1891 / 174 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Jul 1891 18:00:01 GMT) scan diff

In dem gleichen Verhältnisse steht der Gemeindevorsteher in der Provinz Posen zu dem Distriktskommissarius.

Der Gemeindevorsteher hat vermöge dessen das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein sofortiges polizeiliches Einschreiten . macht, das dazu Erforderliche vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen.

§. 91.

Der Gemeindevorsteher hat insbesondere das Recht und die Pflicht:

1) der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den Vorschriften des 5§. 127 der Strafprozeß— ordnung für das Deutsche Reich vom 1. Februar 1877 (Reichs⸗Gesetzbl. Seite 258 und des §8. 6 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850 (Gesetz⸗Samml. Seite 45),

2) die unter Polizeiaufsicht stehenden Personen zu beauf— sichtigen, .

3) die ihm von dem Amtsvorsteher (Distriktskommissarius), der Staats- oder Amtsanwaltschaft aufgetragenen polizeilichen Maßregeln auszuführen und Verhandlungen aufzunehmen,

4) die in den 88. 8 ff. des Gesetzes über die Aufnahme

neu anziehender Personen vom 31. Dezember 1842 (Gesetz⸗ Samml. 1843 Seite 5) vorgeschriebene Meldung entgegen⸗ zunehmen.

Siebenter Abschnitt.

Aufhebung der mit dem Besitze gewisser Grund— stücke verbundenen Berechtigung und Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzenamtes.

§. 92.

Die mit dem Besitze gewisser Grundstücke verbundene Be— rechtigung und Verpflichtung zur Verwaltung des Schulzen— (Richter⸗ Amtes ist von dem Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes ab auch in der Provinz Posen aufgehoben.

8. 93.

In Folge der Aufhebung der im 8. 92 gedachten Be— rechtigung und Verpflichtung treten auch diejenigen Festsetzungen außer Kraft, welche in Folge der Zerstückelung von Lehn⸗- und Erbschulzengütern nach §. 16 des Gesetzes vom 3. Januar 1845 (Gesetz⸗Samml. S. 25) über die Verbindung der Verwaltung des Schulzenamtes mit dem Besitze eines der Theile des zerstückelten Grundstücks oder die Ausweisung eines aus— ömmlichen Schulzengehaltes in Grundstücken oder in Geld und die Vertheilung des Geldbeitrages auf die einzelnen Trennstücksbesitzer getroffen worden sind.

8. 94.

Grundstücke, Gerechtigkeiten und Einkünfte, welche den Schulzengutsbesitzern erweislich von der Gemeinde selbst für die Amtsverwaltung verliehen sind, fallen an die Gemeinde zurück.

8. 95

Ebenso hören diejenigen Vorrechte und Befreiungen auf, welche dem Schulzengutsbesitzer für die Verwaltung des Schulzenamtes in Beziehung auf die aus dem Kommunal— verbande oder aus anderen Herk inder 3. B. dem Kirchen- und Schulverbande, entspringenden Dienste und Abgaben der Gemeinde oder deren Mitgliedern gegenüber bisher zustanden.

Auf weitere Vergütigungen hat die Gemeinde keinen

Anspruch. S. 96.

Die Beziehungen zwischen dem Besitzer des Schulzenguts und dritten Personen werden von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt.

In keinem Falle können jedoch Grundstücke, Gerechtig— keiten oder Befreiungen, welche dem Schulzengute, wenngleich mit Beziehung auf die dem Besitzer zustehende . des Schulzenamtes, von Dritten, insbesondere von dem Landes—

errn oder von Gerichts- oder Gutsherren, sei es bei der Fundation des Schulzenguts oder später, ohne ausdrücklichen zorbehalt des Widerrufs verliehen worden sind, sowie die etwa an Stelle der verliehenen Gerechtigkeiten und Freiheiten etretenen Landabfindungen oder sonstigen Entschädigungen von en Verleihern oder deren Rechtsnachfolgern in Anspruch ge— nommen und zurückgefordert werden. Dieselben verbleiben vielmehr dem Schulzengutsbesitzer auch nach Aufhebung der mit dem Schulzengute verbundenen Amtsverwaltung.

§. 97.

Die nach den §5§. 94 und 95 etwa erforderliche Aus— einandersetzung zwischen der Gemeinde und dem Schulzenguts— besitzer wird durch einen von dem Kreisausschusse zu ernennen— den Kommissarius bewirkt.

Der über die Auseinandersetzung aufzunehmende Rezeß unterliegt der Prüfung und Bestätigung des Kreisausschusses. 8. 98.

Entstehen bei dem Auseinandersetzungsverfahren (8. 97) Streitigkeiten darüber, ob mit einem Grundstücke die Ver⸗ pflichtung zur Verwaltung des Schulzenamtes verbunden ist, oder ob und welche Grundstücke, Gerechtigkeiten, Vorrechte oder Befreiungen der in den 58. 94 und ö gedachten Art zurück— . oder aufzuheben sind, oder wird die Vollziehung es Rezesses von den Betheiligten verweigert, oder die Bestäti⸗ gung (58. 97 Abs. 2) von dem Kreisausschusse versagt, so sind ie Verhandlungen zum weiteren Verfahren und zur Entschei⸗ dung an die betreffende Auseinandersetzungsbehörde (General— kommission) abzugeben.

Gegen die Entscheidung der Generalkommission findet die Berufung an das Oberlandeskulturgericht statt, welches end—⸗ gültig entscheidet. .

Vor der Entscheidung in erster und zweiter Instanz ist das Gutachten des Kreisausschusses einzuholen und den Be— theiligten zur Erklärung mitzutheilen.

8. 99.

Ist das Auseinandersetzungsverfahren zufolge 8. 98 auf die k übergegangen, so steht dieser Behörde auch die Aufnahme, Prüfüng und Bestätigung des Rezesses zu.

8. 100.

In Betreff des Verfahrens (58. 97 bis 99), sowie der Wirkung und Ausführung der Rezesse, gelten die hinsichtlich der Abloͤsung der Reallasten und der , der guts⸗ herrlichen Verhältnisse bestehenden Vorschriften.

8. 101.

Zu den Kosten, welche die Ausführung der in . Gesetze den Kreisausschüssen und deren Kommissiarien über— tragenen Geschäfte verursacht, haben die Gemeinden und die Schulzengutsbesitzer nichts beizutragen.

Für das i ,. bei den Auseinandersetzungsbehörden gelten die für dieselben bestehenden Kostenbestimmungen.

Achter Abschnitt.

Geschäfte der Gemeinde versa mmlung und Gemeinde— vertretung. S. 102.

Die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) hat über alle Gemeindeangelegenheiten zu beschließen, soweit diese nicht durch das Gesetz dem Gemeindevorsteher (Gemeindevorstand) ausschließlich überwiesen sind. Ueber andere Angelegenheiten darf die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) nur dann berathen, wenn solche durch besondere Gesetze oder in einzelnen Fällen durch Aufträge der Aufsichtsbehörde an sie gewiesen sind.

Wo eine Gemeindevertretung besteht, sind die Gemeinde⸗ verordneten an keinerlei Instruktlon oder Aufträge der Wähler gebunden.

8. 103.

Die Gemeindeversammlungl w überwacht die Verwaltung; sie ist berechtigt, sich von der Ausführung ihrer Beschlüsse, von dem Eingange und der Verwendung aller Einnahmen der Gemeindekasse, sowie von der gehörigen Aus⸗ führung der Gemeindearbeiten Ueberzeugung zu verschaffen; sie darf jedoch ihre Beschlüsse niemals selbst zur Ausführung bringen.

8. 104.

Die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) ist zu⸗ sammen zu bexufen, so oft ihre Geschäfte es erfordern.

Die Zusämmenberufung erfolgt unter Angabe der Gegen⸗ stände der Berathung durch den Gemeindevorsteher; sie muß erfolgen, wenn es von einem Viertel der Mitglieder verlangt wird.

Die Art und Weise der Zusammenberufung wird durch die Ortsverfassung bestimmt. Mit Ausnahme dringender Fälle müssen zwischen der Zusammenberufung und dem Verhandlungs⸗ termine mindestens zwei Tage frei bleiben.

Die Versammlungen sollen in der Regel nicht in Wirths— häusern oder Schänken abgehalten werden.

S. 105.

Für die Gemeindevertretung können durch Beschluß der— selben regelmäßige Sitzungstage festgesetzt werden; es müssen jedoch auch dann die Gegenstände der Berathung, und zwar mit Ausnahme dringender Fälle mindestens zwei Tage vorher den Mitgliedern der Versammlung angezeigt werden.

8. 106.

Die Gemeindeversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als 14 der stimmberechtigten Gemeindemitglieder anwesend ist.

Für die Gemeindevertretung bedarf es der Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder derselben.

In beiden Fällen bedarf es bei der Vorladung des Hin⸗ weises darauf, daß die Nichtanwesenden sich den gefaßten Be⸗ schlüssen zu unterwerfen haben.

Wird die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) zum zweiten Male zur Berathung über denselben Gegenstand zu⸗ sammenberufen, so sind die erschienenen Mitglieder ohne Rück— sicht auf ihre Anzahl beschlußfähig. Bei der zweiten Zusammen— berufung muß auf diese Bestimmung ausdrücklich hingewiesen werden.

.

Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die der Stimmabgabe sich enthaltenden Mitglieder werden zwar als anwesend betrachtet; die Stimmenmehrheit wird jedoch lediglich nach der Zahl der abgegebenen Stimmen fest— gestellt.

§. 108.

An Verhandlungen über Rechte und Verpflichtungen der Gemeinde darf derjenige nicht Theil nehmen, dessen Interesse mit dem der Gemeinde im Widerspruche steht. Kann wegen dieser Ausschließung ein gültiger Beschluß nicht gefaßt werden, so beschließt an Stelle der Gemeindeversammlung (Gemeinde— vertretung) der Kreisausschuß.

8. 109.

Bei den Sitzungen der Gemeindeversammlung (Gemeinde— vertretung) findet beschränkte Oeffentlichkeit statt. Denselben können als Zuhörer alle zu den Gemeindeabgaben heran— gezogenen männlichen großjährigen Personen beiwohnen, welche sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befinden und Gemfindea nge höͤrige (68. 3 oder Stimmberechtigte auf Grund des 5. 45 Absatz 1 oder Vertreter von Stimmberechtigten (8. 45 Nr. 1, 2 und 4) sind. Für einzelne Gegenstände kann durch besonderen Beschluß, welcher in geheimer Sitzung gefaßt wird, die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden. Das Ortsstatut kann Bestimmung darüber treffen, daß die Sitzungen mit An— gabe der Tagesordnung in ortsüblicher Weise vorher bekannt zu machen sind.

8. 110.

Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen, eröffnet und schließt die Sitzungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung.

Er kann jeden Zuhörer, welcher Störung irgend einer Art verursucht, aus dem Sitzungszimmer entfernen lassen.

5 16.

Die Beschlüsse der Gemeindeversammlung (Gemeinde— vertretung) sind in ein besonderes Buch einzutragen und von dem Vorsitzenden, sowie wenigstens zwei stimmberechtigten Mit— gliedern der Versammlung zu unterzeichnen.

. 1

Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß unentschuldigtes Ausbleiben aus den Versammlungen der Gemeindevertretung, sowie ordnungswidriges Benehmen in diesen Versammlungen oder in der Gemeindeversammlung für das betreffende Mit⸗ glied eine in die Gemeindekasse fließen de Geldstrafe von JL bis 3 „S6 nach sich ziehen, und daß im Wiederholungsfalle, nach Lage der Sache, Ausschließung aus der Versammlung auf eine gewisse Deit bis auf die Dauer eines Jahres, ver— hängt werde. Ueber die Verhängung dieser Strafen beschließt die Gemeindevertretung (Gemeindeversammlung). Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. Die Klage steht auch dem . zu.

ö Die Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) beschließt über die Verwaltung und Benutzung des Gemeindevermögens

G88. 68 ff). 5664

Zur Veräußerung oder wesentlichen Veränderung von Sachen, welche einen besonderen nn,. historischen oder Kunstwerth haben, ist die Genehmigung des Regierungs⸗ Präsidenten erforderlich.

Zur Veräußerung von Grundstücken oder solchen . tigkeiten, welche den Grundstücken gesetzlich gleich⸗ gestellt sind,

zu einseitigen Verzichtleistungen und Schenkungen,

zu Anleihen, durch welche die Gemeinde mit einem Schuldenstande belastet, oder der vorhandene ver⸗ größert wird,

zur neuen Belastung der Gemeindeangehörigen ohne ge⸗ setzliche Verpflichtung,

zu Veränderungen im Genusse der Gemeindenutzungen

bedarf es der Genehmigung des Kreisausschusses. 115

R O.

Die Veräußerung von Grundstücken darf der Regel nach nur im Wege des öffentlichen Meistgebotes stattfinden.

Zur Gültigkeit einer solchen Veräußerung gehört:

I) die Vorlegung eines beglaubigten Auszuges aus der Grundsteuermutterrolle,

2) eine ortsübliche Bekanntmachung,

3) die einmalige Bekanntmachung durch das für die amtlichen Bekanntmachungen des Landraths bestimmte Blatt Kreisblatt),

4) eine Frist von vier Wochen von der Bekanntmachung bis zum Verkaufstermin,

5) die Abhaltung der Verkaufsverhandlung durch den a, ,, oder einen Justizbeamten.

Der im Absatz 2 unter Nr. 3 vorgeschriebenen Bekannt⸗ machung bedarf es nicht, wenn der Grundsteuer⸗Reinertrag des Grundstücks 6 ( nicht übersteigt.

Liegt diese Voraussetzung (Absatz 3) vor, oder erachtet der Kreisausschuß den Vortheil der Gemeinde für gewahrt, so kann ein Verkauf aus freier Hand oder ein Tausch stattfinden.

Das Ergebniß des Verkaufes ist in allen Fällen der Gemeinde⸗ versammlung (Gemeindevertretung) mitzutheilen; der Zuschlag kann nur mit deren Genehmigung ertheilt werden.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf Verkäufe von Realberechtigungen Anwendung, wobei außerdem die Auf— nahme einer Taxe in allen Fällen nothwendig ist.

Für die Eintragung im Grundbuche genügt zum Nach— weise, daß der Vorschrift dieses Paragraphen genügt worden ist, die Bestätigung des Vertrages durch den Kreisausschuß.

§. 116.

Die Verpachtung von Grundstücken und Gerechtsamen der Gemeinden muß im Wege des öffentlichen Meistgebotes geschehen. Ausnahmen hiervon können durch den Kreis— ausschuß gestattet werden.

Neunter Abschnitt. Besoldete Gemeindebeamte, deren Gehälter und Pensionen. 8. 117.

Die Landgemeinden sind befugt, die Anstellung besoldeter Gemeindebeamken für einzelne Dienstzweige oder Dlenstverrich⸗ tungen zu beschließen.

8 118.

Ueber die Gehalts- und Pensionsverhältnisse dieser Beamten kann durch Ortsstatut Bestimmung getroffen werden.

Auf Antrag der Betheiligten beschließt der Kreisausschuß über die Festsetzung der Besoldungen und sonstigen Dienst— bezüge von Gemeindebeamten.

Ueber streitige Pensionsansprüche der besoldeten Gemeinde⸗ beamten beschließt der Kreisausschuß, und zwar, soweit der Beschluß sich darauf erstreckt, welcher Theil des Dienstein⸗ kommens bei Feststellung der Pensionsansprüche als Gehalt anzusehen ist, vorbehaltlich der den Betheiligten gegen einander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren, im Uebrigen vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar.

Zehnter Abschnitt. Gemeindehaushalt.

8. 119.

Ueber alle Einnahmen und Ausgaben, welche sich im Voraus veranschlagen lassen, entwirft der Gemeindevorsteher Gr ner n für das Rechnungsjahr oder für eine längere, von der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) festzusetzende Rechnungsperiode, welche jedoch die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen darf, einen Voranschlag.

Der Entwurf ist während zwei Wochen nach vorheriger Bekanntmachung in einem von der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) zu bestimmenden Raume zur Einsicht aller Gemeindeangehörigen auszulegen.

Nach Ablauf dieser Frist erfolgt die Feststellung des Vor⸗ anschlages durch die Gemeindeversammlung (Gemeinde— vertretung).

Diese Feststellung ist vor Beginn des neuen Rechnungs— jahres oder der neuen Rechnungsperiode zu bewirken. Der Gemeindevorsteher hat eine Abschrift des festgesetzten Vor⸗ anschlages dem Vorsitzenden des Kreisausschusses einzureichen.

Der Gemeindehaushalt ist nach dem Voranschlage zu führen. Alle Gemeindeeinkünfte müssen zur Gemeindekasse gebracht werden. Ausgaben, welche außerhalb des Voranschlages k sollen, oder über deren Verwendung besondere

eschlußfassung vorbehalten ist, sowie Ueberschreitungen des Voranschlages bedürfen der vorherigen Genehmigung der Ge— meindeversammlung (Gemeindevertretung).

Durch Beschluß des Kreisausschusses kann einzelnen Ge⸗ meinden die Festseßung eines Voranschlages nachgelassen werden, wenn deren Verhaͤltnisse dies unbedenklich erscheinen lassen.

120

Ueber alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde muß ein . Vorschrift angelegtes Gemeinderechnungsbuch geführt werden.

Die Gemeinderechnung ist binnen drei Monaten nach dem Schlusse des Rechnungsjahres der Gemeindeversammlung (Ge⸗ meindevertretung) zur Prüfung, Feststellung und Entlastung vorzulegen.

Wo ein besonderer Gemeindeeinnehmer bestellt ist, erfolgt die Einreichung der Rechnung zunächst an den Gemeindevor— steher (Gemeindevorstand), welcher sie einer Vorprüfung zu unterziehen und, mit seinen Erinnerungen versehen, der Ge— meindeversammlung (Gemeindevertretung) vorzulegen hat.

Die Feststellung der Rechnung muß innerhalb drei Mo— naten 3. Vorlegung der Gemein k,. bewirkt sein. Nach erfolgter Feststellung ist die Rechnung während eines Zeitraumes von zwei Wochen zur Einsicht der Gemeinde⸗ angehörigen auszulegen. ;

Dem , ,, des Kreisausschusses ist eine Abschrift des Feststellungsbeschlusses sofort einzureichen.

Dem Kreisausschusse liegt die Revision der Gemeinde⸗ rechnungen ob, welche alljährlich bei mehreren Gemeinden des Kreises zu erfolgen hat.

8. 121. Der Kreisausschuß beschließt: I) an Stelle der Aufsichtsbehörde über die Feststellung

und den hn. der bei Kassen und anderen Verwaltungen der Landgemeinden vorkommenden Defekte nach Maßgabe der Ver⸗ ordnüng vom 24. Januar 1814 (GesetzSamml. S. 527.

Der Beschluß ist vorbehaltlich des ordentlichen Rechts⸗ weges endgültig; .

2) über die Art der gerichtlichen Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen gegen Landgemeinden (8. 15 zu 4 des Einführungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877, Reichs⸗Gesetzblatt S. 244).

Dritter Titel. Selbständige Gutsbezirke. S. 122.

Für den Bereich eines selbständigen Gutsbezirks ist der Besitzer des Guts zu den Pflichten und Leistungen, welche den Gemeinden für den Bereich ihres Gemeindebezirks im öffent⸗ lichen Interesse gesetzlich obliegen, mit den hinsichtlich einzelner . Teistungen aus den Gesetzen folgenden Maßgaben ver—

unden.

Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend die Heran⸗ ziehung oder die Veranlagung von Grundbesitzern und Ein⸗ wohnern eines Gutsbezirks zu den öffentlichen Lasten desselben, finden die Bestimmungen im 8. 38 dieses Gesetzes sinngemäße Anwendung.

8. 123.

Der Besitzer eines selbständigen Guts hat insbesondere die in den 85§. 90 und 91 i, en obrigkeitlichen Befug⸗ nisse und Pflichten entweder in Person oder durch einen von ihm zu bestellenden, zur Uebernahme des Amts als Guts⸗ vorsteher befähigten Stellvertreter auszuüben. Der letztere muß seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe haben.

Es können jedoch auch außer dem im 58. St Absatz 4 vor⸗ gesehenen Falle seitens des Besitzers des Guts sämmtliche oder einzelne Gutsvorstehergeschäfte an den Vorsteher einer benach— barten Gemeinde unter Beider Zustimmung gegen eine an— gemessene Entschädigung übertragen werden.

Ehefrauen werden rücksichtlich der angeführten Rechte und Pflichten durch ihren Ehemann, Kinder unter väterlicher Ge⸗ walt durch ihren Vater und bevormundete Personen durch ihren Vormund oder Pfleger vertreten.

8. 124.

Die Bestellung eines Stellvertreters muß erfolgen, wenn:

I) das Gut unberheiratheten oder verwittweten Besitzerinnen, einer juristischen Person, einer Aktiengesellschaft, einer Kom— manditgesellschaft auf Aktien, einer Berggewerkschaft oder einer eingetragenen Genossenschaft gehört, oder wenn mehrere Be— sitzer sich nicht darüber einigen, wer von ihnen die Geschäfte des Gutsvorstehers wahrnehmen soll,

2) der Gutsbesitzer kein Angehöriger des Deutschen Reiches ist,

3) derselbe nicht seinen beständigen Aufenthalt im Guts— bezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe hat

oder

4) wegen Krankheit oder aus anderen in seiner Person liegenden Gründen außer Stande ist, die Pflichten eines Guts— vorstehers zu erfüllen.

Auf den Antrag des Gutsbesitzers kann ein Stell vertreter für den ernannten Gutsvorsteher bestellt werden, welcher in Fällen der Behinderung des letzteren die Gutsvorstehergeschäfte wahrzunehmen hat.

Für die von dem Hauptgute entfernt belegenen Theile eines selbständigen Gutsbezirkes kann von dem Kreisausschusse die Bestellung besonderer Stellvertreter angeordnet werden, sofern dies für eine ordnungsmäßige örtliche Verwaltung er— forderlich ist.

8. 125.

Der Gutsbesitzer, sowie dessen Stellvertreter werden in der Eigenschaft als Gutsvorsteher von dem Landrathe bestätigt. Die Bestätigung kann nur unter Zustimmung des Kreis— ausschusses versagt werden. .

Der Gutsvorsteher wird vor seinem Amtsantritte von dem Landrathe oder in dessen Auftrage von dem Amtsvorsteher (Distriktskommissarius) vereidigt.

8. 126.

Unterläßt der Besitzer des Guts in den im 58. 124 ange— gebenen Fällen oder wenn ihm die Bestätigung als Guts— vorsteher versagt worden ist, die Bestellung eines Stellver⸗ treters, oder befindet er sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte, oder ist er in Konkurs verfallen, so steht dem Tandrathe unter Zustimmung des Kreisausschusses die Er— nennung des Stellvertreters auf Kosten des Besitzers zu.

§. 127.

Ueber die Festsetzung der dem stellvertretenden Guts— vorsteher in den Fällen des 8. 126 zu gewährenden Vergütung beschließt der Kreisausschuß.

Vierter Vittel.

Verbindung nachbarlich belegener Gemeinden und selbständiger Gutsbezirke ehufs gemeinsamer Wahrnehmung kommunaler Angelegenheiten.

§. 128.

Landgemeinden und Gutsbezirke können mit nachbarlich belegenen Landgemeinden oder Gutsbezirken zur Wahrnehmung einzelner kommunaler An , nach Anhörung der be⸗ thelligten Gemeinden und Gutsbesitzer durch Beschluß des Kreis⸗ ne n verbunden werden, wenn die Betheiligten damit ein— verstanden sind.

Wenn ein Einverständniß der Betheiligten nicht zu erzielen ist, kann, sofern das öffentliche Interesse dies erheischt, die Bil⸗ dung eines solchen Verbandes durch den Oberpräsidenten er⸗ folgen, nachdem die Zustimmung der Betheiligten im Beschluß⸗ verfahren durch den Kreisausschuß ersetzt worden ist.

Vorstehende Bestimmungen finden auf die Fälle der Ver⸗ änderung der Verbände in . Zusammensetzung sowie der Auflösung derselben ö e Anwendung.

. 129.

Bei der Bildung dieser Verbände ist auf die sonst be⸗ tehenden Verbände (Amtsbezirke, Kirchspiele, Schul- Wegebau⸗,

rmenverbände u. z w.) thunlichst Rücksicht zu nehmen.

ü 6. ö die . Verbänden auf ihren ,, mit he . migung die? öffentli örperschaften bei⸗

1. en, ne, gung Rechte öffentlicher perschaft

S. 130

. I30. Ueber die in Folge einer solchen Verbindung oder in Folge einer Aenderung der Zusammenfetzung oder elner Auflöͤsung der Verbände nothwendig werdende Regelung der Verhältnisse ,. den de ten beschließt der Kreisausschuß vor⸗

haltlich der denselben gegen einander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren.

Bei dieser Regelung sind erforderlichen Falles Bestimmungen zur Ausgleichung der öffentlich⸗rechtlichen Interessen der Ver⸗ bandsmitglieder zu treffen. Insbesondere können einzelne Ge⸗ meinden oder Gutsbezirke zu Vorausleistungen verpflichtet werden, wenn diejenigen, mit welchen sie verbunden werden sollen, für gewisse Verbandszwecke bereits vor der Verbindung für sich allein in genügender Weise Fürsorge getroffen haben oder aus anderen Gründen nur einen geringeren Vortheil von der Verbindung haben. .

. . §. 131.

Die nach Maßgabe des 5. 128 gebildeten Verbände sind berechtigt, die Ausführung der in ihrem gemeinsamen Interesse liegenden Maßnahmen und Veranstaltungen auf gemeinsame Losten zu beschließen. Sie bilden in den Fällen, wo die Fürsorge für die öffentliche Armenpflege von ihnen über— nommen oder ihnen auferlegt wird, Gesammtarmenverbände im Sinne des 8. 12 des Gesetzes vom 8. März 1871 (Gesetz⸗ Samml. S. 130). Auf die bereits bestehenden Gesammt— armenverbände finden die Bestimmungen dieses Titels fortan sinngemäße Anwendung.

Im Uebrigen werden die Rechtsverhältnisse der Verbände durch ein Statut geregelt, welches von den Betheiligten im Wege freier Vereinbarung festzustellen ist und der Bestätigung des Kreisausschusses unterliegt. ;

8 133.

Das Statut muß enthalten:

. 1) die Bezeichnung derjenigen Gemeinden und selbstän— digen Gutsbezirke, welche den Verband bilden,

2) die Bezeichnung der von dem Verbande wahrzunehmen— den Angelegenheiten, ö

3) die Benennung des Verbandes und die Angabe des Ortes, wo dessen Verwaltung geführt wird,

4) die Festsetzung der Art und Weise, in welcher über die gemeinsamen Angelegenheiten des Verbandes Beschluß ge— n. wird, . ;

5) eine Bestimmung über die Wahl oder die sonstige Art der Berufung des Verbandsvorstehers, sowie über die Vertre— tung des Verbandes nach Außen,

s) die Bestimmung des Maßstabes für die Vertheilung der Beiträge zu den gemeinsamen Ausgaben auf die Verbands— mitglieder.

Das Statut ist durch das Regierungsamtsblatt und das Kreisblatt (8. 115 Nr. 3) zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Außerdem bleibt es der Beschlußfassung der einzelnen Ver— bände überlassen, weiter noch die Bekanntmachung des Statuts auf anderem Wege anzuordnen.

8. 133.

Verbandsvorsteher können nur solche Personen sein, bei welchen die Voraussetzungen zur Uebernahme des Amtes als Gemeinde- oder Gutsvorsteher vorliegen.

Vertreter von Gemeinden können nur die zur Uebernahme des Amts als Gemeindeverordneter in denselben befähigten Personen sein.

Selbständige Gutsbezirke werden durch den Besitzer des Gutes, im Falle des 8. 124 zu 1,2 und 4 und 8. 126 durch den Stellvertreter desselben vertreten.

8. 134.

Die Wahl des Verbandsvorstehers bedarf, wenn der Ge— wählte nicht zugleich Gemeinde⸗, Guts- oder Amtsvorsteher ist, der Bestätigung durch den Landrath unter sinngemäßer An— wendung der Bestimmungen des 8. 584 dieses Gesetzes.

Wird gegen die Gültigkeit der Wahl eines Verbandsvorstehers, welcher nach der vorstehenden Bestimmung einer besonderen ö nicht bedarf, Einspruch erhoben, so entscheidet hier— über die Versammlung der Verbandsmitglieder. Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt.

8. 135.

Den einzelnen Gemeinden bleibt die Aufbringung ihrer Antheile an den gemeinsamen Ausgaben nach Maßgabe ihrer Verfassung überlassen.

8. 136.

Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend

1) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Ein— richtungen und Anstalten des Verbandes,

2) der Heranziehung der einzelnen Gemeinden und selbst— . Gutsbezirke zu den Beiträgen für Verbands— zwecke,

beschließt der Verbandsvorsteher. Die Rechtsmittel und das Verfahren regeln sich nach S. 9 und 38. 38. 546.

Kommt ein Statut durch freie Vereinbarung der Bethei⸗— ligten nicht zu Stande, so ist dasselbe nach Anhörung der letz— teren durch den Kreisausschuß festzusetzen. Hierbei kommen folgende Grundsätze zur Anmendung

Der Verband wird in seinen Angelegenheiten durch den Verbandsausschuß und den Verbandsvorsteher vertreten. Der letztere ist die ausführende Behörde.

Der Verbandsausschuß, welcher über alle Angelegenheiten des Verbandes zu beschließen hat, besteht aus Vertretern sämmt—⸗ licher zu dem Verbande gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke. Jede Gemeinde und jeder Gutsbezirk ist wenigstens durch einen Abgeordneten zu vertreten.

Die Vertretung der Landgemeinden in dem Verbands— ausschusse erfolgt durch den Gemeindevorsteher, die Schöffen und, wenn deren Zahl nicht ausreichen sollte, durch andere von der Gemeinde zu wählende Abgeordnete.

Die Zahl der von jeder Gemeinde zu entsendenden Ver— treter, sowie der jedem Gutsbezirke einzuräumenden Stimmen bemißt sich nach dem Gesammtbetrage der zu dem Zeitpunkte der Feststellung des Statuts in den Gemeindebezirken und von den Gutsbesitzern zu entrichtenden direkten Staatssteuern unter Mitberücksichtigung der nach Maßgabe des Gesetzes vom 27. Juli 1885 fingirt zu veranlagenden Steuersätze der in §. 1 a. 4. O. bezeichneten Personengesammtheiten, juristischen und physischen Personen. .

Der Verbandsausschuß wählt aus seiner Mitte einen Verbandsvorsteher und einen Stellvertreter desselben auf die Zeitdauer von sechs Jahren nach den für die Wahl des Ge⸗ meinde vorstehers . Vorschriften (85. 76 fz mit der Maßgabe hinsichtlich des 5. 77, daß der Verbandsausschuß aus feiner Mitte einen Wahlvorsteher wählt und von der Wahl von zwei Beisitzern Abstand nehmen kann.

Die Vertheilung der gemeinsa men Ausgaben an . nach den im 5§. 21 Absatz 2 5 die Vertheilung der Gemeinde⸗ abgaben vorgeschriebenen Grundsätzen, sofern nicht auf Grund des 5§. 130 eine andere del tig stattfindet.

Die Bestimmungen der 85. 138 - 137 finden auch auf die Verbindung von Landgemeinden oder Gutsbezirken mit Stadt⸗ gemeinden sinngemäße Anwendung mit den Maßgaben, daß

an die Stelle des Kreisausschusses der Bezirksausschuß, an die Stelle des Landraths der Regierungspräsident tritt, und daß die Vertretung der Stadtgemeinden in den Verbandsausschüssen durch den Buͤrgermeister, den Beigeordneten (zweiten Bürger meister), sonstige Magistratsmitglieder und erforderlichen Falles durch andere von der Stadtgemeinde zu wählende Abgeordnete erfolgt. Fünfter Titel. Aufsicht des Staates.

2 9r eee 8 5. 1339. *

Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der An⸗ gelegenheiten der Landgemeinden, Gutsbezirke und Gemeinde— verbände (Titel IV) wird unbeschadet der in den Gesetzen geordneten Mitwirkung des Kreisausschusses und des Bezirks— ausschusses in erster Instanz von dem Landrathe als Vor— sitzenden des Kreisausschusses, in höherer und letzter Instanz von dem Regierungspräsidenten geübt. ö

Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in den vorbezeich⸗ neten Angelegenheiten sind in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen. ;

ö §. 140.

Beschlüsse der Gemeindeversammlung, der Gemeinde— vertretung oder der Gemeindeverbände (Titel M), welche derer Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Gemeinde. oder Verbandsvorsteher, entstehenden Falles auf Anweisung der Aufsichtsbehörde, mit aufschiebender Wirkung unter Angabe der Gründe zu beanstanden. Gegen die Ver⸗ fügung des Gemeinde-(Verbands⸗ Vorstehers steht der Ge⸗ meindeversammlung (der Gemeindevertretung, der Versamm— lung der Verbandsmitglieder) die Klage im Verwaltungs— streitverfahren zu.

Die Aufsichtsbehörde ist nicht befugt, aus anderen als den vorstehend angegebenen Gründen eine Beanstandung von Be— schlüssen der Gemeindeversammlung, der Gemeindevertretung oder des Gemeindeverbandes herbeizuführen. .

8. 141.

Unterläßt oder verweigert eine Landgemeinde, ein Guts— bezirk oder ein Gemeindeverband (Titel M), die ihnen ge— setzlich obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen auf den Voranschlag zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so verfügt der Landrath unter Anführung der Gründe die Eintragung in den Voranschlag oder die Feststellung der außerordentlichen Ausgabe.

Gegen die Verfügung des Landraths steht der Gemeinde, dem Besitzer des Gutes, sowie dem Verbande die Klage bei dem Bezirksausschusse zu.

S. 142.

Durch Königliche Verordnung kann eine Gemeindever— tretung aufgelöst werden. Es ist sodann binnen sechs Wochen, vom Tage der Auflösungsverordnung ab gerechnet, eine Neu— wahl anzuordnen. Bis zur Einführung der neugewählten Ge— meindeverordneten beschließt an Stelle der Gemeindevertretung der Kreisausschuß.

8. 143.

Bezüglich der Dienstvergehen der Gemeindevorsteher, der Schöffen, der Gutsvorsteher und der Verbandsvorsteher, sowie der sonstigen Beamten der Landgemeinden, Gutsbezirke und Gemeindeverbände kommen die Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852 (Gesetz-Samml. S. 463) mit folgenden Maß— gaben zur Anwendung:

1) Die Befugniß, gegen diese Beamten Ordnungsstrafen zu verhängen, steht dem Landrathe und im Umfange des den Provinzialbehörden beigelegten Ordnungsstrafrechtes dem Re— gierungs⸗Präsidenten zu.

Gegen die Strafverfügungen des Landraths findet inner— halb zwei Wochen die Beschwerde an den Regierungspräsi⸗ denten, gegen die Strafverfügungen des Regierungspräsidenten innerhalb gleicher Frist die Beschwerde an den Oberpräsi⸗ denten statt.

2) Gegen den auf die Beschwerde in den Fällen zu 1 in letzter Instanz ergehenden Beschluß des Regierungspräsidenten oder des Oberpräsidenten findet die Klage bei dem Ober— verwaltungsgerichte statt.

3) In dem Verfahren auf Entfernung aus dem Amte wird die Einleitung des Verfahrens von dem Landrathe oder von dem Regierungspräsidenten verfügt und von denselben der Untersuchungskommissar und der Vertreter der Staats⸗ anwaltschaft ernannt. Als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz tritt an die Stelle der Bezirksregierung der Kreisausschuß; an die Stelle des Staatsministeriums tritt das Oberverwaltungsgericht. Der Vertreter der Staats⸗ anwaltschaft bei dem Oberverwaltungsgerichte wird von dem Minister des Innern ernannt.

In dem vorstehend zu 3 vorgesehenen Verfahren ist ent⸗ stehenden Falles auch über die Thatsache der Dienstunfähigkeit der ländlichen Gemeindebeamten Entscheidung zu treffen.

§. 144.

Zuständig in erster Instanz ist im Verwaltungsstreitver— fahren für die in diesem Gesetze vorgesehenen Fälle, sofern nicht im Einzelnen ein anderes bestimmt ist, der Kreisausschuß. Die JRist zur Anstellung der Klage beträgt in allen Fällen zwei Wochen.

Die Gemeindeversammlung, die Gemeindevertretung, der Gemeindevorstand und der Gemeindeverband (Titel ) können zur 1 . ihrer Rechte im Verwaltungsstreitverfahren einen besonderen Vertreter bestellen.

8. 145.

Auf Gemeindeverbände, denen eine Stadtgemeinde angehört (8. 138), finden an Stelle der 88. 139, 146, 141, 143. 144 die entsprechenden Vorschriften fur Stadtgemeinden (85. 7, 15, 19, 20, 21 des Gesetzes Über die Zuständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 (Gesetz⸗

Samml. S. 237) sinngemäße Anwendung.

Sechster Titel. Ausführungs- und Uebergangsbestimmungen. 8. 146.

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1892 in Kraft. .

Mit diesem Zeitpunkte treten alle entgegenstehenden Be⸗ stimmungen, insbesondere die 8§. 18 bis 735 Theil 11 Tit. 7 l. S.⸗R., das Gesetz, betreffend die Landgemeindeverfassungen in den sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie, vom 14. April 1856, die 85. 22 bis 45 sowie der 5. 53 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 in der Fassung vom 19. März 1881 und die * 24 bis 37 des Gesetzes über die

,, , . der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichts⸗ ehörden vom 1. August 1883 für die im 5§. 1 genannten.