1891 / 126 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

genommen wurde. Die Regierung hat, dem „W. T. B.“ zufolge, nunmehr sicher eine Majorität. Niederlande.

Die Königin und die Königin⸗Regentin. trafen am Sonnabend Vormittag kurz vor 11 Uhr in Begleitung einer Flottille von 66 Dampfern in Rotterdam ein. Die Königin Wilhelmine hielt nach der Ankunft eine Parg de über die Truppen ab und legte hierauf einen Gedächtnißstein am „Qual Wilhelmine“. Später machten die Majestäten eine Fahrt durch die Stadt in offenem Wagen, besuchten die Ge—= mälde⸗Ausstellung, die öffentliche Eczieherinnenschule und den Zoologischen Garten und setzten um 5 Uhr die Weiterreise nach Schloß Loo fort.

Griechenland.

In Athen eingetroffenen zuverlässigen Nachrichten aus Korfu zufolge herrscht dort die Besorgniß, die Unruhen möchten sich wiederholen, wenn das Ergebniß der Unter⸗ suchung wegen der Ermordung des Mädchens bekannt würde. Die Regierung trifft daher entsprechende Maßnahmen und beabsichtigt, die Garnison zu verstärken. Vorläufig herrscht jedoch tiefste Ruhe.

Rumänien.

Bukarest, 31. Mai. Der König hat laut Meldung des „W. T. B.“ an den Minister⸗Präsidenten ein Schreiben gerichtet, worin er denselben beauftragte, allen FDenen zu danken, welche anläßlich seines Jubiläums ihm Beweise der Liebe und Ergebenheit geliefert hätten. Diese Beweise seien eine Entschädigung für seine der Hebung des Vaterlandes während eines Vierteljahrhunderts ge⸗ widmete Arbeit, sie feien ein Beleg für die mächtigen Bande, welche Volk und Dynastie einigen. Das Echo, welches das Jubiläum im Auslande gefunden, beweise, daß das Aus⸗ land mit Vertrauen und Sympathie sehe, daß das monarchische Prinzip in Rumänien Wurzel fasse.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (2) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Präsident des Staats. Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, der Vize-Präsident des Staats⸗ Minssteriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Minister des Innern Herrfurth, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Pr. Miquel und der Minister sür Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnten, gab vor Eintritt in die Tagesordnung der Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi die heute oben an erster Stelle unter Berlin mit— getheilte Erklärung ab.

Die Abgg. Rickert und von Synern bedauerten, in eine sofortige Besprechung dieser hochwichtigen Erklärung ge⸗ schäftsordnungsmäßig nicht eintreten zu können.

Abg. Richter verlangte die sofortige Besprechung.

Der Präsident von Köller sowie die Abgg. Graf zu Limburg-Stirum und Dr. Freiherr von Heereman hielten dies nach der Geschäftsordnung für unzulässig; dagegen sagte der Präsident zu, die Rede des Reichskanzlers sofort drucken und zur Vertheilung gelangen zu lassen.

Auf der Tagesordnung stand die Berathung des vom Herren⸗ hause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Entwurfs einer Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie.

In der Generaldiskussion bemerkte Abg. von Meyer (Arnswalde), daß das Gesetz durch die Aenderungen des Herrenhauses zwar verbessert worden sei, daß er aber gleich⸗ wohl gegen das ganze Gesetz noch Bedenken habe.

In der Spezialdiskussion wurde 8. 1 ohne Debatte an⸗ genommen. ;

5. That im Herrenhause am Schluß den Zusatz erfahren:

Wird eine leistungsunfähige Gemeinde einem leistungsfähigen Sutsbesirk zugelegt, so bleibt Letzterer als solcher besteben.“

Hierzu beantragten die Abgg. von Dziembows ki und Ge⸗ , . hinzuzufügen: „sofern der betreffende Gutsbesitzer dies eantragt !.

Der Minister bes Innern inn gab zu diesem Antrage seine Zustimmung und erklärte auf Anfrage des Abg. Rickert für leistungsunfählg diejenigen Gemeinden. und Guts⸗ r. die öffentlich rechtliche Verpflichtungen nicht erfüllen önnen.

Ein Antrag des Abg. Hansen wurde während der Dis⸗ kussion zurückgezogen, der 5. S mit dem Amendement von Dziem⸗ bowski angenommen.

Z bis 12 wurden unverändert angenommen.

Bei 8§. 13 gab auf Anfrage des Abg. von ,, und der Lafa der Minister des Innern Herrfurth die Er⸗ klärung ab, daß die bisherigen Censiten unter 300 M6 bei der ersten Versammlung mitbeschließen sollten.

Nach kurzer Debatte, an der noch die Abgg. Dr. Freiherr von Heereman, Freiherr von Huene und Dr. Krause fich beüheiligten, wurde 5. 13 unverändert angenommen, ebenso die 8. 14 48. (Schluß des Blattes.)

Die Wegeordnung für die Provinz Sachsen ist nach der Nat-Itg.“ von der mit der Vorberathung betrauten Kommission des Hauses der Abgeordneten auch in zweiter Zesung unver⸗ andert nach den Beschlüssen des Herrenbauses angenommen worden. Sämmtliche Abänderungsanträge wurden abgelehnt.

Mannigfaltiges.

Die große Vorführung von Rettungsübungen. welche die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gesftern Nachmittag auf dem Wannsee veranstaltete, hatte zahlreiche Schaulustige herbeigelockt. Unmittelbar am Ufer, rechts vom großen Steg erhob sich der vom Tapezierer Wiedemann aufgestellte Kaiser⸗ Pavillon. Vier von Laubgewinde umzogene Masten trugen den mit persischen Teppichen belegten weißen Baldachin, auf dem der preußische Adler angebracht war. Äuch die Brüstungen und der Fußboden waren mit kostbaren Teppichen belegt. Oben an den Masten waren Rettungs⸗ ringe und Riemen (Ruder) angebracht. und von den Masten herab wehten Ständer der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und die Flaggen fremder Staaten. An den Kaiser⸗Pavillon schlossen sich rechts die . für die geladenen Damen. Das ganze Ufer war mit Flaggenmasten geschmückt, auf dem e. Signalmast wehte der Stander des Wannseeklubs. Auch das Seglerhaus selbst war reich mit Flaggen, Nettungsringen und dergleichen verziert. Die Zille, welche das gefährdete Schiff vorstellen sollte, war etwa 165 m weit vom“ Ufer inmitten des Sees vor Anker gelegt. An Rettungs . apparaten waren zur Stelle ein großer Raketenapparat, der aus Bremen herbeigeschafft war, sowie ein ganz neues Rettungsboot modernfter Bauart aus Wellblech und mit Selbstentleerungsporrichtung verfehen. Sas Boot ist in Bremen erkaut und für die Station Pillau bestimmt. Zur Bedienung der Rettungsapparate waren elf Mann der Mannschaft der Station in Trayemünde bestimmt worden. Sie standen unter der Führung der Gebrüder Nicolaus und Feinrich Grabau, von denen, der Erstere den Raketen apparat, der Litztere das Rettungsboot. unter sich hatte. Vorn Marine ⸗Detächement der hiesigen Admiralität waren zehn Matrolen und ein Soldat des See⸗Bataillons unter Befehl des Ober ⸗Steuermanngmagtz Korthaus zur Uebung abgeordnet. Aus shren Reihen war auch die „‚Mannschaft“ des gefährdeten Schiffes ausgewählt; zwei der Matrosen standen am Signalmast zur Be⸗ dienung des Flaggensignals. Die Oberleitung der ganzen Veranstaltung lag in der Hand des Kapitäns Pfeiffer, des Inspektors der Gesell⸗ schaft. Neben dem Seglerhauß war die Wannscee⸗Flottille vor Anker gegangen. Alle Jachten waren reich ausgeflaggt; auf dem Polborn⸗ schen Boottplatz fammelten sich die Ruderer, um hier ihre Boote zu besteigen und alsdann an der Bahnhofsseite des Sees Aufstellung zu nehmen. Der See selbst war abgesperrt. An der Absperrungs⸗ linie hielten zwölf dichtbesetzte Dampfer. Als Ordonnanzboote waren auf dem See die Motoren Schnellboote der Aktien · gesellschaft für automatischen Verkauf. Das eine dieser Boote entwickelte eine Fahrgeschwindigkeit von zwölf Knoten. Die Mannschaften beider Boote waren mit einem neuen automa⸗ fifchen Rettungsring ausgerüstet, welcher sich erst aufbläht, sobald er mit dem Wasser in Berührung kommt. Auf dem Platz vor dem Seglerhaus sammelten sich inzwischen die Mitglieder der Gefellschaft und die geladenen Ehrengäste, unter denen sich der Staats- Minister Dr. von Boetticher, der Präsident des Reichs⸗ Invalidenfonds Dr. Rösing, der Kapitän zur See Mensing, der Chef Ter ECentral⸗Abtheilung des Generalstabes Oberst von Goßler u. A befanden. Cin Salutschuß kündigte das Erscheinen des Kaiserpaares an. Unmittelbar darauf ertönte als Gegengruß jener eigenartig schrille, an den Schrei eines Elepbanten erinnernde Pfiff, des Torpedohoots, das alsbald mit der Kaiferflagge am Topp um die Ecke der Kartz bog. Seine Rajestät der Kaisfer stand in kleiner Marineuniform und mit der weißen Mütze am Heck. Im Allerhöchsten Gefolge

waren der Chef der Armiralität Frhr. von der Goltz. der Staats fekretãr des Reichs ˖Marineamts Hollmann, die Admirale Karcher und Freiherr von Holleben, der Kapitän zur See Sack und die dienstthuenden Flügel Adjutanten Freiherr von Seckendorff und von Lippe. Geführt wurde das Boot von Lieutenant Eckermann. In kurjem Abstand folgte die Kaiserliche Dacht „Alexandria“, an deren Bord Sich Ihre Majestät die Kalferin mit den drei ältesten Prinzen befand. An Bord der „Alexandria“ befanden sich ferner Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther zu ,, Seine Durchlaucht der Erbprinz Reuß z L. mit Gemablin und zahlreĩche andere Damen und Herren der Hofgefellschaft. Es folgten alsdann noch ein Dampfer mit dem Sffijier⸗Corpz der Potsdamer Garnison. der die Musik der Garde⸗ Ulanen an Bord genommen hatte; ein Dampfer mit den Spandauer Offizieren, gleichfalls mit Musik, und zwei Dampfer mit den Pots—⸗ damer Kadetten. Als beide Kaiserlichen Dampfer an der Zille vorüber waren, wurde vom Ufer autzz, in einer Ent- fernung von 210 m, die Rakete abgeschossen, die mit Sicherheit das gefährdete Boost traf. Die Kaiserdampfer waren nanmehr an der Weftfeite des Sees vor Anker gegangen, und das Rettungswerk nahm seinen Fortgang. Nachdem auf dem gefährdeten Schiff das durch die Rakete entfandte Jölltau am Mast unter der Sabling befestigt war, wurde am Lande das starke Rettungstau an dem Lauf des Jölltaus befestigt und vom Lande aus an Bord gezogen, wo eg um 3 Uhr 58 Minuten erfaßt werden konnte. üm 4 Uhr 17 Minuten war die Boje am Bord und nunmehr begann das für die Zuschauer interessanteste Schauspiel. Der Matrose Mäusling stieg mit beiden Beinen in die Hosensäcke der Boje ein, hielt sich mit den Armen an dem Ring der Boje fest, und in schneller and gefahrlofer Fahrt ging es zuerst durch die Luft, dann, als die Last der beseßten Boje immer mehr auf das Tau drückte, durch das Wasser herüber an das rettende Land, wo der ‚Schiffbrüchige! um J Uhr 195 Minuten unter dem Hurrah der vieltausendköpfigen Menge anlangte, um sofort trotz seiner triefenden Kleider an dem weiteren Rettungswerktheilzunebmen. Bie Boje wurde sofort zurückgeleitet, und um 4 Uhr 2 Minuten war der zweite der Schiffbrüchigen, der Seesoldat Klose, glücklich . gerettet !. Nunmehr ging es zum Rettungsboot. Düsseldorf.. Um 4 Uhr 24 Minuten war das Boot klar, die ö legte die Rettung gürtel an, die Taue, die das Boot an der fahrbaren Leiter hielten, wurden gelöst, und unter erneutem Hurrah stieß das Boot um 4 Uhr 26 Minuten von der Leiter herah in den hoch aufsprudeln⸗ den See. In der Nähe des gefährdeten Schiffes wurde der Anker ausgeworfen und das Boot festgelegt, um ein Zerschellen des Bootes an der Bordwand des Schiffes zu vermeiden. Langsam näherte man sich dann dem Schiff, und um 4 Ühr 29 Minuten war auch der dritte der gefährdeten Mannschaft, der Matrose Karb, im sichern Boot, das 4 Uhr 30 Minuten den Anker sichtete und nach zwei Minuten ans Land stieß. Damit war die Rettungsübung beendet, und die Ruderer rüfteten sich zur Auffahrt. Dabei ereignete sich ein kleiner Unfall, indem der Polizeidampfer ein Vierer ⸗Gigboot der „Union“ überfuhr, jedoch konnte sich die Mann⸗ schaft des Bootes noch ans nahe Land retten. Als Bahn zur Auf⸗ fahrt worde die schmale Wasserfläche zwischen den beiden Kaiserlichen Dampfern gewählt. Unter lautem „Hip- Hip⸗Hurrah“ befuhren über 30 Boote die Babn, zuerst die Stiffs und Skuller, dann Zweier, Vierer und zuletzt die Achter, unter ibnen auch ein schneidiges Rennbeot. Die Allerhöchsten Herrschaften begrüßten die Ruderer aufs Freundlichste. Nachdem die Auffahrt beendet war, entbot Seine Majestät der Kaiser das auf dem Ordonnanzjboot. be= findliche Ausschußmitglied Paul Leist zu sich und beauftragte ihn, dem Vorsitzenden der Gesellschaft, Konsul Meier Bremen, den herz⸗ sichen Dank für die große Mübewaltung und den Herren des Segler hauses die Anerkennung sür die reiche Ausschmückang auszu⸗ sprechen. Dann, um 44 Uhr, wurden die Anker ge⸗ lichtet; das Torpedoboot fuhr, während die Musikkapellen die Nationalhymne anstimmten, sofort nach Potsdam, die „Alexandria“ aber machte zunächst am Bahnsteg Halt, um den Herzog Ernst Günther und die Erbprinzlich Reußischen Herrschaften aus⸗ zufetzen, die zu Wagen nach Potsdam zurückkehrten. Der Kaiserin wurde hier noch von einer mit Trommlercorps anrückenden Pott damer Schule eine Huldigung dargebracht. Dann folgte die „Alexandria“ nach Potsdam.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Stuttgart, 1. Juni. (W. T. B.) Wie der Staats⸗ Anzeiger für Württemberg“ meldet, zeigte sich bei dem Könige, nachdem die beiden letzten Tage durchaus zufrieden⸗ stellend verlaufen waren, in der letzten Nacht wiederum Fieber, in Folge dessen Seine Majestaͤt genöthigt ist, wieder im Bett zu bleiben. ;

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

rem, . e ' Vä—e—r 0 773 34443433 7443 2234 2

Wetterbericht vom 1. Juni, Morgens 8 Uhr.

Stationen. Wind. Wetter.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim

Temperatur in o Celsius

bedeckt Nebel

Mullaghmore noch fortdauern.

Aberdeen ..

ö,. ö 2 h. ö. in vor⸗ wiegend hester und trocken bei durchschnittlich wenig

dern berter Temperatur, im Binnenlande ist stellen Der verlorene Sohn. weise etwas Regen gefallen. In Oesterreich fanden Sohn ö. i e n gh, 4 in , n. im 6 ;

sten zahlreiche Gewitter stait; au emnitz un f

Kassel hatten gestern Gewitter. Unter dem 3 kon C. Bechsttmn;, Vorher Zum g des hohen Luftdruckes im Norden dürfte das vor— wiegend heitere Wetter mit Erwärmung zunächst

Sommer ⸗Preise Parquet 3 S Großes Garten ˖ Concert.

Deutsche Seewarte. Mittwoch und die folg. Tage:

Christiansund

Nebel err / /

Sohn. Vorher: Das Modell.

heiter wolkenlos heiter

Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. Petersburg. Moskau ... Cork, Queeng⸗

Te , m , = m

von G. Verdi.

halb bed. wolkenlos wolkenlos amburg .. Swinemünde Neufahrwasser Memel. ,, Nünster . . . Karlsruhe .. Wiesbaden. heiter München .. ö ill halb bed. Chemnitz .. wolkig) Berlin. . . . halh bed. Wien.... 0 bedeckt Breslau halb bed. Ile d' Aix. . ͤ bedech Vizia .... Dunst ,,, stih wolkenlos

1) Gestern Nachm. Gewitter.

ö Uebersicht der Witterung. Ein barometrisches Maximum von 770 mm liegt

wolkenlo⸗ halb bed.

C do do w— —— N

wärts nach der Alpengegend entsendend; Depressionen lagern vorm Kanal und im Nord ⸗Osten des Schwarien

Theater⸗Anzeigen.

beiter Königliche Schauspiele. bedeckt haus. 158. Vorstellung. Othello. Oper in 4 Akten Richard Gense.

Im prachtvollen Park: Große Militär-Concerte. ——— . Auftreten von Gefangs⸗ und Instrumentalkünstlern.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend . r . Tage: Ein dunkles Verlobt: Frl. Anna von Lenthe mit Hrn. Fre⸗

Nebel deutsche Bühne übertragen von Max Kahlbec In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 145. Vorstellung. beiter Male wiederholt: Die

Dienstag: Nanon.

Tert von Arrio Boito. Für die

auf der Themse.

——

Musik von

Täglich: . Großes

Belle Alliance · Theater.

der Residen):

Modell. TVustspiel in 1 Akt von G. Cohnitz.

Der verlorene

Triedrich Wilhelmstãdtisches ; Komische Dienstag: Opern. Atte ven F. Fell. und Rich. Gense. Mußt von Eiskä

Zum ersten Geheimnisßt. Engl. Sensat-Dramg in 3 Bildern r n r, , n ,n,

ĩ istorisches Schauspiel in ufjügen von P. Iblen enley · Regatta, natürl. Dampfschiffe und Bogte *. in ) NTeutsch bon Adolf Strodtmann. In Scene gesetzt . 5 Natũürl. 6 Y) Rachtbild Verehelicht: Hr. ener pr Oskar Seyffert bedeckt vom Dber ⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 139. Vorstellung. Flick und Flock. Komisches Zauber Ballet in 3 Akten Bunst und 6 Bildern von Paul Taglioni.

P. Hertel. Anfang 7 Uhr. ;

Schauspielbaus. 146, Porstellung. Herr. Schauspiel in? Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.

Jeutsches Theater. Dienstag: Die Kinder bei der Excellenz. Anfang 74 Uhr. in.

Mittwoch: Faust, L. Theil.

Donnerstag: Der Weg zum Derzen.

Die nächste Aufführung von König Heinrich der Vierte findet am Freitag statt.

Berliner Theater. Dienstag: Der Veilchen ˖ über dem Bottnischen Busen, einen Ausläufer süd. frefser. Anfang 78 Uhr.

Mittwoch: Der Hüttenbesitzer.

Donnerstag: Der Hüttenbefitzer.

Rroll's Theater. Dienstag: Gastspiel von sr. Marcella Sembrich. Lakme.“ (Lakme: Fr.

, n. Den r Gerold: Hr. Birrenkoven.)

Mittwoch: Der Waffenschmied.

Donnerstag: Gastspiel von Fr. Mareella Sembrich.

Concert im Sommergarten,

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desfelben. Anfang 5z, der Vorstellung 7 Uhr.

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Wallner -Theater. Dienstag: Zum 4. Male: mination des ganzen Garten · Ctablissements. Anfang

Musikalisches Schauspiel ohne Worte in 3 Akten von Michel Carrs Musik von A. Wormser. Pierrot: Helene Odilon als Gast.

des Concerts 6 Ubr. Anfang des Theaters 77 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Der junge

Concert iugel Adolph Ernst⸗ Theater. Dienstag: Keine Male: Das Vorstellung. * . Ensemble ˖ Gastspiel der Münchener“. * ö von Ammergan. Anfang x. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

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derick Frhr. von Dörnberg (Lenthe Lauenau). Frl. Laura Kreßner mit Hrn. Reg.⸗Assessor Stiller (Berlin Posen).

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Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrath Bredt (Utlar). Eine Tochter: Hrn. Bankier Friedrich von Einem (Reichenbach i. Schl.).

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Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

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Dienstag:; Zum Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verla 16. Male: Tricoche und Cacolet. Posse in n 9 g 5 Aufzügen von Meilhac und Halsvv. Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor- nehmstes und n,, , Sommer · Etablissement roses. Mlsär Doppel ⸗oncert., und der Sommer⸗ Fahrplan für den Bezirk

Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen · Beilage), (9409

Brillante Illu l der Königl. Eisenbahn⸗Direktion Hannover.

Erft e Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

3 126.

Haus der Abgeordneten. 9gl. Sitzung vom Sonnabend, 30. Mai.

Der Sitzung wohnen der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung, Vervoll⸗ in . und bessere Ausrüstung des Staats— Eisenbahnnetzes.

Im 8. 11. werden 36 908 0900 6 zum Bau neuer Bahnen

und zur Beschaffung von Betriebsmitteln für dieselben gefor⸗ dert und zwar 1) für eine Eisenbahn von Fordon nach Schönsee die Summe von 12 347 000 S6 Die Budget⸗ Kommission beantragt die Bewilligung. Diese Bahn soll als Vollbahn ausgebaut werden, sie bildet die naturgemäße. Fortsetzung der Zweigbahn Bromberg—⸗ Fordon und soll in ulmsee an die Linie Thorn Marienhur und in Schönsee an die Linie Thorn == Insterburg Anschlu erhalten. Für die neue feste Ueberbrückung der Weichsel sind 2 So0 00 υιν, erforderlich, von welchen jedoch das Reich mit Rücksicht auf die militärische Bedeutung dieses Stromüber— ganges 69 Proz. zuschießt. Die Petitionen des Magistrats und der Stadtverordneten in Gollub, der Schmidt schen Erben, Richnau und Anderer, endlich des Königlichen Wirthschafts direktors Goedicke in Rynsk und Genossen, welche eine anderweitige Führung der Linie befürworten, beantragt die Kommission der Regierung als Material zu überweisen.

Abg. von Czarlins ki verlangt die Zurückverweisung der Posi⸗ tion an die Kommission, da die dortige Gegend an einer südlicheren Linie als die in Aussicht genommene interessiet sei.

Geheimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Micke führt zu Gunsten der in Aussicht genommenen Linie an, daß sie kürzer und billiger sei als die vom Vorredner empfohlene. Die Erwägungen der Regierung seien aber noch nicht abgeschlossen. ö

Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum ist für den möglichst billigen Bau; wollten die Interessenten eine theuerere Linie, so müßten sie den Ünterschied bezahlen. Um den Wünschen des Abg. von Czar⸗ linski gerecht zu werden, könne man, ohne die Position an die Kom⸗ mifsion zurücksuweisen, in der dritten Berathung die Worte einschieben: südlich von Kulmsee“.

Abg. Pr. Sattler spricht sich gleichfalls gegen die Zurückweisung und für den Bau der billigeren Linle aus. Die Orte, welche von der südlicheren Linie berührt werden würden, hätten gute Chaussee⸗ Verbindungen.

Abg. Dr. Gerlich schließt sich den Ausführungen des Grafen zu Limburg ⸗Stirum an und ersucht die Regierung, da wo Chaussee⸗ Verbindungen existirten, keine Bahnen zu bauen. Es handele sich hier um eine Bahn im militärischen Interesse, bei welcher es auf die kurze Verbindung der Endorte ankomme.

Abg. Frhr. von Huene erklärt, er werde heute für die Position stimmen in der Erwartung, daß in der dritten Lesung nähere Aus⸗ kunft über die zu bauende Linie gegeben werde.

Abg. von Czarlinski zieht seinen Antrag in der gleichen Er⸗ wartung zurück.

Die Linie wird bewilligt und über die Petitionen nach

dem Kommissionsantrage beschlossen.

Zum Bau einer Bahn von Lissa i. P. nach Wollstein werden 3 240 000 1M gefordert. Die Forderung wird bewilligt, nachdem Abg. von Tiedemann (Bomst) der Eisenbahn⸗ den Dank der Interessenten zu erkennen gegeben

at.

Für eine Linie von Meseritz nach Lands berg a. W. oder einem in der Nähe belegenen Punkte der Bahnlinie Küstrin Kreuz sind 450 000 6 ausgeworfen. Die Linie wird bewilligt.

Bei der Linie Sorau Christianstadt spricht Abg. Freiherr von Wackerbarth den Dank der Interessenten für die Linie aus und bittet um deren späteren Ausbau nach Rothenburg. e . .

Die Linie wird bewilligt, ebenso die Linie Lauban Marl lissa.

Bei der Linie Walsrode Soltau bemerkt

Abg. Wattenberg: Es sei merkwürdig. daß, nach einer Petition der Stadt Walsrode vom März dieses Jahres zu urtheilen, diese Stadt gar kein Interesse an der Linie Walsrode Soltau zu haben scheine. Doch wolle er sich darüber nicht weiter auslassen, fondern nur noch einige Worte über einen Wunsch dieser Petenten auf gleichzeitigen Bau der Bahn von Visselhöpede nach Rotenburg sagen. Bie Bahnstrecke Hannover —Walgrode Visselhövede, welche zu 5 100 9000 S6 projeknüirt gewesen sei, sei für eine um eirea 1500 000 6, geringere Summe gebaut und im August v. J. dem Betriebe übergeben worden. Mit diesen gesparten L660 000 S könnten nun sehr wohl die Kosten der Verlängerung der Bahn von Viffelhöbede nach Rotenburg bestritten werden. Diese Verlängerung sei auch, wie aus den Motlven der Sekundärbahn Hannover Viffelhövede hervorgehe, von der Regierung beabsichtigt. Hierdurch würde die sehr erwünschte Verbindung mit , her⸗ gestellt werden. Das Haus werde zweifellos einer Verwendung dieser ersparten Summe für diesen Zweck zustimmen. Er bitte also die Regierung, dem hohen Haufe eine Vorlage zu unterbreiten, wonach diese ersparten Mittel zur Weiterführung der Bahnstrecke

annober Walsrode = Visselhövede bis Rotenburg verwendet würden.

s liege diese Strecke im wohlverstandenen Interesse der Stadt Walsrode und dieselbe habe um so mehr Berechtigung auf die Er⸗ füllung dieses Wunsches zu hoffen, als das Zustandelommen der Bahn Hannover Visselhövede vornehmlich den großen Opfern der Stadt Wal zrode zu verdanken sei.

Abg. Bödicker bittet um den Weiterbau der Linie nach Osten.

Die Position wird bewilligt und über die Petitionen nach dem Antrage der Kommission beschlossen. z Für eine a n untergeordneter Bedeutung von assel nach Volkmar fen fordert die orluh⸗ 5 geb bo 6 . ie Kommission hat fich nach eingehender Berathung, . welche ein eigener schriftlicher Bericht erstattet ist, für 3 Bewilligung ausge sprochen, beantragt aber zugleich, die , um eingehende Prüfung der Frage einer thunlichst irekten Vo llbahn verbindung zwischen Kassel und Köln zu ersuchen, die eingelaufenen Pefitionen durch diese Resolution für erledigt zu erklären. 2 f g. Dr. Enne ecerus; Die Landestheile zwischen Köln, und assel entbehrten seit langer Zeit einer direkten durchgehenden Eisen⸗ bahnverbindung. Es handele fich hier um ein sehr großes Gebiet, welches von einer fehr industriellen Bevölkerung, deren Zabl 1120000 betrage, bewohnt fei. Da fehle jede größere Verbindung von dem Westen nach dem Norden unferer Monarchie hin und

Berlin, Montag, den J. Juni

d durch die Art der sonstigen Schienenwege fei die vollständige Ausnützung derselben un möglich gemacht. Seit Jahren petitionirken Kreise, Städte,

andelskammern um eine Vollbahn Köln-Kassel. Alles vergeblich!

tatt dessen werde nun das vorliegende Sekundärbahn Projekt vor⸗ geschlagen; diese Bahn würde das Anfangsglied der großen Route Kaffel-Köln bilden. Aber dazu sei sie ungeeignet wegen ihrer starken Steigung und zahlreichen Krümmungen mit kleinem Krümmungs— radius, welche sie zum großen Courierzugsverkehr zu be— nutzen verbieten. Außerdem solle noch zu der projektirten Route ein schon vorhandenes Stück Sekundärbahn benutzt werden, sodaß diese Linie von jeder Störung der älteren Linie, welche die gleiche Route benutze, mit abhängig sein würde. Die Auffassung, das Bahnprojekt sei vollständig geeignet, als Anfangsglied der großen Strecke zu dienen, fei auch erst in der Kommission hervorgetreten; in der Begründung der Vorlage sei davon nichts zu lesen. Auch sei bei der Herstellung des Projekts keine von den Kautelen beobachtet, welche bei Vollbahnen nöthig seien. Man habe die Sache nicht, was bei einer strategisch so wichtigen Bahn nöthig gewesen wäre, dem Generalstab vorgelegt; auch nicht dem Reichs- Essenbahnamt, was doch mit jedem Vollbahn projekt geschehen müsse, bei dem Steigungen im Verhältniß von . als 1: 80 vorkämen. Erst als die Regierung die starke Oppo⸗ sition gegen das vorliegende Projekt bemerkt habe, habe man sich zu einer Erklärung herbeigelassen. Es handele sich ja nicht darum, die Interessen der zwischen Kassel und Volkmarsen liegenden Ge—⸗ meinden zu schädigen, sondern darum, die Anregung zur weiteren Prüfung der technischen Fragen zu geben. Er komme nochmals auf die strategischt Wichtigkeit der Vollbahn Köln —-Kassel zurück; der Bundeskanzler habe im Jahre 1867 in einem Brief an den Handels⸗Minister dies militärische Interesse hervorgehoben und deswegen die Errichtung dieser Bahn strecke angeregt. Auch der jetzige Chef des Generalstahes habe in einem Schreiben vom 15. April d. J. das Gleiche gethoͤn. Er sei ein Freund des Staatseisenbahnsystems von Anfang an gewesen, aber dies System dürfe keine Einseitigkeit aufkommen lassen; seit seinem Besteben feien nur Sekundärbahnen errichtet worden, aher keine neue Vollbabhn; hier nun handele es sich nicht bloß um die Frage, solle eine Sekundärbahn oder solle eine Vollbahn errichtet werden, sondern darum, ob eine Sekundärbahn gebaut werden solle, welche das Zustandekommen der Vollbahn auf absehbare Zeit unmöglich mache. Pier fei, wenn die Regierung selbst die Bahn nicht bauen wolle, ge⸗ nägendes Privatkapital bereit, die Sache zu unternehmen die Irter,; effenten warteten nur auf die Konzession, und eines werde der Staat thun müssen: entweder selbst bauen oder die Konzession geben. Es solle ja die Hoffnung der zwischen Kassel und Volkmarsen liegenden Ortschaften nicht vernichtet, es solle die Sache nur um ein Jahr aufgefchoben werden, um eine nochmalige Prüfung vornehmen zu können. Deshalb bitte er, keinen voreiligen Schritt zu thun, die Vorlage abzulehnen und nur die von der Kommission vorgeschlagene Resolution, welche die Vollbahn anrege, anzunehmen.

Abg. Althaus: Die hier vorgeschlagene Sekundärbahn könne wohl als erstes Glied der Verbindun Köln Kassel gelten. Jeden⸗ falls werde der Errichtung einer solchen Vollbahn durch diese Bahn in keiner Weise präjudizirt, aber die Interessen der einzelnen Land⸗ schaften dort seien bei der Errichtung der hier, vorgeschlagenen Sekundärbahnen stark betheiligt. Auch der Magistrat von Kassel habe sich deshalb für das Projekt ausgesprochen. Er bitte also die Vorlage anzunehmen.

Abg. Pleß: Er sei immer ein Freund des Staatsbahnsystems gewesen, allein das Staats bahnsystem müsse die berechtigten Inter⸗ essen der Industrie befriedigen, und nun werde es ihm durch die Vorlage schwer gemacht, seine Freundschaft gegenüber dem Staats bahnsystem aufrecht zu erhalten. Wenn die Regierung die Bahnlinie Köln —Kassel nicht selbst in Angriff nehmen wolle, dann möge sie doch wenigstens der betreffenden Eisenbahngesellschaft die Konzession dazu geben, nicht aber durch die hier prosektirte Sekundärbahn die ganze Sache auf lange Zeit vereiteln. Er schließe sich also dem Abg. Enneccerus an und bitte, die Vorlage abzulehnen, dagegen die von der Kommission vorgeschlagene Resolution anzunehmen.

Abg. Knobel (Wolfshagen): Er habe sich in den betreffenden Kreisen in der Bevölkerung gengu umgesehen und sei überall dem Wunsch begegnet, die hier vorgeschlagene Sekundärbahn bald möglichst errichtet zu sehen. Auch der Bürgermeister von Kassel habe sich für diefes Projekt ausgesprochen. Für die Vollbahn Köln-Kassel sprächen zur Zelt keine so dringenden Gründe, wie für die Sekundärbahn, die hier gewrdert werde. Er bitte also, dieselbe zu genehmigen. .

Abg. Simon (Waldenburg): Aus dem Abgeordnetenhause seien im Allgemeinen nur die Bewohner der einzelnen Kreise genaue Kenner der ihre Landestheile berührenden Bahnprojekte, wahrend eine allgemeine Uebersicht nur bei der Regierung zu finden sei. Darum sei er im Allgemeinen dafür, der Regierung die Verantwortung für die Auswahl der Bahnprojekte zu überlassen. Im vorliegenden Falle liege die Sache aber anders. Hier handele es sich um die Ausführung eines Planes, welcher der späteren Errichtung einer Vollbahn präͤjudizire. Sie sei ein zwei Dezennien altes Projekt; diese sehr wichtige Verbindung fehle, sie würde das Bindeglied jwischen' dem Westen und Norden. Deutschlands abgeben. Auch das strategische Interesse komme in Betracht, wenn er auch nicht glaube, daß die Pollbahn Köln- Kassel strategisch unbedingt nothwendig sei, denn sonst würde Graf Moltke nicht 25 Jahre gewartet haben, ohne fein gewichtiges Wort bei der Staatsregierung für diese Bahn einzulegen. Er möchte die Regierung bitten, dem Hause im nächsten Jahre ein neues Projekt vorzulegen. Dazu sei es aber nicht nöthig, die Vorlage abzulehnen, sondern, wenn das Haus die Refolution annehme, werde die Regierung sich wohl hüten, die Sekundärbahn jetzt fchon in Angriff ju nehmen. Er empfehle also die Annahme des Kommissionsvorschlages.

Äbg. Graf zu Limburg Stirum: Die Position würde ohne Weiteres bewilligt worden sein, wenn nicht das Projekt einer direkten Hauptbahn Kassel Köln, unterstützt von den Dandels kam · mern beider Städte, hinausgeworfen wäre. Er bedauere, daß diese Handelskammern mit folchen unreifen Anträgen an das Haus heran⸗ träten. Die Herren hätten einfach auf der Karte einen Strich gemacht und zur Regierung gesagt: Baut uns. diese Bahn. Die von den Herren vorgeschlagene Linie gehe aber über den höchsten Berg des Westerwaldes und würde durch die Steigung so theuer und so schwer zu befahren sein, daß die Entfernungen zwifchen Köln und Kassel nicht näher gestaltet würden, als auf der bestehenden Bahn über Arnsberg. Werde die Bahn Über Arns⸗ berg ganz zweigeleisig gemacht und erhalte sie auch Courierzugs · verkehr, fo würde den Wünschen der Kasseler und Kölner in befferer Weife entgegengelommen sein, als durch die neue xinie. Da Preußen einmal ein Staatsbahnsystem habe, sei er auch nicht damit einverstanden, daß eine Privatbahn konzessionirt werde. Das Haus könne nur fragen, ob im Verkehrsinteresse eine solche Bahn nöthig sei, oder ob den Intereffen der Betheiligten am Besten durch eine Ausgestaltung der Bahn über Arnsberg gedient werde? Er bedauere, daß der General⸗ stab fich in diefe Frage eingemischt habe, ehe sie von den zuständigen Behörden vollstaͤndig erledigt gewesen sei. Die Sache müsse erst im Schooße der Regierung spruchreif werden, ehe man nach Außen trete. Für die Resolutlon stimme seine Partei in dem Sinne, daß die Reglerung erwägen möge, ob nicht die Bahn über Arnsberg zur . ausgestaltet werden sollte.

nicht allein das, sondern

1891.

Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath Micke: Der Bau der ver— langten Vollbahn würde über 90 Millionen kosten; die Aufwendung eines solchen Betrages für eine Luxusbahn, wie man sie fast nennen könne, würde die Regierung der Mittel berauben, um die in diesen und anderen Landestheilen hervorgetretenen dringenden lokalen Be⸗ dürfnisse zu befriedigen. Zwischen den Interessenten und den Be⸗ hörden sei über die Art der Erreichung des Zweckes einer Bahn Köln Kassel kein Einverständniß erzielt. Die Einen wollten den Bau einer direkten Linie, die Anderen einen zweckmäßigen Aus— bau der vorhandenen Linie. In der Kommission sei die Sache bereits nach allen Richtungen geprüft. Ein Schnellzug auf der neuen direkten dinie würde immer noch 12 Minuten länger fahren als auf der jetzigen Linie über Arnsberg. In dem gebirgigen Terrain komme es nicht darauf an, welches die kürzeste Linie sei, sondern welche am Schnellsten befabren werde. Die Regierung meine mit Recht, daß ein Bedürfniß für eine direkte Linie nicht vorhanden sei. Gleichwohl habe die Eisenbahnverwaltung bei ihren Vor⸗ ermittelungen immer gesagt, daß die Verkehrsverhältnisse sich weiter entwickeln könnten und ein Bedürfniß für eine direkte Linie sich herausstellen könne. Es bleibe immer die Möglichkeit, des Baues einer direkten Verbindung Köln⸗Kassel. Man habe hierbei mit ungünstigen Terrainverhältnissen zu rechnen. Es würde ohne Aufwendung ganz unwirthschaftlicher Kosten unmöglich sein, eine Linie zu finden, die die Steigung von 1: 60 vermeiden würde. Ein volles Drittel der Länge der Bahn würde solche Steigungen zu überwinden haben. Ein weiterer Einwand gegen die Vorlage sei, daß bereits 1867 die Militärverwaltung die Nothwendigkeit jener Voll— bahn dargethan haben solle. Graf Moltke habe nur erklärt, daß eine direkte Linie zwischen Kassel und Köln mehr wünschenswerth als dringend sei. Die Militärverwaltung habe seitdem nie beantragt, diese Linie zu bauen. Das Anerbieten, eine Privatbahn zu bauen, fei nicht ernsthaft, sondern soll wohl nur ein Druckmittel gegenüber der Regierung sein. Die Aufgaben einer solchen Linie könnten einer Privat- bahngesellschaft nicht überlassen werden. Außerdem würde die Rentabilität dieser Bahn sehr zweifelhaft sein, denn der neuen Privatbahn zu Liebe würde die Staatsbahnverwaltung den durchgehenden Verkehr nicht auf dieselbe überleiten, sie würde also auf den Lokalverkehr zwischen Kassel und Köln angewiesen sein, dabei würde eine wesentliche Rente nicht herauskommen und die Gesellschaft das Unternehmen nicht lange halten können. Lehne das Haus die Poßtion ab, so erreiche es weiter nichts, als daß dem Landestheil die Wohlthat der Ver bindung vorenthalten werde, das andere würde es vor der Hand nicht erreichen.

Abg. Rickert: Es sei sebr schwierig, in dieser Frage Stellung zu nehmen. Die militärischen Gesichtspunkte könne man ruhig der Militärverwaltung überlassen. Wenn Graf Moltke gesagt habe, die Bahn sei mehr wünschenswerth als dringend, so müsse man zunächst wiffen, welche Frage an den Grafen Moltke gerichtet worden sei. Er vermuthe, der Minister habe ihn gefragt, ob die Herstellung dieser Bahn sofort nothwendig und dringlich sei. Der Regierungs ⸗Kom⸗ missar habe erklärt, daß Alles darauf eingerichtet sei, daß die Bahn Kaffel Wolfhagen einmal als Vollbahn ausgebaut werde. Aber feine sonstigen Ausfuͤhrungen hätten sich direkt gegen das Projekt Kaffel⸗Köln gerichtet, denn er habe sie eine Luxusbahn genannt, die über 90 Milllonen kosten würde. Bet dieser so zweifelhaften Frage möchte er den Minister bitten, die Sache vorläufig fahren zu lassen und erst einen speziellen Kostenanschlag vorzulegen, damit das Haus Klarheit in die Sache bekomme. Das Privatkapital habe die Konzeffion für eine Privatbahn verlangt; die Regierung habe sie aber verweigert. Welches Recht habe also der Kommissar zu sagen, daß das ein Druckmittel sein solle? Das seien die Folgen des Staats⸗ bahnfystems, daß Privatbahnen verhindert würden. Wenn die Regierung es nicht dulden wolle, daß das Privatkapital herangehe, dann müsse der Staat es machen. Nicht nur das Großkapital in Kassel und Köln wünsche die Linie, sondern große Interessen großer Bevölkerungskreise verlangten sie. Ein weiterer Grund, heute non liguet zu fagen, liege darin, daß der gegenwärtige Moment, wo im Eisen⸗ bahn-Ministerium ein Wechsel bevorstebe, der ungeeignetste sei, eine solche Entfcheidung zu treffen, die ein Präjudiz enthalten würde. Die Interesfenten verlören nichts, wenn sie noch ein paar Monate warreten, ein klares Urrheil sei nicht möglich, ehe nicht die nöthigen Vorarbeiten gemacht seien.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach:

Ich muß um Ihre Nachsicht bitten, wenn ich durch mein Be finden genöthigt weder laut noch anhaltend spreche; ich beschränke mich deshalb auf wenige Worte.

Zunächst danke ich dem Hrn. Abg. Rickert für die freundlichen Worte, die er an mich gerichtet hat, im Hinblick auf ein mir bevor— st ehendes Ereigniß.

Sodann möchte ich die Bitte an Sie richten, sich in diesem Falle doch daran zu halten, daß der Sperling in der Hand besser ist, als die Taube auf dem Dach. Ich habe die große Besorgniß und deshalb warne ich Sie vor einem solchen Beschluß, wie er vorge⸗ schlagen ist daß Sie die Landestheile, um die es sich handelt, und für die ich persoönlich die lebhaftesten Sympathien habe, wie man zu sagen pflegt, zwischen zwei Stühle setzen.

Der Accent in der ganzen Vorlage liegt, wie mein Herr Kommissarius und der Hr. Abg. Simon ganz richtig gesagt haben, auf der Frage: präjudizirt dieses vorliegende Pro— jekt einem größeren von Ihnen gewünschten oder doch für beachtenswerth gehaltenen in einer solchen Weise, daß das Eine das Andere verhindert? Und da darf ich Ihnen ganz bestimmt sagen: ein solches Präjudiziren liegt nicht vor. Wir können das Eine thun und das Andere vielleicht doch wollen.

Das gebe ich ja zu und ich korrigire damit nicht eine frühere Aeußerung, die ich gethan habe, daß eine Bahn von Kassel nach Köln zu den Möglichkeiten gehört.

Die Militärverwaltung hat ich habe nicht direkt, wie ich be⸗ merken will, mit dem General⸗Feldmarschall Grafen von Moltke korrespondirt, sondern es ist dies vom Reichskanzler geschehen allerdings eine Linie von Kassel nach Köln als wünschenswerth bezeichnet, das ist auch kürzlich noch geschehen. Ueber solche Dinge verhandle ich als Minister nicht mit dem General— stab direkt, sondern ich habe mich an meinen Kollegen den verantwortlichen Herrn Kriegs ⸗Minister zu wenden. Der hat mir allerdings sein Interesse kundgegeben, allein die Wünsche wurden doch nicht damit motivirt, daß eine solche Linie als Nothwendigkeit zu bezeichnen sei. Wäre dies der Fall gewesen, dann würde ich vielleicht die Rückfrage an ihn gerichtet haben: was will denn das Reich dazu thun, eine Linie für militärische Zwecke herzustellen, die auf große Leistungen eingerichtet sein muß? Denn das wollen wir uns doch nicht verhehlen, daß, wenn eine direkte Linie von Kassel nach Köln ein