1891 / 107 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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worden, ein lebensgroßer Athletenkopf myronischen Stils, der vor Jahren in Thracien gefunden, aber erst neuerdings in feinen Werth durch Hr. Paul Arndt in Dresden erkannt worden sst. Rafe Und Kinn sind verstoßen, die linke Wange und die Stirn am oberen Theil sind beschädigt; die übrigen Theile zeigen in wunderbarer Schärfe die Eigenart des myxronischen Stils Per Kopf ift offenbar unfertig von der Bildhauer⸗ werkftatt in die Erde gekommen, das beweisen eine Anzahl Löckchen, die unvollendel stehen geblieben find. Daß man es mit einem Faustkämpfer zu thun hat, beweisen die zerschlagenen und geschwollenen Shren. Besonderen Werth erhält der Kopf dadurch, daß er dem Massinischen Diskuswerfer im Typus weit näher steht, als alle übrigen auf Myron zurückgehenden

Typen. Literatur.

Zeitschrif ten.

Das Ableben des General⸗Feldmarschalls Grafen Moltke hat unseren illustrirten Zeitschriften Gelegenheit gegeben, in illustrirten Arkik-ln z die Bedeutung des großen Todten zu würdigen. Beson= ders bemerkenswerth ist in dieser Beziehung die neueste Nummer von Scho rer s Familienblatt“, welche ein vorzüglich ausgeführtes Bild, Moltke's Sterbezimmer in der Nacht vom 25. zum 26. April, ferner zwei vortreffliche Bilder, Moltke auf dem Sterbebette! darstellend, ein Porträt des Verstorbenen aus seinem 19. Lebensjahre, ein Bild pon Moltke's Schreibtisch und endlich mehrere Gruppen aus dem Trauerzuge zum Lehrter Bahnhof bringt. Wir, fügen hinzu, daß dieselb? Zeit chrift bei Gelegenheit von Moltke's 90. Geburts- tag eine reichillustrirte, bistorische Moltke Nummer herausgegeben hat,

welche noch jetzt zu haben ist.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten.

In Folge des barten und lange andauernden Frostes, welcher erst im Monat März wärmerem Wetter gewichen ist, und unter der auch dann noch ungünstig verbleibenden kälteren Witterung, welche hãufige Niederschläge brachte, haben die Saaten auch im Regierungsbezirk Magdeburg fast durchweg schwer gelitten. Am Meisten geschãdigt sind Fie Roggensaaten, welche schon im Herbst vorigen Jahres wegen der großen Trockenheit schlecht aufgegangen waren und außerdem noch durch Hmäaäufefraß zu leiden gebabt haben. Die Pflanzen sind zum Theil erfroren, und werden die Saaten meistens umgepflügt werden müssen. Die Weizenfaaten können sich dagegen bei gůnstiger Witterung noch er⸗ holen und eine Mittelernte abgeben, während Raps und Rübsen fast ganz vernichtet sind. Die Futterkräuter haben erheblich burch Mäusefraß und die eingemieiheten Kartoffeln und Rüben durch den Frost stark gelitten; die Preise für Saat. und Eßkartoffeln sind in Folge dessen auch betrãchtlich gestiegen. Die Preise der übrigen Nahrungsmittel und landwirthschaftlichen Produkte halten sich auf der bisherigen Höhe. Die Frühjahrs · bestellung bat des ungünstigen Wetters wegen. erst zum kleinsten Theil begonnen werden können. Vielfach wird außerdem über Mangel an brauchbaren Arbeitskräften geklagt, jumal auch die An⸗ werbung landwirtkschaftlicher Arbeiter aus dem Osten in diesem Jahre anscheinend auf Schwierigkeiten stößt.

In Schleswig Holstein haben sich trotz der Witterungs- verbältniffe die frühen Saaten, welche vor Eintritt des Winters gleichmäßig aufgegangen waren, unter dem Schutze der Schneedecke n gutem Stande erhalten. Später gesäete bahen gelitten, doch ist bei günstigem Frübjahrswetter die Hoff nung auch für diese auf eine gute Ernte nicht aufgegeben. Nur die Oclsaaten, namentlich in den Marschen, sind verloren. Der Beginn der Frühjahrsbestellung ist durch den Frost und die Nässe des Erdreichs bis zum Schluß des Monats März verzögert.

Saatenstand in Bayern.

Nach dem offistellen Saatenbericht ist, wie . W. 3 meldet, in ganz Bavern die Umackerung des Wintergetreides und des Klees in Folge Mäufefraßes und der Rapssaat in Folge Ausfrierens nöthig Der Graswuchs ist durch die kalte April⸗ witterung zurückgeblieben, die Aussaat des Sommergetreides und das Kartoffellegen sind günstig durchgeführt. Der Winterbopfen steht schlecht, der jüngere besser. Die Weinstöcke find unentwickelt, die Aussichten für die Obsternte günstiger.

Handel und Gewerbe.

Nach einer im „Niederländischen Staats courant“ vom 2. d. M. veröffentlichten, am J. d. M. in Kraft getretenen Königlichen Verordnung vom 27. April d. J. beträgt hinfort der Riederländische Einfuhrzoll für eingedickten Süß— holzextrakt per 100 kg:

4. bei einem Gehalt von mehr als 10 und nicht mehr als 30 vom Hundert 6 Fl.; .

p. bei einem Gehalt von mehr als 30 und nicht mehr als 50 vom Hundert 12 Fl.; =.

é. bei einem höheren Gehalt 25 Fl. .

Unter Gehalt ist die prozentuale Menge von Stoffen zu verstehen, welche bei chemischer Untersuchung als Zucker sich ergeben.

Ein Wohlff'sches Telegramm aus Köln theilt nach der Köln. Ztg.“ mit, die jungst verbreitete Meldung, der Rheinisch⸗ Westfälische Roheifenverband habe in Folge der Vorgänge am Siegener Montanmarkte unter der HPand Preisermäßi⸗ gungen zugestanden, sei völlig unbegründet. Vielmerr seien bei der jetzigen Lage des Kohlenmarktes auch in Zukunft keine Preisermäßigungen zu erwarten. Wie dasselbe Blatt aus Geisweid meldet, fand dort vorgestern eine Versamm⸗ lung der Inhaber der dortigen Feinblechwalzwerke statt, welche die Gründung eines Veisblandes Behufs Vereinigung der schle— sischen, niederrheinisch⸗märkischen, Siegener und süddeutschen Fein blechwerke beschloß. Dem Vernebmen nach treten die Ausschüsse einzelner dieser Gruppen zum Zwecke der Verhandlungen darüber Anfangs nächster Woche zusammen.

Submissionen im Auslande.

Niederlande.

II.13. Mai 1891, Mittags 12 Uhr. s RyksS Centraal Magazyn van Militaire Kleeding pp. Amsterdam im Bureau Sarphatistraat: Lieserung von 21 G0 Paar waschledernen Militärhandschuhen

in drei Abtheilungen. Bedingungen käuflich für 10 Cents bei dem vorgenannten Bureau. Einschreibung muß durch in Holland wobnhafte Personen erfolgen. 2) 14. Mai 1891, Nachmittags 11 Uhr. Gemeente-Gasfabriek im Haag: 4 Lieferung von gußeisernen Röhren, Hülfsstücken u. s. w. für Gatleitungs zwecke.

fab . käuflich für 25 Cents bei dem Bureau der Gas— abrik. 3) 19. Mai 1891, Vormittags 11 Uhr. Ministerie van Marine

im Haag: Lieferung und Aufstellung einer eisernen Signalvorrichtung am

Hoek van Holland. Bedingungen käuflich für 40 Cents beim genannten Ministerie

(Bureau A ). Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln ist die zweite englische Po st über k vom 6. d. M. ausgeblieben; hund

Auf den Linien der Großen Berliner Pferdeeisenbabn⸗ Aktiengefellfchaft sind im Monat April 1891 10232 883 Personen befördert und dafür 1179 457,37 4 oder durchschnittlich auf den Tag 39 315,20 M eingenommen. Die Einnahme im Monat April Idg0 betrug 1 201 788,24 M oder durchschnittlich auf den Tag 40 059, 61 4

Bremen, 5. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Schnelldampfer , Spree ist gestern Abend in Southamp⸗ ton angekommen und nach Bremen abgegangen, Die Schnell⸗ dampfer Tra ven und Spree, sind heute Morgen in Do ver eingetroffen. Der Schnelkldalmpfer Lahn“ hat gestern Nach⸗ mittag die Heimreise von New- York nach Bremen angetreten. Der Dampfer Hannover ist gestern von Vigo abgegangen. Ser Sampfer „Salier“ ist heute in Adelaide angekommen. Ser Dampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm ist gestern in Rio de Janeiro eingetroffen. Der Dampfer Ba yern' ist gestern mit der Post von Ost⸗Asien von Port Said nach Brindisi abgegangen.

Bremen, 7. Mai. (W. T. B.) Der Schnell dampfer Havel‘ des Norddeut len Lloyd ist Mittwoch, den 6. Mai, Morgens 10 Uhr, von Southampton in New · Jork angekommen. Die Reisedauer betrug 6 Tage 23 Stunden, was auf die Distani Sucensztown = New York berechnet, nur 6 Tage 8 Stunden ergiebt. Der Dampfer Karlsruben ist von Bremen gestern in Baltimore eingetroffen; die Dampfer Hermann“ und Dres den“ sind gestern von Baltimore nach Bremen abgegangen. Der Dampfer Amerika“ ist von Bremen gestern in Ba hig ein. getroffen. Der Schnell dampfer „Kaiser Wilbelm II. hat auf der Heimreise nach Bremen heute Morgen Uhr Qu essant passirt. Der Dampfer Graf Bismarck“ ist auf der Heimreise nach Bremen gestern in Antwerpen angekommen. Der Sch nell⸗ dampfer „Erg ven bat gestern Nachmittag von Southampten seine Fahrt nach New - York fortgesetzt. Der Dampfer Frank⸗ furt“ pafsirte auf der Fahrt nach dem La Plata gestern Las Palmas. Der Schnelldampfer Spree ist von New⸗JYJork gestern Nachmittag in Bremerhaven wieder eingetroffen. Hamburg, 7. Mai. (W. T. B.). Der Schnelldampfer Aug usta Victoria“ der Hamburg Amerifanischen Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft hat, von New ⸗Jork kommend, heute Morgen Seillvy passirt. . . F. Mai. Der Schnelldampfer Augusta. Victoria“ der Hamburg Am erikanischen Packetfahrt Aktiengesell⸗ schaft ist, von New⸗Jork kommend, heute Morgen 2? Uhr in Southampton angekommen. Der Dampfer „As cania von der. selben Gesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen. ;

London, 7. Mai. (W. T. B) Der Union Dampfer „Tartar“ ist gestern auf der Ausreise von Madeira abge gangen, der Castle⸗ Dampfer Dunottar Castle! ist gestern auf der Ausreise in Dur ham (Natal) angekommen, der Castle⸗ Dampfer „Garth Castle“ ist gestern auf der Ausreise von London abgegangen.

8. Mai. (W. T. B.) Die Castle Dampfer Martin Cast len und ‚Doune Castle“ sind am Mittwoch auf der Heim⸗ reise von Capetown abgegangen. Der Gastle⸗ Dampfer Conway Castle“ bat gestern auf der Ausreise die Canarischen Inseln passirt, der Cast le⸗ Dampfer - Dunbar Castle' ist gestern auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.

Theater und Musik.

Kroll's Theater.

In Flotow's Martha“ trat am Sonnabend zum ersten Mal ein neuer Tenor, Hr. Birrenko ven vom Stadt ⸗Theater in Köln, als Lyonel auf, und zwar mit vollem Erfolge. Seine männliche, dunkel gefärbte Stimme ist von vornehmem Klang und in allen Registern zut ausgebildet; der Sänger vermeidet jede Effekthascherei, er giebt fich einfach und natürlich und verschmäht es wie das so oft geschieht in die hoben Töne eine übermäßige Kraft hineinzulegen, um eine desto größere Wirkung damit zu erzielen; das Eben⸗ maß ist bier das künstlerisch Richtige und gerade biermit hat Hr. Birrenkoven bei seinem ersten Auftreten einen unbhestreitbaren Erfolg erzielt. Ob die Stimme von großer Kraft und Ausdauer ist, bleibe porläufig noch dahingestellt; in den Ensembles trat sie zuweilen un⸗ nöthiger Weise zu sehr zurück. Das Publikum füblte sich von der Kunftleistung febr befriedigt und gab durch wiederholten lebhaften Beifall und auch durch einen Dacaporuf, dem Folge geleistet wurde, zu erkennen, daß es sich von diesem neuen Tenor eine große Zukunft verspricht. Die übrigen Mitwirkenden frugen ju dem Gelingen der Vorstellung das Ihre bei; ins. beféndere erfreute Frl. Schacko als Lady durch ihre frische, leicht ansprechende, wenn auch nicht allzu ausgiebige Stimme wie im vorigen Jahre so auch diesmal, wäbrend Frl. Finkenstein (Nanev) trotz der Tüchtigkeit der ibr zu Gebote stehenden Mittel doch bei dem Mangel an Humor nicht ganz für diese Rolle geeignet erschien; die Hrrn. Kräbner (Tristan) und Dressel (Plumket) konnten in Spiel und Gesang befriedigen. Das Quartett am Spinnrade gerieth einmal erheblich ins Schwanken. Chor und Orchester thaten ihre Schuldigkeit.

Im Königlichen Schauspielbause kommen morgen die be⸗ liebten Einakter: „Die Prüfung‘ und „Post festum* zur Aufführung. Um Hrn. Arthur Vollmer Gelegenheit zu geben, auch einmal in einer drastifch⸗komischen Rolle aufzutreten, ist der altbekannte Schwank von Görlitz: ‚Eine vollkommene Frau“, der noch jüngst bei einer Matinée im Opernhause große Heiterkeit erregte, wieder aufgenommen worden.

In der Sonntags- Vorstellung der Oper „Der Prophet im Köntglichen Opernhause sind die Damen Hiedler und Staudigl, die Hrrn. Sylva, Mödlinger, Krasa, Lieban und Schmidt beschäftigt. Wegen Heiserkeit des Gastes Hrn. Sommer hat die für Sonnabend angefündigte Aufführung der „Zauberflöte“ auf die nächste Woche vertagt werden müssen. Dafür wird der „Freischütz' in Scene gehen.

Im Lessing-Thegter kann „Sodoms Ende“ nur noch ein einziges Mal in dieser Saison, und zwar am Sonntag wiederholt werden, da Josef Kainz sich schon am Montag zu einem längeren Gastspiel nach Kopenhagen begiebt. Die Wiederaufführung des Sudermann'schen Schauspiels hat übrigens noch dadurch ein beson⸗ deres Interesse, daß Jenny Groß darin zum ersten Male die Rolle der Frau Adaß Burczinowski spielt. . .

Der Garten des Wallner-Theaters steht bereits im präch⸗ tigsten Blätterschmuck, und es finden daselbst von morgen ab, wie alljährlich, vor der Vorstellung Concertaufführungen der Theater⸗ kapelle statt. ;

Der morgige Opernabend im Kroll'schen Theater bringt Nicolaßz „‚Lustige Weiber von Windsor“, während am Sonntag „Die Zauberflöte“ mit Hrn, Birrenkoven als Tamino in Scene n und am Niontag Fr. Lilli Lehmann den „Fidelio“ zum letzten Male wiederholt .

Im Thomas -Theater gelangt zum morgigen Benefin für den Kapellmeister Steffens das Volksstück .Der Millionenbauer. zur fuͤnfzigften und vorläufig letzten Aufführung, Vom Sonntag an werken die Vorstellungen des „Registrator auf Reisen“ wieder auf

genommen.

Weimar, 7. Mai. Die beutige Feier im Hoftheater zur Erinnerung an die vor hundert Jahren erfolgte Uebernahme der Leitung desselben durch Goethe wurde der . Th. C. zufolge eingeleitet durch eine Versammlung des gesammten Personals im Innern des Haufes um 9 Ubr Morgens. Der General ⸗Intendant von Bronfart theilte demselben nach einigen einleitenden Worten ein Schreiben Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs mit, das * auf die Bedeutung des Festtages bezog. Alsdann begaben sich ämmtliche Bühnenmitglieder und Mitglieder der Hofkapelle unter

lichen Standbilde Goethe's und Schiller s, das durch einen ju der elerlichteit hier eingetroffenen Fremden einen prächtigen Schmuc von Blumen und Lorbeerbaumen erhalten hatte. Die Mit glieder des Theaters nahmen vor dem Denkmal Aufstellung; Hr. von Bronsart legte einen mächtigen Lorbeerkranz an den Stufen nieder und richtete an die Theilnehmer der Feier eine An⸗ sprache, in der er sie aufforderte, im Geiste jener Großen nach echter Künstlerfchaft zu streben und dies Gelübde zu bekräftigen durch ein auf den hochsinnigen Protektor der Kunst, Seine ei g Hoheit den Großherzog ausgebrachtes Hoch. Nachdem dies geschehen, löste sich die Versammlung auf. Mittags 2 Uhr nahm. der General- Intendant von Bun fark im Theater zahlreiche Glückwünsche zum festlichen Tage entgegen. Seitens des Vorstandes der Goethegesellschaft wurde eine fehr schön ausgestattete Glückwunschadresse überreicht.

Am gestrigen Abend (6. Mai) fand im Hoftheater die Auf⸗ führung der Oper Gunloed' von Cornelius statt. Die Groß- herzoglichen und Erbgroßberzoglichen Herrschaften wohnten der Vorstellung bei, ebenso zablreiche Ehrer gaͤste. Die Auf- führung nahm den besten Verlauf. Die Darsteller wurden nach den Aktschlüssen in der stürmischsten Weise gerufen, sodaß man sagen darf, die Oper hat hier einen vollen Erfolg gehabt. Cornelius, der den Text selbst gedichtet, hat den Stoff dem Sagenkreise der jüngeren Edda“ entlehnt. Bevor er die Komposition vollendet hatte, starb er (1874). Jetzt hat der ihm eng befreundete Hofkapellmeister Lassen hier die Mustk zu der Oper vollendet.

Mannigfaltiges.

Seine Majestät der Kaiser hat, wie die Charl. Gem. 3. be⸗ richtet, genebmigt, daß zum Zwecke der besseren Ausgestaltung des Bau platzes für die Kai fer Wil kelm⸗Gedächtnißkirche vom 3 oo o- gischen Garten ein Stück abgeschnitten werde, welches von der verlängerten nördlichen Fluchtlinie der Kantstraße begrenit wird Das Stück Land, das, wie die ganze Grundfläche des Zoologischen Gartens ffakalisck ist, soll dem Werthe nach abgeschätzt und der Preis aus dem Kaiserlichen Dispositionsfonds gezahlt werden.

Ein Berliner Bezirksverband alter Corpsstudenten hat sich am Mittwoch Abend im „Leistbrän“ in der Friedrichstraße konstituirt. Ber Verband will die Interessen des deutschen Corps- Studententhums durch Zusammenschluß der alten Herren des Kösener S. G6. zu fördern fuchen. Ueber 100 Mitglieder haben sich schon dem Verbande angeschlossen, in dem z. 3 etwa funtzig Corps von acht- zehn deutschen Universitäten vertreten sind. Zu Vorsitzenden des neuen Verbandes wurden gewählt Dr. J. Koch (Königeberger Balte) und Geheimer. Sanitäts Rath Dr. Siefart (Bonner Rhendne), zu Schriftführern Referendar Dr. Schmidt (Tü binger Franke und Jenenser Thüringer) und Assessor Wien kowski (Königsberger Hanseate) und zum Kassirer der praktische Arzt Dr. Philippi (Berliner Alemane und Marburger Teutone). Man er⸗ wartet nach erfolgter Konstituirung den weiteren Eintritt einer großen Zahl alter Herren. Privatim angeregt und allseitig mit Beifall be- grüßt wurde der Vorschlag, im nächsten Monat unter Betheiligung der Damen ein Sommoerfest zu veranstalten.

Mit der Aufstellung des Begas⸗Brunnens auf dem Schloß⸗ platz wird der . N. A. 3.“ zufelze demnächst begonnen werden.

Das seltene Fest der diamantenen Hochzeit begehen hier⸗ selbst am 16. d. M. im Alter von 89 bezw. 84 Jahren der Rentier Wilbelm Böckmann und seine Gemahlin Wilhelmine de Haas. Der Jubelgreis war nahezu 50 Jahre Hauptlehrer an der Friedrich- Wilhelmsschule zu Elberfeld und ist seit 1868 pensionirt.

Zu der am 6. Juni d. J. stattfindenden 25 jährigen Jubiläumsfeier des Vereins der Berliner Volks küchen Don 1866 follen an alle Diejenigen in Berlin und außerhalb Ein⸗ ladungen ergehen, die bei der Stiftung oder später durch persönliche Thätinkeit den Verein und seine Anstalten gefördert haben, oder die ahnliche Bestrebungen verfolgen. Um Niemand zu übergeben, würde es dem Vorstande erwünscht sein, wenn die betreffenden Persönlich⸗ keiten sich mit genauer Wohnungsangabe schriftlich im Centrall eau der Berliner Volksküchen. C. Gertraudtenstraße 24, möglichst vald

meldeten.

In der vorgestrigen Sitzung der Stadtverordneten richtete nach der Nat. 3.“ der Vorsteher zum Andenken an das Ab⸗ leben des Ehrenbürgers von Berlin, Genergl-Feldmarschglls Grafen Moltke folgende Ansprache an die Versammlung; Meine Herren! Am 24 v. M. ist der General ⸗Feldmarschall Graf von Moltke verstorben. Derselbe hat ein langes und schönes Leben ge⸗ führt, ein sanfter Tod endete sein harmonisches Dasein. Dennoch, als die Trauerkunde durch die deutschen Lande ging, ergriff alle Herzen tiefer Schmerz darüber, daß ein so großer Mann nicht mehr unter uns weile Es hat wobl selten einen Menschen gegeben, der fo allgemeine Achtung und Liebe genossen hat, wie der Graf Moltke. Zunächst verknüpft uns mit ihm das Gefühl der Dankbarkeit, als er als großer Feldherr unsere tapferen Mitbürger von Sieg zu Sieg führte, in Kriegen, die endlich die deutsche Einheit herstellten. Meine Herren, er war aber nicht nur als Feldherr groß, sondern auch als Forscher, als Gelehrter und als gewöhnlicher Menfch, und es ist wunderbar, daß den Mann in seiner Größe, bei seiner hohen Stellung dauernd das regste Pflichtgefühl verhindert hat, jemals aus den Schranken, die ihm gezogen waren, heraugzutreten. Voll großer Einfachheit, voll Wohlwollen und rührender Bescheidenheit hat er uns ein Lebensbild von möglichst großer Vollkommenheit gegeben. Das Bild wollen wir uns erhalten. Ich wollte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben zum Zeichen der Vere rung dieses Ilannes.“ (Geschieht ) Ich danke Ihnen. Die Lagesordnung beginnt mit der Berichterstattung über den bekannten An⸗ trag der Stadtverordneten Vogtherr und Genossen in Bezug auf' allgemeine Angelegenheiten der Pferdeeisenb ahnen. Ber Antrag lautet folgendermaßen: „Wir beantragen, die Versamm⸗ lung wolle den Magistrat ersuchen, in Verbindung mit ihr die Pferde⸗ bahngesellschaften zu veranlassen, dehin gehende Schritte zu thun: 1) daß auf alle Entfernungen innerhalb des Berliner Weichbildes der Durchschnitts Zehnpfennig Tarif zur Anwendung kommt, 2) daß kal⸗ digst zwischen Wedding einerseits und dem Westen und Südwesten andererseits, ferner zwischen dem Osten und Südosten bessere Verbin dungen hergeftellt werden, und 3) daß ebenso wie in anderen Städten auch hier die Benutzung der Deckplätze auf den Dorpelwagen auch weiblichen Personen gestattet werde. Der dritte Punkt ist von dem Stadtverordneten Sachs II. in einem selbständigen Äntrage dahin präzisirt worden, der Megistrat möge aufgefordet werden, mit dem Polizei⸗Präsidium in Verbindung zu treten, um den Wunsch zur Er⸗ füllung zu bringen. Bei der Abstimmung werden sowohl die An⸗ träge Vogtherr und Gensssen wie der Antrag des Stadtverordneten Sachs II. abgelehnt. Ver Antrag des Stadtverordneten Vortmann und Genossen, betreffend die Verbreiterung des Fahrdammes der Potsdamerstraße und den Neubau der Potsdamer Brücke, wird an einen Ausschuß verwiesen.

London, 6. Mai. Die Influenza tritt in England in diese z Jahre noch heftiger auf als im vorigen; sie hat viele bekannte englische Persönlichkeiten ergriffen wie den Carl von Derby, den Herzog von Richmond, den Abg. Mundella. Der Cribischof von Jork ist, wie schon gemeldet, einer damit komplizirten Lungenentzündung erlegen. In Norkshire sind auf dem Lande so viele Arbeiter daran erkrankt, daß die Landwirthschaft in manchen Gegenden fast ruht. In und bei Rotherham leiden bo00 Personen an der Grippe. In der Stadt Vork fordert die Epidemie besonders viele Opfer. In Bradford be⸗ trägt die Zahl der Inflaenzakranken 2000. Auch von der Arbeitern der Steinbruͤche von Carnarvonshire erliegen viele der Seuche, Die Volksschulen in Carnarvon sind jetzt schon vier Wochen geschlossen.

Zugverspätung auf belgischer Seite.

Führung des General ⸗Intendanten zu dem vor dem Theater befind

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger

Saus der Abgeordneten. 83. Sitzung vom Mittwoch, 6. Mai.

Der Sitzung wohnt der Minister der geistlichen 2c. An⸗

gelegenheiten Graf von Zedlitz⸗Trützschler bei.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts— ür 1891—927 und zwar des Etats 4 —̊ . gat

eriums wird fortgesetzt beim ersten Titel d . kee , , . st er Ausgaben: g. Jobannsenz Die Verfügung des Kultus-⸗Mini Posen habe allgemeines Aufsehen erregt, a im 3 . sie nicht unbekannt geblleben. Es sei ihm mitgetheilt worden, daß eine ähnliche Verfügung für die dänischredenden Distrikte in Nord⸗ schleswig erlassen sei. Es sei sehr traurig, daß eine solche Ver fügung überbaupt nothwendig geworden sei, daß die Volks⸗ , . in den nichtdeutschen Landestheilen (sehr wahr! bei den Polen) nicht glaubten, die Befugniß zu haben, ö. Schulkinder priratim in der Muttersprache zu unterrichten. . wahr! bei den Polen.) Solche Zustände seien unnatürlich, sie ätten geändert werden müssen, sobald an der Spitze der Schulverwaltung ein Mann stehe, der Gefübl fuüͤr das Recht habe. Die Schul verfügung vom 28. November 18883 werde überall im Lande, namentlich auch von den Geistlichen, gemißbilligt; die Geistlichen hätten mehrfach erklärt, daß sie die Schulaufsicht niederlegen würden. Auf nähere Nachforschungen hätte sich berausgestellt, daß das Konsistorium har nicht befragt worden sei. 13 009 Nordschleswiger hätten sich des- . in einer Petition an das Abgeordnetenhaus gewendet, um

ese Verfügung rückgängig zu machen. Eine solche Rücksichtnahme auf die Nationalität der Reichsangehörigen fei nothwendig für ein . Reich wie Deutschland und Preußen. Redner berufk sich auf ö . des Führers einer deutschen, einflußreichen Partei, 3. Hanel in Kiel. Dem neuen Kultus⸗Minister fei ein lter, ,,, e. und er (Redner) hoffe, daß er erhalten g. Lohren spricht seine Befriedigung darüber au . Minister die Schulreform ö überhasten, ö . 4 ö die Reform der Volksschulen, der Mittelschulen und der hoͤberen ; chulen zu gleicher Zeit beginnen wolle. Redner empfiehlt eine Ver⸗ der Vorbereitung der Volksschullehrer, welcher Punkt in . Volte chulgeset ganz übersehen worden sei. Nothwendig fei die k der Volkeschullehrer über die irrtbümlichen Ansichten der ozialdemokratie, damit sie dieselben durch die Worte der Sozial⸗ n, ,. selbst widerlegen könnten. Sas Grgänzungsheft zum , welches geschichtliche Lesestuͤcke er sei nur für 1 che Schüler bestimmt, welche eine größere Geschichtskenntniß ereits besäßen. Der Unterricht in der vaterländischen Geschichte sei stets die erste Aufgabe der Volksschule gewesen, aber warum fehlten heute die Lehrer für die praktische Ausübung des Unterrichts? Da stehe man vor der betrübenden Thatsache, daß zwar die Zahl der Lehrer fehr , sei, . ili f . und schreiben gelernt hätten e und vaterländische Erziehung babe ; litten, Diz katholische Kirche besitze auch 6 69 Sehn wirksame Mittel, um einen sittlichen Cinfluß auf die Jugend n, Die protestantischen jungen Leute aber könnten nach hrer Einsegnung der Kirche leicht den Räcken kehren; deshalb müßten die protestantischen Lehrer besonders tüchtig sein. Ob durch die Vermehrung der Rathsstellen um eine fur das Dezernat Aber Seminat— 1 bier gebessert werden könne, sei zweifelhaft. Der ganze Lehrer⸗ tand müsse geboben werden. Beßhalb sei es nothwendig, daß die , aufsteigen könnten bis in die böchsten Schulämter ö Staates, nicht bloß in die Lebrerstellen an den Seminarien . auch in die Stellen der Schulinspektoren. Dann werde es , . m ö . gewachsen seien, welche ie rthümer bekam 6 . allt · , pfen könnten, weil sie die Verhäͤlt

Minister der geistli i f zedlli , 2c. Angelegenheiten Graf von

Ich wende mich zunächst mit einigen Worten an den ersten Derrn Redner. Meine Herren, für die nordschleswigschen Distrikte gilt als leitende Verordnung die Verordnung vom 18. Dezember 1888. Sie ist, wie ich mit Rücksicht auf die Ausführungen des

Berlin, Freitag, den 8. Mai

wesens zum großen Theil in der Mangelhaftigkeit der zur Erziehung unserer Kinder berufenen Organe berubten, unterliegt doch den aller⸗ erheblichsten Bedenken. Auch der Lehrer ist in seiner geistigen Ent⸗ wickelung das Produkt der Zeit, in der er lebt; er steht unter den⸗ selben Gesetzen der Bildung und der Geistesrichtung, unter denen wir Alle stehen, und es ist, glaube ich, ein bitterer, schwerer, ungerechter Vorwurf, wenn man einem Stande, der in einer der schwierigsten Aufgaben unserer Zeit steht, im besonderen Maße eine Verschuldung an den Mißständen zuschreibt, die uns unbequem, ja erschreckend entgegentreten. (Allseitige Zustimmung.) Die Anfüh⸗— rung, daß ein Prozentsatz ich erkenne an, in dem Regierungsbezirk Marienwerder mit übrigens noch nicht 1 Prozent ein erheblicher Prozentsatz im vorigen Jabre aus den Reihen der Volksschul⸗ lehrer hat entfernt werden müssen, kann meine Bemerkung nicht alteriren. Meine Herren, Sie sind doch Leute, die in den verschie densten Berufen und Lebensaufgaben stehen. Ist es denn in diesen Aufgaben und in diesen Stellungen anders? Haben nicht Viele von uns in der allerschmerzlichsten und ergreifendsten Weise an Nahestehenden Erfahrungen machen müssen, die ganz genau zu denselben Urtheils⸗ folgerungen und Urtheilsschlüssen hätten führen müssen, wenn man die Berufs art und den Berufsstand mit derartigen Erscheinungen identiftzirt (Sehr guth Also so bestimmt und so innerlich über⸗ ieugt ich den Satz unterschreibe, den der Abg. Lohren ausgesprochen hat: der Volksschullebrer soll ein Hoherpriester an dem Hausaltar unseres Volkes sein, so entschieden behaupte ich, daß die Volksschul⸗ lehrerschaft in ihrer Totalität dieser Aufgabe, wenn nicht voll genügt so doch sie anstrebt. (Allseitiger Beifall.)

Es ist außerdem nach meiner Ueberzeugung sehr bedenklich, von Formen der Ausbildung zu viel zu erwarten. Daß im Seminarleben manches nicht gut ist, dem haben sich wie ich überzeugt bin, Herr von Goßler und die Herren, die mir jetzt zur Seite stehen, nie verschlossen. Auch ich weiß es ganz genau. Und wir werden bestrebt sein, und ich ganz besonders, dies zu andern und zu bessern. Aber ich mache mir doch keine Illusionen darüber, daß alle menschliche Kraft und alle menschlichen Formen nur eine beschränkte Wirksamkeit haben, und daß es immer auf den vollen Geist ankommt, mit dem die Sache erfüllt wird; und dieser Geist auf diesem Gebiete ist eben abhängig von dem Geiste, der das Volk selbst durchdringt. (Sehr gut) Also Sie stellen mir eine unmõg⸗ liche Aufgabe, wenn ich auf einem beschränkten Spezialgebiet etwas leisten soll, was ja, wie die Erscheinungen des täglichen Lebens überall zeigen, doch eigentlich nirgends erreicht wird. (Sehr richtig h Der Abg. Lohren hat dann gesagt, daß die in den letzten Jahr—⸗ zehnten geübten Unterrichtsmethoden dazu geführt hätten, daß zwar die Zahl der Analphabeten abgenommen, dagegen die Zabl der Kinder welche die jebn Gebote und die preußischen Könige nicht kennen, sich vermehrt habe. Meine Herren, ich denke doch auch drei Jahrzehnte in Bezug auf die Volksschule zurück; ich bin 18 Jahre Mitglied des Vorstandes einer evangelischen und einer katholischen Volksschule gewesen. Ich habe mich immer für diese Angelegenheiten interessirt bin oft in diesen Schulen gewesen und habe dann in einer lang. jsãhrigen dienftlichen Laufbahn Veranlassung und Gelegenheit gehabt mich viel im Volksschulwesen umzusehen. Aber diese Bebauptung des Hrn. Abg. Lohren ist nach meiner Erfahrung, die ich wenigstens in den östlichen Provinzen kabe machen können, zweifellos nicht richtig. Nicht bloß nach der Summe des Wissens im Lesen und Schreiben, sondern auch nach der Summe der anderen Fächer,

derrn Vorredners über angeblich mangelhafte Informationen vor ihrem Erlaß bemerke, auf Grund einer Konferenz zu Stande ge⸗ kommen, welche in der Stadt Schleswig stattgefunden und an der eine Reihe über die schleswigschen Verhältnisse genau orientirter Herren unter dem Vorsitz des Ober⸗Präsidenten von Steinmann theilgenommen hat. Diese Verordnung traͤgt die Unterschrift des Ober ⸗Präsidenten von Steinmann. Wenn also der Or. Abg. Johannsen einen Brief vorlas, des Inbalts, daß die örtlich informirten Organe nicht zur Sache gehört seien und sogar der Ober ⸗Präsident von dieser Verordnung vor ihrem Erlaß keine Kenntniß gehabt habe, so treffen diese Angaben nicht zu. Die Verordnung selbst sagt:

Die Unterrichtssprache ist in den nordschleswigschen Volks— schulen in allen Lehrgegenständen mit Ausnahme des Re— ligionsunterrichts die deutsche.

Also ich konstatire, daß in den nordschleswigschen Distrikten der 2 in der Muttersprache ertheilt wird. (Hört! hört! rechts.

Ich glaube, nach diesen kurzen Ausführungen mich auf eine 235 Beantwortung der Rede nicht einlassen zu brauchen. (Bravo! rechts.

Sodann gehe ich über zu den nach verschiedenen Richtungen bin bedeutsamen Ausführungen, welche der Hr. Abg. Lohren insbesondere an die Erklärung von mir geknüpft hat, daß ich zur baldigen Wieder einbringung des Volksschulgesetzes bereit sei. Meine Herren, daß es meine Aufgabe und mein ernster Wille sein wird, die Anregung, welche durch die Allerhöchste Ordre vom 1. Mat 1889 in dieser Be— ziehung gegeben ist, nach besten Kräften und mit der größten Energie und auch, wie ich ausdrücklich erkläre, in vollster Uebereinstimmung mit dem Inhalt derselben zur Durchführung zu bringen, das glaube ich kaum noch versichern zu müssen. (Bravoh Gleichwohl muß ich mich gegen einen großen Theil der Ausführungen des Hrn. Abg. Lohren entschieden wenden.

Zunächst, meine Herren: mein Herr Amtsvorgänger hat es wahr lich weder auf dem Gebiet des Volksschulwesens noch auf irgend einem anderen, seinem Ressort angehörigen Gebiet, auch sicher nicht auf dem Gebiet des Seminarwesens an der angestrengtesten, eifrigsten und pflicht⸗ mäßigsten Arbeit fehlen lassen. (Bravo! rechts.) Den Vorwurf, der nach

Seminarien, wenn ich seinen Gedankengang recht verstanden habe, gesagt: Der Wunsch, dem Lehrermangel zu begegnen, sei in der Schulverwaltung so groß, daß man nicht davor zurückscheue, Semina—⸗ risten, die eine unzweifelhaft verworfene Gesinnung bekundet hätten trotzdem in der Seminarbildung zu erhalten, daß die Seminar- Direktoren sogar höheren Orts ich nehme an, das sollte heißen aus dem Ministerium angewiesen wären, derartige Seminaristen im Examen durchzudrücken.

Präsident habe ich je eine ähnliche Erfahrung gemacht oder eine ähn-

die in der Volksschule gelehrt werden, steht die heutige Volksschule unzweifelhaft erheblich böher als die Volksschule vor dreißig Jahren (Lebhafte vielseitige Zustimmung.) Ich möchte also auch hier glauben, daß es bedenklich ist, aus Erscheinungen, die uns nicht gefallen, generell Rückschlüsse auf den 6 Standpunkt unseres Schulwesens zu machen. (Sehr wahr!

Ebenso möchte ich Sie dringend bitten, Aeußerungen zu ver— meiden, wie sie hier gefallen sind, daß nämlich in den großen Städten unsere Volksschulen die Vorschulen der Sozialdemokratie seien. Wäre das wahr, dann stünden wir vor einer Gefahr von so unglaublicher und unabsehbarer Ausdehnung, daß wir bis auf das Innerste er⸗ schrecken müßten. Ich bin aber der festen Ueberzeugung, daß hiermit ein bitter ungerechter Vorwurf den Leuten gemacht wird, welche an diesen Schulen wirken, und ich möchte glauben, daß es sich empfiehlt, derartige Schreckgespenfter auch nicht einmal an die Wand zu malen. (Lebhafte Zustimmung.)

Das ist ja zweifellos, daß die Sozialdemokratie, daß die um⸗ stürzlerische Bewegung da zunächst nur am Weitesten Boden faßt, wo ein gewisser Bildungsgrad schon erreicht ist. Sollen wir aber deswegen die Bildung überhaupt über den Haufen werfen? Das würde die nothwendige Konsequenz eines solchen Standpunktes sein. Das ist eben die Aufgabe desjenigen Theiles unserer Bevölkerung, welcher von der Irrlehre der Sozialdemokratie und der Falschheit ihrer dem Volke vorgegaukelten Idole überzeugt ist: auch seinerseits mit daran wirken, daß diese Idole zerstört werden mit der Schule, aber nicht dies von der Schule allein zu verlangen. (Sehr wahr h Endlich hat der Hr. Abg. Lohren hinsichtlich der Disziplin in den

Meine Herren, weder als Regierungs⸗Präsident noch als Ober-

dieser Richtung hin diesem Manne gemacht wird, halte ich mich für ver

liche Verfügung kennen gelernt; aber ich erkläre ganz rückhaltlos, daß,

pflichtet, bestimmt zurückjuweisen. (Lebhafter Beifall rechts) Die Behauptung des Abg. Lohren, daß die Fehler unseres Volksschul⸗

1891.

wenn die Behauptung des Vorredners richtig wäre, ich ein derartiges Verfahren und eine derartige Verfügung ebenso verurtheilen würde, wie jeder andere und der Hr. Abg. Lohren am Meisten, und daß ich alles thun würde, um diesem Verfahren entgegenzuwirken. Aber, meine herren, für die Bezirke, in denen ich bisher amtlich gewirkt habe, ist die Behauptung des Vorredners entschieden nicht richtig; da haben im Gegentheil die höheren Instanzen, und ich mit, darauf hin— gewirkt, daß gerade der Grad der sittlichen Reife zum Maßstab geworden ist, wenn es sich um die Frage handelte, ob ein Semingrist zu entlassen ist oder nicht. Das war das Entscheidende, nicht eine kleine sonstige Verfehlung, ein Streich des Uebermuths oder des Jugendmuths, auch wenn er manchmal recht unbequem und recht thöricht war. Das sind Dinge, die man sich, glaube ich, gefallen lasfen kann. ö Aber wo innere Verworfenheit vorlag, ist nach meiner Erfahrung stets mit der allergrößten Strenge eingeschritten worden; und h soll es auch bleiben. (Lebhaftes Bravo) e Abg. von Strom beck bemängelt, daß nicht mehr wie i früheren Zahren über die für Schul- und Kirchenzwecke ift nt Stiftungs fonds Uebersichten über die Veränderungen im Vermögent⸗ bestande mitgeteilt würden, ferner, daß nicht recht klar zu erfehen sei, ob die Stiftungsfonds besondere juristische Persönlichkeiten hätten oder in dem Eigenthum und der Verwaltung des Staates sich befänden. Unklar sei es ferner, ob Zahlungen aus diesem Fonds auf Grund ,,, e u 4 , , ,. geleistet Redner bittet über diese Verhältni F . 2 hältnisse bis zum nächsten inisterial⸗ Direktor Küg ler: Wenn das Haus Werth d f lege werbe die Renlerung gern bereit fn? aber di Kerbe , ef, ö . 9 2. sein, über die Verhältnisse dieser bg. Dr. Graf (Elberfeld) Auf die Lange'sche Petition w der Einheiltsschule wolle er jetzt nicht näher 4. Da? ** Realgymnasien auf den Aussterbeetat gesetzt seien, wie der Abg. Seyffardt angenommen habe, könne er nicht begreifen. Die Schulkonferenz habe eine solche Absicht gar nicht kundgegeben. Wenn die Ober. Realschule bekämpft werde, weil sie wegen Mangel des lateinischen Unterrichts nicht vornebm genug sei, so befinde fich der Abg. Seyffardt in dieser Beziehung im Widerspruch mit 6 Abg. Vir con welcher den Betrieb des Latein verurtheile. ie probeweise Zulassung der Realschäler sei nicht durchzuführen. Wer solle entscheiden, ob die Probe gelungen sei oder nicht? Der ʒudrang zum Aerztestande sollte nicht vermehrt werden durch = Pe Proben. Daß die Realgymnasien tüchtige Leistangen aufjuweifen ! n bestreite Niemand, aber das ausschließliche Streben derselben nach der Berechtigung zu dem Universitätsstudium sei für sie verhãngniß⸗ voll geworden, auch für die Gymnasien; sie hätten sich gegenfeitig

überboten in der Vermehrung des Lehrstoffes. Man müffe protest: gegen das Experiment im Großen, welches gemacht J . . Gunsten einer noch unbekannten Einheiteschule.

Abg. Dr. Arendt: Er habe die Schulreform erst aus Anlaß der . besprechen wollen. Nach der Rede des Vor= redners müsse er schon heute etwas darauf eingehen und freue sich mit dem Kultus ⸗Minister in vielen Punkten übereinstimmen zi können. In dem Volksschulgesetz, wie es von der Kommission fest= gestellt sei, sei eine brauchbare Grundlage für die gesetzliche Regelung des Volkeschulwesens gegeben. Daß der Kultus Minister Alles auf⸗ bieten werde, das Geseß in der nächsten Tagung wieder vorzulegen erfülle ihn mit großer Freude, denn diese gesetzliche Regelung sei durch aus nothwendig. Gegenüber dem Abg. Lohren müffe er dem Minister zustimmen; dessen Worte über den Lehrerstand wurden im Lande überast Viederball finden. Redner bemängelt dann die Vertheilung der Alters zulagen, die nur in Gemeinden unter 10 000 Einwohnern von Staatswegen gewährt würden und emvpfieblt die Förderung der Mittelschullehrer. Er spricht sich gegen die Bildung eines besonderen Unterrichts Ministeriums aus, wenn auch die Be— rusung. eines besonderen Unter⸗Staatssekretärs in Erwägung zu zieben sei. Mit Freude sei zu begrüßen, daß der Minister die Pflege der Leibesübungen in den Vordergrund gestellt habe. Der Minister möge auch die Wünsche der Lehrer in Bezug auf die Aenderung des Titel mesene⸗ in Betracht ziehen. Die Titel Schulreferendar und Schul Assessor seien ja der Lächerlichkeit anheimgefallen, aber die Frage dürfe nicht unbeachtet bleiben. Die Beunruhigung für die böheren Schulen habe nicht erst nach Abschluß der Schulkonferenz sondern schon bei der Berufung derselben begonnen. Zu bedauern sei gewesen, daß man die Männer des praktischen Lebens nicht genügend derücksschtigt habe, denn die Schulfrage betreffe nicht bloß den Lehrerstand, sondern die ganze Natlon. Die Schulfrage sei wesentlich eine Frage der Berechtigung, und hier gerade liege Alles im Argen. Nur weil den Schülern der GSym⸗ nasien die ganze Welt offen stebe, weil sie das Berechtigungs⸗ monoꝑel besäßen, würden die Gymnasien bevorzugt. Erst wenn das Berechtigungsmonopol beseitigt sein werde, könne das Gymnasium bleiben, was es sei. Wenn das geschehe, dann werde fich das Gymnasium schließlich nur durch das Bischen Griechisch vom Realgymnasium unterscheiden. Wenn in dem Volksschulgefeß die Lehrgegenstäͤnde festgelegt sein würden, könne die Organisation für böhere Lebranstalten nicht der Verwaltung anheim gegeben werden Abg. Dr. Kropatschegk schließt sich den Ausführungen des bg Graf (Elberfeld) an, er stellt die Naturheilkünstler den modernen Schulreformern gleich; aber ebenso wenig wie Virchow jene als be⸗ rufene Reformatoren der medizinischen Falultät betrachten werde könne er (Redner) diese als die berufenen Vertreter der Schulr. orm anerkennen. Die Realschulen sollten gefördert werden, aber das xateinische sei kein nothwendiges Accidens der Realschulen. Cine Komödie der Irrungen sei die Schulkonferenz nicht gewesen. Es sei schade, daß der Abg. Seyffardt die Konferenz als Mitglied der selben nicht vor Irrwegen habe bewahren können; aber wenn die Schul⸗ verwaltung die Wege des e,. Seyffardt wandeln wolle, dann werde aus der Komödie eine schauerliche Tragödie werden. (Zu⸗ ere , . .. , . über die Männer, welche in

6. nferenz mitgearbeitet hätten, nicht s 4 ĩ due, keln, g hätten, nicht so scharf aburtheilen. Abg. Dr. Langer hans: Unter den Schulreforme sich eine ganze Menge von Schuldirektoren, die J. ar fr ge viel wüßten. wie ehemalige Oberlehrer. , n,. Begeistert für die Realgymnasien habe sich Virchow nicht, er habe nur ihre Lei⸗ stungen anerkannt, die zum Theil besser feien als die der Gym⸗ nasien. Wenn die Realgymnasien sich bewähren sollten, dann müßten ihre Berechtigungen vermehrt werden; dann werde in der nichtigen Konkurrenz sich herausstellen, wer das Beste leisten kznne Redner wendet sich dann, gegen die Ausführungen des Abg. Lohren und widerspricht dem übermächtigen Einfluß der Kirche auf die Schule. Auch der wissenschaftliche Unterricht habe eine sittliche

Wirkung.

Abg. Dr. Wuermeling: Das abfallige Urtheil, welches der

Abg. Lohren über die Volksschulen gefällt habe, ine

nicht unterschreiben. Nicht wegen, e , U i . Zeitgeistes hatten die alten bewährten Fundamente unseres Schul. wesens dafür gesorgt, daß die Verhältnisse der Volksschule noch nicht

so schlecht geworden seien, wie der Abg. Lohren darfstelle. Daß der