1891 / 104 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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zu vertreten. Im Namen Ihrer Majestät der Königin be⸗ gaben sich gleichzeitig der dienstthuende Kammerher i Majestät Graf von Dillen⸗-Spiering und der Setretãr Ihrer Majestät Baron von Wolff zur Theilnahme an den ö nach St. Petersburg.

Hessen.

Darmstadt, 2. Mai. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen wird der „Darmst. Itg.“ zufolge am Montag Vormittag 11 Uhr 15 Minuten mit dem Prinzen Waldemar von Kiel zu längerem Besuch dahier eintreffen.

Mecklenburg⸗Strelitz.

Neustrelitz, 1. Mai. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog wird sich der „Meckl. Ldszig.“ zufolge am I0 d. M. zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Bad Kissingen begeben.

Sachsen⸗Altenburg.

Altenburg, 2. Mai. Gestern beging, wie das „Chemn. Tgbl.“ fel n ik der Geheime Finanz-⸗Rath Sonnenkalb das seltene Fest einer 25 jährigen Amtsperiode als Chef des Finanz⸗Ministeriums. Der Jubilar verlebte diesen Tag in Gries bei Bozen, wohin er sich zur Wiederherstellung seiner Gesundheit vor einiger Zeit begeben hatte.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 2. Mai. Der Landtagsausschuß wird, nach dem „Reg⸗ und Nachr-Bl.“, am 4. d. M. zur verfassungsmäßigen Prüfung der Staatskassenrechnungen für das Jahr 1889 hier zusammentreten.

Oesterreich⸗Ungarn.

Gestern (Sonntag) Vormittag um 11 Uhr fand, wie daz K. K. Telegraphen Correspondenz-Bureau meldet, in Wien die letzte Sitzung der Delegirten zu den deutsch-öster— reichischen Handelsvertrags-Verhandlungen statt, in welcher der Vertrag paraphirt wurde. (Vgl. unsere Mittheilung unter „Berlin“. D. Red) Der Vorsitzende, Minister von Szoegyenyi, hob in kurzer Ansprache die wirthschaftliche und politische Bedeutung des Ver— trags hervor und dankte sämmtlichen Theilnehmern für ihre unermüdliche Mitwirkung. Der General-Konsul, Wirkliche Geheime Legations-Rath Jordan dankte Namens der deutschen

Delegirten. . Das Wiener „Fremdenblatt“ beingt über den Ab—

schluß der Handelsvertragsverhandlungen folgende

Betrachtungen:

Nach langen und mühevollen Unterhandlungen, nach Ueberwindung vielfacher Schwierigkeiten ist endlich zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und Deutschland ein volles Einverständniß über den neuen Handelsvertrag erreicht, die wirthschaftliche Einigung zwischen den beiden großen Central⸗ staaten des europäischen Kontinents erzielt worden. Es war dies zu erringen nicht leicht, und das Gelingen darf als ein Ereigniß be⸗ zeichnet werden, das, an sich von Bedeutung, noch bedeutungsvoller durch seine weitere Entwickelung werden wird und berufen erscheint, die Grundlagen der gesammten wirthschaftlichen Politik beider vertragschliehender Theile gegenüber anderen Staaten Europas zu schaffen. Die Annäherung der großen Reiche, die auf dem Gebiete der Politik längst erfolgt ist, vollzieht sich nunmehr auf dem wirshschaftlichen Terrain. Sie war auf dem einen wie auf dem anderen Boden die Folge des gleichen ge⸗ waltigen Anftoßes, und sie wird in beiden Richtungen auch fernerhin von gleichen Grundsätzen geleitet bleiben. Jene für Europa so ereignißreiche gegenseitige Annäherung Deutschlands und Desterreich˖ Ungarns, welche in dem Bündnißvertrage ihren Ausdruck gefunden hatte, sie war durch die Konstellation Europas herbeigeführt worden, welche beide Reiche bemüßigt hatte, sich gegenseitig zum Schutze des Friedens und der geltenden Ordnung zu verbinden, um auf solche Weise im Vorhinein drohenden Eventualitäten zu begegnen, die Freunde des Friedens überall zu stärken, den Gegner im Vorhinein zu entmuthigen. Allerdings wurde nicht überall der wahre Zweck des Bündnisses sofort erlannt, und das Mißtrauen wurde vielfach rege, vielfach auch von den Gegnern des Feiedens künstlich ausgesäet. Allmählich aber wurde Europa der wahren leitenden Ideen des Bündnisses inne, andere Staaten schlossen sich demselben an oder theilen offen seine Tendenz, und nunmehr darf Europa wobl die zwei Dezennien des Friedens zum nicht geringen Theile jenem Zusammen⸗ schluß der großen Centralmächte danken.

Die wirthschaftliche Annäherung, das Bewußtsein der steigenden Nothwendigkeit einer solchen, war die Konsequenz des wachsenden ein— seitigen Protektionismus, des von manchen Staaten betriebenen Schutzzoll ystems. Das politische Bündniß war freilich in dem Augenblick geschaffen, da volle Klarheit über die Nothwendigkeit ge⸗ wonnen war, den bestebenden Macht- und Rechtszustand Europas zu schirmen und keinen Eingriff in denselben zu dulden. Aber eine Sskonomische Annäherung bat wenngleich die leitende Idee nicht lange bis zu ihrer vollen Anerkennung zu tämpfen hatte doch mit so zabllosen wirthschaftlichen Interessen zu ringen, daß sie nur langsam und behutsam und unter thunlichster Schonung der gegenseitigen Bedürfnisse verwirklicht werden konnte. Man hat zwar viel fach diese Schwierigkeiten unterschätzt. Man dachte, Deutsch— land sei bemüßigt, auch ohne entsprechende Gegenkonzes⸗ sionen von unserer Seite seine Agrarzölle herabzusetzen. Aber die Abstimmungen im Deutschen Reichstage, das be— diobliche Stocken der Negoziationen um die Mitte März in Berlin beweisen uns ja deutlich die Irrigkeit dieser Anschauungen. Auch wir mußten selbstverständlich zu Opfern bereit sein, um den Eintritt unserec landwirthschaftlichen Produkte nach Deutschland zu ermöglichen, und der Vertrag ist wohl genügend gekennzeichnet, wenn beinerkt wird, daß er nicht auf Grund freihändlerischer Theorien geschaffen wurde, sondern vermöge der Abwägungen des gegenseitigen Schutz⸗ bedürfnisses.

Als dankenswerthes Resultat darf die gesammte Produktion, In dustrie und Dandelswelt der Monarchie neben der gegenseitigen Herab⸗ setzung vieler Zollpositionen vor Allem die Stabilität begrüßen, die für meht als ein Dezennium an die Stelle der Unsicherheit und der ewigen Schwankungen getreten ist, welche dem ökonomischen Leben jede Sicher heit entzogen haben und welche das gesammte Verkebrsleben in noch heftigere Fluktuationen geschleudert hätten, wenn die Vertrags verbandlungen ge⸗ scheiterr wären. Für eine lange Periode ist nunmebr ein erträglicher, aber auch gesicherter Rechts zustand geschaffen worden, welcher das ökonomische Streben und Wirken in einem großen Gebiete vor jeder Ueberraschung schützt, ihm die endliche Ruhe und Festigkeit zu gewähren vermag. Aber es darf wobl nicht bejweifelt werden, daß, wie die politische Allianz zwischen Deutschland und J, , durch die Wahrheit ihres Gedankens eine Aus— dehnung erfahren bat und auch im Vorhinein anderen Staaten den Beitritt ermöglicht hat, auch das ökonomische Bündniß zwischen den beiden Kaiserstaaten nicht auf diese allein eingeschtänkt bleiben wird. Das gewaltige Handelsgebiet, das nunmehr auf einem wesentlich er⸗ mäßigten Tarif aufgerichtet wird, wird eine mächtige Attraktion auf andere Industriegeblete ausüben. Schon die Gewährung der Meist⸗ begünstigung Seitens eines Theils wird einen Werth repräsentiren, der nicht ohne Gegenleistung von dritter Seite zu erringen sein wird, und die Nothwendigkeit, der Vortheile des neuen Handelsvertrages

theilbaftig zu werden, wird vielen Staaten den Anschluß an diese gemeinsame Vertragspolitik beider Reiche erwünscht und un erläßlich zugleich machen. So ist denn auch das 6kono mische Bündniß ein Werk eines Bedürfnisses des Schutzes, der Abwebr des an eielen Gebieten des ökenomischen Stre⸗ bens bervorbrechenden Protektionismus. Es ist ein friedliches Werk. das auch den ökonomischen Frieden und die Sicherstellung der Grundlagen für einen für alle Theile erträglichen und gedeihlichen Verkehr anstrebt, eine Schöpfung, welche nicht durch Druck, sondern durch die ihr innewobnende Macht, durch die Vortbeile, die sie allen Kompazis zenten einiuräumen bereit ist, Niemanden abschrecken und Viele gewinnen will. Urd insofern immer mächtigere Gebiete Europas in die Sphäre gleicher wirthschaftlicher Interessen gejogen werden die Identität der Ziele vermehrt wird, die gleichen Wünsche und die gleichen Hoffnungen auch das ökonomische Leben erfüllen, werden auch für. den allgemeinen Frieden neue Pfeiler geschaffen, welche tief in der menschlichen Natur wurzeln Wenn einmal die Volksvertretungen daran geben werden, diesem Werke ibre legislative Sanktion und damit die Lebensweihe zu ertheilen, so wird wahrlich diese Besiegelung von nicht minderer Bedeutung werden, als die rein ökonomische Seite des großen Vertragsinstrumentes.“

Ferner theilt das genannte Blatt folgende thatsächliche Angaben über den Vertrag mit: .

Der Zoll. und Handelsvertrag zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und

dem Deutschen Reich ist auf die Dauer von zwölf Jahren vorbehaltlich der parlamentarischen Genebmigung abgeschlofsen worden. Der Vertrag ist ein Tarifvertrag, wie ein solcher seit dem Jahre 1875 nicht mehr bestand und ungeachtet mebrfacher Bemühungen nicht mehr zu Stande zu bringen war. Die mehrfachen langandauernden Unterbrechungen haben gezeigt, welche Schwierigkeiten bei diesen Negoziationen zu überwinden waren Ditse wurden aber doch überwunden und wir steben vor der Unterzeichnung nickt nur eines Tarifvertrages, sondern auch einer Vieb⸗ seuchen ˖ Konvention, welche unseren Viehzüchtern dies seits und jenseits der Leitha den deutschen Markt dauernd sichern soll. Außerdem wurde der §5 15 des Handelt vertrages vom Jahre 1878 einer Textirung unterzogen, welche im Verkehr auf den Eisenbahnen der beiden zollpolitisch geeinten Reiche eine gleiche Behandlung sowohl in der Ein, Aus wie in der Durchfuhr ver⸗ bürgt. Die Schwierigkeiten aber, welchen die von uns angestrebten Getreide- und Holzzollermäßigungen in Deutschland begegneten, be⸗ gründen die Erwartung, daß eine vertragsmäßige oder autonome Ausdehnung der uns tbatsächlich eingeräumten Ermäßigungen auf die russischen Provenienzen, durch welche die Preise in Deutschland viel mehr beeinflußt und der Zollentgang ein sehr namhafter würde, in absehbarer Frist nicht eintreten werde. Das Zustandekommen des Vertrages mit Deutschland bildet aber noch in anderer Hinsicht ein großes Greigniß. Jedes der beiden mächtigen Reiche Mittel⸗Europas wird für länger als ein Dezennium ein Handel gebiet darstellen, in welchem sckon die Behandlung auf dem Fuße der Meistbegünstigung einen boben Kompensationswerth reprä - sentirt. Es ist klar, daß kein Theil künftig diese Meistbegünstigung ohne ausgiebige Gegenleistungen einem dritten Staate einräumen wird. Hierdurch ist die Nothwendigkeit für jeden solchen Staat geschaffen, mit beider Reichen Tarifverträge einzugeben, und so wird die Vertrags politik von Wien und Berlin bestimmt immer weitere Kreise ziehen, immer ausgedehntere Gebiete umfassen. Es ist bereits mehrfach er— wähnt worden, daß Deutschland und Desterreich Ungarn fortan gemeinsame Verhandlungen mit dritten Staaten einleiten merden. Wohl kein Umstand ist mehr geeignet als dieser, dem Resultate des zwischen beiden Staaten geschlofsenen Vertrages formell und materiell die größte Tragweite zu verleihen. Es wäre ein Mangel Dieser Auseinandersetzungen, wenn wir nicht der bedeutenden Opfer gedächten, wel e. ganz ansehnliche Industriegruppen dem Zustandekommen des Vertrages bringen mußten, Aber die Stabilität der neuen Zollsäße, die unvermeidlichen und zum Theil schon in Ausführung gebrachten eisenbahntqrifarischen Maßnahmen dürften einigen Erfatz durch die Ermöglichung billiger Produktionsbedingungen bieten, und es ist ein Faktum, das nicht hoch genug veranschlagt werden kann, daß diese Indusftriezweige jene Opfer ohne jede Opposition brachten im vollen Vertrauen auf die so oft be⸗ währte Schätzung und Förderung der Induftrie durch das Handels und Ackerbau⸗Ministerium und deren wohlwollende Vertreter.“ Wien, 4. Mai. Im Budgetausschusse erklärte vorgestern der Justiz Minister Graf Schönborn, die Regierung erachte sich auch heute noch durch die Ergebnisse der Wiener Konferenzen Betreffs des deutsch⸗böhmischen Aus⸗ gleichs gebunden, und er werde bei seinen Verfügungen dieser Anerkennung stets Rechnung tragen. Wenn die Arbeiten be— züglich der Abgrenzung der Gerichtsbezirke in Böhmen noch nicht zu einem unmittelbaren Erfolge geführt hätten, so müsse die Ursache in den Schwierigkeiten der Durchführung und insbesondere in der Nothwendigkeit der Heranziehung der heterogensten Faktoren gesucht werden. Die Centennarfeier der polnischen Verfassung vom 3. Mai 1791 wurde gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in vielen Städten Galiziens mit polnischer Bevölkerung als nationaler Feiertag festlich begangen. In Lem berg und in Krakau wurden in sämmtlichen Kirchen Festgottesdienste ab⸗ gehalten, später fanden festliche Umzüge durch die Straßen statt; im Rathhause und an vielen anderen Orten wurden auf die Bedeutung des Tages bezügliche Vorträge gehalten; Abends fanden in den Theatern Festvorstellungen statt. Die Feier verlief überall ohne jeden Zwischenfall.

Großbritannien und Irland.

Im Ober hause erklärte am Freitag der Sekretär für Indien Viscount Croß auf eine bezügliche Interpellation des Marquis von Ripon, daß die amtlichen Nachrichten, welche er über die Katastrophe in Manipur erhalten habe, ihn nicht zu der Ansicht bringen könnten, daß der Jubraj und der Senaputty deshalb zu einem Durbar entboten wären, um verhaftet zu werden. Im Unter hause gab der Unter⸗Staatzsekretär für Indien Sir J. Gorst eine ähnliche Antwort. Am Montag . würden wahrscheinlich Depeschen von der indischen

egierung eintreffen und unverzüglich dem Hause vorgelegt werden. Inzwischen eingegangene Privattelegramme aus Kalkutta vom 1. Mai berichten:

Die Manipurs erklären, daß die Ermordung Quinton's und seiner Gefährten bald nach ibrer Gefangennabme, stattfand. Die Verhandlungen waren abgebrochen und die Offiziere standen im Begriff, die Durbar⸗Halle, welche von aufgeregten und bewaffneten Männern erfüllt war, zu verlassen. Der Senaputty (Ober- Befehlshaber) gab durch ein Nicken des Kopfes das verabredete Zeichen jum Beginn des Gemetzels und jog sich dann mit dem Jubraj (Regenten) zurück. Als erstes Opfer fiel Grim. wood, welcher rücklings erstochen wurde. Die erbitterten Manipurs schleypten seinen Körper dann etwa 150 Jards weiter und enthaup— teten ihn daselbst. An derselben Stelle wurden Quinton und Oberst Skene enthauptet, während Cossins, Lieutenant Simpson und die Hornisten ihren Tod in der Nähe der Halle fanden Daß sie vorher gefoltert wurden, scheint nicht wahr zu sein. Die Wohnung des bri⸗ lischen Residenten liegt vollständig in Trümmern. Ebe die Prinzen flohen, wurde noch das Palais des Mabaradschah in Brand 4 Da die Telegraphenverbindung nicht über Kairong hinausgeht, erleiden die Nachrichten aus Manipur eine jwei bis dreitägige Ver⸗ zögerung. Unter dem Kommando von Lieutenant Dewar ist eine Ab⸗ tbeilung berittener Infanterie zur Verfolgung des Regenten und des Senaputm ausgesandt worden. Dieselbe hat Proxiant auf drei Tage mit sich genommen. Auf gestern war das Begräbniß der irdischen Ueber⸗

teste Quinton's und seiner Gefährten festgesetzt. Die Leichen der

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britischen Offiziere sollten unter allen militärischen Ehren auf dem

riedbofe in der Nähe des englischen Palais beigesetzt werden.

er mit der Untersuchung der neullichen Ereignisse ein gesetzte und aus DOberst Ewans, Maior Travers und Kapitän Birch bestehende Gerichtshof beabsichtigt eine all⸗ gemeine Entwaffnung anzuordnen, sobald die Offiziere der Manipurs die Namen und Wohnungen ihrer Soldaten mitgetheilt baben. Das Befinden der verwundeten englischen Offiziere der Tamu⸗ Kolonne ist ein befriedigendes. Da die Verproviantirung so bedeu tender Massen große Schwierigkeiten bereitet, so sollte die Cachar⸗ Kolonne am Mittwoch und die Tamu⸗Kolonne schon gestern oder heute den Rückzug antreten. 3.

In dem Befinden des schwer erkrankten britischen Ge⸗ sandten in Lissabon Sir George Glynn⸗Petre ist eine Wendung zum Besseren eingetreten. . .

Die Königliche Arbeitskommission hielt am 1. Mai in der Westminster-Hall unter dem Vorsitz Lord Hartington's ihre erste Sitzung. Den Vertretern der Presse war der Zutritt nicht gestattet. Wie indessen verlautet, wurde in der Sitzung nur die Geschäftsordnung festgestellt. Die eigentlichen Ver⸗ handlungen sollen erst nach Pfingsten beginnen.

Zu der auf den 1. Mai zum Zweck der Eiörterung des freien Volksschulunterrichts einberufenen Konferenz hatten sich im Ganzen 23 konservative Abgeordnete eingefunden. Dieselben einigten sich nach dreiviertelstündiger Berathung schließlich dahin, der Regierung in der Frage keine Schwierig⸗ keiten zu bereiten. Sie erklärten es jedoch für wünschenswerth, daß die Bill während der Dauer des jetzigen Parlaments noch nicht in Kraft trete.

Im Westminster Palace⸗Hotel fand am Freitag eine Versammlung von einflußreichen Parlamentsmit⸗ gliedern statt, um einen Verein zu gründen, der die Auf— gabe haben soll, der Einwanderung mittelloser Aus⸗ länder Schranken zu setzen. Unter den Anwesenden befanden sich Lord Dunraven, seiner Zeit Vorsitzender der „Schweiß“ Untersuchungs Kommission des Oberhauses, Admiral Sir John Colomb und Andere.

Der irische Abgeordnete Condon erklärte in einer in Dublin gehaltenen Rede, daß er wie sein Kollege P. O' Brien bereit wären, ihre Mandate für das Parlament nieder⸗ zulegen, sobald Parnell die Abgg. O'Connor und Harrison dazu bestimme, das Gleiche zu thun. Alle vier sind die Vertreter der Grafschaft Tip perary, wo wie nirgends in Irland der Feldzugsplan, d. h. die agitatorische Taktik, ihre Probe bestanden hat. .

Wie dem „R. B.“ gemeldet wird, hat das britische Panzerschiff „Emerald?“ Befehl erhalten, von den Bermudas-Inseln nach der Fortune⸗Bai bei Neufundland zu segeln, um Ungesetzlichkeiten der Fischer zu verhindern.

Frankreich.

Paris, 4. Mai. Ein Dekret der Regierung be⸗ stimmt, daß die französischen Besitzungen am Congo und Gabon nunmehr „Congo Frangçais“ genannt werden sollen. .

Die Regierung hat dem „W. T. B.“ zufolge die Bei⸗ eu ns des Prinzen Napolson auf Korsika ver— o ten.

Der ehemalige Minister des Aeußern Goblet ist zum Sengtor im Departement der Seine gewählt worden.

ie Deputirtenkammer setzte in ihrer Sitzung vom Sonnabend die Berathung über die Zolltarif vorlage fort. Der Deputirte von Lyon, Aynard, trat für die . des Handels ein, jedoch für eine weise, gemäßigte und

progressiv fortschreitende Freiheit. 3 sei in der Lage,

dieselbe fordern zu können. Der Redner sprach sich für die Aufrechterhaltung des status quo aus und betonte, daß Frank⸗ reich sich keineswegs in dem Zustande der Inferiorität be⸗ finde, von welcher die Schutzzöllner sprächen. Die Statistik be⸗ weise, daß Frankreich nach England das reichste Land der Welt sei. Die Schutzzöllner beuteten besonders den Artikel 11 des Frankfurter Friedensvertrages aus, indem sie behaupteten, daß dieser Artikel Frankreich ruinirt habe und das eigentliche Hinderniß für den französischen Handel sei. Die Wahrheit sei, daß während der letzten 20 Jahre die Einfuhr . reichs nich Deutschland diejenige Deutschlands nach Frank— reich um 8 Millionen jährlich übersteige. Deutschland führe nur sehr viel mehr Rohstoffe nach Frankreich ein, wäh— rend Frankreich mehr Fabrikate nach Deutschland aus— führe. Der Gesammtwerth der aus dem Auslande einge⸗ führten Fabrikate erreiche kaum 5 Proz. des Werthes der Produktion Frankreichs. Der Redner wies auch den Beweis⸗ grund zurück, daß die Zölle zum Ausgleich der Steuerlast dienen sollten. Es würden im Gegentheil 20 Millionen der Bevölkerung unter der Erhöhung der Zölle leiden, da alle Industriezweige Frankreichs für den Export arbeiteten. Der Export verdiene daher alle Aufmerksamkeit des Gesetzgebers. Aynard hob des Weiteren hervor, daß die anderen Staaten sich vom Schutzzoll zu entfernen begonnen hätten. Deutsch— land wende sich einer neuen Zollpolitik zu und sei bestrebt, mehrere Staaten durch Handelsverträge oder Zollunionen um sich zu gruppiren. Jetzt bereits seien in Europa einige Verträge unterzeichnet, mit anderen Staaten seien offizielle Unterhandlungen eingele cet. Solle Frankreich seine Nachbarn und die besten Abnehmer seiner Erzeugnisse gegen sich einnehmen? Der gegenwärtige Augenblick sei zu einer Aenderung der Handelsbeziehungen Frankreichs nicht angethan. (Beifall links.) Die Deputirten Dum ay und Boyer Sozialisten) kündigten eine Interpellation über die Vorgänge in Fourmies an. (Vgl. „Arbeiterbewegung“ in der vorigen und in dieser Nummer. D. Red.) Die Di g⸗ kussion über dieselbe wurde auf Montag festgesetzt. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben.

Außer den sozialistischen Deputirten Dumay und Boyer beabsichtigt auch der Boulangist Roche die Regierung in der heutigen Kammersitzung über die Vorgänge in Fourmies zu interpelliren.

Der bei Jaffa gestrandete Kreuzer „Seignelay“ ist ohne erhebliche Beschädigung wieder flott geworden.

Rußland und Polen.

Der Kaiser und die Kaiserin trafen am Sonnabend um 4 Uhr Nachmittags zur Feier des Osterfestes von Gat⸗ schina in St. Petersburg ein. Um Mitternacht fand in der Hauskirche des Winterpalais der Ostergottesdienst statt, an dem der Kaiser und die Kaiserin, der ganze Hofstaat und alle Chargen nach dem üblichen Ceremoniell theilnahmen.

Die e,, der Leiche des Großfürsten Niko⸗ laus soll neueren Bestimmungen zufolge am 6. Mai, die Beisetzung am 8. Mai erfolgen.

Ueber das jüngst erlassene Ausweisungsgesetz gegen

die Juden in Moskau vernimmt die „M. D. Ztg.“, daß

zunächst der Modus bei Ausweisung der Betreffenden beobachtet werden wird, daß Denjenigen, deren Pässe bereits abgelaufen sind, keine neuen Aufenthaltsscheine ertheilt werden, sodaß diese also zunächst an die Reihe kämen. Die Uebrigen ver⸗ lassen Moskau, Falls nicht spezielle Bestimmungen über Einzelne

etroffen werden, nach Maßgabe des Termins ihrer Aufenthalts⸗ scheine. Frühere jüdische Soldaten, die sich nach Ableistung der Militärpflicht als Handwerker niedergelassen haben, unter⸗ liegen der neuen Maßregel nicht.

Italien. In der Deputirtenkammer kam es am Sonnabend anläßlich der bereits gemeldeten Vorgänge bei der Maifeier der Arbeiter in Rom abermals zu einer sehr erregten Ver— bandlung. Den Depeschen des W. T. B.“ entnehmen wir über den Verlauf der Sitzung Folgendes: Der Minister des Innern Nicotera theilte in Erwiderung auf eine Anfrage Des Deputirten Imbriani eine Anzahl Telegramme aus allen Theilen Italiens mit, aus denen hervorgeht, daß am 1. Mai fast überall vollständige Ruhe geherrscht habe, obgleich Ver⸗ jammlungen abgehalten und Manifestationen veranstaltet wurden. Die große Mehrzahl der Arbeiter habe gearbeitet, und mit Ausnahme einiger unbedeutender Versuche, Ruhestörungen hervorzurufen, wurde die Ordnung überall aufrecht erhalten. Der Minister besprach sodann auch die am Freitag in Rom stattgehabten Vorgänge. Es seien zwei Personen getödtet, ein Volizist, der einen Dolchstich in die Schulter und einen Revolverschuß in den Mund, und ein Bürger, der einen Gewehrschuß erhielt. 37 Personen seien verwundet, und zwar A Offiziere, 25 Soldaten und 8 Bürger. Die Wunden der Soldaten seien durch Steinwürfe in den Straßen und von den Häusern aus verursacht worden. Zwei Bürger seien durch Feuerwaffen, vier durch Steinwürfe ver— wundet worden; einer (Cipriani) sei nur leicht ver— wundet. Der Deputirte Barzilai habe einen Säbel— bieb erhalten. Diese Details bewiesen, wie übertrieben die Anschuldigung sei, daß die Kavallerie angegriffen habe, und daß auf die Volksmasse gefeuert worden sei. Der Minister brandmarkte mit Entrüstung die falschen alarmirenden Nach— richten, welche man auch versucht habe, im Inlande und Auslande zu verbreiten, und erklärte, die Haltung der öffent— lichen Sicherheitsbehörden sei sogar vielleicht etwas zu langmüthig gewesen. Nicotera hob ferner die Worte eines Redners ber einem Meeting, eines gewissen Landi, hervor, welcher die Menge aufgefordert habe, die Stadt anzuzünden. Landi sei Anarchist und sei eigens zum Zweck der Auf— reizung von Paris nach Rom gekommen. Die Haltung der auf dem Meeting anwesenden Deputirten sei durchaus korrekt gewesen, aber sie dürften sich überzeugt haben, daß es besser sei, sich von gewissen Leuten fern zu halten. Es seien allerdings zahlreiche Personen verhaftet, aber eine große Anzahl der Ver⸗ hafteten sei schon wieder freigelassen worden. Die in Haft Be⸗ haltenen seien sämmtlich bewaffnet gewesen. Die Regierung babe beschlossen, die Ordnung aufrecht zu erhalten; sie beweise das, indem sie viele Personen wegen Auf— reizung zum Strike habe verhaften lassen, welche dem Gericht vorgeführt werden sollten. (Er) Nicotera wolle nicht mehr sagen, um nicht den Entschließungen der Justiz vorzugreifen; aber, wenn die Kammer, ohne auf die Einzelheiten und die Ursachen der Vorgange einzugehen, ein Urtheil über die Hal— tung der Regierung abgeben wolle, so wolle er sich dem unter— werfen. Er bitte also die Deputirten, welche die Interpellationen eingebracht hätten, sie für jetzt zurückzuziehen; wenn sie jedoch darauf bestehen sollten, so würde er vorschlagen, dieselbe auf sechs Monate zu verschieben. Auf diesen Vorschlag gingen die Interpellanten jedoch nicht ein, sondern begannen die Be— gründung ihrer Interpellationen. Imbriani rief in seiner Er⸗ widerung auf Nicotera's Erklärung einen lebhaften Zwischenfall hervor durch seine Schilderung des Verhaltens eines Bffiziers gegen den Deputirten Barzilai. Der Präsident der Kammer dementirte die Behauptung Imbriani's. Dieser bestand jedoch unter heftigen Widersprüchen auf seiner Erklä⸗ rung. Der Präsident bedeckte sich alsbald und hob die Sitzung auf 10 Minuten auf. Bei Wiedereröffnung der Sitzung wurde beschlossen, die Bergthung über die Ereignisse des 1. Mai zu vertagen. Auf Verlangen der Minister Marchese di Rudini und Nicotera, welche die Absicht aussprachen, von der Kammer ein unzweideutiges Votum zu erhalten, wurde die Sitzung hierauf um / Uhr Abends aufgehoben. ; Die Deputirten Bonghi und Campo Reale haben in Folge dessen Anträge eingebracht, welche gestern in der Deputirtenkammer zur Berathung standen. Sie drücken beide das Vertrauen zu der Regierung aus und loben lebhaft die Haltung der Armee und der Organe der öffent⸗ lichen Sicherheit. Nachdem im Verlauf der Berathung mehrere Redner für und mehrere gen das Verhalten der Regierung anläßlich der Vorgänge in Rom am 1. d. M, sowie über das Recht der Regierung, Versammlungen zu untersagen, gesprochen hatten, wurde die Fortsetzung der Debatte auf heute vertagt. Das Grünbuch über die Ereignisse in New— Drleans ist gestern an die Mitglieder der Kammer zur Ver— theilung gelangt. Dasselbe enthält 24 Aktenstücke, welche den Zeitraum vom 14. März bis 28. April d. J. umfassen, und gus welchen hervorgeht, daß die italienische Regierung von Anfang an ein und dieselbe Forderung gestellt hat, nämlich die zwiefache Versicherung, daß gegen die Urheber der Lynchiustiz vom 14. März gerichtlich verfahren und den Familien der Opfer derselben eine Enischädigung gewährt werde. Der Ausdruck den Gerichten überwiesen“ (brought to justice) kommt fortwährend in allen italienischen Aktenstücken sowie in einer Anzahl ven Privatbriefen des italienischen Ge— sandten in Washington Baron de Fava vor. Der Inhalt der hauptsächlichsten Dokumente ist bereits bekannt. Das letzte Aktenstück von amerikanischer Seite ist eine Note des zgatssekretärs Blaine vom 14. April. Das Grünbuch schließt mit einer Depesche des Minister⸗Präsi denten Marchese di Rudini vom 28. April an den Sekretär der italienischen Gesandtschaft in Washington mperiali zu dessen ausschließ⸗ licher Instruktion, in welcher Imper ili angewiesen wird, sich ernerhin lediglich mit den laufenden Geschäften der Ge— andtschaft zu befassen. In derselben Depesche sagt Ru— ini, er beabfichtige nicht, bei dem inkorrekten Vorgehen Blaine's zu verweilen, der, um die in allen offiziellen Akten— stücken klar hingestellte Frage zu verrücken, von einem ver— traulich mitgetheilten Telegramm Gebrauch mache, in welchem die Worte „Bestrafung der Schuldigen“ in der telegraphischen assung genau dasselbe bedeuten, wie das von der italienischen egierung wiederholt ausgesprochene Begehren. Die Frage sei übrigens über alle Spitzfindigkeiten der Argumentation erhaben. Nachdem lonstatirt worden sei, daß die

von der Jury ffreigesprochenen italienischen Bürger in dem Staatsgefängniß ermordet wurden, frage er, welchen weiteren Beweis die Unionsregierung noch verlange, um sich zu überzeugen, daß eine Verletzung von Verträgen stattgefunden habe, in welchen die Vertragsmächte fich gegen⸗ arge Schutz ihrer bezw. Unterthanen zugesichert hätten. Noch jetzt nach ertheilten Aufklärungen hülle sich der Staats- sekretaͤr Blaine in Schweigen gegenüber der Forderung nach einem ordentlichen gerichtlichen Verfahren, was für Italien den Kernpunkt der Streitfrage bilde; das sei traurig, aber es sei zugleich ein schlagender Beweis dafür, daß die Bundes— regierung nicht in der Lage sei, eine Versicherung zu geben, welche für jede andere Regierung nur die Erfüllung einer bürgerlichen Rechtspflicht wäre. Die Erörterung habe, wie der Minister⸗Präsident bemerkt, lange genug gewährt. „Wir haben“, so schließt er, „unser gutes Recht geltend ge— macht und machen es noch geltend; möge die Bundesregierung ihrerseits bedenken, ob es ihr geziemt, der Gnade irgend eines der unverantwortlichen Staaten der Union zu überlassen, die Wirkungskraft der Verträge, welche das Ansehen der Regie— rung und die Ehre der ganzen Nation berühren, ins Gegen— theil zu verkehren. Die öffentliche Meinung, als höchster Richter, wird eine billige Lösung dieser schwierigen Streitfrage anzudeuten wissen.“ .

In der gestrigen Nachmittagssitzung der Deputirten— kammer, welcher sämmtliche Minister beiwohnten, wurde, wie W. T. B.“ ferner melset, die Gesetzesvorlage, betreffend das Bodenkredit-Institut, in geheimer Abstimmung mit 187 gegen J5 Stimmen angenommen; 5 Deputirte enthielten sich der Abstimmung.

In der Sonnabend⸗Sitzung gelangte die von der permanenten Wahlkommission beantragte Annullirung der Wahlen des ersten Wahlkollegiums von Syrakus, wo di Rudini, Reale und Bordo⸗ lani gewählt worden waren, zur Abstimmung. Der Deputirte Mariotti beantragte die Anerkennung der Wahlen. Die von Cavalotti und vierzehn Genossen verlangte namentliche Abstimmung wurde mit 114 gegen 91 Stimmen verworfen, wobei sich die Regierung und 35 Abgeordnete des Votums enthielten. Die Wahlen des ersten Syrakuser Wahlkörpers wurden alsdann für ungültig erklärt. Rudini's Wahl war in den beiden anderen Wahlkörpern bereits zu Anfang der Session bestätigt worden.

Schweiz.

Die Gesandten von Oesterreich⸗Ungarn und Deutsch— land haben, wie der „Bund“ aus Bern meldet, am Freitag dem schweizerischen Departement des Auswärtigen die offizielie Einladung zu den Handels vertrags⸗Unterhandlungen überreicht. Dieselben beginnen Mitte Mai.

Türkei.

Die zur Untersuchung der Lage in Albanien ab— gesandte türkische Kom mission ist, einem Wolff 'schen Telegramm aus Skutari vom 2. d. M. zufolge, nunmehr abberufen worden. Ueber das Resultat der Untersuchung ver— lautet bisher noch nichts.

Griechenland.

Die Kronprinzessin Sophie ist, wie der „Köln. Ztg.“ aus Athen gemeldet wird, am 2. d. M. in der ortho— doxen Hofkapelle daselbst von dem Metropoliten in Gegenwart der Königlichen Familie, der heiligen Synode, des Premier⸗ und des Kultus-Ministers konfirmirt worden. In allen Kirchen Griechenlands wurde aus diesem Anlaß ein Tedeum abgehalten. .

Athenische Blätter berichten von Ruhestörungen auf der Insel Zante, welche anläßlich der Charfreitags-Prozession

sich gegen die jüdischen Einwohner richteten. Zur Her—

stellung der Ruhe mußten die Truppen von ihren Waffen Gebrauch machen; auch wurde das Panzerschiff,Miaulis“ nach Zante entsandt.

Rumänien.

Bukarest, 3. Mai. Der Commandeur des I. Armee⸗ Corps, General Angelesco hat sich telegraphischer Meldung zufolge gestern in Begleitung des Hauptmanns im Generalstabe Averesco nach St. Petersburg begeben, um den König bei der Leichenfeier für den verstorbenen Großfürsten Nikolaus zu vertreten.

Der König wohnte aus Anlaß des Osterfestes um Mitternacht der kirchlichen Feier in der Kathedrale bei.

Serbien.

Belgrad, 4. Mai. König Alexander stattete, laut Meldung des „W. T. B.“, gestern Vormittag der Königin ö einen Besuch ab und verblieb zwei Stunden bei erselben.

Schweden und Norwegen.

(E) Stockholm, 1. Mai. Das zwischen Sch weden, Norwegen und Dänemark vereinbarte Seegesetz wurde gestern von der ersten Kammer einstimmig, von der zweiten Kammer nach kurzer Debatte mit 156 gegen 41 Stimmen angenommen.

Dänemark.

(E) Dem soeben erschienenen Offiziellen Verzeichniß der dänischen Kriegs- und Handelsschiffe“ find folgende Ziffern entnommen:

Die dänische Kriegsflotte besteht aus 52 Schiffen, wovon 3 Panzerschiffe, 3 Panzerbatterien, 1 Kreuzer Fregatte, 2 Kreuzer Korvetten, 6 Kreuzer dritter Klasse, 8 Kanonenboote, 10 Torpedoboote erfter Klasse, 6 Schulschiffe, 8 Vermessungsschiffe. 2 Leuchtfeuer und Bakenschiffe und einige kleinere Schiffe sind. Die größte Brutto- Tonnage von diesen Schiffen haben: Panzerschiff „Helgoland“ 2578 Tons, Panzerschiff Danmark“ 2501 Tons, Kreuzer ⸗Fregatte Fyen' 1905 Tong, Kreujer-Korvette Valkvrien⸗ 1890 Tons, Panzer- schiff ‚Joar Hvitfeldt⸗ 1807 Tons, die alte Holjfregatte Iylland“ 1503 Tons und das Panzerschiff Odin“ 1365 Tons.

Die unter dänischer Flagge segelnde Handel Bzflotte, also ein- schließlich der färöischen, isländischen und westindischen Schiffe, bestand am 1. Januar 1891 aus 3543 Schiffen mit 302 194 Netto Tons Tragfähigkeit. Die im Königreiche selbst ortsangebörige Handelsflotte bestand dagegen aus 3375 Schiffen mit 294 593 Tons Tragfähigkeit; es waren davon zo54 Segelschiffe mit 182 145 Tons Tragfähigkeit, und zwar 341 Schiffe mit 145 359 Tons von mehr als 50 Tons Tragfähigkeit, während 2213 Schiffe mit 36 786 Tons nur von 4 bis o0 Tons Tragfähigkeit hatten. Die Dampfschiffeflotte bestand aus 322 Schiffen mit 112448 Tons Tragfähigkeit; davon waren 225 Schiffe mit 110 637 Tons von mehr als 50 Tons Tragfäbigkeit, während die übrigen 97 Schiffe mit 1811 Tons von 4 bis 50 Tons Tragfäbigkeit hatten. Gegen das Jahr 1889 hat die Dampfschiffs—⸗

flotte um 32 Schiffe und 16872 Tons und die Segelflotte um 66 Schiffe und 15 258 Tons zugenommen.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Präsident Harrison wies, wie „W. T. B.“ meldet, in einer am Sonnabend in San Francisco gehaltenen Rede auf den hervorragend fried⸗ lichen Charakter der Bevölkerung der Vereinigten Staaten hin, betonte gleichzeitig aber die Nothwendigkeit der Beschaffung einer ausreichenden Anzahl von Kriegsschiffen zur Aufrecht⸗ erhaltung des Friedens auf der ganzen westlichen Erdhälfte.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (14) Sitzung des Reichstages, welcher

die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn, Freiherr von Marschall, der Kriegs-Minister von Kaltenborn⸗-Stachau und der Handels⸗Minister Frei⸗ herr von Berlepsch beiwohnten, trat vor Eintritt in die Tagesordnung der Präsident von Levetzow der in der Presse verbreiteten irrigen Mittheilung entgegen, daß der Reichetag schon künftigen Sonnabend geschlossen oder vertagt werden würde; Angesichts der noch unerledigten Vorlagen sei dies nicht möglich. .

Abg. Rickert bat den Präsidenten, mit Vertrauens- männern der verschiedenen Parteien und Vertretern der ver— bündeten Regierungen in Verbindung zu treten, um festzu⸗ stellen, welche Vorlagen noch erledigt werden müßten und konnten; es würde dies von entschiedenem Einfluß auf die Beschlußfähigkeit des Reichstages und die raschere Erledigung der Geschäfte sein.

Der Präsident stellte die Erfüllung dieses Wunsches für morgen oder übermorgen in Aussicht.

Eingegangen ist die zu Brüssel am 2. Juni v. J. unter— zeichnete Generalakte der Brüsseler Antisklaverei— Konferenz.

An erster Stelle stand auf der Tagesordnung: Erste Be— rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest— stellung eines Nachtrages zum Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 18917592.

Abg. Richter bemängelte die Forderung der Pferde- gelder, die um so überraschender sei, als sie bereits beim Haupt ⸗Etat abgelehnt worden sei. Redner versuchte dann des Näheren auf die Getreide- zollfrage einzugehen, wurde aber vom Präsidenten daran verhindert. Er beschränkte sich deshalb auf die An— frage, welche Maßnahmen die Regierung zu treffen gedenke, um die Wirkungen der hohen Getreide- und Brotpreise ab⸗ zuschwächen. H Staatssekretär Dr. von Boetticher hielt den Zeitpunkt für noch nicht gekommen, um außerordentliche Maßregeln zu ergreifen. Wenn man auch zugeben müsse, daß die Getreidepreise eine ungewöhnliche Höhe erreicht hätten, obwohl es Jahre gegeben, in denen die Preise noch höher gewesen, so seien sie doch noch nicht dazu angethan, an dem Zolltarif zu rütteln. Ein deutliches und zuverlässiges Bild über den Siand der Saaten in Deutsch⸗ land und in den Ländern, auf die dieses angewiesen sei, werde sich frühestens im Monat Juni gewinnen lassen. Nach den bisherigen Untersuchungen sei zu hoffen, daß auch ohne außerordentliche Maßregeln für den Bedarf an Brotfürchten in Deutschland werde gesorgt werden können. Sollte die Regierung wider Er— warten zu der gegentheiligen Ueberzeugung kommen, so werde sie sich ihrer Pflicht bewußt sein und geeignete Maßregeln er— greifen; sie werde dabei aber immer das Interesse des ersten wirthschaftlichen Faktors, der Landwirthschaft, im Auge be— halten und niemals zu Maßregeln übergehen, die, während sie nach der einen Richtung Besserung schafften, verderbliche Wirkungen nach der anderen ausüben würden.

Abg. Dr, Bamberger kritisirte die Forderung für Kamerun, wobei er besonders den Handel mit dieser Kolonie in ungünstigem Lichte darstellte. Der Import habe im Jahre 1859 4 Millionen und ebenso viel der Export betragen; unter dieser Exportsumme befinde sich 1 Million für Schieß⸗ pulver, 1 Million für Branntwein und 113 Million baares Geld. Im Interesse der Ausdehnung dieses Handels einiger weniger Geschäftshäuser die eich in Anspruch zu nehmen, sei im höchsten Maße bedenklich. Die Kolonien kosteten ohnehin schon ohne erhebliche Erfolge große Summen. Das Volk stehe nicht hinter diesen Bestrebungen, sondern nur Wenige seien es, die diesen Druck ausübten. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (81.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen 2c. Angelegen⸗ heiten Graf von Zedlitz-Trützschler beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1891 / 92 fortgesetzt und zwar beim Et at des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-An— gelegenheiten.

Beim ersten Titel der Einnahmen ergriff der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz-Trützschler das Wort, der zunächst seinem Bedauern darüber Ausdruck gab, daß er genöthigt sein werde, sich eine gewisse Beschränkung aufzuerlegen, da die Frist zur Einarbeitung in alle Gebiete seines weitverzweigten Ressorts zu kurz gewesen sei. Sodann kennzeichnete der Minister seine Stel⸗ lung zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Volksschule. Er erkenne rückhaltlos die Nothwendigkeit der gesetzlichen Regelung des Polksschulwesens an, und zwar gründe sich; diese Auffassung nicht nur auf die Pflicht, die Bestimmungen der Verfassung ihrer Ausführung ent⸗ , , . sondern auch auf seine vieljährige

n, . mit dem Volksschulwesen selbst. Der gegen⸗ wärtige Zustand, bei welchem wichtige Theile des Schulwesens der gesetzlichen und normativen Regelung entbehrten, und bei denen den Betheiligten die geordnete Mitwirkung auf Gebieten entzogen sei, die ihre nächsten und vitalsten Interessen berührten, sei schwer erträglich. Außerdem sei die Ordnung sowohl der inneren wie der äußeren Verhältnisse des Lehrerstandes dringend ge⸗ boten, insbesondere die Regelung des Einkommens derselben auf einer möglichst einheitlichen Grundlage. Er trage daher Bedenken, bei einer so wichtigen Sache sofort die volle Ver⸗ antwortung für den vorliegenden Gesetzentwurf zu über⸗ nehmen, sondern wolle Zeit gewinnen, um über die schweren Prinzipienfragen zu einer eigenen Prü— fung und Entschließung zu gelangen, um so“ mehr, da auch die Parteien des Hauses über einige wichtige Fragen noch zu keiner endgültigen Entschließung gelangt seien. Auch sei

die Geschäftslage des Hauses der Art, daß an eine Verabschiedung des Gesetzes in dieser Session doch nicht gedacht werden könne.