1891 / 138 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Mannigfaltiges.

Die religiöse Gedächtnißfeier, welche der Bläserbund gestern für den Hochseligen Kaiser Friedrich veranstaltete, hatte die weiten Räume der Garnisonkirche mit einer andächtigen Gemeinde gefüllt. Von der Militärbehörde war der Kommandant von Berlin, General ⸗Lieutenant Graf Schlieffen mit mehreren Offizieren erschienen. Der von der Kurfürstin Luise Henriette von Brandenburg komponirte Choral „Jesus meine Zuversicht“ leitete die ernste Feier ein. Dann kamen Dorn's Hymnus „Dem Helden“ und Gluck's ‚Reigen seliger Geister zum Vortrag. Die An⸗ sprache, die der wehmuthvollen Erinnerung an den Königlichen Dulder geweiht war, hielt Divisionspfarrer Platz. Hierauf erscholl „Des Kronprinzen Lieblingslied? von Radecke durch den Raum des Gotteshauses. Eine aus dem Jahre 1593 stammende Canzona von Florentio Maschera leitete sodann zu dem von Fr Rosa Sucher ge⸗ sungenen Lied von F. Pönitz über: ‚O thu' das Weh' aus deinem

erjen', worauf der achtstimmig gesungene Spohr'sche Choral „Selig sind die Todten“ die Feier beschloß.

Der Magistrat hat nunmehr die Stadtverordneten ⸗Versamm⸗ lung ersucht, für die gemischte Kommission zur Prüfung der Frage, in welcher Weise die Bestrebungen für Beschaffung billiger Wohnungen zu fördern seien (Wohlgemuth'scher Antrag), Mit⸗ glieder aus ihrer Mitte zu wählen, und hierzu bemerkt, daß er seiner— seits . zu derselben fünf Mitglieder seines Kollegiums zu entsenden.

Bei Gelegenheit der Ausführung des Planes des Erweiterungès⸗ baues der Central⸗Markthalle in der Neuen Friedrichstraße soll die elektrische Beleuchtung des neuen wie des alten Theiles der Halle nicht mehr wie bisher durch eigene Maschinen, sondern durch Anschluß an die Leitungen der allgemeinen Elektrizitätswerke bewirkt werden, weil es auf diese Weise möglich wird, den Betrieb der ver mehrten Fahrstühle, wie der Kühlanlage mit den vorhandenen Dampf kesseln und Maschinen zu bewirken. Eine Vermehrung derselben wäre nämlich wegen der Beschränktheit des Raumes mit sehr großen Unbequemlichkeiten und manchen Nachtheilen verbunden. Der Magistrat hat auf Antrag des Markthallen Kuratoriums hierzu seine Genehmigung ertheilt und bei der Stadtverordneten⸗Versammlung die Zustimmung erbeten. Zugleich hat der Magistrat der Versammlung den speziellen Entwurf zur Erweiterung der Central⸗ Markthalle und den mit 2 354 000 M abschließenden Kostenanschlag zur Genehmigung unterbreitet und ersucht, ihm zur Ausführung des Baues die im Etat der Markthallen, Extraordinarium, vorgesehene 1. und 2. Baurate von 500 000 und S800 000 M abzüglich der bereits im vorigen Jahre zum Solljahlen gestellten 25 000 M mit im Ganzen 1275 000 M zur Verfügung zu stellen.

Behufs Verlängerung der Artilleriestraße bis zur Elsasser⸗ straße hat der Magistrat die Stadtverordneten⸗Versammlung ersucht, sie möge sich damit einverstanden erklären, daß für den zum Projekt erforderlichen freihändigen Erwerb des Grundstücks Linienstraße 113 Elsasserstraße 62 und für den Verzicht der Eigenthümer auf sämmt⸗ liche Ansprüche, welche aus der Hergabe des Grundstücks ihrerseits hergeleitet werden können, ein Preis von 460 000 „S gezahlt werde. (Die Versammlung hatte durch Beschluß vom 19. Februar er. nur 400 000 ½ι bewilligt, was die Eigenthümer jedoch ablehnten.)

Die Stadtverordneten Eßmann und Genossen haben bei der St adt⸗ verordneten ⸗Versammlung den Antrag eingebracht: die Anfrage an den Magistrat zu richten, welche Gründe dafür vorlägen, daß der Magistrat die Hergabe der in der Markthalle auf dem Marheineke platz laut Gemeindebeschluß einzurichtenden Räume für eine Sanitäts⸗ wache unterm 6. d. M. abgelehnt hat

Die Anlegung einer neuen Straße zum Zweck der Errichtung von Arbeiterwohnhäusern wird in Berlin in der Nähe der Landsberger Allee geplant. Der Verein zur Verbessernung der kleinen Wohnungen in Berlin hat sich nämlich dem Handels Minister gegenüber bereit erklärt, an der Straße 48, Abtheilung XIII. des Bebauungéplans, nahe der Landsberger Allee, sofort zehn Arbeiterwohnhäuser für etwa 100 Familien zu errichten, wenn die Anlegung einer neuen Straße in einer Entfernung von 32 m von der Straße 48 gestattet wird, sodaß eine Zusammenlegung der sämmtlichen Höfe möglich ist. Auf eine an den Magistrat gerichtete Anfrage der Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten hat die städtische Bau Deputation beschlossen, ihrerseitß gegen die Aufnahme einer solchen Straße in den Bebauungs plan nichts einzuwenden, Falls ihre Anlage durch einen Unternehmer gesichert ist. Die Bau⸗Depuiation würde auch keine Bedenken haben, die in einer Breite von 18 m geplante Straße noch schmaler zu ge—

statten, wenn das dadurch gewonnene Terrain den Grundstücken bezw. den Arbeiterwohnhäusern zu Gute käme.

In Sachen des Neubaues der Georg enkirche hat das Konsistorium gestern der betheiligten Gemeinde mitgetheilt, daß es mit dem Bau einverstanden ist und ihn beim Qber-Kirchenrath be⸗ fürworten will. Die neue Kirche soll in der Mitte des Georgen. kirchplatzes mit der Längsachse nach der Georgenkirchstraße zu errichtet werden. Der Platz ist so geräumig, daß während des Baues das alte Gotteshaus sfehen bleiben kann. Während die jetzige Kirche 1800 Plätze enthält, will man der neuen deren nur 1409 geben. Die Seelenzahl der Gemeinde ist in den letzten Jahren sehr zusammen—⸗ geschmolzen, sie beträgt jetzt etwa 15 000. In der allerneuesten Zꝛit ist eine kleine Vermehrung wieder eingetreten.

Konsistorial⸗Rath Dryander hat gestern zum ersten Mal wieder . in, Erholungsurlaub die Kanzel der Dreifaltigkeitskirche etreten.

Hofprediger D. Frommel hat einen dreimonatigen Urlaub an⸗ getreten, den er in Baden ⸗Baden verbringen wird.

Im Dom predigte gestern der Konsistorial⸗Rath a. D. Dalton der früher an hervorragender Stelle in der deutschen Gemeinde von St. Petersburg gewirkt hat und jetzt hier der Ruhe lebt. Dem Gottesdienst wohnten Ihre Königliche Hoheiten der Erbgroßherzog von Baden mit Gemahlin und die Söhne des Prinzen Albrecht bei.

Zum zweiten Prediger der Georgenkirche ist gestern der Pastor Zimmer zu Memel von der Gemeinde gewählt worden.

Der am vergangenen Dienstag zum ersten Mal von Hrn. Re gierungs⸗Baumeister Walther Körber in der Urania gehaltene Vor frag Ueber optische Täuschungen im Dienste der bildenden Kunst“, der einem außerordentlichen Interesse sowohl von Seiten der Presse, als auch von Seiten des Publikums begegnete, wird morgen Abend noch einmal wiederholt werden. Die telephonische Opernanhörung wird nur noch bis zum 18. d. M, dem Publikum zugänglich sein, da die Ferien des Königlichen Opernhauses mit dem kommenden Freitag

beginnen.

Nach Meldung hiesiger Blätter haben aus dem Ueberschuß des Korso-Festes vom 15. Mai bisher gegen 5000 „M Unterstützung an bedürftige Künstler gezahlt werden können. Eine genaue Abrech⸗ nung über das Ergebniß des Festes soll später veröffentlicht werden.

Am Dienstag, 16. Juni, Abends 7 Uhr, findet im Friedrichs städtischen Casino, Friedrichstraße 236, eine außerordentliche General= persammlung des Vereing „Berliner Dienstherrschaften für Krankheitskosten⸗Entschädigung der Dienstboten“ . Die diesjährige Beitrage quittung ist als Legitimation mitzu⸗

ringen.

Bromberg, 12. Juni. In der gestrigen Sitzung des Aus— schusses für das Kai ser Wilhelm⸗-Denkmal wurde nach der Br. Ztg.“ der mit Professor Calandrelli⸗Berlin. abgeschlossene Vertrag auf Herstellung dieses Denkmals genehmigt; die Kosten dafür wurden mit 73 000 6 bewilligt. Das Denkmal ein Reiter⸗ standbild ist vom Erdboden an gerechnet bis zur Helmspitze 7 m boch. Der Sockel soll aus rothbraunem, an allen sichtbaren Stellen polirtem schwedischem Granit besteben, Figur und Widmungs⸗ tafel sind aus Erz (33 0so Kupfer und 70G Zinn). Das Standbild erhält seine Aufstellung auf dem Weltzienplatz; die Aufstellung muß spätestens bis zum 1. April 1894 erfolgt sein. Die Fundamentirungs⸗ arbeiten sind dem Ausschusse überlassen. Mit gärtnerischen Anlagen auf dem Weltzienplatz soll schon in diesem Herbst begonnen werden.

Schlesien, 11. Juni. Zum 150jährigen Jubiläum der Kirche in Primkengu hat nach einer Meldung der Schl. Z. Ihre Majestät die Kaiserin eine Altar⸗Prachtbibel geschenkt. Auf das erste Blatt hat die hohe Spenderin den Spruch Offenb. St. Joh. 2, 10 geschrieben, mit dem Allerhöchstdieselbe dereinst in der Kirche zu Primkenau eingesegnet worden. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Leopold spendete eine namhafte Summe zur Beschaffung von Taufgeräthen und Gründung einer Kleinkinderschule.

Görlitz, 11. Juni. Das Comits für Errichtung eines Denk mals des Prinzen Friedrich Carl hat nun nach der P. 3.“ endgültig festgesetzt, daß die Enthüllung und Uebergabe am 27. Oktober, dem Tage der Kapitulation von Metz. stattfinden soll. Um dem Standort auf der obersten Aussichtsfläche des Obermüblberges ein malerisches Aussehen zu geben, soll das Plateau erweitert und mög⸗ lichst naturgetreu dabei die Formen einer Bastion hergestellt werden.

Zillerthal i. Schl., 13. Juni. Auf der Schneekoppe sind nach einer Meldung des ‚W. T. B.“ Nachts stärkere Schnee⸗ fälle niedergegangen.

Kiel, 12. Juni. Vor der auf dem Platze vor der Kaserne der 1. Matrosen ⸗Division zur Erinnerung an die Anwesenheit des ver⸗ storbenen General⸗Feldmarschalls Grafen von Moltke gepflanzten Eiche ist jetzt eine Messingtafel angebracht, welche folgende Widmung enthält: Gepflanzt am 8. Mai 1891 von Seiner König⸗ lichen Hoheit dem Prinzen Heinrich von Preußen zur Er innerung an den General Feldmarschall Grafen von Moltke und an seine Stellung à la suite des 1. See⸗Bataillons in Gegenwart des Majors Lölhöffel von Löwensprung, des Korvetten⸗Kapitäns Gertz und des Korvetten ⸗Kapitäns Oelrichs.“

Zerbst, 13. Juni. Das hiesige Rathhaus steht, laut Mel⸗ dung des W. T. B.“, in Flammen; das Archiv ist gerettet.

Bremen, 13. Juni. Die Rettungsstation Koppalin meldet: Am 13. Juni von dem hier gestrandeten Schuner Riborg“, Kapitän Holm, vier Personen gerettet durch den Raketenapparat der

Station Koppalin.

Hamburg, 13. Juni. Orkanartiger Ost sturm brachte, wie die N. P. Z.“ mittheilt, in den dänischen Gewässern eine Anzahl Seeschiffe zum Sinken; andere treiben entmastet hülflos

umher.

Straßburg i. E, 14. Juni. Heute Vormittag 11 Uhr wurde laut Meldung des W. T. B.“ durch den Statthalter Fürsten von Hohenlohe eine Ausstellung von Maschinen und Werkzeugen des Kleingewerbes eröffnet. Der Statthalter wurde bei seinem Erscheinen vom Maler Herbst, als dem Präsidenten des Gewerbevereinß, welcher die Ausstellung, selbständig aus geführt hat, begrüßt. Der Statthalter besichtigte in Begleitung des kommandirenden. Generals von Lewinski, des Staatssekretärs von Puttkamer, sowie der Unter⸗Staatssekretäre von Schraut und von Köller während zweier Stunden die Ausstellung und sprach seine volle Anerkennung aus. Alle größeren deutschen Firmen haben sich an dem Unternehmen betheiligt, im Ganzen über 100 Aussteller mit gegen 1000 Objekten. Die Ausstellung wird drei Monat dauern.

Straßburg. Aus Finanzkreisen der Städte Straßburg und Mülhausen hat sich, wie der N. . 3. gemeldet wird, eine Gesell⸗ schaft gebildet, welche vorerst zwei Zahnradbabnen in die Vo gesen erbauen und in Betrieb nehmen will. Die größere dieser Bahnen wird Gebweiler mit dem 1425 m hohen Belchen, die andere Oberehnheim mit dem Obilienberg verbinden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 15. Juni. (W. T. B.) Der Staatssekretär des Deutschen Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan ist heute aus Konstantinopel über Triest hier eingetroffen. .

Ba sel, 15. Juni. JW. T. B.) Ueber die gestrige . Katastrophe (woruͤber wir in der Zweiten Beilage berichten) werden folgende Details mit⸗ getheilt: Der Sonntag Nachmittag 2 Uhr 15 Min. von Basel abgehende Personenzug der Jurabahn, mit zwei Lokomotiven bespannt, hatte kaum die unmittelbar unterhalb Mönchen⸗ stein über die Birs führende kleine Eisenbahnbrücke erreicht, als die aus Eisen konstruirte Brücke ein⸗ brach. Die erste Lokomotive stürzte mit dem Schorn⸗ stein nach unten, die zweite auf ihre Räder in die Tiefe, ein Wagen erster und ein Wagen zweiter Klasse sowie ein Post⸗ und Gepäckwagen fielen ebenfalls in den Fluß. Ein dritter Wagen schwebt zwischen Brücke und Trümmerhaufen. Die Verwundeten wurden auf Fuhrwerken aller Art und Ambulanzwagen nach Basel geführt, die Todten sind am Birsufer hingelegt. Die Verwundungen sind zum Theil sehr schwer. Eine enorme Masse von Menschen um⸗ steht die Unglücksstätte. Die Aufregung ist unbeschreiblich.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Uebrigen dauert in Deutschland die trübe, kühle Witterung bei durchschnittlich mäßigen südwestlichen Bagdad. bis nordwestlichen Winden fort, in Nord⸗ und Peter Cornelius. Mittel⸗Deutschland ist allenthalben Regen gefallen. Bei Berlin fand gestern Nachmittag ein Gewitter statt, sonst werden Gewitter nicht gemeldet.

Wetterbericht vom 15. Juni, Morgens 8 Uhr.

Stationen. Wind. Wetter.

Temperatur

Deutsche Seewarte.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp red. in Millim

mmm, Sohn.

8

Regen wolkig halb bed. bedeckt wolkenlos halb bed. L' wolkig wolkig

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda.

, . =. Moskau ⸗. Cork,. Queens;

, Cherbourg

1 in O Celsius SS 0 O 0 . 3 566. = 48R.

Gg R 8

von C.

wolkig! Dunst wollig wolkig Regen wolkig bedeckt bedeckt

wolken lo halb bed. bedeckt Lise. bedeckt bedeckt

eg 68 5s

Hamburg .. Swinemünde Max Grube. Neufahrwasser

Memel

,. J ünster. .. Karlsruhe.. Wiesbaden. München .. Chemnitz .. bedeckt . bedeckli) Wien .... 3 wolkig Breslau.. 760 bedeckt

Ile d' Ax... 765 heiter m bedeckt

8 8 8 68

SG GG

Mittwoch:

) Nachm. Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Daß barometrische Minimum, welches gestern über den schwedischen Seen lag, ist langsam füdostwärts nach der Gegend südlich von Wisby fortgeschritten, während über Frankreich ein barometrisches Maximum

zunächst aufklarendes Wetter mit Erwärmung für Westdeutschland erwartet werden dürfte. Im! Margot.

Theater⸗Anzeigen.

Nönigliche Schauspiele. hauö. 151. Vorstellung. 9 Elfen. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik M. von Weber. Die Recitatiwe von F. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr. Schaufpielhaus. 158. Vorstellung. Der neue Geheimnis. Engl. Sensat . Drama in 3 Bildern wisfenschaftlichen Theater. Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von von Douglaß. Wildenbruch. In Seene gesetzt vom Ober Regisseur verschiedenen Komponisten. Die Dekorationen und Requisiten vom Carl -Theater in * 00 222222272023. 162. Vorstellung. Der Wien ist vom Hoftheatermaler Burghart. * Zwei große Wasser ⸗Sensationsbilder: 1) Henlev⸗

Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Opernhaus. Freischütz. Oper in 3 Akten von C. M. von Weher. Text zum Theil nach einem Volksmärchen: Der Regatta, natürl. Dampfschiffe und Ruderboote auf Freischütz, von Friedrich Kind. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 159. Vorstellung. Schauspiel in 5 Aufzügen von Hermann Hersch. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Die Kinder der Excellenz. Anfang 74 Uhr. er Attach 6. . Donnerstag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Verliner Theater.

Anfang 73 Uhr. Mittwoch: Der Hüttenbesitzer. Donnerstag: Kean.

tend üb Tessing⸗ Theater. Artistische Direltion: Angelo erschienen ist. Eine neue Depression liegt nordwest Neumann. Dienstag: Cavalleria rusticana. lich von Schottland, bei deren weiterer Entwickelung Hierauf: Margot.

Mittwoch: Cavalleria rusticann. Hierauf: 30. Male: Tricoche und Cacolet. 5 Aufzügen von Meilhae und Halevy.

von C. Bechstein. Vorher:

Dienstag! Opern · Grohes Garten · Concert. Oberon, König der 7 In Scene

Dienstag:

natürl. Wasser. Natürl. Regen. Die Auna⸗ der Themfse.

stellung 75 Uhr

Beeth.

Dienstag: Goldfische. Fr. Fluth: Frl. Beet.)

Lakme.

Abends bei brillanter

BVelle- Alliance · Theater.

Donnerstag: Zum 1. Male: Der Barbier von , . Komische Oper in zwei Aufzügen von nehmstes und großartigstes Sommer ⸗Etablissement

Pierrot: Helene Odilon als Gast. Zum 18. Male: Das Gastspiel der Münchener.

Modell. Lustspiel in 1 Akt von G. Cobnitz.

ö des Concerts 69 Uhr, der Vorstellung r.

1 shiooch und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Im prachtvollen Park: Großes Doppel-⸗Concert.

Auftreten von Gesangs⸗ und Instrumentalkünstlern. n). Anfang des Concerts 6 Ühr. Anfang der Vor. Ggboren: Ein Tochter: Hrn. Pastor Pr.

Miltwoch: Ein dunkles Geheimniß. Im Park: Großes Doppel ⸗Concert.

Uroll's Theater. Dienstag: Erstes Gastspiel

der K. K. österreichischen Hofopernsängerin Frl. Lola Die lustigen Weiber von Windsor.

Miltwoch: Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich. Täglich: Großes Concert! im Sommergarten,

elektrischer desselben. Anfang o, der Vorstellung ? Uhr.

Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor-

der Residen): Großes Militär⸗Doppel ˖ Coneert. Auftreten sämmtl. Spezialitäten. Brillante Illu⸗ mination des ganzen Garten ⸗Etablissements.

Wallner Theater. Dienstag: Zum 18. Male: Anfang des Goncerts 6 Uhr. Anfang des Theaters Der verlorene Sohn. Musikalisches Schauspiel 73 Uhr.

ohne Worte in 3 Akten von Michel Carrs Musik von A. Wormser. Der junge

Adolph Ernst⸗Theater. Dienstag: Ensemble⸗ Zum dritten Male: Der ledige Hof. Volksstück mit Gesang in 5 Akten von Ludwig Anzengruber. Anfang 73 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Der Sommer ⸗Garten ist geöffnet.

Concert Flügel

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

6 . , ,, Theater. Am Landes ⸗Ausstellungs Park (Lehrter Bahnhof). u ;

Ein dunkles Geöffnet von 12— 1 Ühr. Täglich Vorstellung im Nähereg die Anschlag

Deutsch von Dorn. Musik von zettel.

Ausstattung an

Familien⸗Nachrichten.

K Verehelicht: Hr. Prem. Lieut. Alexander Graf

von der Schulenburg mit Frl. Lily von Kotze (Coders lebe

Braasch (Niederndodeleben) . Hrn. Professor Dr. Bessel Hagel (Worms). Gestorben: Hr. Sanitäts⸗Rath Julius Krüger (Bad Wildungen).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor

Berlin: 3 . Verlag der Expedition (Scholx.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage),

Beleuchtung (10363)

Dienstag: Zum und das Verzeichriß der gezogenen Schuld⸗

verschreibnngen der Prenuszischen Staats

Posse in ̃ Anleihe vom Jahre 1868 A. n. s. w.

M H38.

Serrenhaus. 22. Sitzung vom Sonnabend, 13. Juni.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, der Minister des Innern Herr⸗ furth, der Justiz-Minister Dr. von Schelling und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei.

Auf der Tagesordnung steht die Beschlußfassung über die ,, Behandlung der Vorlage, ir en die eförderung der Einrichtung von Rentengütern.

Der Präsident Herzog von Ratibor schlägt die Üeberweisung an 89 , vor. t reiherr von Manteuffel beantragt, den Gesetzentwurf in einmaliger Schlußberathung zu erledigen. ö.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Die Staatsregierung würde großen Werth darauf legen, wenn dem Antrage des Freiherrn von Manteuffel stattgegeben werden könnte. Dieser Gesetzentwurf ist ja aus der Initiative des Herren hauses hervorgegangen und erfüllt einen Wunsch, der ohnehin, so viel ich mich erinnere, fast einstimmig angenommen wor— den ist. Der Gesetzentwurf ist im Abgeordnetenhause in der Kommission ausführlich berathen, es liegt ein schriftlicher Bericht vor, es hat hernach eine ausführliche Berathung im Plenum stattgefunden. Ich glaube, es wäre darum vielleicht möglich, die Vorlage auch hier im Plenum zu behandeln. Würde der Antrag, den Gesetzentwurf an die verstärkte Agrarkommission zu überweisen, angenommen, so ist zu fürchten, daß in dieser Session der Entwurf nicht mehr zur Verabschiedung kommen würde. Ich würde daher meinerseits münschen, daß das Haus dem Anirage des Freiherrn von Manteuffel beiträte.

Graf von Brühl will dem Antrage nicht widersprechen, würde aber, wenn die Sesston nicht so weit vorgerückt wäre, kommissarische Berathung heantragt haben.

Die Vorlage wird zur gestellt.

Das Haus erledigt darauf in einmaliger Schlußberathung die Vorlage wegen Abänderung einiger Be— stimm ungen bezüglich der Pensionirung der Be⸗ amten der rheinischen Landgemeinden und den Ver— trag mit Bremen und Oldenburg, wegen Her— Kisems einer neuen Fahrbahn in der Außen—

6 er

Darauf folgt der mündliche Bericht über die vom Ab— ,, verändert zurückgekommene Landgemeinde— ordnung.

Von den Aenderungen in den §§. 48 und 109 hat die Kommission die erstere (betreffend das Stimmrecht) gut⸗ geheißen; die zweite aber (beschränkte Oeffentlichkeit der Ge⸗— meindevertretungen) wieder abgeändert; die Kommission be— antragt, nicht allen steuerpflichtigen, sondern nur den mit dem . ausgestatteten Personen die Anwesenheit zu ge⸗

atten.

Der Referent, Minister des Königlichen Hauses von Wedell berichtet über die einzelnen Aenderungen, die das Abgeordnetenhaus beschlossen.

. §. 2 klärt:

Graf oon Mirbach: Er könne schon bei diesem Paragraphen erklären, daß er gegen das Gesetz stimmen werde. 6 . habe er eine so weit gehende Regelung der ländlichen Verhältnifse nicht für nöthig, sondern eine Reform der bestehenden Gesetzgebung für genügend gehalten, aber er würde vor Monatsfrist trotz dieser Bedenken für das Gesetz gestimmt haben, um die Materie zum Abschluß zu bingen. Inzmischen seien ihm aber Stimmungen Und Wünsche aus konser rativen Kreisen in großer Zahl bekannt geworden, welche dahin gingen, daß das Gesetz abgelehnt werden möge (Hört, hört!) Namentlich sei das aus den Reihen des kleinen Grundbesitzes geschehen, der sich trotz der im Gesetz vorgesehenen Kautelen For einer gewaltsamen Zufammenlegung fürchte, er sehe darin eine gäbitis diminutio und eine Entwerthung seines Besitzes. Edenso wie der Städter wolle auch der Bauer Herr in seinem Haufe sein und seine Selbständigkeit wahren. Wenn er heute gegen das Gesetz stimme, wolle er diesen Gefühlen Ausdruck geben. Seine politischen Freunde im anderen Hause hätten auch keine großen Doff— nungen auf die Segnungen dieser Vorlage gesetzt und seine Freunde hier könnten deshalb nicht allein die Verantwortung dafüt' über= nehmen. Da sich seine Benenken hauptsächlich schon gegen §. 2 rich teten, so habe er sie schon hier geltend gemacht.

§. 2 wird mit großer Mehrheit in der Fassung des Ab— rn, ,,

ei 8§. 48 beantragt Graf von Klinckowström, den Absatz des 8. 45 dahin zu fassen: j

Die vorstehenden Sätze an Grund und Gebäudesteuer können

für emne Gemeinde durch Ortsstatut, für einen Kreis auf An—

trag des Kreisausschusses durch Reschluß des Provinzial Landtages erhöht oder auch und zwar durch Ortsstatut höchstens um,

einmaligen Schlußberathung

durch Beschluß des Provinzial⸗Landtages höchstens um die Hälfte

ermäßigt werden. Auch kann durch Ortsstatut Grundbesitzern, welche die in Ab⸗— satz 1 erwähnten Steuersätze entrichten, eine größere Zahl von Stimmen, jedoch nicht über 3, 4 und 5 Stimmen beigelegt werden.“ . Berichterstatter Minister des Königlichen Hauses von Wedel: Ver §z 48 habe in der Fassung des Abgeordnetenhauses mannichfache Bedenken in der Kommission hervorgerufen und seischließlich mit dem Antrage des Hern von Bethmann-Hollweg, wonach die Regelung des Stimmrechts der Gemernden dem Probäinzial Landtage überlaffen worden sei, hier angenommen worden, nachdem der Minister des Innern dem Hause entgegengekornmen sei. Das Herrenhaus habe wohlgethan, den Antrag des Herrn von Bethmann-⸗Hollweg anzuneh— men, weil die Interessen der verschiedenen Klassen in der Gemeinde, namentlich die des Bauernstandes, durch di sen Antrag besser gewahrt , . als sie es nach der Fassung des Paragraphen, wie sie das

bgeordnetenhaus beschlossen habe, gewesen sein würden. Es sei das wunderbare Gerücht verbreitet worden, daß das Herren—⸗ 2 der Tragweite seines Beschluffes sich nicht bewußt gewefen fei, ,, unrichtig, wie alle hier gehaltenen Reden bewiesen. Rich g sei allerdings, daß es besser fein würde, wenn man dem Pro vinzial-⸗Lxandtage eine Reihe untergeordneter Geschäfte abnähme, und in, der Kommission hatten eingehende Erörterungen darüber statt— gefunden, aber keiner der dort gestellten Anträge habe eine Mehrheit finden können, auch, nicht ein Antrag, der dem? des Grafen Klinkowström ähnlich gewesen sei. Man hahe nicht geglaubt, daß die vorgeschlagene Theilung der Kompetenz der Gemeinden und des Provinzial ⸗Larotages bortheiihast sei, namentlich mit Rüchsicht auf die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse in den einzelnen Krelfen. Namens der Kommiffion

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 15. Juni

hitte er, den Antrag des Grafen Klinkowström abzulehnen und den §. 48 unverändert anzunehmen.

Antragsteller Graf von Klinckowström: Das Herrenhaus stehe heute vor dem Faktum, daß eine große einflußreiche Partei des andern Hauses geschlossen gegen das ganze Gesetz gestimmt habe, weil ihr durch den Beschluß dieses Hauses das genommen worden sei, was sie ursprünglich mübsam in das Gefsetz hineingebracht habe, das Ortsstatut. Der Beschluß des i . der auf An⸗ trag des Herin von Bethmann ⸗Hollweg gefaßt worden sei, sei etwas eigentbümlich zu Stande gekommen, und man sei sich wobl nickt recht der Tragweite desselben bewußt gewesen. Es sei für ihn nicht ganz leicht, über solche plötzlich ins Plenum geworfene Anträge, wie der Antrag von Bethmann ⸗Hollweg einer gewesen sei, sofort genügend klar zu werden. Dazu gehörten die nöthigen Aktenstücke, und die Herren sprächen auch nicht immer so deutlich, daß man Alles genau verstehen könne. Es komme für das Herrenhaus jetzt lediglich darauf an, ob es seinen früberen Beschlutz für richtig halte oder nicht; im letzteren Falle müsse es ihn korrigiren. Dieser Beschluß ei eine entschiedene Verschlechterung des Gesetzes gewefen. Der Provinzial Landtag sei die ungeeignetste Behörde, um in die Interna der Gemeinde einzudringen und das Stimmrecht derselben zu regeln, und es würde ihm durch den früheren Beschluß eine außer⸗ ordentliche Arbeitslast auferlegt werden. Der Provinzial Landtag würde schließlich zur Dekoration werden, da er den Beschlüffen des Krelsausschusses doch folgen müsse. Durch das Herausbringen des Ortsstatuts nehme das Haus den Bauern das Bewußtsein, noch Herren im Hause zu sein. Die großen Grundbesitzer hätten bisher mit ihren Bauern in Frieden und Freundschaft gelebt, nehme man ihnen aber das Ortsstatut, so errege man Unzufriedenheit, die sich stets, auch bei den Wahlen, eigen werde. Sein Antrag sei eine Art Vermittelungsantrag Es sei ja schwierig, einen einmal gefaßten Beschluß ves Hauses umzustoßen. Er habe deshalb in seinem Antrag dem Provinzial Landtag das gelassen, was er machen könne, die Ordnung der Steuersätze, aber den Gemeinden das Ortsstatut überlassen. Auch politische Gründe spräͤchen für seinen Antrag. Bekanntlich genieße die Landgemeindeordnung keine große Sympathie im Lande. Komme das Gesetz ins Land, nachdem eine der größten Parteien geschlossen dagegen gestimmt habe, so werde es anders angesehen werden, als wenn es mit, deren Zustimmung zu Stande komme. Ohne seinen Antrag werde ein großer Theil dieses Hauses gegen das Gesetz stimmen, und das werde die Sachlage verschlimmern. Daß das Abgeordnetenhaus diese Aenderung nicht annebmen sollte, glaube er nicht. Die Konser— vativen würden geschlossen für dieselbe stimmen, die Nationalliberalen allerdings getheilt, aber der Qbg. Hobrecht habe gesagt, im Prinzip habe er gegen den Antrag Rauchhaupt, der dasselbe wolle wie der seinige, nichts einzuwenden, er werde aber gegen denselben stimmen, weil das Herrenhaus ihn nicht annehmen werde; wenn nun das Herrenhaus seinen Antrag annehme, dann werde der Abg. Hobrecht zustimmen können. Der freikonservative Abg. von Dziembowski habe erklaͤrt, für den Antrag stimmen zu wollen, wenn er die Ueberzeugung gewinnen könne, daß die Annahme desselben im Herrenhause keine Schwierigkeiten mache und das Gesetz nicht gefährde. Wie das Centrum stimmen werde, wisse er nicht, dagegen hätten die Freisinnigen erklärt, das Gesetz unter allen Umständen annehmen zu wollen. Das andere Haus werde also sicherlich diesen Antrag annehmen. Werde sein Antrag abgelehnt, so lege er überhaupt keinen Werth darauf, daß die Vorlage nochmals in das andere Haus komme, dann werde ein großer Theil seiner Freunde gegen das Gesetz stimmen. Er würde ein negatives Resultat bei der Abstimmung bedauern und bitte deshalb dringend, seinen Vermittelungsantrag anzunehmen. Das Haus werde damit dem ganzen Lande einen Dienst erweisen und große Kämpfe würden vermieden werden. (Beifall) ö

Staats, Minister von P⸗uõttkamer: Graf Klinckowstroem habe sich allerdings redlich bemüht, von seinem Standpunkte zum Zustande⸗ kommen des Gesetzes beizutragen, und wenn er den großen Nachtheil betone, wenn die Landgemeindeordnung ohne Mitn kung, ja gegen die Meinung einer großen einflußreichen patriotischen Partei des Abgeordnetenhauses zu Stande komme, so gebe er (Redner) ihm darin Recht. Er würde es auch beklagen, wenn die Landgemeindeordnung in einer Gestalt zu Stande täme, welche es einer großen Partei dieses und des anderen Hauses unmöglich mache, dafür zu simmen. Es kämen aber noch andere, austschlaggebende Gesichtspunkte hinzu, und deswegen sei er zu seinem großen Bedauern außer Stande, dem Antrage zuzustimmen. So schwer dies ihm auch werde, so müsse er doch gegenüber dem Antrage an der abweichenden Meinung festhalten auch auf die Gefahr hin, daß ihn dies von seinen politischen Gesin⸗ nungsgenossen, mit denen er Schulter an Schuller bisher gekämpft habe, trenne und. namentlich von der Partei des anderen Hauses, welche ihn in seiner amtlichen Thätigteit Jahre lang unterstützt habe und der er viele ministerielle Erfolge verdanke. Aber die sonst so werthe politische Kameradschaft entziehe ihn nicht der Verpflich— tung, ganz objektiv und nach Lage der politischen Verhällnisfe zu brurtheilen, ob der Ausweg des Grafen Klinckowstroem der richtige sei, und das könne er nur verneinen. Die Annahme des Antrages würde das Haus in eine Stellung bringen, welche seinem Ansehen nicht entsvräche, und würde die Gefahr eines schließlichen Scheiterns der Vorlage herbeiführen. Der Antrag würde im anderen Haufe nicht angenommen werden. Er habe die Stimmung im Lande über diefes Gesch ersorscht und sei auch, auf Stimmungen gestoßen, welche ein Bedürfniß für diese ko difizirte Landgemeindeordnung nicht anerkennten. Aber es herische in konserpatiren Freisen die Meinung, daß eg nunmehr an der Zeit sei, endlich dec Sache ein Ende zu machen. Er wüunsche das Zu⸗ standekommen des Gesetzeß, aber auf dem Wege des Grafen Klinckowstrgem sei es nicht zu erreichen. Nach dem Antrage solle das Herrenhaus inen in voller Kenntniß der Sachlage und unter Berücksichtigung aller Umstände auf Anrrag des Herrn von Beth— mann gefaßten Beschluß, der von hervorragenden Mitgliedern des Hauses mit den besten Gründen vertheidigt sei, und den auch Graf

Klinkowstroem dem Minister warm ans Herz gelegt habe, zurück.

nehmen, nur weil, Graf Klinkowftroem und seine Freunde an der Richtigkeit dessen irre geworden seijen, was sie früher mitbeschlossen hätten. Der Antrag beseitige nicht den Konflikt zwischen beiden Häusern, sondern störe die Harmosle, die zwischen ihnen jetzt her= gestellt sei. Auch sachlich sei der frühere Beschluß nicht unkonservativ und nicht von dem angeblichen Nachtheil begleitet, wie Graf Klinckowstroem meine. Etz handele sich nicht um eine Üübermaͤßige Belastung des Provinzial Landtages. Der wichtigste Theil aller ländlichen Gemeinden, derjenige, welcher Gemeindevertretungen und nicht Gemeindeversammlungen habe, falle aus diefer Diekussion überhaupt herauß. Der Provinzial Landtag werde also nur in wenigen Fällen in dieser Beziehung zu ent— scheiden haben, Session nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes größer werden. Nach dieser einmaligen Arbeit werde er nur noch sehr selten zur Entschei⸗ dung solcher Fragen kommen. Der vorige Beschluß dieses Hauses sei auch sachlich, ganz abgesehen von politischen Erwägungen, der einzig zweckmäßige. Die ortsstatutarische Regelung empfehle sich auf dem Papier sehr gut, sei aber in der Praxis völlig unwirksam. Man würde damit eine Arena der heftigsten politischen Kämpfe innerhalb der Gemeinde eröffnen und statt des Friedens eine beständige Reibung in den Gemeinden hervorrufen. Daß der Kreizausschuß bezüglich des

und seine Arbeitslast werde nur in der ersten

1891.

Stimmrechts Beschlüsse fassen werde, welche Unfrieden in der Ge— meinde erregten, sei nicht anzunehmen, da die Mitglieder des Kreis⸗ ausschusses mit den ländlichen Verhältnissen vollkommen vertraut und verwachsen seien. Ohne jede Gefahr könne man die Landgemeinde—⸗ ordnung in der vorliegenden Gestalt ins Leben treten lassen. Wunder⸗ barerweise sei auch in der Presse gegen diesen Standpunkt eine sehr starke Polemit entstanden. Eine viel gelesene konservative Zeitung be⸗ zeichne den frühern Beschluß dieses Hauses als einen solchen, der schließlich zur Demokratisirung der Gemeinden führen müsse— Würde das der Fall sein, so wärde er sich lieber einen Finger abhauen, ehe er noch zum Zustandekommen der Landgemeinde—⸗ ordnung beitruüge. Er habe die gewichtigsten Zweifel, ob in dem andern Hause für den Antrag Klinckcwstroem eine Mehrheit zu erzielen sein würde, Die Annahme dieses Antrages als eine conditio sine aua non hinzustellen sei eine starke Uebertreibung. Ein ungeheuer⸗ licher Gedanke sei es, daß, das Herrenhaus etwas beschlossen haben solle, was eg eigentlich nicht gewollt habe. Kein Redner Über den Antrag von Bethmann-Hollweg sei auch nur im Geringsten im Zweifel darüber gewesen, daß durch denfelben die ortsstatutarische Regelung aus. geschloffen werden olle. Er sei heute auch noch derfelben Meinung wie damals, und bitte, den Abschluß der legislativen Arbeiten dieses Hauses nicht dadurch in Frage zu stellen, daß das Haus auf den AÄn—Q trag Klinckowstroem eingehe. (Beifall)

Freiherr von Maltzahn (Roidin): Das Herrenhaus habe einen großen Fehler gemacht, indem es den Antrag von Bethmann von KAleist · Retzow in fünf. Minuten erledigt habe, statt denselben einer Kommission zu überweisen. Er freue sich über den Fehler, wenn der selbe dahin führen sollte, daß das Herrenhaus in Zukunft sich die für seine Berathungen nöthige Zeit nehmen wolle, auch wenn man sie ihm nicht lassen wolle. Das Haus müsse den gemachten Fehler nicht bloß eingestehen, sondern auch verbessern, da die Gelegenheit dazu geboten werde. Mit der Konsequenz, daß man das eine Mal . sagen müsse, wie das andere Mal, solle man ihm vom Leibe

eiben.

Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode: Der frühere Be⸗ schluß des Herrenhauses sei durchaus zweckmäßig gewesen. Die Är— beitslast des Provinzigl⸗Landtages werde dadurch nicht zu groß werden. Wenn ein solches Ortsstatut vom Kreisausschuß empfohlen werde, werde er es ohne Weiteres annehmen und nur, wenn der Kreisausschuß es nicht empfehle, werde er eine Prüfung vorzunehmen haben. Wenn dadurch die Sitzung des Provinzial⸗Landtages etwas verlängert werde, so würde das nicht schlimm sein, da es sich ja nur um eine einmalige Beschlußfassung desselben in diesen Fragen handele, und die Arbeiten würden sich dabei außerordentlich glatt und schnell abwickeln lassen. Aller 'ngs werde den Gemeinden auf diese Weise ein Zwangs statut oktreyin, und er würde daher auch für die Herauslassung des Provinzial Landtages sein, wenn nur das andere Haus das annehmen würde. Mit wie großer Magjorität das Gesetz angenommen werde, sei gleichgültig. Wenn das Gesetz erst acht Tage lang in Kraft ge— treten sei, werde kein Mensch mehr nach der Majorität fragen, mit der es angenommen worden sei, sondern man urtheile nach der sach— lichen Wirkung. Das Herrenhaus würde dem Abgeordneten—⸗ hause gegenüber nicht den Schein einer großen Festigkeit er wecken, wenn es seine früheren Beschlüsse wieder umwerfen wollte. Es könne auch das Abgeordnetenhaus nicht in die Zwangs— lage bringen, seinem Antrage zuzustimmen. Denn was könnte das Abgeordnetenhaus hindern, den Antrag Klinckowstroem wiederum zu ändern und das Gesetz so zurückzuschicken, wie es jetzt vorliege? Das Abgeordnetenhaus habe angenommen, was das Herrenhaus ihm in abgeänderter Form zugeschickt habe. Aendere dies jetzt wieder, so könne man mit Recht sagen, das Herrenhaus wisse selbst nicht, was es wolle. In diese Lage wolle er das Haus nicht bringen.

Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi:

Die Staatsregierung wünscht dringend, daß das hohe Haus das Gesetz und damit auch den 5 48 in derjenigen Form annehmen möge, in der es von dem anderen Hause hierher gekommen ist. Ich kann

. R 3 ; ; mich dessen enthalten, auf die sachlichen Gründe einzugehen, sie sind

ausführlich auseinandergesetzt. Ich; darf wiederholen, einen wie hohen Werth die Staatsregierung auf das Zustandekommen dieses Gesetzes legt. Sie ist überzeugt, daß es durch die Arbeit der beiden Häuser eine Gestalt gewonnen hat, in der es zum Nutzen des Landes gereichen wird; sie ist überzeugt, daß auch die konservative Partei im Lande, die konservativste Gesinnungsweise mit dem Gesetz wird zu⸗ frieden sein können. Die Staatsregierung theilt vollkommen die⸗ jenigen Bedenken, die von dem Hrn. von Puttkamer zuerst hervor— gehoben worden sind in Bezug auf das Schicksal des Gesetzes, wenn es noch einmal an das andere Haus zurückverwiesen wird. Freiherr von Manteuffel: Wenn die Vorlage in dieser Ses⸗ sion nicht zu Stande komme, könne im nächsten Jahre eine für das Herrenhaus noch bedenklichere eingebracht werden (sehr richtig). Aus diesen! Gesictspunkt werde er zunächst für den Antrag des Grafen Klinckowstroem stimien, demnächst aber, wenn dieser abgelehnt werde, was er noch nicht glaube, für das ganze Gesetz. Er habe schon manchen Beschluß gefaßt, ohne sich über die Tragweite desselben kla zu sein, und keinem Parlament könne man daraus einen Vorwarf, machen, jede Geschäftsordnung sehe das ja vor, wozu gäbe es sonst zweite und dritte Lesungen? Das Herrenhaus habe thgtsächlich einen Beschluß gefaßt, von dem es jetzt einsehe, daß er verbesserungsfähig sei. Jetzt habe es die Möglichkeit, die Verbeffe⸗ rung vorzunehmen, dürfe sie also nicht ablehnen. Habe es sich bei der ersten Beschlußfassung geirrt, so könne es das auch eingestehen und auch mieder get machen. Er lege den höchsten Werth darauf, daß das Statut freiw lig zu Stande komme und nicht im Wege des Zwanges. Die Gemeinden selbst müßten sich das Statut machen können. Er bitte, den Antrag des Grafen Klinckowstroem anzunehmen; das Haus werde das Gesetz dazurch nicht gefährden.

Graf von Pfeil: Er wolle den Gemeinden ihr Orts statut auch erhalten. Es handele sich hier aber nicht etwa um eine Be— kämpfung des Ortsstatuig überhaupt, sondern um einen ganz einseitigen Punkt, die Frage des Stimmrechts. Dafür sei allerdingtß das Orts. statut die allerungünstigste Regelung. Es handele sich darum daß die jetzt stimmberechtigten Bauern ihr Stimmrecht mit den Nicht angesessenen theilen sollten. Dafür werde er nicht zu haben sein. Ein Ortsstatut würde wirkungelos sein Der Land⸗ rath könne das allerdings machen aber ein bureaukratisches Eingreifen eL nicht am Platze. Deshalb müffe die Sache dem Provinzial dm, , werden. lin ct owf

raf von Klinckowstroem: Er sei lange genug S zewesen und verlasse einen Posten nicht, auch . r ir en g aber er halte seinen Antrag noch nicht einmal für verloren. Den Antrag Bethmann habe er dem Mintfter allerdings empfohlen, aber aus taktischen Gründen. Den Bauern werde es viel lieber sein, wenn sie sich das Ortsstatut selbst machen könnten, als wenn es ihnen vom Provinzial · Landtage oktroyirt werde.

Berichterstatter Minister des Königlichen Hauses von Wedell: Er für seine Person lege einen großen Werth darauf, daß eine große Fraktion, wie die konservative des Abgeordnetenhauses, für das Gefetz stimme, und er würde auch geneigt gewesen sein, fär eine Aenderung