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nicht dazu gehörige Dinge zu sprechen, leider aus dem anderen Hause in dieses Haus übergegangen sei. Er bitte dringend, diese Gewohnheit nicht zu weit auszudehnen. Es babe Alles seine Grenze, und diese Grenze sei vom Grafen Hohenthal diesmal überschritten worden.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: . Meine Herren! Da der Gegenstand der Tagesordnung die Be⸗
handlung des Etats betrifft, so wird das hohe Haus es mir wohl nicht verübeln, wenn ich die Diskussion auf die praktischen Fragen der Finanzen zurückführe.
Der Herr Berichterstatter hat ja in ausführlicher Weise die Veränderungen, die in dem diesjährigen Etat gegen den vorjährigen beschlossen worden sind, dargelegt. Er hat in seiner Einleitung einen Blick geworfen auf die allgemeine Finanzlage, und ich möchte seinen Bemerkungen in dieser Beziehung noch ein Wort hinzufügen.
Unser Etat, wie er sich gegenwärtig gestaltet hat, charakterisirt sich durch eine große Summe schwankender Einnahmen, die aus den Betriebsverwaltungen hervorgeben. Diese schwankenden Einnahmen stecken wesentlich in der Forstverwaltung, in der Bergwerksverwaltung und vor Allem in der Eisenbahnverwaltung. In welchem Grade diese Einnahmen schwanken, das ergiebt eine kurze Durchsicht der Ergebnisse der letzten Jahre. Wir hatten im vorigen Jahre in der Eisenbahnverwaltung einen sehr bedeutenden Ueberschuß von 97 Millionen und der Finalabschluß des laufenden Jahres, den ich jetzt schon vor mir habe und von welchem ich einige Mittheilungen zu machen mir erlauben möchte, wozu ich ausnahms— weire bei dem späten Abschluß des Etats jetzt in der Lage bin, ergiebt einen Minderertrag der Eisenbahnen gegen den Etat von 19438695 S½ Meine Herren, solche Grundlagen der Finanz⸗ verwaltung setzten ein sehr vorsichtiges Verhalten der Staatsregierung und der beiden Häuser des Landtages gegenüber der Aufrechterbalt ung eines dauernden gesicherten Finanzzustandes voraus. Es wird in sehr bedeutenden Jahresüberschüssen immer eine gewisse Aufforderung liegen, auf diese schwankenden Einnahmen dauernde Ausgaben zu stellen. Gehen die hohen Einnahmen und Ueberschüsse aus den Betriebs verwaltungen dann zurück, bleiben die dauernden Ausgaben, und so ergiebt sich daraus die Gefahr einer erheblichen Schwankung in den Abschlüssen der allgemeinen Finanzverwaltung. Ich habe schon bei der Einbringung des Etats im Abgeordnetenhause vorhergesagt, daß das laufende Jahr in keiner Weise so günstig abschließen werde, als das Jahr 1889.‚90 und daß man daher sich wohl hüten müsse, auf den damals vorhandenen großen Ueberschüssen aufs Neue wieder ein Drängen nach neuen, dauernden Aufgaben zu basiren. (Sehr richtig) Meine Voraus— setzung ist nun durchaus zugetroffen. Allerdings schließt der dies jãhrige Finalabschluß noch mit einem Ueberschuß ab von 126321385 trotz des erheblichen Minderertrages der Eisenbahnen. Dieser Ueberschuß ist aber noch um 1601775 S zu reduziren, weil um diesen Betrag im Hinterlegungsfonds mehr Einnahmen vorhanden sind als Ausgaben, also in dieser Beziehung nur ein rechnungsmäßiger Ueberschuß vorliegt, in Wahrheit aber um diesen Betrag eine neue Staatsschuld kontrahirt ist.
Wenn der diesjährige Finalabschluß sich noch verhältnißmäßig so günstig gestaltet, so beruht das wesentlich darauf, daß die Ueber weisungen vom Reich in diesem Jahre eine sehr beträcht— liche Höhe erreicht haben. Wir haben eine Mehreinnahme beim Antheil am Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer von 50 530 904 „SH, ebenso eine Mehreinnahme beim Ertrage der Reichs Stempelabgabe von 2388567 ½ ; dagegen haben wir eine Mindereinnahme beim Antheil am Ertrage der Verbrauchs abgabe von Branntwein in Höhe von 4320 944 SM und eine Mehrausgabe an Matrikularbeiträgen von 27 239 326 ; endlich, was viele der geehrten Herren interessiren wird, eine Mehr— ausgabe bei den Ueberweisungen an die Kommunalverbände aus dem Ertrage der landwirthschaftlichen Zölle von 22 251 622 A, sodaß also, da der Etat hier eine Ueberweisung von 25 Millionen ver— anschlagt hat, nunmehr diese 2561 622 hinzukommen, im Ganzen rund 47 Millionen Mark aus dem Ertrage der landwirthschaftlichen Zölle an die Kommunen überwiesen werden.
Meine hochverehrten Herren, ich möchte die allgemeinen Bemer— kungen, die ich über das Verhältniß von den Einnahmen und Aus— gaben in unserem allgemeinen Staats ⸗Etat gemacht habe, in— sonderheit kräftig wiederholen in Bezug auf die Kommunen. (Hört! hört! Denn dieselbe Gefahr und eine noch viel größere liegt in diesen schwankenden Ueberweisungen für unsere Kommunalverwaltungen, welche ja diese Elastizität nie haben können, wie der Staat, sondern viel mehr noch auf feste Einnahmen und Ausgaben basirt sind. (Sehr richtig) Wenn diese Ueberweisungen, die ja abhängen nicht bloß von der Zollverfassung, sondern von den jährlichen Ernten, die doch Niemand voraussehen kann, in den Kommunen benutzt werden, um darauf dauernde, bleibende Ausgaben zu machen, so werden sie den Kommunen zum Unheil ge⸗ reichen, (Sehr wahr!, und man kann nur hoffen, daß mit diesen Neberschüssen in einer weisen und vorsichtigen Weise in den Kommunen verfahren wird.
Meine Herren, wenn ich noch einige sonstige Mittheilungen aus dem Finalabschluß machen darf, so will ich erwähnen, daß bei der Forstrerwaltung ein Mehrertrag von 7707 214 M vorhanden ist, bei der Verwaltung der direkten Steuern von 3 466 000 S — ich nenne nur runde Zahlen — bei der Verwaltung der indirekten Steuern 6 838 452 , bei der Bergwerksverwaltung 10149 000 M, daß dagegen bei der
öffentlichen Schuld ein Mehrjuschußbedarf von 7032 000 M er⸗ fordert worden ist, bei der Bauverwaltung ein solcher von über 2000000 ½, bei der Justizverwaltung ein Minderzuschußbedarf von 1634000 M, bei der Verwaltung des Innern ein Mehrzuschußbedarf von 1923 000 S, bei der landwirthschaftlichen Verwaltung von 666 C00 MS, während ein Minderzuschußbedarf im Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗Angelegenheiten von 332 000 4 vorhanden ist. Bei den außeretatsmäßigen, extraordinären Verwal⸗ tungen ist ein Mehrbedarf von rund 3 000 000 4 herrorgetreten, welcher wesentlich durch Ankäufe in den Bergwerksrevieren bedingt wurde, sodaß sich also, wie ich schon sagte, im Ganzen ein Netto- überschuß von 11 030 3450 M ergeben hat.
Wenn ich mich nun an der Hand dieser vorjäbrigen Ergebnisse frage: wie wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach das wirkliche Ergebniß auf Grund des eben vorliegenden Etats für 1891,92 gestalten, so kann ich nur sagen, daß ich doch mit einiger Sorge in dieser Beziehung in die Zukunft blicke. Unsere preußischen Finanzen stehen auf sehr soliden festen Grundlagen, und es ist in dieser Beniehung im Allgemeinen keine
Befürchtung vorhanden; gegenüber aber den steigenden Ausgaben und dem Drängen nach denselben auf allen Gebieten und gegenüber der Unmöglichkeit in manchen Beziehungen, sich der Steigerung der Aus—⸗ gaben zu widersetzen, sowohl im Reich wie in Preußen, werden wir uns darauf gefaßt machen müssen, daß irgend welche Ersparungen in den Ausgaben für die nächsten Jahre unmöglich, dagegen die Wahrschein⸗ lichkeit einer nicht unerheblichen Steigerung unabweislich ist. Stelle ich dem gegenüber eine Betrachtung über unsere Einnahmen, namentlich aus den Betriebs verwaltungen, so habe ich das Gefühl, daß wir die besten Jahre in dieser Beziehung hinter uns haben, daß wir uns darauf gefaßt machen müssen, daß auf manchen Gebieten erhebliche Mindereinnahmen aus den Betriebsverwaltungen resultiren können. Das ist schon in den letzten Monaten in mehreren Ver— waltungen hervorgetreten ich will darauf nicht näher ein— gehen. Wir werden also darauf. nicht rechnen können, daß wir in dieser steigenden Bewegung der Einnahmen bei den Betriebsverwaltungen bleiben und daraus relevirt, daß der Gesichtspunkt durchaus zutreffend ist für die Staatsregierung und die beiden Häuser des Landtages, bei den Ausgaben vorsichtig zu sein, sie sparsam zu bemessen, auch selbst nützliche Verbesserungen und neue Ausgaben zurückzustellen, weil eben die Mittel nicht vorhanden sind. Die Geschichte Preußens hat doch zur Genüge bewiesen, daß die wesentliche Grundlage der Blüthe und Größe Preußens in der Blüthe seiner Finanzen liegt, und daß dies eben doch nach unseren gesammten deutschen Verhältnissen nicht erzielt werden kann durch eine ungemessene Steigerung der Einnahmen, sondern durch eine sparsame Verwaltung bei den Ausgaben. (Sehr richtig! Bravo!)
Meine Herren, unsere finanzielle Zukunft hängt sehr wesentlich heut zu Tage ab von der Eisenbahnverwaltung und ihren Ergebnissen. Ich geböre gewiß und habe von jeher zu denen gehört, die die Ver— staatlichung des ganzen Eisenbahnsystems für eine wirthschaftliche, soziale und finanzielle Nothwendigkeit hielten, und ich bin von jeher auch als Abgeordneter, mit der größten Ent⸗— schiedenheit dafür eingetreten. Und die Ergebnisse sind ja auch, wie allgemein anerkannt wird, außerordentlich günstige auf allen Gebieten, vor Allem Dank der hervorragenden Leitung des Mannes, der dies große Werk zu Ende gebracht hat. Aber nichts desto weniger darf man auch nicht ganz seinen Blick der andern Seite der Sache verschließen; und wenn wir sehen, welche Schwankungen gerade im Eisenbahngebiete und zwar in unmittelbar auf einander folgenden Jahren von 100 Millionen Ueberschüsse auf etwa 20 Millionen Minderüberschüsse in dem Etat möglich sind, so muß man doch auch auf diese andere Seite der Sache sehen. In diesem Etatsjahre 1890/91, von dem ich Ihnen eben die Angaben mitgetheilt habe, sind allerdings sehr extraordinäre und wohl nicht wiederkehrende Zustände in vielen Beziehungen die Ursache des Rückganges der Ueberschüsse der Eisenbahnen gewesen, wie dies Herr Minister von Maybach schon ausgeführt hat. Ich brauche also darauf nicht weiter zurückzukommen. Aber in dieser Verwaltung sind doch eine Reihe von Posi— tionen, welche zu einer schließlichen Gesammt⸗Mehrausgabe von — ich habe die genauen Zahlen nicht mehr ganz gegenwärtig — etwa 62 Millionen, als im Etat vorgesehen waren, führen, welche zum großen Theil dauernder Natur sind: Die Erhöhung der Beamten—⸗ gehälter im Betrage von 18 Millionen, von velchen ja der größte Theil auf die Eisenbahnverwaltung gekommen ist, bleibt dauernd; die Erhöhung der Löhne nicht minder. Die Ansprüche an die Eisen— bahnverwaltung und an deren Leistungsfähigkeit wachsen. Während die Ausgaben steigen, werden überall Verminderungen der Einnahmen durch Herabsetzung von Tarifen verlangt. Ich möchte daher dringend bitten im Interesse der allgemeinen Finanzverwaltung, von einzelnen Vortheilen einzelner Klassen sich hier nicht zu sehr leiten zu lassen. Die beiden Häuser des Landtages müssen in dieser Be— ziehung bei festen Grundsätzen stehen bleiben; es ist unsere Eisenbahnveiwaltung mit der allgemeinen Finanzverwaltung stark verquickt. Bei allen Beschlüssen des Landtages muß die Rücksichtnahme auch auf die allgemeine Finanzverwaltung maßgebend sein. Und ich kann nur hoffen und wünschen, daß das hohe Haus bei allen Eisenbahnfragen hinsichtlich der allgemeinen Finanzverwaltung in dieser Beziehung einen festen Standpunkt bewahrt. (Lebhaftes Bravo!)
Damit schließt die Generaldis kussion.
Graf von Hohenthal (persönlichh: Er müsse auf das Ent— schiedenste die Insinuation des Minister-Präsidenten zurückweisen, als habe er Verbindungen mit einer subversiven Presse, eine Aeuße⸗ rung, die um so bedenklicher sei, als er unterlassen habe, sie näher zu bezeichnen. Wenn er (Redner) den Muth babe, seine Ueber zeugung auch äußerlich zu dokumentiren, so könne ihm das nur zur Ehre gereichen.
Präsident Herzog von Ratibor: Das Wort „Insinuation“ sei auch nicht parlamentarisch.
In der Spezialdiskussion bemerkt beim Etat der
Domänenver waltung
Herr von Klitzing: daß die Wiesen bei Sonnenburg, weil sie noch immer unter Wasser ständen, sehr viel billiger verpachtet seien als früher, das liege an der Versandung der Oder, die den Abfluß des Wassers hemme; man sollte auf eine Beseitigung dieses Uebelstandes hinarbeiten.
Graf von Mirbach bedauert den Rückgang der Schweine preise im Interesse der kleinen Landwirthe und empfiehlt ver siedene Meliorgtionen in seiner Heimath. Daran schließt er den Dank für die Absage des Reichskanzlers gegenüber dem radikalen Ansturm gegen die Getreidezölle; dadurch habe sich der Reichs kanzler die Sympathien weiter Kreise erworben, auch der Kreise, denen er selbst etwas mißtrauisch gegenüberstehe. An der Auf— bebung der Getreidezölle habe die Mehrheit des Volkes kein Interesse; die Landwirthe nicht, die Einwohner der kleinen Ackerstädte nicht, die nur dann blühten, wenn die Preise der landwirthschaftlichen Erzeugnisse hoch seien. Auch für die industriellen Arbeiter liege ein Nutzen nicht vor. Die sprunghaft hochgegangenen Preise seien aller⸗ dings nicht angenehm, aber die Aufhebung der Getreidezölle werde dabei keine Abhülfe bringeu. .
Freiherr von Landsberg spricht als Mitglied aus den west⸗ lichen Provinzen, wo der Großgrundbesitz nicht erheblich vertreten sei, ebenfalls dem Reichskanzler Dank aus für seine Haltung bezüg— lich der Getreidezölle; er glaube dabei der Zustimmung seiner Landtz— leute sicher zu sein.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Herr Graf von Mirbach hat hingewiesen auf die Abwesenheit des Herrn Ministers für Landwirthschaft; ich wollte nur bemerken, daß der Herr Minifster für Landwirthschaft durch Abwesenheit von Berlin beute verhindert ist, hier anwesend zu sein.
Wenn er auch an das Ressort der Finanzen einen Wunsch auf Berücksichtigung von Petenten in einem bestimmten Fall, welche Zuschüsse aus der Staatskasse erhalten haben, gestellt hat, so bin ich augenblicklich nicht in der Lage, auf diesen speziellen Fall
und die Ve rhältnisse, welche demselben zu Grunde liegen, einzugehen. Nur das kann ich dem Herrn Grafen versichern, daß den betheiligten Ministerien die Verwaltung dieser Vorschüsse außerordentlich viel Kopfzerbrechen und Mühe macht. Theilweise sind dieselben gegeben à fonds perdu, theilweise auf Rückzahlung in bestimmten Terminen; da im einzelnen Fall die Interessen des Staats mit den speziellen Verhältnissen der Betheiligten richtig auszugleichen, ist eine der schwierigsten Aufgaben, die wir gegenwärtig haben, und ich kann wirklich sagen, ich werde die Zeit segnen, wo wir mit dieser Ver⸗ waltung nichts mehr zu thun haben. Aber man kann sich auch den schwierigen und unangenehmen Aufgaben nicht entziehen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einen Irrthum im Sprechen, auf den ich aufmerksam gemacht bin, berichtigen. Wenn ich von den Mehrüberschüssen der Eisenbahnverwaltung im Jahre 1889/90 gesprochen habe, so wollte ich damit bezeichnen diejenigen Ueberschüsse, welche zur extraordinären Tilgung haben verwendet werden können. Die Mehr überschüsse gecen den Etat betragen, wenn ich nicht sehr irre, 44 Millionen im Jahre 1889.90, während ich den Minderbetrag gegen den Etat schon näher bezeichnet habe, wie er sich nach dem Rechnungsabschluß 1890,91 gestaltet hat.
Beim Etat der indirekten Steuern bittet
Freiherr von Durant den Finanz ⸗Minister, den Steuerbehörden eine Berfügung zugeben zu lassen, in dem Sinne, daß diese das Publikum über die Höhe der Stempelabgaben aufzuklären hätten; gegenwärtig würden oft hohe Strafen verhängt wegen Steuerbinter⸗ an während diese meist auf Unkenntniß der betreffenden Personen
eruhe.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Ich für meinen Theil würde es sehr gern seben, wenn in solchen zweifelhaften Fällen die Betheiligten sich vorher über den Stempel betrag der zu kassiren ist, bei dem Stempelfiskal Raths erholen, und ich würde es sehr gern fördern, daß die Stempelfiskale in diesen Fällen dem Publikum entgegenkommen. Ich kann mir aber kaum denken, daß, wenn wirklich in zweifelhaften Fällen die Meinung und der Rath von Betheiligten vorber einge⸗ zogen wird, derselbe nicht bereitwillig ertheilt werden sollte. Es läßt sich ja erwägen, ob man den Stempelbehörden das noch ein— mal besonders einschärft. Es ist ganz richtig, wenn Herr Freiherr von Durant sagt, unsere Stempelgesetzgebung sei eine äußerst schwierige und verwickelte. Ob es noch einmal gelingen wird, diese aus ver⸗— schiedenen Perioden stammende Stempelgesetzgebung in ein einheit— liches klares Gesetz zu bringen, das möchte ich, da meine Herren Vor⸗ gänger doch sich gescheut haben, dieses schwere Werk in Angriff zu nehmen, auch meinerseits nicht in Aussicht stellen. Das Bestreben wird aber allerdings dahin gehen müssen, volle Klarheit und Ver⸗ ständlichkeit für das Publikum auch auf diesem Gebiete herzustellen.
Beim Etat der Eisenbahnverwaltung werden die Berichte, betreffend die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung für 188990 und betreffend die Er⸗ . des Betriebes der Staatsbahnen für 1889 90 be⸗ rathen.
Ober ⸗Bürgermeister Zweigert empfieblt Namens der Kom⸗ mission die Erledigung der Berichte durch Kenntnißnabme, wobei er hervorhebt, daß die Eisenbahnverwaltung für das Wohnungsbedürfniß ihrer Arbeiter Sorge ge:ragen habe.
. die beantragten Resolutionen wird später abgestimmt werden.
Ober⸗Bürgermeister Bräsicke empfiehlt die Beseitigung der technischen Oberbeamten und die Vertheilung der Geschäfte, die ein Einzelner nicht allein bewältigen könne, unter Theilung der Verant⸗ wortlichkeit und Beseitigung der Hülfsarbeiter. Das werde auch das Avancement besser gestalten.
Herr von Jerin empfieblt die Beschleunigung des Verkehrs auf den Linien Breslau-⸗Elatz⸗Mittelwalde und Posen-Frankenstein.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach:
Zunächst möchte ich Herrn von Jerin antworten, daß die Frage, wie die Züge auf den Seitenlinien, welche wir erworben — nach Glatz zu — eingerichtet werden sollen, einer näheren Erwägung unterzogen werden wird. Das ist ja natürlich nicht möglich, daß auf allen diesen Linien, die mehr zu den Neben— linien gehören, auch Schnellzüge gehen. Indessen es macht sich ja ganz von selbst; wächst der Verkehr auf einer Linie, so wird auch die Menge und Qualität der Züge dem entsprechend eingerichtet. Ich würde mich freuen, wenn die Vermehrung der Frequenz auf jenen Linien eine solche wäre, daß es sich rechtfertigte, die nicht unerheb— lichen Kosten für die Einrichtung solcher Züge aufzuwenden.
Die Fragen, die der Herr Vorredner angeregt hat, beschäftigen die Verwaltung schon längere Zeit. Es geht ja auch in der Presse ab und zu das Gerücht, daß die Verwaltung und namentlich ich selbst die administrativen, oder wie sie sonst genannt werden, die juristischen Elemente gegen die technischen bevorzuge. Ich kann indeß diesen Vorwurf als absolut unbegründet zurückweisen. Wenn wir die Sache, wie sie augenblicklich liegt, ins Auge fassen, so haben wir in der Staatseisenbahn⸗ verwaltung im Ganzen, wenn ich mich recht erinnere, etwa 1600 böhere Beamte, ich meine solche Beamte, welche die Staatsexamina abgelegt haben, technische, juristische oder administrative. Von diesen etwa 1600 böheren Beamten sind meines Wissens etwa nur 260 Beamte mit juristischer oder administrativer Vorbildung, alle übrigen sind technische Beamte; es sind also nicht weniger als fünf Sechstel der sämmtlichen höheren Beamten Techniker. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß die Zakl der technischen Beamten nun vollständig ge—⸗ nügen würde. Es kann natürlich nicht für jedes Geschäft ein Techniker gebraucht werden, eben so wenig wie für jedes Geschäft ein administrativer Beamter brauchbar ist. Es richtet sich die Frage der Beamten der verschiedenen Qualität bei den einzelnen Behörden genau nach dem Bedürfniß, und wechselt dieses Bedürfniß, nimmt es zu, so wird der Etat mit einer größeren Zahl von Stellen bedacht, und bei entsprechender Begründung sind diese von der Landesvertretung ja auch niemals beanstandet. — Wenn der Herr Vorredner insbesondere die Einrichtung, die allerdings bisher bestanden hat, be— mängelt, daß gewisse Direktions⸗Bureaus mit einer Art von selbständigen Vorstehern ausgerüstet seien, welche sich wiederum nur als Hülfsbeamte für die Mitglieder der Direktion darstellen, so kann ich zugeben, daß diese Einrichtung, soweit die Erfahrungen reichen, sich nicht überall bewährt hat; es hat sich im Laufe der Zeit, wie es sehr häufig geschieht, ein Geschäfts—⸗ modus herausgebildet, der zu einer Vermehrung des Schreibwerks dadurch führt, daß die betreffenden Beamten nach und nach eine gewisse größere Selbständigkeit beanspruchen. Es ist deshalb an einer, ich glaube auch an zwei Stellen, diese Einrichtung geändert und es sind die betreffenden Bureauvorstände in die Direktion hineingezogen worden, und auf diese Weise werden ihnen diejenigen Stellungen, die
ihnen nach ihrer Vorbildung zukommen, gegeben und Reibungen ver⸗ mieden werden. Einen Punkt möchte ich, meine Herren, bei dieser Gelegen⸗ beit noch erwähnen, der vielleicht dazu beiträgt, nach der Seite bin beruhigend zu wirken, daß das Ergebaiß des vorigen Jahres nicht etwa als ein ganz außerordentlich ungüũnstiges dargestellt wird. Es ist zuzugeben, daß unter dem Eindruck der Ver— hältnisse, besonders der elementaren Ereignisse und des Steigens der Preise füt Kohle und Eisen, der Erhöhung der Löhne und Gehãͤlter das Ergebniß des vorigen Jahres nicht so günstig, als erwartet, ge⸗ wesen ist. Indessen ein Minderertrag von 193 Millionen nach dem, was der Herr Finanz ⸗Minister heute Ihnen mitgetheilt hat, ist, wie ich auch schon im andern Hause ausgeführt habe, noch nicht geeignet, uns zu erschrecken. Ich bitte Sie zu bedenken, daß der Betriebsüber⸗ schuß nach dem Etat rund 329 Millionen betragen sollte. Er wird sich also rund auf 310 Millionen belaufen. Von diesen 310 Millionen haben wir abzurechnen die Zinsen der Gisen— bahnkapitalschuld im Betrage von etwa 1863 Millionen Mark. Es bleibt sonach noch ein Ueberschuß über die Zinsen der Eisenbahnkapitalschuld von rund 123 Millionen. Ich bemerke dazu, daß die Verzinsung und Amortisation der mit den angekauften Privat⸗ bahnen überkommenen noch haftenden Prioritäts Obligationen und Aktien dabei schon berücksichtigi ist. Wenn Sie nun nach den Vor— schriften des Gesetzts vom Jahre 1882 P oι des Staatseisenbahn— kapitals zur Abschreibung bringen, so bleiben immer noch 82 Millionen übrig für die Bestreitung anderer Staatsbedürfnisse oder zu weiterer Abschreibung. Wollen Sie die Rechnung auf die gesammten Staats schulden ausdehnen und wollen Sie zurechenen, was hierfür an Zinsen, an Tilgungsbeträgen und an Renten mit einem Gesammt— betrage von 217 375 455 S entrichtet werden muß, so bleiben Ihnen immer noch etwa 92 Millionen übrig. Und, meine Herren, das ist ja richtig, daß die Verquickung — wenn ich so sagen darf — der Staatsfinanzen mit den Eisenbahnfinanzen uns insofern nicht zum Nutzen gereicht hat, als die wachsenden Bedürf— nisse des Staats zum großen Theil auf die doch immerhin schwan— kenden Ueber schüsse der Staatsbahnen verwiesen sind, Bedürfnisse, die unter anderen Verhältniffen und in Ermangelung anderer Einnahmen hätten zurückgestellt werden können und müssen. Ist das ein Vor— wurf, so trifft er nicht die Eisenbabnverwaltung, auch nicht die Finanzverwaltung, sondern die Konstruktion des sogenannten Garantie⸗ gesetzes vom Jahre 1882. Wie gestern schon Herr Graf von Frankenberg die Güte hatte hervorzubeben, so ist das schließliche Fazit aber das, daß alle Auf— wendungen für neue Bahnen, Umbauten von Bahnhöfen u. s. we kurz alle Melioratlonen im Eisenbahnwesen aus den Intraden der Eisenbahnen haben bestritten werden können, weniger einer Summe von etwa S5 000 000 Mn Im vollen Einverständniß mit dem Appell des Herrn Finanz⸗Ministers an die Spar— samkeit und damit, daß es geboten, in Bezug auf Erhöhung der Ausgaben gerade im Hinblick auf die schwankenden Einnahmen große Zurückhaltung zu üben, darf uns, wie ich glaube, immerhin das dargelegte Gesammtresultat zur Beruhigung und Be— friedigung gereichen. Bewegt sich die Entwickelung in regelmäßigen Verhältnissen weiter — das vorige Jahr war gerade aus besonderen Gründen nicht so günstig wie das vorhergehende —, so werden die preußischen Finanzen auch auf diesem Gebiet auf einem guten Fuß bleiben. (Bravo!) Der Eisenbahn-Etat wird genehmigt.
Beim Etat der Bauverwaltung, in welchem sich das Gehalt des Eisenbahn-Ministers befindet, führt
Freiherr von Manteuffel Klage über den Zustand der Pferdewagen, welcher häufig geeignet sei, das kostbare Pferdematerial zu ruiniren. Es existirten zwei Sorten Wagen, gewöhnliche und sfo⸗ genannte Luxuswagen, bei beiden seien die Auskadungsvorrichtungen mangelhaft. Die sanitären Vorschriften würden häufig durch Zuladen von fremden kranken Pferden illusorisch gemacht. Schließlich muüͤsse man das Versenden der Pferde mit Personenzügen gestatten, denn die lange Fahrzeit der Güterzüge sei den Thieren schädlich. Redner bittet den Minister, in dem Vorbringen dieser Petita nicht ein Mißtrauen in seine Geschäftsführung zu erblicken. Er könne versichern, daß die ganze konservative Partei des Hauses von der größten Dankbarkeit gegen den Minister erfüllt sei und die Verdienste, die er sich um den Staat erworben, niemals vergessen werde.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach:
Für die letzten sehr freundlichen Worte sage ich Herrn Freiherrn von Manteuffel meinen herzlichsten Dank. — Die Detailwünsche, welche er ausgesprochen hat in Bezug auf den Pferdetransport, trafen mich etwas unerwartet. Ich war nicht darauf gefaßt, daß bei dem Etat der Bauverwaltung und der Centralverwaltung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten noch Eisenbahnwünsche vor— getragen werden würden; ich würde sonst das nöthige Material mit— gebracht haben, um darauf sogleich erwidern zu können. Es bleibt mir daher im Augenblick nur übrig, die Vecsicherung zu geben, daß die Wünsche, welche Herr Freiherr von Manteuffel vorgetragen hat, im Ministerium genau erwogen und soweit möglich erfüllt werden sollen. (Bravo!)
Freiherr von Landsberg empfiehlt die Anlage von fahrbaren öffentlichen Straßen zu beiden Seiten des Dortmund ⸗Ems-⸗-Kanals.
Beim Etat des Ministeriums des Innern weist
Ober ⸗Bürgermeister Möllmann (Osnabrück) auf die erfreuliche Entwickelung des Sparkassenwesens hin und empfiehlt für die Spar kassen eine Erhöhung der Beleihungsgrenze für Landgüter, dä die Sparkassen mehr als ein Drittel ihrer Gelder in Inhaberpapieren angelegt hätten.
Minister des Innern Herrfurth:
Ich vermag zunächst den Ausführungen des Herrn Vorredners in so weit nicht beizutreten, als er in dem Umstand, daß von den Ein— lagekapitalien der Sparkassen etwa der dritte Theil jetzt in Inhaber papieren angelegt sei, einen Bedenken erregenden Zustand erkennt. Ich glaube, daß dieses Verhältniß richtig gegriffen ist. Denn neben der unbedingten Sicherheit, die ja auch diese Papiere gewähren, geben sie den Vortheil der sofortigen Realisirbarkeit. (Sehr richtig!)
Ein großer Theil der Sparkassenkapitalien muß sofort reali— sirbar sein, um etwaigen in Fällen der Noth oder bei be— sonderen Verhältnissen eintretenden erheblichen Rückforderungen sofort die nöthigen Deckungsmittel zusichern zu können. Die Ausleihung auf Immobilien legt das betreffende Kapital für längere Zeit fest, und ich glaube, es ist nicht wohl— gethan, über das von dem Herrn Vorredner bezeichnete Verhältniß hinauszugehen. Die Bedenken, die gegen die Anlegung in Inhaber
vorliegen, dann kommen auch bei den Kirchen nur die allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften in Betracht, die sich selbstverständlich auf die ästhetische und architektonische Seite nicht beziehen, und es kann da ein hinderndes Eingreifen der Staatsbehörde im Interesse der mehr nach der Seite der Schönheit des Bauwerks sich erstrecken— den Wünsche der Gemeinde nicht stattfinden. Ich glaube daher, daß sich die ganze Frage doch nur auf diejenigen Fälle bezieht, wo der Staat mitbetheiligt ist, und sofern er mitwirkt bei dem Kirchenbau selbst.
. ö . Freude darüber aus und hofft, daß danach die Kirchennoth, nament— lich auch in Berlin, sich werde Überwinden lassen; er habe als Vorsitzender eines Kirchenbauvereins gesehen, welche Schwierigkeiten sich dem Bau einer neuen Kirche entgegenstellten.
Wünsche des Herrn Vorredners jedenfalls wohl Befriedigung finden werden. Es ist noch nicht ganz entschieden, welches Ministerium, aber daß nur ein Ministerium schließlich bei der Sache mitwirken wird, dorüber ist bereits Uebereinstimmung erzielt, und das wird jedenfalls zur schnelleren Förderung der betreffenden Angelegenheiten beitragen.
sich darüber nicht beklagen können, daß nicht neben der sehr anzuerken⸗ nenden Thätigkeit des kirchlichen Hülfsbauvereins aus allgemeinen Mitteln sehr Erhebliches geleistet ist; und ich kann mit Räcksicht auf die großen Bedürfnisse in den Provinzen, namentlich in der Diaspora und namentlich in den östlichen Provinzen, in Betreff des Baues von Kirchen nur den dringenden Wunsch aussprechen, daß das jetzt zur Ver⸗ abschiedung gekommene Gesetz wegen der Anleiheberechtigung der Berliner Synoden mehr als bisher dahin führt, daß die reiche Stadt Berlin sich selber hilft. (Bravo!)
zum großen Theil von solchen Gemeinden, welche eine Opferfreudig⸗ keit zeigen, die geradezu bewunderungswürdig ist, sowohl in der evan— gelischen, wie in der katholischen Bevölkerung, wo Kirchenumlagen auf alle Staatssteuern bis zu 70 Prozent erhoben werden, während in
wabl dieser Papiere noch etwas sorgfältiger vorginge und sich wesentlich beschränkte auf den Ankauf von preußischen und Reichs anleihen. in deren Cours die geringsten Schwankungen eintreten und die zu jeder Zeit ohne irgendwie erhebliche Verluste werden versilbert werden können, wenn die Sparkasse besonderen Geldbedarf hat.
Was die Frage der Erleichterung der Ausleihung auf Immobilien durch eine höhere Festsetzung des Multiplums des Grundsteuerreinertrages, welches unbedingte Sicherheit gewährt, so habe ich bereits im vorigen Jahre auf eine ähnliche Anfrage des Herrn Bürgermeisters Möllmann darauf aufmerksam
kapitalien unbedingte Sicherbeit ist, und daß man deshalb bei einer generellen Festsetzung des Betrages nicht über dasjenige Maß hinaus⸗ gehen darf, welches in allen Kreisen, in allen Gemeinden als ein hinreichendes Maß der Sicherheit angesehen werden kann. Dagegen gebe ich Ihnen zu, daß man in Betreff des jenigen Kreises, in welchem die be⸗ treffende Sparkasse, sei es eine Kreissparkasse oder Gemeindesparkasse, domizilirt ist, eine andere Normirung eintreten lassen kann. Dafür können zwei Gründe angeführt werden. Einmal der Umstand, daß als eine Nebenaufgabe der Sparkasse — als ihre Hauptaufgabe kann ich es aller⸗ dings nicht ansehen — die Förderung des nachbarlichen Kredits anzuerkennen ist, und zweitens, daß zur Beurtheilung der Frage, ob in der unmittelbaren Nähe des Sparkassenorts durch ein bestimmtes Multiplum des Grundsteuerreinertrages genügende Sicherheit gegeben ist, den betreffenden Mitgliedern der Sparkasse, den Vertretern der Kreise oder der Gemeinden, welche für einen etwaigen Ausfall schließlich einzustehen haben, ein richtiges Urtheil zusteht, während sie sich, wenn es sich um Ausleihungen in entfernten Gegenden handelt, ein genügendes Urtheil aus eigner Anschauung unmöglich verschaffen können. Ich bin deshalb der Erwägung näher getreten, ob man unter Festhaltung des bisherigen Grundsatzes, daß über das 223 fache des Grundsteuer— ertrages generell nicht herausgegangen werden soll, doch eine Er— höhung zuließe für denjenigen Kreis, in dem die Sparkasse ihr Domizil hat. Was die Art der Feststellung anlangt, so ist sie ja durch die Paragraphen des Zustãndigkeitsgesetzes gegeben. Es würde danach die Vertretung der Gemeinde oder des Kreises, welcher die betreffende Sparkasse eingerichtet hat, einen entsprechenden Beschluß wegen Aenderung des bisherigen Statuts zu fassen haben; die Genehmigung desselben würde bei dem Ober— Präsidenten nachzusuchen sein, und Letzterer würde, wenn er Bedenken hätte, den Provinzialrath anhören. Nach dieser Richtung hin An— regungen zu geben, ist bereits in Erwägung gezogen, und ich glaube, daß hierdurch wenigstens zum großen Theil den Wünschen des Herrn Vorredners entsprochen werden wird.
ic . Etat der Landwirthschaftlichen Verwaltung richte
Graf von Frankenberg an den Minister die Bitte, für die Förderung der Fischzucht ausgiebigere Staatsmittel zur Verfügung zu stellen. Ferner macht Redner auf die großen Gefahren aufmerkfam welche den Waldungen durch die Nonnencaupe drohten, und bittet die Regierung um Auskunft, in welchem Umfange sich die Nonnenraupe in den preußischen Staatswaldungen gezeigt habe und welche Abwehr⸗ mittel ergriffen seien.
Beim Etat des Kultus-Ministeriums empfiehlt Herr von Jerin eine anderweitige Kontrole der Kirchenbauten welche jetzt von mehreren Ressorts abhingen. ; Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ueber die Ressortverhältnisse in Bezug auf die Beaufsichtigung der Kirchenbauten schweben augenblicklich innerhalb der Regierung Erwägungen, namentlich ist die Frage aufgenommen worden, ob es nicht richtig wäre, die Konkurrenz der beiden Mini— sterien, des Kultus und der öffentlichen Arbeiten hier zu beseitigen, ent— weder durch ausschließliche Uebertragung auf das Ministerium des Kultus oder auf das der öffentlichen Arbeiten; es werden namentlich Verzögerungen in der Erledigung der Sachen innerhalb der Revisionsinstanz ver— mieden werden. Im Uebrigen weiß ich nicht recht, welche Kirchen⸗ bauten vorzugsweise im Auge gehabt werden. Der Staat konkurrirt doch nur meines Wissens bei denjenigen Bauten, wo die Verpflichtung des Staates auf den Patronatsverhältnissen beruht, oder bei welchen Zuschüsse Seitens des Staates geleistet werden. Wenn eine Gemeinde aus eigenen Mitteln allein eine Kirche baut, ohne daß diese beiden Voraussetzungen
Minister des Königlichen Hauses von Wedell spricht seine
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: Ich glaube, die Erörterungen liegen gegenwärtig so, daß die
Was speziell die Berliner Kirchenbauten betrifft, so wird man
Die Anträge aus den Provinzen in dieser Beziehung kommen
papieren dem Herrn Bürgermeister Möõͤllmann geltend gemacht worden
Berlin nur ein niedrigerer Satz erhoben wird, so daß man aller
sind, würden sich übrigens sehr vermindern, wenn man bei der Aus-
gemacht, daß das erste Erforderniß für die Belegung der Spar⸗
dings den Wunsch hegen muß, daß die staatlichen Mittel in erheb⸗ lichem Maße auch diesen vrovinziellen kirchlichen Verhältnissen zu Gute kommen.
Minister des Königlichen Hauses von Wedell: An der Kirchen— noth seien verschiedene Gründe Schuld, auch die Staatsregierung habe durch Unterlassungen dabei gesündigt.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Ich tbeile die ausgesprochenen Wünsche durchaus und ich bin auch der Meinung, daß unser ganzes Bauwesen sich mehr nach der Richtung der Spezialität entwickeln muß, wie bisher und daß der Staat, wo er unbedingt handeln muß, oft nicht in der Lage ist, solchen Spezialisten, die den einzelnen staatlichen Baumeistern in ihrem speziellen Fach überlegen sind, es gleich zu thun; also im Allge⸗ meinen bin ich mit diesen Wünschen einverstanden. Aber nur zu häufig sind wir in der Lage, den Wünschen, den natürlichen und an— zuerkennenden Wünschen der Gemeinden nach einer schönen Ausstattung in der Fagade und im Innern der Kirchen Widerspruch entgegensetzen zu müssen, wenn nämlich der Staat die betr. Zuschüsse zu leisten hat bei der gänzlichen Insufficienz der Gemeinden. Die Ansprüche sind so zablreich, daß, wenn wir nicht da auf erbebliche Ermäßigung hin⸗ wirken, wir eine Reihe höchst dringender Bedürfnisse würden un— befriedigt lassen müssen und da ist es doch besser, so wie bisher zu verfahren, als daß wenige schöne Kirchen gebaut werden und dann die übrigen nothwendigen Kirchen gar nicht gebaut werden. Diesen Gesichtspunkt bitte ich nicht außer Acht zu lassen. In vielen Fällen sind wir gar nicht in der Lage, für Thurmbauten Zuschůsse zu leisten und ebenso wenig für die innere Einrichtung, wir müssen froh sein, daß überhaupt die Mittel, kirchliche Bauten her⸗ zustellen, aufgebracht werden. Also in der Sache bin ich ganz ein— verstanden, aber Derjenige, der Über die erforderlichen Mittel nicht ö kann, kann nicht alle die Wünsche befriedigt erbalten. .
Bei den Ausgaben für Universitäte 6h erh , . . versitäten und höhere
Ober-Bürgermeister Schmieding die Aufbesserur er K —2ů64— y ᷣ . — .
Graf Udo zu Stolberg- Wernigerode fragt an, ob no . sei, daß das Realgymnasium in er ch .
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ e i ⸗ Verhandlungen geschwebt . ö. . 6 ö
Beim Kapitel: Elementarunterrichtswefen be— mängelt
Ober · Bürgermeister S ie V ᷣ ö zulagen an die Ie n Ten , ö wohnern. vom Staate gewährt würden, wo nicht schon ein reichliches Stelleneinkommen vorhanden sei. Man strafe also die Gemeinde welche ihre Schuldigkeit thue und belohne diejenigen, welche sie vernachlaffigten Man sollte bei leistungsunfähigen Gemeinden Seitens des Staates dein. treten, sonst aber die Staatsbeihülfe davon abhängig machen daß die Gemeinden eine gleiche Summe wie der Staat für diesen Iweck her⸗ gäben. e .
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Bei der vorgerückten Zeit und der Geschãftslage überhaupt will ich mich enthalten, auf die Bemerkungen des Herrn Ober ⸗Bürgermeisters Struckmann ausführlich einzugehen, ich will mich nur auf wenige Punkte beschränken. Derselbe beklagt sich namentlich darüber, daß nach den bestehenden Bestimmungen in denjenigen Fällen, wo es sich um eine Gemeinde unter 10000 Einwohnern handelt, da, wo bereits die betreffenden Lehrerstellen ausreichend dotirt sind, von der Gewährung von Alterszulagen abgesehen werde. Nun wenn ich ihm sage, daß überhaupt in der ganzen Monarchie hon diesem Grundsatz nur an 20 Stellen Gebrauch gemacht ist, so wird er doch wohl finden, daß darin ein großer Uebelstand nicht liegt. Man ist in dieser Beziehung Seitens der Verwaltung sehr weit ge— gangen, und man hat nicht, wenn in einer Gemeinde allgemein die Gehälter schon ziemlich hochgestellt waren, deswegen die Gewährung von Alterszulagen zurückgezogen, sondern nur in ganz besonderen Fällen, wo die Stellen namentlich durch Bezüge aus kirchlichen Fonds u. s. w. sehr bohe Beträge hatten, da hat man von einer besonderen Gewährung von Alterszulagen abgesehen. Wenn nun aber der Herr Ober ⸗Bürgermeister Struckmann den Satz aufstellt, es solle der Staat bei Zuwendungen an die Gemeinden für die Schullasten generell und allgemein von dem Grundsatz ausgehen, nach Maßgabe der thatsächlichen Leistungen der Gemeinde seine eigenen Zuschüsse zu bemessen, so spricht ja für ein solches Prinzip Manches; es wäre auch für den Staat und die Verwaltung sehr einfach, aber doch nach meiner Meinung höchst verkehrt und nicht durchführbar. Denn wohin würde das führen? Daß in den reichen großen Gemeinden, wo die Gemeinden, ohne eine große Steuerlast auf sich zu nehmen, in der Lage sind, erhebliche Zuschüsse für die Schule zu leisten, ihre Lehrerbesoldungen hoch zu stellen, ihre Schulbauten luxuriös einzurichten — daß in diesen der Staat verhältnißmäßig viel höhere Beträge bezahlen müßte, als bei denjenigen Gemeinden, die mit dem äußersten Nothstand kämpfen. (Sehr richtig Wenn die Elementarschule eine obliga⸗ torische ist, wenn der Staat eine Minimalleistung von jeder Gemeinde fordert, ob sie reich ist oder nicht, z. B., wenn das Schulgebäude von einer bestimmten Beschaffenheit sein, die Lehrerbesoldung eine bestimmte Minimalhöhe haben soll, so ist es richtig und den allge— meinen Staateprinzipien entsprechend, daß die Zuschüsse des Staats gerade an diesen Minimalleistungen partizipiren. Beispielsweise, wenn eine Gemeinde in Ostpreußen ihrem Lehrer wirklich nur 900 M Minimalgehalt giebt und in einer großen Stadt fängt das Minimal gehalt mit 1800 M an, so würde ich nicht in dem letzteren Falle 900 und in dem ersteren 450 M geben, sondern ich würde in beiden Fällen den Zuschuß in gleichen Beträgen gewähren. (Sehr gut, Bravo h Das ist der kulturellen Aufgabe des Staats entsprechend, der sich mehr um die weniger gut Situirten zu bekümmern hat, als um Diejenigen, die sich selber zu helfen wissen. (Sehr guth Ich will gar nicht behaupten, daß das angenommene System der Alterszulagen mit diesen Anschauungen im vollen Einklang steht, und ich glaube sogar, wir haben diesen Grundsatz dabei einigermaßen ver⸗ lassen, aber das System ist nun einmal angenommen und wird nicht wieder beseitigt werden. Ob es dann möglich sein wird, die Grenze, welche zwischen Gemeinden über und unter 10 000 Seelen gemacht ist,
unbedingt festzuhalten, das wird man prüfen müssen und nach Maß⸗ gabe der zur Disposition stehenden Mittel zu entscheiden haben. Im Allgemeinen wird es richtig sein, daß in dubio Gemeinwesen von über 10000 Seelen sich in Beziehung auf ihr Schulwesen eher selber zu erhalten im Stande sind, als Gemeinden unter 10 000 Seelen. Es ist ja sicher, daß das nicht immer zutrifft.
Nun ist aber auch vorgesehen, daß aus anderen Fonds solchen Ge⸗
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