1891 / 129 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

finden. Als spätester Termin der neuen Gehaltsfestsetzungen ist der 1. Oktober d. J. bestimmt worden. .

Zu weiteren Beschwerden hat den mehrerwähnten Lehrern (Lehrerinnen) das Verfahren bei Bemessung ihrer Pen sions⸗ anfprüche Anlaß gegeben, da, von einzelnen provinzial⸗ gesetzlichen Vorschriften abgesehen, Mangels einer eingehen den gesetzlichen Begrenzung dieser Rechte die Praxis der Behörden anscheinend eine sehr verschiedene gewesen ist. Es ist indeß bereits in dem Erlaß vom 14. Februar 1890 („Centr.⸗Bl.“ Seite 278) darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Königlichen Regierungen auf Grund des 5. 18 der Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817 ermächtigt und verpflichtet sind, das Ruhegehalt nach den konkreten Verhältnissen in angemessenem Betrage festzusetzen, und daß dabei von gleichen Grundsätzen ausgegangen werden soll, wie sie nach dem Gesetz vom 6. Juli 1885 für die, Pensionirung der öffentlichen Volksschullehrer bestehen Die Königlichen Regierungen sind daher durch die gleiche Verfügung veranlaßt worden, fortan allgemein hiernach zu verfahren und, soweit entgegenstehende Statuten über die Pensionirung mit Zu⸗ stimmung der Königlichen Regierungen errichtet sind, welche die Lehrer weniger günstig stellen, deren Abänderung herbei⸗ zuführen. Der Minister hofft, daß auf diesem Wege Seitens der Königlichen Regierungen den berechtigten Klagen alsbald in ausreichender Weise abgebolfen wird, und sieht im Oktober d. J. der Einreichung einer Uebersicht entgegen, welche ergiebt, in welcher Weise dies geschehen ist.

Es sind neuerdings Zweifel darüber entstanden, ob der allgemeine Grundsatz, daß in den Vorschulen der vom Staate unterhaltenen oder unterstützten höheren Lehranstalten Schul— geldbefreiungen nicht bewilligt werden dürfen, in— soweit verlassen werden könne, als durch die Bewilli⸗ gung von Schulgeldfreiheit an Vorschüler und Schüler der Hauptklassen zusammen der nach dem Etat zu⸗ lässige Schulgelderlaß für die Hauptanstalt nicht über— schritten wird. Die Erörterung der Angelegenheit hat zur Verneinung der Frage geführt, da die Regel, daß Schulgeld⸗ befreiungen nur bis zu 10 Proz. der Einnahme von Schulgeld aus den Hauptklassen, nicht aber auch aus der Vorschule, be⸗ willigt werden dürfen, nicht wohl eine andere Auslegung ge— stattet, als daß Schuldgeldbefreiungen nur den Schülern der Hauptklassen einzuräumen sind.

Hiernach ist nach einer Verfügung des Mimsters der geistlichen 2c. Angelegenheiten künftig sowohl bezüglich der staatlichen als der vom Staate unterstützten Anstalten zu ver— fahren; jedoch kann den bereits jetzt von Schulgeld befreiten Vorschülern dieser Vorzug ausnaͤhmsweise auch ferner belassen werden.

Der Staatssekretär des Reichs-Postamts Dr. von Stephan ist gestern in Konstantinopel angekommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ober⸗Regierungs⸗Rath Geiger ist hier angekommen.

Das „Marine-Verordnungzblatt“ veröffentlicht folgende Mittheilungen über Schiffsbewegungen (Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbs, nach dem Orte Abgang von dort):

S. M. Vermessfhrig. „Albatroß Wilhelmshaven 6./ 5. Elbe. (Poststation: Wilhelmshaven) S. M. S. Blücher Kiel. (Poststation: Kiel) S M. Pzfhrzg. „Bremse? 13/6. Wilbelmshaven 19.5. 22.5 Wilhelmebaven 1 6. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Krzr. Bussard', S. M. Av. Greif Kiel. (Poststasion: Kiel) S. M. Av. Grille‘ 12.65. Exinburg 19/5. In verneß 31. 5. (Poststation: Wilbelmshaven). S. M. Krzr. „Habicht“ 8 4. St. Paul de Loanda 10.4. 17.4. Kamerun. (Poststafion: Kamerun) S. M. Fhrzg. „Hay Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Vacht . Hohenzollern“ Bredow. (Poststation: Bredow b. Stetfin.) S. M. Knbt. . Hyäne“ 27.4. Sierra Leone 8./ 5. Kamerun Kapsfadt. (Poststation: Kapstadt) S M. Av. . Jagd“ Wilhelmshaven 28.5. 30 . Altona 1/6. (Post⸗ station: Wilhelmshaven) S. M Knbt. „Iltis“ 20/4. Hankow 17/65. 18. 5. Kiukiang 18. 5. 19/6. Onking 21. / 5. 21.5. Kiukiang. (Poststation: Hongkong.) S. M, Segel fhrzg. . Liebe! Kiel. (Post station: Kiel.) S. M. Fhrzg. „Loreley 30. /4. Alcxandrien 12 /5. 14. I 5. Jaffa. 14 5. 26 5. Beirut 25. s5. 29. 5. Smyrna 4.16. Konstantinopel. (Poststation:; Konstantinopel) S. M. S. Luise!

Kiel. (Poststation: Kiel. S. M. Segelfbrzg. . Lust‘ Kiel, (Post station: Kiel.) S. M. S. „Mars“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmsbaven) S. M. Av. . Meteor. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. Möwen Sansibar 1/5. Seychellen 29. 5. Sansibar. (Poststation: Sansibar) S M. S. . Moltke“ 98. 5. Eckernförde 12/6. = 16.5. Saßnitz 19/5. 22.5. Danzig 28. /. 1 6. Kiel (Poststation: Kiel.) S. M. Pzfhrzg . Mücke Wilhelmshaven 25. s5.— 27.5 Wilhelms haven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Brigg. Mus quito“ Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. Fhrzg. „Nachtigal! Kamerun. (Poststation: Kamerun.) S. M. Vermessfhrzg. ‚Nautilus“ 27. 4. Lauterbach a. Rügen 14/5. Stralsund 20. / 5. 20. 5. Greift wald 29/5. Stralsund 1/6. 1./6. Eldena. (Poststation; Kiel.) S. M. S. „Nixe“ 28. 4. Havanna 6./ 5. 17.5. Norfolk 23. 5. Plymouth. (Poststation: Norfolk Virginia, Vereinigte Staaten.) S. M. Fhrzg. ‚Otter! Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Minenschulschif Rhein! Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. „Schwalbe“ Sansibar. L / 6. Seychellen. (Post⸗ station: Sansibar.) S. M. Krzr. „Sperber! Sydney 21/3. Neu⸗Guinea Marschall⸗Inseln. (Poststation: Sydney Australien.) S. M. S. . Stosch“ Kiel 2. 6. Arendal Cowes. (Poststation;: bis 6/6. Arendal Norwegen), vom TJ. / ůÿ ab Cowes 1Insel Wight!) S. M. Segelfhrzg. Wille! Wilhelmshaven. ( Post⸗ statlon: Wilhelmshaven) S. M. Knbt. Wolf‘ 25. 4 Amov 12.5. 14.5. Takau 16.665. 206. Kelurg 21 s6. 24/56. Shanghai. (Poststation: Hongkong.) S. M. Segeishrzg. Wunsch“ Kiel. (Postst ation: Kiel) Kreuzer Geschwader: S. M. S. Leipzig“ (Flaggschifffl. S. M. S. . Alexandrine“, S. M. S. . Sophie 18. 4. Yokohama 3 5. San Francisco. (Poststation: Panama) Manösverflotte: 1. Division (Ma- növer Geschwader): S. M. S. Baden ( laggschiff ü! S. M. S. „Bavern. Kiel, S. M. S „Oldenburg“ Wilhelmshaven 4 5. 65. Kiel. (Poststation: bis 4/6. früh Kiel, vom 4/6. Mittags ab Wilhelmshaven.) S. M. Pifhrzg. „Siegfried Kiel 11 5. 146. Wilhelmshaven 27/5. 2.6. Wishel msbaven. (Poststation: Wil belmshaven.) S. M. Av. „Zicten· Kiel. sPoststation:

bis 4/6. früh Kiel, vom 416. Mittags ab Wilhelmehaven.) 2, Di visien (MMebungs ⸗Geschwader): S. M. S. „Kaiser“ (Flagg⸗ schiff, S. M. S. Deutschland' Kiel. S. M. S. „Friedrich Cart= 18.4. Wilbelmshaven 16/5. 18 5. Kiel. S. M. S. „Preußen“ 18.4. Wil helmehgven 16/15. Kiel. (Poststation: bis 4 6. früh Kiel, vom 4/6. Mittags ab Wilhelmshaven) S. M. S. „Prinzeß Wilbelmꝰ 8 5. Wilbelmsbaven 13.5. 15/65. Wisßelmshaven 18/5. 3065. Wilhelmehgven, (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Av. „Pfeil! 18.14. Wilhelmshaven 14/5. 16 5. Kiel.

(Peststation: bis 4/6 früh Kiel, vom 4 /6. Mittags ab Wilhelms. baven) Torpedobogtsflottil le: S. M. Ao. . (Flottillenfahrzeug) Kiel. S. M. Tipdodivboot „D. 67, S. ; Trydoboote 8 56“, „8. 517, ‚S 527, S. 53, 8. 55 *, . 8. 56“ Kiel (2. Torvedobeots-Division). S. M. Tapdodivboot . D. 3“, S M. Trpedoboote 8. 33, .8. 34, .8 355, „8 385, . 8. 40, „S. 41* Kiel (3. Torpedoboots⸗Division.) (Poststation: Kiel)

Bayern.

München, 3. Juni. Seitens des Königlichen Staats- sinisteriums des Innern ist nunmehr, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, der Auftrag an die einschlägigen Kreisregierungen ergangen, die Termine für die Vornahme der erforderlichen Nachwahlen von Landtags-Abgeordneten festzusetzen und hierbei, soweit thunlich, auf die Erntearbeiten, andererseits darauf Bedacht zu nehmen, daß die sämmtlichen Nachwahlen bis spätestens Mitte September d. J. vollzogen sind. Nachwahlen sind erforderlich: in den Wahlkreisen Traunstein, Ingolstadt,

Hof, Ansbach, Dinkesbühl, Kitzingen und Amberg.

Hessen. Ihre Hoheit die Herzogin von Sachsen-Altenburg ist der „Darmst. Ztg.“ zufolge am 2. d. M. zu einem mehr—⸗ wöchigen Aufenthalt in Bad- Nau heim eingetroffen.

Großbritannien und Irland.

Der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt hat, einem Wolff'schen Telegramm aus London von gestern zufolge dem Lordmayor in einem Schreiben mitgetheilt, daß Seine Majestät der Deutsche Kaiser sich sehr freuen werde, während seines Aufenthalts in England eine Bewill⸗ kommnungs⸗Adresse Seitens der Korporation der City in der Guildhall zu empfangen. Seine Majestät nehme gleichfalls die Einladung zum Lunch an und danke dem Lordmayor für dessen Brief.

Der Staatssekretär für Irland Balfour erklärte in einer Versammlung des unionislischen Frauenvereins: die Zeit sei gekommen, ohne Gefahr in fast ganz Irland auf Grund des gemeinen Rechts zu regieren und die Wirksamkeit der Ausnahmegesetze auf eine Grafschaft und mehrere Distrikte zu beschränken. .

An Stelle des verstorbenen Sir Robert Fowler ist gestern der frühere Lordmayor von London Sir Reginald Hanson (konservatiy) zum Deputirten der City ge— wählt worden. Ein Gegenkandidat war nicht aufgestellt.

Lord Randolph Churchill ist auf seiner Reise nach Maschonaland in Kimberley angekommen.

In einer am Dienstag Abend in London abgehaltenen Versammlung des Vereinigten Synagogen-Verbandes erklärte Lord Rothschild der „A. C.“ zufolge: die jüdische Gemeinschaft dürfte sich nicht verhehlen, daß fie einer ernsten Zeit entgegen zu blicken hätte, denn allem Anschein nach würde eine Reihe armer Glaubensgenossen nach England kommen. Er glaube indeß nicht, daß diese allgemein aus⸗ gesprochene Ansicht sich bewahrheiten würde, denn die besser Siiuirten der vertriebenen russischen Juden dürften sich anderswo niederlassen, da ihnen jüngst Mittheilungen über

die Ueberfüllung des englischen Arbeitsmarkts zugegangen

seien.

Frankreich.

Paris, 4. Juni. Der Kaiser von Rußland hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Mittheilung hierher gelangen lassen, daß ihm der Graf Montebello als französischer Botschafter in St. Petersburg genehm sei; die Ernennung de aselben dürfte demnächst erfolgen,

Der bisherige französische Gesandte in Kopenhagen Thomson ist zum Generalsteuereinnehmer in Mont— pellier ernannt. 6

Die hier gepflogenen Verhandlungen des portugiesischen Finanz-Ministers Mariano Carvalho dürften, wie man in unterrichteten Kreisen glaubt, zu einem befriedigenden Abschluß gelangen. Der Minister gedenkt am Sonnabend nach Lissabon zurückzukehren. .

Der chilenische Gesandte in Berlin Godoy, welcher hier sein Beglaubigungsschreiben überreicht hatte, ist, wie aus Havre gemeldet wird, daselbst eingetroffen.

Die Deputirtenkammer nahm gestern mit 406 gegen 3 Stimmen einen Antrag an, durch welchen der zwölf— stündige Arbeitstag für die Beamten und Arbeiter solcher DTransportunternehmungen festgesetzt wird, die vom Staat, den Departements oder Gemeinden geneh— migt sind. .

Der Minister des Innern beabsichtigt, wie bereits ge⸗ meldet, demnächst der Deputirtenkammer den Gesetz— entwurf, betreffend die Altersversorgung der Arbeiter, einzubringen. Dieser Entwurf zielt, wie die „Fr. C.“ hervor⸗ hebt, darauf ab, den Arbeitern, die weniger als 3000 Fr. jährlich verdienen, ein Ruhegehalt von 300 bis C00 Frs. zu ,, Man hat ausgerechnet, der Arbeiter liege durch— chnittlich 2900 Tage im Jahre seiner Berufsbeschäftigung ob. Wenn er vom 25. Lebensjahre an jeden Tag 5 Cts. und der Arbeitgeber eben so viel für ihn ein zahlt, so wäre nach 30 Jahren eine Rente von 180 Frs. jährlich ge⸗ sichert und der Staat würde die Differenz bis 300 Frs. daraufgeben. Aehnlich bei dem Arbeiter, der 10 Cts. täglich bezahlen wolle. Der Arbeitgeber müßte dasselbe thun und der Staat würde die Differenz von 360 600 Frs. bezahlen. Wenn der Arbeiter aus irgend einem Grunde seine Zahlungen einstellte während eines Zeitraums von höchstens 5 Jahren, so wäre er darum seiner Rechte nicht verlustig, sondern hätte während einer entsprechenden Zeit nachzuzahlen. Der Arbeiter, der durch Unfälle oder Gebrechlichkeiten verhindert wäre, die Ein⸗ zahlungen fortzusetzen, hätte Anspruch auf eine regelmäßige Unterftützung. Die Unterstützungskasse würde genährt durch die bereits gemachten Einzahlungen, durch die heim⸗ gefallenen Einzahlungen, durch Spenden, Vermächtnisse u. s. w. Der Entwurf sieht ferner die Möglichkeit voraus, den Arbeiter auch für den Todesfall zu versichern, nämlich so, daß seine Wittwe oder Kinder vor oder nach dem Ablauf der dreißig Jahre das Kapital in Empfang nehmen könnten, während im Ueberlebensfalle die Rente gesichert bliebe. Nur müßten in diesem Falle die Einzahlungen höher sein, da der Staat nur soweit eingreift, um dem Arbeiter eine Rente von höchstens 600 Fres. zu sichern.

Der Pariser en drr att nahm mit 48 gegen 3 Stimmen eine Tagesordnung an, in welcher der Seine⸗

präfekt wegen seiner Abwesenheit von Paris während des Ausstandes der Omnibus⸗Angestellten und wegen systematischer Verschleppung der ihm zugewiesenen Geschäfte getadelt wird.

Der in der Melinitaffaire verhaftete Fasseler (siehe die gestrige Nummer d. Bl. unter den nach Schluß der Redaktion , Depeschen) gestand bei dem Verhör vor dem Unkersuchungsrichter, er habe Triponé Zeichnungen von Geschütztheilen übergeben, jedoch nicht aus Gewinnsucht, sondern, weil er geglaubt habe, dem ihm befreundeten Triponé, welcher Landwehroffizier sei, dies nicht verweigern zu können. Triponé ließ von den ihm jeden Sonnabend übersandten Plänen Kopien anfertigen; am Montag wurden dann die Pläne an die Waffenfabrik zurückgestellt. .

Die französische Expedition an der Elfenbein⸗ st e, welche unter dem Befehl des verstorbenen Lieutenants Quiquerez stand, hat bei einem Zusammenstoß mit den Eingeborenen ihr sämmtliches Material und alle Waffen verloren.

Nach den neuesten Berichten aus Hinter Indien hat sich die Lage in Tongking nicht gebessert. Die Räubereien und die Kämpfe zwischen den Piraten und den Truppen dauern fort. Der bedeutendste Kampf fand, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, auf der Insel Kesal statt; 150 Milizen unter dem Befehl des Inspektors Goerg haben dort eine 200 Mann starke Räuberbande geschlagen und ihr einen Verlust von 100 Todten und Verwundeten beigebracht. Nach diesem Erfolg stieß Goerg aber auf so große feindliche Streit⸗ kräfte, daß er den Rückzug antreten mußte. Eine andere Bande, die geraubte Frauen und Kinder nach China führen wollte, wurde von dem Kapitän Castanier mit nur 50 Mann überfallen, 61 Frauen und Kinder wurden den Räubern ent⸗ rissen, dabei aber sechs Frauen getödtet.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkam mer erklärte, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, der Minister⸗ Präsident Marchese di Rudini in Beantwortung einer An⸗ frage des Deputirten Pais, „ob die Regierung gegen die Judenverfolgungen in verschiedenen Theilen Europas Schritte thun wolle“; Die italienische Regierung könne sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten nicht ein⸗ mischen; sollte sie jedoch in die Lage kommen, in dieser Angelegenheit ihre Stimme abzugeben, so könnte dies nur zu Gunsten religiöser Duldsamkeit sein.

Portugal.

Unter den Dokumenten des an die Cortes vertheilten Weißbuchs über das englisch⸗portugiesische Ab— kommen befindet sich auch eine Depesche des ehemaligen Ministers des Auswärtigen Bocage vom 5. November 1890, welche denjenigen Mächten, die die Ansprüche Portugals bei England befürworteten, den Dank der Regierung ausdrückt. Die Kommissionen für auswärtige, finanzielle und kolo—⸗ niale Angelegenheiten haben sich fuͤr sofortige Annahme des Abkommens auf den von der Regierung beschlossenen Grund⸗ lagen ausgesprochen. Der Bericht hierüber soll morgen der Deputirtenkammer vorgelegt werden, die voraussichtlich die Berathung am Sonnabend beginnen wird.

Schweiz.

Der Bundesrath hat, wie dem „W. T. B.“ aus Bern gemeldet wird, der Bundesversammlung einen Gesetzentwurf über die Errichtung von Radfahrer-Abtheilungen in der Armee zugehen lassen.

Belgien.

Das in Brüssel gestern erschienene amtliche Blatt des unab⸗

hängigen Congostaats veröffentlicht den zwischen Deutsch⸗

land und dem Congostaat abgeschlossenen Ausliefe⸗ rungsvertrag.

Rumänien.

Bukarest, 3. Juni. Die Deputirten kammer hat nach Reden des Minister⸗Präsidenten und Finanz-Ministers den Adreßent wurf der Majorität mit 70 gegen 30 Stimmen angenommen.

Schweden und Norwegen.

(F) Christiania, 1. Juni. Das Konstitutions—⸗ Comité des Storthings hat seinen Bericht über den Etat für die auswärtigen Angelegenheiten erstattet. lichen Ministers des Aeußern zu Grunde, daß er die Einziehung irgend einer Gesandtschaft nicht vor— schlagen könne; dieser Erklärung hatte sich die nor⸗ wegische Regierung in der Hauptsache und zwar auf Antrag des Departements des Innern angeschlossen. Die Mehrheit des Comités findet jetzt auch, daß die Gesandtschaften in Konstantinopel und Wien, nachdem die Ausgaben für die⸗ selben herabgesetzt worden, beizubehalten und auf gewöhn⸗ liche Weise zu besetzen sind. Bezüglich der im Storthing und im schwedischen Reichetage geäußerten Wünsche wegen einer allgemeinen Beschränkung der diplomatischen Ausgaben erklärt das Comité, daß es für wünschenswerth zu erachten sei, wenn die diploniatischen Aemter so besoldet würden, daß man bei der Besetzung derselben die freie Wahl zwischen Personen mit oder ohne Vermögen haben könne, und daß die bei den Gesandtschaften Angestellten die soziale Stel⸗ lung einnehmen könnten, welche die Erfüllung ihres Berufes erfordere. Das Comité will wegen der Frage einer weiteren Herabsetzung der Gehälter keine Vorschlage machen, sondern sie weiterer Erwägung anheimgeben. Die Minorität des Comitès möchte dagegen die Ausgaben für alle diplomatischen Ver⸗ tretungen herabgesetzt und die Gesandtschaft in Konstantinopel be⸗ sonders durch ein General-Konsulat mit diplomatischem Titel er⸗ setzt sehen. Schließlich hat das Comité die Frage wegen der Anstel⸗ lung besonderer norwegischer Konsuln in Erwägung genommen und beantragt nun: „Das Storthing wolle die Regierung ersuchen, in Erwägung zu nehmen und einem der nächsten Storthings eine Darlegung darüber zustellen: 1) in⸗ wieweit und in welcher Ausdehnung die Anstellung von eigenen Konsuln oder die Errichtung eines eigenen Konsulats⸗ wesens für Norwegen als durch das Bedürfniß erfordert erachtet werden könne, und welche Ausgaben dies eventuell verursachen würde; 2) inwieweit und in welcher Ausdehnung die Konsulatsabgaben herabgesetzt und die Ausgaben für unser Konsulatswesen überhaupt eingeschränkt werden können.“

Amerika. Uruguay. Dem „R. B.“ wird aus Montevideo ge⸗ meldet: daz am 3. d. Mi. vom Finanz⸗Minister eingebrachte Budget-Exposs werde als befriedigend angesehen. Die

Dem Bericht liegt die Erklärung des gemeinschaft⸗

Einnahmen . die Ausgaben nach dem Voranschlage; unter den letzteren befänden sich Za hlungen für die öffentliche Schuld und die für Bahnen geleiste ten Garantien.

Argentinien. Nach in Paris eingetroffenen Berichten aus Buenos-Aires vom 2. Juni hat die Kammer den Gesetzentwurf angenommen, nach welchem das Recht zu ge⸗ richtlichen Klagen wider Beamte während eines Zeit⸗ raumes von dreißig Tagen ruhen soll. In der Kammer wurde ferner ein Antrag eingebracht, durch welchen die Ausfuhr von Metallen verhindert werden soll. Die Berathung des Moratoriums bezüglich der Banken dauert im Parlament fort.

Asien.

China. Nach in Paris eingegangenen Meldungen des W. T. B.“ aus Shanghai dauern die Unruhen im Wuhugebiet immer noch port.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (95. Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, taats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Minister des Innern Herr furth, der Finanz-Minister Dr. Miguel und der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz-Trützschler beiwohnten, wurde in dritter Berathung der Gesetzentwurf zur Ausführung des §. 9 des Gesetzes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katholischen Bisthümer und Geistlichen, vom 22. April 1875, nach einer kurzen ,, des Abg. Rickert angenommen. Ebenso wurde in dritter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend das Verbot des Privathandels mit Staatslotterie⸗Loosen ohne Debatte nach den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen. Darauf folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die außerordentliche Armenlast. ; 3. 31 wurde unverändert angenommen. §. 31 a lautet:

Die allgemeinen Verwaltungskosten der Anstalten und die Kosten der von der Anstalt selbst bewirkten Beerdigung trägt der Landarmenverband. Die sonstigen Kosten hat dem Landarmenverbande, sofern es sich nicht um einen landarmen Hülfsbedürftigen handelt, vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung, der endgültig unterstützungs⸗ pflichtige Ortsarmenverband zu erstatten. Die Erstattung erfolgt durch Vermittelung des Kreises, welchem dieser Ortgsarmenverband angehört; der Kreis ist verpflichtet, dem Ortsarmenverbande mindestens zwei Drittel der von Letzterem aufzubringenden Kosten als Beihülfe zu gewähren.

Unberührt bleiben alle auf besonderen gesetzlichen Bestimmungen oder Titeln beruhenden Verpflichtungen.

Abg. Drawe beantragte:

binter Absatz 1 folgenden Satz hinzuzufügen:

Wenn aber das dem Ortsarmenverbande danach zur Last fal⸗ lende Drittel in einem Jahre 25 o der von demselben aufzubrin— genden Staatssteuern (Einkommen-, Klassen⸗,, Grund⸗, Gebäude⸗ und Gewerbesteuer) übersteigt, so hat der Kreis auch diesen Mehr— betrag zu übernehmen.

Abg. Wessel beantragt, an die Stelle des zweiten Satzes

folgenden Satz zu setzen:

Der Landarmenverband ist berechtigt, sofern es sich nicht um einen landarmen Hülfsbedürftigen handelt, vorbehaltlich ander— weitiger Vereinbarung Ersatz der sonstigen Kosten von dem end⸗ gültig unterstützungepflichtigen Ortsarmenverband za verlangen.

Der Minister des Innern Herrfurth sprach sich gegen den Antrag Drawe aus, ebenso die Abgg. von Rauchhaupt und Fritzen (Borken), worauf Abg. Drawe seinen Antrag zurückzog.

„ZI a wurde mit dem Antrage Wessel angenommen.

§. 316 und 316 gelangten unverändert zur Annahme.

31 d lautet:

Kreise oder Ortsarmenverbände, woche für einen der von den Landarmenverbänden unmittelbar zu abernehmenden Zweige der Armenpflege bisher schon in ausreichender Weise gesorgt haben, können, so lange dies der Fall ist, nicht gegen ihren Willen ver— pflichtet werden, an der betreffenden Einrichtung des Landarmen⸗ verbandes Theil zu nehmen oder zu den Kosten derselben bei— zutragen.

Kreise und Ortsarmenverbände sowie die aus mehreren Ge—⸗ meinden oder Gutsbezirken zusammengesetzten Kommunalverbände können mit Genehmigung detz Ober ⸗Präsidenten auch in Zukunft die Fürsorge für hülssbedürftige Geisteskranke, Idioten, Epileptische, Taubstumme und Blinde in eigenen Anstalten übernehmen.

Die in Folge der Ausführung der vorstehenden Vorschriften erforderliche Regelung der Verhältnisse ist, unbeschadet aller Privat⸗ rechte Dritter, durch den Ober ⸗Präsidenten zu bewirken.

Streitigkeiten, welche hierbei entstehen, unterliegen der Ent— scheidung des Ober ⸗Verwaltungsgerichts.

Abg. Wuermeling beantragte, das Wort „eigenen“ in der letzten Zeile des Abs. 2 zu streichen.

Für diesen Antrag sprachen die Abgg. Fritz en , Dr. Freiherr von Heereman und Seyffardt (Magdeburg), gegen denselben die Abgg. von Rauch haupt, Hansen, Bohtz, Dr. Langerhans, von Jagow und der Minister des Innern Herrfurth.

Der Antrag Wuermeling wurde angenommen und mit dieser Aenderung §. 31.

Der Rest des Gesetzentwurfs wurde nach den Vorschlägen der Kommission angenommen.

Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete die

weite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die bänderung einiger Bestimmungen wegen der

Pensionirung der Gemeindebeamten in den Land—

gemeinden der Rheinprovinz. ; !.

Berichterstatter Abg. Ol zem beantragte die unveränderte Annahme der Regierungsvorlage; das Haus beschloß ohne Debatte nach diesem Antrage.

Morgen, 11 Uhr, wird die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Förderung der Renten— güt er, stattfinden.

Schluß der Sitzung 1 Uhr 5 Minuten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines

FKeseßee betreffen Eintragungen in die Höferolle und

andgüterrolle, auf Ersuchen der Generalkommission, Ugegangen.

Die Wahlprüfungskommission des Hauses der 1b ge gd met n hat Betreffs der Wahl des Abg. von Selle (4. Marienwerder) beschlossen, Erhebungen über vorgenommene Un⸗ regelmäßigkeiten, event. durch eidliche Vernehmung der Betheiligzten, beim Plenum ju beantragen. 9

Von der deutsch-freisinnigen Paxtei ist in dem Hause der Abgeordneten nachstehender Antrag eingebracht worden:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, das Materialüber die zur Zeit ver⸗ fügbaren Getreidebestände und die diesjährigen Ernte⸗ aussichten, welckes nach der Erklärung des Hrn. Minister⸗Präsi⸗ denten in der Sitzung vom 1. Juni d. J. die Grundlage für die Entschließung der Staatsregierung in Betreff der Getreidejölle ge— bildet hat, dem Abgeordnetenhause mitzutheilen.

Nr. 9 des Archivs für Post und Tel e graphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Attenstücke und Aufsätze; Die Wiederherstellung eines altertbümlichen Wagens auf Grund des Somodorer Fundes. Ueber die Bauart und den Betrieb der unter⸗ seeischen Telegraphen Leitungen. Die Robinson ⸗Insel. II. Kleine Mittheilungen: Blitzschden an Bord von Schiffen auf Sec. —— Dat Telephon als optischer Apparat zur Strommessung. Eine Arbeits- stätte von 235 Stockwerken. III. Literatur des Verkehrswesens: Deutsches Kriegsschlffsleben und Seefahrkunst. Von B. von Werner, Contre⸗Admiral a. D. Mit 60 Abbildungen und rier Karten. F. A. Brockhaus, Leipzig 1891.

Nr. l der Veröff entlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ Jundheitsamts vom 2. Juni hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. Volkskrank— heiten und Sterbefälle im April. Sterbefälle in deutschen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandeg. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Oeffentliches Ge⸗ sundheitswesen des Reg. Bez. Merseburg 1886/88. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuchen in der Schweiz 1391, 1. Vierteljahr. Lungenseuchen in Großbritannien. Veterinär ⸗polizeiliche Maßregeln. Medizinalgesetzgebung u. s. w. (Preußen. Reg. Bez. Düsseldorf.) Apotheken ⸗-Revisionen, (Sachsen.) Fleisch kranker Thiere. (Belgien.) Verfälschung von Lebensmitteln. Ausführungsbestimmungen. (Dänemark.) Margarine. Schweine⸗ Diphtheritis. (Canada. Provinz Ontario) Milch und Fleisch tuberkulöser Thiere. Vermischtes. (Deutsches Reich) Aerztliche k 1889.90. Zahnärztliche Prüfungen desgl. (Preußen.

erlin) Geburtsanzeigen Seitens der Hebammen. Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 09000 und mehr Einwohnern, April. Desgl. in größeren Orten des Auslandes. Beilage Gerichtl. Entschei⸗ dungen zum Nahrungomittelgesetz (Fische, Tuberkulose).

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der von der Gemeinde mit der Einziehung der Abgaben beauftragte und demgemäß bestätigte und beeidigte Gemeinde vorste her in den sechs östlichen Provinzen Preußens ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Strafsenats, vom 23. März 1891, sowohl als Gemeindevorsteher als auch als Ortssteuererheber Beamter im Sinne des 5. 359 Strafgesetzbuchs.

. Kommissionär (Bankier), welcher sich für sein Risiko aus den von ihm im Auftrage seines Kommittenten zu schließenden Geschäften eine bestimmte Sicherheit hat bestellen lassen, kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 8. April 1891, nicht eine Vermehrung der Sicherheit verlangen, weil sein Risiko einen höheren Umfang, als er vorausgesetzt hatte, angenommen hatte.

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Land⸗ und Forstwirthschaft.

; Ernte ⸗Aussichten.

Die Einte ⸗Aussichten im südrussischen Kreise Odessg sind nach Mittheilungen vom 25. v. M. in Folge der schlechten Witterungs⸗ verhältnisse sowohl bezüglich der Winter- als auch der Sommersaaten wenig günstig.

Am unteren Don haben sich, Nachrichten vom 23. v. M. zufolge, ungeachtet der seit einiger Zeit herrschenden Trockenheit die guten Ernte Aussichten bisher im Allgemeinen erhalten; doch ist der baldige Eintritt von Regen wünschenswerth.

Die Winterfröste sowie die anhaltende Dürre der letzten Wochen haben, wie wir aus Mittbeilungen vom Ende vorigen Monats er— fahren, die Saaten in Rumänien nicht unerheblich geschädigt. Trotzdem ist noch Aussicht auf ein mittleres Ernteergebniß vorhanden, da es in Rumänien häufig vorkommt, daß selbst spät eintretende günstige Witterung eine wesentliche Besserung des Saatenstandes herbeiführt.

; Stand der Saaten. Im Regierungsbezirk Trier ist der Stand der Saaten auf den jenigen Feldern, welche früh im Herbst eingesät worden sind, günstiger als auf den spät bestellten Feldern, auch haben die Saaten in den höberen Lagen, wo sie längere Zeit durch eine ausreichende Schnee⸗ decke geschüͤtzt waren, leidlich gut überwintert.

Mit der Bestellung der Frühjahrssaat konnte etst im Laufe des

April begonnen werden. Sie geht insofern gut von Statten, als

der in . der Kälte mürbe Boden die Bestellung der Felder erleichtert. Auf Anregung der landwirthschaftlichen Kasinos haben sich die Landwirthe fast allenthalben in den Besitz guter Sommer saatfrucht gesetzt.

Die Wiesen und Kleefelder lassen, wenn auch durch die lang dauernde Kälte sehr im Wachsthum zurückgehalten, doch immerhin noch einen befriedigenden Erfolg hoffen. Für den Kleinackerer in der Gifelgegend erweist es sich als ein großer Vortheil, daß daselbst der Feldgrasbau seit Jahren eine wirksame Unterstützung Seitens des Staats und der Provinz gefunden bat, da es ihm bei dem Mangel an guten Wiesen in den engen Bachthälern nur hierdurch er= möglicht wird, das für den Viehstand nothwendige Heu in annähernd ausreichendem Maße zu gewinnen. J Die Obstbäume haben von der Kälte im Allgemeinen wenig ge— litten; sie sind reichlich mit kräftigen Tragknospen besetzt, welche zu der Hoffnung auf eine gute Obsternte berechtigen.

Autsichten der Weinernte.

Die Aussichten für die nächste Weinernte im Regierungsbezirk Trier scheinen nicht ungünstig zu sein. Die älteren Weinstöcke haben zwar an manchen Orten durch den Frost gelitten, dagegen zeigen jĩůngere Stöcke fast überall, insbesondere wo die Weinberge gut gebaut und

egen Blattpilze (peronospora) geschützt worden sind, zahlreiche und räftige Triebe. Die Beschaffung neuen brauchbaren Setzholzes zum Ersatz der ausgeggngenen Rebstöcke bereitet vielfach Schwierigkeiten. Leider hat sich die Hoffnung, daß der strenge Winter den Rebschädlingen wesentlich Abbruch tbun werde, nicht in vollem Umfange verwirklicht. Ins⸗ besondere hat der Heu⸗ und Sauerwurm, welcher in den letzten Jahren den Ertrag der Weinberge sehr beeinträchtigt hat, den Winter an⸗ scheinend gut überstanden.

Weinhandel.

Der Weinhandel war, wie aus Trier geschrieben wird, ein ziemlich reger, viele Einzelkäufe von 1889er Weinen sind zu guten Preisen abgeschlossen worden. Sehr reges Leben brachten in den Handel die im Laufe des April in Trier abgehaltenen Wein⸗ versteigerungen, bei welchen über 400 Fuder ebenfalls größtentheils des 1889er Jahrganges aus den besseren und besten Lagen der großen Weinbergbesitzer an der Mosel und Saar zum Ausgebot gelangten. Sie erzielten anscheinend im Hinblick auf die durch die Weinbaupresse und. sonst verbreiteten übertriebenen Nachrichten über starken Frostschaden der Weinberge und hierdurch ver anlaßte Besorgnisse für die künftige Weinernte sowie wegen des starken

Rückgangs der Vorräthe an älteren besseren Weinen einen bedeutenden

Gelderfolg; selbst für Weine geringerer Güte wurden ungewöhnlich bohe Prelfe gezahlt. Die Wesnpreise schwankten für die besseren Lagen jwischen 1000 und 5000 Æ für das Fuder zu 960 1; auch wurde der letztbezeichnete Betrag bei einzelnen hochfeinen Sorten noch überschritten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßzregeln.

Die Influenza hat in Christiania fast ganz aufgehört und kommen nur noch vereinzelte Fälle zur Anmeldung.

Verkehrõ⸗Anstalten.

Bremen, 3. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat gestern Nachmittag 3 Uhr die Heimreise von New - Jork angetreten. Der Postdampfer Weimar ist gestern in Baltimore eingetroffen. Der Postdampfer „Hohenzollern“ ist heute in Adelaide angekommen. Der Schnelldampfer Spree“, welcher gestern Nachmittag 5 Ubr in Southampton eintraf, hat Nach⸗ mittags 6 Uhr mit 388 Passagieren die Reise nach Bremerhaven fort- gesetzt. Der Schnelldampfer Spree“, von New-⸗York kommend, ist heute 66 Uhr Abends auf der Weser angekommen.

OHamburg, 3. Juni (W. T. B Hamhurg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampfer „Dania“ ist, von New⸗JYork kommend, beute Vormittag 11 Uhr auf der Elbe eingetroffen. Der Postdampftr . California“ ist, von New Jork kommend, heute Nachmittag 2 Ubr auf der Elbe ein⸗

getroffen.

London, 3. Juni, (W. T. B) Der Castle⸗-Dampfer »Roslin Gastle“ ist heute auf der Ausreise von London abge— gangen. Der Union · Dampfer Dane r ist beute auf der Heim⸗ reise von Madeira abgegangen. Der Union Dampfer. Mexiocan“

ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.

Theater und Musik.

Ton künstler⸗-Versammlung zu Berlin.

Das fünfte Concert, welches gestern im Saale der Phil⸗

. vor dicht besetztem Hause stattfand, wurde mit

iszt's „Graner Festmesse“ eröffnet. Die Vorliebe des Meisters, in den geistlichen Chorwerken den homophonen Stil in seiner glanzvollen mächtigen Totalwirkung zu entfalten, ist auch in diesem Werke zu erkennen. Nur in einigen Soloquartetten, sowie am Schluß des „Credo“ tritt vorübergehend eine mehr polyphone Stimmenbewegung hervor. Die Messe, die unter Leitung Liszt's zum ersten Mal 1858 in der Graner Domkirche zur Einweihungsfeier derselben aus⸗ geführt wurde, ist für Solostimmen, Chor, Orcchester und Orgel komponirt. Neben den einzelnen Theilen heben wir das „Gloria“ ganz besonders hervor. Die Wiedergabe der im „Credo“ enthaltenen Worte: „qui propter nos homines descendit“ und der Worte: „et resurrexæxit“ machten gleichfalls einen sehr ergreifenden Eindruck. Das „Sanctus“ wurde mit Harfe und Orgel wundervoll ausgeführt. Im „Benedictus“ wie in dem das Werk beschließenden „Agnus Dei“ sind die Soloquartette wie der Schlußchor: „dona nohis pacem“ höchst wirkungsvoll. Das Verdienst der in jeder Beziehung vollendeten Ausführung gebührt dem Di⸗ rigenten Hrn. Gernsheim sowie dem Stern'schen Ge— sangverein, dem Philharmonischen Orchester und dem Organisten Hrn. Dr. Reimann. Die Solopartien be— fanden sich in den bewährten Händen des Frl. Leisinger, des Frl. Kloppenburg, sowie der Hrrn. Diezel und 6m Milde. Die Aufnahme des Werkes war eine sehr günstige.

Der zweite Theil des Concerts war den Bruchstücken einer hier noch unbekannten Oper „Die Trojaner“ von Hektor Berlioz gewidmet, seines letzten dramatischen Werkes, das 1890 in Karlsruhe an zwei Abenden vollständig ausgeführt wurde. Aus dem erf. Theil: „Die Einnahme von Troja“ war ein größeres itativ nebst Arie der Cassandra sowie ein Duett derselben mit Choroebus ge— wählt worden. Der in beiden Scenen ausgedrückte Schmerz der Cassandra, die den Untergang Trojas voraussieht, ist von tief ergreifender Wirkung, die durch die Schilderung der Mannestreue und des Todesmuthes des Choroebus noch er— höht wird. Aus dem zweiten Theil: „Die Trojaner in Kar— thago“ ist das Duett der Dido mit Aeneas, der, von Liebe zu ihr entbrannt, sich schließlich mit ihr vereinigt, voll Zart— heit der Empfindung und musikalisch trefflich behandelt. Auch ein Quintett, in dem sich die Neider dieses Bundes: Anna, Jopas und Narhal anschließen, sowie ein Septett mit Chor sind von außerordentlich schöner Wirkung Die Ausführung, an der sich das Philharmonische Or⸗ chester, der Stern'sche Gesangverein und die Solisten Fr. Lilli Lehmann, Frl. Lydia Müller, Frl. Brämer und die Hrrn. Kalisch, Hintzelmann, Bulß und von Milde betheiligten, gelang unter Gernsheim's umsichtiger Leitung vorzüglich. ‚R. Wagn er's „Kaisermarsch“ machte den Beschluß des Abends. Als der Chor die Worte: „Heil dem Kaiser, König Wilhelm“ intonirte, erhob sich das gesammte Publikum.

Beim Abschluß dieser Tonkünstler⸗Versammlung in Berlin, die den Eindruck eines großartigen künstlexischen Er— eignisses zurücklassen wird, verfehlen wir nicht, allen betheiligten Künstlern sowie dem Concert-Direktor Hermann Wolff den Dank abzustatten, der ihnen mit vollem Recht gebührt.

Adolph Ernst ⸗· Theater.

Das Gastspiel der Gesellschaft des Münchener Gärtner⸗ Theaters unter Leitung des Königlich baverischen Hof⸗Schauspielers Hrn. Max Hospauer bereitete gestern durch die erste Aufführung des „Herrgottschnitzers von Ammergau“, des bekannten und be— liebten, durch seine urwüchsige Einfachheit ansprechenden oberbayerischen Volksstücks von Ludwig Ganghofer und Hans Neuert, den Besuchern des Adolph Ernst⸗Theaters einen genußreichen Abend. Die aus früheren Jahren hier bekannte und gern gesehene Gesellschaft spielte das Stück frisch und flott und mit lobenswerther Natürlichkeit. Auch die neu hinzugekommenen Mitglieder standen den älteren gleichwertbig zur Seite. Als ganz hervorragend muß das Spiel des Frl. Kathi Thaller als Loni bezeichnet werden. In ihrer so wechselvollen Rolle war sie voll Uebermuth und Selbstbewußtsein den Freiern gegenüber, voller Gemüthstiefe und rührender Zärtlichkeit bei der erwachenden Liebe und später beim Wiederfinden des Vaters, voll heiterer Liebenswürdigkeit aber gegen Jedermann im Umgange. Vollste Anerkennung verdienen auch Carl Swoboda als der alte Pechler⸗ lehnl, Cäsgr Beck als Pauli und Max Räumler als Muckl. Amalie Schönchen trug als die Mutter des Pauli durch ihre derbe Einfachheit, ebenss wie Max Hofpauer in der Rolle des dummen und bettelhaften Geisbub durch feine überwältigende Komik viel zur Unterhaltung und Erheiterung der Zuschauer bei. Die gefälligen, von H. W. Prestel komponirten Melodien, besonders aber das vortreffliche Zitherspiel, fanden lebhaften Beifall. Der im dritten Akt zur Hochzeitsfeier eingelegte Tanz wurde auf allgemeines Verlangen wiederholt. Nach jedem Aftschluß wurden die Barsteller vier bis fünf Mal hervorgerufen.