Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern Vormit ag dem Gottesdienst in der Friedenskirche in Potsdam bei. Zur Abendtafel waren Ihre Durchlauchten der Erbprinz und die Frau Erbprinzessin Reuß sowie Ihre Durch⸗ laucht die Prinzessin Hohenlohe geladen.
Ueber den Aufenthalt Seiner Majestät des Kaiser s und Königs in Bonn haben wir noch Folgendes nach— zutragen: ⸗ .
Bei der Uebung auf dem Exerzierplatz am Mittwoch Morgen manövrirten das Bataillon des 28. Infanterie—- Regiments und das Husaren⸗Regiment gegen einander. Nach der Kritik erfolgte der Parademarsch mit zweimaligem Vor⸗ beimarsch vor Seiner Majestät dem Kaiser. Allerhöchstderselbe ritt alsdann an der Spitze der Mannschaften in die Stadt, überall mit enthusiastischen Hochrufen begrüßt, .
Abends erschien Seine Masjestät auf dem Antrittscommers der Bonner Corps. . .
Am Himmelfahrtstage wohnten Seine Majestät der Kaiser sowie Seine Durchlaucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin zu Schaumburg-Lippe dem Gottesdienste in der evangelischen Kirche bei, bei welchem der Pastor Vieregge die Predigt hielt. . . . .
Um 10. Uhr Vormittags traf Se Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg zum Besuche Sr. Majestät in Bonn ein. Vom Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe aus dem Hotel im Wagen at geholt. wurde der Großherzog zu Seiner Majestät dem Kaiser geleitet, Allerhöchstwelcher, umgeben von dem ganzen Gefolge, den Großherzog auf der Freitreppe empfing. Die Begrüßung war eine, überaus herzliche. Nachmittags unternahmen Seine Majestät der Kaiser, der Großherzog und der Prinz zu Schaumburg-Lippe mit Gemahlin eine Rheinfahrt auf einem Extraschiff nach Neuwied. Bei der Rüdkehr geleitete Seine Majestät der Kgiser den Großherzog nach dem Bahnhof, von wo Höchstderselbe die Reise nach Dessau fortsetzte. ᷣ—ᷣ .
Heute Morgen begab Seine Majestät Sich, begleitet von dem Prinzen und der Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, in aller Frühe zu Wagen nach Godesberg, wo die Ankunft gegen 8 Uhr erfolgte und wo Seine Majestät von dem Bürger⸗ meister Dengler begrüßt wurde. Um S8 Uhr setzte Seine Majestät mittels Extrazuges die Reise nach Karlsruhe fort.
Das „Armee⸗Verordnungs⸗Blatt“ veröffentlicht folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordres: I) betr. Neubenennung des 1. Rheinischen
Ulanen⸗Regiments Nr. 7: .
Ich bestimme, daß das Rhbeinische Ulanen⸗Regiment Nr. 7 künftig die Benennung „Ulanen Regiment Großherzog Feiedrich von Baden (Rheinisches) Nr. 7“ führen soll, und beauftrage das Kriegs⸗ Ministerium hierdurch, diese Meine Bestimmung der Armee bekannt zu machen. Berlin, den 23. April 1891. Wilhelm. An das Kriegs ⸗Ministerium.
2) betr. Neubenennung des Schlesischen Füsilier⸗ Regiments Nr. 38: ö
Ich will das Andenken des verewigten General⸗Feld marschalls Grafen von Moltke dadurch ehren und für alle Zeiten Lebendig er- halten, daß Ich dem Schlesischen Füsilier⸗Regiment Nr. 38 den Namen Füsilier Regiment General Feldmarschall Sraf Moltke (Schlesisches) Nr. 387 verleihe, und beauftrage Sie, diese Meine Bestimmung der Armee bekannt zu machen. Berlin, den 25. April 1891. Wilhelm. An den Kriegs -Minister.
3) betr. Aufhebung des General -Artillerie⸗ Comitẽès. .
Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimrae Ich, daß das General- Artillerie Comité aufgehoben wird. Ich behalte Mir vor, in Bedarfs— fällen besondere Kommissionen zur Begutachtung artilleristischer Fragen zu berufen. Berlin, den 9. April 1891. Wilhelm. von Kaltenborn.
Heute Nachmittag hielt der Bundesrath eine Plenar⸗ sitzung ab.
Am 6. Mai Abends verstarb nach längerem Leiden der Geheime Postrath und vortragende Rath im Reichs Postamt Julius Karl Skalweit.
Am 20. Juni 1841 in Spannegeln, Kreis Labiau, geboren, trat der Heimgegangene nach vollendetem Besuch der Burgschule zu Königsberg und der Königlichen Bauakademie zu Berlin am 13. November 1860 in den König⸗ lich preußischen Staats-Baudienst ein, welchem er bis Ende Mai 1876, zuletzt in der Stellung als Königlicher Bau⸗ meister, angehörte. Am 1. Juni 1876 erfolgte seine Ueber⸗ nahme in den Reichsdienst und am 24. Dezember desselben Jahres die Ernennung zum Kaiserlichen Post-Baurath. Nachdem er in verschiedenen Stellen des Provinzigl⸗-Post⸗ baudienstes mit Erfolg thätig gewesen war, wurde ihm im Jahre 189, unter Ernennung zum Geheimen Postrath, die wichtige Stelle des bautechnischen Referenten im Reichs⸗Postamt übertragen. Im Jahre 1896 erfolgte seine Ernennung zum außerordentlichen Mitgliede der Akademie des Bauwesens,
In allen seinen Dienststellungen, sowohl im Königlich preußischen als auch namentlich später im Reichsdienst, hat Skalweit sich mit voller Hingebung und bestem Erfolge dem Dienst gewidmet.
Die Reichs⸗Postverwaltung hat durch sein frühzeitiges Hinscheiden einen schmerzlichen Verlust erlitten. Ein Muster treuen Beamtenthums, hat er fich zugleich durch sein liebens⸗
würdiges kameradschaftliches Wesen sowie durch seine ehren⸗ hafte, humane Gesinnung und seine vortrefflichen Eigenschaften des Herzens allgemeine Liebe und Werthschätzung, weit über seinen Berufskreis hinaus, erworben.
Der Kaiserliche Botschafter in Paris Graf zu Münster hat einen ihm zur Theilnahme an den Sitzungen des Provinzialständischen Verwaltungs⸗Ausschusses in Hannover Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. ährend seiner Abwesenheit fungirt der erste Sekreiär der Kaiserlichen Botschaft, Legations⸗Rath von Schoen als Geschäftsträger.
Der Inspecteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, General⸗ Lieutenant von Rosenberg, à la suite des Husaren-Regi⸗ ments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3, hal eine Dienfft⸗ reise angetreten.
Der Regierungs . Assessor von Wurmb ist der Königlichen Regierung zu Bromberg überwiesen worden.
S. M. Kanonenboot „Hyäne“, Kommandant RKapitän⸗ Lieutenant Plachte, beabsichtigt heute (am 8. Mai) von Sierra Leone nach Kamerun in See zu gehen.
Breslau, J. Mai. Der heutigen , für den General-⸗Feldmarschall Grafen Moltke wohnten, wie „W. T. B.“ berichtet, die Spitzen der Militär- und Ciyil⸗ behörden, zahlreiche Vertreter der Korporationen und der Studentenschaft, die Mitglieder der Moltke'schen Familie, sowie zahlreiche Personen aus allen Ständen und Berufs⸗ klassen bei. Die Gedächtnißreden hielten Professor Kaufmann und der Geheime Kymmerzien⸗Rath Websky.
Wiesbaden, 5. Mai. In der heutigen 4. öffent⸗ lichen Sitzung des Kommunal-Landtages wurde der erste Gegenstand der Tagesordnung von derselben abgesetzzt. Den zweiten Gegenstand bildete der Antrag der Eingaben-⸗Kom⸗ mission: der Landtag wolle beschließen, dem Antrage des Landes⸗ ausschusses vom 4. Juli 1890 gemäß die Genehmigung zur Ablösung des Unterhaltungskostenbeitrages der Gemeinde Hattenheim zu ertheilen. Der Antrag wurde angenommen. Aldann wurden die Wahlen der neu eingetretenen Abgg. Jamin (Kronberg und Dr., Heußenstamm (Frank⸗ furt a. M.) für gültig erklärt. Es wurde demnächst zur Wahl zweier Mitglieder des Landesausschusses an Stelle der Hern. Dr. Miquel und Aumüller geschritten. Gewählt wur⸗ den durch Akklamation Hr. Dr. Heußenstamm, Bürgermeister zu Frankfurt a. M., und durch Zettelwahl Hr. Christoph, Bürgermeister zu Eschborn. Die Stellvertreterwahl wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Die bisherigen drei Beiräthe zur Landesbank⸗Direktion wurden durch Akklamation wieder— gewählt. Die nächste Sitzung findet Freitag, den 8. d. M., statt.
Köln, J. Mai. Der Ober⸗-Bürgermeister Becker hat nach der „Köln. Ztg.“ folgende Bekanntmachung erlassen: Seine Majestät der Kaiser und König haben mich Allergnädigst zu beauftragen geruht, meinen Mitbürgern die Aller höchste Anerkennung für den sestlichen Empfang der alten treuen Colonia auszusprechen. Seine Majestät haben wiederbolt Ihrer Be= friedigung über die wirkungsvolle Beleuchtung und den glänzenden Schmuck der Häuser, insbesondere aber über die würdige Haltung der Bevölkerung und deren herzliche Begeisterung Ausdruck gegeben. Es gereicht mir zur ganz besondern Freude, dies zur öffentlichen Kenntniß bringen zu können, überzeugt, daß Kölns Bürgerschaft von der Allerhöchsten Anerkennung um so mehr, beglückt sein wird, als die treue Gesinnung und das unerschütterliche Festhalten an Kaiser und Reich von je her der Stolz und Ruhm der rheinischen Metropole gewesen ist. Köln, den 5. Mai 1891. .
Der Ober-Bürgermeister Becker.
Württemberg.
Stuttgart, 6. Mai. Dem Präsfidium der Kammer der Abgeordneten ist, wie der „St. A. f. W.“ mittheilt, der Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Pensionsrechte der Erzieher und Lehrer an den Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder, sowie an ähnlichen Privatanstalten, zur weiteren Behandlung zugegangen. . . Nachdem die Unterzeichnung des deut sch⸗öserreich ischen Handelsvertrages erfolgt ist, übermittelte dem „Schw. Merk.“ zufolge die Handels- und Gewerbekammer Stuttgart dem Reichskanzler von Caprivi nachfolgende Kundgebung: . „Ängesichts des bocherfreulichen Abschlusses einer zollpolitischen Vereinbarung mit Oesterreich⸗Ungarn drücken wir Eurer Excellenz Namens unferer Kammer den aufrichtiasten Dank für die kräftige Förderung des schwierigen Werkes au. Wir erblicken darin die An— kahnung eines freieren Verkehrs auch mit den andern Nachbarstaaten und ein segensreiches Mittel zur Befestigung und Steigerung der deutschen Wohlfahrt.“
Deutsche Kolonien.
Der „Nat.⸗Ztg.“ wird bezüglich der osta frikanischen Eisenbahnfrage berichtet: Nachdem die Dutsch⸗Ostafrika⸗ nische Gesellschaft die für wirthschaftliche Erschließung be⸗ sonders aussichtsvolle Landschaft Usambara, bekanntlich an die englische Interessensphäre stoßend, sowmohl in Bezug auf geographische Verhältnisse, als in Betreff des Verkehrswesens und der Produktionsbedingungen den eingehendsten Unter⸗ suchungen hat unterziehen lassen, ist man nunmehr auf Grund der gewonnenen Resultate zü dem Entschluß gelangt, den Bau einer schmalspurigen (1 Meter Bahn alsbald in Angriff zu nehmen. Vorsichtige technische Gutachten nehmen an, daß der Betrag von 4 Millionen Mark ausreichen wird, um den Schienenweg nach Karagwe zu legen und zu betreiben, und es wird die Deutsch⸗-Ostafrikanische Gesellschaft selbst, un⸗ beschadet der Betheiligung von anderen Seiten, die genannte Summe auf das Unternehmen verwenden. Voraussetzung für die Durchführung des Vorhabens ist natürlich die Eini⸗ gung mit der Reichsregierung über die Konzessionsbedingun⸗ gen und die von Amtswegen der Eisenbahngesellschaft zu gewährenden Rechte.
Oesterreich⸗Ungarn.
Zu den bevorstehenden Verhandlungen über den Abschluß eines Handels vertrages zwischen der Schweiz einer⸗ und Oesterreich⸗Ungarn sowie Deutschland andererseits schreibt das Wiener Fremdenblatt“:
Wie nunmehr bestimmt ist, werden unmittelbar nach Pfingsten die Vertreter der Schweiz, Deutschlands und Oesterreich⸗ Ungarns in Wien zusammentreten, um gemeinsam die Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Deutschland und der Schweiz sowie zwischen dieser und Hesterreich-Ungarn zu führen. Gleichwie die deutschen Kommissare in Berlin die hierzu nöthigen Jastruktionen einbolten, so werden die hierseits zu den Verhandlungen Delegirten im Laufe der nächsten Woche die erforderlichen Jastruktionen berathen und sich von ihren Regierungen dieselben hestätigen lassen. Der schweijer Bundesrath bat bereite unterm 15. April den neuen Generaltarif publizirt, und wenn gegen denselben auch bis 14. Juli die Einspruchsfrist offen ge— halten wurde, so ist dieser neue Tarif doch als die Basts zu betrach⸗ ten, auf welcher die schweizer Delegirten bei deren Verhandlungen fufen werden. Dieser neue schweizer Generaltarif enthält wesentliche Erhöhungen der mit uns im Vertrage vom Jahre 1888 verein arten
Zollsaͤtze. Wohl hat für Getreide, von welchem 15 Millionen Meter⸗ Centner im Jahre 1889 oder der achte Theil unseres Gesammt⸗
Exportes nach der Schweiz ., wurde, keine Zollerböhung statt⸗ gefunden, dagegen wurden die Zölle erböht auf robes Faßholz, Hoblglas und Glaswaaren, duf Sohlenleder, Schuhe und Handschuhe aus Leder und wurden hierdurch wichtige Negoziationszölle geschaffen. Von großer Wichtigkeit wird auch bei diesen Verhandlungen die Frage des Abschluffes einer Viehseuchen⸗Konvention sein. Schon in den Nach- tragsverlandlungen zu dem Vertrage vom Jahre 1888 wurden wesentliche Konzessionen an die Schweiz nach dieser Richtung gemacht, und es steht zu erwarten, daß die mit Deutschland abgeschlossene Viehseuchen⸗Konvention auf die bevorstehenden Verhandlungen von fördern dem Einfluß sein wird. .
Wien, 8. Mai. Ihre Majestäten der König und die Königin von Dänemark sind vorgestern Abend hier ein⸗ getroffen. Gestern Nachmittag begab sich, wie „W. T. B.“ meldet, der König von Dänemark nach der Hofburg, um Seiner Majestät dem Kaiser und König einen Besuch ab⸗ zustatten, der Kaiser nahm indeß zu dieser Zeit gerade an der Sitzung des Ministerraths Theil. Später erwiderte der Kaiser dem König und der Königin in Penzing den Besuch.
In der vorgestrigen Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses legte die Regierung einen Gesetzentwurf vor, be—⸗ treffend die Veräußerung von 5 Kasernen, 2 Militär⸗ verpflegungs-Depots und 3 weiteren großen Grundstücken, sämmtlich im Weichbilde Wiens belegen, sowie des Exerzierplatzes in Mauer. Der Abg. Masaryk brachte eine Interpellation an den Minister⸗ Präsidenten darüber ein, ob er von der sklavenartigen Behandlung österreichischer Stagtsunterthanen slavischer Zunge in Virginia (Nord⸗Amerika) Kenntniß habe und welche Maßnahmen er dagegen zu ergreifen gedenke.
Großbritannien und Irland.
Ihre Majestät die Königin hat, im Einklang mit den Statuten des Reichsinstituts, zu Gouverneuren desselben den Herzog von Fife, den Marquis von Salisbury, den Earl von Rosebery, Lord Herschel, Lord Carrington, Lord Roth⸗ schild, Lord Thring, Lord JIveagh, Sir Lyon Plaifair, Sir Henry James, Sir John Sirachey und Sir Owen Tudor Burne ernannt. Zu Gouverneuren ernannte der Prinz von Wales als Präsident des Instituts ferner noch die Herren John Morley, Henry H. Fowler, Thomas Burt, Augustus William Gadesden, John Hollams und William Lidderdale. Der „A. C.“ zufolge wer⸗ den noch viele Monate vergehen, ehe das Gebäude des Reichsinstituts in South Kensington seiner Vollendung ent⸗ gegengeführt ist; inzwischen sei jedoch bereits viel geschehen, um die Ziele des Instituts zu verwirklichen.
Die Königin hielt am Mittwoch im Buckingham⸗Palast den ersten Damenempfang im Mai ab.
Der Herzog und die Herzogin von Connaught segelten am Dienstag an Bord der Königlichen Jacht „Victoria and Albert“ von Portsmouth ab, um eine zehntägige Kreuzungsfahrt im Kanal zu unternehmen.
Der Geschäftsordnungsausschuß der Königlichen Kom— mission zur Untersuchung der Arbeiterfrage hat in seiner Sitzung am Dienstag wesentliche Fortschritte bezüglich der Vertheilung der Geschäfte gemacht. Die Sitzung war nicht öffentlich. Wie es aber heißt, will der Ausschuß drei Unterkommissionen bilden, von denen die erste sich mit der Eisenindustrie, den Bergwerken und dem Schiffsbau befassen soll, während die zweite das Verkehrswesen — Eisenbahnen, Schiffahrt, Docks, Pferde⸗ bahnen 2c. — untersuchen wird und die dritte die Textil⸗ branche, die Gasfabrikation und andere Industriezweige zum Gegenstand ihrer Nachforschungen machen wird. Unter den Mitgliedern herrschte wenig Meinungsverschiedenheit darüber, daß eine derartige Arbeitsscheidung unumgänglich nöthig sei.
Der wegen Sittlichkeits vergehens angeklagte Deputirte Kapitän Verney ist zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt worden. Verney hatte in Bezug auf die Hauptpunkte der gegen ihn erhobenen Anklage seine Schuld zugestanden. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses verlas der Sprecher das Schreiben des Gerichts, in welchem die erfolgte Ver⸗ urtheilung mitgetheilt wird. Der Kanzler der Schatz⸗ kammer Goschen erklärte, das Haus werde das Schreiben am Dienstag in Erwägung ziehen. Der Unter-Staatssekretär Fergus son erwiderte auf eine bezügliche Anfrage; die Re⸗ gierung fei durch keinerlei Verträge verhindert, die Einfuhr—⸗ zölle auf französische Weine zu revidiren oder zu steigern. Auf eine andere Anfrage erklärte Fergusson: die egyptische Regierung habe Betreffs der Konvertirung der Domanial-Anleihe keine Offerte erhalten, die ihr zur Annahme günstig genug erschienen sei. Die Unterhansz⸗ lungen mit Portugal dauerten fort, er könne indeß nicht sagen, ob sie zu einem Vertrage führen würden. (
Ver irische Abg. Patrick O'Brien wurde am 5. d. M. nach sech monatiger Haft wieder freigelassen. .
Dem Gouverneur der Bank von England William Lidder da le wurde am 6. d. M. in Anerkennung der Aerdienste, welche er sich um das Gemeinwesen während der Baring⸗Krise erworben, in der Guildhall mit allem Prunk und allen Förm⸗
festhält, der Ehrenbürgerbrief der City überreicht. Am Abend veranstaltete der Lord Mayor zu Ehren Lidderdale's ein Festmahl im Mansion House.
Bei der Ersatzwahl in Stowmarket wurde an Stelle des verstorbenen konservativen Abg. Edward Greene der Glad⸗ stonianer Sydney de Stern mit einer Mehrheit von 214 Stimmen gegen den konservativen Kandidaten Walter Greene in das Unterhaus gewählt.
Die irischen Pächter sehen nachgerade die Aussichts⸗ losigkeit des „Feldzugsplans“ ein und kommen zu der An⸗ sicht, daß es besser für sie ist, mit ö. Gutsherren Frieden u schließen, als noch länger einen fruchtlosen Kampf fortzu⸗ . Hiervon überzeugt, haben die Pächter der Curras'schen und Meelin'schen Güter in der Grafschaft Cork sich in Güte mit den Besitzern derselben geeinigt. Sie dürfen auch ferner auf ihren Pachtstellen bleiben und verpflichten sich hingegen künftighin zur regelmäßigen Zahlung des Pachtzinses, welcher von dem städtischen Grundbuchamt in Cork festgesetzt werden wird. Während die Meelin'schen Pächter außerdem noch rückstän⸗ dige Pacht für l/ Jahre zu zahlen haben, müssen die Curras'schen Pächter zweijährige Nückstände und Kosten begleichen. In beiden Fällen werden die Pächter im Laufe der Zeit nach dem neuen Arrangement Eigenthümer des jetzt von ihnen bewirth⸗ schafteten Grund und Bodens. Im Ganzen sind es etwa IV, Familien, welche den „Feldzugsplan“ aufgegeben und Frieden geschlossen haben.
Der neue australische Kreuzer „Mildura“, welcher am Montag eine zehntägige Probefahrt angetreten hatte, mußte nach Sheerneß zurückkehren, weil die Maschinen
in Unordnung gerathen waren.
lichkeiten, an welchen die City bei dergleichen Gelegenheiten
In Halifax ist von Bermuda die Nachricht ein⸗ , . daß der britische Vize⸗Admiral Watson Befehl ekommen habe, sich bereit zu aten mit dem Rest des nord⸗ amerikanischen und westindischen Geschwaders, dessen Commandeur er ist, ungesaumt nach Neufundland zu segeln. Der „Emerald“ ist bereits dort eingetroffen. Aus St. Johns, 5. Mai, meldet „R. B.“: Folge einer von den gegenwärtig in England weilenden neufundländischen Delegirten eingetroffenen Depesche wird die neufundländische Legislatur nicht, wie beabfichtigt war, sich am Freitag vertagen, sondern ihre Berathungen fortsetzen, um die Ausfüͤhrungsbestimmungen für den modus vivendi festzustellen.
Frankreich.
Paris, 8. Mai. Der Präsident Carnot begab sich gestern Vormittag nach Orleans, um an der dort statt— findenden ig n d'Arc Feier theilzunehmen. Bei der Ankunft daselbst wurde der Präsident von dem Maire empfan⸗ gen und von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. Auf die bewillkommnende Ansprache des Maire erwiderte der Präsi— dent, er sei glücklich, die Stadt begrüßen zu können, die das Andenken an die große lor her gh fh Patriotin so rein und treu bewahre. Die Jeanne d'Arc Feier nahm einen glänzenden 9 Gestern Nacht traf der Präsident Carnot wieder ier ein.
In der gestrigen Sitzung des Ministerraths theilte dem „W. T. B.“ zufolge der Marine⸗-Minister Barbey mit, daß in der vorhergehenden Nacht während eines von der Nord— Division der Panzerflotte ausgeführten Angriffs manbvers gegen Cherbourg das Torpedoboot „Edmond Fontaine“, von dem elektrischen Licht des Kriegsschiffs „Surcouf“ geblendet, durch einen Kreuzer angergnnt worden sei. Das Tor— pedoboot sei dann uber seichte Stellen in die Nähe der Hafen⸗ mündung geschleppt worden. Die Hebung werde voraussichtlich ahne Schwierigkeiten erfolgen. Bei dem Unfall habe ein Quartiermeister den Tod in den Wellen gefunden. Des Weiteren beschäftigte sich der Ministerrath mit der Frage der Am⸗ nestie der anläßlich der Vorgänge am i. Mai Ver— urtheilten, verschob jedoch die Beschlußfassung auf heute. Das Kabinet soll, dem Vernehmen nach, gewillt sein, alle wegen Strikes, Widerstandes gegen die Polizei und Beleidigung der letzteren Verurtheilten zu amnestiren, diejenigen dagegen, welche gelegentlich der Kundgebungen am 1. Mai qualifizirte Verbrechen begingen, von der Amnestie auszuschließen.
Die Zollkommissi on beschloß nach Anhörung des Ackerbau Ministers Develle mit 15 gegen 9 Stimmen, den Eingangszzoll auf Getreide auf 3 Fr. zu ermäßigen und zwar für ein Jahr von dem Zeitpunkt ab, wo das darauf bezügliche von der Kammer zu beschließende Gesetz veröffent⸗ licht sei. Ferne wurde beschlossen, den Eingangszoll für Mehl auf 6 Fr. herabzufetzen. Der Depukirte Ca—⸗ vaignac wurde zum General-Berichterstatter für das Budget . d sehr bemerk
s wird sehr bemerkt — heißt es in einer Mittheilung des „W. T.. B.“ —, daß ie schutzzöllsterischen Deputirten ihren extremen Standpunkt theilweise verlassen. Man erklärt dies einerseits daraus, daß die Regierung gegenüber den Forderungen der extremen Schutzzöllner entschiedener Stellung genommen habe, andererseits daraus, daß namentlich aus den Hafen⸗ städten Thatsachen berichtet werden, welche die schäd— lichen Folgen der Meline'schen Zollpolitik bereits jetzt erkennen lassen. Unter Anderem wird von der Aeußerun eines der hervorragendsten Rheder von Marseille berichtet, u er in Zukunft von keinem französischen Hafen aus die Ver— bindung nach den Donauländern zu unterhalten vermöge, weil
er nicht, wie bisher, Mais als Rückfracht benutzen könne,
und daß er deshalb nach Antwerpen überzusiedeln genöthigt sei.
Rußland und Polen.
Der General⸗Gouverneur von Warschau, General Gurko ist gestern in St. Petersburg eingetroffen.
Italien.
Die Deputirtenkammer setzte am Mittwoch die Be⸗ rathung über dieafri kanischen Angelegenheiten fort Von verschiedenen Abgeordneten wurden Tagesordnungs⸗Anträge eingebracht und begründet. Der Minister-Präsident Marchefe di Rudini sprach sich gegen die von Bovio und 21 De— putirten der äußersten Linken eingebrachte Tagesord— nung aus, welche die Räumung Afrikas verlangt. Der Ant ag Bovio wurde alsdann auch von der Kammer gegen die Stimmen der äußersten Linken abgelehnt. Rudini forderte hierauf Namens des Kabinets die Kammer auf, für eine von Danieli eingebrachte Tagesordnung zu stimmen, nach welcher die Kammer, indem sie von den Erklärungen der Regierung Akt nimmt, zur Berathung der einzelnen Artikel der Afrika—⸗ vorlage übergeht. Diese Tagesordnung wurde schließlich in namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 38 Stimmen an— genommen.
Nachdem auch der Senat die Vorlage, betreffend die Errichtung des Italienischen Boden-Kredit⸗Instituts, genehmigt hat, ist das Gesetz in der „Gazzetta ufficiale“ vom 6. Mai veröffentlicht worden.
Spanien.
Madrid. Der Oberste Kriegsrath hat dem „Hamb. Corr.“ zufolge nach langen Berathungen dem rn einer Aktiengesellschaft, die Pyrenäen durchstechen zu dürfen, die Genehmigung ertheilt. Der neue Tunnel — der erste größere dur die Pyrenäen — wird die neue Verbindung zwischen e, ,,. und Spanien in der Weise herbeiführen, daß die Eisenbahnlinie Pau⸗Obéron durch die genannte Durch— bohrung der Mittel⸗Pyrenäen an die Linie Huesca = Canfrane angeschlossen wird. Dadurch wird ein dritter Schienen⸗ strang die iberische Halbinfel an Frankreich und damit an den Kontinent anschließen, da bisher nur die Küstenbahnen Vaygnne-San Scehastian im RNorben und Perpignan-Figueras im Süden diese Verbindung vermitteln. Wr Tunnci 'ist in einer Gesammtlänge von 7780 m projktirt, wovon 4770 m auf , Gebiet liegen. Der auf Letzteres mündende Ausgang soll durch Sperrforts gedeckt werben, deren Inangriff— nahme gleichzeitig mit der des Tunneis stattfinden wird.
Belgien. Der Kriegs-Minister hat, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, zwei Klassen der Mil iz, welche mit unbeschränktem Urlaub entlaffen waren, einberufen.
Türkei.
Der „Agence de Constantinople“ zufolge hat zwischen der Pforte und dem russischen Botschafter Nelidow wegen des russischen Schiffes „Kostrom a“ (gl. die Mit⸗ theilung in Nr. 193 des „R. u. St. A.“ ein Ausgleich stattgefunden, welcher demnächst durch einen Noten⸗ austausch bekräftigt werden soll. Die Pforte gesteht zu, daß künftighin unter Handelsflagge fahrende Schiffe der russischen Kreuzerflotte ungehindert die Meer⸗ engen passiren können. Falls die Schiffe Soldaten und Kriegs⸗ material führen, wird die rusfische Regierung die Pforte hier⸗ von verständigen. Die Haltung des Kommandanten von Kawak wird als auf Mißverständniß beruhend aufgefaßt. Die Frage der Entschädigung soll zwischen der Pforte und der Kreuzergesellschaft direkt geregelt werden.
Rumänien.
Bu karest, J. Mai. Der Kriegs-Minister Lahovary ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ zum Brigade— General befördert worden.
Amerika.
Vereinigte Staaten. In Hinsicht auf die letzten Depeschen des Marchese di Rudini an den Gesandten in Washington, Marchese Imperiali, in welchen der italienische Minister⸗ Präsident den amerikanischen Staatssekretär be— schuldigt, durch Veröffentlichung eines ihm streng ver⸗ traulich zugestellten Telegramms die diplomatischen Usancen verletzt zu haben, hat, wie „R. B.“ meldet, Hr. Blaine den amerikanischen Gesandten in Rom Porter telegraphisch davon verständigt, daß die fragliche Depesche, über deren angebliche taltlose Veröffentlichung der Marchese di Rudini sich in seiner Note vom 14. April an den Marchese Imperiali beschwert, vom 24. März datirt sei, jedoch keines wegs einen vertraulichen Charakter trage. Diese Annahme des Mar— chese di Rudini sei ein Irrthum. Das Telegramm des Hrn. Blaines fährt dann fort; „Die Depesche enthielt eine Forderung Italiens, welche der Marchese di Rudini nicht als vertrau— liche Mittheilung betrachten konnte, Sie wurde mir, wie bereits früher mitgetheilt, von dem Baron de Fava persönlich in englischer Uebersetzung überreicht, ohne daß derselbe ihre Geheimhaltung verlangt oder das Telegramm selbst einen Hinweis auf seinen vertraulichen Charakter getragen hätte.“
Wie W. T. B.“ aus Washington erfährt, hat der Ge⸗ sandte in Kom Porter ein bereils vor dem Eintritt der Vor⸗ gänge in New⸗Orleans eingereichtes Urlaubsgesuch mit Rücksicht auf, die in Rom nunmehr eintretende ungesunde Jahreszeit wiederholt und wird dasselbe voraussichtlich be— willigt erhalten. Der Urlaub wäre dem Gesandten, der seinen Posten seit zwei Jahren nicht verlassen hat, schon früher be⸗ willigt worden, wenn der Zwischenfall von New⸗Orleanz nicht eingetreten wäre und zu den Differenzen der Union mit Italien Anlaß gegeben hätte.
Präsident Harrison ist am 6. Mai in Taco ma im Staate Washington eingetroffen.
Nach sechswöchiger Untersuchung hat die Großjury in New⸗Orleans ihre Ermittelungen über das am 14. März an den italienischen Gefangenen vollzogene Lynch— k nunmehr beendet. Sie erklärt sich zu einer
nklageerhehung nicht berechtigt. „R. B. macht über den Inhalt des Berichts der Großjury folgende Mittheilungen:
Der Bericht weist in seiner Einleitung auf die schändliche Er— mordung Hennessey's hin, welcher seiner Stellung wegen geopfert wurde, und gebt dann auf die Frage der Bestechung der früheren Jury ein, welche über die Italiener zu Gericht saß. Dann heißt es weiter: „Das Urtheil der Jury war eine bittere Enttäuschung, welche der öffentlichen Meinung ins Gesicht schlug und die Anklage hervor rief, daß einige Jurymitglieder gewissenlos ihres Amtes‘ gewaltet hätten. Wie aufmerksame Beobachter versichern, verriethen die Mit- glieder der Jury bei Vernehmung der Zeugen auffallende Unaufmerk— samkeit, und es darf als gewiß gelten, daß sie den rer nicht nach den vor ihnen abgegebenen Aussagen, sondern nach ihrem eigenen Er—⸗ messen entschieden. Indem sie auf gewisse Vorfaͤlle vor der Er— mordung Hennessey's, welche ihnen nur von Hörensagen oder aus den Zeitungen bekannt waren, großes Gewicht legten, ließen sie den Angeklagten die Woblthat des Zweifels zukommen und ent— schieden schließlich zu deren Gunsten. Es ist erwiesen, daß in dem Falle von Politz, Schaffedi und Monasieris sechs Mitglieder der Juty für Schuldig“ und fechs für Nichtschuldig? waren. Hieraus geht zur Genüge hervor, daß die Jury von der Schuld der Angeklagten überzeugt war.“ In Bezug auf das Gerücht, daß einzelne Geschworene Bestechungen annahmen, kemerkt der Bericht: Es ist unmöglich, in Abrede zu stellen, daß Seitens der an der Vertyeidigung interefsirten Parteien derartige Versuche unternommen wurden, welche, von Einigen mit Entrüůstung zurückgewiesen, um so geneigtere Aufnahme bei Anderen fanden.. Der Bericht fährt fort: Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß Tausende an der Versammlung vom 14. Mär; Theil nabmen. Die angesehensten, die besten und selbst die friedliebendsten Bürger der Stadt versammelten sich, wie es das Recht amerikanischer Bürger ist, um in einem öffentlichen Meeting Fragen von schwerwiegender Bedeutung zu erörtern. Es herrschte allgemein die Ueberztugung, daß das Urtheil der Jury nicht im Ginklang mit den Gesetzen stand und auf die Anwendung gewissenloser Praktiken zurückzuflbren war. Bei jener Versammlung bewies das Volk, daß es seine Rechte nicht an Meuchelmörder und ihre mächtigen Bundesgenossen abtreten wolle. Die Ermordung Hennessey's war das Resultat einer Ver⸗ schwörung, welche seinen Tod veranlaßte, um die Bestrafung der durch seine Energie bloßgestellten Verbrecher zu verhindern. Die Lage in dieser Gemeinde hatte in Bezug auf gewisse Gesetzesverachter ein derartiges Aussehen gewonnen, daß das Gefetz diesen Verbrechern, ihrem weit reichenden Einfluß und ihrer Macht gegenüber ohnmächtig erschien. Bestechung und Meineid schienen in den G re zu herrschen und den Gang der Gerechtigkeit aufzubalten und zu lähmen. Die Situation war eine verzweifelte. Der Beweis ist aus amtlichen Quellen erbracht“, heißt es weiter, daß bei dem Angriff auf das fiädtische Gefängniß 11 Personen getödtet wurden. Von diesen waren, wie wir nach sorgfältiger Untersuchung finden, acht unzweifelhaft amerika nische Bürger, während ein Anderer um das Bürgerrecht einge kommen war, eine Handlung, durch welche er sich der Staatsangehörigkeit zu seiner Heimath selbst begeben hatte. Es ist schwierig, Angesichts der Massen, welche an der Demonstration und an dem Aufruhr tbeilgenommen haben und welche anf 6000 bis 80090 Mann geschätzt werden, die Schuld an dem Vorkommniß einer bestimmten anf von Theilnehmern beizumessen. Es scheint vielmehr, als ob die ge⸗ sammte Bevölkerung von New. Orleans an demselben mitbetbeiligt gewesen sei, wenn man nach der Theilnahme und Sympathie urtheilen darf, welche diese an der Angelegenheit genommen hat. Angesichts dieser Erwägungen und bei genauer Prüfung des Vorfalles fühlt sich die Großjury nicht berechtigt, irgend welche Anklagen zu erheben.“
Costarieg. Nach einer bisher anderweit nicht bestätigten Depesche des „W. T. B.“ aus Panama wäre in Costarica eine Revolution ausgebrochen; der Präsident Rodriguez hätte in Folge dessen eine Proklamation erlassen, durch welche die verfassungsmäßig verbürgte Freiheit der Person aufge—
Chile. Aus Chile wird über Buenos Aices berichtet, daß zwischen den Parteiführern des Kongresfes und dem Präsidenten Bglmaceda Verhandkungen an— eknüpft find. Die Pariser Vertreter der chilenischen ongreßpartei behaupten, daß die Vorschläge zu einer Vermittelung zwischen der Kongreßpartei und Bal— maceda von Letzterem ausgehen. Zwischen Balmaceda und den Unterhaäͤndlern der Kongreßpartei habe bereits eine Unterredung stattgefunden, doch sei wenig Aus⸗ sicht auf Erfolg, da die Kongreßpartei verlange, daß Balmaceda sich ergebe, die Land⸗ und Seetruppen entlasse und sein Ver⸗ halten vor Gericht rechtfertige. Alle Meldungen über Grausam⸗ keiten, welche die Kongreßtruppen begangen haben sollen, feien durchaus unbegründet. Die Kongreßpartei habe im Gegen⸗ theil 500 verwundete Soldaten Balmaceda's mittels neutraler 23 nach Valparaiso gesandt. — Nach neueren Nachrichten des „R. B.“ aus Valparaiso vom 6. d. M. hätte die chilenische Regierung die von den Führern der Kongreßpartei für den Friedensschluß vorgeschlagene Lösung bereits abgelehnt. Ferner heißt es in der Meldung, die Regierung verlange die Zahlung der Ein— fuhrzölle in Silbermünze und habe die Einziehung der Bank— noten im Verhältniß zu 10 Proz., monatlich angekündigt. — Gestern soll dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge in Val— paraiso ein Attentat gegen die hervorragendsten Mit— glieder des Kabinets durch eine auf die Straße ge— worfene Bombe verübt, jedoch Niemand dabei beschädigt worden sein.
Vach einem in New-York eingegangenen Telegrammen aus San Diego hätte der dortige Marschall der Vereinigten Staaten den Dampfer „Itala“ beschlagnahmt, den Kapitän desselben verhaftet und Schlepyschiffe ausgeschickt, um zwei außerhalb des Hafens liegende Schiffe mit Beschlag zu belegen. Man glaube, das eine derselben wäre die Goeletie „Robert und Minnie“, das andere ein chil enisches, aufständisches Kriegs schi ff, welches eine Ladung von Kriegsmunition an Bord genommen hätte. Die „Jtala“ soll mit dem Marschall der Vereinigten Staaten, welcher die Beschlagnahme verfügte, an Bord, am Mittwoch Äbend nordwärts in See ge— gangen sein. .
Hon dura s. Laut Meldung aus La Libertad (Salvador) vom 7. d. M. wären Oberst Mol ena und General Bardales mit zahlreichen Aufständigen am Mittwoch Nachmittag 3 Uhr auf der Insel Amapala im Golf von Fon secg plötzlich gelandet und hätten dieselbe theilweise in 6 ge nommen. Die Regierungstruppen hätten die Insel wiedererobert und den Aufständigen große Verluste zugefügt. Die Letzteren erwarteten Verstärkungen, um die Wiedererobe— . . Insel zu beginnen. General Bardales soll ge⸗ allen sein.
„Argentinien. Der Senat ist, wie „W. T. B.“ aus Buenos Aires meldet, auf den 8. Mai einberufen, der Kongreß soll eine Woche später eröffnet werden. Dem Ver— nehmen nach werde in der Botschaft des Präsidenten die Aufhebung der Steuer auf die Depositen der Privatbanken beantragt werden.
Afrika.
Eg ypten. General-Major Walker ist von seiner Be— sichtigungsreise am 5. d. M. nach Cairo zurückgekehrt. Er berichtet Folgendes: Vor Suakim ist Alles ruhig, und die Einwohner sind froh, daß sich die Dinge zum Guten gewendet haben. In der Gegend zwischen Tokar, Afafit und Temeren sind die Felder angebaut, fettes Vieh graste auf den Weiden und unter den Eingeborenen herrschte Zufriedenheit. Der Gesundheitszustand der Truppen in Suakim war im Allge⸗ meinen befriedigend. Man hoffte, daß sich derselbe noch bessern würde, wenn die neuen Brunnen in Afafit fertig sind. Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten ist mit der Erwägung verschiedener Pläne zur Bewäss erung des Landes in Ober und Unter-Egypten während der Periode des niedrigen Wasserstandes des Nils beschäftigt. Einer dieser Pläne schlägt, der „A. C.“ zufolge, die Anlage einer Barre am ersten Katarakt zwischen Assuan und Philae vor. Sollte dieses Projekt zur Ausführung gelangen, so würden die schöne Insel Philae und die herrlichen Monumente auf derselhen mehrere Monate im Jahre unter Wasser stehen. Von den Egyptologen aller Nationen wird dieser Plan daher energisch bekämpft. .
Aus Capetown vom J. Mai meldet „R. B.“: Zwei Häuptlinge des Gungunhana-Stammes seien nach England abgereist, um der Kbnigin den Wunsch der Gungunhana, unter englische Schutzherrschaft zu treten, vorzutragen und ihrer Ergebenheit gegenüber England Ausdruck zu geben.
Parlamentarische Nachrichten.
n der heutigen (1 17.) Sitzung des Reichsta es, welche der Reichskanzler von Caprivi, die a fe Dr. 3 Boetticher, Freiherr von Maltzahn und Freiherr von Marschall sowie der Staats⸗Minister von Heyden beiwohnten, theilte der Präsident zunächst den Eingang des unten mitgetheilten, die Vertagung des Reichstages betreffenden 6 6 d uf der Tagesordnung stand zunächst die erste Berathun
der zu Brüssel am 2. Juli v. J. unterzeichneten Gen J. akte der Brüsseler Antisklaverei⸗Konferenz. Die Generalakte wurden in erster und zweiter Berathung ohne m 7 i.
s folgte die zweite Berathung der Rechnungen de Kassen der Ober⸗-Rechnungs kammer 6 das . 1887/88 resp, für das Etatsjahr 1888 / 89, bezüglich derjenigen Theile, welche sich auf die Reichs verwaltung beziehen — auf Grund des mündlichen Berichts der Rechnungs⸗Kommission. = Berichterstatter war der Abg. Freiherr von Schleinitz. Derselbe beantragt: den Rechnungsleger der Rechnungen der Kasse der Ober⸗Rechnungs kammer u. f. w. zu entlasten.
Das Haus beschloß nach diesem Antrage.
Es folgte die zweite Berathung der Uebersicht der Reichs-⸗Ausgaben und Einnahmen für das Etatsjahr 1889s90 — auf Grund des Berichts der Rechnungs⸗Kom⸗ mission. Der Berichterstatter Abg. Troeltsch beantragte Namens der Kommission, vorbehaltlich der bei Prüfung der Rechnungen etwa noch sich ergebenden Erinnerungen die in der Uehersicht nachgewiesenen Etatsüberschreitungen und außer⸗ etatsmäßigen Ausgaben vorläufig zu genehmigen.
hoben werde.
Das Haus beschloß demgemäß.