1891 / 139 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

steht Karague); 4) zwischen demselben und dem Sultan Mutatemboa von Busiba (untersteht Karaaue); 5) zwischen ebendemselben und dem Sultan Kajosa von Bugaba (Karague unterstellt). ö . Der Wortlaut eines dieser Verträge ist folgender: Kaiserlich Deutsches Kommissariat für Ost⸗-A1frika. Station Bukoba. 4 . Zwischen dem Sultan Mutatemboa von Busiba einerseits und dem Kbef der Kaiserlichen Seen Expedition Dr Emin Pascha anderer- seits ist beute folgender Vertrag geschlossen worden: . 1 Sultan Mutatemboa stellt sich und seine Nachkommenschaft, sein Land Busiba und seine Leute sowie seine sonstigen Besitztbümer unter den Schutz der Kaiserlich Deutschen Regierung. 2) E: verpflichtet sich, die Anordnungen der Kaiserlichen Regie⸗ rung und deren Vertreter anzuerkennen und auszuführen, sein Gebiet dertschem Handel steuer⸗ und abgabenfrei zu eröffnen, allen zu ihm kommenden? Europäern Schutz und Hülfe zu gewähren und die von der Regierung später zu fordernden Leistungen ohne Weigern zu achen. 6 ö 69 Er verpflichtet sich ferner, Sklavenhandel in seinem Gebiete oder Sklaventransporte durch sein Gebiet nicht zu gestatten und, Falls folche stattfänden, sofort den Stationschef ven Bukoba zu benach⸗ richtigen . . ö Er wird ferner der Niederlassung ron Handeltreibenden, An- siedlern oder Mifsionaren in seinem Lande möglichst Vorschub leisten. 3) Waffen. oder Munitionstraneporte durch sein Land wird er nicht gestatten. 6. ö 6 * Gegenleisturg hierfür wird ibm der Schutz der Kaiser⸗ lichen Regierung für sich, seine Nabkommen und fein Land solange zu Theil, als er und seine Nachkommen die Bestimmungen dieses Vertrages einhalten. Er erhält die deutsche Flagge und einen Schutz— brief und wird dem Distrikts Chef von Karague unterstellt. 7 Dieser Vertrag ist dem Sultan Mutatemboa in seiner Sxrache erklärt und von ihm als bindend erklärt worden. (gez.) Dr. Emin Pascha, AX Zeichen des Chef der Kaiserlichen Seen—⸗ Mutatemboa. Expedition. (gez) Langheld, . Lieutenant und Stationẽchef. (gez. Dr. Stubl mann, Lieutenant.

Zwischen Emin Pascha und dem Beamten der Britisch⸗ Ostafrikanischen Gesellschaft Hrn. Gedge ist bezüglich der Schiffahrt auf dem Victoria-Nyanza folgende Verein—

barung getroffen worden: 3 Bukoba, 9. Dezember 1890.

Im Interesse der deutschen Besitzungen und derjenigen der Imperial British East Africa Company ist der Erlaß folgender Ver⸗ ordnung für nöthig erachtet worden: .

1) Keine Boote, Kanoes oder Schiffe irgendwelcher Bauart dürfen von britischen Gewässern nach deutschem Gebiet fahren, ohne zuxor eine schriftliche Erlaubniß vom britischen Gesellschaftsagenten erhalten zu haben, und sollen in jedem Falle, wenn die Erlaubniß ertheilt worden ist, unter der Flagge der genannten Compagnie segeln.

2) Alle Boote, Kanoes und alle Arten von Schiffen, welche von deutschen Gewässern nach britischem Gebiet fahren, sollen in gleicher Weise mit einer schriftlichen, von dem deutschen Beamten gezeichneten Erlaubniß veisehen sein und sollen in gleicher Weise unter der Klagge der Kaiserlich Deutschen Regierung segeln. ; .

3) Boote und Kanoes für Missionszwecke sollen in allen Fällen diese Vorschriften befolgen. , .

4) Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften sollen die Boote, Kanocg u. s. w. festgehalten und sammt ihrer Ladung in Besch enommen werden. (gez) Ernest Gedge,

Imperial Britis East Africa Companz. (gez. Dr. Emin Pascha.

Commanding Imperial German Expedition to the lakes

Am 27. Januar wurde auf der Station Bukoba das Allerhöchste Geburtsfest Seiner Majestät des Kaisers und Königs festlich begangen und von den Theilnehmern ein ehrfurchtsvoller Glückwursch an Seine Majestät gerichtet.

Die demnächstige Ankunft einer Karawane an der Küste, welche der Expedition gehöriges Elfenbein, wissenschaftliche Sammlungen aller Art und außerdem noch zwei große Elfen⸗ beinzähne als Geschenk eines einheimischen Herrschers für Seine Majestät den Kaiser und König mitbringen soll, wird in Aussicht gestellt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die dritte Kommission des Weltpostkongresses hat, wie „W. T. B.“ berichtet, die Vorberathung des Ueber— einkommens über die Vermittelung des Abonnements von Zeitungen durch die Post beendet. Dem Ueber— einkommen sind bisher beigetreten: Deutschland, Oesterreich⸗ Ungarn, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Egypten, Luxemburg, Norwegen, Persien, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz und die Türkei. .

Wien, 16. Juni. Der Prinz Ferdinand von Coburg ist am Sonntag hier eingetroffen und bei seinem Neffen, dem Prinzen Pedro von Coburg, abgestiegen. Gestern traf die Prinzessin Clementine von Coburg ebenfalls hier ein.

Im Abgeordnetenhause brachte heute der Finanz— Minister Dr. Steinbach einen Gesetzentwurf ein, betreffend die Verlängerung des Budgetprovisoriums bis Ende Juli. Das Haus begann hierauf die Generaldebatte über das Budget. j

Der Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses nahm den Antrag Plener, betreffend die Aufhebung außer⸗ ordentlicher Zuschläge zur Erwerbsteuer für die untersten Klassen der Steuerpflichligen, mit 21 gegen 5 Stimmen an. Dagegen stimmten die Mitglieder des Klubs der Konser— vativen.

Nach einer Meldung der „Presse“ aus Dolnja-Tusla

in Bosnien ist der Metropolit Dionysios in Tusla gestern auf Grund Allerhöchster Entschließung wegen Simonie seines Postens enthoben und der Archimandrit Simi in Tawna mit der Administration der Diözese betraut worden. Die Maßregel mache den besten Eindruck auf die orientalisch—⸗ orthodoxe Bevölkerung. In Prag wurde gestern die Bezirksgerichtsverhandlung in der Affaire Czizek-Müller zu Ende geführt. Der Angeklagte Czizek wurde hinsichtlich der Privatklage wegen Ehrenbeleidigung freigesprochen, aber bezüglich der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage wegen leichter Körper⸗ verletzung verurtheilt, und zwar zu zehn Tagen Gefängniß event. 59 Fl. Geldstrafe, zur Tragung der Prozeßkosten sowie der Kosten der ärztlichen Behandlung Müller's. In den Gründen des Urtheils wird festgestellt, daß die Angegriffenen sich beleidigender Ausdrücke bedient hätten, und dadurch die Angreifer in Aufregung versetzt sein konnten; es falle dies strafmildernd ins Gewicht, während andererseits das durch den Vorfall hervorgerufene öffentliche Aergerniß als erschwerender Umstand anzusehen sei.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhau ses gab der Stach efrctäl des Krieges Stanhope dem „W. T. B.“ zufolge in Betreff des Baccarat-Prozesses nachstehende Erklärung ab: „Allerdings bestimmt das Heeresreglement: daß jeder Offizier, dessen Betragen als Offizier und Edelmann öffentlich angegriffen wird, diesen Fall in billiger Zeit seinem Vorgesetzten zu unterbreiten hat. Gordon Eum ming hat dieses Reglement verletzt; das Vergehen der drei übrigen be⸗ theiligten Offiziere besteht nur darin, ihm ein anderes Ver⸗ fahren empfohlen zu haben. Von diesen Offizieren ist General Owen Williams aus der Armee geschieden, die beiden anderen bleiben unzweifelhaft dem Reglement unterworfen. Dieses Reglement ist nie spe iell zur Kenntniß des Prinzen von Wales gebracht worden; jetzt, wo die Aufmerksamkeit auf dae selbe gelenkt ist, ermächtigt mich der Prinz, in seinem Namen zu erklären, er erkenne seinen IVtrthum, Cumming nicht sofort aufgesordert zu haben, den Fall seinem Vor⸗ gesetzten zu unterbreiten. Diese Ansicht so fuhr Stanhope fort theile auch ich, aber ich glaube, wenn Einer von uns unglücklicherweise plötzlich hörte, daß ein Freund ehrenwidrigen Verhaltens beschuldigt wird, hätten wir sicherlich gezögert, ehe wir ihm ein Verfahren angerathen hätten, welches das sofortige unabänderliche Verderben seiner ganzen zukünftigen Lausbahn mit sich bringen muß. Berkeley TLevett, der sich in derselben Lage befindet, hat dem vorgesetzten Offizier gegenüber brieflich sein großes Bedauern ausgedrückt. Eine weitere Aktion ist in dieser Angelegenheit nicht in Aus⸗ sicht genommen.“ ĩ

Die beabsichtigte Aufhebung des Ausnahmegesetzes in Irland ist nun zur Thatsache geworden. Am Sonn⸗ abend Abend erschien eine Extra-Ausgabe der „Dublin Gazette“, die die nöthigen Weisungen enthielt. Die alten Bestimmungen bleiben indessen in den Grafschaften Elare, Galway und Tipperary noch in Kraft.

Frankreich.

Paris, 16. Juni. Der Senat prüfte gestern, wie telegraphisch gemeldet wird, neuerdings den Gesetzentwurf, nach welchem der Zoll auf Cerealien herabgesetzt wird, und hielt mit 209 gegen 25 Stimmen den Artikel auf⸗ recht, wonach das Gesetz unverzüglich in Anwendung kommen solle. Der Gesetzentwurf wird also zum dritten Male an die Kammer verwiesen werden müssen, welche beschloß, daß das Gesetz erst vom 1. August angewandt würde. Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die Zolltarifvorlage fort und ge— nehmigte die von der Kommission vorgeschla genen Tarifsätze für die letzten Artikel der Vorlage, betreffend animalische Pro—⸗ dukte, besonders Schwämme, Elfenbein, Muscheln, sowie Mahl⸗ produkte. Die Diskussion bezog sich hauptsächlich auf Mais und Maiserzeugnisse. Mehrere Redner verlangten für die⸗ selben Tarifherabsetzung; die Kammer hielt mit 308 gegen 214 Stimmen den Satz von drei Francs aufrecht, gewährte, jedoch dem Antrag der Kommission ent sprechend, zeitweilig zollfreien Eingang für solchen Mais, welcher zur Fabrikation von reinem, für den Export bestimmten Alkohol verwandt wird.

Der Vize-Admiral und Minister der russischen Marine, Tschichatschew wird heute, aus England kommend, in Havre erwartet. Derselbe wird die Schiffswerften besuchen, woselbst mehrere Torpedoboste für Rechnung der russischen Regierung erbaut werden. .

Die Verkündigung des Urtheils in dem Prozesse gegen Turpin und Tripon« wegen Veröffentlichung des Pielinitgeheim nisses erfolgt am Mittwoch, den 17. d. M.

Nachrichten aus Ghadgames melden die Annäherung von zahlreichen Banden von Tuaxegs, welche, in Folge der Verwüstung ihrer Weideländer durch die Heuschrecken, ge⸗ zwungen sind, aus der inneren Sahara zu flüchten. Diese Tuaregs scheinen geneigt, nach einem bisher unbekannten Bestimmungsort vorzurücken. Seitens der Regierung sind alle nothwendigen Vorsichtsmaßregeln getroffen, Falls die⸗ selben einen Handstreich auf tunesisches Gebiet unternehmen sollten.

Rußland und Polen.

Die allgemeine Versammlung des Reichsraths hat, nach den „Mosk. Wed.“, das Projekt des neuen russischen Zolltarifs, der mit dem 1. Juli (a. St) in Kraft tritt, einstimmig angenommen. Der Publikationstermin des neuen Tarifs ist einstweilen noch unbestimmt. .

Der finnländische General-Gouverneur Graf Heyden, der bereits im vergangenen Jahre den von ihm bekleideten Posten verlassen wollte, giebt denselben der „St. Pet. Ztg.“ zufolge im kommenden Sommer definitiv auf und wird in den Reichsrath berufen. .

Wie die „Now. Wr.“ berichtet, hat das Ministerium des Innern sämmtlichen Gouverneuren das ausgearbeitete Projekt der Institution von besonderen Advokaten für Bauern⸗ Angelegenheiten übersandt, die sie vor den Versamm⸗ lungen der Land-Hauptleute, Friedensvermittler und vor dem Plenum der Friedensrichter führen werden. Diese Bauern— Advokaten werden in Kronsdienst stehen und die Angelegen⸗ heiten der Bauern bis 500 Rbl. unentgeltlich und bei höheren Beträgen gegen eine gewisse Entschädigung vertreten. Mit Einführung dieses Instituts hofft man der Thätigkeit aller Dorf⸗ und Winkel⸗Advokaten ein Ende zu machen.

Im Ministerium des Innern fanden der „Nowoje Wremja“ zufolge unter dem Vorsitz des Minister-Adjunkten von Plehwe Berathungen über die Judenfrage statt. An denselben nahmen die General-Gouverneure von Kiew, Warschau und Wilna Theil. Die Porschläge, die in diesen Konferenzen ausgearbeitet werden, sollen dem Reichsra'h unter⸗ breitet werden.

Italien.

Bei der gestrigen Fortsetzung der Berathung des aus⸗ wärtigen Budgets im Senat erklärte der Minister⸗Präsident Marchese di Kudini: er fühle sich nicht verpflichtet, andere religiöse Gesellschaften in den Kolonien zu subventioniren, als jene, welche die italienischen Schulbücher und die Ueber— wachung durch den italienischen Konsul annehmen. Hierauf wurde das betreffende Kapitel bewilligt. Bei der Berathung der Vorlage, betreffend die Ausgaben, welche für die Untersuchung der Königlichen Kommission für die erythräische Kolonie bewilligt werden, xechtfertigte der Minister-Präsident die afrikanische Politik des Kabinets: Bei dem Antritt der gegenwärtigen Regierung seien die Beziehungen mit dem König Menelik abgebrochen gewesen. Die Regierung halte an dem Vertrage von Uccialli fest, habe die Besetzung des Dreiecks Massovah—-Osmara—

Keren ausrecht erhalten und die organischen, militärischen Pläne Afrikas gegen die Anschauung der Kommission ein⸗ geschränkt. Massovah dürfe nicht aufgegeben werden. Die Einschränkung der Okkupation sei eine italienische Frage. Die Okkupation aufgeben, bedeute eine das internationale Gleich⸗ gewicht im Rothen Meere störende Frage schaffen.

Spanien.

Die Kammer hat gestern die Artikel der Gesetzvorlage, betreffend die Verlängerung des Privilegs der spanischen Bank, mit 100 gegen 54 Stimmen angenommen.

Schweiz.

Der Bundesrath hat Betreffs der Amnestie der Tessiner Angeklagten bei der Bundesversammlung be⸗ antragt, den beim Bundesgericht anhängig gemachten Unter⸗ suchungen über die Insurrektion vom 1J. September 1890 und über die Großrathswahlen vom 3. März 1889 keine weitere Folge zu geben, dagegen der Untersuchung gegen den der Ermordung des Staatsraths Rossi angeklagten Castioni, als in den Amnestiebeschluß nicht mit einbegriffen, ihren Lauf u lassen.

. Im Ständerath hielt, wie dem „W. T. B.“ aus Bern berichtet wird, der an Stelle des wegen Unwohlseins verhinderten Präsidenten den Vorsitz führende Vize⸗-Präsident Schaller gestern folgende Ansprache an die Versammlung: „Wir stehen unter dem Eindruck der großen Eisenbahn— katastrophe, die sich gestern bei Mönchenstein ereignet hat, und deren Opfer uns noch nicht alle bekannt sind. Seit dem Unglück vom Hauenstein und dem Elmer Bergsturz ist unser Vaterland von keiner ähnlichen Katastrophe betroffen worden. Ich lade Sie ein, sich zum Zeichen der Trauer und Theil⸗ nahme von den Sitzen zu erheben.“ Der Aufforderung leistete das Haus Folge. *. ; .

Bei der gestrigen Volksabstimmung im Kanton Tessin, wurde laut Telegramm aus Bellinzona mit 16909 Stimmen die Verfassungsrevision beschlossen. Für die Revision durch den Verfassungsrath wurden 9250, für eine solche durch den großen Rath 8300 Stimmen abgegeben.

Belgien.

Das Ministerium hat sich. wie man dem „Hamb. Corr.“ meldet, in Folge eines von liberaler Seite gestellten Antrages bereit erklärt, die Akten über die vielbesprochene Entwendung belgischer Staatsschriften aus dem Ministerium am 16. d. N. der Deputirtenkammer zu übermitteln.

Bulgarien.

Sofia, 15. Juni. Die bulgarischen Delegirten der bulgarisch türkischen Kommission zur Regelung der Grenzftreitigkeiten im Rhodopegebirge sind hier her zurückgekehrt, nachdem konstatirt worden, daß Seitens der bulgarischen Truppen keine Grenzverletzung stattgefunden habe.

Schweden und Norwegen.

(E Stockholm, 14. Juni. Der König wird sich am 1. Juli nach Goth land begeben, um die neue Artillerie- Kaserne und das Waffenhaus in Wisby, den Lagerplatz des Gothländischen Infanterie⸗ Regiments bei Wisborg, das Schießfeld bei Martebo und die Festungs-Compagnie in Slite zu inspiziren.

Dänemark.

Wie dem „W. T. B.“ aus Kopenhagen gemeldet wird, begiebt sich der König nach Beendigung seiner Kur in Wies— baden nach Gmunden, wo gegenwärtig seine Gemahlin weilt. Von hier treten der König und die Königin nach einem Aufenthalt von ungefähr acht Tagen, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte der nächsten Woche, die Heimreise an. (S. a. Preußen, Wiesbaden.)

Amerika.

Vereinigte Staaten. Eine gestern in Washington veröffentlichte Proklamation des Präsidenten Harrison theilt den Abschluß des Vertrages zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien mit, durch welchen die beiden Regierungen sich verpflichten, den Robbenfang im Bering s⸗ meer bis zum Mai 1892 za untersagen und Maßregeln zu ergreifen, welche die Bestrafung dieses Verbots sichern. Der Vertrag ermächtigt außerdem die englischen Delegirten, sich nach den Beringsinseln zu begeben, um die Sireitfrage an Ork und Stelle zu stuüdiren und das Ergebniß ihrer Erfahrungen als Material für die Verhandlungen zukünftiger Schiedsrichter zusammenzustellen, wofern, wie man erwartet, eine Einigung dahin erzielt wird, die ganze Streitfrage über die Rechte Englands und der Ver⸗ einigten Staaten im Beringsmeer einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Die Proklamation des Präsidenten fordert schließlich die Bürger der Vereinigten Staaten auf, das Ueber⸗ einkommen streng zu achten. ; .

Brasilien. In Rio de Janeiro ist am Montag die Sesssion des gesetz gebenden Körpers eröffnet worden. Der Präsident der Republik, General da Fonseca hob dem „W. T. B.“ zufolge in seiner Rede die guten Beziehungen hervor, welche zwischen den Vereinigten Staaten von Brasilien und den auswärtigen Mächten bestehen, und betonte die Fried⸗ lichkeit der allgemeinen Lage. Der Präsident hestätigte ferner, daß die Staatseinnahmen im Zunehmen begriffen seien, und sprach die Hoffnung aus, das Budget ohne eine Erhöhung der Steuern ins Gleichgewicht zu bringen.

Argentinien. Auch die Deputirtenkammer hat laut 3 des Wolff'schen Bureaus aus Buenos⸗Aires den vom Senat am 13. d. M. angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Reduzirung des für in Gold oder Silber zahl⸗ bare Effekten festgesetzten sechsmonatigen Moratoriums auf ein dreimonatiges genehmigt.

Asien.

China. Wie dem „W. T. B.“ aus Paris telegraphirt wird, hat der Kaiser von China in Folge der von dem diplomatischen Corps unternommenen Schritte ein Dekret erlassen, Kraft dessen die Fremden und die ausländischen Mifsionen beschützt und die Urheber der Christenverfolgun⸗ gen am Jang-⸗-Tse bestraft werden sollen.

Australien.

Der aus Honolulu am 19. d. M. in San Francisco an⸗ gelangte Dampfer „Maripia“ weiß von neuen Unruhen auf den Sandwich-Inseln zu berichten. Als Leiter der Bewegung werden in der bezüglichen Meldung der h Bush und Wilcos genannt. Die Königin mache zur Zeit auf einer kleinen Dampfyacht eine Rundreise um die Inseln; Plan der Verschwörer fei es nun, Ihre Majestät zu über⸗

fallen und so lange gefangen zu halten, bis sie einer Ab⸗ änderung der Verfassung ihre Zustimmung gegeben habe, durch welche den Eingeborenen mehr Macht eingeräumt werden soll.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (24) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Vize⸗Präsident des Staats-⸗Ministeriums, Staats⸗ Minister Pr. von Boettich er, der Minister des Innern Herrfurth, der Justiz-Minister Dr., von Schelling und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, stand an erster Stelle die Berathung über den Antrag des Herrn 2c. von Woyrsch:

Das Herrenhaus wolle beschließen:

die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, Einrichtungen dabin zu treffen: daß den Referendarien, wenn sie die große Staats prüfung bestanden haben, die Bestallung als Assessor um diejenige Zeit vorausdatirt wird, welche sie als Studenten bezüalich Re⸗ ferendarien durch den Militärdienst verhindert worden sind, die Referendariats, bezüglich die greße Staatsprüfung früher abzu⸗ legen.

Der Berichterstatter Dr. Dernburg beantragte:

Das Herrenhaus wolle beschließen:

den Antrag des Herrn von Woyrsch in folgender Fassung anzunehmen:

die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, anzuordnen, die

Bestallung der Assessoren um diejenige Zeit zurückzudatiren, um

welche sich die Zeit für ibr Rechtsstudium, beziehentlich für ihr

Referendariat in Folge ihres Dienstes als einjährig Freiwillige

verlängert bat. ö - ;

Herr von Woyrsch empfahl seinen Antrag mit dem Hinweis darauf, daß diese Begünstigung eigentlich allen Staatsbeamten zu Theil werden müßte.

Der Vize⸗-Präsident des Staats-Ministexriums, Staats— Minister Dr. von Boetticher erklärte, daß die Vorverhand⸗ lungen noch nicht abgeschlossen seien, die kommissarischen Ver— handlungen zwischen den einzelnen betheiligten Ressorts aber wohl zu einem günstigen Ziel führen würden.

Der Antrag von Woyrsch wurde angenommen. ;

Darauf folgte die einmalige Schlußberathung des Gesetz—⸗ entwurfs über die zeitliche Begrenzung der gesetz— lichen Vorausleistungen zu den Kosten der Unter— haltung oder des Neubaues öffentlicher Wege und die Per jährungsfristen bei die sen Leistun gen.

Der Berichterstatter Wirkliche Geheime Rath Persius beantragte:

Das Herrenhaus wolle beschließen:

dem rorgenannten Gesetzentwurfe mit Ausnahme des §. 1 in der vom Hause der Abgeordneten beschlossenen Fassung unverändert, dem S. 1 dagegen in, der aus der nachfolgenden Gegenüberstellung ersichtlichen Faffung die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen.

§. 1 soll lauten:

Die gesetzlichen Vorausleistungen zu den Kosten der Unter haltung oder des Neubaues eines Weges, welcher in Folge der An— legung von Fabriken, Bergwerken, Steinbrüchen, Ziegeleien oder ãhnlichen Unternehmungen vorübergehend oder durch deren Betrieb dauernd in erheblichem Maße abgenutzt wird, dürfen nur vom Beginn desjenigen Kalenderjahres ab in Anspruch genommen werden, welches dem Jahre, worin die Klage erhoben wird, unmittelbar vorausgeht. Auf rückständig gebliebene oder kieditirte Vorausleistunzen finden die Bestimmungen des §. 8 des Gesetzes über die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben vom 18. Juni 1840 (Gesetz⸗Samml. für 1849 S. 140 ff) Anwendung. ö .

Mit dieser Aenderung wurde der Gesetzentwurf an— genommen. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (195. Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnte, wurde in dritter Berathung der Entwurf einer Wegeordnung für die Provinz Sach sen unver⸗ ändert angenommen.

Hierauf wurde die Berathung des vom Herrenhause in abgeanderter Fassung zurückgelangten Entwurfs eines Wild- schadengesetzes fortgesetzt, und zwar bei S§. 14a, dessen Einschaltung hinter 5. 14 von den Abgg. Freiherrn von Huene u. Gen. beantragt ist.

Derselbe lautet:

Genügen diese Maßregeln nicht, so hat die Aufsichtsbehörde den Grundbesitzern und sonstigen Nutzungsberechtigten Jelbst nach Maßgabe der S§. 23 und 24 des Gesetzes vom 7. März 1850 (Gesetz SammJ. S. 165) die Genehmigung zu ertbeilen, das auf ihre Grundstücke übertretende Roth. und Damwild auf jede erlaubte . zu fangen, namentlich auch mit Anwendung des Schießgewehrs zu erlegen.

Abg Rintelen beantragte einen §. 1422, wonach der Jagdberechtigte für den Schaden regreßpflichtig ist, der ent⸗ steht. Falls er der behördlichen Aufforderung zum Abschuß nicht nachkommt. ̃

Die Abgg. Freiherr von Wackerbarth und Freiherr von Huene bekämpften den letzteren Antrag, während Abg. Francke (Tondern) für denselben eintrat.

Der Antrag Rintelen wurde abgelehnt, der §. 14a an⸗ genommen. . Die Abgg. Freiherr von Hue ne und Genossen schlagen sodann folgenden §. 146 vor:

Schwarzwild darf nur in solchen Einfriedigungen gehegt werden, aus denen es nicht ausbrechen kann.

Außer dem Jagdberechtigten darf jeder Grundbesitzer oder Nutzungẽ berechtigte innerhalb seiner Grundstücke Schwarzwild auf jede erlaubte Art fangen, tödten und behalten.

Die Aufsichtsbehörde kann die Benutzung von Schießwaffen für eine bestimmte Zeit gestatten. ?

Die Aufsichtsbehörde hat außerdem zur Vertilgung uneingefrie⸗ digten Schwarzwildes alles Erforderliche anzuordnen, sei es durch Polizeijagden, sei es durch andere geeignete Maßregeln oder Auf⸗ lagen an die Jagdberechtigten des Bezirks und der Nachbarforsten.

1 Rintelen beantragte hierzu folgenden Zusatz:

Der Jagdberechtigte haftet für den durch das ausgetretene Schwarzwild berursachten Schaden.“ ö ;

Abg. Freiherr von Huene empfahl diesen Zusatz, der §8. 146. wurde mit dem Zufatz Rintelen angenommen. Die Abgg. Freiherr von Hu ene und Genossen beantragten ferner folgenden 8. 14e.

Wilde Kaninchen unterlie en dem freien Thierfange.

Abg. Freiherr von Los wünschte das Fangen mit Schlingen auszuschließen.

Mit dieser Einschränkung wurde 5§. 146 angenommen.

15 lautet: ;

Die Aufsichtsbehörde kann die Besitzer von Obst⸗, Gemüse⸗=,

lumen und Baumschulanlagen ermächtigen, Vögel und Wild,

welche in den genannten Anlagen Schaden anrichten, zu jeder Zeit mittels Schußwaffen zu erlegen. Der Jagdberechtigte kann ver⸗ langen, daß ihm die erlegten Thiere, soweit sie seinem Jagdrecht unterliegen, gegen das übliche Schußgeld überlassen werden. Die Ermächtigung vertritt die Stelle des Jagdscheines. Sie daif Personen, welchen der Jagdschein versagt werden muß, nicht ertheilt werden und ist widerruflich.

Abg. Das bach beklagte, daß der Forsifiskus bisher nicht in ausreichendem Maße für Wildschaden Ersatz geleistet habe, und verwies hierfür auf den Kreis Daun.

Der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden erklärte, die Verhältnisse dieses Kreises nicht zu kennen; be— gründeten Klagen sei er abzuhelfen bereit.

z 16 15 wurde angenommen, ebenso nach kurzer Debatte

S. 17 lautet:

Sofern das gegenwärtige Gesetz dem Jagdpächter größere als die bisherigen Verpflichtungen auferlegt, kann er den Pachtvertrag innerhalb drei Monaten nach Verkündung dieses Gefetzes derart kündigen, daß das Pachtverbältniß mit Ende des laufenden Pacht jahres erlischt.

Das gleiche Recht steht dem Verpächter zu, sofern der Pächter nicht für die Zeit bis zum Ablauf der bestehenden Pachtverträge die Vergütung der durch das Gesetz dem Verpächter auferlegten Wild schäden auf sich nimmt. Diese letztere Verpflichtung darf jedoch für jedes Pachtjabr die Hälfte des jährlichen Jagdpachtgeldes, be⸗ ö des Werthes der vereinbarten Leistungen nicht über

eigen.

Auf bestehende Jagdpachtverträge, in welchen Seitens des Pächters eine Wildschadenvergütung übernommen ist, findet das 2 Verpächter gewährte Kündigungsrecht (Abs. 25 keine An— wendung.

Abg. Freiherr von Huene beantragte, den zweiten Satz

des Absatzes 2 und den Absatz 3 zu streichen. Der 8§. 17 wurde mit dieser Aenderung angenommen.

Abg. Rintelen beantragte, in einem neuen 8. 17a die Aufhebung des §. 25 des Jagdpolizeigesetzes von 1850 aus— zusprechen. Dieser 5. 25 besagt, daß für Wildschaden Ersatz nicht geleistet wird. . Der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden konnte im Augenblick zu diesem Antrag keine bestimmte Stellung nehmen. In dem Bestreben, die Klagen über Wild— schäden abzustellen, werde er fortfahren, auch wenn das Hesetz nicht zu Stande kommen sollte. Die Einstellung einer Position für Wildschadenersatz in den Etat werde er betreiben, auch wenn der 8§. 25 bestehen bleibe.

Abg. von Jagow befürwortete die Streichung des 5§. 25 des Jagdpolizeigesetzes, damit werde der größte Stein des Anstoßes beseitigt.

Geheimer Regierungs-Rath Humperdinck führte aus, daß, wenn der 5. 25 gestrichen werden sollte, auch die ent— sprechende Verordnung für die neuen Landestheile mit Aus— nahme von Hannover beseitigt werden müßte.

Abg. Rintelen erweiterte demgemäß seinen Antrag.

Der §. 17a wurde nach dem Antrage Rintelen ange— nommen.

Der Rest des Gesetzes wurde unverändert angenommen. Die Gesammtabstimmung über das ganze Gesetz wird erfolgen, nachdem die gedruckte Zusammenstellung über die Beschlüsse dritter Lesung im Besitz der Mitglieder des Hauses sein wird. (Schluß des Blattes.)

Aus Veranlassung des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums als Abgeordneter sind dem Präsidenten des Hauses der Abgeordneten von Köller zahlreiche Kund— gebungen dargebracht worden.

Seine Majestät der Kaiser hat einen, in einen Rahmen von Ebenholz eingefaßten Kupferstich mit Seinem Bilde, auf dem unten eigenhändig die Worte; „Wilhelm II. zum 16. Juni 1891“ geschrieben stehen, geschenkt und nachstehendes Hand⸗ schreiben an den Jubilar gerichtet:

Wie Ich vernommen, sind Sie am beutigen Tage 25 Jabre Mit glied des Hauses der Abzeordneten. Es gereicht Mir zur besonderen Freude, Ihnen zu diesem bemerkenswerthen Ereignisse Meine Glück— wünsche auszusprechen. Mit großer Genugthunng können Sie auf den Zeitraum zurückblicken, welchen Sie in dieser parlamentarischen Körperschaft zugebracht haben. Das Vertrauen Ihrer Herren Kollegen hat Sie, gestüßrt auf Ihre erprobte geschäftliche Einsicht und die Lauterkeit Ihres Charakters in die hervorragende Stellung erhoben, welche Sie jetzt als Präsident des Hauses der Abgeordneten bereits länger als ein Jahrzehnt einnebmen. In Anerkennung Ihrer Wirksamkeit und zugleich mit Rücksicht auf Ihre bewährte Hingebung an Thron und Vaterland übersende Ich Ihnen bierneben Mein Bildniß mit dem Wunsche, Sie noch recht lange in Ihrer verdienstlichen Thatig en 9 . ö. und tel h

Von Nah und Fern sind telegraphische und schriftliche Glückwünsche an den Jubilar eingegangen. Die Beamten des Abgeordnetenhauses, an der Spitze Geheimer Regierungs— Rath Kleinschmidt, haben eine Adresse überreicht. Von jSetzigen und ehemaligen Abgeordneten sind zahlreiche Gratu— lationen übersendet worden.

Kunft und Wissenschaft.

Internationale Kunstausstellung. .

Düsseldorf und die übrigen deutschen Kunststädte. L. K. Die Führung auf dem Gebiete der Malerei in Deutschland hat DüsselLdorf schon lange an München ab— getreten; als Vermächtniß aus den Tagen Cornelius', Schadow's und Lessing's ist der niederrheinischen Kunstschule aber die Gediegenheit und der Ernst künstlerischen Schaffens erhalten geblieben? eine gewisse Stetigkeit der Entwickelung ohne ungestüme Sprünge, aber auch ohne merkenswerthen Rückschritt läßt sich in der Düsseldorfer Malerei deutlicher als an anderen Kunstpflegestätten beobachten. Bendemann, oer mit seinen Anfängen noch in die Zeit der Romantik , . ist in hohem Greisenalter vor zwei ahren gestorben. Als der gegenwärtige Führer der Düsseldorfer Historienmalerei darf Peter Janssen gelten, der auf der diesjährigen Ausstellung nicht vertreten ist. Eduard von Gebhardt, der Maler des Protestantismus im Gewande der Reformationszeit, steht zu der älteren Düssel⸗ dorfer Ueberlieferung bekanntlich in gewissem Gegensatz, und seine selbständige Richtung hat zwar lebhafte Anerkennung gefunden, aber keinen bemerkenswerthen Einfluß auf die un⸗ mittelbare Umgebung geübt. Seine ganze Natur ist mehr auf innerliche Vertiefung, als auf Mittheilung an Andere bedacht. Wir erkennen in seinen Werken deutlich ernstes, innerliches Ringen mit dem Stoff. Die eindringliche Miene und Geberde seines Christus in Bethanien, der sich belehrend an Maria wendet, während im Hintergrunde Martha, das Vorbild n. licher Tugend, sich in der Wirthschaft zu schaffen macht, ist ein schönes Zeugniß für diese seine Art zu schaffen. Dadurch ist er den niederländischen und deutschen Meistern des fünfzehnten Jahr⸗ hunderts innerlich verwandt, nicht durch die Wahl seiner Trachten und Typen. Wie modern und flach mittelalterlich kostü⸗ mirte Scenen wirken können, davon giebt die unweit von

Gebhardi's biblischem Bilde aufgehängte „Legende der heiligen

Elisabeth“ von E. Knackfuß ein treffendes Beispiel. Auch Louis Kolitz' „Spaziergang vor der Stadt“ mag als Warnung für eine Verirrung auf antiquarischen Pfaden an dieser Stelle genannt sein; beweist derselbe Künstler doch auch in einem an die Feinmalerei Denner's erinnernden Greisen— porträt, daß ihm technische Absonderlichkeit mehr gilt, als innere Wahrheit. Wie schwer wird es auch z. B. dem technisch so gewandten Otto Erdmann, in die Rococokostüme seiner „Feindesrache“ wirkliches Rococo⸗ leben zu bannen. Gerade die Maler dieser heute so beliebten Zeit verwechseln nur zu oft Geziertheit mit Zierlichkeit. Die Zeitstimmung in wirklich charakteristischer Weise festzuhalten, versteht Kampf in seinem nicht nur seinem Umfange nach großen Bilde „Die Einsegnung der Freiwilligen 13813“, das von der Verbindung für historische Kunst in richtiger Würdigung seines Werthes erworben worden ist. Die gegensätz⸗ lichen Seelenstimmungen der alten und jugendlichen Streiter, welche sich vor dem segnenden Pfarrer aufs Knie niedergelassen haben, starres Pflichibewußtsein neben jugendlicher Begeiste— rung, religiöse Inbrunst neben verstandesmäßiger Ueber— legung sind mit packender Schärfe in den Köpfen der Vater— landskämpfer wiedergegeben. Nur die Gestalt des Geistlichen, dessen Antlitz dem Beschauer fast völlig entzogen ist, wirkt in ihrer theatralischen Stellung etwas konventionell. Das Bild gehört auch technisch zu den hervorragendsten Schöpfungen der jüngeren Düsseldorfer Schule, unter deren Vertretern wir auch an dieser Stelle noch Gregor von Bochmann als eine bedeutende Kraft erwähnen wollen. Wenn diese Künstler neben den altbewährten Meistern wie Vautier, der mit einer seiner köstlichen Bauern— schilderungen vertreten ist, Achenbach und Bokelmann ihren Stand zu behaupten wissen, so genügt das, um ihre Bedeutung zu, kennzeichnen. Hat sich doch Bo kelmann selbst, wie seine „Nordfriesische Taufe“ beweist, zu dem Evangelium der neueren Richtung bekehrt; die friesischen Hauben, der Blick durch die blaugestrichenen Fensterrahmen in die landschaftliche Weite, der Estrich der Bauernstube in Allem erkennen wir die Requisiten der Hellmaler, und das Geschick des sonst nur auf dem Gebiet des vornehmen Sitten— bildes seine Torbeern suchenden Meisters, dem wir auch das seefrische Bildniß des schleswigschen Dialektdichters Claus Groth verdanken, zeigt sich hier allerdings in hellstem Lichte. Der früher von Bokelmann bevorzugten Stoffe hat sich Ferdinand Brütt angenommen und in seinem feingestimmten Gerichtsbilde „Verurtheilt“, welches der Hamburger Kunsthalle gehört, eine vollwichtige Probe seines Talentes in dem Düssel— dorfer Saal ausgestellt. Sehr viel derber und äußerlicher wirken Schwabe's und Schnitzler's Sittenbilder, von denen das kleinere Böse Zungen“ noch am Ehesten Anspruch auf Beachtung erheben kann. Auch G. Marx' kleines, impressio— nistisch licht gehaltenes Bildchen „Zur Soirée“ ist seinem großen Reiterbildniß Kaiser Wilhelm's J. durchaus überlegen. Die Militärmaler Düsseldorfs sind unter der Führung des Altmeisters Hünten, dessen „Aufbruch des Großherzogs von Hessen“ im Kaisersaal Aufstellung gefunden hat, ziemlich vollzählig erschienen. Besonders lebendig und eindrucksvoll wirkt Rocholl's Episode aus dem von den Schlachtenmalern oft ausgebeuteten Treffen bei Vionville; auch Emil Neu— haus nimmt mit seinem dramatisch aufgefaßten Reiterbild Blücher's einen ehrenvollen Platz ein. Lieberg's Repräsentationsbilder sind dagegen in der Behandlung etwas zu spitzig, obwohl das Geschick, figurenreiche Gruppen auf kleinem Raum koloristisch zusammenzuhalten, uneingeschränkte Bewunderung verdient.

„Die Bildnißmalerei Düsseldorfs hat einen etwas rhiliströsen Zug; der Versuch, auch durch die Haltung, das Bewegungsmotiv, den Dargestellten zu charakterisiren, wird, wenn wir von dem bereits erwähnten Porträt Groth's von Bokelmann absehen, fast nirgends gemacht. Man muß freilich dabei berücksichtigen, daß auf diesem Gebiet die Künstler mehr oder weniger stark von den Neigungen und Launen ihrer Auftraggeber abhängig sind. Die Damenporträts Crola's z B. erhalten dadurch etwas Schablonenhaftes, Einförmiges. Technisch noch gewandter und in der Auffassung etwas frischer sind die beiden ausgestellten Porträts von W. Petersen, namentlich das liebenswürdige Kinderporträt 823. Auch Carl Sohn, der in der Eleganz der Malweise seinem Vater nacheifert, hat eine hübsche Kindergruppe ausgestellt, während Max Volkart in einem Kostümporträt einer jungen Dame die Stoffmalerei der Sohn'schen Schule vertritt. Daß das langjährige Wirken der Brüder Achenbach in Düsseldorf die dortige Schule zu einer Hauptpflegestätte der Landschaftsmalerei erhoben hat, ist bekannt. Weder An—⸗ dreas noch Oswald Achenbach sind in den ausgestellten vier Bildern von ihrem typischen Programm in irgend einem Punkte abgewichen. Den tiefsten Eindruck hinterläßt wohl des Letzteren Cestius-Pyramide, welche beweist, daß dem vierund⸗ sechzigiährigen Meister noch immer die Kraft nicht erloschen ist, das glühende Farbenspiel des südlichen Himmels gewisser— maßen in einer Art Feiertagsstimmung wiederzugeben. Das Wort „Galalandschasten“ trifft für diese Schöpfungen Oswald Achenbach's ganz besonders zu. Eine mehr düster dramatische Haltung hat die große italienische Felsküsten— landschaft von Friedrich von Schennis, deren Bezeichnung als „Erinnerung an Porto d'Anzio“, die herrlich gelegene Hafenstadt südlich von Rom, schon verräth, daß auch Schennis mehr das grandiose Stimmungsbild als eine Vedute fest— zuhalten bestrebt war. In ganz anderen Bahnen bewegt sich die Landschaftsmalerei der jüngeren Düsseldorfer Künstler. Da find die zartgetönten Vorfrühlingsstudien des hochbegabten Nocwegers Jernberg, die intimen holländischen Studien Liesegang' s, meist Bildchen von kleinem Format, aber sehr scharfer Beobachtung, die im Detail vielleicht etwas harten Herbstlandschaften von Hugo Mühlig, das an Ruysdael's Farbenstellungen erinnernde „englische Teichmotivn von Giibert. von Canal und last not least die trefflichen Aquarelle von Heinrich Hermanns zu nennen. Letzterer hat auch in einem sehr ansprechenden Oelbilde die Singelgracht in Amsterdam, jenen Kanal, welcher die Altstadt von den neuen Stadttheilen trennt, dargestellt. Fast ausnahmslos haben die genannten Düsseldorfer Kuͤnstler, denen sich noch Adolf Lins anreihen ließe, in Holland ihre Motive gefunden, während doch Oeder's Herbstlandschaften zur Genüge beweisen, daß auch auf deutschem Gebiet die niederrheinische Landschaft ö. hohen eigenartigen Reize besitzt. Auch Adolf Schweitzer sucht im Auslande, in den ernsten Gebirgsthälern Norwegens, sein Heil, Eugen Kampf schildert die schwermüthigen Triften des belgischen Flach=

landes u. s. f. Die Thiermalerei oder vielmehr die Hirschmalerei in engster Beschränkung zählt Kröner bekanntlich