1891 / 136 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

erst bei dem Eintritt der Bedingung. Die Steuerbehörde kann jedoch Sicherstellung der alsdann zu entrichtenden Steuer fordern. Unter einer auflösenden Bedingung erworbenes Vermögen mit Ausnahme der Nutzungen von unbestimmter Dauer, welche lediglich nach den Bestimmungen in den 85. 15 bis 17 zu behandeln sind ist wie unbedingt erworbenes zu versteuern. Beim Eintritt der Bedingung wird aber die ge⸗ ahlte Steuer bis auf den der wirklichen Bereicherung ent⸗ . Betrag erstattet. §. 23. Bedingte Belastung.

Den Werth der steuerpflichtigen Masse vermindernde Lasten und Leistungen werden, soweit sie vom Eintritt ziner aufschiebenden Bedingung abhängen, nicht berücksichtigt. Beim Eintritt der Bedingung ist das Zuvielgezahlte von der Steuer⸗ behörde zu erstatten. ; ö

Lasten, deren Fortdauer von einer auflösenden Bedingung abhängt mit Ausnahme der Leistungen von unbestimmter Dauer, deren abzuziehender Werth nach den Bestimmungen in den 38. 15 bis 18 sich berechnet =, werden wie unbedingte in Abzug gebracht. Beim Eintritt der Bedingung ist derjenige Steuerbetrag nachzuerheben, welcher mehr zu entrichten gewesen sein würde, wenn der Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung bei Berechnung der Steuer bekannt gewesen wäre. Die Steuer⸗ behörde kann Sicherstellung dieses Anspruchs fordern.

; §. 24.

Die in den 88. 22 und 23 enthaltenen Bestimmungen sind gleichmäßig auch auf die von einem Ereigniß, welches nur hinsichtlich des Zeitpunktes seines Eintrittes ungewiß ist, abhängigen Erwerbungen, Lasten und Leistungen anzuwenden.

8. 25. Unsichere Forderungen. ;

Unsichere Forderungen und andere zur sofortigen Werth⸗ ermittelung nicht geeignete Gegenstände kommen mit einem muthmaßlichen Werthe in Rechnung, den der Steuerpflichtige in Vorschlag bringt. Findet keine Einigung statt, so kann die Steuerbehörde von dem angegebenen Werth die Steuer ein⸗ ziehen und die Berichtigung des Werthansatzes sowie die ent—⸗ sprechende Nachforderung oder Erstattung der Steuer bis zum Ausgange derjenigen Verhandlungen vorbehalten, von welchen die Bezahlung der Forderung beziehungsweise die Werths⸗ ermittelung abhängt.

Sind bei Berechnung der Steuer ungewisse oder noch unbekannte Ansprüche an die Masse außer Berücksichtigung geblieben, so wird, wenn dieselben später zur Verwirklichung gelangen, das Zuvielgezahlte von der Steuerbehörde zurück— erstattet.

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Betrag der Lehns- und Fideikommißanfälle.

Lehns⸗ und Fideikommißanfälle, sie mögen in Gütern oder Kapitalien bestehen, sowie Anfälle aus Familienstiftungen werden nach Maßgabe des Werths der einjährigen Nutzung und des Lebensalkers des Erwerbenden nach Vorschrift des 8. 16 versteuert.

8. 37. Erwerb der Substanz ohne die Nutzung.

Ist einem Erben, Vermächtnißnehmer u. s. w. Vermögen angefallen, dessen Nutzung einem Dritten zusteht, so wird das⸗ selbe um den nach Vorschrift der 8§. 15 ff. berechneten Werth der Nutzung geringer angeschlagen, wenn der Erwerber der Substanz die Versteuerung bei dem Anfall bewirkt. Wird die Aussetzung der Versteuerung der Substanz bis zur Vereinigung der Nutzung mit der Substanz beantragt, so findet der vor⸗ stehend angeordnete Abzug nicht statt. Vielmehr erfolgt als⸗ dann die Besteuerung nach Maßgabe der bei Beendigung der Nutznießung des Dritten obwaltenden Verhältnisse, und wenn inzwischen eine weitere Vererbung der Substanz eingetreten sein sollte, ohne Entrichtung einer Steuer für die dazwischen liegenden Anfälle dergestalt, als ob der in die Nutzung ein⸗ tretende Erwerber der Substanz das Eigenthum unmittelbar von dem ursprünglichen Erblasser erworben hätte. Bei Aus—⸗ setzung der Versteuerung ist die Steuer auf Verlangen der Steuerbehörde aus der Masse auf Kosten des Erwerbers der Substanz sicherzustellen.

Bei fideikommissarischen Substitutionen wird der Fiduziar als Nießbraucher und der Fideikommissar als Substanzerbe des herauszugebenden Vermögens behandelt. Ist jedoch das Fidei⸗ kommiß auf dasjenige beschränkt, was beim Tode des Fiduziars noch vorhanden sein werde (quidquid supererit), z haben sowohl der Fiduziar von dem vollen Betrage des An⸗ falles, als der Fideikommissar von dem vollen Betrage des an ihn herausgegebenen Vermögens, nach ihrem Verwandtschafts— verhältniß zum Erblasser die Erbschaftssteuer zu entrichten.

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Berechnung der Steuer.

Die Erbschaftssteuer wird nach dem ganzen Antheile jedes einzelnen Erwerbers eines Anfalles für diesen besonders be⸗ rechnet. Haben Ehegatten in einer gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung Verwandte des einen oder beider Ehegatten zu Erben eingesetzt oder mit Zuwendungen bedacht, und bleibt zweifelhaft, von welchem der beiden Ehegatten der Anfall erfolgt ist, so wird angenommen, daß der Anfall von dem dem Steuerpflichtigen am nächsten verwandten Ehegatten erfolgt sei, soweit der Nachlaß des Letzteren reicht. Kann der Betrag des Nachlasses des zuerst verstorbenen Ehegatten nicht ermittelt werden, so ist derselbe Behufs Berechnung der Steuer auf die Hälfte des beim Tode des letztlebenden Gatten vorhandenen Vermögens anzunehmen. Bleibt jedoch nur in Betreff ein⸗ zelner Vermögensgegenstände zweifelhaft, zu welchem Nachlaß sie gehören, so wird angenommen, daß dieselben zum Nachlaß jedes Ehegatten zur Hälfte gehören.

8. 29. Haftung für die Steuer. Die Erbschaftssteuer trifft den Erwerber des steuerpflichtigen Anfalles. Für dieselbe haftet die ganze steuerpflichtige Masse (S. 5), aus welcher auch auf Erfordern für die Versteuerung bedingter Anfälle Sicherheit bestellt werden muß (85. 22 und 23). Erben und Miterben sind bis auf Höhe des aus der Ei: schaft Empfangenen für die von allen den Nachlaß betreffenden Anfällen zu entrichtende Erbschaftssteuer solidarisch verpflichtet.

Hinsichtlich der in diesem Gesetze den Erben und Mit— erben aufgelegten Verpflichtungen werden Erwerber eines Universalvermächtnisses oder eines Vermächtnisses unter einem Universaltitel den Erben und Miterben gleichgeachtet.

S. 30. Gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte der Erbinter⸗ essenten, Testamentsexrekutoren und Nachlaßverwalter, sowie die Verwalter von Familienstiftungen, dürfen die Erbschaft, einzelne Erbtheile, Vermächtnisse oder Schenkungen, beziehungs— weise die Hebungen aus der Familienstiftung, nur nach Be⸗

richtigung oder Sicherstellung der darauf treffenden Erbschafts⸗ steuer' ausantworten und bleiben im entgegengesetzten Falle für die Steuer verhaftet. 91. Verwaltung der Steuer.

Die Verwaltung des Erbschaftssteuerwesens wird unter Leitung des Finanz⸗-Ministers von den Provinzialsteuerbehörden durch die Erbschaftssteuerämter geführt, welchen innerhalb der ihnen von dem Finanz⸗-Minister anzuweisenden Geschäftsbezirke die Feststellung und Einziehung der zu e n,, . Erbs ats teuer beträge und die Aufsicht über die Beobachtung der Vorschriften dieses Gesetzes obliegt. Dieselben erhalten nach Vorschrift der betreffenden Ministerien von Denjenigen, welchen die Führung der Todtenlisten obliegt, periodische Auszüge aus letzteren nach Maßgabe der für diesen Zweck anzuordnenden Formulare, ingleichen von den Gerichten beglaubigte Abschriften der eröffneten letztwilligen Verfügungen 16 der Todeserklärungen.

32. Anmeldung des Anfalles.

Jeder, dem ein Anfall der im 85. 1 bezeichneten Art zu⸗ kommt, ist verpflichtet, denselben binnen drei Monaten, nachdem er davon Kenntniß erlangt hat, dem zuständigen Erbschafts— steueramte schriftlich anzumelden, ohne Unterschied, ob die Erwerbung des Anfalles bereits statigefunden hat oder nicht. Ist der Verpflichtete in außereuropäischen Ländern oder Ge⸗ wässern abwesend, so werden die vorstehende und die im 5. 35 bestimmte zweimonatliche Frist auf sechs Monate verlängert.

Es wird vermuthet, daß spätestens am dreißigsten Tage nach dem Eintritt des Anfalles der zur Anmeldung Ver— pflichtete, wenn er in Europa sich aufhält, Kenntniß von dem Anfall erlangt hat, vorbehaltlich des der Steuerbehörde ob⸗ liegenden Beweises eines früheren und des dem Steuerpflichtigen obliegenden Beweises eines späteren Zeitpunktes.

Theilnehmer an einer Erbschaft sowie die zu Hebungen aus einer Familienstiftung Berufenen werden von der An⸗ meldungspflicht (8. 33) befreit, wenn die ihnen zukommenden Anfälle von einer der im 8. 30 bezeichneten Personen oder einem Mitberechtigten rechtzeitig angemeldet werden.

§. 34

8. 34.

Der Empfang der Anmeldung ist von dem Erbschafts— steueramt auf Verlangen auf einem vorzulegenden Duplikate kosten- und stempelfrei zu bescheinigen.

8. 35. Verzeichniß und Deklaration.

Innerhalb einer ferneren zweimonatlichen Frist nach Ab⸗ lauf der Anmeldungsfrist (8. 33) muß dem zuständigen Erb⸗ schaftssteueramte ein vollständiges und richtiges, zugleich die erforderlichen Werthangaben enthaltendes Verzeichniß (In⸗ ventarium) über die gesammte steuerpflichtige Masse und alle derselben zuzurechnende oder davon in Abzug zu bringende Gegenstände vorgelegt werden. Hiermit ist eine schriftliche Deklaration der die Festsetzung der Erbschaftssteuer bedingenden Verhältnisse zu verbinden und einzureichen.

Eine Verlängerung der Frist ist auf Antrag zu bewilligen, sofern besondere Gründe es erforderlich machen, und muß ins⸗ besondere gewährt werden, wenn der Berufene den Anfall noch nicht erworben hat und dies anzeigt.

Hinsichtlich der Einrichtung des Verzeichnisses und der Deklaration sind die nach Bedürfniß von dem Finanz-Minister zu erlassenden näheren ö zu beobachten.

§. 36.

Bei Erbschaften, an denen kein steuerpflichtiger Erbe Theil nimmt, sondern bei denen nur steuerpflichtige Vermächtnisse, Schenkungen u. s. w. vorkommen, kann das Verzeichniß und die Deklaration (8. 35) auf die steuerpflichtige Anfälle be⸗ treffenden Gegenstände und Verhältnisse beschränkt werden.

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Die Verpflichtung zur Vorlegung des Verzeichnisses und der Deklaration liegt ob:

1) bei Erbschaften in Bezug auf alle den Nachlaß be⸗ treffenden steuerpflichtigen Anfälle, wenn ein Testaments⸗ vollzieher oder Nachlaßverwalter vorhanden ist, diesem, sonst den Erben, ohne Unterschied, ob sie selbst von den ihnen zu— kommenden Anfällen Erbschaftssteuer zu entrichten haben oder nicht. Andere Theilnehmer (Vermächtnißnehmer u. s. w.) sind in Betreff des ihnen zukommenden Anfalles zur Vorlegung des Verzeichnisses und der Deklaration nur auf Aufforderung des Erbschaftssteueramts innerhalb der ihnen bekannt zu machenden Frist verpflichtet;

2) bei den im 8. 1 unter 2 und 3 bezeichneten Anfällen jedem Steuerpflichtigen hinsichtlich des ihm zukommenden Anfalles.

Für Bevormundete, unter Kuratel oder väterlicher Gewalt stehende oder juristische Personen und für Konkursmassen ist die vorerwähnte Verpflichtung und die Verpflichtung zur An⸗ meldung (85. 32 ff.) von deren gesetzlichen Vertretern zu erfüllen.

§. 38. SFernere Ermittelungen.

Das Erbschaftssteueramt hat die Richtigkeit und Voll⸗ ständigkeit der vorgelegten Verzeichnisse und Deklarationen zu prüfen und die Verpflichteten (5. 37) zur Erledigung der ihnen bekannt gemachten Erinnerungen innerhalb der zu bestimmenden Frist anzuhalten. Jeder, dem ein der Erbschaftssteuer unter⸗ worfener Anfall (3. 1) zukommt, ist zur Ertheilung der von dem Erbschaftssteueramt erforderten Auskunft über die auf den Anfall bezüglichen thatsächlichen Verhältnisse, soweit sie auf die Festsetzung der Steuer für den an ihn selbst oder an andere Theilnehmer an der Erbschaft u. s. w. gelangenden Anfall von Einfluß sein können, verpflichtet.

Auf Verlangen müssen dem Erbschaftssteueramte die den Anfall betreffenden Urkunden zur Einsicht vorgelegt werden, insbesondere letztwillige Verfügungen, Erwerbsdokumente und die Beweismittel über die von der Masse abzuziehenden Schulden und andere Ansprüche, auf Grund deren Abzüge von der Masse gemacht oder Theile derselben ausgeschieden werden sollen.

Wird in den vorgedachten Fällen den Aufforderungen des Erbschaftssteueramts nicht genügt, so kann dasselbe die Säumigen durch Festsetzung und Einziehung von Ordnungs⸗ strafen bis zu dem Betrage von sechszig Mark zur Befolgung seiner Anordnungen anhalten, auch das zur Erledigung der⸗ selben Nöthige auf Kosten der Säumigen beschaffen.

5. 39. h . Eides stattliche Versicherun gen. Das Erbschaftssteueramt ist berechtigt, Denjenigen, welchen ein nach 5. 1 der Erbschaftssteuer unterworfener Anfall zu⸗ kommt, eine Versicherung an Eidesstatt über die Richtigkeit , vorgelegten Verzeichnisses und der D zelner Theile derselben (85. 35 und 36),

und der erforderten ferneren 3 (8. 37), abzunehmen. Die eidesstattliche Versicherung i

des Erbschaftssteueramts vor ihm selbst oder der deshal requirirten Behörde n ö. mündlich abzugeben.

Aversionalversteuerung. .

Der Finanz⸗-Minister ist ermächtigt, ausnahmsweise von der Vorlegung des Verzeichnisses (8. 35) auf, Antrag der Tiens nn ganz oder zum Theil abzusehen und ein Aversionalquantum für die Erbschaftssteuer anzunehmen, auch die Aversionalversteuerung solcher Anfälle, deren Versteuerung sonst noch ausgesetzt bleiben müßte, zu gestatten. U

Wenn ein überlebender Ehegatte mit mehreren Kindern die eheliche Gütergemeinschaft fortsetzt, so wird die Versteuerung des beim Tode eines Kindes an dessen Geschwister oder deren Descendenten gelangenden Anfalles bis zur Auflösung der Gütergemeinschaft ,, und erfolgt nach Maßgabe des. alsdann vorhandenen Vermögens.

8. 41. Feststellung der Steuer.

Ist die Erbs hl lo teuer berechnet, so ertheilt das Erb⸗ schaftssteueramt eine kosten⸗ und stempelfreie Bescheinigung, welche den Betrag der steuerpflichtigen Masse, die einzelnen Anfälle, das Verwandtschaftsverhältniß, die Beträge der von den einzelnen Steuerpflichtigen zu entrichtenden Steuer angiebt und zugleich die Anweisung zur Entrichtung der Steuer ent⸗ hält. Die Verzögerung der Auseinandersetzung der Erben darf die Entrichtung der Steuer nicht aufhalten, soweit der Nachlaß. zu deren Zahlung liquid ist.

S. 42. Zulässigkeit des Rechtsweges.

Die Bestimmungen in den §§. 11 und 12 des Gesetzes,

betreffend die Erweiterung des Rechtswegs, vom 24. Mai 1861 (Gesetz-Samml. S. 241) finden auch auf die nach Vorschrift dieses Gesetzes zu entrichtende Erbschaftssteuer Anwendung. Eines Vorbehaltes bei Zahlung der Erbschaftssteuer (8. 12 des. Gesetzes vom 24. Mai i861) bedarf es nicht.

Insoweit die gänzliche oder theilweise Erstattung der er⸗ legten Steuer wegen eines nach deren Festsetzung eingetretenen Ereignisses verlangt werden kann, ist die Klage bei Verlust des Klagerechts binnen Jahresfrist nach dem Eintritt des Ereignisses anzubringen.

8. 43. Strafbestimmungen.

Wer die gesetzliche Verpflichtung zur Anmeldung eines.

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steuerpflichtigen Anfalles, oder zur Vorlegung des Verzeich⸗ nisses und der Deklaration (8. 35) innerhalb der vorge⸗ schriebenen, beziehungsweise auf Antrag verlängerten Frist nicht erfüllt, hat die durch die amtlichen Ermittelungen ent⸗ stehenden Kosten zu tragen, die in Folge seiner Säumigkeit etwa ausfallenden Steuerbeträge zu ersetzen und f it außerdem in eine dem doppelten Betrage der Erbschaftssteuer von dem betreffenden Anfalle gleiche Geldstrafe, wenn aber der Betrag der Erbschaftssteuer nicht ermittelt werden kann, in eine Geldstrafe bis zu dreitausend Mark.

Ist jedoch nach den obwaltenden Umständen anzunehmen, oder kann der Angeschuldigte nachweisen, daß die . Erfüllung der Verpflichtung nicht in der Absicht, die Erb⸗ schaftssteuer zu hinterziehen, unterlassen sei, so tritt statt der vorgedachten Geldstrafe nur eine Ordnungsstrafe bis zu ein— hundertfünfzig Mark.

Diese Ordnungsstrafe kann ohne vorgängige Einleitung

eines Strafverfahrens von dem zuständigen Erbschaftssteuer⸗ amt bis auf Höhe von sechszig Mark durch besonderen, die Entscheidungsgründe enthaltenden Bescheid festgesetzt werden, gegen welchen dem Angeschuldigten der Rekurs oder die Be⸗ rufung auf den Rechtsweg wie gegen ein Strafresolut der Steuerbehörden (8. 48) zustehen. Die Einziehung der Steuer erfolgt unabhängig von der Bestrafung.

Die Bestimmungen des 5. 43 finden gleichmäßig Anwen⸗ dung auf denjenigen, welcher wissentlich zu einem steuerpflich⸗ tigen Anfalle gehörige Gegenstände, zu deren Angabe er ver⸗ pflichtet ist, verschweigt, oder über die Thatsachen, welche die Steuerpflichtigkeit, die Höhe des Steuersatzes oder des Steuer⸗ betrages bestimmen, wissentlich unrichtige Angaben macht.

Eine Bestrafung findet jedoch nicht f auf erforderte eidesstattliche Versicherung seine Angaben be⸗ richtigt. Auch fällt die hier vorgeschriebene Bestrafung hin⸗ weg, wenn die Täuschung mittelst Urkundenfälschung oder eidesstattlicher Versicherung unternommen ist und wegen dieser Vergehen Bestrafung eintritz⸗

58. 10.

Wer der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf wiederholte Aufforderung (8. 39) innerhalb der zu bestimmenden Frist nicht genügt, wird mit einer Geld⸗ strafe von fünfundsiebenzig bis dreitausend Mark bestraft.

8. 46.)

Wer es unterläßt, Schenkungsurkunden, deren Versteue⸗ rung über die für die Verwendung des Urkundenstempels sonst vorgeschriebene Frist hinaus ausgesetzt bleiben soll (8. 4 dritter Absatz), vor Ablauf dieser Frist der Steuerbehörde vorzulegen oder die von der Steuerbehörde getroffenen Anordnungen ö nachträglicher Versteuerung der vorgelegten Urkunden unbefolgt läßt, verfällt in die Stra des Vierfachen des später zu verwendenden Stempels, oder, Falls dieser noch nicht feststeht, in eine Geldstrafe bis zu dreitausend Mark. An die Stelle dieser Strafe tritt eine Ordnungsstrafe bis zu ein— hundertundfünfzig Mark, wenn aus den Umständen hervor—

) In den Hohenzollernschen Landen und im Kreise Herzogthum

Lauenburg kommt der 5. 45 nicht zur Anwendung.

3. Fir die genannten Gebietstheile treten an dessen Stelle folgende Vorte:

Jeder Aussteller einer steuerpflichtigen Schenkungsurkunde, welcher die von dem Finanz-Minister in Bezug auf die Entrichtung der Steuer erlassenen und gehörig bekannt gemachten Bestimmungen oder die von der zuständigen Steuerbehörde in dieser Hinsicht getroffenen und ihm besonders mitgetheilten Anordnungen unbefolgt läßt, verfällt wegen

Hinterziehung der Abgabe in die Strafe des Vierfachen derselben, oder,

Falls ihr Betrag noch nicht feststeht, in eine Geldftrafe bis zu drei⸗ tausend Mark. An die Stelle dieser Strafe tritt eine Ordnungsstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark, wenn aus den Umständen hervor⸗ geht, daß eine Hinterziehung der Abgabe nicht erfolgen konnte oder nicht beabsichtigt war.

Die Strafe kann gegen jeden Inhaber der Urkunde verfolgt werden, auf welcher sich kein Vermerk uber die Entrichtung der Steuer findet, vorbehaltlich seines Rückgriff; gegen den Ausfteller. Kann er indeß nachweisen, daß er erst nach dem Tode des Ausstellers in den Besitz der Urkunde gelangt ist, so kann die Strafe von ihm nicht ein⸗ gezogen werden.

t nach näherer 3

tatt, wenn der Pflichtige

geht, daß eine Hinter ziehung der Abgabe nicht erfolgen konnte oder nicht beabsichtigt war.

Die Umwandlung der in den 88. 43, 44, 45 und 46 bestimmten Geldstrafen, zu deren Zahlung der Verurtheilte un⸗ vermögend ist, in eine , findet nicht statt. Auch

darf zur Beitreibung von eldstrafen ohne Zustimmung des Verurtheilten, insofern dieser ein Inländer ist, kein Grundstück subhastirt werden. .

In Betreff des administrativen und gerichtlichen Straf⸗ 3 kommen vorbehaltlich der Bestimmung im dritten Absatze des 8. 43 dieselben Vorschriften zur Anwendung, nach welchen sich das . wegen Zollvergehen bestimmt.

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Kosten.

Die Verhandlungen in Erbschaftssteuerangelegenheiten mit Ausnahme derjenigen in Strafprozessen, aufe t deren es bei den bestehenden Vorschriften bewendet sind kosten— und stempelfrei. ö .

Die Steuerpflichtigen und die in den 85. 37 und 38 bezeichneten sonstigen Verpflichteten sind zur Tragung des durch die Verhandlungen mit ihnen erwachsenden Porto verbunden.

8. 50. Verjährung. Die Erbschaftssteuer mit Ausnahme der bereits zur Hebung gestellten Steuerbeträge verjährt in zehn Jahren

nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem der steuerpflichtige Anfall erworben, oder, wenn schon amtliche, auf die Ermitte— lung der Steuer gerichtete Handlungen vorgenommen sind, nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die letzte derartige Handlung vorgenommen ist.

Zur Hebung gestellte Steuerbeträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf desjenigen Kalenderjahres, in welches der letzte Tag der Zahlungs⸗ oder Stundungsfrist fällt, beziehungs⸗ weise in welchem die letzte auf die Beitreibung des Rückstandes gerichtete amtliche Handlung vorgenommen ist.

Die Verjährung sichergestellter Steuerforderungen kann nicht vor Ablauf desjenigen Jahres, in welchem die Sicherheit erloschen ist, beginnen.

Die Strafverfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes verjährt in drei Jahren, die Voll⸗ streckung der rechtskräftig dieserhalb erkannten Strafen verjährt in fünf Jahren.

, . nach welchem die Erbschaftssteuer zu erheben ist. Allgemeine Vorschriften. .

I) Die Steuer beträgt mindestens fünfzig Pfennig und steigt von fünfzig Pfennig zu fünfzig Pfennig.

2) Bei Bestimmung des Steuersatzes kann nicht auf ein Verhältniß zurückgegangen werden, welches durch richterliches Erkenntniß oder Vertrag schon vor dem Eintritt des Anfalles zu bestehen aufgehört hat, namentlich werden ö. die nach erfolgter Trennung einer Ehe oder nach aufgehobener Einkind⸗ schaft eintreten, lediglich nach demjenigen Steuersatze versteuert, welcher ohne Rücksicht auf das aufgehobene Verhältniß an— wendbar ist.

3) Der Steuersatz von Lehns- und Fideikommißanfällen, ingleichen von Hebungen aus Familienstiftungen (8. 1 Nr. 2 und 3 des Gesetzes) wird nach dem Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem letzten Inhaber des Lehns oder Fideikommisses, beziehungsweise der Hebungen aus der Familienstiftung und dem Steuerpflichtigen bestimmt.

4) Zu den Deszendenten einer Frau werden auch unehe⸗ liche Kinder derselben und deren Destendenten gerechnet.

5) Vor der Ehe geborene uneheliche Kinder einer Frau werden außer im Falle der ,,, durch nachfolgende Ehe zu den Stiefkindern des Ehemannes derselben gerechnet.

6) Den legitimirten Kindern eines Mannes werden die— jenigen außer der Ehe erg, Kinder gleichgeachtet, welche erweislich gegen denselben die Rechte ehelicher Kinder in anderer Art als durch nachfolgende Ehe erworben haben.

7) Eheliche und uneheliche Kinder derselben Mutter, in— gleichen eheliche und legitimirte Kinder desselben Vaters werden als halbbürtige Geschwister angesehen.

Der Anfall wird versteuert:

A. mit Einem vom Hundert des Betrages, wenn er ge— langt an Personen, welche dem Hausstande des Erblassers an— gehört und in demselben in einem Dienstverhältniß gestanden haben, sofern der Anfall in Pensionen, Renten oder anderen auf die Lebenszeit der Bedachten beschränkten Nutzungen besteht, die ihnen mit Rücksicht auf dem Erblasser geleistete Dienste zugewendet werden;

B. mit Zwei vom Hundert des Betrages, wenn er ge— langt an: I

a. adoptirte oder in Folge der Einkindschaft zur Erb⸗ schaft berufene Kinder und deren Deszendenten,

b. voll- oder halbbürtige Geschwister und deren Deszen⸗ denten,

C. mit Vier vom Hundert des Betrages, wenn er ge— langt an:

a. vorstehend nicht benannte Verwandte bis einschließlich zum sechsten Grade der Verwandtschaft,

b. Stiefkinder und deren Deszendenten und Stiefeltern,

c. Schwiegerkinder und Schwiegereltern, ]

d. natürliche, aber von dem Erzeuger erweislich an⸗ erkannte Kinder,

é. außerdem sind mit Vier vom Hundert des Betrages zu versteuern alle Anfälle und Zuwendungen, welche ausschließlich zu wohlthätigen, gemeinnützigen oder Unterrichtszwecken bestinimt sind, insofern solche nicht einzelne Familien oder bestimmte Personen betreffen und die wirkliche Verwendung zu dem bestimmten Zwecke gesichert ist;

D. mit Acht vom Hundert des Betrages:

in allen anderen Fällen. Befreiungen:

Von der Erbschaftssteuer befreit ist: .

) jeder Anfall, welcher den Betrag von einhundertfünfzig Mark nicht erreicht, mit Ausnahme des Falles, daß ledigli in Folge des Abzuges des Werthes der einem Dritten zu⸗ stehenden Nutzung ö 27 des Gesetzes) der Werth der Sub—

stanz sich unter den Betrag von einhundertfünfzig Mark ver— mindert; 2) jeder Anfall, welcher gelangt an: a. Aszendenten, . 6 h. k sofern dieselben aus gültigen Ehen ab⸗ stammen oder legitimirt sind. Auch uneheliche Kinder

aben von dem Nachlasse ihrer Mutter oder deren

szendenten keine Erbschaftssteuer zu entrichten,

Ehegatten,

Personen, welche dem Hausstande des Erblassers an⸗

gehört und in demselben in einem Dienstverhältniß

gestanden haben, sofern der Anfall den Betrag von neunhundert Mark nicht übersteigt. Bei einem höheren

Betrage ist die von dem ganzen Betrage zu berech⸗

nende Steuer nur soweit zu entrichten, als dieselbe

aus dem die Summe von neunhundert Mark über⸗ steigenden Betrage entnommen werden kann,

e. den Fiskus und alle öffentlichen Anstalten und Kassen, welch für Rechnung des Staates verwaltet werden oder diesen gleichgesielt sind,

f. Orts⸗ oder Landarmenverbände zur Verwendung für Hülfsbedürftige, -.

g. öffentliche Armen⸗, Kranken⸗, Arbeits⸗, Straf⸗ und Besserungsanstalten; ferner Waisenhäuser, vom Staate genehmigte Hospitäler und andere Versorgungsanstalten oder andere milde Stiftungen, welche vom Staate als solche ausdrücklich oder durch Verleihung der Rechte juristischer Personen anerkannt sind,

h. öffentliche Schulen und Universitäten, öffentliche Sammlungen für Kunst oder Wissenschaft,

i. Deutsche Kirchen und andere Deutsche Religions⸗

i , fen denen die Rechte juristischer Personen

ustehen.

ßen noch außerdem nach den bestehenden Be⸗

stimmungen subjektive Befreiungen vom Erbschafts—

stempel, beziehungsweise von der Erbschaftsabgabe bestehen, welche nach den Landesgesetzen nur gegen

Entschädigung aufgehoben werden können, oder auf

besonderem laͤndesherrlich verliehenen Privilegium be⸗

ruhen, finden dieselben gleichmäßig auch auf die fernerhin zu entrichtende Erbschaftssteuer Anwendung.

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. über den gegenwärtigen Kapitalwerth einer Rente oder Nutzung im Werthe von 1 Mark auf eine bestimmte Anzahl von Jahren Behufs Berechnung der davon zu entrichtenden Erbschaftssteuer. (Zu 5§. 18 des Gesetzes.)

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8 8 D 8 Kapital S Kapital S* Kapital S S Kapital 3 werth 28 werth 2 8 werth 265 werth

52 ö 8 11 90 22 15 0.5 45 21 18,5 64 23 38, 2 1 9635 235 15 45, 44 21 37,0 65 23 9659 38 2 8585 24 15 857 45 21 54,9 66 24 04, 4 3 77,5 25 16 247 46 21 720 67 24 1252 5 4665390 268 16 622 47 21 88, 68 24 19,4 6 5 4514 27 16 9853 48 22 04,z 69 24 26,4 7 6 243 28 17 3301 49 22 195 70 24 33,0 8 7 60623 29 17 663 50 22 3423 71 24 39,5 35 71733 30 17 85 1 22 182 77 24 186 16 858 455 51 18 289 52 22 61,5 73 24 51,56 11 9 111 32 158 5559 53 22 743 74 24 57,3 15 5 760 33 18 874 54 22 87, 765 24 62,8 13 16 385 34 19 148 55 22 99, 76 24 68,0 14 10 88.5 35 19 411 56 23 109 77 24 73, 15 11 56,3 36 19 665 57 23 229 78 24 78,9 iß6 12 1153 37 19 9065 58 23 327 79 24 827 17 12 653 38 20 143 59 23 43,90 80 24 8772 18 15 16,5 35 20 368 60 23 52,5 81 24 91,5 ig iz 56, 4 29 35, 51 25 Sen 8 24 gor) 26 14 34 41 20 753 6 25 71,5 85 24 937 31 14 59,9 42 . 5.3 63 23 803 84 3 06,60

. u. m.

Statistik und Volkswirthschaft.

Bekämpfung der Sozialdemokratie und Förderung des Wohles der arbeitenden Klassen.

126 angesehene Personen, Geistliche, Landräthe, Handwerker, Kaufleute, Bürgermeister, Landwirthe, Aerzte, Lehrer, Staats und Kommunalbeamte ꝛe. aus allen Theilen der Provinz Hannover baben an alle nicht sozialdemokratischen Männer aller Stände in Stadt und Land eine Einladung erlassen zu einer am Montgg, 15. Juni, Nachmittags 25 Uhr, in Hannover in der „Börse“ (Eingang Oster« oder Seilwinderstraße) stattfindenden Versammlung Bebufs Gründung eines Central Vereins für die Provinz Hannover zur Bekämpfung der Sozialdemokratie und zur Förderung des Wohles der arbeitenden Klassen unter Ausschluß aller politischen Partei⸗ bestrebungen. Mit Rücksicht auf die immer größeren Umfang an— nehmende Agitation der Sozialdemokratie wird es als dringend erwünscht bezeichnet, daß diese Versammlung aus allen Theilen der Provinz besucht werde. „Nicht nur unsere Zukunft“ heißt es mit Recht in der Ein ladung —, „die Zukunft unserer Familien, des engeren und des weiteren Vaterlandes und damit vieler Millionen Menschen hängt davon ab, wie wir die gegenwärtige schwere Zeit überwinden. Schaaren wir uns deshalb zusammen und helfen wir durch mannhaftes Eintreten nicht num für die irdischen Güter, sondern für Alles, was uns heilig und tbeuer ist, daß Recht und Ordnung, Treue und Liebe den Sieg behalten. Wer nicht in der Lage ist, erscheinen zu können und doch dem zu gründenden Verein beizutreten wünscht, wolle eine be— zügliche Eiklärung an den Rentier Lippoldt, Hannover, Eich— straße 30 A, senden.

Zur Arbeiterbewegung.

Während auf dem internationalen sozialdemokratischen Kongreß in Paris die deutsche Sozialdemokratie in einer außerordentlich stattlichen Anzahl erschien, wird sie, wie der „Köln. 3.“ geschrieben wird, auf dem Kongreß in Brüssel recht schwach vertreten sein; nur ganz große Bezirke werden einen Delegirten, meistens einen Reichstags⸗Abgeordneten entsenden. Auch bei den englischen, österreichischen, dänischen Sozialdemokraten besteht wenig Neigung für eine starke Be⸗ schickung des Kongresses, und Amerika wird so schwach vertreten sein, wie noch niemals auf einem internationalen Kongreß; nur die Den len werden sich in großer Stärke in Brüssel einfinden.

ie internationalen Kongresse einzelner Gewerkschaften, welche ebenfalls in Brüssel tagen sollen, werden auch allem Anschein nach eine recht schwache Betheiligung finden. Die Sozial⸗ demokraten aller Länder sind eben mit Parteitagen und Spezial⸗ Kongressen, der Gewerkschaften überfüttert. Eben hat der Metallarbeiter⸗Kongreß in Frankfurt a. M. sein Ende erreicht, so rüsten sich schon die Bäcker zu ihrem Kongreß, der am 24. Juni in Altenburg abgehalten werden soll. er Ausstand in Charleroi dauert fort, obwohl nach ver schiedenen Zeitungsberichten das Elend unter den Ausständischen sehr groß ist und in den meisten Familien selbst das trockene Brot fehlt. Der Betrieb der drei Kohlengruben Artistes, Thorrs und

Baldaz Lalore auf dem linken Maas Ufer bei Lüttich wird voraussichtlich nach dem 15. d. M. eingestellt werden, weil er einen monatlichen Verlust von 30 000 Fr. ergiebt. Die zum 15. Juni einberufene Hauptversammlung wird darüber zu entscheiden haben. Nun verlangen die Arbeiter, wie der „Köln. Ztg. geschrieben wird, daß man ibnen gestatte, den Betrieb der verlassenen Berg⸗ werke auf eigene Rechnung zu übernehmen, so wie in Frankreich die Bergleute von Rive ⸗de⸗ Gier. Eine von den bedrobten Arbeitern gebildete Vereinigung verlangte von der Grubenverwaltung, zur Feststellung des Zustandes der Gruben lufnahme machen zu dürfen. Da ibnen dies verweigert wurde, haben sie sich an die Regie⸗ rung und die Kammern mit einem Gesuche um Ermächtigung zur Besichtigung der Gruben gewandt und die Erklärung hinzugefügt, daß sie den Betrieb auf eigene Rechnung zu führen bereit sind, sofern der Bericht ihrer Abgesandten die Möglichkeit eines vortheilhaften Betriebes auf veränderter Grundlage ergeben würde. Im Weitern bitten die Gesuchsteller darum, die jetzige Gesellschaft möge nach Maß— gabe des Gesetzes von 1810 über die Bergwerke angebalten werden, bis zu anderweitiger Verfügung über das Konzessionsrecht an dem Bergwerke den Wasserhebungsdienst fortzuführen. Der Redaktion eines konservativen Blattes zu Charleroi machten vier Bergleute, „Ritter der Arbeit“, die Mittheilung, daß der Anführer des Geheim“ bundes nicht zur Rechnungsablage zu bewegen ist. Die Arbeiter selen darüber entrüstet, daß sie jetzt in der Noth trotz ihrer hohen Beiträge keine Unterstützung aus der Verbandskässe erhalfen. Sie möchten zwar in ihren Versammlungen die Führer niederstimmen, allein keiner wagt es, und ebenso verhält es sich mit der Wiederaufnahme der Arbeit; sie fürchten Schläge und Dynamitpatronen.

Zu einer Beilegung des Ausstandes der Kohlenzieher und Heizer des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven ist vorläufig nur geringe Aussicht, da in den Ausstandskassen noch Geld zur Unter⸗ stützung der Ausständigen zu sein scheint. Wenn auch bis jetzt, aller dings mit einer Verringerung der sonst üblichen Besatzung, sämmt⸗ liche Schiffe fahrplanmäßig abgelassen werden konnten, so ist doch ihre Beförderung nicht ohne große Schwierigkeit, da die nothwendigen Ersatzmannschaften meistentheils von Stettin erst herangeholt werden mußten. Bei dem vorgestrigen blutigen Zusammenstoß der Ausständigen mit der Polizei verhaftete diese den Rädelsführer, der jedoch bald von der auf Tausende angewachsenen Menge mit anderen Verhafteten wieder befreit wurde. Fast sämmtliche Schutzleute sind nach der ‚Wes. 3.“ verwundet worden. Die Ruhe konnte erst wieder hergestellt werden, nachdem Unterstützung von Polizisten aus den Nachbarorten heran gezogen und eine Dampfspritze gegen die Volksmenge zur Anwendung gekommen war.

In Breslau hat nach einem Bericht der Schl. Z“ am 9. Juni eine Zimmergesellensersammlung stattgefunden, in welcher der Vorsitzende des Gesellenausschusses über das Ergebniß einer am 28. Mai d. J iwischen dem Meister⸗ und Gesellengusschuß stait— gehabten Besprechung über Lohn« und Arbeitsverhältnisse Mit theilung machte. Das Ergebniß ist in folgendem, vom Vor⸗— stand des Vereins der Arbeitgeber für das Zimmergewerbe in Breslau unterzeichneten Schreiben niedergelegt: Der Vor⸗ stand des Vereins der Arbeitgeber für das Zimmergewerbe hat beute in der mit dem Gesellenausschusse gemeinschaftlich abgebaltenen Sitzung beschlossen, um dem Elend und der Arbeitslofigkeit unter der Gesellenschaft theilweise abzuhelfen, vom 29. Juni, also vom letzten Montag im Monat Juni ab die zebnstündige Arbeitszeit mit einem Minimallohn von 35 3 einzuführen. Wir ersuchen die Herren Arbeitgeber, sich der Einführung dieser verkürzten Arbeitszeit nicht zu widersetzen, vielmehr in Ausführung der schon im vorigen Jahre in der Generalversammlung gefaßten Beschlüsse mit allen Kräften dafür eintreten zu wollen. Nachdem ver—

sowie dem Gesellenausschuß Mittheilung davon zu machen, wo ] 9 ; gearbeitet werde. In der folgenden freien Besprechung stellte der

mit den Maurern eine Versammlung abzuhalten, um diese mit in die Arbeiterbewegung hineinzuziehen.

Bei dem Ausstand der Omnibusbediensteten in London ist die Sachlage unverändert. Die „A. C.“ berichtet darüber:

Auch an dem vierten Tage des Ausstandes (10. Juni) waren, ab— gesehen von den Dampfern und den Stadtbahnzügen, Deeschken und „Piraten“ beinahe die einzigen Verkehrsmittel in der englischen Metropole. Eine Ausnahme hiervon bildeten die auf der Strecke King's Croß und Victoria Station fahrenden Omnibusse der Londoner Wagengesellschaft, deren Direktoren am 98 Juni die For⸗ derungen ihrer Angestellten bewilligt haben. Nachstehend ein Aus zug aus dem betreffenden Abkommen: „Die Gesellschaft ver⸗ pflichtet sich, den zwölfstündigen zum Maximalarbeitstag für ihre sämmtlichen Augestellten zu machen, den bisherigen Lobntarif auch fernerhin beizubehalten und jedem Mann wieder seine alte Stellung zu verleihen. Sie verpflichtet sich ferner, Niemanden für seine etwaige Antheilnahme an dem Strike zu bestrafen und als dauernde Basis für die Thätigkeit ihrer Angestellten jedes Abkommen zwischen dem Gewerkoerein der Bus. und Trambahnangestellten und der Lon⸗ doner General Omnibus und anderen Gesellschaften anzunehmen“ Die Leiter des Ausstandes zielen dahin, die Wagen der kleineren Gesellschaften auslaufen zu lassen, sobald diese ihre Forderungen be⸗ willigt haben, um ihre ganze Thätigkeit auf den Bopcott der beiden großen Gesellschaften zusammenzufassen und sie dadurch zum Einlenken zu nöthigen. Die General⸗Omnibus⸗Company scheint dagegen ent schlossen, die Ansprüche ihrer Angestellten unbeachtet zu laͤssen. Der Londoner Gewerkschaftsrath trifft eifrige Vorbereitungen, um den Strike bis aufs Aeußerste zu führen und die Omnibus-Gesellschaften zur Ge—⸗ währung der berechtigten Ansprüche der Kutscher und Schaffner zu zwingen. Den Stallknechten wurden bereits kleine Beträge aus den Strikefonds gezahlt. Man beabsichtigt, ebenso wie beim Dockstrike, in den Straßen Sammlungen vorzunehmen. Um jedem der Ausständigen etwa 19 Sh. für die Woche zukommen zu lassen, sind ungefähr 1500 Pfd. Sterl. nöthig. Die Road Car Company hat eine Erklärung veröffentlicht, in der es heißt, daß sie bis auf Weiteres dabon Abstand nehme, die Aus—⸗ sendung von Omnibussen zu versuchen. Alle Anstrengungen, einen, wenn auch nur beschränkten Verlehr einzurichten, waren bisher erfolglos. Die Direktoren der Omnibusgesellschaften machten, wie der „Voss. Z.“ telegraphisch gemeldet wird, gestern das neue Zu—⸗ geständniß, daß der in ihrer Kundmachung vom 8. Juni erwähnte Arbeitstag von zwölf hinter einander folgenden Stunden so bald als möglich eingeführt werden solle. Wenn die Aus- ständigen damit nicht zufrieden seien, so wollen die Gesellschaften neue Leute werben und den Omnibusdienst wieder aufnehmen. Das Publikum gewöhnt sich allmählich an die Abwesenheit der Omnibusse in den Straßen. Die Omnibusse der Privatgesellschaften werden wenig benutzt, da sie einen Preis fordern, der für Viele zu hoch ist. Das geringste Fahrgeld beträgt 60 . Die Ausständigen wollen Omnibusse auf eigene Rechnung aussenden, um die Kosten des Ausstandes zu decken.

Nach einer Meldung aus London vom 9. d. M. haben die Arbeiter in den Steinbrüchen des Hrn. Parnell zu Arklow diesen bei Gelegenheit eines Besuches persönlich um eine Erhöhung ihrer Löhne angegangen; sie beanspruchten demnach zwei Schilling wöchent— lich mehr. Parnell schlug ihre Bitte ab; darauf legten die Leute die Arbeit nieder.

Die Angestellten der Nord- und Süd- Tramwavgesel!«“ schaft in Paris sind, wie der ‚Köln. 3. berichtet wird, durch die bedeutenden, ihnen bereits gemachten Zugeständnisse, wie z völsstündige Arbeitszeit, Unterdrückung aller Geldstrafen für kleinere Ver⸗ gehen, nicht befriedigt und ernannten Abgeordnete, welche bei ihren. Gesellschaften folgende Forderungen durchsetzen sollen: Zwölfstündige, von einer Mahlzeitspause unterbrochene Arbeits-«