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den vom Reichstage beschlossenen Fassungen die Zustimmung. Der vom Reichskanzler vorgelegte Entwurf einer Bekanntmachung, be⸗ treffend den Nachweis der Befähigung als Seeschiffer und Seesteuermann auf deutschen Kauffahrteischiffen (Einführung der Untersuchung auf Farbenblindheit), und die vorgeschlagene Abänderung des Etats der Salzsteuer-Verwaltungskosten für Anhalt und Schwarzburg:-Rudolstadt wurden genehmigt. Nach dem Antrage des Reichskanzlers wurde den Mitgliedern deutscher Seglervereine die Führung von Segel-Lustfahrzeugen
von weniger als 200 ebm Brutto-Raumgehalt innerhalb der
räumlichen Grenzen der Küstenfahrt ohne Befähigungszeugniß gestattet. Die Allgemeine Rechnung für den Reichshaushalt für das Etatsjahr 1887/88 und der Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung eines Nachtrages zum Landes haushalts⸗Etat von Elsaß-Lothringen für 1891 92, wie derselbe sich nach den Beschlüssen des Landes-Ausschusses gestaltet hat, wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung übergeben. Endlich wurde Über das Gesuch eines Seefahrers um JZulassung zur Schifferprüfung für kleine Fahrt Beschluß gefaßt.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ober⸗Regierungs⸗Rath Geiger ist von hier abgereist.
Der Beyollmächtißgte zum Bundesratb, Königlich würt⸗ tembergische Ober-Finanz-⸗Rath von Fischer ist von hier abgereist.
Der Inspecteur der 2. Kavallerie-Inspektion. General⸗ Lieutenant von Rosenberg, à la suite des Husaren⸗Regi⸗ ments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3, ist von Dienst— reisen hierher zurückgekehrt.
Königsberg i. P., 14. Mai. Nach der „Ospr. Ztg.“ bestätigt sich die gestrige Nachricht des W. T. B.“, daß die Enthüllung des Denkmals des Herzogs Albrecht verschoben sei, nicht. Es verbleibt vielmehr bei dem früheren, auf den 19. d. M. angesetzten Termine.
Wiesbaden, 13. Mai. In der hrutigen Sitzung des Kommunal-Landtages wurde zunächst von dem Bericht der Finanz-Kommission zum Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Bezirksverbandes pro 1891/92 Kennt⸗ niß genommen, und die dazu von dieser Kommission vorgeschlagenen Resolutionen, bezüglich der Ergänzung des Reservefonds der Landesbank und der Sparkasse, bezüglich der künftigen Aufstellung einer besonderen Ueberficht über die wirklich erzielten Betriebsüberschüsse dieser beiden Geld— institute neben der in bisheriger Weise aufzustellenden Ueber⸗ sicht der Ergebnisse des Geschäftsbetriebes derselben, und drittens bezüglich der künftigen Aufstellung der Haushalte⸗ Voranschläge, angenommen.
Demnächst gelangte der Etat der ständischen allgemeinen Verwaltung pro 1391 92 mit einigen von der Finanzkommission vorgeschlagenen Aenderungen zur Annahme.
Das Gesuch des Lokal⸗Gewerbevereins zu Höhr um Er⸗ werbung der Ernst Zais schen Sammlung alter Steinzeuge ꝛc., sowie die Eingabe des Dr. Wagner zu Homburg, „betreffend den Bau einer Straßenbahn Homburg — Dornholzhausen, und das Gesuch einiger Gemeindevorstände bezüglich des Baues der Scheiderthalstraße“, wurden dem Landesausschuß zur Prüfung resp. Bescheidung überwiesen, und das Gesuch des Heinrich Theis zu Löhnberg um Erhöhung seiner Brandentschädigung abgelehnt.
Hierauf wurde der Kommunal-Landtag durch den Re—⸗ gierungs-Präsidenten von Tepper-Laski mittelst folgender Ansprache geschlossen:
Meine Herren!
Nach mebr als rierzebntägiger angestrengter Thätigkeit baben Sie alle Ihnen obliegenden Arbeiten erledigt und ich zweifle nicht, daß die von Ibnen gefaßten Beschlüsse auch diesmal zum Segen des Bezirksverbandes ausschlagen werden. Dies gilt inebesondere von der Regelung der Dierstrerbältnifse und des Dienfteinkommens der Beamten des BSezirkè verbandes, von dem beschlofsenen Reglement über die Verwendung der ju Melioratienszwecken bewilligten Mittel und die Bildung eines Meliorations-Reservefonds, von der Zustim⸗ mung zum Eintritt in Verbandlungen mit der Staatsregierung wegen Uebernahme des Musenmsgebäudes und der darin erthaltenen Samm- lungen auf den Bezirkeverband und ron den wichtigen Beschlüssen über die künftige Aufstellung und Gestaltung des Etats.
Als Signatur Ihrer diesjährigen BSerathungen möchte ich ein besonders wohlwollendes und bereitwilliges Eirgeben auf die An regungen und Ausfährnngen der Königlichen Staatsregierung und ihrer Vertreter bejeichnen, und ich kann nicht umbin, für das auch mir persönlich dadurch kewiesene Vertrauen Iknen meinen berjlichen Dank auszusprechen. Dasselbe wird für mich ein Sporn sein, die kommunalen und wirtkschaftlichen Sateressen des Bezirksverbandes nach Kräften fördern zu helfen, insoweit ich zu einer Mitwirkung dabei berufen bin.
Im Allerhöchsten Auftrage ickließe ick biermit den 25. Femmunal- Landtag des Regiernngsbejirk? Tiesbaden.
Bonn, 14. Mai. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin
Margarethe ist, wie die Köln. Ztg.“ meldet, zum Besuch
der Prinzlich schaumburg-lippeschen Herrschaften gestern aus Homburg hier eingetroffen.
Baden.
Karlsruhe, 135. Mai. Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Elisabeth von Baden ist, wie, W. T. B.“ meldet, heute früh gestorben.
Señen.
Darmstadt, 14. Mai. Die Zweite Kam mer lehnte nach der „Darmst. Itg.“ in ihrer heutigen Sitzung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die e, , , des Forstschutzes, ab und vertagte sich auf unbestimmte Zeit.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 14. Mai. Seine Hoheit der Erbprinz und und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzesfin? von Sach se n⸗Meiningen find heute hier — 8 Seine Königliche Hoheit der Herzog von Edinburg wird dem 2 B.“ zufolge heute Abend um 11 Uhr, von London kommend hier erwartet.
Reuß j. L.
Gera, 14 Mai. Seine Durchlaucht der Fürst hat wie die „Ger. Ztg.“ meldet, gestern einen , . 37. herzoglichen Hofe, in Weimar abgestattet und sich heute von dort für einige Zeit nach Schloß Thallwitz begeben.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 15. Mai. Seine Majestät der Kaiser und König ließ, wie ‚W. T. B.“ berichtet, durch den General⸗ Adjutanten Grafen Paar bei der hiesigen russischen Bot⸗ schaft wiederholt Erkundigungen über das Befinden des Großfürsten⸗Thronfolgers einziehen. Ebenso erkun⸗ digten sich mehrere Erzherzoge sowie Graf Kälnoky, Graf Taaffe und der Minister von Kallay nach dem Befinden des Thronfolgers.
Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern traf gestern hier ein und stattete dem Kaiser und den Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses Besuche ab. Der Kaiser erwiderte noch gestern den Besuch und verweilte etwa eine Stunde bei dem Prinz-⸗Regenten im Palast der Herzogin von Modena. .
Zur Beglückwünschung des Kaisers zu seinem 40 jäh⸗ rigen Jubiläum als Inhaber des 13. Bayerischen Infanterie-Regiments ist eine Depu tation von Offizieren dieses Regiments hier eingetroffen. Der Kaiser wird die Deputation heute empfangen.
Gestern empfing der Kaiser den Bürgermeister Dr. Prix in Audienz und drückte demselben seine Befriedigung über die Leitung der Gemeindeangelegenheiten aus.
Anläßlich der heutigen Eröffnung der Landesaus⸗ stellung ist der Protektor derselben, Erzherzog Karl Ludwig, mit seiner Gemahlin gestern Nachmittag in Pnrag eingetroffen. Die Bevölkerung begrüßte dieselben mit sym⸗ pathischen Zurufen. Die Minister Graf Falkenhayn, von Gautsch, Marquis Bacquehem und von Zaleski sind zur Theil⸗ nahme an der Eröffnungsfeier ebenfalls in Prag angekommen.
Im Finanzausschusse des ungarischen Unter— hauses erklärte gestern der Finanz-Minister Weckerle, die Verhandlungen über die Valutaregulirung seien im Zuge. Der Minister finde Seitens der österreichischen Regierung Entgegenkommen. Das Geldsystem könne auf der heutigen Grundlage nicht aufrecht erhalten werden, es müsse in diesem System eine wesentliche Aenderung eintreten.
Am 20. d. beginnen in Wien in den Gartenbau⸗Sälen die Verhandlungen des vierten Weltpost-Kongresses, zu dem schon mehr als 150 Theilnehmer angemeldet sind. Die „Deutsche Ztg.“ berichtet darüber: In der Rotunde im Prater wird ein Post-Museum eröffnet, zu dessen Errichtung bereits vor mehr als zwei Jahren in Folge Auftrages des Handels-Ministers Bacquehem die Vor⸗ arbeiten in Angriff genommen wurden. Dasselbe dürfte nach Schluß des Kongresses größtentheils in Räumen der Post⸗ direktion oder des Handels-Ministeriums Aufstellung finden und fortan dem Publikum, gleich dem Reichs⸗Post-⸗Museum in Berlin, zugänglich sein. Ein umfangreiches Arbeitsprogramm wird die Mitglieder des Kongresses auf die Zeit von sechs Wochen in Wien festhalten, eine Menge neuer Erleichterungen im internationalen Postverkehr werden — auch von der öster⸗ reichischen Postverwaltung — in Vorschlag gebracht werden; neuerliche Portoherabsetzungen im Geldbrief⸗, Geld⸗ anweisungs⸗ und Postpacketverkehr, endlich eine Regelung der Zeitungsabonnements⸗-Bestimmungen im internationalen Zeitungsverkehr werden zur Verhandlung kommen. Von Seiten des österreichischen Parlaments wurden 200 000 Fl. zur Deckung der Kosten bewilligt, auch vom Gemeinderath der Stadt Wien wurde dem Bürgermeister ein angemessener Betrag für einen der Hauptstadt würdigen Empfang zur Verfügung gestellt. Eine Soirée beim Handels-Minister und gemeinschaftliche Ausflüge auf den Semmering und Kahlenberg werden den , des Kongresses nach angestrengter Arbeit Erholung ringen.
Grosͤzbritannien und Irland.
Der Herzog und die Herzogin von Connaught kamen am I2. d. M. nach Beendigung ihres Ausfluges im Kanal an Bord der Königlichen Jacht „Victoria and Albert“ in Portsmouth an und begaben sich sofort nach dem Regierungs⸗ palast, in welchem der Herzog residirt.
Die Hochzeit des Prinzen Aribert von Anhalt mit der Prinzessin Luise zu Schleswig-Holstein wird, der „A. C.“ zufolge, nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, am 6., sondern am 8. Juli, Mittags um 1 Uhr, in der St. Georgs-Kapelle des Schlosses Windsor stattfinden. Der Erzbischof von Canterbury vollzieht die Trauung.
Der Londoner Gemeinderathbewilligte, wie, W. T. B.“ meldet, in seiner gestrigen Sitzung 3000 Pfund für die Vor⸗ bereitungen zum Empfange des Dentschen Kaisers bei dem erwarteten Besuch. In der Sitzung wurde ferner die Mittheilung gemacht, daß auch die Königin wahrscheinlich eingeladen werden würde, der City zu derselben Zeit wie der Deutsche Kaiser einen Besuch abzustatten.
Der Geschäftsordnungs-Ausschuß der Königlichen Arbeits kom mission a in seiner am Dienstag abgehal⸗ tenen Schlußsitzung den Beschluß, der Kommission die Bildung von drei Sektionen zu empfehlen, welche sich mit den Er⸗ mittelungen über die bedeutendsten Industrien des Landes befassen sollen. Die erste Sektion würde sich mit dem Bergwerks⸗ wesen, der Eisenindustrie, Maschinenfabrikation und dem Schiffe⸗ bauwesen, die zweite mit der Textilindustrie, den Bau⸗, Gas⸗, chemischen und verwandten Gewerben und die dritte mit dem Verkehrswesen und der Landwirthschaft zu befassen haben. Die erste Sitzung der Arbeitskommission ist für den 26. 8. M. angekündigt.
Im Unterhause erklärte gestern der Unterstaats⸗ Sekretär Fergussen auf eine bezügliche Anfrage: der mit Portugal vereinbarte modus vivendi Betreffs Afrikas sei um einen Monat verlängert worden. Der General-Post⸗ meister Raikes theilte mit, die Beförderungsdauer der mit dem ersten Dampfer der canadischen Pacificbahn überbrachten, gestern in London abgelieferten Post habe von Hongkong 35, von Shanghai 32, von Yokohama 265 Tage betragen. Die bisher über Suez beförderte Post habe von Hongkong 33, von Yokohama 15 Tage in Anspruch ge⸗ nommen.
Der in Calcutta erscheinende „Englishman“ veröffent⸗ licht in seiner Ausgabe vom 13. Mai einen Artikel aus amt—⸗ licher Quelle über die Niedermetzelung der britischen Truppen in Manipur, welcher beweist, daß es Quinton anheimgegeben war, nach seinem Belieben die Verhaftung des Senaputty vorzunehmen. Der Artikel macht darauf aufmerk⸗ sam, daß das sogenannte Dokument, dessen Uebersetzung den Zusammentritt des Durbar so lange verzögerte, die Rede des QOQber⸗Kommissars enthielt, in welcher dieser Namens der indischen Regierung die Herrschaft des Regenten anerkannte, jedoch gleichzeitig die Entfernung des Senaputty zur Bedingung stellte. Quinton habe nicht verrätherisch ge⸗
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handelt, da der Durbar keine Privatversammlung, sondern ein Tribunal sei, von welchem aus amtliche Verfügungen bekanntgegeben würden. Was die Beschuldigung anbetreffe, daß die Regierung sich unbefugterweise in die inneren Ange⸗ legenheiten von Manipur eingemischt habe, so möge die eng⸗ lische Presse bedenken, daß der Rajah selbst die Hülfe Eng⸗ lands angerufen habe.
Frankreich.
Paris, 15. Mai. Der Ministerrath beschloß laut Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung, den Antrag Delonecle und Genossen, wonach der Zollgesetz⸗ entwurf nur den Generaltarif specifiziren solle, nicht anzu⸗ nehmen, durch den Minister des Auswärtigen Ri hot jedoch erklären zu lassen, daß die Regierung in dem Minimal⸗ tarif nur den Ausdruck der Wünsche des Parlaments erblicke und sich die volle verfassungsmäßige Aktion s⸗ freiheit zur Führung von diplomatischen Verhandlungen mit den ausländischen Mächten Behufs Herstellung neuer Handelsbeziehungen vorbehalte.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung der Zolltarif-Vorlage fort. Die Sitzung wurde von einer Rede des Deputirten Raynal ganz ausgefüllt, welcher schließ⸗ lich die Hoffnung aussprach, daß die Kammer den von der Kommission beantragten Zollerhöhungen nicht zu stimmen werde. Der Deputirte Laur wünschte die Re⸗ gierung über die Mittel zu interpelliren, die räthlich erschienen, um einer Wiederkehr von finanziellen Krisen in Frankreich vorzubeugen. Die Berathung darüber wurde auf nächsten Sonnabend angesetzt.
Der General- Gouverneur von Paris, General Saussier, und der Chef des Großen Generalstabes, General de Miribel, bereiten, wie der „Nat. Itg.“ geschrieben wird, mit größter Sorgfalt die Herbstmanöver des V., VI., VII. und IX. Armee Corps vor. Diese vier Armee⸗Corps werden zwei Heere bilden, die unter den Befehlen der Generale de Galliffet und Davoust, Herzog von Auerstädt, unter der Oberleitung des General Saussier die größten Manöver ausführen werden, welche es in Frankreich je gegeben hat. Bei dieser Gelegenheit sollen auch das Lebel⸗Gewehr und das rauchlose Pulver im ausgedehntesten Maßstabe erprobt werden. Der Kriegs Minister hat auf Verlangen des Ober⸗Besehlshabers und des Chefs des Großen Generalstabes schon angeordnet, daß alle Truppen, die sich an den großen Herbstmanövern oder auch nur an den Märschen und den Lagern in den Alpen und Vogesen betheiligen werden, mit dem Lebel Gewehr, Modell 1886, ausgerüstet werden sollen. Jeder Soldat erhält 150 Pulverpatronen und jede Batterie 500 Stückpatronen mit rauchlosem Pulver.
Rußland und Polen.
Die Kaiserlich japanische Gesandtschaft in Berlin erhielt von ihrer Regierung folgende Mittheilung pe ich des Attentats auf den Großfürsten-Thron⸗ fol ger:
„Tokio, 14. Mai. Die Wunde des GroßfürstenThron⸗ folgers von Rußland stellte sich als eine ziemlich leichte heraus, man sah ihn bereits bei seiner Ankunft in Kioto auf dem Wege zum Hötel mit seinem Kammerherrn sprechen. Nach⸗ dem sich nach den ersten Hülfeleistungen ein günstiger Fon = schritt gezeigt hatte, trat fester Schlaf ein, kein Fieber zeigte sich und der Thronfolger fühlte sich besser. Der Kaiserlich japanische Prinz Kita⸗Schirakawa brach mit den Hofärzten, dem Minister des Aeußern und dem Minister des Innern nach Kioto auf. Seine Majestät der Kaiser begab sich nach Kioto, um den Thronfolger zu besuchen. Das Ereigniß verursachte große Besorgniß im japanischen Volke. Die gesammte Presse giebt einmüthig ihrem Bedauern über den Vor—⸗ gang und ihrer Erbitterung gegen den Attentäter offenen Ausdruck. Uebrigens wird bestätigt, daß der Attentäter ein Fanatiker ist. Der Kaiser kam gestern Abend 10 Uhr in Kioto an. Der russische Gesandte zu Tokio begrüßte im Namen des Großfürsten⸗Thronfolgers den Kaiser auf dem Bahnhofe. Der Kaiser hatte heute Vormittag mit dem Groß⸗ fürsten⸗Thronfolger eine Zusammenkunft.“
Wie die St. Petersburger „Nowoje Wremja“ meldet, war die japanische Zevölkerung durch den Mord⸗ anfall gegen den Großfürsten⸗Thronfolger so erbittert und , daß der Uebelthäter nahebei getödtet worden wäre, und nur durch die Polizei vor weiteren Mißhandlungen gerettet werden konnte. — Das Wiener „Fremdenblatt“ sagt in einer Besprechung des Attentats gegen den russischen Thronfolger: Der Zwischenfall sei in Wien in allen Kreisen mit Entrüstung und mit aufrichtiger Theilnahme für die Eltern aufgenommen worden, welche sicherlich um so
tiefer davon berührt sein würden, als der Großfürst Georg von der mit seinem Bruder angetretenen Weltreise bereits vor einiger Zeit aus Gesundheitsrücksichten zurüchutehren genöthigt gewesen sei. Das dem Großfürsten⸗Thronfolger in Wien gewidmete Interesse sei erhöht durch die Erinnerungen an dessen vorjährigen Besuch und durch den vortrefflichen Ein⸗ druck, den der jugendkräftige Prinz damals gemacht habe.
Man vernehme daher mit doppelter Genugthuung, daß der
peinliche Vorfall ohne ernste Folgen vorübergegangen sei, und daß sür das dem österreichischen Herrscherhause befreundete rufsische Kaiserpaar kein Anlaß sei, fich irgendwelchen Besorg⸗ nisfen über den Zustand des Sohnes hinzugeben. — Den Londoner Zeitungen ist von der dortigen japanischen Ge⸗ sandtschaft der Auszug einer amtlichen Depesche übermittelt worden, welche bestätigt, daß die Wunde des Großfürsten⸗ Thronfolgers zu Besorgnissen keine Veranlassung biete; der Schlaf des Großfürsten sei gut; Fieber bestehe nicht. Die in London ansässigen Japaner haben in einer gestern abgehaltenen Versammlung ihrer Ent⸗ rüstun über den Vorfall Ausdruck gegeben. —
Aus Rom wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß König
Humbert sich bei dem russischen Botschafter Vlangali durch den Ober -Ceremonienmeister Grafen Gianotti nach dem Befinden des Großfürsten⸗Thronfolgers erkundigen ließ.
Italien.
Der Minister-Präsident Marchese di Rudini hat gestern in der Deputirtenkammer bei der Berathung des Budgets des Auswärtigen eine Rede gehalten, in welcher er sich über die auswärtige Politik Italiens, den Dreibund, die Affaire von New⸗Orleans und die Handelspolitik äußerte. Dem, W. T. B.“
zufolge erklärte der Minister-⸗Präsident: Der Dreibund habe die Erhaltung des europäischen Gleichgewichts und Friedens im Auge. Man dürfe die auswärtige Politik eines großen Landes nicht all zu oft erörtern. (Zustimmung.) Eine Allianz werde nicht nach einer augenblicklichen Laune und von einem Augenblick zum andern zu Stande gebracht oder erneuert, eine große Nation müsse einer konstanten Richtung folgen, um die Früchte ihrer 3 ernten zu können. Den Ereignissen in New-Orleans solle man nicht eine übertriebene Bedeutung beilegen und die wesentlich juridische Frage nicht zu einer Frage der nationalen Würde stempeln. Der Rück— tritt des Gesandten de Fava sei ein Protest gegen das Verhalten der Unionsregierung gewesen. Die Frage scheine jetzt in eine neue Phase zu treten, da die gerichtliche Verfol⸗ gung gegen die Lyncher eingeleitet sei. Er könne bis jetzt nicht sagen, inwieweit die Verfolgung ernst zu nehmen fei. , stehe in dieser Frage auf Seiten Italiens. Die Abberufung des Konsuls in New-⸗Orleans sei erfoigt, weil die Regierung eingehende Informationen zu erhalten wünsche. Alsdann hob Rudini hervor: Er bleibe der Politik der Handelsverträge treu und werde sein Möglichstes thun, um solche im Interesse der Volkswirthschaft muͤt den benach⸗ barten Mächten abzuschließen. Die Frage der italienischen Schulen im Auslande wolle er jetzt nicht behandeln, wiewohl er mit Bedauern erklären müsse, daß er die im Interesse des Gleichgewichts des Budgets beantragten Kreditforderungen reduzirt habe. (Lebhafte Zustimmung.) Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen.
Die Kommission für die Untersuchung der Vor— gänge in Massovah soll, wie die „Pol. Corr.“ erfährt, auf der Rundreise im Gebiet der erythräischen Kolonie überall recht befriedigende Eindrücke empfangen haben. Die Mitglieder der Kommission neigen nach den von ihnen ge— machten Wahrnehmungen zu der Ansicht, daß der vielerörterte Plan der Ansiedelung von Ackerbau⸗Kolonien sich verwirklichen ließe. Im Tigrégebiet seien inzwischen unter den hervor— ragenden Stammesfürsten neue Kämpfe ausgebrochen.
Schweiz.
Der Bundes rath hat, wie man der „Köln. Ztg.“ meldet, die Kantonsregierungen, deren Bevölkerung die von ihren Großräthen berathenen Einführungsgesetze zu dem Bundes⸗ gesetz, betreffend Schul dhetreibung und Konkurs, ver— worfen haben, ersucht, sofort zu berichten, wie sie demselben Anerkennung zu verschaffen gedenken.
Belgien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer sprach Janson dem Bestreben der Regierung und der Centralsektion, die Frage der Verfassungsrevision nach allen Seiten hin zu beleuchten, ingleichen den Maßnahmen der Regierung zur Aufrechterhallung der Ordnung die vollste Anerkennung aus. Gleichzeitig beschwor er aber die Regierung und das Parlament, eine Eiklärung dahin abzugeben, daß die Kammer gewillt sei, die Frage der Verfassungsrevision demnächst zu berathen, damit dem Aus—⸗ stande, welcher durch ein Mißverständuiß hervorgerufen worden sei, ein Ende gemacht werde. Der JustizMinister Lejeune erwiderte: die Haltung der Regierung in der Frage der Ver⸗ fassungsrevision sei stets eine korrekte gewesen; jede weitere Erklärung könne daher nur neue Mißverständnisse hervor⸗ rufen. Eine weitere Folge wurde dem Zwischenfall nicht gegeben.
Griechenland. Die Königliche Familie ist nach zehntägiger Abwesen— heit wieder nach Athen zurückgekehrt.
In der Hauptstadt eingegangenen Nachrichten aus Corfu zufolge ist die Lage dort unverändert; unter der christlichen Bevölkerung herrsche große Erregtheit, das Juden viertel sei noch immer cernirt. Es sollen abermals zwei Juden ge⸗ tödtet worden sein. Von Athen ist gestern ein Kriegsschiff nach der Insel abgeschickt worden. — Eine Meldung der Turiner „Gazetta Piemontese“ aus Torfu berichtet von neuerdings erfolgten Ueberfällen und Verwundungen von dortigen Juden, wobei zwei Häuser in Brand gesteckt worden seien. Die Aufregung gegen die Juden werde namentlich von dem orthodoxen Klerus geschürt. — In Wien eingelaufene Privatmeldungen aus Corfu bestätigen, daß zwei Häuser eingeäschert worden sind und wollen wissen, daß sogar neun Personen getödtet worden seien. Der Belagerungs⸗ zustand sei verhängt und der Statthalter und der Bürgermeister wegen ihrer unentschiedenen Haltung abgesetzt worden. — Der „Pol. Corr.“ zufolge beschäftigt die Fortdauer der Zustände in Corfu und Zante die ernste Aufmerksamkeit mehrerer Kabinette. Anlangend die humanitäre Seite gelte in der diplomatischen Welt in erster Linie England zur Wortführung berufen, weil die jonischen Inseln ein Geschenk Englands seien: einige andere Mächte hätten ihre Staats— angehörigen und zugleich ihre Handelsinteressen zu schützen. Griechenland scheine nunmehr energische Maßnahmen zu er⸗ greifen, von deren Wirksamkeit das weitere Verhalten der Mächte abhängen werde.
Bulgarien.
Sof ig, 14. Mai. In der Note, mit welcher die bul— garische Regierung die Beschwerde Rußlands wegen Ausweisung zweier russischer Unterthanen beantwortet hat, heißt es, dem „W. T. B.“ zufolge, ein Individuum sei wegen wiederholter agitatorischer Handlungen im März 1887, ein anderes wegen Aufreizung der Bevölkerung gegen die Landesbehörden ausgewiesen werden. Nach den traurigen Exeignissen der letzten Jahre, namentlich aber nach dem Attentat auf. Beltschew, werde sicherlich Niemand die Gesetzmäßigkeit dieser im Interesse der Ordnung getroffenen Maßnahmen bestreiten. Die russischen Unterthanen würden in Bulgarien immer den gastfreundlichsten Empfang finden.
Schweden und Norwegen.
(E) Stockholm, 12. Mai. In einem heute abgehaltenen Staats conseil hat der König, wie die „Post och Inr.⸗ Tidn.“ meldet, auf einstimmigen Vorschlag des Staatsraths beschlossen, die von dem Reichstage angenommene Aenderung des Wahlgesetzes, betreffend die Fixirung der Zahl der Abgeordneten der Zweiten Kammer, nicht zu sanktioniren.
Die „Post⸗ och Inr. Tidn.“ bringt folgende von 35 Mit⸗ gliedern der Ersten Kammer unterzeichnete Erklärung: „Am 3. d. M. hielten Mitglieder der Ersten Kammer eine private Versammlung ab, in welcher kein Sekretär oder Kanzlist an⸗ wesend war, ein Protokoll also nicht geführt wurde, und die Verhandlungen, welche vor geschlossenen
Thüren stattfanden, von einem für den Fall gewählten Vorsitzenden geleitet wurden. In dieser Versammlung wurde vom Freiherrn Gustaf Akerhielm, Vertreter des Läns Stockholm“ in seiner Eigenschaft als Kammermitglied eine Aeußerung an seine „Kameraden“ gerichtet. In dieser Aeuße⸗ rung kam nichts vor, das nach unserer Auffassung eine Drohung gegen Norwegen und die Norweger enthält.“ — Im „Christiania Morgenblad“ veröffentlicht der Storthings⸗ abgeordnete Anker folgende Erklärung des Staats—⸗ Ministers Akerhiel m: Durch die Sensations⸗ telegramme und übrigen Mittheilungen, die sowohl in den schwedischen wie in den norwegischen Zeitungen sichtbar geworden sind bezüglich meiner Auslassung in einer pri⸗ vaten Versammlung vor geschlossenen Thüren von mehreren Mitgliedern der Ersten Kammer, an der ich als solches theil⸗
nahm, werde ich zu erklären veranlaßt: Ich habe nie im
Entferntesten daran gedacht oder daran denken können, einen Haß gegen das Bruderreich oder andere Länder auch nur anzudeuten. Noch weniger habe ich die Möglichkeit angedeutet, an die Macht der Waffen appelliren zu wollen. Ich kann nicht zugeben, daß meine Worte nachweislich solche Deutung veranlassen könnten; sie gaben vielmehr ausdrücklich an, daß der vorgelegte Entwurf nur eine verstärkte Vertheidigung der eigenen Landesgrenzen bezwecke. Da mir besonders die Worte: „Bekommen wir erst die neunzig Tage, dann wer— den wir schwedisch mit den Norwegern sprechen“ zu⸗ geschrieben werden, so erkläre ich diese entstellte Darstellung die meiner ganzen Aeußerung eine so verächtliche Bedeutung und Absicht zu verleihen geeignet ist, für durchaus unrichtig. Ich vermeine, daß meine Rathschläge als Staats-Minister eine hinlänglich deutliche Sprache bezüglich meiner unionsfreundlichen Gesinnung reden. Der neulich vom schwedischen Reichstage gefaßte Beschluß beweist auch deutlich, daß meine Worte in dieser Frage von Bedeutung sind. Ich freue mich, daß meine diesbezüglichen Ansichten nicht gegen meine Gefühle als Schwede und meine Pflichten als öffentlicher Mann zu streiten brauchen.“ Nach „Dagens Nyheter“ haben sich sämmtliche übrigen Minister mit ihrem Chef füc solidarisch erklärt, sodaß von seinem Rücktritt jetzt keine Rede mehr sein könne.
Gegen die Amtsführung des Marine-Ministers hatte der Abg. Hedin eine Bemerkung gemacht, die aber vom Konstitutionsausschusse als so unwesentlich bezeichnet wurde, daß keine Maßnahme des Reichstages aus diesem Anlaß zu ergreifen sei. Die Erste Kammer legte denn auch die „Bemerkung“ zu den Akten; in der Zweiten Kam mer aab sie dagegen zu einem lebhaften Meinungsaustausch Anlaß. Abg. Ljungman war der Ansicht, daß der Marine-Minister gegen die Bestimmungen der Verfassung einen Verstoß begangen habe und daß die Kammer, unter Zurückweisung der Gründe des Konstitutionsausschusses, die „Bemerkung“ als solche aufrecht erhalte. General-Major Ryding trat mit Entschiedenheit den erhobenen Anschuldigungen entgegen und verlangte besonders die Streichung eines Satzes in der „Be⸗ merkung“, der für die ganze Armee beleidigend sei. Er erklärte: so lange er Kriegs⸗Minister gewesen sei, habe er sich weder höchsten Orts, noch durch Hofdienst oder adlige Geburt beeinflussen lassen. Die Kammer nahm schließlich den Antrag des Abg. Liungman mit 114 gegen 96 Stimmen an.
Die Erste Kammer hat ihre Zustimmung zu dem Be— schluß der Zweiten Kammer verweigert, die Regierung um die Einführung des Zonentarifs auf den Staatseisen— bahnen zu ersuchen. Beide Kammern stellten wie früher einen Kredit von 1500000 Kronen und einen solchen von 3 000 000 Kronen zur Disposition des Königs während der Vertagung des Reichstages.
Ein Antrag des Abg. Gustafsson, betreffend die Erhebung einer progressiven Erbschaftssteuer, wurde von beiden Kammern abgelehnt. Bezüglich eines Antrages, betreffend die Einführung einer progressiven Wehrsteuer für alle Ein⸗ kommen von über Kronen zu Gunsten der Landes⸗ vertheidigung, beschloß die Erste Kammer die Ab⸗ lehnung, während die Zweite Kammer den Antrag der Regierung zur erneuten Prüfung überwies.
Nachdem die ordentlichen Staatseinnahmen und die Bewilligungen für das Jahr 1892 vom Reichs⸗ tage festgestellt sind, berechnet der Staats-Ausschuß die Gesammt⸗ Einnahmen auf 97007 000 Kronen gegen 94950000 Kronen für das Jahr 1891. In Einnahme sind gestellt: 5887 000 Kronen Ueberschüsse aus früheren Jahren, 1850 000 Kronen aus dem vorjährigen Ueberschuß der Reichabank, ordentliche Einnahmen 20490 000 Kronen und Bewilligungen 68 80 000 Kronen. Von letzteren entfallen auf: Zölle 33 000 000 Kronen (wie für dieses Jahr), Postverwaltung 7700000 Kronen (gegen 7380000 Kronen in diesem Jahr), Abgaben von besonderen Berechtigungen (Handelsreisende, Schaustellungen, Künstler ꝛc) 380 000 Kronen (gegen 350 000 Kronen in diesem Jahre), Stempelsteuer 3 600 000 Kronen (wie für dieses a Branntweinsteuer 13 700 000 Kronen (wie für dieses Jahr), Rübenzuckersteuer 1 600 000 Kronen (gegen 650 000 Kronen in diesem Jahr). Die ordentlichen Ausgaben sind berechnet zu 69 191 311 Kronen und die außerordentlichen Ausgaben zu 16406389 Kronen, davon zum Bau der nördlichen Staats⸗ . und zur Anschaffung von Eisenbahnmaterial 6 023 000
ronen.
Durch Königliche Verfügung wird bestimmt, daß die bereits für dieses Jahr befohlenen Felddienstübungen der Offi— iere aller Waffengattungen und besonders die der
ffiziere der Kavallerie sowie die Felddienstübungen der Truppen aller Waffengattungen nicht stattfinden sollen. Dagegen sollen die eingetheilte Kavallerie und die eingeiheilte Infanterie im Regimentsverbande resp. 234 und 22:tägige Uebungen abhalten. Dänemark.
(E) Kopenhagen, 13. Mai. Die Zölle, die Brannt⸗ weinsteuer, die Schiffsabgaben und die Kriegssteuer ergaben im Finanzjahre 1899ñ91 nach Abzug der Restitutionen eine Einnahme von 30 646 5566 Kronen oder 248 049 Kronen mehr als im vorigen Fin ahr In der zweiten Hälfte des Jahres 1890 waren 95 Brennereien gegen 104 im Vorjahre in Betrieb und betrug die Reineinnahme aus der Brannt— weinsteuer 1206411 Kronen gegen 1215795 Kronen im Jahre 1889.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Der Marine⸗Minister Tracy, welcher sich gegenwärtig besuchsweise in Binghampton im Staat New-⸗HJock aufhält, erklärte im Laufe eines Interviews, daß der Kreüger „Charleston“ den bestimmten Befehl habe, den chilenischen Dampfer „Itata“, wo immer er ihm auf hoher See begegnen möge, unter allen Umständen zu kapern
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und es selbst auf einen Kampf mit der „Esmeralda“ ankommen zu lassen, welcher, wie er glaube, der „Charleston“ und die anderen amerikanischen Kreuzer im Pacific vollkommen gewachsen seien. Der Minister meinte, die Vereinigten Staaten hätten die strikteste Neutralität beob⸗ achtet, indem sie die Lieferung der Waffen an die chilenischen Insurgenten nicht gestatteten, und die „Itata“ müsse für den von ihr begangenen Bruch des internationalen Rechts die Folgen auf sich nehmen.
Aus New⸗Orleans vom 13. Mai meldet ein Telegramm des R. B.“: Der italienische Konsul Sgr. Corte, welcher heute oder morgen nach Rom abzureisen gedenkt, hat. von der Großjury die folgende Antwort auf seine Kritik ihres Berichts uber die Ermordung Hennessey's und das später an den italienischen Gefangenen verübte Lynchgericht erhalten: „Geehrter Herr! Die Großjury hat Ihre Mittheilung vom 6. d. M. empfangen. Die Körperschaft findet, daß der Ton Ihres Schreibens unvereinbar mit der Würde der Großjury ist, und sendet deshalb das Dokument ohne weiteren Kommentar an Sie zurück.“ ;
Argentinien. Wie „W. T. B.“ aus Buenos Aires von gestern meldet, hat der Senat die von der Deputirten—⸗ kammer genehmigte Vorlage, betreffend die Einleitung einer Enguste über die Lage der Banken, abgelehnt.
Asien.
China. Das „Reuter'sche Bureau“ erhielt aus Shanghai weitere Nachrichten über die Ruhestörungen in Wuhu. Danach steckten die Chinesen nach der Zerstörung der katholischen Mission die Wohnhäuser der Zollbeamten in Brand und plünderten und zerstörten das englische Konsulat. Dem englischen Konsul und den in dessen Wohnung befind⸗ lichen Frauen gelang es, zu entkommen; der Konsul soll indeß verwundet sein. Die Meldung schließt: die Ruhe sei in Wuhu wiederhergestellt.
Afrika.
San sibar. Der britische Kommissar für Nord⸗ Sambesia hat sich am 12. Mai in Sansibar an Bord des Kriegsschiffes, Mariner“ nach Mozambique eingeschifft.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Wildschadengesetzes in der vom Herrenhause beschlossenen Fassung wieder zugegangen.
Kunst und Wissenschaft.
4 Die piece de résistance der gestern im Kunst⸗Auktions—⸗ Hause von Rudolf Lepke abgehaltenen Verstei gerung, in der neben einer Reihe von nicht unbedeutenden modernen Bildern besonders der französischen Schule auch ein veritabler“ Velazquez figurirte, welcher die bezeichnende Fußnote im Katalog aufwies: „Schönes Bild, doch vielleicht von anderer Hand“, und der dementsprechend um 81 S von einem Glück— lichen erstanden wurde, bildeten 14 Sepiafederzeichnungen des als Sittenschilderer der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts hochgeschätzten „graveur du cabinet du Rois, Jean-Michel Moreau le jeune (1741 bis 1814). Die durch eine entzückende Frische und Eleganz ausgezeichneten Blätter sind als Vorlagen für das Kupferstichwerk von Retif de la Bretonne „Monument du costume Physique et Moral de la fin du Dixchuitiüme siecle“ vom Künstler im Jahre 1775 entworfen und stellen folgende durch die Stiche Helman's Guttenh rg's u. A. bekannte Scenen dieses für die Kultur— und Kostümgeschichte Frankreichs überaus werthvollen Werkes dar: „le lever, la toilette, les confidenees, la promenade du soir, déclaration de la grossesse, les précautions, l'aceord parfait, la rencontre au bois de Boulogne, la dame du Palais de la Reine, le pari gagné, la partie de Wisch, le vrai bonheur und zwei andere Gegenstände, die sich in der genannten Suite nicht identifiziren lassen. Diese vierzehn Zeichnungen errangen nach einer aufregenden Steigerung, an der sich besonders die be⸗ kannten Pariser Kunsthändler Danlos und Morgand betheiligten, den berechtigtes Aufsehen erregenden Preis von 109 500 6 Man muß mit den Verhältnissen des Pariser Kunstmarkts, an welchem Finanzgrößen wie die Rothschild's zu den Habitus gehören, vertraut sein, um zu begreifen, daß der Käufer, der Pariser Buchhändler Damascene Morgand, zugleich der Ver⸗ leger des luxuriöz ausgestatteten Catalogue raisonné des Kupferstichwerks von J. M. Moreau (Paris 1882), keines⸗ wegs unüberlegt, sondern mit nüchterner Berechnung gehandelt hat. Unsere Berliner Kunst⸗ und Sammlerwelt freilich steht derartigen Ereignissen erstaunt gegenüber. Sind doch selbst unsere Staatssammlungen bei ihrem Etat außer Stande, an solchen Versteigerungen sich zu betheiligen, obwohl der Besitz einer derartigen Folge in der That keine Chimäre, sondern wohl geeignet wäre, den Bestand der öffentlichen Zeichnungssammlung in erwünschter Weise zu vervollständigen. Leider ist über die Herkunft der Blätter, welche nach dem Auktionskataloge aus „vornehmem süddeutschen Besitze“ stammen sollen, nichts Bestimmteres zu erfahren, wodurch ihre Echtheit, welche freilich durch ihre künstlerische Qualität ziemlich ge⸗ sichert erscheint, jedem Zweifel entrückt wird.
4 Vom Kaiserlichen archäologischen Institut ver⸗ anstaltet, hat unter persönlicher Leitung des ersten Sekretärs in Athen Hrn. Dörpfeld kürzlich wieder eine Studien⸗ reise durch den Peloponnes stattgefunden, mit vierund⸗ zwanzig Theilnehmern außer dem Leiter: zwölf deutsche Ge⸗ lehrte und Künstler, zwei österreichische, ein schweizer und drei russische Stipendiaten, von der amerikanischen archäologischen Schule in Athen vier und von der dortigen englischen archäo⸗ logischen Schule zwei Mitglieder. Man war vierzehn Tage bis nach Olympia, wo die Gesellschast sich trennte, unterwegs. Am 9. April wurde von Athen aufgebrochen und über Korinth, Nauplia erreicht. Der folgende Tag war den Ruinen von Tiryns und Argos, der dritte Mykenai gewidmet, wo unter Leitung des Herrn Tsundas kürzlich der Eingang eines Kuppelgrabs neu freigelegt war. Am vierten Tage wurde Epidauros, wo neuerlich ein kleines römisches Theater ausgegraben war, besichtigt. Von da machte man an den nächsten Tagen den Weg über Mantinea und Tegen nach Megalopolis und nahm dort gemeinsam mit mehreren an⸗ wesenden Mitgliedern der englischen Schule die Ausgrabungen am Theater in Augenschein. Am achten und neunten Tage ritt die Gesellschaft nach Lykosura und Phigalia und erreichte am zehnten Tage über Lepreon, wo man neu aufgedeckt die Reste eines Tempels sah, nach Olympia. Hier erläuterte Hr. Dörpfeld vier Tage lang die durch die Ausgrabungen des Deutschen Reichs ans Licht gebrachten Denkmäler.