1891 / 116 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Schrader, Pr. Lt. vom Gren. Regt. König Friedrich J. (4. Ost - preuß.) Nr. 5, als halbinvalide mit Pension ausgeschieden und zu den Offijn. der Landw. Inf. 2. Aufgebots übergetreten. Henning, Hauptm. und Comp. Cbef vom Inf. Regt. von der Marwitz (s. Pomm.) Nr. 61, als Major mit Pension nebst Aussicht auf An⸗ stellung im Givildienst und der Regtg. Unif, v. Aigner, Gen. Major und Commandeur der 71. Inf. Brig, mit Pension, v. Platen, Oberst und Commandeur des Gren. Regts. König Friedrich J. (J. Ostpreuß) Nr. 5, mit Pens. und der Regts. üÜnif,, Ablemann, Sec. Lt. vom Westfäl. Jäger⸗Bataillon Rr. 7, Wevers, Hauptm. und Comp. Chef vom Fuß— Art. Regt. von Linger (Ostpreuß) Nr. 1, mit Pension und der Uniform des Westfäl. Fuß Art. Regts. Nr. 7, der Abschied be⸗ willigt. Dannehl, Sec. Lt. vom Niederschles. Fuß Art. Regt. Nr. 5, ausgeschieden und zu den Reserve⸗Offizieren des Regiments übergetreten. v. Reinbrecht, Oberst ⸗Lt. von der 1. Ingen. Insp. und Ingen. Offizier vom Platz in Friedrichzort, in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs, mit Pension und der Erlaubniß jum Tragen feiner biäherigen Uniform zur Disp. gestellt. Ulrich J, Hauptm. von der 3. Ingen. Insp., als Major mit Pension und der Uniform des Bad. Pion. Bats. Nr. 14, Geisler, Hauptm. vom Hannov. Pion. Bat. Nr. 10, als Major mit Pension nebst Aussicht auf An⸗ stellung im Civildienst und der Uniform des Pion. Bats, von Rauch (Brandenburg. Nr. 3, Wiener, Hauptm. und Comp. Chef vom Pion. Bat. Nr. 15, mit Pension nebst Aussicht auf An⸗ flellung im Civildienst und seiner bisherigen Uniform, der Abschied bewilligt. Frhr. v. Wrede, Port. Fähnr. vom Inf. Regt. Herwarth von Bittenfeld (1. Westfäl) Nr. 13, zur Reserve entlassen.

In der Gendarmerie. Neues Palais, 16. Mai. Neu⸗ hof, Oberst⸗Lt. von der 10. Gendarmerie ⸗Brig., mit Pension nebst Ausficht auf Anstellung im Civildienst und der Armee Uniform der Aᷓschied bewilligt. Frhr. v. Rechenberg, Hauptm. von der 10. Gend. Brig, mit Pension und der Uniform des Brandenburg. Jäger ⸗Bats. Nr. 3 der Abschied bewilligt. Den pensionirten Ober⸗ Wachtmeistern: Napp, bisher in der 2., Dzelski, bisher in der 3. Noack, bisher in der 3, Nadeborn, bisher in der 11. Gen— darmerie⸗Brig., der Charakter als Sec. Lt. verliehen.

Evangelische Mili tär⸗Geistliche.

Durch Allerhöchste Kabinets ⸗Ordre. Neues Palais, 3. Mai. D. Frommel, Hofprediger und Garnison⸗Pfarrer von Berlin, mit dem Charakter als Militär -⸗Ober⸗Pfarrer, unter gleich⸗ zeitiger Belassung in seiner Stellung als Garnison Pfarrer von Berlin, die etatsmäßige Stelle eines Militär ⸗Ober⸗Pfarrers beim Garde ⸗Corps und beim III. Armee⸗Corps mit einem Dienstalter als solcher vom 12. August 1889 verliehen.

Nr. 20 des ‚„Centralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, hat folgenden Inhalt; Gutachten und Berichte: Entwurf zum Kesselhause nebst Schornstein für die Heiz⸗, Beleuchtungs⸗ und Druckwasser⸗Anlage des neuen Central-Personen⸗Babnhofs in Köln. Nichtamtliches: Bau des Nord⸗Ostsee⸗Kanals. Das Geleise, das Gleise, das Geleis oder das Gleis? Akustische Verhält⸗ nisse einiger römischen Kirchen. Abendländische Klosteranlage des früheren Mittelalters. Vermischtes: Preisbewerbung um eine Kirche für die evangelische Lucas-⸗Parochie in Dresden. Preis- bewerbung um eine evangelische Kirche in Gießen. 17. Haupt versammlung des deutschen Geometervereins. Heizungs- und Lüftungsversuche mit eisernen Mantelöfen. Einsturz einer Straßen brücke in Oesterreich. J. K. Skalweit *.

Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.

(962. ) Der Vorstand einer Baugewverks⸗Berufsgenossenschaft hatte aus Anlaß des Ueberganges der Selbstversicherungen von der Versicherungsanstalt auf die Berufsgenossenschaft (zu vergleichen ‚Amt⸗ liche Nachrichten des R. V. -A.“ 1891 Seite 191) angefragt, ob die Entschädigungsansprüche, welche aus Unfällen von Selbstversicherern vor dem Zeispunkte des Ueberganges herrühren, auch in Zukunft durch die Versicherungsanstalt oder durch die Berussgenossenschaft zu be⸗ friedigen seien. Das Reichs ⸗Versicherungsamt hat sich in einem Bescheide vom 23. März 1891 für die erstere Alternative aus⸗ gesprochen. Mit dem nach §5. 21 Lit. a, 23 und 24 des Bau⸗ unfall versicherungsgesetzes für die Versicherurgsanstalten geltenden Kapitaldeckungsrerfahren ist eine Bemessung der Prämien verbunden, welche der Versicherungsanstalt für die dauernde Belastung, die ihr aus den zur Feststellung gelangenden Renten vorauctsichtlich erwachsen wird, entsprechende Deckung gewährleistet. Die Versicherungsanstalt hat somit in den Prämien der Selbstversicherer aus den früheren Jahren den Gegenwerth für die durch wpfälle solcher Personen in diesen Jahren entstandenen Rentenlasten erhalten und kann sich des⸗ halb der Verpflichtung zur Weiterzahlung dieser Renten nach dem Uebergange der Selbstversicherungen auf die Berufsgenossenschaft nicht entziehen.

(963.) Ein Gutebesitzer betreibt die Landwirthschaft auf einer

Bodenfläche von 156 ha, wovon 101 ha zu dem Gebiet des Bundes staates A und 55 ha zu dem Gebiet des Bundesstagtes B gehören. Für den landwirthschaftlichen Betrieb der einzelnen Grundstücke sind gemeinsame Wirthschaftsgebäude vorhanden. Dieselben liegen auf der Grenze der genannten Stgaten dergestalt, daß die Stallungen, die Vorrathträume und das Wohngebäude je zu etwa gleichen Theilen einem jeden Gebiet zufallen. Der Unternehmer, welcher die Unterthaneneigenschaft für beide Staaten besitzt, ift bisher von beiden betheiligten landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften zu Beiträgen herangejogen worden. Das Reichs ⸗Versicherungs amt hat durch Bescheid vom 20. April 1891 auf den Antrag des Unter⸗ nehmers dessen landwirthschaftlichen Betrieb gemäß S§5§. 38, 96, 96, 101 Absatz 2 und 44 des landwirthschaftlichen Unfall versicherungs⸗ gesetzes der landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft des Staates A zugewiesen und diese Entscheidung in folgender Weise begründet. Nach 8. 44 Absatz 2 a. a. O. ist die Gesammtheit der Grundstücke des Unternehmeis im Sinne des Gesetzes als ein einziger Betrieb zu behan⸗ deln. Als Sitz dieses Betriebes, der sich über die Bezirke mehrerer Ge⸗ meinden erstrtckt würde nach der vorgedachten Bestimmung diejenige Gemeinde anjusehen sein, in deren Bezirk die gemeinsamen Wirth— schaftsgebäude oder wenigstens diejenigen von ihnen, welche den wirth⸗ schaftlichen , ,, des Betriebes dienen, belegen sind. Da jedoch die Grenze der Staaten A und B die Wirthschafte gebäude derart durchschneidet, daß dieselben nach ihrem Umfange und ihrer Bedeutung für die Wirthschaft vorwiegend weder dem einen noch dem anderen Staatsgebiete angehören, so ist es nicht an gängig, den Sitz des Betriebes nach dem Grundsatze des anQ— geführten s. 44 Absatz 2 zu bestimmen. Cbensowenig haben sich die Betheiligten über einen Betriebssitz nach Maßgabe des Schluß—⸗ satzes des Absgtzes 2 geeintgt. Unter diefen Umstäͤnden, und da der gegenwärtige Zustand weder dem Gesetz noch der Billigkeit entspricht, hai das Reichs. Versicherungs amt den Ünternehmer derjenigen Berufs— genossenschaft als Mitglied zugewiesen, in deren Bezick der weitaut ', e. Theil seiner Grundftüddhe liegt. Hierbei ist in Ermange⸗ ung anderer ausschlaggebender Momente der Gesichtspunkt heran⸗ gero gen worden, nach welchem das Gesetz im 5. 4 Äbsaß 3 die Frage Betreffs des Sitzes forstwirthschaftlicher Betriebe, die sich über den Bezirk mehrerer Gemeinden erstrecken, geregelt hat.

Statistik und Volkswirthschaft. Alters⸗ und Invalidenversicherung.

Im Regierungsbezirt Minden macht sich in d völk ein günstiger Umschwung in der Ansicht d. vin e fin ern,

Gesetzes über die Alters- und Invaliditäts⸗Versicherung bemerkbar. Hierzu hat wesentlich der Umstand beigetragen, daß bereits eine nicht unerhebliche Zahl Arbeiter in den Genuß der Altersrente eingetreten ist.

Auch aus dem Regierungsbezirk Frankfurt wird gemeldet, daß sich das Verständniß und das Interesse der arbeitenden Klasse fuͤr die Alters und Invalidenversicherung merklich zu heben beginnt, nachdem eine beträchtliche Anzahl von Renten zur Feststellung gelangt ist. Das Gesetz läßt sich in der Praxis viel leichter handhaben, als dies vielfach vorher angenommen wurde.

Zur Lage der Textilindustrie. ;

Die rückläufige Bewegung in der Tuchindu strie des Regierungtz betirks Aachen hat auch in den letzten Monaten angehalten. Die wesentliche Ursache dieses Rückganges ist wohl in der Ueberprodultion der letzten Jahre zu suchen, welche sich insbesondere auf die Herstellung möglichst billiger Stoffe warf, um durch massenbafte Produktion ge⸗ ringer Waaren die Billigkeit des Preises auszugleichen; denn beson⸗ ders die Produzenten dieser billigen Waare haben jetzt mit Schwierig . . ämpfen, während der Absatz besserer Waare sich leichter volljieht.

Die Nachrichten über die Hausweberei in den niederrheinischen Kreisen sind wiederum verschieden, indem aus den Kreisen Erkelenz und insbesondere Geilenkirchen verlautet, daß die Hausweberei gänzlich darniederliege und die Weber sich andern Beschäftigungen zugewandt haben, während aus dem Kreise Heinsberg gemeldet wird, daß die Sammetweber, wenn auch mit geringem Verdienst, doch volle Be⸗ schäftigung baben. .

In der Seidenfabrikation hat das abgelaufene Vierteljahr im Regierungsbezirk Minden den weiteren Rückgang der Rohseidenpreise um nahezu 8 oso zu verzeichnen. Die Verkaufspreise nicht allein für die auf den Stühlen befindlichen oder vorräthigen Stoffe, sondern auch die Preise für weitere Lieferungsabschlüsse sind sehr herabgedrückt. Ob es besonders im Plüschgeschäft möglich sein wird, ohne die ganz fehlenden amerikanischen Aufträge den Betrieb im bisherigen Umfange aufrecht zu erhalten, ist noch un⸗ entschieden. Bisher haben größere Arbeiterentlassungen nicht statt⸗ g. da große Anstrengungen gemacht wurden, solche zu ver⸗ meiden.

Antisozialdemokratischer Verein. Im Kreise Wetzlar hat sich zur Bekämpfung der sozial⸗ demokratischen Bestrebungen unter dem Namen „Deutscher Volka⸗ verein für den Kreis Wetzlar‘ ein bereits mehrere Hundert Mitglieder zählender, den ganzen Kreis durch Ortsvereine und Männer jeden Berufs und jeder sozialen Stellung ohne Rücksicht auf

politische Parteistellung und Konfession umfassender Verein gebildet, welcher die vorbezeichnete Aufgabe nach seinen Satzungen auf dem Wege regelmäßiger Versammlungen,

anspruchsloser Vorträge, Besprechungen und harmloser Vergnügungen, sowie durch Verbreitung geeigneter Schriften zu lösen gedenkt. Die Bewerbetreibenden scheinen dem Unternehmen günstig gegenüber zu stehen und demselben die notbwendige finanzielle Unterlage sichern zu wollen. Die groͤßte Mitgliederzahl gehört dem Arbeiterstande an. Die Vertheilung der Schriften, welche bereits begonnen hat, wird hauptsächlich durch die Arbeiter bewirkt.

Land⸗ und Forfstwirthschaft.

Stand der Saaten.

Im Regierungsbeiirk Frankfurt haben die Wintersaaten fast überall durch Frost und Mäusefraß gelitten, und wenn die Witte⸗ rung nicht andauernd günstig bleibt, duͤrfte kaum auf eine Mittelernte zu rechnen sein. Der Strohertrag wird zweifellos hinter einer solchen zurückbleiben. Auch für die Sommerung gestalten sich die Aussichten nicht sehr günstig, da in . der kalten, mit reichlichen Niederschlägen verbunde⸗ nen Witterung die Bestellung ungemein erschwert und verzögert worden ist. Die Niederungen sind überdies theils vollständig überschwemmt, theils so stark von Grundwasser beimgesucht, daß nur an einzelnen hochgelegenen Stellen mit den Frübjahrsarbeiten vorgegangen werden konnte. Klee, Raps und Rübsen sind größtentheils etwas besser durch den Winter gekommen, aber sie haben ebenfalls durch Kälte und Mun ff ß gelitten.

uch im Regierungsbezirk Münfter ist der Stand der Saaten zur Zeit kein erfreulicher. Namentlich hat der Weizen auf dem niedrig belegenen Boden sebr gelitten, sodaß vielfach zum Frühjahr eine neue Bestellung mit Sommerfrucht in Aussicht genommen werden mußte. Ebenso steht der Roggen auf dem schweren Boden schlecht, während derselbe auf dem höher belegenen Saadboden ein ziemlich befriedigendes Aussehen gewährt. . Die ungünstigen Witterungsverhältnisse während des verflossenen Winters sind auch im Regierungsbezirk Minden für die Winter saaten sebr nachtheilig gewesen. Starke Nachtfröste mit darauf fol gendem Thauwetter während des Tages haben namentlich der Rozgen⸗ saat sehr geschadet, sodaß viele Felder wieder umgeackert und mit Sommerfrucht bestellt werden mußten. Zum Theil wird der schlechte Saatenstand des Roggens auch auf die mangel⸗ bafte Reife des im vorigen Herbst verwandten Sgat—⸗ gutes zurückgeführt. Der Weizen ist zwar im All⸗ gemeinen etwas befser durch den Winter gekommen als der Roggen; der zeitige Stand desselben eröffnet indeß ebenfalls keine Aussicht auf eine befriedigende Ernte. Derselbe ist stellenweise so schlecht, daß auch hier eine Umbestellung erforderlich wird. Immer hin müßte schon die Witterung während der nächsten Monate eine sehr günstige sein, um auf einen wenigstens mittelmäßigen Ernte⸗ ertrag bei den Winterhalmfrüchten rechnen zu können. Ver Klee hat ebenfalls durch den Frost gelitten, doch hofft man, daß derselbe sich noch erholen wird. Klagen über Mangel an Futtermitteln sind bis jetzt nicht laut geworden.

Aus dem Regierungsbezirk Köln wird berichtet: Die Witterungg⸗ verhältnisse sind für den Landmann im verflossenen Winter recht un— günstige gewesen. Nicht nur war der Winterfrost im November v J. so überraschend und ungewöhnlich früh eingetreten, daß die Aus- führung mancher nothwendigen Feldarbeiten unterbleiben mußte, auch die lange Dauer und Heftigkeit der Kälte in diesem Jahre hat die Wintersaaten stark beschädigt. Den letzten vernichtenden Schlag führte der Umstand, daß nach Eintritt milderer Witterung Ende Februar und im März der während des Tages schmelzende Schnee in den hart gefrorenen Boden nicht eindringen konnte und die Winterfrucht unter Wasser setzte, welches in den kalten Nächten wieder fror. So ist der Weizen, besonders der ausländische, in vielen Kreisen größtenstheils vernichtet; der einheimische Weizen hat sich als etwas widerstandsfähiger erwiesen. Auch der Roggen hat sehr gelitten, wenn auch in geringerem Maße, als der Weizen. Nach neueren Berichten wird der Schaden beim Weizen so, angegeben, daß, abgesehen von zwei Kreisen, wo derselbe vollständig erfroren ist, mehr als die Hälfte man schätzt auf Vis, Ss sio erfroren ist und umgepflügt werden muß. Vom Roggen, hofft man, wird die Hälfte, in manchen Gegenden noch mehr, erhalten sein. Raps ist total erfroren. Von Futterkräutern ist der Incarnatklee fast überall vollständig vernichtet, während sich der gewöhnliche Klee, trotzdem er im vorigen Jahre durch Mäusefraß gelitten, besser gehalten hat und sich zu erholen anfängt. Auch Luzerne hat sehr gelitten. Fast alle Brach⸗ und Koppelrüben und viele Zuckerrüben, welche wegen des im November v. J. Plötzlich eingetretenen Frostes nicht mehr eingebracht werden konnten, sind er⸗ froren. Sogar eingekellerte Kartoffeln haben vielfach gelitten. ebenso Gartenfrüchte und Gemüse, welche eingemietet und für den ftädtischen Markt bestimmt waren. Inwicweit der Frost auf die Obzbäume und Weinstöcke von schädlichem Ginfluß gewesen ist, läßt sich zur Zeit noch nicht überfehen; die Befürch⸗ tungen erheblichen Schadeng sind gewiß nicht ungerechtfertigt. Durch den nothwendig werdenden Lau von Sommersaat hat der Landmann jetzt viele Ausgaben, die sich dadurch noch erhöhen, daß die

einzelnen Fruchtpreise, besonders für Weizen, steigen. Auf der

anderen Seite wird ein Rückgang in den Preisen für Vieh be⸗

fürchtet, da die Futterrüben jsämmtlich und die Futterkränter zum

Theil erfroren sind. Der zu befürchtende Futtermangel wird vor⸗ augsichtlich starkes Angebot und ein Fallen der Preise verursachen. Nicht minder schwer ist der Gärtner geschädigt. Beispielsweise sind in Alfter im Landkreise Bonn, welches in früheren Jahren für über tausend Mark Veilchen auf die Märkte von Köln und Bonn brachte, in diesem Winter diese Blumen nicht aufgekommen, sodaß die Gärtner die Veilchen aus Frankreich beziehen mußten. Viele Zierpflanzen und besonders die Rosenstöcke sind trotz der angewendeten orsichtsmaßregeln erfroren.

Auch im Reg.-Bez. Koblenz haben die Witterungsverhältnisse des verflofsenen Winters auf die Landwirtbschaft besonderg ungünstig gewirkt. Die Wintersaaten sind Mangels der schützenden Schneedecke durch den starken Frost, namentlich aber durch die mit warmem Sonnenschein abwechselnden kalten Nächte im Monat Marz, fsark mitgenommen. Die Befürchtungen für dieselben sind um so größer, als der ungünstige Herbst die gesunde Entwicktlun und vornehmlich die Bestockung der Pflanzen verhindert bat. Der Gesammtschaden der Wintersaaten wird im Landkreise Koblenz auf 90 oo berechnet. Der Frost drang stellenweise bis über einen Meter in den Boden und brachte die Weizensaaten gänzlich ins Stocken, sodaß dieselben gar nicht oder nur äußerst kümmerlich zum Vorschein kamen. Der Roggen wurde durch die scharfen Winde sowie dadurch sehr beschäͤdigt, daß die Wurzeln der zarten Pflanze durch den Frost ausgehoben wurden, Kohl, Rübsen und Winterraps sind meist erfroren. Ein großer Tbeil der mit Wintergetreide bestellten Felder muß umgerflügt und mit Sommerfrucht bestellt werden. Hiernach muß im Allgemeinen auf einen fast vollständigen Ausfall der Wintersaaten gerechnet werden, wofür selbst eine günstige Entwickelung und Ernte der Sommerfrüchte einen vollen Ersatz nicht bieten kann. Da, wo mehr Schnee gelegen hat, wie z. B auf dem Westerwald., ist der Schaden nicht ganz so groß. Die Pflanzen sind hier, weil die Aussaat früher vorgenommen wird, gegen die Kälte auch widerstandsfähiger. In einzelnen Gegenden be⸗ müht man sich, die Folgen des 6 Winters durch Kopfdüngen mit Chillsalpeter abzuwenden. Auch die Wiesen haben durch die Kaͤlte gelitten und der Klee ist vielfach ausgewintert. Es steht daber, wenn nicht der Frühling noch anhaltend gutes Wetter bringt, für den Sommer Futtermangel zu erwarten. ie Kartoffel vorräthe, namentlich der ärmeren Leute, sind in Folge der mangelhaften Aufbewahrung durch den strengen Frost empfindlich geschädigt. Die Getreidepreise find überall, mit Augnabme des Hunsrücks, andauernd boch. Die Obstbäume sind gut durch den Winter gekommen und berechtigen zur rf n eines guten Ertrages. Die Arbeiten für die Frühjahrs eftellung haben in Folge der Kälte erst spät begonnen werden können. Sie drängen sich jetzt mit den Weinbergs und Holzfällungsarbeiten in störender Weise jusammen.

Der ungewöhnlich strenge Winter hat auch im Reg. Bei. Aachen den Wintersaaten überall geschadet, in geringerem Maße in den Ge⸗ birgskreisen, wo nur Roggen angebaut wird und wo die ag Schneedecke stärker war. Man bofft, daß dort die Saat in gel des Eintritts wärmeren Wetters sich noch gut entwickeln werde. Ungünstiger steht es in den Kreisen des Flach⸗ landes, wo neben Roggen auch Winterweizen und Winter gerste angebaut wird und wo nach Abgang des Schnees der Wechsel zwichen warmen sonnigen Mittagsstunden und starken Frösten in den Rächten ganz besonders schaͤdli d gewirkt hat. Hier haben die Saaten fehr gelitten und müffen die Weizenfelder, besonders die im Herbst spät bestellten, etwa zu zwei Dritteln, und die , zur Hälfte umgepfluͤgt und mit Sommerfrucht bestellt werden. Die Saaten von eng⸗ lischen Weijenforten sind fast alle ausgewintert, dagegen haben sich die Saaten von einbeimischem Weizen widerstandsfähiger gezeigt. Der Raps, welcher dort allerdings nur wenig angebaut, wird, ist ãnzlich vernichtet, ebenfo die Wintergerste. Der Klee zeigt einen sehr un gleichen Stand. Der Rotbklee hat zwar vom Froste sehr ge⸗ litten, ist aber größtentheils noch erhalten; dagegen ist der Inkarnatklee ganz eingegangen. Soweit die Saaten nicht zu Irunde gegangen sind, kann ihr Stand im Allgemeinen noch als ein befriedigender bezeichnet werden, nur der Roggen steht dünn, aber ziemlich gleichmäßig. Eine warme fruchtbare Frühjahrs⸗ witterung wird den Schaden hoffentlich noch ausgleichen. Die Wintergemüse in Feld und Garten sind total erfroren. In Folge des Umftands, daß ein großer Theil der Wintersaaten umgepflügt und mit Sommerfrucht bestellt werden mußte, haben die Preise für die Sommersaat eine bedeutende Steigerung erfahren, und werden beispielsweise zur Zeit für 100 kg Saatweizen 30 bis 35 M bezahlt. Das Viehfutter fängt an knapp zu werden, da bei dem strengen Winter in Kellern und Gruben viel Knollengewächse erfroren sind. Dessenungeachtet haben sich die Vieh⸗ preise auf ihrer bisherigen Höhe gehalten. Da der Frost ganz un⸗ gewöhnlich tief in den Boden eingedrungen war, und da nach Eintritt von Thauwetter immer von Neuem auftretende Nachtfröste dem Durch thauen des Bodenz entgegenwirkten, so konnte mit der Frübjahrs⸗ bestellung erst spät begonnen werden.

Saatenstand in den Vereinigten Staaten,

Ueber den Saatenstand und die Fruͤhjahrsbestellung während der am 2. er. abgelaufenen Woche liegt folgender amtliche Bericht aus Washington vor: Tie Witterung war in der verflossenen Woche sehr günftig für das Gedeihen aller Feldfrüchte in den Getreide bauenden Fiegionen des Nordwestens und der Central ⸗Flußthäler. Sonnenschein und Wärme haben die Farmarbeiten sehr gefördert. Der früh ge⸗ säete Weizen steht in Minnesota und Dakota ausgezeichnet. Die leichten Nachtfröfte, von welchen die Central Flußthäler während der Woche heimgesucht worden, haben keinen Schaden angerichtet. In der Winterweizen Region vom. Dhio⸗ Thale in westlicher Richtung bis Kansas und in süwd— sicher bis Tenneffee und Arkansas ist der Stand aller Saaten ein ausgezeichneter; auch ist schon viel Mais ausgepflanzt worden. In den Baum woll ⸗Regionen ist das Wachkthum der Pflanzen durch kuͤhle Nächte verzögert worden, auch fehlt es stellenweise an Regen. In den Staaten an der atlantischen Küste war das Wetter für das gedeihen der Saaten nicht günstig, da der Boden zu trocken. In den Jeu. England Staaten haben die Obstbäume etwas durch Frost gelitten. In Oregon und Colorado stehen die Feldfrüchte befriedigend, doch thut Regen nöthig. In California haben heftige Winde und Hitze den Getteidesaaten Schaden zugefügt. Die Aussichten auf eine reiche Obsternte sind trotz vorgekommener Nachtfröste recht gute.

Der erste deutsche Geflügelzüchtertag ist gestern hier⸗ selbst in Albin's Festsaale zusammengetreten. 227 deutsche Vereine sind auf dem Kongreß durch 54 Delegirte vertreten; außerdem wohnen eine AÄnzabl Fachmänner ohne Mandat den Verhandlungen bei. Von Autoritäten des Fachs waren anwesend: Kommerzien⸗Rath du Rol-⸗Braunschweig, Magistratsrath Friedrich München, der mit

rn. Hartmann den Bayerischen Ländetzwerein zu vertreten hat, Hen teh nnn Petermann Rostock, Rud. Kramer Leipzig, Kommerzien Rath Lax Hildesheim, Ehlers - Hannover, Rings Königswinter, Parkowsen . Königsberg, Ortlepp- Magdeburg, der Dresdener Züchter Völkerling, der allein von 42 Vereinen Voll⸗ macht brachte, Buchmann Regensburg u. A. Hofbuchhändler Schoite⸗ Berlin begrüßte als Vorsitzender der Berliner Cypria die Erschienenen mit einer kurzen Ansprache, Der Kongreß trat sodann in die Be—⸗ rathung des Antrages der Cypria auf. Gründung eines Allgemeinen Verbandes deutscher Geflügelzüchter⸗Vereine. Das Referat ersta:tete Schriftsteller Dürigen - Berlin, der die Ziele und Aufgaben des neuen Verbandes in den einzelnen Punkten darlegte. Mit großer Mehrheit wurde die Begruͤndung eines „Allgemeinen Verbandes deutscher Geflügelzüchter⸗Vereine“ beschlossen. Die weiteren Schritte wurden den vier Vereinen überlassen, die zum Kongreß ein⸗ geladen haben und denen das Recht der Kooptation zugestanden wurde. Die erste Generalversammlung des Verbandes soll möglichst noch in diesem Jahre in einer Stadt Mitteldeutschlands Leipzig oder Hannover stattfinden, Der Kongreß beschäftigte sich sodann mit der Prämiirungsfrage, über die Direktor Dr. Heck⸗Berlin referirte.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 116.

Statistik und Volkswirthschaft.

Nationale oder internationale Industrie ⸗Ausstellung . in Berlin.

Das Präsidium des Deutschen Handelstages versendet folgendes Schreiben an seine Mitglieder: Unter Uebersendung eines Abdruckes des Protokolls über die Ausschußsitzung vom 17. und 18. April d. J. und unter Bezugnahme auf die daselbst enthaltenen Verhandlungen, betreffend die Veranstaltung einer Deutschen Industrie⸗Ausstellung in Berlin, beehren wir uns unsere Mitglieder ergebenst um gefällige Auskunft darüber zu ersuchen: ob der Plan einer in Berlin eiwa im Jahre 1895 zu veranstaltenden Ausstellung als welche zunächst eine nationale deutsche in Autsicht genommen wird die Billi⸗ gung und Unterstützung der Betheiligten, namentlich auch der industriellen Kreise in den einzelnen Bezirken findet. Wir bemerken hierzu ausdrücklich, daß der Ausschuß den Plan durchaus beifällig aufgenommen hat und dafür hält, daß derselbe der gründ lichsten Erwägung der Handelskammern und wirihschaftlichen Vereine zu empfehlen sei. Für den Fall der Verwirklichung der Absicht soll natürlich um nachdrücklichste ,, ,. der Reichsbehörden ersucht werden, welche in letzter Linie als Leiter einzutreten haben werden. Die Antwort auf diese Anfrage bitten wir uns spätestens bis zum 1. Juli d. J. zukommen zu lassen. Das Präsidium des Deutschen Dandelstages. Frentzel. Wie aus dem Protokoll der letzten Aus—⸗ schußsitzung ersicht lich, fand im lusschuß der Plan einer nationalen deutschen Ausstellung lebhaften Anklang. Für eine internationale Ausstellung sprach sich nur ein Ausschußmitalied aus. Gegen die internationale Ausstellung wurde geltend gemacht, daß bei allen bisherigen Schau— stellungen dieser Art die einheimische Industrie so überwiegend stark, die ausländische so schwach vertreten gewesen sei, daß sie ein wirkliches und eine Vergleichung ermöglichendes Bild der internationalen Industrie doch nicht gegeben haben und nur als internationale Zerr— Ausstellungen zu betrachten waren, Wolle man beispielsweise über die Industrie von England, Belgien, Oesterreich und der Schweiz nach dem urtheilen, was man auf der letzten Pariser Ausstellung von ihnen geschen habe, so würde man ein durchaus salsches Bild von der Industrie disser Länder bekommen, denn im Großen und Ganzen sen die Ausstellung zu g0 G franjösisch gewesen. Wir würden also bei einer internationalen Ausstellung nicht mehr haben, als eine durch internationale Flicken verbrämte deutsche Ausstellung. Ferner wurde das Bedenken geäußert, daß es uns sehr schwer, wenn nicht unmöglich werden würde, mit dem, was wir bieten können, einen Vergleich auszuhalten mit dem, was Paris im Jahre 1839 in äußerer Ausstattung, an Reichthum des Schmucks und an Großartig leit der Mittel leistete. Weder die Reichsregierung noch die Stadt Berlin würde so gewaltige Summen bewilligen, wie sie von der fran⸗ zösischen Regierung und Paris gegeben worden seien. Ebenso undenkbar sei in Deutschland die rücksichtslose Finanziirung des Unternehmens die wahnwitzige Spekulation, welche nicht auf einer kühlen Beurtheilung der Thatsachen beruht, sondern durch die übertriebensten Hoffnungen genährt wird. Der bedächtige deutsche Charakter werde bei jeder Ausgabe die Möglichkeit des Erfolges er⸗ wägen und dadurch die Großartigkeit der Anlagen beeinträchtigen. Kurz es sei zu befürchten, daß die äußere Ausstattung keinen Vergleich mit der Pariser Ausstellung aushalten würde. Endlich Furde e wähnt, daß wenig Aussicht vorhanden sei, Frantreich zu der Betheiligung an einer Weltausstellung in Berlin zu bewegen. Die Franzosen deshalb mit Bitten anzugehen, sei ur würdig. Bleibe Frankreich aber fern, so sei die internationale Ausstellung doch nur lückenhaft. Einzelne Ausschußmitglieder, die sich gegen die Ver anstaltung einer Ausstellung aussprachen, gehörten der Großindustrie, namentlich der xheinisch westfälischen Eisen⸗ und Textil⸗ Industrie an. Diefe bemerkten, daß die Industrie ausstellungs⸗ mide sei, daß ihr aus den Ausstellungen nur Kosten und Mühen erwachsen, ohne daß sie einen Vortheil erziele. Hierauf warde entgegnet, daß, wenn auch eine Auestellung dem Ein⸗ zelnen vielleicht keinen Vortheil bringe, sie dennoch der Allgemeinheit zu Gute komme; denn, wenn durch die Ausstellung ein großer Fremdenstrom aus außereuropäischen Ländern nach der Hauptstadt gelockt würde und einen imponirenden Eindruck von der deutschen Industrie. namentlich dem Kunstgewerbe empfange, so würde der Ginzelne sich sagen, daß ein Land, welches so Großartiges auf einem Gebiete leiste, nothwendiger Weise auch in anderen Industriezweigen bedeutend sein müsse. Zum Beweise könne die letzte Pariser Aug— stellung dienen, mit welcher für Frankreich geradezu eine neue industrielle Aera begonnen habe. Der französische Ausfuhrhanvel, der durch die rege Konkurrenz, welche ihm besonders von Deutschland und England auf dem Weltmarkte bereitet wurde, sehr ins Hinter⸗ treffen gekommen sei, sei durch die Erfolge der Ausstellung wieder neu belebt worden: der Export Frankreichs sei nicht nur im Aus⸗ stellungsjahre, sondern auch im solgenden und ebenso im laufenden Jahre auf das Erheblichste gestiegen und zwar gerade in den In— dustriezweigen, welche allerdings von einer Ausstellung regelmäßig den meisten Nutzen haben, nämlich im Kunstgewerbe; doch sei hierbei nicht blos die eigentliche Kunstindustrie betheiligt, sondern Alles, was in Bezug auf Beschmack, Muster u. s. w. eine Rolle spiele. Diesen Ausführungen gegenüber wurde andererseits eingewendet, daß an der Nachhaltigkeit des industriellen Aufschwäanges in Frankreich zu zweifeln sei, weil die dortigen Industriellen sonst nicht das Verlangen haben könnten, ihre hohen Schutzzölle zu Prohibitivzöllen auszubilden. Im weiteren Veriguf der Bebatte wurde von allen Seiten die Ueher⸗ zeugung ausgesprochen, daß ohne die freudige Zustimmung der In— dustriellen und gewissermaßen über deren töpfe hinweg eine Aus. stellung gar nicht ins Werk gesetzt werden könne. Deshalb sollen die Mitglieder des Handelstages um eine Meinungsäußerung ersucht, hierbei aber ausdrücklich gebeten werden, ihre Jaformation vornehm— lich in den industriellen Kreisen zu fuchen.

Geburts,: und Sterblichkeitsverhältnisse in Berlin, München, Dresden und Hamburg im Jahre 1890.

Nach den von den statistischen Aemtern der Städte Berlin, München und Dresden, sowie vom Medizinal-⸗Inspektorate zu Hamburg für die Stadt, die Vorstädte und Vororfe aufgestellten Tabellen wurden im Jahre 1890

in lebend · todt · überhaupt darunter . geboren geboren geboren unehelich Berlin . 49 426 1473 50 899 6267 München.... 11 814 404 12218 3 862 Dresden 8 421 350 8771 . S-mburg. 20 101 647 20 748 2366.

In Berlin machten demnach die Todtgeborenen 2, 9 Vo, im stãdtischen Gebiet Hamburgs 3,1 Co, in München 3.3 und in Dresden 4.0 oso aller üherhaupt geborenen Kinder aus, während die Antheile der unehrlich Getorenen sich in Hamburg auf 11.4 9G, in Berlin auf 123 Y, in. München aber auf 27 Pial soviel, nämlich auf 31,6 co beliefen. Auf 1000 Köpfe der mitftleren Bevölkerung berechnet, war die Heburtsziffer für Lebendgeborene in Hamburg mit Ih, gd am Höchsten, in München mit zö6,. 6 fast eberso groß, in Dresden mit l- am Geringsten und in Berlin gleich 31.35. Hinsichtlich des Geschlechts der Neugeborenen sind die Ünterfchiede in den Berichts städten nicht so erheblich. Von je 10 6 jebendgeborenen Kindern

Berlin, Mittwoch, den 20. Mai

waren in Berlin 513, in Hamburg 514, in Dresben 517 und in München 518 Knaben.

Nach der Sterblichkeitsziffer ordnen sich die Städte in anderer Reihe: Berlin hatte mit 21,5 Todesfällen auf 1000 Einwohner im Jahregdurchschnitte die niedrigste Verhältnißzahl aufzuweisen; dann folgt Dresden mit 2157, Hamburg mit 220 und München mit dem höchsten Antheile, , 1. Unter den Gestorbenen befanden sich

inder in in in in ; . Berlin München Dresden Hamburg im 1. Lebentjahre .. 12623 3591 1766 4340 von 1 bis 5 Jahren. 5007 1045 683 1645 1 1297 299 208 494

sa, , ,

während über 80 Jahre alte Personen in Berlin 763, in München 258, in Dresden 167; und in Hamburg 409 starben. Die größte Kindersterblichkeit hatte München; hier machten die im ersten Lebeng⸗ jahre Gestorbenen 49, L ιο aller überhaupt Gestorbenen aus, während ihr Antheil in Berlin 37,s, in Hamburg 35, und in Dresden nur 30.0 60 betrug. Im Verhältniß zu den Lebendgeborenen war die Kindersterblichkeit in den Berichtsstädten ebenfalls recht verschieden; die Verhältnißzahlen sind 219 für Dresden, 21,36 für Hamburg, 25,5 für Berlin und 304 für München. Ueber die wichtigsten Todes⸗ urfachen giebt folgende Zusammenstellung Auskunft. Es starben:

. in in in in Berlin München Dresden Hamburg , . 3 1 1 Masern und Rötheln .. 331 145 88 199 ö nne, 214 66 46 93 , r . . ; ; ; 3 i,, 2 ; 9 1323 . 3 359 263 1 28 wenne 65388 82 77 132 Unterleibe tpyhus. ... 143 28 22 147 ĩ. uhr. * 8 9 1 5 . 12 22 6 1 K 92 ö ; 48 inbbettfießher 1492 15 22 51 w 70 ; ĩ 58 akutem Gelenkrheuma⸗ wo,, . 45 9 9 13 Gehirnschlagfluß. ... 908 282 250 375 Lungenschwindsucht einschl. Lungenblutung. .. . 4520 1086 866 1470 Lungen und Brustfell⸗ entzündung ö ö andere Erkrankungen der Athmungsorgane .. 882 Magen⸗ und Darmkatarrh und Entjündung. .. 2382 1256 145 876 Brechdurchfall ... . 2334 380 375 352 allen übrigen Krankheiten. 15317 4063 2765 6213 Verunglückung ... 394 90 74 261 , 46 83 190 Todtschlag .. 15 160 12 3

Von den vorstehend nicht besonders aufgeführten Todesursachen seien go bezw. 57 Fälle von Influenza in Berlin bemw. Dresden, 8 Fälle von Genickstarre in Berlin sowie 1 Fall von Flecktyphus in Hamburg noch erwähnt; auch mag bemerkt werden, daß unter den durch Mord und, Todtschlag gewaltsam aus dem Leben beförderten Personen 8 Hingerichtete waren, und zwar 4 in Dresden, 3 in München und 1 in Hamburg. Von den einzeln genannten Infektionskrankheiten weisen München und Hamburg bei Masern und Rötheln, Berlin bei Diphtherie und Croup sowie bei Keuchhusten, Hamburg bei Unter leibttyphus und Kindbettfieber verhältnißmäßig die meisten Fälle auf. An Lungenschwindsucht und Lungenblutung starben in Dresden 14,7 Gᷣo, in Berlin 13,5, in München 12, 1 und in Hamburg 12,0 υ aller Gestorbenen überhaupt; für sonstige Erkrankungen der Athmungsorgane (ein— schließlich Lungen und Brustfellentzündung) stellen sich die Verhältniß— zahlen in derselben Reihenfolge auf 13, bezw. 11,3 11,8 und 11,8, sodaß in Hamburg, München und Berlin nahezu ein Viertel aller Gestorbenen, in Dresden sogar erheblich mehr den Lungenleiden ver— schiedener Art erlegen sind. Magen und Darmkatarth und ⸗Ent— zündung trat besonders stark in München (14 C aller Gestorbenen),

der Brechdurchfall in erheblichem Grade in Berlin und Dresden, da⸗

egen verbältnißmäßig sehr gering in Hamburg auf. Gewaltsame odesfälle, und zwar Verunglückungen sowohl wie Selbstmorde, waren in Hamburg relativ am Häufigsten.

Wohnungsverhältnisse der Arbeiter.

Aus Frankfurt a. M. wird der „Köln. Ztg. geschrieben: Finanz ⸗Minister Dr. Miquel hat seine Reise zur Fröffnung der Elektrotechnischen Ausstellung dazu benutzt, um ein Werk zu krönen, welches er noch als Ober⸗Bürgermeister von Frankfurt begonnen hat. Damals wandte er der in den ärmeren Bevölkerungskreisen herrschen⸗ den Wohnungsnoth und den Mitteln zu ihrer Abhülfe eine beson⸗ dere Aufmerksamkeit zu. Wie Staats- Minister Miquel die städtischen Be⸗hörden zum Bau von Beamtenwohnungen veranlaßte, so gab er auch die Anregung zur Bildung einer „‚Aktienbau⸗ gesellschaft für kleine. Wohnungen. Diese hat an der Burgstraße in der Arbeitervorstadt Bornheim einen Häuserblock in Angriff genommen, von welchem die beiden ersten Haͤuser nunmehr zum Beziehen fertig sind. Sie enthalten Zweizimmerwohnungen, das eine Haus mlt Küche, das andere ohne dieselbe. Zu jeder Woh— nung gehört cin gesonderter Boden. und Kellerraum. Das Haus mit Küche enthält 8, das andere 16 Wohnungen, welche sich auf 4 Stockwerke vertheilen und deren Preife von 14 —18 M bezw. (mit Küche) von 18— 22 monatlich schwanken. Die nach rückwätts lisgenden Wohnungen haben je einen greien Sitzraum. Um in den Wobnungen ohne Küche das Kochen ohne Beläftigung durch große i zu ermöglichen, sind sie mit Grudeöfen verfehen; auch sind die

efen in die Wand zwischen beiden Zimmern eingelassen, sodaß sie beide zugleich heizen. Die Nachfrage nach diesen Wohnungen über— steigt bei Weitem das Angebot. Zum 1. Juli und zum 1. August sollen weitere Häuserreihen beziehbar werden, und auch in diesen find sämmtliche Wohnungen bereits vermiethet. Stadtrath Dr Flesch, welcher neben Dr. Miguel einer der tharkräftigsten Förderer des Unter⸗ nehmens ist, hat die Miethverhãltnisse der zukünftigen Bewohner unter⸗ suckt und dabei festgestellt, daß sie im Durchschniti gegen früher 33 monatlich an Miethe sparen, ganz abgesehen davon, daß die neuen Wohnungen geräumiger (je 33 m), gesunder und, wie Dr. Miquel in seiner Eröffnungsansprache bervorhob, gesicherter sind. Der Arbeiter sei hier nicht der Gefahr der Kündigung aus irgend einem Grunde, vielleicht bloß wegen größeren Kindersegenz, auggesetzt, er könne deshalb die Wohnung als sein Heim betrachten, sie sich wohnlich einrichten und werde durch ein solches Heim vom Wirths⸗ bausleben zurückgehalten. Gleichzeitig betonten der Minister und die Leiter des Bauet, daß trotz der gebotenen Vortheile das Ünternehmen eine Rente von 350 in Aussicht . Staats Minister Miquel sprach die Hoffnung aus, daß das hier gegebene Beisplel noch recht viel Nach⸗ahmung finden möge.

1891.

Zur Arbeiterbewegung.

Auch heute noch lauten die Nachrichten über die Aus⸗ stands bewegung in Belgien sehr widersprechend. Jeden⸗ falls ist die für gestern von den Unternehmern erwartete Be⸗ endigung des Ausstandes nicht erfolgt, wenngleich eine weitere Besserung als wahrscheinlich angesehen werden kann. In Brüssel sollen nach einer Meldung des „D. B. H.“ gestern noch 3590 Arbeiter ,, gewesen sein. Während nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Brüssel von gestern in allen dortigen größeren Werkstätten die Arbeit nahezu voll wieder aufgenommen und die Zahl Derer, welche nicht ar⸗ beiten, eine verschwindend geringe ist, wird der „Voss. Ztg.“ aus der belaischen Hauptstadt von demselben Tage telegra— phirt: In hiesigen Werkstätten ist ein vollständiger oder theilweiser Ausstand.

Der N Pr. Z. wird aus Brüssel mitgetheilt, daß von den Führern der Ausstaͤndigen während der Pfingstfeiertage rege Propa— gandg für den Ausstand gemacht wurde, diefe in Gent, Antwerpen und düttich jedoch erfolglos geblieben sei. Von Seiten des korpora— tiven Verbandes der Sozialisten habe die Hülfskasse der Ausständigen S009 Frest. erhalten. Das Haus eines Aufsehers in Paturages wurde durch eine Dynamitexplosion in die Luft gesprengt. Die Polizei verhaftete in den letzten zwei Tagen dreißig Arbeiterführer. Aus düttich verlautet, drei Werke hätten die Arbeit eingestellt, wodurch 1300 Arbeiter brotloz gewochen seien. Truppen halten beständig die Mah brücke, den Bahnhof und sämmtliche Werke in Seraing besetzt. In Lüttich Horloz, Tilleur, Jemappes, Seraing, Aaggleur herrscht tagsüber die größte Nuhe, mitunter werden in der Nacht be— deutung lose Revolverschüsßse vernommen. Montag Morgen durch— zogen Bergarbeiter gruppenweise unter Gesang die Vororte, aber durchaus friedfertig, alle mit Ma röschen geschmückt. Die Polizei verhinderte sie nicht daran. In Gent hat der sozialdemokratische „Voruit“ eine Volksabstimmung veranstaltet, welche eine Mebr— heit von 2600 Stimmen gegen den Strike ergeben hat. Die Arbeiter Gents werden in Folge dessen die Arbeit Mickt niederlegen. Auf dem Bergwerk Was mes wurden drei Auffeber durch Herabsturz eines Aufzuges getödtet. Man will die That den Strikenden zuschreiben. Von Paris aus haben mebrere Abgeordnete der äußersten Linken einen Aufruf erlassen, die französischen Bergleute sollten sich mit den belgischen solidarisch erklären. Wie dem . W. T. B.“ aus Mons von gestern gemeldet wird, wurde der Sozialistenführer Cardinal wegen Handlungen, welche mit den letzten Arbeitseinstellungen zu⸗ sammenhängen, zu acht Tagen Gefängniß verurtheilt. Da Cardinal dem Gerichtshofe Parteilichkeit vorwarf, erhielt er außerdem eine Zusatzstrafe von zwei Monaten Gefängniß und 209 Fr. Geldstrafe.

Die geplante Versammlung der gemaßregelten Bergleute des Rheinlandes und Westfalens wurde, wie aus Bochum vom 18 d. M. gemeldet wird, wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung untersagt.

Der Mgdb. Z.“ wird aus Berlin unter dem 15. Mai ge—

schrieben: Das Markensystem ist augenblicklich von den Sozial demokraten in einer Weise ausgebildet, daß selbst die opferfreudigsten Genoss en stugig werden Für die verschiedensten Zwecke sind jetzt Marken im Umlauf. Die Berliner Strike -Kontrolkommission (nicht zu verwechseln mit der Central, Strikekommission in . n, will sich nun auch einen besonderen Fonds schaffen und giebt Marken zu 5 A aus: die Metallarbeiter verbreiten Bons im Werthe von 19 zur Bestreitung der Unkosten für die Delegirten; die Schuhmacher haben von dem Erfurter Strike noch einen Fehlbetrag von 2377 ½ und lassen Sammelbogen herum gehen. Andere Gewerkschaften sammeln ebenfalls; ,,. werden mit großem Giste die Marken für den Maifonds angepriesen. Die General-Kommission in Hamburg hat bei der letzten Abrechnung für die für die übrigen Zwecke eingegangenen Gelder (Einnahme in der Woche vom 24 April bis 6. Mai 1660,74 A) folgende Nachschrift erlassen: Die für den „Maifonds“ eingegangenen Gelder werden in der nächsten Quittung mit angeführt werden, da zur Zeit nur einzelne unbedeutende Posten eingegangen sind.“ Aeber Versammlungen, welche in den letzten Tagen in Berlin stattgefunden babe, berichtet der Vorwärts“ das Nachstehende:: Am Freitag war eine Kellner versammlung in den Arminhallen, die, jedoch nicht ohne lebhaften Widerspruch, folgenden Beschluß faßte: „Die heute in den Arminhallen versammelten Kellner verpflichten sich, so⸗ weit es angängig ist, den schon angenommenen Lohntarif hochzuhalten, jedoch nicht unter 5 zu arbeiten. Eine öffentliche Verfamm⸗ lung von Töpfern aus Berlin und der Umgegend, welche am 19. Mai abgehalten wurde, nahm folgende Resolution an: In Erwägung, daß bei dem heutigen Berliner System die Unter stützung unserer Arbeitsgenossen materiell sowohl wie solidarisch nur sehr einseitig war, erklärt sich die heute in Josl's Salon tagende öffentliche Versammlung sämmtlicher Töpfer von Berlin und Umgegend mit dem Vorschlag der Bauarbeiter Konferenz, Gründung eines „Kartells der Berliner Bauarbeiter“ vollkommen einverstanden und verpflichtet sich, denselben materiell nach Krästen zu unterftützen. Zur Bildung des eben erwähnten Kartells fordert der „Vorwärts“ mit folgendem Aufruf auf: „Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß (in gemeinsames Handeln aller im Baugewerbe ig Berlin beschäftigten Arbeiter erforderlich ist, um mit Aussicht auf Eifolg die Verbesserungen nnd Einrichtungen von den Behörden und Unternehmern zu erringen, die nothwendig sind, um die Sittlichkeit, die Gesundheit, die auskömmliche wirth⸗ schaftliche Lage und die gesetzliche Gleichberechtigung der Arbeiter zu schützen und zu gewährleisten, und gleichzeitig auch die Organisation und die Einigkeit der Arbeiter in den einzelnen Gewerben zu sichern, haben die Bauarbei ter Berlins beschlossen, ein Kartell der Bau— arbeiter zu gründen u. s. w.“

Bis jetzt sind nach dem Vorwärts“ dem Kartell der Berliner Bauarbeiter beigetreten: die Maurer, Zimmerer, Töpfer, Maler, Stuckateure, Steinmetzen, Tape zierer, Bauanschläger und Bauarbeiter. Allen anderen Gewerben der Bauarbeiter ist der Beitritt zu diesem Kartell offen gehalten, sowie sie in öffentlicher Versammlung den Beitritt beschließen und sich zur materiellen Unterstützug des Ausführungs⸗ Ausschusses verpflichten.

Ueber den Stand des Buchdruckerstrikes in Wien wird dem Vorwärts unter dem 16. Mai von der Gehülfen⸗Kommission be⸗ lichtet: ‚Der Strike der Wiener Buchdruckerei, und Schriftgießerei⸗ Arbeiter dauert ungeschwächt fort. Die Zahl der Stritenden ist größer geworden. Die Prinzipale haben in widerrecht licher Weise den Arbeitern den verdienten Lohn zurück— behalten und dadurch dem Unterstützungsfonds einen großen Schaden zuzufügen gesucht. Trotz dieses Vorgehens waren wir in der Lage, die feiernden Genossen schadlos balten zu können. Gegen die prinzipale, welche ihre Personale durch Vorenthaltung des Lohnes mürbe zu machen glaubten, ist die Anklage erhoben worden. Von Seite der typographischen Unternehmer wird kein Mittel unverfucht gelassen, um die Strikenden wankend zu machen: Drohungen, Ver—⸗ sprechungen, Geldanerbieten und Denunziationen werden in Anwendung gebracht, bisher vergebens. Die „Steyrermühl ⸗Druckerei sucht ihre dringendsten Arbeiten, welche gegen hohe Strafe bis zu einem be⸗ stimmten Termin geliefert werden müssen, in folchen Offininen her

stellen zu lassen, wo einige Leute stehen geblieben sind. Es ist ge⸗