der Kreisvertretungen oder der Königlichen Haushaltungsgesellschaften Darlehne bewilligt werden können.

Der Bewilligungsausschuß hat seinen Bericht, be⸗ treffend die unerledigten Theile der Zollbewilligung, erstattet und folgende Veränderungen des Zolltarifs beantragt: Erhöhung des Zolles auf Branntwein und Sprit aus Wein— trauben, in Fässern, auf 75 Oere per Liter von 50 Proz. Alkoholgehalt, vom 1. Februar 1892 an; Zollfreiheit für Schiffe und Boote aus Eisen sowie für Dampfschiffe aus Holz; Holl⸗ freiheit für Eisenblech, geschliffenes, unter 1/5 mm Starke; gleicher Zoll für Oleomargarin wie für Margarin; Zoll⸗ freiheit für Bleidraht. Ferner beantragt der Ausschuß, für die bei Schiffsbauten verwendeten Materialien und für Schiffsausrüstungsgegenstände sowie bei der Ausfuhr von Chokolade und Brod die Zollrestitution zu gewähren. Bezüglich der Rübenzuckersteuer beantragt der Ausschuß, die Regierung um eine Vorlage, betreffend die Aenderung des bisherigen Besteuerungssystems, zu ersuchen. Eine Minderheit des Aus— schusses beantragt die Erhöhung der Rübenzuckersteuer.

Amerika.

K Staaten. Präsident Harrison ist auf seiner Reise am 25. d. M. spät Abends in San Francisco angekommen. Die Stadt und die Bai waren ihm zu Ehren elektrisch erleuchtet und auf der Eisenbahnstation war eine aus Vereinigte Staaten⸗ und Miliztruppen bestehende Ehrenwache aufgestellt. Tausende und Abertausende begrüßten den Präsi⸗ denten bei seiner Ankunft.

. (Chile. Nach einer neuen der chilenischen Gesandtschaft in Paris gestern Nachmittag zugegangenen Depesche ist bei dem Seegefecht nur das den Aufständischen gehörige