Der Minister schloß mit der Erklärung, daß die Staats⸗ regierung jetzt kein Gewicht auf die weitere Berathung des Gesetzentwurfs lege, aber soweit es an ihm liege, werde Alles geschehen, um die Frage baldmöglichst zur Entscheidung zu bringen. (Schluß des Blattes.)
— Die Kommission des Herren bauses zur Vorberathung der Landgemeindeordnung nahm in ibrer Sitzung vom Sonnabend Nachmittag die 85. 2 bis 47 unberändert in der Fassung des Hauses der Abgeordneten an. Ueber S§. 45 entspann sich eine längere Debatte, welche schließlich bis heute vertagt wurde. ö .
In ihrer heutigen Sitzung stimmte die Kommission bei der Weiter beralhung des 5 48 folgendem Antrage bei: ‚Denjenigen Be⸗ sitzern, welche von ihrem im Gemeindebezirk belegenen Grundeigen thum einen Jahresbetrag von 20 bis ausschließlich 50 0 an EGrund⸗ und Gebäudesteuer entrichten, sind je jwei, denjenigen Besitzern, welche von diesem ihrem Grundeigenthum einen Jabresbetrag von 50 bis aueschließlich 100 M entrichten, je drei, und denjenigen Besitzern, welche 100 6 und mebr entrichten, je 1 Stimmen beizulegen Durch Ortsstatut können die vorstebenden Sätze erböbt oder böchstens jedoch um die Hälfte (as Abgeordnetenhaus batte beschlossen um ein Drittel) ermäßigt werden“, und na bm schließlich §. 48 mit dieser Abänderung an.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf einer Wegeordnung für die Provinz Sachsen in der von dem Herrenhause beschlossenen Fassung zugegangen.
Theater und Musik.
Die General⸗Intendantur der Königlichen Schau spiele hat umfangreiche und wertbvolle Erwerbungen aus dem Fundus des Meininger Hoftbeaters gemacht, von denen ein großer Theil bereits in dem „ Kronprätendenten Verwendung finden soll. Das Ibsen sche Werk ist daber auf einige Zeit binausgeschoben worden, bis die er— wähnten Dekorationen für die Verhältnisse der Könislichen Bübne passend gemacht worden sind. ö
Josef Kainz wird sein Gastspiel im Lessing-Theater nur auf drei Vorstellungen ausdehnen können, da ihn ein älterer Gast · spielvertrag nach Kopenhagen ruft. Der Künstler wird am Mittwoch den Rustan im ‚Traum, ein Leben', am Freitag den Willv Janikow in ‚Sodoms Ende“ spielen und sich dann am Sonntag in derselben
Die Vorstellungen im Lessing ⸗Tbeater beginnen
Ss. Dresden. Der Deutsche Bühnen- (Kartell) Verein der Intendanten und Bühnenvorstände bält seinen Vereins tag jetzt am 3.— 5. Maih hier ab. Es sind im Ganzen über 306 Mitglieder hier eingetroffen, darunter Graf Hochberg von Berlin, Hr. von Beczejnv aus Wien, Freiherr ron Perfall aus München, Freiberr von Ledebur aus Schwerin, Hr. von Wangenheim aus Braun schweig, von Lepel⸗Gnitz, von Ebart, Pollini aus Hamburg, Stägemann aus Leipzig, Barnay aus Berlin, Varena aus Magde— burg u. s. w Gestern (Sonntag) fand im Hotel Bellexue eine Sitzung des Direktorial n Ausschusses statt; heute (Montag] um 10 Ubr ist die Hauptversammlung im Belvedere; daran schließt sich das von Hrn. Geheimen Rath Bär den Versammelten gebotene offizielle Mahl. Am Dienstag tagt ein Ausschuß von 8 Herren, um neue Vertragsformulare zu berathen. Die Versammlung wird u. A. auch den Frieden zwischen den Direktoren und der Genossenschaft dentscher Bühnenangehöriger wieder herstellen oder bestätigen.
Mannigfaltiges.
Der Gesammtbetrag der bisher eingegangenen Beiträge zur Er⸗ richtung eines Dezkmals für die Hochselige Kaiserin Au gu sta beläuft sich nach der Vofs. Ztg. auf 83 452 4 Weitere Beiträge nimmt der Schatzmeister Gebeime Kommernen ⸗ Rath G. von Bleichröder, Behrenstraße 63, entgegen.
Das Torpedoboot ist, wie die ‚Vofs. Ztg.“ meldet, vor ⸗ gestern vom Schiffbauerdamm nach Potsdam abgedampft.
Seitens der Großen Berliner Pferde- Eisenbabn- Aktiengefelifchaft wird der Staatgb. 3. zufolge aus Anlaß der Internationalen Kunstausstellung beabsichtigt, nach Eingang der bereits beantragten polizeilichen Genebmigung besondere Wagen nach dem Ausstellungẽ park, und zwar vom Spittelmarkt, dem Halleschen Tbor und von der Bülowstraße, Ecke der Pots damerstraße, zu den verkebrsreichen Stunden nach Bedütfniß einzusetzen.
Die Rubestätte des Wirklichen Gebeimen Ratbs und Reichsbank ⸗ Präsidenten H. von Dechend auf dem alten Jerusalems · Kirchbof, die am Donnerstag, dem Jabrestage seines Todes, ge⸗ schmückt war, bat, wie die . N. Pr. 3. mittheilt, jetzt ein Grab denkmal erbalten. Es bestebt aus einem schwarzen Granitobeliek, der an der Vorderseite außer einem Bibelspruch die Inschrift trägt; „Hermann Alexander von Dechend, geb. 2. April 1814, gest. 30. April i5g0— In der Nähe des neuen Grabmals sichtbar ist die gãnzlich verwitterte weiße Marmortafel für Karl Friedrich Christian Falch, den Stifter der Sing Akademie, die am 24. d. M. das Jubiläum ibres hundertjäbrigen Bestebens festlich zu begeben gedenkt.
London, 2. Mai. Die Marine ⸗Ausstellung ist, nach einer Meldung des W. T B.“, beute vom Prinzen von Wales, der von sesner Gemablin begleitet war, eröffnet worden. Mehrere Mit- glieder des diplomatischen Corps wobnten der Feier bei. Die innere Organisation der Ausstellung ist äbnlich wie diejenige der milttäri⸗ schen Ausstellung im vergangenen Jabre erfolgt. Die Erõffnungs · scierlichkeit verlief trotz des regnerischen Wetters glänzend. Die Aus stellung trägt, wie die .A. C.‘ schreibt, der Bedeutung Englands als erster Seemacht der Welt in weitestem Maße Rechnung und erinnert auf Schritt und Tritt an die glorreichen Thaten, welche die englischen Blaujacken⸗ in der Vergangenheit und Gegenwart, in Krieg. und Friedens zeiten verrichtet baben. Obwohl der Ausstellungsplatz seit der letzten auf ihm abgebaltenen Militär ⸗Ausftellung kedeutend erweitert worden ist, erwies er sich der Menge der Ausstellungs · gegenftände gegenüber fast als unzureichend. Es sind glänzende Namen, welche dem Beschauer in den Räumen der Ausstellung entgegentreten. Porträts, Gemälde und känstlerische Erinnerungen enthalten die RNelfon !*. . Blake und Benbow - Galerien, wahrend die. Cooke: und Franklin“ - Galerien mit Reliquien und Trepbäen aus der Südsee und den arktischen Gewässern angefüllt sind. Die Howe“. St. Vin⸗ cent! und ‚Camperdown - Galerien fübren seemännische Waffen und Kriegsmaterial vor Augen. Die ‚Shivvpings“⸗Galerie veranschaulicht in bis auf die kleinste Einzelbeit durchgeführten Modellen das Wachs- tbum der englischen Kriegsschiffe vom „Great Hartv' bis zu dem unlängst von der Königin getauften Great Sovereign“ kerab. Die Wunder der modernen Metallfabrikation siebt man in der Armstrong“⸗ Galerie. Auch die Mehrbeit der großen englischen Dampfergesellschaften hat Modelle ihrer bekanntesten Schiffe ausgestellt, und namentlich erregt der geschmag dolle orientalische Kiosk der „Peninsular u. Oriental Dampfergesell ⸗ schaft besonderes Interesse. Selbst die Restaurationen und Schank— lokale sind naturgetreue Nachahmungen der berübmten Portsmoutber Vorbilder und die Blue Posts“, der George‘ ꝛc. dürfen ftets auf zablreiche und enthusiastische Besucher rechnen. Besondere Anziehungs kraft übt ein Eisberg aus, welcher das realistische Gepräge der arktischen Region nägt. In Verbindung mit ibm werden die Wunder ˖ erscheinungen des Nordens, das Nordlicht und die Mitternachtssonne, dem Publikum versinnbildlicht. Als Glanzpuntt der Aus- stellung dürfte Nelson's Flaggenschiff, die „Victory, zu betrachten sein, deren Deck dae selbe Ausseben wie in der Seeschlacht von Trefalgar darbietet. Von den Tausenden und Abertausenden, welche die Apsstellurg besucken werden, wird sich Niemand der Stelle, auf welcher Englands berühmtester Seeheld, von einer feindlichen Kugel getroffen, blutend zusammensank. ohne ein Gefübl tiefster Pictät räbern. Ein Panorama der Schlacht von Trafalgar und eine getreue Nackbildung des Leucktthurms von Ede vstone gebören gleich alls zu den Hauptsebenswürdigkeiten der Austellung
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Stettin, 4. Mai. (W. T. B.) In der benachbarten Stadt Altdamm brach heute eine größere Feuersbrunst aus, welche bis jetzt troz der von der hiesigen Feuerwehr ge⸗ leisteten Hülfe 15 Gebäude in Asche legte. Ein freiwilliger Feuerwehrmann wurde verschüttet und todt herausgezogen.
Wien, 4. Mai. (W. T. B.) Bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß fand gestern ein Ds jeuner statt, zu welchem die deutschen Delegirten zu den Handels⸗ vertrags-Verhandlungen geladen waren.
Graz, 4. Mai. (W. T. B.) Die auswärts verbreiteten Gerüchte über Arbeitseinstellungen in den Steinkohlen⸗ bergwerken von Trifail sind unbegründet. Sowohl in Trifail als auch in Hrastnigg und Distro sind alle Beleg⸗ schaften vollständig angefahren.
Paris, 4. Mai. (W. T. B.) Dreitausend Berg⸗ arbeiter in Carnaurx (Departement Tarn) haben wegen Entlassung von 40 Kameraden, welche am 1. Mai feierten, den Ausstand begonnen und beschlossen, die Arbeit nur dann wieder aufzunehmen, wenn ihre Kameraden wieder in Arbeit genommen werden.
Mons, 4. Mai. (W. T. B.) Der Ausstand unter den Bergarbeitern im Borinage ist ein allgemeiner, mit Ausnahme der Zechen „Levant“. „Flenu“ und „Crachet Picquery“. Es herrscht eine gewisse Erregung unter den Strikenden, welche an dem Beschluß, den Strike weiter zu führen, festhalten. In Do ur, Eloupes und Bois Boussu wird weiter gearbeitet.
Sebastopol, 4 Mai. (W. T. B.) Die Leiche des Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch traf, begleitet von einem aus drei Kanonenbooten bestehenden Geschwader, am Sonnabend Nachmittag hier ein und wurde mit großen militärischen Ehren empfangen, da der Verstorbene sich s. 3. bei der Vertheidigung von Sebastopol persönlich ausgezeichnet hat. Am Sonnabend Abend erfolgte der Weitertransport der Leiche mittels Separatzuges nach St. Petersburg.
Lüttich, 4. Mai. (W. T. B.) In dem ganzen Bassin von Lüttich ist der Ausstand heute ein voll— ständiger. Die Zechen auf dem Plateau von Herne feiern ebenfalls. In Horloz soll es gestern Abend zu einem Zusammenstoß mit Gendarmen gekommen sein, wobei letztere angeblich vom Revolver Gebrauch gemacht und drei Personen verwundet haben. Nach Seraing sind U Bataillon Infanterie und 1 Schwadron Kavallerie abgegangen. Sämmtliche Ortschaffen des hiesigen Bassins, in welchen sich Ausständige befinden, sind militärisch besetzt.
Charleroi, 4. Mai. (W. T. B.) In allen Zechen des hiesigen Bassins ist der Ausstand ein allgemeiner; man zählt mehr als 30 000 Strikende. Eine Zusammenrottung hat bisher nicht stattgefunden. Die Ruhe ist nicht gestört worden. In allen metallurgischen Fabriken ist die Arbeit wieder aufgenommen worden.
Seraing, 4. Mai. (W. T. B) Die Kohlen⸗Zechen der Werke von Cockerill feiern vollständig; die Eisen- und Stahlarbeiter dieses Etablissements feiern gleichfalls.
New⸗York, 4. Mai. (W. T. B. Die Stadt Pa⸗ ducah (Kentucky) wurde gestern durch einen gewaltigen Wir belsturm heimgesucht, welcher mehrere hundert Häuser der Dächer beraubte, mehrere gänzlich in Trümmer legte und auch sonst großen Schaden anrichtete. Die Me⸗ tho disten kirche wurde in die Höhe gehoben und in Trümmern auf die Straße geschleudert. Die Ei senbahnhö fe und mehrere Fabriken wurden stark beschädigt, auch eine Anzahl von Personen ist leicht verletzt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Wetterbericht vom 4. Mai, Morgens 8S Uhr.
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Stationen.
Temperatur in O Celsius
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Bar. auf 0 Gr. lu. d. Meeressp red. in Millim
meister Kahl.
2 wolkig
Mullaghmore 2 halh bed.
Aberdeen Christiansund 4 Regen Kopenhagen. 761 3 halb bed. Stockholm. . 755 b heiter Haparanda 757 6 wolkig St. Petersb. 751 2 balb bed. Mot kau 7505 W. .
Cork,. Queens;
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Anfang 7 Uhr.
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S C = 0 Ho C. — 40 R.
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in 4 Akten
762 heiter 7632 W 3 wolkig 161 2 wolkenlos 759 3 halb bed. ; 761 2 bedeckk Swinemünde [163 3 wolkenlos Neufahrwasser 763 W 3 wolkenlog Memel 161 4 heiter i. . L wolkenlos r,, ö 3 wolkenlos Karlsruhe. 161 3 bedeckt Wiesbaden. I]!61 still wolkig 761 3 wolkig 762 1 bedeckt 763 S X heiter 760 4 L beiter 764 1 Regen 764 S 3 wolkig 758 4 wolkig 78 still wolkenlo z 21 . Uebersicht der Witterung. . Fin umfangreiches Gebiet mit verhaͤltnißmäßig kebem Luftdrucke lagert über Mitteleuropa zwischen Depressionen im Norden und Süden des Erdtbeiles.
der Excelle
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Donnerstag,
Norden meist südlich und westlich, im Süden meist nördlich und östlich. das Wetter vielfach beiter ohne nenner swerthe Niederschläge. Die Temperatur ist in Deutschland durchschnittlich gesunken, am Meisten
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. zaus. 111. Vorstellung. Oberon, König der weiser Benutzung eineg Stoffes von A. Dumes) 4 Akten von Max Kretzer. Elfen. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik von Oscar Walther. Musik von Rudolf Dellinger. 3. Akt von A. Schönfeld. don C. M. von Weber. Die Reritative von F. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Anfang 74 Uhr. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt Hr. Kavellmeister Federmann. vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Anfang 7 Ubr. Schauspielhaus. 117. Vorstellung. f mann von Venedig. Komödie in 5 Aufzügen 7 Uhr von Shakespeare, übersetzt von A. W. von Schlegel. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Max Grube.
Mittwoch: Opernhaus. 112. Vorstellung. Der Widerspänstigen Zähmung. von Perrmang. Götz. Text nach burg. Shakespeare's gleichnamigem Lustspiele frei bearbeitet von Joseph Victor Widmann. Anfang 7 Uhr.
Schauspiel baus. Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.
Zeutsches Theater. Dienstag: Die Kinder
n Mittwoch: . Sohn der Wildniß . Donnerstag: Krieg im Frieden. ⸗ Die nächste Auffübrung von Die Welt, in der man fich langweilt findet am Freitag statt.
Derliner Theater. und Güldenstern. Anfang 74 Uhr.
Mittwoch: Ein Kuß. — Es hat so sollen sein. — Sexenfang.
Tessing Theater. Dienstag: Nora. Mittwoch: Erstes Wiederauftreten von Josef Kainz.
In Centraleurova ist die Luftbewegung schwach, im Der Traum, ein Leben. Tonnerstag: Thermidor.
Wallner - Theater. Dienstag: Zum 25. Male:
Dirigent: Kapell⸗
Mittwoch: Saint Eyr.
Komische Oper
erstes Auftreten) letzten Male: Fidelio.
Dienstag: Rosenkranz . Belle Alliance Theater.
Carl Tellbeim.
Adolph Ernst - Theater.
in den öftlichen Gebietstbeilen, vielfach liegt sie Des Teufels Weib. er, , g, . Singspiel in 79. Male: Adam und Eva.
unter dem Mittelwerthe. Im nordwestlichen Ruß ⸗ 3 Akten und einem land helrscht Frostweiter, Archangelek meldet Mibus Mortier, bearbeitet von Th. Heril. Musik von Adolf Die gegenwärtige Wetterlage macht eine Müller. Anfang 74 Ubr
Mittwoch und folgende Tage:
93 Grad. we sentliche Aenderung der jetzt bestehenden Witterungẽ⸗ verhältnisse nicht wabhrscheinlich. Weib.
Deutsche Seewarte.
Friedrich Wilhelmstãdtisches 2 ö Dienstag: Mit neuer Ausstattung, zum 18. Male: (Etzte Woche) Gm Dienstag: Orern—. Saint en Operette in 3 Aufj;jügen (mit tbeil⸗ Kuß Der Millionen bauer. Volksstück in
Im Park: Großes Militär⸗Concert.
Rroll's Theater. Dienstag: Der Freischütz. Mittwoch: Martha. (Lyonel: Hr. Birrenkoven,
Freita⸗: Gastspiel von Fraa Lilli Lehmann zum
Täglich: Bei günstigem Wetter Großes Concert“ — im Sommergarten. Anfang der Vorstellung 7 Uhr.
Dienstag: Zum ⸗ 16. Male: Ter Giftmischer. Schwank in 4 Akten Gestorb en: Hr. Rittmeister a. D. Frhr. Hermann Nachm,. 26 Ubr: Der Veilchen, nach dem Französischen von Fr rentano und dt. Mi ; fre fer. Abende 9 Uhr: Schuidig. 9 ,,
— — Im prachtvollen, gläntenden Sommergarten (vor nehmstes und großartigstes Sommer ˖ Etablissement der Residen m): Großes Doppel Concert. Auftreten hervorragender Spenalitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements. g des Con- certs 4 Uhr. Anfang des Theaters 74 Uhr.
Dienstag: Zum Berlin:
sviel ven Meilbar und *. Att Ee e, der g. orspiel von Meilbac un en von uard Jacobson und Leopo v. Couplets von Jacobfon und Gustav Görß. Mußt Drug der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ von Adolvb Ferron. IV 4. Akt: Tes Teufels Toupinel. Parodistische Einlage. Anfang 71 Uhr. Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.
Thomas -Theater. Alte Jakobstraße 30.
Theater. Dienstag: Benefiz für Emil
Gesangstexte im usik von G. Steffens.
Mittwoch und folgende Tage: Der Millionen⸗
Im prachtvollen Park: Große Militär⸗Conecerte. bauer. Auftreten von Gesangs« und Instrumentalkünstlern. Der Kauf. Anfang des Concerts 6 Uhr, Anfang der Vorstellung
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes ⸗Ausstellungs ⸗ Park (Lehrter Bahnho). Geöffnet von 12 —11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Naͤheres die Anschlag⸗
Nesidenz - Theater. Direktion: Sigmund Lauten · zettel.
Dienstag: Zum 11. Male: Dr. Jojo. Schwank in 3 Akten von Albert Carrs. Deutsch m 2 ¶—o
von Carl Lindau. Regie: Emil Lessing. Vorher
118. Vorstellung. Der nene zum 1 Wer das . . . ist das Kleinere nicht werth. wank in 1 Auf⸗ . . .
zug von Sigmund Schlefinger. Anfang 73 Uhr. Verlobt: Frl. Erika von Derenthall mit Hin
Mittwoch und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Familien⸗Nachrichten.
Kammerherrn Fehrn, Carl Freytag von Loring⸗ boven , m, , — Frl. Marie von Langenn⸗ Kittlitz mit Hrn. Günther von Tiele · Winckler , , , . — Frl. Luise Zeidler mit Hrn. Ewald Frhrn. von Freyberg (Dres den).
Verebelicht: Hr. Amtsrichter Heinrich Wunder lich mit Frl. Hedwig Ritter (Wohlau). — Hr. Rechtsanwalt Siegfried Zuckermann mit Frl. Carola Portner (Forst).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Amtsrichter Schu⸗ bert (Ebeleben). — Eine Tochter: Hrn. Rechts⸗ anwalt Zinzow (Neustettin). — Hrn. Amtsrichter Dr. Menz (Kyritz)
von Eickstedt. — Hrn. Prof. Mikullcz Sohn Hans (Breslau. — Fr. Eugenie Gräfin Matuschka, geb Maas (Görlitz. — Hr. Landgerichts⸗ Rath a. D. Carl Engelbrecht (Neisse) — Hr. Stahe⸗ und Bataillonsarzt Dr. Waldemar Thortsen (Breslau).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.
Verlag der Exxedition (Scholy.
Anftalt, Berlin 8w., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einscoließlich Börsen · Beilage). (21789)
Der unselige
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
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Dentscher Reichstag. 113. Sitzung vom Sonnabend, 2. Mai.
Am Tische des Bundesraths die Staatssekretäre Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall.
Die zweite Berathung der Novelle zum Brannt⸗ weinsteuergesetz wird bei Art. IL fortgesetzt, nach welchem die steuerliche Kontrole der Brennereien und Branntwein⸗ Reinigungsanstalten in den vom Bundesrath zu bestimmenden Grenzen steuerfrei erfolgen soll. Die für Brennereien gerin⸗
eren Umfangs vorgesehene verminderte Maischbottichsteuer oll in Zukunft auch dann zur Einziehung gelangen, wenn die Brenncampagne vom 1. September bis zum 15. Juni dauert (früher stand statt des 1. September: 1. Oktober). Die Materialsteuer soll betragen: für Kernobst und eingestampfte Weintreber 25 5, für Kernobst 35 8, für Beeren früchte aller Art 45 J, für Brauereiabfälle, gepreßte Weinhefe und Wurzeln aller Art 45 F, für Trauben- oder Obstwein, flüssige Weinhefe und Steinobst 85 3 pro Hekto—⸗ liter; von Brennereien, die nicht mehr als 50 1 reinen Alko— hols im Jahre erzeugen, soll diese Steuer nur zu io, von solchen Brennereien, die mehr als 50, jedoch nicht mehr als 1001 reinen Alkohols im Jahre erzeugen, zu 3/10 erhoben werden; dieselben kleinen Brennereien sollen, wenn sie von der im 5. 42 gewährten Befugniß, statt der Materialsteuer einen festen Zuschlag zu zahlen, Gebrauch machen, nur einen Zuschlag von 8 Y 2 16 8 zu entrichten haben.
Dazu beantragt: 1) der Abg. Dr. Witte, auch die steuer— liche Kontrole der Privatläger gebührenfrei zu lassen; 2) der Abg. Lender, von Brennereien mit einfacher Brennvorrich⸗ tung und nicht mehr als 1 hl Jahresproduktion die Ver⸗ brauchsabgabe für Branntwein aus nicht mehr als 201 reinen Alkohols aus selbstgewonnenen, nicht mehligen Stoffen auf 25 8 für das Liter zu fixiren, 3) der Abg. Wisser, diese Erleichterung auch auf den aus mehligen Stoffen gewonnenen Alkohol auszudehnen.
Abg. Wisser: Er empfehle den Antrag Lender, aber mit seinem Amendement. ohne welches er seinen Zweck nicht erreiche. Der Schutz des Haustrunks habe für Süddeutschland große Bedeutung. Werde die Crjeugung des Haustrunks durch zu bobe Steuern unmöglich, so werde das Material an den Gastwirth verkauft und von diesem ab⸗ gebrannt werden, die Leute würden dann aber auch ibren Er⸗— bolungstrunk nicht mehr im eignen Haus finden, sondern im Wirthsbaus suchen; der gesteigerte Wirthschaftsbesuch sei aber sebr schäd⸗ lich, auch dadurch, daß er der sozialdemokratiscken Agitation durch Wirthsbausgespräche starken Vorschub leiste, während die Agitatoren bisber in die einzelnen Häuser noch nicht eindrängen, also auch auf die Leute keinen Einfluß gewinnen könnten.
Staatssekretär Freiherr von Maltzahn:
Ich halte mich für verpflichtet, bevor der Reichstag über den Antrag Lender abstimmt, doch noch einmal das Wort zu nehmen, um die Herren über die Lage nicht im Unklaren zu lassen. Die große Aus— dauer, mit welcher die Vertreter der südwestlichen Theile Deutschlands im Reichstage die Wiedergewäbrung steuerfreien Haustrunkes in der einen oder anderen Form in der Kommission verfochten haben und im Plenum verfechten, ist ein deutlicher Beweis dafür, daß ein Bedürfniß zu einer derartigen Abänderung der bestebenden Gesetz⸗ gebung unter den kleinen Grundbesitzern der von ihnen vertretenen Landestbeile warm empfunden und von den Abgeordneten dieser Distrikte als berechtigt anerkannt wird. Auch ein Theil der verbündeten Regierungen bat, wie die Herren wissen, sich diese Wünsche zu eigen gemacht und sie warm vertreten. Die Mehr⸗ beit der verbündeten Regierungen bat aber, wie Sie wissen, den im Bundesrath gestellten Anträgen die Genehmigung nicht ertheilt. In der Kommission des Reichstages ist diese Frage lebhaft diskutirt
worden, und auf Grund der dort geführten Verhandlungen, auf Grund
der warmen Vertretung der Interessen der süddeutschen Kleinbrenner, durch die mit ihren Verbältnissen speziell bekannten Abgeordneten ist in den Entwurf des Gesetzes, über welches Sie jetzt berathen, diejenige Einfügung zu Gunsten dieser Leute gemacht, welche Sie unter Nr. 4 und 5 der Zusammenstellung der Kommissionsbeschlüsse finden. Geben die Beschlüsse des Reichstages über das, was dort geboten ist, nicht hinaus, so habe ich Grund anzunehmen, daß die verbündeten Regierungen den früher von ihnen eingenommenen Standpunkt ver— lassen, und dem so abgeänderten Gesetzentwurf, d. h. dem Gesetzentwurf in der Fassung Ihrer Kommissionsbeschlüsse zustimmen werden. Aber meine Herren, dem Gedanken, welchen der Antrag Lender enthält, wird von Seiten einer großen Zahl der verbündeten Regierungen und speziell derjenigen, welche die norddeutschen Interessen zu vertreten haben, ein ganz ent⸗ schiedener Widerspruch entgegengesetzt, und zwar aus verschiedenen Gründen. Diese Regierungen erkennen war an, daß durch die in dem Branntweinsteuergesetz getroffenen Bestimmungen diese Klasse von deutschen Branntweinbrennern dem früheren Zustande gegenüber in einen weniger günstigen Zustand versetzt ist. Sie sind, wie ich annehmen darf, bereit, auf dem Gebiet, welches die Nrn. 4 und 5 der Kommissionsbeschlüsse behandeln, diesen Brennern entgegenzu⸗ kommen. Sie halten es aber nicht für vertretbar, es auf dem Wege der Abschaffung oder der Ermäßigung der Verbrauchsabgabe für einen Theil des in Deutschland hergestellten Branntweins zu thun; sie glauben, daß damit — es sind auch andere Gründe mitbestimmend gewesen, dies aber ist die Haupterwägung, welche geltend gemacht ist — daß in solchem Vorgehen eine Ungerechtigkeit liegen würde gegen den norddeutschen Kleinbrenner, soweit er vorhanden ist, gegen den nord⸗ deutschen Branntweinkonsumenten aus Ui ärmsten Ständen. Aus dem Grunde kann ich hier erklären, daß, soweit ich die Stimmung der verbündeten Regierungen kenne, der Antrag Lender oder ein Gesetz, in welchem der Antrag Lender enthalten ist, auf die Ge— winnung einer Majorität im Bunderath keinerlei Aussicht haben würde. Selbst aber, wenn eine Mehrheit der verbündeten Regierungen geneigt sein sollte, was ich nicht glaube, einem solchen Antrage zuzustimmen, so bitte ich die Herren, zu erwägen, daß diejenige Re⸗ gierung, welche diesem Gedanken den entschiedensten Widerspruch entgegengesetzt hat, die Königlich preußische Regierung gewesen ist, und daß der Artikel h unserer Verfassung bestimmt:
Berlin, Montag, den 4. Mai
Bei Gesetzesvorschlägen über die im Artikel 385 bezeichneten Abgaben giebt, wenn im Bundesrath eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechtbaltung der bestehenden Einrichtungen aus— spricht.
Abg. Dr Buhl: Der Antrag Witte sei schon in der Kommission mit Rücksicht auf den Widerstand, den er im Bundesrath finden werde, abgelehnt. Er balte es für ganz berechtigt, daß die Produzenten die Kontrolkosten nicht selbst trügen und auf die Konsumenten ab— wälzten, und werde versönlich für den Antrag stimmen, doch wünsche er nicht, daß der Antrag die Mehrheit des Hauses finde und so die Vorlage mit dieser jetzt für den Bundesrath unannehmbaren Bestimmung belaste; es genüge, wenn sich eine starke Minderheit dafür finde und den Regierungen dadurch nochmals die Anregung gegeben werde, die Kontrolkosten in 5 auf die Reichskasse zu übernebmen. Der Abg. Dr Witte babe ferner die steuerliche Be⸗ handlung des zu Heilmwecken dienenden Alkohols zur Sprache gebracht; dieser Gegenstand sei in einer Reibe von Petitionen norddeutscher Apotbeker berübrt, und in der That seien hier Aenderungen der bestehenden Zuftände nö hig, seien doch z. B. in der preußischen Liste der Medikamente, für welche keine Alkobolsteuerbefreiung eintrete, auch solche enthalten, in denen überhaupt kein Alkohol vorkomme! Es sei aber von einer Beschluß—⸗ fassung abgeseben worden, weil eine generelle Regelung der Frage der Besteuerung des zu Heilzwecken bestimmten Alkobols zugesagt worden sei; es empfehle sich da vielleicht die allgemeine Einfübrung der badischen Einrichtung, nämlich der Kontingentirung des von Apotdekern verwendeten Alkobols. Der Antrag Lender setze den Reichstag in eine gewisse Verlegenbeit. Gewiß verdiene der süddeutsche Haustrunk Berück⸗ sichtigung, aber diese sei ihm in der Regierungs vorlage und in noch verstärktem Maße in dem Kommissionsbeschluß gewäbrt; und da der Staatssekretär die Annahme dieser letzteren durch den Bundesrath in Aussicht stelle, bei Annahme des Antrages Lender aber die ganze Vorlage für unannehmbar erkläre, möchte er (Redner) als süd— deutscher Landsmann den Abg. Lender bitten, seinen Antrag zurück⸗ juzieben und sich mit den den Haustrunkbrennern in Anssicht gestellten geringeren Vortheilen lieber zu begnügen, als auch diese zu gefährden. Habe doch in der Kommission der Kommissar der badischen Regierung, die immer für die Schonung des Haustrunks eingetreten sei, ebenso aus Opportunitätsgründen auf die jetzt vom Abg. Lender gestellten Forderungen verzichtet.
Abg. Dr. Simonis: Er fürchte nicht, daß die Annahme des Antrages Lender die Vorlage für den Bundesrath unannehmbar machen werde, sondern es werde boffentlich von dem weniger in formirten Bundesratb an den besser informirten appellirt werden. Der Haustrunk babe eine große wirtbschaftliche Bedeutung, und seine Beseitigung oder Erschwerung dürfte große soziale Schädigungen berbeiführen, während der Antrag Lender zur Zufriedenbeit der Be— völkerung beitrage und somit auch ein Heilmittel gegen die Sozial demokratie sein würde. Von insgesammt 90 009 Brennereien in Deutschland seien 80 000 kleine in Süddeutschland, die übrigen 10 000 seien die großen in Norddeutschland. Warum solle also gerade das Hinderniß für die kleinen süddeutschen Brennereien von Nord— deutschland kommen? Der Sparsamkeitssinn der kleinen Leute werde beeinträchtigt, wenn sie gezwungen würden, ihre Treber und ibr un— reifes Obst auf den Mistbaufen zu werfen. Wie man dem kleinen Baugnn nicht seine Kuh oder seine Gais nebmen werde, so solle man ihmssich nicht seinen Kirschbaum nehmen. Gerechtigkeit müsse im Landeẽ herrschen, und die Gesetzgebung babe dafür zu sorgen, daß der Kleine nicht durch den Großen zu Grunde gerichtet werde. Gebe aber die y, dei Weg dieser Vorlage, so werde der größere Besitzer schließlich zum kleinen, der kleine zum Tagelöhner und der Tagelöhner gehe zur Stadt in die Fabrik oder wandere aus. Der Antrag Lender bringe die Gleichheit für die kleinen, man möge ibn daher einstweilen annehmen, bis die Regierung eine bessere Vorlage mache.
Abg. Hug: Wolle der kleine Brenner denselben Vortheil baben, wie der große, so müsse er erheblich mehr brennen. Das sei aber leichter gesagt als getban. Die kleinen Brenner könnten nicht mehr als durchschnittlich 20 1 reinen Alkobols erüelen, denn sie hingen von der Obsternte und anderen Faktoren ab. Die in der Vorlage vorgesehenen Erleichterungen kämen also der großen Masse der kleinen Brenner nicht zu Gute, und es müsse ihnen deshalb durch den steuerfreien Haustrunk gebolfen werden. Der dadurch entstebende Steuerausfall sei sehr gering im Verbältniß zu dem Werth der Zufriedenbeit, die da durch gesckaffen werde. Die Gesetzgebung müsse so geändert werden, daß die kleinen Brenner wieder einen Anreiz bekämen, zum Brennereibetrieb zurückjukehren; in den Erleichterungen der Vorlage liege ein solcher Anreiz nicht. Der Antrag Lender ergänze aber die Vorlage in dieser Richtung. Angesichts dieser Vortheile und des Vortheils, daß eine große Masse von Robstoffen, welche jetzt nicht verwendet werde, wieder jur Verwendung kommen könne, bitte er den Antrag Lender anzunebmen.
Abg. Uhden: Er bedauere auch, daß durch die Gesetzgebung von 1887 einem großen Theil seiner süddeutschen Landsleute die Mög—⸗ lichkeit, sich ihren gewohnten steuerfreien Haustrunk berzustellen, ab⸗ geschnitten sei, und er würde sich freuen, wenn er den Antrag Lender annebmen könnte. Den norddeutschen Großbrennern liege es völlig fern, aus Eigennutz sich dem Antrage zu widersetzen. Aber der Antrag Lender würde die Konsequenz baben, daß sich auch in Norddeutschland jeder Bauer seinen Haustrunk selbst brennen würde. Davon würde nur der Bauer einen Vortheil haben, aber nicht der Arbeiter, die Wirkung des Antrages würde also verfehlt sein. Aus diesen Bedenken lehne seine Partei den Antrag ab. .
Abg. Holtz: Man glaube, die norddeutschen Großbrenner seien mit dem Gefetz von 1887 zufrieden. Er babe aber schon in der erften Lesung anerkannt, daß die Großbrenner auch eine außerordentliche Schädigung durch das Gesetz erfahren bätten, denn sie bätten ihren Betrieb wesentlich einschränken müssen aber sie hätten sich in das Gesetz eingelebt. Wenn ein Gesetz dem Staat 100 Millionen Steuern bringen solle, müßten Opfer gebracht werden. Das Gesetz babe die kleinen Brenner so schonend wie möglich getroffen. Er warne dringend, einen Gegensatz jwischen den großen und den kleinen Brennern hervorzubeben. Auch dem Antrag Witte stehe seine Partei woblwollend gegenüber, und es sei ibr schmerzlich, ibm nicht zustimmen zu können, aber durch ibn würden die Fundamente des Gesetzes berührt. Der völlig steuerfreie Haustrunk babe noch eine gewiffe Idealität für sich, aber den Antrag Lender, der dasselbe in einer etwas umschriebenen Weise erreichen wolle, könne seine Partei nicht annehmen. Bei den kleinen Leuten im Süden berrsche größere Woblfahrt als bei denen im Norden. Nach dem Antrag Wisser würde jeder kleine Mann im Norden sich seinen Haustrunk selber brennen können. Der Antrag Wisser zeige deutlich die gefährlichen Konsequenzen des Antrages Lender. Er könne also, so sebr er es bedauere, nicht dafür stimmen.
Abg. Singer: Der steuerfreie Haustrunk werde natürlich den Absatz der Großbrenner etwas berabmindern, und in dieser Be sorgniß wurzelten lediglich die Gegengründe des Vorredners. Zu den vielen Heilmitteln gegen die Sozialdemokratie sei nun auch noch der steuerfreie Haustrunk hinzugekommen, durch welchen die Leute vom Wirthshaus und so von der Berührung mit der Sozialdemokratie
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abgebalten werden sollten. Seine Partei sei bereit, diese Waffe gegen sich selbst zu schärfen, und werde Mann für Mann für den Antrag Lender stimmen. Der Antrag sei vollkommen berechtigt, und seine Partei bedauere, daß der Haustrunk nicht ganz steuerfrei bleibe. Er für seine Person werde auch für den Antrag Wisser stimmen. Der Antrag Lender werde aber sehr überschätzt; die sozialen Schäden würden dadurch noch nicht sämmtlich beseitigt. Ihre grundsäͤtzliche Stellung babe seine Partei in der ersten Lesung dar⸗ gelegt; sie habe diese Vorlage auch deswegen gern gesehen, weil die Regierung dadurch endlich einmal gezwungen sei, aktenmäßig nach uweisen, an wen die Liebesgabe vertheilt werde. Dadurch sei erwiesen, daß wesentlich die Großbrenner dem Vortheil aus der Liebesgabe jögen.
Abg. Schaettgen bält den Antrag Lender im Interesse
der Eihaltung der kleinen Bauern Süddeutschlands für nötbig. Er bedauere die ungleiche Behandlung zwischen Nord- und Süddeutsch⸗ land. Auch der Wein und Obstbau in Süddeutschland sei nicht in so günstiger Lage. Schlechte Ernten hätten manche Landwirthe ziem— lich nahe an den Abgrund gebrabt; in Baden sei von der Kammer ein Antrag angenommen, den Rebbauern die Steuern zu stunden. Aeg. Wisser erwidert dem Staatssekretär, daß, wenn dieser seinen Widerstand gegen den Antrag daher leite, daß der Antrag die süddeutschen Brenner vor den norddeutschen bevorzuge, gerade sein Antrag dies ausgleichen wolle. Süddeutschland müsse das schwere Joch abschütteln, welches Norddeutschland auf Süddeutschland ge⸗ wäljt habe. Ein Mittel gegen die Sozialdemokratie seien die An⸗ träge wohl; wenn die Leute nicht mebr gezwungen seien, nur schlechten Kartoffelspiritus zu trinken, würden sie zufriedener sein. Abg. Lender: Der Steuerausfall in Folge seines Antrages sei sehr gering. Die Steuererhebung müsse mit möglichst wenig Plackerei verbunden sein. Für einen so geringen Steuerausfall dürfe man die Zufriedenbeit des Volkes nicht preisgeben. Die Erklärung des Staats— sekretärs habe ibn sehbr befremdet, daß selbst, wenn der bescheidene Antrag angenommen werde und auch im Bundesrath eine Anzabl von Regierungen sich dafür ausspreche, dann die Stimme, welche den Aus— schlag nach der Verfassung gebe, gleichwohl ihre ablebnende Stellung behaupten werde. Der Schaden, der durch die Rücksichtnahme auf die süddeutschen Verhältnisse gegenüber den norddeutschen Pro⸗ duzenten entsteben könnte, bestehe wobl nur in der Phantasie. Werde dem arbeitenden Mann der Branntwein vertheuert, so werde er verbittert. Der Abg. Uhbden meine, der Antrag Wisser zeige erst die Konsequenzen seines (des Redners) Antrages. Was würde es schaden, wenn sein Antrag mit der Aenderung nach dem Antrag Wisser angenommen würde? Es bandele sich nur um die Befreiung der Brennereien der einfachsten Form, welche bis zu 20 Liter brennten. Er bitte den Antrag anjunehmen; dem Bundesrath rufe er zu: videant consules, diseite moniti!
Abz. Dr. Simonis: Schon jetzt sei der Haustrunk in Süd— deutschland so schwer besteuert, daß er dem Wirthshausbesuch viel⸗ fach babe Platz machen müssen; seitdem habe sich aber auch die Qua— lität des getrunkenen Branntweins erheblich verschlechtert, Delirium tremens und alle sonstigen schlimmen sanitären und wirthschaftlichen Folgen der Trunksucht und des Fuselgenusses hätten sich in entsetz lichem Grade gezeigt. Sei es aber gerechtfertigt, 8 000 kleine süd⸗ deutsche Brenner um 10 000 großer norddeutscher Brenner willen zu benachtheiligen ?
Abg. Holtz: Der Widerstand seiner Partei gegen den Antrag Lender sei nicht aus Rücksicht auf die großen Brennereien Norddeutsch⸗ lands entstanden, die sich überhaupt von der Konsumabgabe eman⸗ zipiren könnten, weil sie ihr Produkt im Auslande absetzen könnten und ibnen der Weltmarkt immer noch gute Preise gewähre. Hätten sie das große Geschenk der Liebesgabe wirklich empfangen, so müßten sie ja unendliche Reichtbümer aufgespeichert haben; tbatsächlich sei aber ibre Lage eine so prekäre, daß schon dadurch diese Fabel hinläng⸗ lich widerlegt werde ; .
Darauf werden die Anträge Wisser und Witte abgelehnt, der Antrag Lender dagegen angenommen und mit dieser Aenderung der Kommissionsvorschlag.
Art. II wollte nach der Regierungsvorlage den Zoll für den aus dem Ausland eingehenden Branntwein auf 150 6 für 100 Eg festsetzen; die Kommission schlägt dagegen vor, den Zoll für Ligueure auf 180 (66, den für alle übrigen Branntwein, sofern sie in Fässern eingehen, auf 125 (6, so⸗ fern sie in Flaschen, Krügen oder anderen Umschließungen ein— gehen, auf 180 (6 pro 100 kg zu fixiren.
Abg. Broemel: Die Kommission habe von der von der Regie⸗ rung vorgeschlagenen generellen Zollerhöhung ganz abgesehen und sich wesentlich damit beschäftigt, eine praktische, von allen Zollbeamten leicht erkennbare Unterscheidung zwischen dem höber und dem niedriger besteuerten Branntwein zu finden, und babe als solche die Umbüllung feststellt. Warum babe die Kommission aber dabei die Ligueure gar so schlecht behandelt? Liqueur verdiene doch schließlich auch eine gewisse Berücksichtigung. Uebrigens fürchte er, daß die Umbüllung kein so geeignetes Unterscheidungsmittel sei, denn man werde danach in Zu⸗ kunft wobl sprachlich einen Unterschied zwischen dem in Fässern eingebenden Schnaps“ und dem in Flaschen eingebenden Liqueur“ machen, aber man werde fortan nicht bloß Getreidekümmel, sondern auch Gin, Genever, Wachholder u. s. w. in Fässern einführen. Wolle die Regierung den Cognac. Rum und Arak, um deren böbere Be⸗ steuerung es sich in der Regietungsvorlage eigentlich gebandelt habe, in Fässern eingehend, dem niedrigeren Zoll unterwerfen, oder sollten diese drei Brennereiprodukte als Liqueur angeseben werden? Sollte kein geeigneteres Unterscheidungsmittel sich finden lassen, als die Kommission vorschlage, und sei man überzeugt, die von ihm ange⸗ deuteten Schwierigkeiten vermeiden zu können, so habe er gegen den Kommissionsvorschlag nichts einzuwenden.
Staatssekretär Freiherr von Maltzahn:
Der Herr Vorredner hat auf Schwierigkeiten bingewiesen, die sich aus der Handhabung des Artikels I in der Praxis heraus stellen dürften. Die Schwierigkeiten würden ja jweifellos am Meisten vermieden, wenn der Reichstag dem vorgeschlagenen Art. III der Vorlage seine Zustimmung geben würde. Ist dies nicht der Fall, so glaube ich allerdings, daß ein Reichstagsbeschluß, der dem Art. HI Ihrer Kommissionsbeschlüsse entspricht, von den verbündeten Re— gierungen angenommen werden würde, da man im Kreise der ver⸗ bündeten Regierungen der Meinung ist, daß die Unterscheidung der Liqueure von den übrigen Branntweinen zolltechnisch ausführbar ist.
Ich batte die früheren Ausführungen des Herrn Vorredners nicht genau verstanden, sonst würde ich die jetzt von ihm wiederholte An⸗ frage bereits beantwortet haben dahin, wie ich es jetzt thue, daß nach der Auffassung der verbündeten Regierungen Arac, Cognac und Rum nicht unter die Liqueure fallen.
Art. NIL wird unverändert angenommen ;
s folgt die Berathung der Resolution des Abg. Dr. Barth: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichs tage alsbald eine Vorlage zu machen, durch welche die Maisch⸗ bottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer völlig beseitigt wird.