1891 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

LIV. Bestimmungen für sämmtliche Vermessungsbeamte.

A Reiseko sten. - ;

Die Vermesfur aEbeamren erhalten, wenn sie Geschäfte außerhalb des Orts, an welchem sie ibren Wobnsitz baben, in einer Entfernung von nicht weniger als 2 Em verrichten, einsckließ lich der Fortschaffung der Karten und Instrumente, folgende Reisekosten: ö

1) wenn, bejw. soweit die Reise auf Gilenhabnen oder auf Dampfschiffen gemacht werden kann, für 1 Km 13 , und außerdem für jeden Zu⸗ und Abgang zusammen 3 , 3 e.

2) wenn, beiw. soweit die Reise nickt au Eien bahnen eder auf Dampfschiffen zurückzulegen ist, einschließlich der Auslagen fũr Chaussee⸗ Brücken und Fäbrgelder für 1 Em 40 * ,,,,

Daben erweislich bshere Reisetoften, als die vorstehend bestimmten, aufgewendet werden müssen, so werden diefe erstattet. . .

Die Reisekosften werden, und jwar bei Reisen auf dem and m ege nack dem näcksten fabrbaren Wege, für Hin und Rückreise besonders berechnet. Hat jedoch der Vermessungsbeamte Dien st s Säfte an ver⸗ schiedenen Orten unmittelbar nach einander ausgerichtet. 0 ii der von Ort zu Ort zurüdgelegte Weg ungethbeilt der Berechnung der Reisekosten zu Grunde zu legen. q 36 , 3 einer Reise zurückgelegten gesammten Entfernung wird jedes angefangene Kilometer für ein Kilometer ge recknet. Bei Reifen. bei welchen die 1urãckgelegte * tie rnuns nicht weniger als 2 Km, aber unter S km beträgt, werden Neiickosten nd zwar fowohl für den Hin als für den Rückweg für volle S Rm geäbrt. B. unentgeltliche Lieferung von Forwmäalaren, Zeichen

api er u. s. w. .

Die zu den Landmesserarbeiten zu verwendenden Torr ul ars dat Zeichen⸗ und Pausparier und die Pausleinewand * den ber ustellen⸗ den Karten, Zrichnungen und Riffen werden den , , , . obne Rücksicht auf die Art ibrer Besoldung nach Maßgabe de Verbrauch bedũrfnisses unentgeltlich *,, die Holikästen. Blechbüchsen und Marxpen zur Aufbewahrung und Verfendung der är die einzelnen Lrescinandersegunge aten ge- fertigten Karten und Riffe, sowie die Kartenhüljen und. Roll stãte werden auf Steatskosten von den General Kommisstonen beschafft.

C. Schreib und Zeich enmateri alienzergütangen.

Die von den General ⸗Kommissionen in deren Diensträumen he. schäftigten Vermefsungsbeammtgen erhalten zur Be streiterx] der Kosten für Schreibmaterialien und für die kleinen Zeichen Kartirung . Berechnung geräthe, wie Handzirkel, Nullemirkel, Reis eder. Ma stãbe, Dreiecke, Lintale, Pinsel, ferner für big verschiedenfrbigen Tuschen und Tinten (ausschließlich der schwarzen Schreibtinte) und für ähnliche Gegenstãnde

*

a. eine Schreib materialienvergütung von jährlich 12 * nach dem Satze unter J. 2 des Staats M inifterialbeschluffes vom 11. Mai 18653 6 ö

b. eine Zeichenmaterialiendergütung von JLeick a 12 . jährlich. auf welche die unter Ziffer X. des aats · Ministerial- beschlusses vom 11. Mai 1863 bezüglich de n=, e.,

—=— 2455 . Mere r=— wa vergütung getroffenen Bestimmungen glei hige anwende g finden. Größere Insttrmente, Dantograpben. rere eiern, emal md Dreiecke, Stangenzirkel und dergl, können ä *mit meiner Genehmigung für Rechnung der Staatetaffe beschafft werden. D.

Die auf den 2 mr ten ,n. beamten erbalten zur Bestreitung der Ausgaben für sämmtliche übrigen, als die vorstehend Enter B genannten, dienftlicken Gebraucht gegenstände, fe rrie für die Besoldung von Gebülfen, die Miethe der von inn zu unterbaltenden Dienftrãnme, deren Reinigung, Heizung und ? eleuch⸗· tung, endlich für Schreib Boten. und Frachtgebühren, an,, lobn, Verxackungekosten, Porto. Zustellungs gebäbren r. w. . kostenentschãdigungen, deren Höhe für jeden Vermessungs beamten be⸗ sonders festgesttzt wird.

V. Schlußbestimm ungen.

Soweit im Verstehenden keine abändernden Vorschriften getroffen sind, finden die Bestimmungen der unterm 26. August 1885 getroffenen Abänderung des Reglements für die öffentlich anzustellenden Land⸗ (Feld, )meffer vom 2. März 1871 (GesetzSamml. S. 319) auch auf die Auseinandersetzungtsachen Anwendung.

ö , n , m. Berlin, den 10. Juni 1891. - . Der Minister für Landwirthschaft, Domän en und Forsten. von Heyden.

An die sämmtlichen Königlichen General-Kommissionen.

be⸗

12.

Vermessunas⸗ 14 1148

Ttinisterium der öffentlichen Arbeiten.

Bei dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten find der Eisenbahn⸗Sekretär Tolsdorff zum Geheimen err dir enden Sekretär und Kalkulator, der Geheime San te; Selreiãr Schultz zum Geheimen Registrator, der Bureau Diatarius Cornelius zum Geheimen Rerisor, und die Sans lei Diãtarien Hänel, Heinrici und Balze zu Geheimen Kanzlei— Sekretären ernannt worden.

Königliche Seehandlung.

Bei dem Königlichen Leihamt ist der Bu reau⸗Diätar Hellmann zum Sekretär ernannt.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 22. Juni.

Sei Majestät der König haben an den Staats⸗ Min ern ned Din her gen ic elf von Maybach folgendes Allerhöchste Handschreiben erlassen:

nein lieber Staats-Minister von Maybach!

So ungern Ich Sie aus Ihrem bisherigen Amt scheiden sehe, in welchem Sie Sich hervorragende und dauernde Ver⸗ dienste erworben haben, so habe Ich doch im Hinblick auf Ihren leidenden Gesundheitszustand Mich entschließen müssen, Ihren wiederholten Anträgen auf Dienstentlassung stattzugeben. Es ist Mir Bedürfniß, Ihnen bei dieser Gelegenheit Meinen Königlichen Dank für die langjährigen und erfolgreichen Dienste, welche Sie der Krone und dem Vaterlande mit voller Hingebung und aufopfernder Treue geleistet haben, noch besonderz auszusprechen. Als ein Zeichen Meiner Anerkennung verleihe Ich Ihnen Meine Büste in Marmor und lasse Ihnen dieselbe hierneben zugehen.

Ich verbleibe Ihr wohlgeneigter und dankbarer König Wilhelm k. Neues Palais, den 20. Juni 1891. An den Staats⸗Minister von Maybach.

eine Majestät der Kaiser und König arbeiteten am 86r r von 101, Uhr ab mit dem stell vertretenden Chef des Militärkabinets, Obersten von Lippe und nahmen um 113 Uhr im Neuen Palais militärische Meldungen ent⸗ gegen. Am Nachmittag begaben Seine Majestät Sich nach Berlin, 1 hier um 4 Ühr im Weißen Saale des Schlosses die Schließung des Landtages der Monarchie und hörten dann einen kurzen Vortrag des Reichskanzlers sowie demnächst den des Staatesekretärs Freiherrn von Marschall. Um 5 Uhr kehrten Seine Majestat nach dem Neuen Palais zurück Heute Vormittag hörten Seine Majestät von 9 hr ab den Vortrag des Chefs des Civilkabinets Dr. von Lucanus und arbeiteten von 16e Uhr ab mit dem Minister des König⸗ lichen Hauses von Wedell. Um 1 Uhr empfingen Seine Majestät Seine Durchlaucht den Fürsten zu Hohenlohe⸗ Langenburg.

Am 20. d. M., Mittags 1 Uhr, versammelte sich das Reichsbank Kurator tum unter dem Vorsitz des Staats⸗ Ministers Dr. von Boetticher als Vertreters des Reichs⸗ anzlers im Reichsamt des Janern. An der Sitzung nahmen außer dem Reichsbank Präsidenten Dr. Koch Der Staats⸗ Minister Dr. Miquel, der Staats sekretär des Reichs Schatz amts Freiherr von Maltzabn und der Königlich württem—⸗ bergische Direktor Dr. von Stieglitz Theil.

Nach der Mittheilung in Nr. 39 des TCentralblatts für das Deutsche Reich“ von 1875 S. 520 waren die Kaiser⸗ lichen Konsuln in den britischen Hafenplätzen bisher nicht ermächtigt, für ein in das Eigenthum von Reichsangehörigen übergegangenes britisches Schiff das Flaggenattest ohne vorgangige Untersuchung des Schiffes durch einen Besichtiger des Board of Trade zu ertheilen. Nach nunmehr getroffener Bestimmung kann von dieser Untersuchung ohne Weiteres ab⸗ gesehen werden, wenn das Schiff in den letzten 6 Monaten vor der Nachsuchung des Flaggenattestes bereits von einem Besichtiger des Board of Trade oder den nachbenannten An⸗ n n, a , ermanischer Lloyd, . 9 of r. Register, au Veritas

. Corporation for the Survey and Registry

of Shipping 6 untersucht ist, auf 2 dieser Untersuchung eine Bescheini⸗ gung seiner Seetüchtigkeit oder ein Klassifikationscertifikat der höchsten Klasse erhalten hat, inzwischen keinen Unfall erlitten hat und auch sonst hinsichtlich seiner Seetüchtigkeit zu Zweifeln einen Anlaß giebt. ; . n allen er ren Fällen wird vor der Ertheilung des Flaggenattestes besonders geprüft, od die Untersuchung des Schiffes durch einen Besichliger des Board of Trade herbei⸗ zuführen ist.

Seine Hoheit der Erbprinz Bernhard von Sachsen' Meiningen, General-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich mit längerem Urlaub nach Schlefien und Oesterreich begeben.

Der Kaiserliche Botschafter am österreichisch⸗-ungarischen Hofe Prinz Reuß hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben von Wien fungirt der Erste Sekretär, Legations-Rath Prinz von Ratibor als Geschaftsträger.

Der General-Lieutenant von Hoffbauer, Commandeur der 5. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, hat nach Abstattung persõnlicher Meldungen Berlin wieder verlassen.

Der General- Inspecteur der Fus-Aitillerie, General⸗ Lieutenant Sallbach hat sich auf Inspizirungsreisen be⸗ geben.

Paderborn, 21. Juni. Der Domdechant Dr. Schulte ist laut Meldung des W. T B. nach schwerem Leiden in der vergangenen Nacht 1 Uhr gestorben.

Sachsen. Dresden, 21. Juni. Ihre Majestãten der König und die Königin haben nach dem „Dr. J.“ gestern das Hoflager zu Pillnitz bezogen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 21. Juni. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie die Weim. Ztg. meldet, aus Schlitz wieder nach Schloß Belvedere zurückgekehrt. Ihre Hoheit die Prinzessin Heinrich VII. Reuß traf gestern aus Wien zum Besuch hier ein.

Sachsen⸗Meiningen.

Meiningen, 21. Juni. Der Landtag, bewilligte nach k wie die „Magd. Ztg. mittheilt, den Zuschuß von 500 000 für die Eisenbahn Sonneberg Stockheim. Ein Minderheitsantrag wollte nur 200 909 6 bewilligen. Die Lehreipetition um Befreiung von Beiträgen zur Lehrerwittwenkasse wurde der Regierung zu baldmöglichster Berückfichtigung überwiesen. Der Landtagsschluß erfolgte gestern.

Schaumburg⸗Liype.

Bückeburg, 21. Juni. Am heutigen Tage wurde . die Erbprinzes in, geborene Prin⸗ zeffin von Sachsen-Altenburg, im Fürstlichen Schlosse zu Stadthagen von einem gesunden Prinzen glücklich

entbunden. Samburg.

20. Juni. Der Senat hat dem „W. T. B.“ ürgerschaft die Einbeziehung der sogenannten

en e er rr e, mn, nn in den Freihafenbezirk

beantragt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 22. Juni. Seine Majestät der Kaiser und König hat 5 Sonnabend Abend in Begleitung des Ministers von Szoegyenyi die Reise nach Fünfkirchen angetreten, wo die Ankunft gestern früh erfolgte. Aller⸗ höchstderselbe wurde, wie W. T. B.“ meldet, von den Erzherzogen Friedrich und Joseph, sowie den ungarischsn Ministern empfangen und von der Be— völkerung begeistert begrüßt. Die Huldigungsansprachen des Obergespans und des Bürgermeisters beantwortete der Kaiser mit herzlichem Danke für den begeisterten Empfang. Die Stadt war festlich geschmückt. Um neun Uhr begannen in der Residenz des Bischofs die Audienzen der Deputationen, an welche der Kaiser huldvolle Ansprachen richtete. Gegen⸗ über der Deputation des römisch-katholischen Klerus hob der Kaiser dessen Opferwilligkeit, Pietat und Kunstsinn bervor und verficherte denselben seiner unwandelbaren Gnade. Bei dem Empfange der Abordnung der Comitats⸗ behörden gedachte der Kaiser der Verwaltungsreform, indem er seiner Zustimmung zu derselben Ausdruck gab. Gegenüber der Deputation der israelitischen Gemeinde äußerte der Kaiser, die Macht der Krone und Ser vaterländischen Gesetze sichere den Israeliten wie jeder Konfession in der Monarchie die staats bürgerlichen Rechte. Trotz strömenden Regens besuchte der Kaiser am Nachmittage das Volksfest. Um 6isa Uhr fand ein Hofdiner statt, an welchem der Kaiser, die hier anwesenden Erzherzoge und Minister, die Hof- und Militärchargen und zahlreiche Bischöfe theilnahmen. Nach der Rückkehr des Kaisers von einer Rundfahrt durch die illuminirte Stadt trug der hiesige Gesangverein vor dem Absteigequartier des Kaisers mehrere Gesangsstücke vor. .

Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg hat fich gestern nach Karlsbad begeben. . Im weiteten Verlaufe der vorgestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses erklärte der Abg. Graf Palffy, daß die Altczechen zu existiren noch nicht aufgehört hätten. Madejs ki (Pole) wies die Behauptungen zuruͤck, in denen Mißtrauen gegen die Reichztreue und den Patriotismus der Polen bekundet werde. Die Polen hätten wiederholt bewiesen, daß sie eine wirklich staatserhaltende Partei seien; der Polen⸗ klub acceptire das Programm der Thronrede vollinhaltlich, ohne jedoch auf das Prinzip der Autonomie zu ver⸗ zichten; o g werde fortfahren, eine unabhängige und selbst⸗ ständige Stellung zu behaupten; eine geheime Allianz mit den Deutschen bestände nicht. Hierauf wird der Schluß der Debatte angenommen; es werden d, , , . von Plener für und Herold gegen die Vorlage gewählt. Die Antisemiten beantragten schließlich noch den Erlaß eines Gesetzes gegen die Einwanderung fremder, zumal russi⸗ scher Juden. .

Der Wiener antisemitische Gewerbe⸗Genossen⸗ schaftstag wurde wegen Ueberschreitung seiner Statuten durch Entwickelung politischer Thätigkeit behördlicherseits auf gelõö t. ;

4 Hzizegespan des Hermannstädter Comitates, Gustav Tha lman ist, wie aus Budape st gemeldet wird, zum Ober⸗ gespan dieses . unter gi äitiger Verleihung des Titels eines Sachsencomes, ernannt worden

Im ung en Un terhause stellte am Sonnabend der Abg. Eoetvoes in einer gegen die staatliche Verwaltung der Bahnen gerichteten vierstündigen Rede die Behauptung auf, daß auf dem Gebiete, der. Vizinalbahnen offen Bestechung betrieben worden sei, indem höhere Staats⸗ beamte Stammaktien erhalten hätten. Der Handels⸗ Minister Baroß trat dem Redner energisch entgegen und forderte für die Behauptungen desselben Beweise. Der Abg. Eoetvoes versprach dieselben beizubringen. . Die Auf⸗ hebung des Fiumaner und Triester Freihafens wurde genehmigt.

Großbritannien und Irland.

Die Königin traf in Begleitung des Großherzogs von Hessen, von n . kommend, am 19. d. M. in Edin⸗ burg ein. Auf der Reise dorthin sah und befuhr Ihre Majestãt zum ersten Mal die Tay⸗ und Forth⸗Brücke. Am Bahnhof wurde die Monarchin jubelnd empfangen und nahm vom Bürgermeister eine Adresse in goldenem Kästchen entgegen. Am . Morgen ist Ihre Majestät wieder in Schloß Windsor angekommen.

e. 6 . fand in London am 18. Abends wieder eine Versammlung von Parlamentsmitgliedern statt, in der das geplante Altersversicherungsgesetz weiter diskutirt wurde. Die Verhandlungen wurden schließlich bis zum 3. Juli vertagt. Bis dahin soll der Entwurf gedruckt

werden.

Frankreich.

aris, 22. Juni. Die Deputirten kammer setzte in . Sitzung vorn Sonnabend zunächst die Berathung der Zolltarifvorlkage fort. Die Kommission beantragt für ZJuckerruübensamen einen Zollsatz von 50 Fr, während der Deputirte Dubois (Nord) Erhöhung auf 80 Fr. verlangt. Der Berichterstatter erklärte im Laufe der Erörterung, die Kommission habe sich mit der Regierung dahin geeinigt, den Zollsatz von 40 Fr. vorzuschlagen. Die Zölle auf europäischen Zucker wurden in der von der Regie⸗ rung und der Kommission beantragteen Höhe angenom⸗ men. Auf ausländischen kolonialen Zucker wurde zin Zoll von 66 Fr. gelegt, jedoch die Zuschlagsteuer von 3 Fr. abgelehnt. Letztere war von der Kommission gefordert, von den Deputirten der Kolonien vertheidigt, jedoch von dem Handels-Minister Jules Roche und den Deputirten Reynal und Peytral im Interesse der auf französischem Gebiete er⸗ richteten Raffinerien bekämpft worden. Darauf legte der Depunirte Dreifus den Bericht über das neue Srionage⸗ gefetz vor. Derselbe enthält dem „W. T. B. zufolge einen Passus, der besagt, die der Kommission zuge⸗ gangenen Mittheilungen bewiesen, daß der mit der Ueber⸗

ungenügend organisirt sei. Die Kommission halte es . . i die Aufmerksamkeit des Kriegs⸗Ministers und des Ministers des Innern auf die Nothwendigkeit, diesen Dienst baldigst zu verstärken, hinzulenken. Obgleich die Kom⸗ mission die gui he , anerkenne, die , über auf die Spionage bezügliche Angelegenheiten bei * lossenen Thüren abzuhalten, drücke dieselbe doch den Wunsch aus, fich dieser Maßregel nur in Fällen absoluter Nothwendigkeit

dienen. . . be; angekündigte Interpellation des Deputirten

Lasseron uber den Nel mitprozeß wird in der Kammer

wachung der Spionage beauftragte Dienst in Paris wenigstens

bat am Sonnabend Nachmittag

wahrscheinlich heute zur Verhandlung kommen. Die Debatte über diesen Gegenstand dürfte größere Ausdehnung gewinnen, da mehrere radikale Deputirte über ein angeblich ungefetzliches Vorgehen im Melinitprozesse Aufflärung verlangen wollen, namentlich hinsichtlich des Umstandes, daß ein Packet bei Tripons mit Beschlag belegter Beiefe nicht verlesen wurde.

Das Journal „Jour“ publizirt einen heftigen Artikel gegen den General Lad vocat, welcher noch immer nicht abgesetzt sei, obgleich er durch seine Correspondenz mit Tripons kompromit irt wäre. Die für Heereszwecke ausgegebenen Milliarden seien unnütz geopfert, wenn das Vertrauen der Bevölkerung zur Armee in dieser Weise erschüttert werde.

Um der Aufforderung des Erzbischofs von Paris zu ent— sprechen, haben, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, Ches⸗ nelong, Keller, Graf Mun und andere Klerikale einen Aus— schuß von 20 Mitgliedern unter dem Namen „Union de France“ gebildet, um die bürgerlichen, sozialen und religiösen Freiheiten wiederzufordern und zu vertheidigen, deren die

atholiken beraubt seien. Der Äusschuß hat einen Aufruf

erlassen, welcher alle Katholiken auffordert, sich ihm anzu⸗ schließen und für die Departementsräthe, die Kammer und den Sengt nur katholische Vertreter aufzuflellen, da dies das einzige Mittel sei, die nothwendigen Freiheiten wieder— zugewinnen.

Das Nord⸗Geschwa der wird, laut Meldung des „W. T. B.“, bis zum 6. August in Keonstadt bleiben.

Rußland und Polen.

Durch Kaiserlichen Erlaß vom 12. Juni sind auf Grund des Artikels 1 der Konstitution des Reichsraths die Präfidenten und die Mitglieder des Reichsrathz Departements auch für die zweite Hälfte dieses Jahres in diesen Aemtern bestätigt worden. .

Die hr Regelung der Arbeiterfrage niedergesetzte Spezialkommission wird, der „A. R. C.“ zufolge, binnen Kurzem ihre Thätigkeit beendigt haben. Die Kommission . die Frage nach acht Gruppen verschiedener Arbeiter— ategorien behandelt und in der Sache ein umfassendes Ma— terial gesammelt.

Der Minister des Innern hat beim Reichsrath um Ge— nehmigung der Einführung der neu proöjeklirten Städte 1 nach der ihm gut dünkenden Reihenfolge nach—⸗ gesucht.

Ueber das neue russische Ma gazingewehr schreiben die ‚Mosk. Wed.“: Das Magazin des neuen Gewehrs gehört zum Packensystem. Der Packen besteht aus fünf Patronen, die sich in einem ,, befinden. Der Verschluß— mechanismus ist außerordentlich einfach und besteht aus größeren Theilen mit nur einer größeren Schraube. Das Geschoß ist von einem Nickelmantel umgeben und durchschlägt auf Wo Schritt 27zöllige Hölzer, ohne sich zu deformiren; dicke Holzwände werden von der Kugel leicht dur drungen. Durch das Geschoß erzeugte Verwundungen sind leicht heilbar. Das neue russische Gewehr ist um zwei Pfund leichter alz das bis- herige Berdan⸗Gewehr und wiegt zehn Pfund.

n einer der letzten Sitzungen des Reichsraths wurde, wie die „Now. Wr.“ berichtet, auf Vorstellung des Ministers der Kommunikationen die Frage der Abschließung eines Ver⸗ trages bezüglich des internationalen Transports von ö berathen. Dieser Vertrag ist von dem russi⸗ chen Delegirten bei dem Berner Kongreß im vorigen Jahre angenommen und vom Reichsrath soeben genehmigt worden.

Italien.

Der „Esercito Italiano“ meldet, der König Humbert

habe an geordnet, daß das von der Familie des General⸗ Feldmarschalls Grafen Moltke zuruͤckgereichte Großkreuz des Militär⸗-Ordens von Savoyen, mit dem der Verstorbene dekorirt war, im Königlichen Waffenmuseum zu Turin aufbewahrt werde. Bei den gestrigen partiellen Administrativ⸗Wahlen in Rom wurde ein Liberaler ö. Proyinzialrath gewählt. Bei den Mu nicipalwahlen befinden fich bisher dreizehn Kandidaten der Liberalen und drei Kandidaten der klerstälen Minorität im Vorsprunge.

Ein Cirkular des Ministers des Jnnern Nicotera an die Präfekten untersagt kraft des Artikels 113 des Strafgesetz⸗ buchs jede öffentliche Vereinigung oder jedes Meeting, die den Zweck verfolgen, fe mf, . Kundgebungen oder Ver— sammlungen bezüglich des Dreibunds zu veranstalten.

Portugal.

In der Sitzung der Deputirtenkammer am Sonn— abend erklärte der Finanz⸗Minister Carvalho: Die Regierung rechne auf die Mitwirkung der Landwirihschaft, der Industrie und des Handels zur Kräftigung des Landes; er fordere Alle auf, zur Erreichung dieses Ziels ihre Kräfte zu ver⸗ einigen. Wie dem W. T. B.“ aus Lissabon gemeldet wird, glaubt man, daß die Berathung über das Budget⸗ gesetz bis Ende dieses Monats von beiden KRam— mern erledigt sein werde. Die Budgetkommission hat den Entwurf bereits angenommen und der Regierung die verlangten Vollmachten ertheilt. Der Minister⸗Präsident . e Sou za ist von einem leichten Unwohlsein be⸗ allen.

Der Fouverneur von Mozambique Machada hat dem Vernehmen nach seine Demission eingereicht, welche von der Regierung angenommen wurde.

Schweiz.

In der vorgestrigen Sitzung des Ständeraths gab Wirz⸗Obwalden die Erklärung zu Protokoll, er erwarte be⸗ stimmt, daß sobald als möglich eine technische Untersuchung über die Sicherheit der Eisenbahnviadukte mit aller Genauigkeit vorgenommen und die sich hierbei herausstellenden Uebelstände und Gefahren beseitigt werden. Der Präsident des Bundesraths erklärte: es werde alles Mögliche geschehen. Der Bundesrath hahe die Professoren Ritter und Teitmayer mit ver Erforschung der Ursache der Mönchensteiner Katastrophe beauftragt und von der Jura⸗Simplonbahn die Unter suchung ihrer sämmtlichen Brücken verlangt. In dieser Woche werde unter dem Vorsitz des Vize⸗Präsidenten des Bundesraths Welti eine Konferenz mlt den Direktionen der sechs großen Bahnen der Schweiz sigtifinden, um Maß⸗ nahmen zur Untersuchung sämmtlicher Eisenbahnbrücken anzu⸗ ordnen. Das Ergebniß dieser Untersuchung, welche mit aller erforderlichen nm , g . durch erprobte Fachleute vor⸗ genommen werden wird, soll veröffentlicht werden.

Auch die Regierung des Kantons Ba sel-Stadt vom Bundesrath eine

Sachen des Eisenbahnunglücks bei Mönchenstein erhalten. Das Eisenbahndepartement wird danach die Berichte der Beamten und den Befund der Experten einer genauen Prüfung unterwerfen und die nöthigen Anordnungen treffen. ach einem Telegramm der bun des rãthlichen Experten konnte das Birsbett mit Ausnahme der Stelle, wo die zweite Lokomotive steht, überall bis auf den Grund sondirt werden. Nach diesem Ergeb⸗ niß sind in der Tiefe keine Leichen mehr vorhanden. Dessen⸗ ungeachtet wird, damit Gewißheit erlangt werde, das linke Ufer abgegraben werden, um den Spiegel zu senken. Inzwischen hat, wie schon erwähnt, die Jurabahn den Auftrag erhalten, den Zustand sämmtlicher Brücken sofort auf das Genaueste untersuchen zu lassen und diese ohne Ausnahme Be⸗ lastungsproben zu unterwerfen. Die Arbeit ist bereits be gonnen worden. An den Untersuchungen werden sich die Ingenieure des Eisenbahndepartements und namentlich die oben genannten Professoren Ritter und Tettmayer betheiligen. Die Jurabahn ist ferner angewiesen worden, auf der Strecke Basel— Delsberg bis auf Weiteres keine größeren Versonenzüge zu führen als mit einer Lokomotive befördert werden können. Im Uebrigen hat die eingetretene Unterbrechung der Geleise unmittelkar dazu geführt, daß die schweren internationalen Güterzüge ein— gestellt und der Güterverkehr über andere Routen gelenkt wird, ebenso ist erwirkt worden, daß der internationale Personenverkehr bis auf Weiteres ohne Förmlichkeiten über die Reichsbahnen sich bewegen kann. Von gestern ab sollten die Schnellzüge von und nach Frankreich über Delle⸗Delemont gänzlich eingestellt werden. Der Bundesrath hofft, daß diese Anordnungen auch zur Beruhigung der durch die Katastrophe vom 14. d. M. aufgeregten Gemüther beitragen werden. (Vgl. a. „Mannigfaltiges !)

Das Bundesgericht hat die Auslieferung Li— vraghi's an Italien einstimmig bewilligt.

Belgien.

Das Kriegsgericht in Antwerpen hat den Kongo— reisenden, Hauptmann Becker einstimmig freigesprochen. Derselbe war des Verkaufs von Waffen an die Araber sowie des Mordversuchs angeklagt.

Türkei.

Die gerüchtweise gemeldete Verhaftung des Bandenchefs Athanas, des Leiters beim Ueberfall auf den Orientzug, ist laut Meldung des, W. T. B.“ aus Konstantin opel ohne offizielle Betätigung geblieben. Die von der „Times“ ge— brachte Nachricht, daß die Regierung 50 Räubern die Freiheit geschenkt und dieselben y entsendet habe, um bei der Gefangennahme der Räuberbande behülflich zu sein, wird der Ag. de Constantinople“ zufolge in dor⸗ tigen unterrichteten Kreifen als vollständig erfunden bezeichnet.

Nach Jemen sind zur Unterdrückung des Aufstandes im Ganzen 2000 Redifs, 80 Mann Kavallerie und 156 Artilleristen mit 6 Kanonen gesandt worden. Gerüchtweise verlautet, der General-Gouverneur von Jemen Hakki Pascha solle durch den Warschall Redscheb Pascha ersetzt werden.

Der Vali von Kossowo ist wegen der Glocken— affaire in Ues kueb seines Postens enthoben und definitiv nach Mossul versetzt worden.

Schweden und Norwegen.

(E) Stockholm, 19. Juni. Von dem Minister des Aeußern und dem hiesigen Königlich dänischen Gesandten wurden am Mittwoch die Deklarationen bezüglich der telegraphischen Correspon denz zwischen Schweden und Dänemark sowie Norwegen und Dänemark unterzeichnet, welche am 1. Juli anstatt der Deklarationen vom 15. März 1880 und 15. Juni 1886 in Geltung treten sollen.

Nach dem diesjährigen Kalender für das Departement des Aeußern besteht das diplomatische und Konfulats—⸗ versonal aus: 8 Gesandten (wovon einer gleichzeitig General⸗ Konsul ist)h, 3 außerordentlichen Gesanbten, 3 Minister⸗ Residenten, 9 Legations⸗Rathen und Legations-Sekretären (ein⸗ schließlich eines Dragomans), 7 Militär⸗Attachẽs und Marine Attaches, 1 Legationzprediger, 124 General⸗Konsuln und Kon⸗ suln (15 mit Besoldung), 48 Konsulats Sekretären und Vize⸗ Konsuln 5 mit Besoldung), 615 sonstigen Vize-⸗Konfuln (G6. mit Besoldung) sowie 5 Kanzlisten und Kontoristen, zusammen S823 Personen.

Amerika.

Chile Nach einer Meldung des ‚„R. B. aus Iquique haben sich die Truppen des Präsidenten Balmaceda in Coquim bo empört und 4 Off iz ie re getödtet. So Mann sollen sich auf dem Wege nach Ca lbera befinden, um sich mit der Armee der Kongreßpartei zu verbinden. Das Kriegsschiff der Kongreßpartei „Es meralda“„ hat den Quai und die Eisenbahn auf den Lobos-Inseln zerstört, um die Ver⸗ schiffung von Guano durch den General Balmaceda zu ver⸗ hindern. Die chilenische Gesandtschaft in Washington erhielt ein Telegramm aus Peru, in dem es heißt, daß, als die „Es— meralda“ auf den Lobos⸗Inseln ankam, der Kapitän in Ermangelung von Vorräthen 50 Mann gelandet habe, um Lebensmittel wegzunehmen. Die Behörden auf der Insel hätten Widerstand geleistet, die Waffen ergriffen und die An⸗ greifer getödtet.

Ein in Washington eingetroffener Privatbrief aus Santiago berichtet nach Mittheilung des „W. T. B.“ folgendes Nähere über das am 7. Mai gegen einige chilenische Minister verübte Attentat:

Als der Minister des Innern Godoy mit einigen Kollegen die D yutirtenkammer verließ, ritten zwei in Ponchos und Sombreros gekleidete Männer im Galopp an ihnen vorbel und warfen auf Godoy zwei Bomben. Eine derselben verfehlte ihr Ziel, expfodirte zwar, richtete jedoch keinen Schaden an; die andere Bombe exvlodirte über⸗ baupt nicht. Der Prästdent Balmaceda schrieb das Attentat den damals in Santiago anwesenden Führern der Kongreßpartei zu. Der Zwischenfall bot den Anlaß zum Abbruch der damaligen Friedent⸗ verhandlungen.

Argentinien. Der Senat besteht einem Wolff'schen Telegramm aus Buenos Aires vom 19. d. M. zufolge, gleichwie die Deputirtenkammer gegenüber dem Veto des Präͤ⸗ sidenten auf seinem Votum, betreffend das dreimonatliche Moratorium.

Salvador. Ein Telegramm der „A. C.“ aus Mexiko besagt, daß der Kongreß von Salvador den Friedensvertrag mit Guatemala reküffizirte. Gleichzeitig wurde der von dem Präsidenten mit einer Pariser Gesellschaft abgeschlossene Ver⸗ a ber effend den Bau einer Eisenbahn nach Honduras, genehmigt.

ausführliche Mittheilung über desfsen Maßnahmen in

MW. 8. Die am Sonnabend in Rudolf Lerke's Kun st⸗ auktions haue erfolgte Versteigerung der Semäãlde⸗ Sammlung Balthasar Schmidt ernelte trotz zablreicher Be⸗ tbeiligung Seitens der Sammler und Händler keine boben Preise. Die Hauptstücke mußten fast aus nabmsses zurückgezogen werden, da für theure Stücke sich keine Käufer fanden. Nur die Mittelwaare der bolländischen Schule wurde gut bezahlt, Italiener waren absolut unverkäuflich. Eine große, van Prck zugeschriebene Ma⸗ donna mit dem Kinde kam auf 1207 ** eine Farbensfitze nach (inem Hiftorienbilde des P. P. Rubens auf 1425 ,. Jart ban der Neer s Mondschein⸗Kanallandichaft auf 1155 , ein Familienbild des Joris Schooten mit landschaftlichem Hintergrunde auf 1855 166, eine Landschaft des Salomon Rrrsdael endlich auf 15805 S6 Auch don den modernen Bildern mrßten verschierene wegen zu geringen Angebots zurückgezogen werden, die Mebrzabl wurde aber ziemlich lebhaft gesteigerf. und 3. B. ein kleines Bild von E. Zimmermann „Christas bei Maria und Martba“ bis auf 1750 4 getrieben.

Sandel und Gewerbe.

In der Reichsbank fand heute Vormittag 10 Uhr eine Sitzung des Centralausschüsses Ratt. Nach der Mit⸗ theilung des Reichsbank-Prässtdenten ist zwar die Anlage, welche in der entsprechenden Woche der beiden letzten Vorjahre bereits im Steigen begriffen war, zurückgegangen und der Metallvorrath gestiegen, sodaß die Noten am f) d. M. mit 56 Millionen Mark überdeckt waren. Auch die fremden Wechsel⸗ course sind nicht ungünstig. Gleichwohl aber müsse, so führte der Präsident aus, die Reichs bankverwaltung Bedenken iragen, nach dem Beispiel der Bank von England ihren Diskontsatz zu ermäßigen. Denn wir näherten uns dem Schlusse des Halbjahrs, welcher erfahrungsmäßig erhöhte An⸗ sprüche mit sich bringe. Der Privatdiskont steße berécits der offiziellen Rate nicht mehr fern. Ueberdies befänden sich unter den fremden Geldern große Posten von Reichs⸗ und Staatsgeldern, welche der Reichsbank vermuthlich zum Theil bald entzogen werden würden. Wider ipruch gegen diese Aus⸗ führungen wurde nicht erhoben. Schließlich wursen einige Stadt-Anleihen zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Am Sonnabend wurde das Schauspiel Graf Waldemar Bon. Gustas Freytag mit Ludwig Barnar in der Titelrolle und Friedrich Mitterwurzer als Fürst Udaschkin gegeben und fand vor dem gutbesetzten Hause dieselbe freundliche Aufna me, die man seit etwa vierzig Jabren bei diefem Stück gewöhnt ist und die bei der vorttefflichen Besetzung umsomehr zu erwarten war. Dieses Mal sollte die Vorstellung einem stalentvollen FGast, Ida Bauer, ven den vereinigten Theatern in Gram, Gelegenheit geben, sich in der darkbaren Rolle der Gãrtners⸗ tochter Gertrud Hiller. bei den Bejuchern des Berliner Theaters einzuführen. Mit anmuthiger Liebenswäürdigkeit zeigte sie sich in der bescheidenen Häuslichkeit als Pflegerin des alten Vaters und als Erzieberin des ihr von der verschwundenen Freundin über⸗ lassenen siebenjährigen Knaben Hans, würdeboll treat sie dem Vater des Kindes, dem Grafen Waldemar, entgegen, als ie ihn ermahnte an seine bis dahin vernachlässigten Vaterpflichten, würderoll Hlich sie auch, als sie sich von ibm geliebt wußte und ihre eigene erwachende Neigung bekämpfte, ebenso verdient ihre Haltung der Neben— bublerin, der Fürstin daschkin, gegenüber, die sich als die todtgeglaubte Freundin und als die immer noch von glühender Leidenschaft für den Grafen Waldemar erfüllte Mutter ihres Pflegesobns zu erkennen gab, volle Anerkennung, die auch in lebhaften sympathischen Beifallsbezeugungen der Zuschauer wiederholt zum Ausdruck kam. Doch mag trotz der Sierdeit des Spiels zum Schluß nickt unerwähnt bleiben, daß man in Ida Bauer nicht eine in jeder Beziehung vollendete, wobl aber eine zu den besten Erwartungen herechtigende Künftlerin vor sich bat, deren Organ noch einiger Schulung bedarf, die bei der vortrefflichen Leitung des Berliner Theaters in kürzester Zeit gewiß von dem besten Erfolg begleitet sein wird Nuscha Butze war wie immer hervorragend als Fürstin Udaschlin, wahrend Arthur Weinschenk als Hans hübsche Be⸗

gabung zeigte. Kroll's Theater.

Fr. Mareella Sembrlch sang am Sonnabend vor dem Ber— liner Publikum zum ersten Mal die Titelrolle in Gounod' s Margarethe“ und wurde auch bei dieser Gelegenheit in der üblichen Weise mit Blumen und lebhaften Beifalls bezeugungen über⸗ schüttet. Die gefeierte Sängerin wurde auch dieser Partie in jeder Beziehung künstlerisch gerecht; ihre Auffassung der Rolle war klar und wirkungsvoll, der Stimmklang wohllautend, die Tongebung leicht und der Vortrag voll Anmut Jedoch stand in den ersten Akten das schauspielerische Element nicht ganz im Einklang mit der hoch ausgebildeten Sangeskunst. Der ein= fachen, schlichten Natur der Künstlerin entspricht die Koketterie der französischen Margarethe wenig, und so machte die Heldin der ersten Scenen und Akte weniger den Eindruck eines von frischemn Leben durchglühten Menschenkindes, als den einer zwar gefälligen aber doch etwas konventionellen Büähnengestalt. Der Gesang mit italienisch gesprochenem Text eischien wobl nur Aus diesem Grunde zum Beginn weniger lebendig und von weniger tiefer Empfindung getragen, als man es bei der vorzüglicken Künstlerin ge · wöhnt ist, der Vortrag des „König von Thule“ brachte nicht die er— wartete große Wirkung hervor, und die ersten Beifallsstürme wurden durch die glänzende virtuose Wiedergabe des Schmuckwalzers ent— fesselt, dessen Schlußsatz auch wiederholt werden mußte. Die wirkliche Ausdrucksfäbigkeit und Schönheit der Stimme und der Gesangeskunst der Fr. Sembrich entfaltete sich erst in der Kerkerscene zu voller Blüthe; da, wo eine natürliche, tief gehende Empfindung musikalisch zum Aus- druck gebracht werden soll, besitzt ihr edles Organ die Macht seelen - voller Gestaltung in seltenem Maße. Die Hervorrufe am Schluß der Oper wollten denn auch gar kein Ende nehmen und veranlaßten die Künstlerin, nech unzäblige Male vor den Zuhörern und Zuschauern zu erscheinen.

Hr, Birrenkoven bot als Faust eine recht erfreuliche Leistung durch die schönen Gesangsmittel, über welche er verfügt; diefe gute Wirkung wäre durch größere Freiheit des Spiels noch erböht worden. Die tüchtige Wiedergabe des Valentin durch Hen. Fricke ist schon ötter lobend hervorgehoben worden, ebenso die durchaus befriedigende Darstellung des Mephisto durch Hrn. Riechmann. Weniger be⸗ friedigte en Kienemund als Siebel wegen nicht ganz ficheren Tonansatzes und starken Vibrirens der Stimme.

Im Wallner-Thegter gebt morgen „Der verlorene Sohn“ um fünfundzroanzigsten Mal, in Scene und bleibt nur noch die laufende Woche bis einschließlich Sonntag auf dem Spielplan.

Marcela Sembrich's bedeutsarnes . im Kroll'schen Theater, welches mocgen noch anmal die Traviata‘ bringt, Bird in der nüchsten Woche seinen Abschluß finden. Lola Beeth tritt am Mitnmwoch als Recha in der Jüdin“ auf.

Mannigfaltiges.

Der unter dem Protektorat Ihrer Majestãt der Kaise rin . iedrich f. ehende Verein . Rittoriakaus für Krankenpflege! elt gestern unter Vorsitz des Staats. Ministers Dr. Delbrück im Reichstags gebäude die 5. Jabresversammlung ab. Der Verein bat im L. Jabre sein Arbeitsfeld bedeutend erweitern können. Von den

Pavillons des neuen städtischen Krankenbauses am Urban sind wei