1891 / 99 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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belassen. und ich kann nur bezeugen, daß auf diese Bestimmung im Abgeordnetenhause ein ganz außerordentliches Gewicht gelegt wurde. Man wollte ganz bestimmte Garantien schaffen, daß das Geheimniß auch so weit bewahrt wird, als es mit den Zielen der Deklaration überhaupt in Einklang gebracht werden kann, und in Folge dessen hat man eben diesen Zusatz angenommen.

69 wird unverändert angenommen.

In 5§. 77 hat das Abgeordnetenhaus auf Antrag des Abg. Bachem angenommen, daß das Gemeindewahlrecht von einem Steuersatz von 6 66 höchstens abhängig sein soll. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die rheinischen Gemeinden.

Die Kommission des Herrenhauses hat diesen Mindestsatz

auf 9 M erhöht. ; ;

Freiherr von Landsberg beantragt die Ermäßigung auf 6 4 Er fehe keine Veranlassung, weshalb das Herrenhaus an einer Ver- einbarung rütteln solle, die zwischen den Parteien des anderen Haufes getroffen sei und an deren Aenderung vielleicht das Geseß scheitern' könne. Wenn in den übrigen Provinzen mit 4 Æ Mindest satz ausgelommen werden könne, dann könne man am Rhein auch wohl mit 5 auskommen. . ;

Ober⸗Bürgermeister Zweigert: Es handele sich bier gar nicht um Tne zum Gesetz gehörende, sondern um eine rein provinzielle Frage; dabei hätte man den Provinziallandtag hören müssen. Man mache hier eine Flickgesetzgebung. Da die Regierung ihr tolerari posse ausgesprochen habe, und da das Abgeordnetenhaus auf die en Punkt ein so großes Gewicht lege, so werde er auch für den Antrag des Herrn von Lands berg stimmen, und zwar nur, um dem Abgeordnetenhause zu zeigen. daß alle nicht prinzipiellen Fragen ausgeschlossen bleiben sollten, um diese Vorlage zu Stande zu bringen, in der Hoffnung, daß das Abgeordaeten⸗ haus nach dem gleihen Grundsatze verfahren werde bei den Punkten, auf welche dies Haus ein großes Gewicht lege. Bei der Bürger meisterverfassung der rbeinischen Städte könne das Wahlrecht der Gemeinden nicht so ausgedehnt werden, wie bei der Magistrats—⸗ verfaffung. Der ganze Antrag werde nur die Folge baben, daß die Mehrheit der Centrums partei bei den Stadtverordnetenwahlen siegen werde. Aber was solle ig Zukunft werden? Wo ssien jetzt die Parteien in Rheinland und Westfalen, welche sonst die Führung zu haben glaubten? Keine des Parteien habe icht die Führung, sie liege allein in der Hand der Sotialdemokratie. Die Regierung werde darauf Bedacht nebmen müssen, an eine Reform der rheinischen Städteordnung heranzutreten.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Da der bisherige schärffte Gegner dieses Para graphen heute erklärt, dafür stimmen zu wollen, so glaube ich mich selbst kurz fassen zu können und nicht nötbig zu haben, die einzelnen Bemerkungen desselben, die größtentheils auch in das Ressort des Ministeriums des Inneren fallen, eingehender zu beleuchten. Nur einen Gesichtspunkt, den der Herr Vorredner hervorgehoben, möchte ich entschieden ablehnen. Er sagt, man bringe. indem man Bestim⸗ mungen in Bezug auf das Wahlrecht aufnehme, in diese Steuermaterie ein ganz heterogenes Moment hinein, Sachen, die gar nicht zusammen⸗ hingen, klebe man künstlich zu sammen. Das darf ich doch nicht zu⸗ geben. Ich muß in dieser Beziehung das Abgeordnetenhaus in Schutz nehmen. In dem Gesetz vom Jahre 1873, dem damaligen Einkommensteuergesetze, sind die Konsequenzen dieses Gesetzes in Be⸗ ziehung auf das Wahlrecht unmlttelbar gezogen. Wenn hier das Gleiche geschi eht und die gleiche Bestimmungen, die unerläßlich waren, in der Regierungsvorlage aufgenommen sind, so kann man doch nicht sagen, daß wir heterogene Momente zusammengebracht haben. Ein Wahlrecht, welches auf der Steuer beruht, wird nothwendig berührt durch eine durchgreifende Reform dieser Steuer. Es ist daher ganz organisch, daß die Konsequenz auch in dem be— treffenden Steuergesetz gezog en wird. Insofern kann ich dem Herrn Vorredner nicht beitreten Nun gebe ich vollständig zu, daß die Herren aus dem Rheinland, aus den Städten namentlich richtig deduziren, daß der Antragsteller in dem Abgeordnetenhause, der diesen Paragraphen hineingebracht hat, seinen Hauptzweck doch nicht ganz erreicht; und der Antragsteller weiß das auch selbst. Er hat aber nicht mehr erreichen können, als er hier erreicht. Der Antrag hat aber doch bewirkt, daß in der dritten Klasse die Zahl der Stimm- berechtigten in den rheinischen Städten sich erheblich vergrößert hat. Ich habe schon im Abgeor dnetenhause es ausgesprochen, daß das keine richtige Gesetzgebung ist, welche die Frage, von welcher Grenze das Wahlrecht in den Kommunen abhängen soll, einfach den Kommunen selbst überläßt. Ich meine, daß das Aufgabe der Gesetzgebung ist; und ich kann es nicht billigen, wenn in den rheinischen Städten je nach den zufälligen Majoritäten oder nach den Bestimmungen der Königlichen Regierung in dem einen Falle 18 A, in dem zweiten 12 „, in dem dritten 9 M die Grenze bilden. Ich halte das für falsch. Es muß diese Gelegenheit benutzt werden, hier der Willkür eine Schranke zu setzer. Ich halte das für berechtigt. Stehen Sie aber auf dem Standpunkte, so frage ich, sind verschiedenartige Verhältnisse in den rheinischen Städten und in Westfalen, daß in Westfalen ganz andere Bestimmungen ohne Bedenken bestehen können als in Rheinland. Ich kann nicht anerkennen, daß, welche politische Partei auch immer von solchen Beslimmungen Vortheil hat, dies bei den Kommunalwahlen in Betracht kommen darf. Herr Oberbürgermeister Lindemann sagte in der Kommission mit Recht, daß es vom sozialpolitischen Standpunkte nicht richtig sei, durch känstliche Mittel der Gesetzgebung etwa die Vertreter der katholischen Partei in der dritten Klasse auszuschließen. Persönlich bin ich der Meinung, daß, wenn man das Dreiklassenwahl⸗ system hat, das jede gewünschte Garantie in der ersten und zweiten KAlasse giebt, man nicht zu weit gehen darf in Bezug auf die Be⸗ schränkung des Wahlrechts durch einen zu hohen Steuersatz. Ich halte es richtiger, in diesem Falle auch geringer steuernde Bürger an der kommunalen Ver waltung Theil nehmen zu lassen; ja ich balte es sogar für ein soz iales Mittel, sie in eine verständige Verwaltung ein⸗ 1 eine Gefahr liegt darin nach meiner Meinung nicht. (Sehr richtig)

Meine derren, wenn nun die Sache so liegt, daß das Rbein⸗ land hier noch nicht einmal ganz den übrigen Provinzen gleich gestellt wird, so kann ich mir unmöglich denken, daß die Frage der Bürgermeistereiverfassung und der Magistratsverfassung hiervon abhängt. Aber ich kenne doch sehr viele Rheinländer und darunter einen hervor⸗ ragenden Derrn, der selbst dafür kräftig mitgewirkt hat, daß die Bürgermeistereiverfaffung, ein französisches Institut, in den rhein landischen Stãdten konserrirt würde, gegenüber der Anschauung in allen Stãdten der ganzen übrigen Monarchie, der mir späͤter gesagt het, ich bereue sehr, daß ich dafür eingetreten bin. Die rbeinischen Stãdte haben aber die Befugniỹ, so weit ich mich augenblicklich der Stãdteochnuns für Rbeinland erinnere, durch eigene Beschlußfassung zur Manistratsverfafs ung überzugehen, und wenn darin die Konsequen; sein würde, daß die rheinischen Städte sich auf den Rechtsboden stellen,

auf dem die ganze übrige Monarchie in allen ihren Provinzen steht, so würde das nach meiner Meinung ihrer Berwaltung keinen Abbruch ihun. So viel ist gewiß, man kann für diesen Beschluß des Abgeordnetenhauses sehr gule Gründe materieller Natur anführen, und ich will hierbei noch bemerken, daß alle Berechnungen, welche dem Landtage mitgetheilt sind, die Veränderungen, welche durch die De⸗ klaration und durch die Gewerbesteuer herbeigeführt werden, ganz un⸗ berücksichtigt lassen. Meine Herren, wenn man erwägt, daß sämmtliche Regierungs⸗Räthe z. B. in Köln eist in der dritten Klasse stimmen, und daß in Zukunst noch viel größere Verschiebungen durch die De- klaratien eintreten werden, so glaube ich, daß die Befürchtung. die die Herren in Köln und an anderen Orten daran geknüpft haben, in keiner Weise ftichhaltig sind. Nun ist aber ron dem Herrn Antrag steller mit Recht hervorgehoben worden, daß in einer solchen Frage, die jedenfalls sehr viel für und gegen sich bat, wohl die Auf— fassung als berechtigt anerkannt werden kann, daß doch das Herrenhaus Rücksicht nehmen sollte auf die ganze Gestaltung der Parteiverhältnisse und die Anschauungen im anderen Hause. Meine Herren, wenn jedes Haus sich in die Brust wirft und sagt: wir kümmern uns um das andere Haus nicht, wir stimmen so, wie es uns beliebt so wird ein Zweikammersystem bei den großen Gesetz⸗ gebungen leicht scheitern. Wie die Staatsregierung sich von vorn⸗ herein bewußt gewesen ist, daß sie in Vielem, soweit nicht grund—⸗ legende Dinge in Frage stehen, sich entgegenkommend verhalten müsse, um das große Werk nicht zu gefährden, so müssen auch die beiden Häuser des Landtages, so weit sie es vermögen, zusammengehen, um eine solche Reform durchzuführen. Meine Herren, wo so viel Ge⸗ wohnheiten, so viel Interessen offen und heimlich gegen die Reform sich verbünden, daß da nur durch ein festes Zusammenhalten, das das Ganze sieht und über Kleinigkeiten weggeht, überhaupt durch⸗ zukommen ist, liegt auf der Hand. (Sehr richtig) Diejenigen Herren also, die diese Reform an sich wollen, dürfen sich nicht bängen an kleine Fragen, sondern sie müssen auf das ganze Große sehen: das allein muß das Durchfschlagende sein.

Ich kann unter diesen Umständen in Uebereinstimmung mit dem Herrn Minister des Innern, der in dieser Beziehung die Anschauung der Staätsregierung im Abgeordnetenhaus bereits vertreten hat Ihnen nur empfehlen, die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses unver⸗ ändert anzunehmen, und demgemäß den Antrag des Herrn Freiherrn von Landsberg zu dem Ihrigen zu machen.

§. 7] wird entsprechend dem Antrage des Freiherrn von

Landsberg nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses an⸗ enommen. Zu 5§. 82 hat die Kommission die Aenderung eantragt, daß die über 80 Millionen Mark herausgehenden Erträge der Einkommensteuer zur Durchführung der Be⸗ seitigung der Grund⸗ und Gebäudesteuer als Staats— steuer bezw. der Ueberweisung derselben an kommunale Verbände verwendet werden sollen. Das Abgeordnetenhaus hatte dafür nur die Ueberweisung an kommunale Ver—⸗ bände beschlossen.

Graf von Mirbach will die Worte „Ueberweisung der— selben an kommunale Verbände“ streichen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Mir wäre es bei Weitem am Erwünschtesten gewesen, wenn die Kommission an den Beschlüssen des Abgeordneten⸗ hauses nichts geändert hätte; jedenfalls aber würde ich unter allen Umständen bitten, den Antrag des Hrn. Grafen v. Mirbach, wenn er zur Diekussion steht, ich habe nicht recht verstanden nicht anzunehmen.

Meine Herren, wir sind hier, glaube ich, in der Sache ganz einig, umsoweniger Grund haben wir, uns über Worte zu streiten, (Sehr richtig! und durch diesen Streit um Worte uns ganz un nöthige Hindernisse und Schwierigkeiten zu machen. Was wir wollen, ist das: Diese Paragraphen haben in ihrem Zusammenhang den Zweck, dem Lande die Garantie zu geben, daß das Mehraufkommen aus der Einkommensteuer verwendet werden soll, um die Inkongruenz und Ungleichheit und ich kann wohl sagen Ungerechtigkeit, die in dem heutigen Nebeneinanderbestehen der Personal- und Realsteuer liegt, zu beseitigen, soweit die Mittel reichen. Zu diesem Behufe hat man sich naturgemäß an das in so vielen Beschlüssen und Resolutionen des Landtages in den verschiedensten Jahren gebräuchlich gewordene Wort „Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuer' gehalten. Eine Aufhebung der Grund und Gebäude⸗ steuer als Staatssteuer liegt zweifellos in der Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer. Wenn der Staat die Grund und Gebäude steuer an die Kommunen weggiebt, so hört sie auf, soweit der weggegebene Betrag reicht, Staatssteuer zu sein; also es ist nicht nöthig, daneben noch das Wort „Aufhebung als Staatssteuer“ hinzu⸗ zusetzen, und damit ist auch nichts genommen, vielleicht kann dadurch die Sache nur unklar werden. Versteht man darunter, daß der Staat sich überhaupt um die ganze Frage der Belastung des Grund und Bodens mit seinen Einrichtungen nicht mehr kümmert, vielleicht das Kataster und dessen Fortschreibung aufgiebt, dann ist dieser Ausdruck un⸗ acceptabel, denn, daß wir die Katastrirung des Grund und Bodens brauchen, schon mit Rücksicht auf den Realkredit und auf die Grundbuchordnung, kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen. Andererseits, was die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer betrifft, so können die Ziele ganz identisch sein bei allen Mitgliedern, aber dennoch können erhebliche Meinungs Verschiedenheiten bestehen über die Art der Durchführung. Die einen können glauben, es sei richtig, die Grund und Gebäudesteuer den Kommunen zu dem Zwecke zu überweisen, daß sie dieselben wie der Staat sie bisher erbob, nun weiter erheben, andere können der Meinung sein, daß die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer als integrirender Theil eines Kommunalsteuer⸗ gesetzes aufzufassen ist, welches zugleich Bestimmungen trifft darüber, wie weit die Kommunen berechtigt sein sollen, an Stelle der Grund⸗ und Gebãudestenern des Staates andere Realsteuern, die sich für spꝛzielle Kom⸗ munalbesteuerung besser eignen, zu setzen. Die einen sind vielleicht der Mei⸗ nung, es würde vielleicht zweckmäßig sein, die Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Gemeinden zu überweisen, die anderen an die Kreise und die dritten an die Provinzen. Warum sollen wir da nun jetzt schon etwas präjudizirliches beschließen? Ich habe schon oft hervorgehoben, daß alle diese Fragen eigentlich Doktorfragen sind für heute, weil wir noch nicht mit benannten Zahlen rechnen können. Im Augenblick, wo wir wissen, um welche Summe es sich handelt, die wir zur Disposition haben, werden wir uns leichter über alle diese Fragen verständigen. Meine Herren, Niemand kennt heute das Ergebniß der neuen Veran⸗ lagung der Einkommensteuer. Folglich kann auch Niemand wissen, um

welchen Betrag der Erleichterung der Kommunen es sich handelt. Von

diesem Betrag bangt aber die Entscheidung über die Frage ab, sowobl um welche Kommunen es sich handeln soll, als zu welchem Zwecke die Ueberweisung gescheben soll. Ez hängt davon namentlich auch die Frage ab, ob die Ueberweisung an die Bedingung der Erfüllung bestimmter öffentlicher Zwecke geknüpft werden kann. So bin ich der Meinung, beut können wir über alle diese Dinge nicht definitiv ent scheiden. Wir thun daher gut, in der Regierungsvorlage allgemeine Ausdrücke zu gebrauchen. Nur in einem Punkte müssen sie bestimmt sein, das ist in der Regierungsvorlage der Fall; es muß eine Garantie gegeben werden, daß mittels des Mehreinkommens aus der Ein⸗ kommensteuer allein der Zweck verfolgt werden soll, die Steuerreform durchzuführen. (Gravo!)) Meine Herren, die Ausgaben des Staates wachsen und die Befürchtung ist naturgemäß, daß, wenn die Staats kasse erst die Mehreinnahme aus dieser Einkommensteuer bat, die steigenden Ausgaben schließlich eine Art Zwang ausüben möchten auf die Regierung und den Landtag, aus dem Aufkommen der neuen Ein⸗ kommensteuer die neuen Ausgaben zu decken. Schließlich würde Alles beim Alten bleiben, die Grund und Gebäudesteuer wird dieselbe bleiben und die vermehrten Staatsausgaben würden Alles verschlingen. Meine Herren, der Paragraph soll nur diejenige Garantie geben, die überhaupt möglich ist. Diese Garantie ist doppelter Natur: für den Landtag, daß die Steuerreform in dem Sinne, wie sie heut be⸗ schlossen, durchgeführt wird; sür den Finanz⸗Minister gegenüber den Bestrebungen der übrigen Ressorts, nützliche Ausgaben zu machen, in⸗ dem er sagen kann: Kraft dieses Gesttzes bin ich nicht berechtigt, über das Mehr zu disponiren. Das ist festgelegt. Meine Herren, wenn dieser Zweck erreicht wird, dann haben wir aber das Wesentliche er⸗ reicht. Man hat auch an den 5§. 85 allerhand Bedenken geknüpft, man hat gemeint, es könnte dadurch, wenn eventuell im Jahre 1895 das Gesetz, betreffend Ueberweisung der Grund und Gebäudesteuer, nicht zu Stande gekommen sein würde, ein Kampf entsteben zwischen den Interessenten der Einkommensteuer und denen der Ueberweisung der Grund und Gebäudesteuer, und es könnte gerade die letzte Partei dabei den Kürzeren ziehen. Ich kann darauf immer nur erwidern, daß, nachdem einmal in dem allgemeinen Rechtsbewußtsein des Landes, innerhalb der Landesvertretung und der Staatsregierung die Ueberzeugung durchgedrungen ist, daß gerade diese Reform der Einkommenstener noch mit viel größerer Entschiedenheit auf die weitere Durchführung der Reform im Sinne der Entlastung der Objekte in der Staatsbesteuerung hindränge, eine solche Gefahr nicht denkbar ist. Gerade, wenn man sich den Fall scharf vorstellt, wo wir doch das allgemeine Reineinkommen schärfer heranziehen wollten als bisher, um dadurch eine Ausgleichung in der Ueberlastung der Objekte zu erzielen, so wird man nicht denken können, daß da doch nun ein Landtag konkludiren könne im gerade entgegengesetzten Sinne, die Objekte sollen voll belastet bleiben, die Einkommensteuerpflichtigen, die wir stärker heranziehen wollten, sollen nun wieder entlastet werden. Nun kommt meiner Meinung nach ferner hinzu, daß aller menschlichen Voraussicht nach der Landtag noch in der jetzigen Komposition diese ganze Reform durchführen kann. Wir werden im nächsten Winter noch das Gesetz wegen der Kommunalsteuer und der Ueberweisung von der Grund⸗ und Gebäudesteuer wahrscheinlich nicht vorlegen können, wir arbeiten allerdings jetzt schon vorbereitend an dem neuen Kommunalsteuergesetz mit diesen Gesichtspunkten, wir können es aber nicht zum Abschlusse bringen, ehe wir die erste Veranlagung der Einkommensteuer haben. Diese werden wir aber erst haben in den Anfangsmonaten des nächsten Jahres. Es wird also aller Wahrscheinlichkeit nach eine gründlich durchgearbeitete Gesetzgebung, die die zweiten Stadien verwirklichen soll, nur vorgelegt werden können dem nächstfolgenden Landtage von 1893,94, dann ist der jetzige Landtag aber noch da, und die Steuer⸗ reform kann in demselben Geist, in dem sie begonnen ist, durchgeführt werden. Darin liegen die entscheidenden Garantien.

Meine Herren, wenn der Antrag Mirbach angenommen würde, dann würde der Frage nach einer anderen Richtung präjudizirt werden. Dann würde es nur heißen, die Grund und Gebäudesteuer wird auf⸗ gehoben. Es können also die Kommunen gar nicht in die Lage kommen, die jetzige Gebäudesteuer weiter zu erheben. Auch nach dieser Richtung darf in keiner Weise den Fragen vorgegriffen werden.

Ich bitte also, die Vorschläge des Abgeordnetenhauses unter Ab⸗ lehnung der Abänderungsanträge Ihrer Kommission anzunehmen, eventuell jedenfalls nicht weiter in den Abänderungen zu gehen, als Ihre Kommission Ihnen vorgeschlagen hat.

Freiherr von Bemberg begrüßt die Reform der Einkommensteuer, weil dadurch die Ungerechtigkeit und Ungleichmäßigkeit der jetzigen Ver⸗ anlagung beseitigt werde, mit Freude. Er begrüße auch die Sicherung der weiteren Reform, die Ueberweisung der Grund und Gebäudesteuer. Aber durch die Ueberweisung werde immer nur das große Ganze, die Gemeinde erleichtert, nicht der einzelne durch die Grund und Ge—⸗ bäudesteuer belastete Besitzer. Der Antrag der Kommission gebe diesem Gedanken besser Ausdruck.

Referent Freiherr von Landsberg: Die Kommissien habe es für zveckmäßig gehalten, den Gedanken der Entlastung des Grundbesitzers deutlicher im Gesetze zum Ausdruck zu bringen.

Ober-Bürgermeister Struckmann hält es für einen gefähr⸗ lichen Vorgang, einen bloßen Gedanken in das Gesetz hineinzubringen. Es bleibe dann immer noch ein großer Zweifel in Bezug auf die Ausführung. Deshalb solle man sich mit der Fassung des Ab⸗ geordnetenhauses begnügen, namentlich, da doch vielfach auch von der , der halben Grund und Gebäudesteuer die Rede

ewesen sei.

ö Herr von Helldorff (Bedra) erklärt sich ebenfalls für die

3 welche das Abgeordnetenhaus beschlossen, weil dadurch die rage offen gelassen sei.

§. 82 wird entsprechend dem Antrage der Kommission an⸗ genommen.

Das Gesetz wird schließlich im Ganzen angenommen.

Es folgt die Berathung des Gesetzentwurfs wegen Aen⸗ derung des Erbschaftssteuergesetzes, dessen unver⸗ änderte Annahme die Kommission empfiehlt.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich bin mir bewußt, daß die schönsten Aus- führungen das Herrenhaus nicht bewegen würden, die vom Ab⸗ geordnetenhause gestrichenen Bestimmungen über die Besteuerung der Ascendenten, Deseendenten, bezw. der Ehegatten bei Erbfällen hier zur Annabme zu bringen. Noch mehr bin ich mir klar darüber, daß, selbst wenn das Herrenhaus einen solchen Beschluß fassen sollte, das doch keine Gegenliebe im Abgeordnetenhause finden würde. Unter diesen Umständen verzichte ich darauf, nochmals die Begründetheit der Anträge der Staatsregierung hier näher darzulegen. Ich bin der Meinung, daß alle Gründe, welche hier in der Kommission und im

Abgeordnetenbause dagegen angeführt sind, nicht stichhaltig sind. Ich weiß aber, zur Zeit ist die Uebereinstimmung nicht zu erlangen, und ich verzichte daher auf das Bemühen, diese Anträge wieder auf⸗ zunehmen, und bitte nur, im Uebrigen die erbeblichen technischen Be⸗ stimmungen und Verbesserungen, die noch übrig geblieben sind, an⸗ zunehmen.

Freiberr von Durant spricht sich gegen die Bestenerung der Erbanfälle an Ehegatten, Ascendenten und Descendenten aus.

Die Vorlage, welche nur noch einige technische Maßregeln enthält, wird darauf ohne weitere Debatte angenommen.

Es folgt die Berathung des Gewerbesteuergesetzes, dessen unveränderte Annahme der Referent der TII. Kom⸗ te,. t Ober⸗Bürgermeister Schmieding (Dortmund) empfiehlt.

. Struckmann ist zweifelhaft darüber, ob man die Miethe für einen Laden, ein Fabrikgebäude ꝛc. vom Ertrage des Geschäfts abziehen könne oder nicht. Werde der Abzug ge⸗ stattet, dann werde eine Ungleichheit entstehen. Der Unternebmer in Miethsräumen werde die Miethe abziehen können, der Unternehmer in eigenen Gebäuden nicht.

Referent Ober ⸗Bürgermeister Schmieding hält die Miethe nicht für abzugsfähig, meint aber, daß man die Löfung solcher Zweifel der syäteren Auslegung des Gesetzes überlassen müsse.

General · Steuer Direktor Burghart: Die Regierung betrachte die Gewerbesteuer als eine Ertragssteuer. Ein Unternehmer, der fein Gewerbe im eigenen Pause betreibe, habe den Werth der Lokali⸗ täten seinem Anlagekapital zuzurechnen. Die Miethe eines Ladens müsse ebenfo wie die Miethskoften für Arbeitskräfte 2c. als Betriebs ausgabe abgezogen werden.

Graf von Frankenberg: Adu speziell könne ein Gesetz nicht auf die Einzelheiten eingehen; desbalb bestände auch hier Zweifel, 3. B. ob Torfpresserei, Steinbrüche, wenn sie Pflastersteine her⸗ stellten , steuerpflichtig seien. Hoffentlich werde das Ober ⸗Verwal⸗ tungsgericht die Sache bald klarstellen. Redner fragt dann, ob die Befteuerung nach dem Ertrage oder nach dem Anlagekapital dahin zu verstehen sei, daß nach dem Anlagekapital unbedingt versteuert werden müffe, auch wenn nicht ein entsprechender Ertrag erzielt werde.

Dber⸗Bürgermeister Zweigert protestirt gegen die Auslegung des General⸗Steuer⸗Dircktors bezüglich der Ladenmiethe und ihrer Abzugsfäbigkeit.

General ⸗Steuer⸗Direktor Burghart weist darauf bin, daß jeder Betrieb mit einem Anlagekapital von mehr als 1 Million Mark der ersten Klasse angehöre. Würden 50 000 „M Ertrag nicht erreicht, so könne die Steuer ermäßigt werden.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Alle Ausführungen der Herren Vorredner zeigen eben, daß, wenigstens soweit es sich um die staatliche Be— steuerung handelt, die Ertragssteuern mangelhafte Steuern sind. Alle diese verschiedenen Inkongruenzen können Sie bei dem Ertragssteuersystem nicht ganz vermeiden. Meine Herren, Sie echauffiren sich hier darüber, daß ein Hauseigenthümer, der in seinem eigenen Hause einen Laden hat, aber Schulden auf seinem Hause besitzt, keinen Abzug machen kann und umgekehrt, daß dem Ladenbesitzer es nicht geboten wird, den Laden als Anlagekapital zu behandeln; sofern er ihn miethet daß er die Miethe als Betriebsausgabe verrechnen kann, während Sie sich gar nicht darüber echausfiren, und doch noch viel mehr sich echauffiren müßten, wenn Sie sich die Lage eines schwer mit Hypotheken belasteten Grundbesitzers gegen einen vollkommen hypothekenfreien Grundbesitzer vorstellen und sich klar machen, daß beide das Gleiche leisten müssen, der verschuldete Grundbesitzer ge⸗ wissermaßen die Hypotheken seines Gläubigers mitversteuern muß. (Sehr richtig h

Das liegt in der Natur der Bruttobesteuerung, wie wir sie im vorliegenden Falle in der Ertragssteuer haben. Das können Sie über⸗ haupt nicht ändern. Der Herr Ober ⸗Bürgermeister Struckmann erkennt an, daß diejenigen Aufwendungen, welche für Herstellung des Geschäfts als Anlage⸗ und Betriebskapital verwendet sind, nicht zum Abzug gebracht werden können. Damit ist alles Andere entschieden; das sind dann nur noch quaestiones facti, was im einzelnen Falle darunter⸗ fällt und was nicht, und es ist wohl richtig, wenn die Staats— regierung sich enthält, auf jede Frage, die demnächst der Entscheidung des Ober ⸗Verwaltungsgerichts in dieser Beziehung unterworfen ist, eine Antwort zu geben. Diese Antworten würden auch gar nicht prä⸗ judizirlich sein für das Ober ⸗Verwaltungsgericht, das würde noch immer selbständig entscheiden können. Persönlich bin ich mit meinem ver— ehrten Herrn Nachbar ganz einverstanden, daß, wenn jemand einen Lade; miethet, die Miethe zu den laufenden Geschäftsunkosten gehört und nicht zu dem Anlagekapital. Sollte das Ober ⸗Verwaltungs⸗ gericht in einem anderen Sinne entscheiden, so würde es uns vom fiskalischen Standpunkt aus ja nur sehr erwünscht sein, und Herr Ober Bürgermeister Struckmann ist in dieser Beziehung viel fiskalischer als die Staatsregierung. (Heiterkeit)

Meine Herren, was die Frage des Hrn. Grafen Frankenberg be⸗ trifft, so liegt die Sache ähnlich; schon jetzt sind in der Praxis die größten Differenzen über die Auslegung der Nr. 4 des 5§. 4. Der Grundsatz ist der: Der Grundbesitzer, der nichts weiter thut als die Produkte seines Grundbesitzes verwerthen, oder die integrirenden Theile desselben, der handelt als Grundbesitzer und nicht als Ge⸗ werbetreibender. Wenn er aber diese Produkte seines Grundbesitzes weiter verarbeitet, so entsteht eine Grenze, wo er Gewerbetreibender wird. Das haben wir so bezeichnet. Wo er eine be— sondere Waare, eine Handelswaare aus den Produkten

seines Grund und Bodens konstruirt und verwerthet, da ist er Gewerbe⸗ treibender. Wo nun die Grenze zu finden ist, das ist Sache der praktischen Durchführung. Sie werden nicht ein Gesetz machen können, welches alle einzelnen Fragen beantwortet. Das ist völlig unmöglich. Man muß sich dahin verständigen, daß man auf eine verständige Aus— übung und Handhabung des Gesetzes vertraut. Man kann nicht jeden einzelnen Fall entscheiden, und versucht man es, so wird das Gesetz noch viel unklarer. Dann wird man einzelne Fälle entscheiden, und eine Reihe anderer Fälle wird unentschieden bleiben. Ich möchte Sie also bitten, bei der allgemeinen Fassung zu bleiben. Eine größere Garantie einer gleichmäßigen Handhabung dieser Fragen kann doch gar nicht gegeben werden, als dadurch, daß wir in Zukunft eine ein⸗ heitliche Entscheidung durch einen völlig unabbängigen obersten Gerichtsbof für die ganze Monarchie haben. (Sehr richtig.) Es ommt hier auch weniger darauf an, daß die einzelne Entscheidung über den einzelnen Fall theoretisch ganz unanfechtbar ist, als daß die Entscheidung konstant gehandhabt, daß jeder gleichartige Fall in gleicher Weise entschieden wird, und diese Garantie haben wir jetzt. Ober Bürgermeister Struckmann stellt einen Antrag zu 5. 22 in Aussicht, wonach Miethe abzugsfähig fein soll.

Finanz⸗Minister Dr. Mi quel:

Meine Herren! Ich habe vorhin mich schon dahin ausgesprochen, daß der Fall, den der Herr Ober⸗Bürgermeister Struckmann vorher

angeführt hat, einer von den hundert Fällen ist, wo es zweifelhaft sein kann, was ist eine Auslage für die Herstellung des An—⸗ lage und Betriebskapitalz, und was ist eine Auslage, die ab⸗ gezogen werden muß vom Bruttoertrag, um zu dem Reinertrag zu gelangen. Sie können sich eine Reihe von solchen äbnlichen Fällen konstruiren, wie Hr. Struckmann sie vorgeführt kat, ich persönlich bleibe dabei stehen, daß ich eine Ausgabe, die Jemand macht, um sich die Bruttoerträge aus seinem Geschäft jahrlich zu verschaffen wozu ich Miethen rechne füt eine Last halte, die abgezogen werden muß vom Bruttoertrag, um zum Reinertrag zu kommen. Aber ich wiederhole, das ist eine von den vielen zweifelhaften Fragen, die auf diesem Gebiete entsteben werden, und daß das Ober⸗Verwaltungsgericht diese Entscheidung zu treffen bat, und daß es durchaus nicht wohlgethan wäre, solche Kasuistik in das Gesetz zu tragen, einen Fall herauszugreifen und hundert andere unentschieden zu lassen und dadurch die Sache geradeju verdunkeln. Wenn man sich aber die materielle Lage der betreffenden Steuerpflichtigen ansieht, so muß ich doch sagen, daß ein Hauseigenthümer, der einen Laden in eigenem Hause etablirt, sich in einer ganz anderen Lage befindet, als ein Ladenbesitzer, der jeden Augenblick einer Kündigung unterworfen ist, zieben muß, seine Kundschaft verliert und daher auch weniger Steuern zahlen kann, als der Hauseigenthümer, der seine eigene Behausung hat, und der in den meisten Fällen auch sein Haus verkaufen kann, wenn es vortheilhaft ist, nur statt als Eigenthümer seinen Laden zu baben, ihn als Miether zu benutzen. Also eine so unsägliche Ungerechtigkeit liegt auch nicht vor. Nun kommt aber weiter hinzu, wir haben durch die Gewerbesteuer die Gewerbetreibenden entlasten wollen, welche neue Belastung würden die Handelstreibenden erfahren, wenn der Antrag Struckmann durchginge! Wenn Sie die Berliner Straßen entlang gehen, so werden Sie wenig Ladenbesitzer finden, die in ihrem eigenen Hause wohnen. Die Leute sind fast alle Ladenraum⸗ miether. Wenn Sie alle die Miethe nicht abrechnen könnten, dann würden sie auf einmal in ganz andere Klassen kommen als in denen sie bisher gewesen sind. Stellen Sie sich einen solchen Mann vor, der heute bei den kolossalen Ladenpreisen 20 000 bis 30 0090 4 für zinen Laden geben muß und der hiernach entsprechend veranlagt wurde wenn er auf einmal nicht mehr in der Lage wäre, die 20 000 bis 30 000 S Ladenmiethe von seinem Rohertrag abzuziehen, sondern diese mit versteuern muß. Was das für einen Eindruck bei den gesammten Kaufleuten machen würde, das brauche ich nicht weiter zu schildern, und ich bitte daher den Antrag Struckmann abzulehnen. Sie würden sonst das Gesetz außerordentlich gefährden.

Im Abgeordnetenhause lag die Sache anders. Da wurden Ver suche gemacht, umgekehrt zu verfahren, auch in ganz prinzipienwidriger Weise, die Schulden, die Jemand macht, fär Anlage und Betriebs kapital in Abzug bringen zu lassen. Das entspricht der natürlichen Billigkeit mehr, würde aber dem ganzen Charakter der Gewerbesteuer als einer Ertragssteuer abfolut widersprechen und würde dahin führen können, daß jeder Gewerbetreibende mit der größen Leichtigkeit in der Lage wäre, seine Steuern sich zu reduziren oder ganz von Steuern frei zu werden, ohne daß seine materiell wirtbschaftliche Lage sich änderte. Es kann ein Gewerbetreibender, der mit eigenen Mitteln ohne Schulden zu kontrahiren, sein Anlagekapital sich beschaffen kann, sehr wohl seine Mittel gebrauchen, um sich Hypotheken oder Effekten zu kaufen. Es können drei Männer, die gleichzeitig ein Gewerbe be⸗ treiben und alle ein eigenes Vermögen besitzen, sich gegenseitig ihr Vermögen leiben und in Folge dessen von der Steuer gänzlich frei werden. Das sind widerspruchsvolle Dinge, die mit der Natur der Ertragssteuer nicht im Einklang stehen. Und deshalb bat das Abgeordnetenhaus hiervon mit vollem Recht abgesehen.

Wir werden uns ja über die Beibehaltung der Gewerbesteuer als Staatssteuer in Zukunft noch mehr unterhalten. Es sprechen im Großen und Ganzen dieselben Gründe, die für die Aufhebung der Grund⸗ und Gebäudesteuer als Staatssteuer sprechen, auch für die Gewerbesteuer, und ich kann mir sehr wohl denken, daß wir einmal dahin kommen werden, die gewerblichen Anlagen, die wesentlich dazu beitragen, die Kommunallasten, die Armenlasten, die Schullasten zu erhöhen, als Objekte der Kommunalsteuern ju behandeln und darauf zu verzichten, sie als Staatssteuern neben der Einkommensteuer weiterzufübren. So large wir aber dahin nicht gelangt sind, muß man die Nachtheile, die aus der Natur der Ertragssteuer folgen, die man nicht los werden kann, mit in den Kauf nehmen, und ich würde Herrn Struckmann bitten, den Antrag nicht zu stellen und wenn er gestellt wird, das hohe Haus bitten, ihn abzulehnen.

Ober⸗Bürgermeister Struckmann ziebt seinen Antrag zurück, um nicht durch die Ablehnung desselben seine Ansicht als die falsche dargestellt zu sehen. .

Herr von Woyrsch beantragt die en bloc-Annahme des Gesetzentwurfes, ;

Bei der Spezialberathung macht

Ober⸗Bürgermeister Schmieding noch aufmerksam auf die Steuerpflicht kommunaler Unternehmungen, z. B. der Wasser⸗ leitungen. Es sei ungerecht, den Gemeinden für solche gemein nützigen Unternehmungen eine Steuer aufzuerlegen.

Finanz ⸗Minister Dr. Miquel:

Ich habe den Herrn Berichterstatter nicht vollständig verstanden. In der Kommission kam ja die Frage zur Sprache, und im Allge—⸗ meinen, haben wir gesagt, sind die Wasserleitungen, welche die Kom munen innerbalb ihres Bezirks betreiben, frei, weil sie einen wesentlich sanitären Charakter baben, die gewerbliche Seite des Unternebmens dabei in den Hintergrund tritt und das öffentliche Interesse maßgebend ist. Anders gestaltet sich die Sache aber, wenn eine Kommune nicht für ibre eigenen Angehörigen für Wasser sorgt, sondern in der Att, wie andere Gewerbetreibende auch, des Vortbeils wegen diese Wasser⸗ leiturg dritten Kommunen ju Gute kommen läßt und auch für diese Geschäfte betreibt; denn das ist nicht der Beruf der Kommune, dann wird sie naturgemäß Gewerbetreibende.

Nun habe ich aber dabei anerkannt, daß selbst wenn ein solcher Fall vorliegt, doch der Begriff des Gewerbebetriebes überhaupt aus geschlossen sein kann. Beispielsweise, wenn eine Kommune das Wasser von entfernten Gegenden sich zuleiten muß, genöthigt ist, andere Ge⸗ markungen zu durchschreiten mit ihren Röhrenleitungen, und in Folge dessen Vertreter dieser Gemarkungen der wasserleitenden Kommune aufgeben, auch an diejenigen Gemeinden Wasser abzugeben, durch welche die Röhrenleitung geführt wird, so sage ich: das ist immer noch kein Gewerbebetrieb, das ist eine Verpflichtung, welche der Kommune, die die Ihrigen mit Wasser versorgen will, auferlegt wird, dagegen wenn eine kleine Gemeinde auf dem Taunus, die wundervolle

Quellen hat, statt an ihren Quellen einen Luftkurort zu errichten,

wie das sonst üblich ist, das Wasser an andere Gemeinden verkauft, so ist sie genau ebenso anzusehen, wie ein Privatmann, der dieses Ge⸗ schäft macht; dann hat die Wasserleitung keinen sanitären, öffent⸗ lichen Charakter für die Gemeindeangehörigen, sonbern sie ist ein gewerbliches Unternebmen. Man muß also die einzelnen Fälle genau unterscheiden und darnach die Frage entscheiden, ob ein gewerbliches Unternebmen vorliegt oder nicht. Bei diesem ganzen Paragraphen haben wir ja überhaupt zu Gunsten der Gemeinden die Zweifelsfälle entschieden, wo die Frage auf der Grenze liegt, ob ein gewerbliches Unternehmen. welches des Vortheils und Gewinnes wegen unter nommen wird, vorhanden ist, oder ein Unternehmen, welches wesentlich aus dem Gesichtspunkt der Förderung öffentlicher Interessen unter nemmen wird. Diejenigen Fälle, wo zweifellos diese Unternehmungen rein gewerblicher Art sind, wo sie in Konkurrenz mit Privat- unternehmern betrieben werden, wo sie nur den Zweck verfolgen, Gewinn zu erzielen, da haben wir die Gemeinden genau so bebandelt, wie die Privatgewerbetreibenden. Ich glaube, meine Herren, wenn wir anders verfahren hätten, so würden wir in übertriebener künst-⸗ licher Weise die Gemeinden dahin gedrängt haben, eine Kommuna⸗ lisirung der Gewerbebetriebe eintreten zu lassen in einer Weise, die wir gewiß alle nicht wünschen und die den Gemeinden auch in keiner Weise frommen und diensam sein würde.

Nach einer abermaligen Bemerkung des Berichterstatters erwidert Finanz ⸗Minister Dr. Miquel:

Der Herr Berichterstatter hat gemeint, die Staatsregierung hätte sich gewissermaßen in einer zu großen Fiekalität oder Aengstlichkeit den Unternehmungen der Kommunen entgegengestellt. Meine Herren, gerade das Gegentheil ist richtig. Unsere Gemeinden sind in Bezug auf ihre Unternehmungen und Ausgaben eigentlich sehr frei, sofern sie nicht Darlehne aufnehmen müssen bezw. Papiere au porteur ausgeben, wozu dann die Genehmigung erforderlich ist. Bei dieser Gelegenheit wird aber von der Staatsregierung eigentlich nur die finanzielle Seite geprüft, die materielle Seite des Unternehmens kaum. In Folge dessen resultirt eine Buntscheckigkeit der kommunalen Unternehmungen, die kaum in einem anderen Lande der Welt so weit geht wie bei uns. Es liegt darin ein Grad kommunaler Freibeit und Selbständigkeit, die nicht einmal in England in dieser Weise existirt, geschweige denn in den romanischen Ländern.

Ich will das nur beiläufig einschalten, was daraus von selbst folgt, daß, wenn man diese freie Bewegung der Kommunen nicht einschtänkt bezüglich der Ausgaben, man auch einen großen Grad der freien Bewegung bezüglich der Art der freien Be schaffung der Einnahmen wird geben müssen, ein Gesichtspunkt, den wir bei dem Kommunalsteuergesetz nicht werden aus den Augen zu verlieren haben. Ich, für meinen Theil, bin davon durchdrungen, daß eine Reihe von Betrieben sich sehr zweckmäßig namentlich für die großen Städte eigne, aber auch selbst für kleinere; nament lich wo es sich um monopolistische Betriebe handelt, wo eine VBerücksichtigung der Konjunktur nicht erforderlich ist, wo eine leichte, einfache, kontrolirbare Verwaltung möglich ist, wie dies z. B. bei den Gasanstalten der Fall ist, da bin ich entschieden dafür, daß die Kommunen diese Anstalten betreiben. Daraus folgt aber nicht, daß sie in allen Fällen steuerfrei sein müssen. Denn sie sind in dieser Beziehung Gewerbetreibende wie alle Privat- gewerbetreibenden. Wenn hier die Stadt Berlin eine Gasanstalt betreibt in Konkurrenz mit der privaten, der sogenannten englischen Gasgesellschaft: Wie kommt man dazu, daß der Staat die Kommune Berlin, die mehr als drei Millionen Nettogewinn davon hat, in der Gewerbesteuer frei lassen und ihre Konkurrentin zur Steuer heranziehen sollte? Wenn morgen die Kom— mune Berlin beschließen sollte, ein Trambahn⸗ Unternehmen einzuleiten, statt dasselbe einer Gesellschaft zu übertragen, es selbst in Regie zu nehmen, und sie hat auch in dieser Beziehung eine Konkurrenzaktiengesellschaft: Wie kommen wir dazu, die Kommune Berlin zu privilegiren in Beziehung auf die Tram bahn, da es dem allgemeinen Staatsinteresse gegenüber gleichgültig ist, ob dies Uatecnehmen unter Aufsicht des Staats von einer Aktiengesellschaft oder von einer Kommune betrieben wird. Ganz anders liegt es bei den Unter nehmungen der Kommunen, die diesen Gewerbecharakter nicht haben, Unternehmungen, die unter dem Risiko betrieben werden, selbst daß sie Schaden bringen, weil sie öffent lichen Interessen dienen und der allgemeinen Wohlfahrt. Betriebe dieser Art können auch einen doppelten Charakter haben, wie z. B. die Viehhöfe. Es kann ein solcher von Privaten wie von Gemeinden in gleicher Absicht aus Gewinnrücksichten betrieben werden, und hier in Beilin haben wir Gelegenheit gehabt zu sehen, daß ein Viehhof Anfangs von einer Privat⸗ gesellschaft betrieben und erst später kommunalisirt wurde. Dennoch haben wir die Unternehmen dieser Art frei gelassen. Wir haben uns gesagt, die Viehhöfe stehen in einem solchen Zu— sammenhange mit dem Betriebe der Schlachthäuser, daß man sie nicht wohl trennen kann. Schlachthäuser aber werden nur der all- gemeinen Wohlfahrt wegen betrieben, sie beruhen auf einem bestimmten Gesetz; sie sind auch beschränkt in Bezug auf die Vor- theile, da sie nicht mehr als 5 9 des Anlagekapitals gewinnen dürfen. Dies Unternehmen fällt daber nicht unter die Gewerbebetriebe.

Was nun die Wasserleitung von Dortmund betrifft, so ist es eigenthümlich, daß bei der Steuer jeder seine eigenen Personal⸗ und Lokalschmerzen vorbringt und sie gern entschieden haben will zu seinen Gunsten. Ich muß hier ssagen, wenn die Sache in Dortmund so liegt, wie sie der Herr Ober⸗Bürger⸗ meister dargestellt hat, so kann die Gefahr jedenfalls nur minimal sein. Er sagt, wir haben für Dortmund eine Wasserleitung gebaut, die 5 000000 Æ gekostet hat. Nun haben wir, weil wir etwas Wasser übrig hatten, was wir nicht brauchten, Wasser an eine Nachbargemeinde abgegeben. Nun steht es in dem Gesetze deutlich, in diesem Fall, selbst wenn das aus rein gewerblichen Gründen, des Gewinns wegen geschieht, soll die betreffende Wasserleitungsgemeinde nicht mehr bezablen, als sie durch den Nebenbetrieb für die andere Gemeinde erwirbt. Also nicht das Ganze ist gewerbesteuerpflichtig, sondern nur soweit sich nicht der Betrieb auf den Bezirk der unter nehmenden Gemeinde beschränkt, ist ein Steuerobjekt vorhanden. Wenn das von keiner großen Bedeutung ist, so wird Dortmund wahr- scheinlich steuerfrei sein, unter die 1500 M fallen. Ich glaube, meine Herren, die Kommunen können sich am Allerwenigsten über diese Gesetzes vorlage beklagen, und ich möchte daher bitten, nicht zu ver⸗ suchen, in dieser Beziehung Aenderungen eintreten zu lassen.