Schritt. Während der Fahrt flammten in den Straßen, vor Allem am Domhof und am Domplatz bengali che Feuer von den unteren Slockwerken his zu den Dachfirsten auf und schufen mit dea unzähligen Lämpchen und Ballons den ganzen Raum zu einem märchenhaften Feuermeer um, aus dem der gluthrothe Koloß des Domes ragte.
Am' Regierungsgebäude angekommen, dessen Umgebung feenhaft beleuchtet war, präsentirte die dort aufgestellte Ehren⸗ Compagnie des Regiments Freiherr von Sparr. Nr. 165 und machte, nachdem der Kaiser aus dem Wagen gestiegen, einen kurzen Parademarsch, worauf Seine Majestät Sich in Seine Gemächer begab. Kurze Zeit darauf brachte eine Compagnie des 65. Regiments die sämmtlichen Fahnen der Garnison zum Regierungsgebäude, wo dieselben im Fürstenzimmer aufgestellt
urden. . Am Dienstag Vormittag fand in der Mülheimer Heide vor Seiner Majestät Parade der ganzen Garnison statt. Allerhöchst derselbe stieg am Sportplatz zu Pferde und erschien Schlag 10 Uhr in der Uniform der Gardes du Corps mit dem Bande des Schwarzen Adler⸗Ordens auf dem Paradeplatz, wo Allerhöchsiderselbe die Front der in zwei Treffen aufgestellten Truppen abritt. Im ersten Treffen standen dis sämmtlichen Fußteuppen, im zweiten die Kürassiere und die Feld-Artillerie. Rechts von der Garnison hatten das Offizier corps des Land⸗ wehrbezirks Aufstellung genommen, und senkrecht auf die Front am rechten Flügel die Kadetten aus Bensberg. Nachdem beide Treffen abgeritten waren, erfolgte ein zweimaliger Parademarsch. ö . ; .
Inzwischen sammelte sich auf den Straßen, welche Seine Majestät auf der Rückkehr nach der Stadt mit der Fahnen⸗ Compagnie passiten sollte, eine Köpf an Kopf gedeängte Menschenmenge. Alls Fenster der Häuser dieser besonders festlich geschmückten Straßen waren dicht besetzt. Gegen 12 Uhr verkündeten brausende Hochrufe das Nahen des Kaisers und der Fahnen. Hinter dem militärischen Gefolge des Kaisers ritt eine halbe Schwadron Kürassiere, dann erschien Seine Majestät, mit ernstem Gruß den unbeschreiblichen Jubel erwidernd. Den Fahnen der Infanterie und der Fahnen-Compagnie folgte die Standarte der Deutzer Kürassiere, geleitet von dem Trompetercorps und einer Schwadron. Am Regierungs— gebäude hielt Seine Majestät. Zuerst schwenkte die Compagnie und präsentirte, worauf die Fahnen in die Kaiserliche Woh— nung gebracht wurden. Dann schwenkte die Compagnie in Sektionen ab und passirte im Parademarsch vor dem Kaiser; ihr folgte in gleicher Weise die Schwadron Deutzer Kürassiere. Nachdem die Kürassiere den Parademarsch vor dem Kaiser ausgeführt hatten, rief Seine Majestät mehrere Unteroffiziere zu Sich heran und sprach kurze Zeit mit denselben.
Nach etwa anderthalbstündigem Aufenthalt im Regierungs⸗ gebäuse, während dessen Seine Majestät die Königlich belgischen und die Königlich holländischen Offiziere empfing und mit dem Reichskanzler arbeitete, unternahm Allerhöchst⸗ derselbe eine Umfahrt durch die Stadt. Vorauf ritten zwei Gendarmen, ein Polizei-Jaspektor und ein Ordonnanz-Offizier; in zwei Wagen folgten der Polizei⸗ Präsident von König, der Regierungs-Präsident von Sydow
und der Ober-Bürgermeister Becker. Nach einer Halb⸗Schwadron Kürassie Der Kaiser, der
irre kam der Kaiserliche Vierspänner. 35 e großartige Huldigung Kölns hech erfreut erschien
über di und unablässig die Rufe der Menge auf den Straßen und aus den Fenstern freundlich grüßend erwiderte, hatte zur Seite den Ober-Präsidenten der Rheinprovinz. In den folgenden Wagen hatten die Herren wie beim Einzug Platz genommen. Eine Halb-⸗Schwadron schloß den Zug, der in scharfem Trabe über den Gereonshof, die östliche und west— liche Seite des Kaiser-Wilhelmrings, den Hohenzollernring, das Hahnenthor, den Neumarkt u. s. w. nach dem prächtig geschmückten Gürzenich sich bewegte. Auf dem Kaiser Wilhelm— ring hatten die Feuerwehr und Schüler und Schülerinnen der öffentlichen und privaten Lehranstalten Aufstellung genommen. Auf dem Hohenzollernring hatte der Rheinische Provinzial— Kriegerverband des Deutschen Kriegerbundes mit zahlreichen Fahnen und Musikcorpz, in gleicher Weise die übrigen Krieger— vreine Kölns, des Weiteren die Innungen, Sängervereine 2c. sich aufgestellt. Ueberall bewillkommnete den Kaiser gleicher Jubel und Begeisterung.
Um 2 Uhr nahm das Festmahl im Gürzenich seinen Anfang. Wis von Außen, so trug das städtische Festlokal auch im Innern zu Ehren Seiner Majestät des Kaisers ein reiches Festgewand. Teppiche breiteten sich auf dem mit Pflanzenschmuck besetzten Aufgange aus, dessen Wände eine
Ausstattung in Imitationen von Rüstungen und Waffen er⸗
halten hatten. Werthvole Gobelins, sonstiger Wandschmuck und Pflanzengruppen schmückten das Treppenhaus. Der Flur vor dem großen Saale war mit einer reichen Wand— dekoration in Gobelintapeten, Stoffverzierungen, Wappen, Schildern und Sinnsprüchen versehen. Ein über dem Ein— gange des Saales angebrachtes Schild enthielt den Gruß: „Willkommen!“ Ver Saal selbst hatie gleichfalls eine würdige Ausstattung erhalten. Kaiserkrone geschmückter Sammetbaldachin war in der Mitte
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Ein reicher carmoisinrother, mit der
der Tribüne über dem Ehrenplatz für Seine Majestät er— richlet. Der Hintergrund der Tribüne war in echtem Gold— brokat mit gewirkten Dessins hergestellt und zeigte in seinen Fonds einen mächtigen Reichsadler. Das Innere der Decke des Baldachins war mit Hermelin ausgeschlagen. Neben dem Auftritt zu dem Baldachin rechts und links waren prachtvolle kölnische Banner aufgestelt, welche den alten Bannern des historischen Museums nachgebildet wurden. Der Auftritt zu dem Ehrenplatz Seiner Majestät war mit kostbaren Teppichen bedeckt. Die Säulen des Saales trugen eine geschmackvolle Bekleidung von Wappen der Länder des Deutschen Reichs, denen die Fahnen in den betreffenden Farben, Bänder und die entsprechenden Kronen beigegeben waren. Dem Kaisersitz gegenüber an dem andern Ende des Saales stand auf einem Postament eine polychromirte Colonia, welche in der Linken das Kölner Wappen hält, während die Rechte dem Landes— herrn den Gruß der Kölner Bürgerschast darbringt. Zu beiden Seiten, ebenfalls auf Postamenten, waren die Büsten der Kaiser Wilhelm L. und Friedrich III. aufgestellt.
Als Seine Majestät den Saal betrat, wurde Allerhöchst derselbe durch eine Hymne begrüßt, welche von einem ge— mischten Chor und dem Orchester mit Orgel ausgeführt wurde. Seine Majestät nahm an der Tafel zwischen dem Reichs⸗ kanzler von Caprivi und dem Corps-Kommandanten, General der Kavallerie Freiherrn von Los Platz; gegenüber saßen der
Ober⸗Bürgermeister Becker, der Fürst zu Wied und der Ober⸗
Präsident Nasse. Den Trinkspruch Namens der Stadt Köln brachte der Ober-Bürgermeister Becker aus.
ür Allerhöchstdessen feste thatkräftige Regierung und für die , um die Erhaltung des Friedens nach Außen und im Innern, sowie um die Förderung des deutschen Unternehmungsgeistes, deutscher Bkldung, Sitte und Religiosität. Köln habe allezeit treu zu Kaiser und Reich gestanden
ei heute doppelt dankbar für die fortdauernde ö ö Zum Schluß seiner Rede über⸗ reichte der Redner einen goldenen Becher, eine Arbeit ein⸗ heimischen Gewerbfleißes, zum persönlichen Gebrauch Seiner Majestät während Allerhöchstdessen Anwesenheit in Köln und als Erinnerungszeichen für kommende Geschlechter.
Seine Majestät der Kaiser und König geruhte darauf Folgendes zu erwidern:
Mein verehrtester Ober ⸗Bürgermeister! Nehmen Sie Meinen herzlichen Dank entgegen für die Gesinnungen Ihrer Bürgerschaft, die in Ihrer Rede den Ausdruck gefunden haben, und für den Empfang, den Ich in den Mauern dieser Stadt entgegenzunehmen die Genug— thuung hatte.
Es ist an Mir, zu danken, denn die Gesinnung der Treue, der Liebe, die aus vielen bunderttausenden von Herzen Mir heute ent · gegengeschlagen ist, hat Mich tief berührt und ergriffen. Et ist die Fortführung der alten traditionellen Anhänglichkeit, die Sie schon erwähnten, deren Ausdruck Ich schon früher zu beobachten die Gelegen ⸗ heit hatte, als Meines verstorbenen Großvaters und Meines Vaters Majestät in diesen Mauern von Ihnen mit demselben Enthusiasmus und derselben Pracht gefeiert wurden, und viele von Ihnen werden mit Mir noch der erhebenden Momente sich entsinnen, als an dieser Stelle Mein hochseliger Herr Vater begeisternde Worte an die Versammlung richtete. Dergleichen poetische Worte stehen Mir nicht so zur Verfügung wie Meinem Herrn Vater; aber Meinen innigen und herzlichen Dank kann Ich auch in schlichtem deutschen Wort Ihnen ausdrücken, und Ich bitte Sie, denselben der Bürgerschaft kenntlich zu machen.
Eine der Ueberschriften über Ihren Pforten hat Mir besondere Freude gewährt; et ist der einfache Satz: Willkommen im alten Köln!“ — In den Worten, meine Ich, ist die gesammte Geschichte der Stadt Köln in klarer Schrift dargestellt. Verbunden durch viele verschiedene Bande mit den rerschiedenen Kaiser— häusern, die dereinst über Germania regierten, hat sie stets ihre Treue dem Kaiser bewahrt, ob im Glück oder Unglück. Als gewaltige Handelsstadt hat sie es verstanden, in mächtigem Bunde mit der Hansa, weit hinars ihre Fühlhörner zu strecken und durch die großen Höfe, die sie in fremden Staaten gründete, dem deutschen industriellen Gebiete Absatz zu verschaffen und deatsches Handwerk und deutsches EGrzeugniß im Aus—⸗ lande zu verbreiten. Sie sind auch jetzt wieder auf derselben Bahn begriffen, und hoffentlich werden wir bald Englands Schiffe wie in alter Zeit vor den Kölnischen Thoren liegen sehen.
Meine Beziehungen zu Köln sind auch schon langjährige, und manchen frohen Tag habe Ich in ihren Mauern verleben dürfen. Ich spreche Meine tiefinnige Befriedigung aus, daß Ich an dieser geweihten Stelle und in dieser altebrwürdigen Domstadt nun auch als Kaiser eingezogen bin. Es ist ein altes und von Mir stets erhofftes Ziel gewesen, dereinst in dieser vornehmen Stadt cuch einmal als Deutscher Kaiser zu weilen.
Ich erhebe nun den Pokal, den Kölnischer Fleiß und Kölnisches Geschick geformt, und trinke aus demselben den ersten Tropfen deutschen Weines auf das Wohl der ur und kerndeutschen Stadt Köln. — Möge sie blühen, grünen und gedeihen! . ,, Vorbild Vorfahren Meine schützende Hand über die Stadt halten, und Ich denke, daß unter dem schwarz ⸗weißen Hohenzollernsckilde die Stadt ihren guten Fortgang nehmen wird. Die Stadt Köln lebe hoch! — hoch! — hoch!
Nach Aufhebung der Festtafel trat Seine Majestät bei herrlichem Wetter um 5 Uhr die Fahrt nach Bonn auf dem Rheindampfer „Deutscher Kaiser“ an. Das Dampfboot setzte sich unter Glockengeläut, Böllerschüssen und unaufhörlichen Hochrufen einer aus der ganzen Umgebung zusammengeströmten Menschen— menge in Bewegung. Seine Majestät, auf Deck stehend, dankte mit freundlichen Grüßen. Der Strom war, soweit das Auge reichte, mit buntbewimpelten Fahrzeugen bedeckt, die Häuser am Ufer festlich beflaggt und geschmückt, sodaß die sonnige, heitere Landschaft einen besonders schönen Anblick darbot.
Um 7 Uhr 10 Minuten traf Seine Majestät in Bonn ein und wurde von Seiner Durchlaucht dem Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin zu Schaumburg— Lippe am Landungsplatze empfangen. Das überaus zahlreiche Publikum begrüßte Seine Majestät mit jubelnden Zurufen, während festlich gekleidete Mädchen prächtige Blumensträuße überreichten. Seine Majestät begab Sich alebald nach der Villa Löschigt den Rhein entlang durch die prächtig geschmückte Via triumphalis, in welcher die Schulen und zahlreiche Vereine Spalier bildeten. Abends wurde Seiner Majestät von den Studirenden ein Fackelzug mit einer Serenade, die von 400 Sängern aus⸗ geführt wurde, dargebracht. Später beehrte Seine Majestät den Corpzabend der „Borussia“ mit Seinem Besuch.
Heute Morgen um 7 Uhr wurde die Garnison alarmirt. Seine Majestät begab Sich zu Pferde durch die Stadt nach der Sternthor-Kaserne und von dort nach dem Exerzierplatz am Tannenbusch.
Meiner
Einem Wunsche Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich entsprechend, hat Seine Majestät der König von Italien angeordnet, daß fünfzehn der hervorragendsten Bilder der Königlichen Sammlung zur Internationalen Kunst-Ausstellung nach Berlin abgesandt werden; die Wahl der Kunstwerke ist mit Ermächtigung des Königs von Professor Hertel getroffen worden.
ö Die am 27. v. M. im Reichs-Eisenbahnamt begonnenen Verhandlungen zwischen deutschen und ö sste rreichisch- unga⸗ rischen Kommissaren zu gemeinsamer Umarbeitung der beiderseitigen Betrieb sreglements für den inneren
Er dankte Seiner Majestät!
Eisenbahnverkehr haben in allen wesentlichen Punkten zu einer erfreulichen Einigung geführt und sind heute geschlossen worden.
An der Spitze der auswärtigen Vertretungen standen für Jesterreich der Sektions-Chef im K K. Handels⸗-Ministerium,
Ministerial-Rath im K. Handels-Ministerium Kilényi; geleitet wurden die Berathungen durch den Geheimen Ober-Regierungs⸗ Rath Dr. Gerstner vom Reichs-Eisenbahnamt.
Auf der Grubenabtheilung Serlo der Königlichen Stein⸗ kohlengrube „Gerhard“ des Saarbrücker Bezirks hat gestern Nachmittag in einem Bremsschacht des Ostfeldes über der fünften Tiefbausohle eine Schlagwerter-Explo— sion stattgefunden, bei welcher acht Arbeiter ge— tödtet und drei Arbeiter schwer verletzt wurden. Die Ursache der Explosion ist bis jetzt unbekannt. In dem Bremsschacht war rie Schießarbeit verboten. Die Wetterführung und der Betrieb sind nicht gestört.
Düsseldorf, 5. Mai. Der Ober⸗Bürgermeister, Geheime Regierungs-Rath Lindemann erläßt folgende Bekannt— machung:
Seine Majestät der Kaiser und König haben mich be— auftragt, der Bürgerschaft Allerhöchstihren Dank für den warmen Empfang auszusprechen.
Seine Majestät haben wiederholt in huldvoller Weise Allerhöchst ihre Befriedigung und Anertennung ausgesprochen insbesondere über die schöne und allgemeine Ausschmückung der Straßen und Hänser und das in der Tonhalle veranstaltete Festspiel, und Aller⸗ gnädigst hervorgehoben, daß Ihm eine gleich schöne Huldigung noch nicht zu Theil geworden sei. Er würde gern Allen,. welche zum Ge lingen des Festzpiels mitgewirkt, als Zeichen der Anerkennung Seine Hand gereicht haben; da Ihm dies aber wegen der großen Zakl der— selben nicht möglich gewesen, so habe Er der Vertreterin der Germania für alle Mitwirkenden die Hand gereicht. = ) .
Ich beeile mich, dem erhaltenen Auftrage gemäß, diese buldvollen Worse zur Kenntniß meiner Mitbürger zu bringen.
Düsseldorf, den 4 Mat 1891. Der Ober⸗Bürgermeister Linde mann, Geheimer Regierungs⸗Rath.
Baden.
Karlsruhe, 5. Mai. Wie die „Karlsruher Zeitung“ meldet, ist bei Hofe die Nachricht eingegangen, daß Seine Majestät der Kaiser am nächsten Freitag dem Groß— herzoglichen Paare einen kurzen Besuch abstatten werde. Die Ankunft von Bonn soll Mittags 1 Uhr erfolgen. Am Sonnabend Vormittag beabsichtige Seine Majestät Sich über Darmstadt nach Schlitz zu begeben. Seine Majestät der Kaiser habe jeden offiziellen Empfang abgelehnt und wünsche dem Besuche einen privaten Charakter zu wahren.
Hessen.
Darmstadt, 5. Ma. Die Zweite Kammer der Stände tritt nach der „Darmst. Ztg.“ Dienstag, den 12. Mai, wieder zusammen.
Sachsen⸗Altenburg.
G5 Altenburg, 5. Mai. Seine Hoheit der Kerzog, welcher sich zur Nachkur auf vierzehn Tage nach Schloß Eisen⸗ berg begeben hat, wird mit Ihrer Hoheit der Herzogin der feierlichen Konfirmation Höchstseiner Enkel, der beiden ältesten Söhne Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, am 13. Mai in Berlin persönlich beiwohnen.
Der Geheime Rath Sonnenkalb, seit 25 Jahren Vor— stand des Herzoglichen Finanz-Ministeriums, ist aus Anlaß seiner Jubiläumsfeier von Seiner Hoheit dem Herzog zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz ernannt worden. Seine Majestät der König von Sachsen hat ihm aus derselben Veranlassung das Großkreuz des Albrechts-Ordens verliehen und die Universität Jena ihn zum Doctor jur. h. e. promovirt.
Anhalt.
Ballenstedt, 4. Mai. Seine Hoheit der Erbprinz, Ihre Großherzogliche Hoheit die Erbprinzessin und Seine Durchlaucht der Prinz Eduard sind, wie der „A. St. A.“ meldet, heute hier eingetroffen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Seine Majestät der Kaiser und König empfing gestern laut Meldung des „W. T. B.“ den deutschen Militär-Bevoll— mächtigten, Oberst-Lieutenant von Deines in Privataudienz.
Die Erzherzogin Blanca, Gemahlin des Erz— herzogs Leopold Salvator, ist gestern Abend in Lem— berg von einer Erzherzogin entbunden worden.
Gestern Vormittag fand die feierliche Vereidigung des für das erweitert? Wien neugewählten Bürgermeisters Dr. J. Prix durch den Statthalter Grafen von Kiel— mannsegg statt. In seiner Ansprache hob die Statt⸗
Kaisers, der Iniative der Regierung und dem energischen, patriolischen Zusammenwirken aller betheiligten Faktoren ein langjähriger Wunsch, die Vereinigung der Vororte mit der Mutterstadt, in kurzer Zeit Gesetz geworden sei. Hierdurch seien die Bedingungen jür die Entwickelung Wiens geschaffen. Der Statthalter sicherte auch in Zukunft die Unter— stützung der Regierung zu und betonte das unwandelbare Wohlwollen des Kaisers für Wien. Er spreche, indem er auf die bezüglichen Worte der letzten Thronrede verweise, die Hoff— nung aus, daß es gelingen werde, das große Werk der Ent— wicklung der Stadt zum Wohle der Bevölkerung und zum Ruhme des Vaterlandes durchzuführen. Nachdem der Bürger⸗ meister den Eid geleistet, dankte derselbe dem Kaiser für die Bestätigung der Wahl, entwarf einen Ueberblick über die der Lösung durch den Gemeinderath harrenden Aufgaben und schloß mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiser. Der Beeidigungsfeier wohnten etwa zwei— tausend Personen bei.
Großbritannien und Irland.
Die Königin hat den Ersten Lord des Schatzes Smith zum Lordwardein von Cinque Ports und zum Constable des Schlosses Dover als Nachfolger Granville's ernannt.
Der irische Parlamentsabgeordnete für die Stadt Kilkenny Quinn hat Parnell die Gefolgschaft gekündigt und seinen Eintritt in die Fraktion M Carthy erklärt.
Der Dampfer „Conscript“, welcher am 2. Mai von der Fortune Bai nach St. Johns (Neufundland) zurückgekehrt ist, hatte, wie dem „R. B.“ gemeldet wird, 18 Fi scher an Bord, die verhaftet worden sind, weil sie dem Köder-BGesetz
Geheim? Rath Dr. Ritter von Witteck, für Ungarn der
zuwider Köder nach St. Pierre gebracht hatten. Die Fischer⸗
halter hervor, daß Dank der unablaͤssigen Fürsorge des
ö
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boote, welche die Blockade brachen, erklärten zu Anfang, sie würden schießen, wenn die Polizei sich einmische. Jetzt ist die Ordnung wieder hergestellt.
Aus Manipur vom 30. April wird dem „R. B.“ ge⸗ meldet, daß die mit der Verfolgung des Rajahs betraute berittene Infanterie-Abtheilung dorthin zurückgekehrt ist, da die gebirgige Gegend sie am weiteren Vordringen behindert habe. Der Palast soll zum Theil in die Luft gesprengt werden. Inzwischen breite sich die Cholera in Manipur immer mehr aus, sodaß der größte Theil der Garnison das Fort verlassen habe. In einem weiteren Telegramm aus Kalkutta vom 2. Mai heißt es: ⸗
Es unterliegt jetzt keinem Zweifel mehr, daß die hritischen Offiziere nicht von den halbwilden Nega⸗Söldlingen, sondern von den Maniparen selbst ermordet wurden. Nach der Enthauptung Qainton's, Grimwood's und des Obersten Skene wurden zwei Götzen— bilder, welche die Form eines Drachen haben und vor dem König lichen Palast stehen, mit ihrem Blut besprengt. Am nächsten Tage hielten der Regent und der Senaputty eine Art Triumphzug durch die Straßen, welchem ein allgemeines Volksfest folgte. Der Se— naputty (Befehlshaber) schien entschlossen, Alles, was überhaupt an Engländer erinnerte, zu vernichten. Nicht zufrieden, das Haus des britischen Residenten eingeäschert zu haben, richtete sich seine Wuth selbst noch gegen die verkohlten Ruinen. Er ließ ferner jedes Ge—⸗ bäude in der Nachbarsckaft dem Erdboden gleichmachen und schändete die Gräber der britischen Offiziete. Das von Sir J. Johnstone er— richtete und 12 Meilen von der Hauptstadt entfernte Roggiackhut⸗ Sanatorium wurde angezündet und die Gebeine des Kindes von Sir Johnstone aus ihrer letzten Ruhestätte aus gegraben. Die Regierung bat sich bis jetzt noch nicht über die Haltung geäußert, welche sie gegen Manscpur einzunehmen gedenkt. Sieht man ron allen sentimen talen Rücksichten ab, so erscheint Annexion als der einzige Weg zur Bestrafung der Manipuren und Wiederaufrichtung des britischen An sehens. Burch die Annexion Manipurs würde ferner die Verkehrs straße zwischen Assam und Ober-Birma freigelegt und eine Stellung geschaffen werden, von welcher aus eine starke britische Besatzung die unruhigen Stamme der Negas, Kukis und Lushais im Zaume halten könnte.
Frankreich.
Paris, 6. Mai. In der gestrigen Sitzung der Depu— tirtenkammer erklärte auf eine Anfrage der Minister des Auswärtigen Ribot, Chile habe zur Beilegung der Unruhen die guten Dienste Brasiliens, der Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika und Frankreichs angerufen. Alle drei Mächte würden sich ernstlich um die Herstellung des Friedens in Chile bemühen. Bei der fortgesetzten Berathung der Zolltarifvorlage trat der Deputirte von Aude Turrel namentlich für die Nothwendigkeit ein, den franzö— sischen Weinbau gegenüber den spanischen Weinen zu schützen, welche dazu dienten, deutschen Alkohol ein— zuführen und so dem Staatsschatz jährlich 90 Millionen entzögen. Charles-Roux führte aus, die in Aussicht ge— nommenen Tarife würden Marseille und die Handels⸗ marine zu Grunde richten, welche nichts mehr nach den Häfen des Mittelmeeres zu befördern haben würden. Die Kammer genehmigte sodann einstimmig einen von dem Deputirten für Aresnes Guillemin beantragten Kredit von 50 000 Fr. für die Hinterbliebenen der bei den Vorfällen in Fourmies ums Leben gekommenen Personen. Die Regie— rung hatte sich für diesen Antrag ausgesprochen. Für den von dem Deputirten Möge eingebrachten Antrag, eine Sitzung in jeder Woche den Arbeiterfragen zu widmen, wurde mit 269 gegen 164 Stimmen die Dringlichkeit be— schlossen.
Italien.
Auch im Senat kamen gestern die Vorfälle in Itom am 1. Mai zur Sprache. Auf eine vom Senator Alfieri eingebrachte Interpellation bestätigte der Minister des Innern Nicotera seine in der Deputirtenkammer abge— gebenen Erklärungen und fügte hinzu: es seien zahlreiche Anarchisten in Rom, Neapel, Florenz, Genua und Palermo verhaftet worden. Er könnte dem Senat auch noch andere wichtige Mittheilungen machen; da es sich jedoch hauptsächlich um anarchistische Verbindungen mit dem Auslande handle und dieserhalb Verhandlungen eingeleitet seien, so unterlasse er dies; er verlange kein Vertrauens votum, sondern wünsche nur zu wissen, ob sein Verhalten, wie er hoffe, gebilligt werde. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Nachdem der Interpellant und seine Genossen sich durch die Beantwortung befriedigt erklärt hatten, wurde einstimmig eine Tagesordnung angenommen, in welcher das Verhalten der Regierung, der Armee und aller Behörden bei den Vorfällen am 1. d. M. gebilligt wird. — In derselben Sitzung erfolgte Seitens des Senats die Genehmigung des Gesetzes über die Abschaffung des Listenskrutiniums.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die afrikanischen Angelegenheiten fort. Im Ver⸗ laufe der Debatte gab der Minister⸗Präsident Marchese di Ru— dini die Erklärung ab: Er hoffe wegen Feststellung der Grenze östlich von Schoah bald mit England Verhandlungen eröffnen zu können. Was die Grenzfrage und den Artikel 17 des Vertrages von Uccialli betreffe, so ergebe sich das Recht Italiens in Afrika hauptsächlich aus der Besetzung Massovahs und des abessynischen Plateaus. Deshalb hätten die Meinungsver— schiedenheiten mit Menelik keine große Bedeutung. Bisher seien für Afrika 114 Millionen ausgegeben. Die laufenden Ausgaben betrügen ungefähr 19 Millionen, welche im nächsten Jahre um 10 Millionen herabgesetzt würden. Immerhin seien noch weitere Ersparungen nothwendig. Die Besetzung des Dreiecks Asmara⸗Massovah⸗Keren müsse mit beschränkten Aus— gaben aufrecht erhalten werden. In keinem Falle dürfe einer Abberufung von Truppen aus Massovah vorgegriffen werden. Vor Allem müsse man daran denken, das ökonomische Gleich- gewicht Italiens herzustellen. Das Haus nahm diese Erklaͤ— rung mit lebhaftem Beifall auf. — Heute wird die Debatte fortgesetzt.
Schweiz.
Der Bundesrath hat, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, das Begehren der landwirthschaftlichen Vereine der Ost— schweiz um Abordnung eines Spezialdelegirten nach Wien zu
den Handelsvertrags-Unterhandlungen ablehnend be— schieden.
Niederlande.
Die Kammer verhandelt nunmehr seit länger als vier— zehn Tagen über die Reorganisation der Landes— vertheidigung. Es sind bereits über 40 Reden gehalten worden, die meisten von katholischen Abgeordneten, welche sich mit allen Kräften der Einführung der persönlichen Dienstpflicht widersetzen. Die Anzahl der Vertheidiger des Entwurfs war nicht sehr groß, wohl aber die Derjenigen, welche den Entwurf des
Kriegs-Ministers in einer oder der anderen Hinsicht ver— bessern zu können meinen, denn die Zahl der eingebrachten Amendements dürfte bereits etwa siebzig betragen. Am 1. d. M. nahm, wie der „Frkf. Ztg.“ aut Amsterdam berichtet wird, der Kriegs⸗Minister, General Bergansius die ganze Sitzung, welche von 111½ bis 5 Uhr dauerte, in Anspruch, um die gegen den Entwurf vorgebrachten Beschwerden zu widerlegen. Gestern wollte der Marine-Minister sprechen. Vielleicht kommt es noch in dieser Woche zur Abstimmung.
Die Regierung hat eine Kommission ernannt, welche die Frage der Handelsverträge studiren soll. Die Kom⸗ mission besteht aus 185 Mitgliedern, darunter die bekanntesten Industriellen und Handelsleute des Landes. Vorsitzender ist Hr. B. Heldring, Direktor der Niederländischen Handelsmaatschappy. Der Kommission ist von der Regierung die Frage zur Beant— wortung gestellt: „Welche Handelspolitik muß Holland besolgen in Rücksicht auf die Kündigung von verschiedenen mit aus— wärtigen Staaten geschlossenen Verträgen?“
Rumänien.
Bukarest, 5. Mai. Die Kammern sind zu einer au ßerordentlichen Session zum 28. April a. S. (10. Mai) einberufen.
Serbien.
Belgrad, 5. Mai. Wie der „Neuen Freien Presse“ von hier gemeldet wird, soll der König Alexander an— läßlich seines Besuches die Königin Natalie gebeten haben, freiwillig dem Beschlusse der Skupschtina zu ent sprechen.
Schweden und Norwegen.
(FE) Stockholm, 4. Mai. Beide Kammern des Reichstages begannen heute die Verhandlung über die Vor— lage der Regierung, betreffend die Abänderung des Wehrpflichtgesetzes, und in Verbindung damit die Auf— hebung der Grundsteuer für gewissen ländlichen Besitz. In der Ersten Kammer wurde die Debatte von den Hrrn. Bergström und Sjökrona eröffnet, die beide für die Vorlage sprachen. Der Kriegs -⸗Minister hielt alsdann eine längere Rede, in der er hervorhob, daß die größte Schwäche des Vertheidigungswesens in Schweden in der zu kurzen Uebungszeit liege, welche jetzt für die Dienst— pflichtigen bestimmt sei. Mit dieser Uebungszeit könne das schwedische Heecr in einem Kriege nur wenig ausrichten, weshalb man dahin streben müsse, bezüglich der Ausbildung der Soldaten dem Beispiele des Auslandes soweit als möglich zu folgen. Nach eingehender Darlegung der Grundzüge der Veränderungen des Wehrpflichtgesetzes schloß der Kriegs— Minister mit dem Ausdrucke seiner Befriedigung über die in der Kammer vernommenen Aeußerungen. Die Zweite Kammer beschloß nach längerer Geschäftsordnungs— debatte mit 142 Stimmen gegen 77 Stimmen, zuerst über die Vorlage im Ganzen und dann über die einzelnen Punkte zu verhandeln. Auch in dieser Kammer sprach der Kriegs— Minister sehr eindringlich für die Vorlage, indem er die Nothwendigkeit betonte, die Landesvertheidigung auf die all— gemeine Wehrpflicht zu begründen. Er gab alsdann eine Ueber— sicht über die Verwendung der Vertheidigungskräfte im Kriegs— falle und legte dar, daß er von der geforderten 9g0tägigen Uebungszeit für die Soldaten nichts ablassen könne: „Diese Uebungszeit oder gar keine.“ Den Mangel an Unteroffizieren in der Armee, den der Kriegs-Minister zugesteht, vermeint er dadurch nach und nach beheben zu können, daß die gebildeteren Leute zu diesen Stellungen herangezogen würden. Die 350 Millionen Menschen betragende Bewohnerzahl Europas habe sich schon lange vermehrten Armeeausgaben unterworfen, und Schweden müsse deshalb auch solche übernehmen.
(Wie schon telegraphisch gemeldet, wurde das Wehrpflicht— gesetz von der Ersten Kammer angenommen, von der Zweiten abgelehnt.)
Amerika.
Vereinigte Staaten. Der „New York Herald“ vom 3. d. M. veröffentlicht eine Depesche aus Washington, welche besagt, daß die Bundesregierung nach reiflicher Erwägung zu der Anschauung Großbritanniens gekommen sei, daß dem Robbenfang nur dadurch wieder aufgeholsen werden könne, wenn das unterschiedzlose Hinschlachten der Thiere auf der Pribyloff-Insel aufhöre, bis ein inter— nationales Reglement über die Behringssee-Fischerei unter allen interessirten Mächten vereinbart worden ist. Die Bundesregierung beabsichtige, dieser ihrer veränderten Ansicht Folge zu geben, und der Staatssekretär Blaine werde den britischen Gesandten Sir Julian Pauncefote ungesäumt davon in Kenntniß setzen.
Den Zollkuttern der Vereinigten Staaten, welche im Sommer in dem Behringsmeer kreuzen, sind noch keine Weisungen über das den Schmugglern gegenüber zu beobachtende Verhalten zugegangen. Am 4. Mai segelt der Kutter „Rush“ von San Francisco nach dem Behringsmeer. In New-York, hat gestern dem „W. T. B. zufolge die erste Inspektion der Eingewanderten gemäß den neuen Verordnungen auf dem Dock stattgefunden, wo der aus Glasgow eingetroffene Dampfer „Devonia“ die Reisenden gelandet hatte. 802 Personen, ein— schließlich der Reisenden zweiter Klasse, wurden einer Untersuchung unterzogen. Diejenigen, welche von den Beamten als nicht geeignet befunden waren, wurden auf ben Dampfer zurückgeschickt. Für jeden nicht in das Register eingetragenen Einwanderer, dem der Kapitän die Landung gestattet, muß der letztere eine Strafe von 300 Doll. zahlen.
Chile. Zur Lage in Chile wird über London, 4. Mai gemeldet: Nach aus Callao eingelaufenen Depeschen seien die Anhänger Balmaceda's nach der Schlacht von Pozoal— monte in Gemeinschaft mit Salpeterarbeitern gegen die Bewohner auf das Grausamste verfahren; sie hätten die Stadt angezündet und dabei viele Frevelthaten begangen. Es verlaute ferner, die Truppen der Insurgenten, die in der Nähe von Iquique operiren, befänden sich, da es ihnen an Nahrung fehle, in einer höchst un— günstigen Lage; auch mangele es der Flotte an Kohlen. — Wie dem „W. T. B.“ aus Washington telegraphirt wird, hätte die Regierung der Vereinigten Staaten ihren Gesandten in Chile Egan beauftragt, den beiden sich be⸗ kämpfenden Parteien ihre Vermittelung anzubieten. Ebenso seien Frankreich, Brasilien und andere größere Republiken darin übereingekommen, Chile ihre Vermittelung im Interesse der republikanischen Prinzipien anzubieten.
Afrika.
Trans vaal. In London ist nachstehendes Telegramm eingegangen: „Präsident Krüger ist nicht in der Lage, den „Trek“ der Boeren nach Maschonaland zu ver⸗ hindern, da dieselben 20 009 und nicht, wie anfänglich be— richtet, 5000 Mann stark sind. Obwohl Präsident Krüger den britischen Interessen wohlwollend gegenübersteht, findet er sich der Bewegung gegenüber machtlos. Dieselbe läßt sich nur mit dem großen Boerentrek von 1837 vergleichen.“
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (116.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats— Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, theilte der Präsident den Eingang der allgemeinen Rechnung für 1387/⸗88 und des am 4. d. M. zwischen dem Reich und Italien abgeschlossenen Vertrages, betreffend die Befugnisse der beiderseitigen Konsuln zur Vornahme von Ehe— schließungen, mit. = ö
Auf der Tagesordnung stand zunächst die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend das Reichsschuld⸗ buch, auf Grund der in zweiter Berathung unverändert an— genommenen Vorlage.
Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte unverändert an—⸗ genommen.
Es folgte die Fortsetzung der dritten Berathung des Gesetzentwurss, betreffend die Abänderung der Gewerbe— ordnung, auf Grund der in zweiter Berathung gefaßten Beschlüsse. Die Berathung wurde fortgesetzt mit §. 1204, welcher die Befugniß der Polizeibehörden ausspricht, die Aus⸗ führung von Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durch⸗ führung der in den 5§5§. 120a bis 1200 enthaltenen Grund— sätze ersorderlich sind.
Der §. 120d wurde nach kurzer Empfehlung durch den Abg. Rösicke mit einer von den Abgg. Dr. Gutfleisch und Genossen beantragten Aenderung genehmigt.
Darauf wurde nach kurzer Debatte, an welcher sich der Abg. Rösicke und der Königlich Bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath Ober-Regierungs-Rath Landmann be⸗ theiligten, der durch zwei Anträge der Abgg. Dr. Gutfleisch und Dr. Hartmann modifizirte 8. 120e angenommen.
Die 8§. 121, 122, 123 und 124 wurden ohne Debatte angenommen. Auch §. 124a wurde mit einer durch die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann, Letocha, Moeller, Freiherrn von Stumm beantragten Abänderung nach kurzer Befürwor⸗ tung durch den Abg. Dr. Gutfleisch angenommen.
Bei 5§. 1246 wurde ein Antrag des Abg. Auer ohne Debatte abgelehnt und der §. 1248 angenommen. Die §§. 125 — 133 wurden ohne Debatte angenommen.
Ss 134 wurde, nachdem ein Antrag des Abg. Auer durch den Abg. Singer Namens seiner Partei zurückgezogen war, angenommen.
§. 154a wurde mit einem Antrage der Abgg. Roesicke u. Gen. angenommen.
§. 1345 handelt von den Bestimmungen, welche die Arbeitsordnung enthalten muß. Hierzu beantragten die Abgg. Dr. Gutfleisch u. Gen.:
Den Satz 2 im Absatz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:
„Geldstrafen dürfen die Hälfte des durchschnittlichen Tages— arbeitsverdienstes nicht übersteigen; jedoch können Thätlichkeiten gegen Mitarbeiter, erhebliche Verstöße gegen die guten Sitten, sowie gegen die zur Aufrechthaltung der Ordnung des Betriebes, zur Sicherung eines gesahrlosen Betriebes oder zur Durchführung der Bestimmungen der Gewerbeordnung erlassenen Vorschriften mit Geldstrafen bis zum vollen Betrage des durchschnittlichen Tagesarbeitsverdienstes belegt werden. Alle Strafgelder müssen zum Besten der Arbeiter der Fabrik verwendet werden.“
Abg. Wöllmer erklärte sich gegen diesen Antrag.
Abg. Bebel bezeichnete ihn ebenfalls als eine Ver— schlechterung des Gesetzes.
Abg. Hitze sprach für den Antrag.
„Der Minister für Handel und Gewerbe, Staats⸗-Minister Freiherr von Berlepsch acceptirte den Antrag Gutfleisch Namens der verbündeten Regierungen. Er nahm dabei Ver— anlassung zu betonen, daß die verbündeten Regierungen auf den §. 153, also auf verschärfse Strafbestimmungen für den Kon— traktbruch und den Zwang der Arbeiter zur Niederlegung der Ar— beiten Angesichts der letzten Strikbewegung das größte Gewicht legen müssen. Wenn die verbündeten Regierungen die Vor— lage ohne jenen §. 153 nicht für unannehmbar erklären, was nach den an sie von den verschiedensten Seiten herangetretenen Aufforderungen sehr nahe läge, so geschähe es in der Hoff— nung, daß der Reichstag später der Regierung solche Straf— bestimmungen nicht versagen würde.
Abg. Singer warf den verbündeten Regierungen vor, daß sie ein Arheiterschutzaesetz „ohne Polizeistock“ nicht machen könnten. Der letzte Kohlenbergwerksstrike sei wahrscheinlich durch Kohlenspekulanten hervorgerufen und unterstützt worden.
Abg. Freiherr von Stumm wies diese Behauptung als unbewiesen zurück. Vielleicht wäre der 8. 153 noch in dritter Lesung angenommen worden, wenn nicht heute der Minister auf ihn gewissermaßen verzichtet hätte.
Abg. Dr. Hirsch bedauerte die Einbringung des Kompromißantrages und die Erklärung des Ministers; er werde gegen den Antrag Gutfleisch stimmen.
Die Abgg. Moeller und Hitze hielten diesen Antrag im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung und guten Sitte für unentbehrlich. .
Abg. Bebel bemerkte, daß sowohl seine Fraktion wie die Parteipresse die Bergarbeiter vor dem Strike gewarnt hätten. Der Strike müsse also von anderer Seite, wahrscheinlich von
(Schluß des Blattes.)
Kohlenspekulanten provozirt sein.
— In der heutigen (83.) Sitzung des Hauses der Abh— geordneten, welcher der Staats-Minister Graf von Zedlitz— Trützschler beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1891,92, und zwar beim Etat des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegen— heiten, fortgesetzt. ö
Bei der wieder aufgenommenen Diskussion zum Titel „Gehalt des Ministers“ beschwerte sich Abg. Johannsen über die Maßnahmen bezüglich der dänischen Sprache in Nord— Schleswig.
Abg. Lohr en bemängelte die Ausbildung der Volks⸗ schullehrer, die nicht geeignet seien, den sozialdemokratischen Irrlehren entgegenzuwirken. ,
Staats-⸗Minister Graf von Zedlitz trat diesem Vorwurf
als unbegründet entgegen. In jeder Beziehung stehe die
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