Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 28. Juli. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ertheilte geslern dem Präsidenten des Reichs⸗ gerichis von Oehlschläger und dem Ober⸗Präsidenten der Provinz Sachsen von Pommer-Esche die nachgesuchte Audienz. Die genannten Herren wurden darnach auch von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin empfangen und zur Tafel gezogen. . . .
Seine Königliche Hoheit der Großherzog beabsichtigt, sich nach Bayreuth zu begeben und dort einigen Vorstellungen beizuwohnen. . .
Im Jahre 1890 sind bei dem gemeinschaftlichen Thürin⸗ gischen Ober-Landesgericht in Jeng 26 Kandidaten zur ersten, 22 zur zweiten juristischen Staatsprüfung zugelassen worden. Die erstere wurde von 16, die letztere von II Kandidaten bestanden; nicht bestanden haben 3 bezw. 1. In Jresp. 10 Fällen war die Prüfung bei Jahresschluß noch nicht beendet. Von den Kandidaten stammten 19 aus Weimar, J aus Meiningen, 7 aus Altenburg, 4 aus Cohurg-Gotha, 5 aus Rudolstadt, 1 aus Reuß ä. L, 2 aus Reuß j L., 1 aus einem anderen Staate.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Gotha, 28. Juli. Der Landtag des Herzogthums Gotha nahm heute anläßlich einer Petition des Lehrervereins den Antrag der Schulkommission: „Der Landtag wolle die Nothwendigkeit und Dringlichkeit der Aufbesserung der Lehrergehalte unter entsprechender Abänderung der gesetzlich eingeführten Gehaltsskala anerkennen und an die Herzogliche Staatsregierung das Ersuchen richten, baldthunlichst und wo⸗ möglich noch im Laufe dieses Jahres eine entsprechende Gesetzes— vorlage an den Landtag gelangen zu lassen“, einstimmig an. Eine Petition der Lehrerinnen an der Volksschule in Ohr⸗ druff um Gehaltsaufbesserung und definitive Anstellung mit Pensionsberechtigung wurde der Herzoglichen Staatsregierung zur thunlichsten Berücksichtigung bei Abänderung des Volka— schulgesetzes empfohlen.
Elsaß⸗Lothringen.
Der „Köln. Ztg.“ wird aus Elsaß Lothringen, 26. Juli, geschrieben: Angesichts der Genugthuung, mit der der „Siérle“ berichtet, es seien im Jahrgang 1890,91 unter den elsaß— lothringischen Rekruten nur 024 Proz. ohne Schulbitdung gewesen, ist es nicht uninteressant, nachzuweisen, daß dieses günstige Ergebniß einzig und allein der deutschen Schule zuzuschreiben ist. Es gab nämlich 1875. 716 noch 345 Proz., 1876,77: 3, 98 Proz, 1877/78: 2 58 Proz., 1878/79: 3,09 Proz., 1879/89: 2,23 Ptoz., 1889/81: 2, 24 Proz., 1881,82: 1,26 Proz, 1882/83: 1,ů29 Proz, 1883/84: 0, 2 Proz., 1884,85: G. 78 Proz., 1885,86: 0, 44 Proz., 1888/89: G26 Proz, 1890/91: 0,24 Proz. Analphabeten, d. h. also in letzterem Jahrgange etwa ein Dutzend unter dem über 5000 Mann zählenden elsaß-lothringischen Rekruten— kontingent. In jedem einzelnen Falle wird die Schul⸗ behörde zur Berichterstattung aufgefordert, warum die Betreffenden keinen Unterricht erhalten haben. Fast aus⸗ nahmslos stellt sich dann heraus, daß dieselben während ihres schulpflichtigen Alters mit ihren Eltern im Auslande, namentlich in Frankreich herumzogen. Lehrreich in Bezug auf den Einfluß der deutschen Schule ist es auch, daß 1877478 noch 866, 1885/86 518 und 1888,89 nur mehr 378 Rekruten — 6,9 Prozent nur in französischer Sprache Unterricht erhalten haben, eine Ziffer, die seitdem noch mehr esunken ist und etwa in einem Jahrzehnt ganz verschwunden ein wird, wenn die Erfolge der in den letzten Jahren zur Förderung des deutschsprachlichen Unterrichts getroffenen Maß⸗— nahmen zu Tage treten werden.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Wien, 28. Juli. Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este hat sich am Sonntag zur Inspizirung der 4. und 6. Escadron des 9. Husaren-Regiments nach Raab begeben.
Die Vertragsverhandlungen mit der Schweiz sind, wie ein Wolff'sches Telegramm meldet, heute wieder aufgenommen worden.
Gestern hat dem „Fremdenblatt“ zufolge eine Sitzung der Zoll- und Handelskenferenz stattgefunden, welche sich mit der Frage der Revision der österreichisch ungarisch⸗ italienischen Thierseuchen-Konvention von 1887 be— schäftigt hat.
Der Handels-Minister Marquis von Bacquehem ist in Czernowitz eingetroffen. Der Minister besichtigte das Gewerbemuseum, die Postdirektion, die Handelskammer, das Bahnbetriebsamt und die größeren industriellen Etablissements.
Großbritannien und Irland.
Der Kronprinz von Italien besuchte am Montag das Lager von Aldershot. Das regnerische Wetter ver— hinderte die beabsichtigte Abhaltung von Feldübungen; der Prinz mußte sich daher darauf beschränken, die verschiedenen Lager zu besichtigen. Von Aldershot begab sich der italienische Thronfolger, der „A. C.“ zufolge, nach Farnborough zu einem Besuche der Kaiserin Eugenie. Am Abend besuchte der Prinz die Aufführung des „Lohengrin“ in der italienischen Oper in Convent Garden. — Gestern Abend wohnte Seine Königliche Hoheit einem von dem Lordmayor im Mansionhouse veranstalteten Diner bei, an welchem etwa sechzig hervor⸗ ragende Persönlichkeiten theilnahmen. Der Lordmayor toastete auf den König und die Königin von Italien sowie den Prinzen von Neapel: Italien sei ein Gegenstand hervorragenden allge—⸗ meinen Interesses; die Engländer bewunderten das Land, welches sich seine Unabhängigkeit erworben habe, und be⸗ grüßten den Sohn des Herrschers, welcher den Frieden wünsche und die Wichtigkeit einer starken Marine anerkenne. Der Kronprinz erwiderte dem „W. T. B.“ zufolge: Der ihm bereitete Empfang werde einen unauslöschlichen Eindruck bei ihm zurücklassen; er werde seinem Königlichen Vater von diesen Sympathiebezeugungen Kenntniß geben und ersuche alle seine anwesenden Landsleute, auf das Wohl der Stadt London und des Lordmayors zu trinken. Nach dem Diner wohnte der Prinz noch einem Empfange der hervorragendsten Festtheil⸗ nehmer bei.
Im Unter hause erklärte gestern der Erste Lord der Ad⸗ miralität Lord Hamilton: der Besuch von Portsmouth durch das französische Geschwader sei ein ganz spontaner Akt desselben, zweifellos angeregt durch die angenehme Er— innerung an den jüngsten Austausch von Besuchen der beider—
Empfang des französischen Geschwaders seien daher in einem jenen Vesuchen entsprechenden Maßstabe getroffen, um den Austausch der interngtionalen Höflichkeitsakte zu kennzeichnen, zu welchen der Besuch die Gelegenheit biete.
Die Sterblichkeit unter den Mitgliedern des Unter⸗ hauses ist in diesem Jahre außerordentlich groß. Seit Januar sind 13 Abgeordnete gestorben. Aus anderen Ursachen wurden vier Mandate erledigt. Seit dem Beginn der gegen⸗ wärtigen Legislaturperiode sind 124 Ersatzwahlen nöthig ge— worden. In 57 Fällen war der Tod des bisherigen Ver⸗ treters die Ursache. Die Konservativen haben 24 Mitglieder durch Tod verloren, die Gladstonianer 17, die liberalen Unionisten 8 und die Nationalisten gleichfalls 8.
Die Admiralität hat, wie die „A. C.“ vernimmt, bei allen pensionirten Offizieren brieflich angefragt, ob sie im Falle eines Krieges oder sonstigen Noihfalls wieder in den Dienst eintreten würden. Als Belohnung werden ihnen höhere Pensionen und andere Vortheile versprochen. Die . soll bereits eine große Anzahl Zusagen empfangen aben.
Wie der Londoner Korrespondent des „Liverpool Courier“ erfährt, hat sich der mit etwaigen Verbesserungen des Maga— zingewehres betraute Ausschuß nach einjährigen Versuchen jetzt endgültig für das Magazingewehr Nr. 2 entschieden. Das selbe soll, so erklären die Mitglieder des Ausschusses, den weitgehendsten Anforderungen genügen.
Frankreich.
Paris, 28. Juli. Präsident Carnot ist heute Nach—⸗ mittag nach Fontainebleau abgereist. Von dem in den Wartehallen und auf dem Bahnsteig versammelten Publikum wurde Carnot sympathisch begrüßt. — Der Mini ster⸗Prä⸗ sident de Freycinet ist heute Vormittag nach Aix-⸗les-Bains abgereist.
Cardinal Lavigerie wurde der „Köln. Ztg.“ zufolge am Montag vom Minister des Innern Constans empfangen.
Am letzten Sonntag fanden im Park von Calais Proben mit einem lenkbaren Luftballon statt. Der Kriegs—⸗ Minister wohnte den Versuchen bei. Es handelte sich haupt— sächlich um die Vorführung einer neuen Maschine, welche bei einem sehr kleinen Gewicht große Kraft entwickelt. Sie ist in der Fabrik von Puteaux nach dem Entwurf des Majors Renard gebaut worden.
Aus Tahiti bringt der am 27. Juli in San Francisco eingetroffene Dampfer „City of Pafete“ die Nachricht von dem am 15. Juni erfolgten Tode des Königs Pomare. Frankreich annektirte die Inseln im Jahre 1880 und setzte dem König Pomare ein Jahrgehalt von 12000 Doll. aus; gleichzeitig wurde abgemacht, daß die Königswürde im Falle des Ablebens des Königs erlöschen solle. Die Regierung hat dem Thronfolger Prinzen Hinri ein Geschenk von 12000 Fr. gemacht.
Rußland und Polen.
Wie bereits telegraphisch kurz gemeldet, beehrten der Kaiser und die Kaiserin das bei Kronstadt liegende französische Geschwader am Sonnabend mit einem Be— such. Der Regierungsbote“; berichtet (wie wir aus der . „St. Petersb. Itg.“ ersehen) darüber ausführlich wie olgt:
Die Kaiserlichen Jachten Zarewna' und Alexandrija“ ver⸗ ließen um 9 Uhr Morgens Peterhof und nahmen den Kurs nach der Kronstädter Rhede, in deren Nähe angekommen die Jacht „Zarewna“ gleichzeitig die Kaiserlich russische und die Königlich griechische Standarte hißte, während die Jacht ‚Alexandrija“ den Breitwimpel der Großfürsten führte. Gegen 97 Uhr begann der Salut auf der kleinen Rbede vom Kreuzer ‚Asia'. Auf der Jacht „Zarewna“ befanden sich Ihre. Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre Majestät die Königin von Griechenland und Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Alexei Alexandro— witsch, Georg und Michail Alexandrowitsch und die Großfürstin Teria Alexandrowna; und auf der Yacht Al rxandrija“ Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch Michail Nikolajewitsch, der Herjog Georg Maximilianowitsch von Leuchtenberg, Prinz Alexander Petrowitsch von Oldenburg, die Groß— fürstin Maria Pawlowna und die Prinzessin Eugenia Maximilianowna von Oldenburg; ferner die General Adjutanten Richter und Tscherewin und der Hofmarschall Fürst Obolenski. Sämmiliche franjösischen Schiffe auf der Rhede hatten bereits am Morgen Flaggen— gala angelegt, und ebenfo prangten in den Kronstädter Häfen sämmtliche Kauffahrer im Flaggenschmuck. Das Wetter war herrlich. Gegen 10 Uhr erdröhnte der Salut von den Schiffen auf der großen Rbede sowie von der Batterie am Han—⸗ delshafen und von den Forts. Auf den Schiffen des russischen sowohl als auch des französischen Geschwaders bildeten die Mannschaften Front oder befanden sich auf den Ragen. Die Yacht „Zarewna“ hielt bei der Kaiserlichen Jacht ‚Dershawmg“, von welcher ein großes Ruderboot abstieß. Auf ein von dez Yacht ‚Zarewna. gegebenes Signal verließen sodann die Mannschaften auf den russischen Sch ffen die Raaen, worauf die Standarten auf der VYacht niedergeholt wurden. Zur selben Zeit wurden auf dem französischen Flagg— schift Marengo die Mannschaften auf die Raaen be— ordert. Ihre Majestäten verließen sodann die „Zarewna‘ auf dem Ruderboot, welches unter der Standarte Seiner Majestät des Kaisers und der Königlich griechischen beim französischen Admirals schiff Marengo“ anlegte. Ihre Majestäten und Ihre Kaiserlichen Hoheiten begaben sich hierauf an Bord des Marengo“, wo Seine Majestät der Kaiser vom Admiral Gervais und dem Sciffs⸗Com⸗ mandeur mit den Rapports empfangen wurde, während das Musikcorps die russische Volkshymne intonirte. Nachdem Ihre Majestäten das Schiff besichtigt und ungefähr 25 Minuten auf demselben vꝛrrweilt hatten, begaben sich Allerböchstdieselben mit dem Ruderboot, unter beiden Standarten, in Begleitung des Admirals Gervais an Bord des Panzerschiffs „Marceau“, während vom Marengo“ Kanonensalut erdröhnte, der von der Kaiserlichen Macht erwidert wurde. Um 11 Uhr 25 Minuten betraten Ihre Majestäten den Marceau“, auf welchem nach dem Empfang und der Besichtigung des Schiffs ein Artilleriemanöver stattfand. Der Aufenthalt Seiner
die Schaluppe mit Ihren Majestäten vom Panzerschiff abstieß, hoben die Ruderer die Ruder hoch und riefen ‚Hurrah“, während von der einen Seite des Panzerschiffz Salutschüsse erdröhnten und die Mann⸗ schaften aller franjösischen Schiffe laute Hurrahrufe erschallen ließen. Unter dem Donner der Geschütze langten Ihre Majestäten hierauf an Bord der „Dersbawa“ an, welche sofort an Stelle des Wimpels die Standarten hißte und den Salut erwiderte.
darauf wurden auf der „Dershawa? die Signale gebißt: „Von Seiner Majestät dem Kaiser ergeht eine Einladung an die Admirale und Commandeure“, und die „Mannschaften können Mittag essen“. — Nach der Besichtigung des . Marengo‘ und „Marceau“ fand an Bord der „Der hawa. ein Allerhöchstes Dejeuner statt, nach dessen Schluß Ihre Majestäten auf der Jacht -Zarewna“ unter dem Donner der Kanonen nach Peterhof zurückkehrten. Der Revue und dem Dejeuner wohnte der französische Botschafter Laboulaye bei. Gestern (Dienstag) Abend fand, wie „W. T. B.“ meldet, in Peterhof im großen Palais bei Ihren Majestäten,
seitigen Flotten im Mittelmeer. Die Vorbereitungen für den
unter persönlicher Theilnahme Allerhöchstderselben, zu
Majestät des Kaisers auf dem Panzerschiff währte 20 Minuten. Als
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Ehren des französischen Geschwaders ein Diner statt, zu welchem 160 Einladungen ergangen waren. Unter den Geladenen befanden sich die Königin von Griechen⸗ land und Prinzessin⸗Tochter, alle Großfürsten und Großfürstinnen, Admiral Gervais, die Kapitäne und höheren Offiziere des sranzösischen Geschwaders, die Minister, an ihrer Spitze der Minister des Auswärtigen von Giers, der fran⸗ zösische Botschafter Laboulaye sowie alle Herren und Damen der Boischaft, der griechische Gesandie, die russischen Admirale und die Kapitäne des russischen Geschwaders. Die Tafel prangte in herrlichem Blumenschmuck und war mit goldenem Service gedeckt. Nach dem amtlichen „Regjerungsboten“ brachte während des Diners der Kaiser einen Toast auf die Gesundheit des Präsidenten Carnot und auf die französische Flotte, insbesondere auf das unter dem Kommando des Admirals Gervais stehende Geschwader aus. Von der Musik wurde hierauf die Marseillaise gespielt.
Die russischen Blätter vom Dienstag erörtern fortgesetzt, wie wir aus einem Telegramm der „Magd. Ztg.“ ersehen, das Thema eines russisch-französischen Bündnisses. Alle Blätter mit Ausnahme des „Grashdanin“ befürworten jetzt den Abschluß eines förmlichen Bündnisses. Der „Grash⸗ danin“ dagegen erklärt ein Bündniß des republikanischen Frankreich mit dem absolutistischen Rußland für unmöglich.
Zur Charakteristik der in der Presse vertretenen Auf⸗ fassungen führen wir noch solgende russischen Stimmen der letzten Tage an. Die „Nowoje Wremja“ versichert, daß die Escadre ohne jede offizielle politische Mission komme. Die internationale Politik Rußlands und Frankreichs sei eine völlig friedliebende Politik, die jedoch ent⸗ schlossen sei, ihre Selbständigkeit zu wahren. In einem anceren Artikel weist die „Now. Wr.“ darauf hin, wie schwer es den Russen und den Franzosen seit einem Jahrhundert geworden sei, einander endlich zu erkennen. Diese Erkenntniß habe Ströme von Blut gekostet, bis auf blutgetränkter Basis ein Keim der Freundschaft aufging und schließlich zu einer Blume wurde, die sich nunmehr entfalte.
Die „Mos k. Wjed.“ sagt:
„EGbenfo wie die vereinigten Armeen Rußlands und Frankreichs auf dem Festlande Europas das sicherste Unterpfand des Friedens der Völker seien, ebenso seien die Fabrzeuze der gegenwärtig in Kronstadt einander gegenüberstehenden Cscadres die beste Garantie für den Frieden, wo auch immer derselbe bedroht werden könnte. Auf diese Weise sei die Ankunft der französischen Escadre in Kronstadt vor Allem als Friedenssymptom aufzufassen und müsse als solches von allen aufrichtigen Friedensfreunden freudig begrüßt werden.“
Der Besuch der Escadre im Verein mit der französischen Ausstelluna sind nach den „Nowosti“ zwei Thatsachen, welche am Besten zeigen, welch tiefe und aufrichtige Sympathien zwischen den beiden großen Völkern herrsche. Anders sei es unter den beiden Napoleons gewesen. Mit deren Verschwinden vom Schauplatz habe aber auch die Feindschaft der Franzosen gegen Rußland aufgehört. Das gegenwärtige Fest sei ein Friedensfest.
Die „St. Petersb. Wjedomosti“ haben nichts dagegen, daß in West-Europa in der freudigen Bekräftigung der russisch⸗ französischen Freundschaft ein offenes Bündniß zwischen beiden Nationen erblickt werde. Das Blatt citirt einen Ausspruch des verstorbenen russischen Diplomaten Baron Jomini, betreffend die Bedeutung eines Bündnisses und der Freundschaft mit Frank⸗ reich, welches Rußland die Hülfe der französischen Flotte und überhaupt Frankreichs Einfluß in der Frage der Meerenge und des Schwarzen Meeres sichere.
Der „Swet“ sagt:
„Dergleichen Augenblicke haben eine historische Bedeutung. Das. Bündniß jwischen Rußland und Frankreich ist heute dauerhafter und effektiver gefestigt worden, als irgend ein diplomatisches Protokoll es zu thun vermocht hätte.“
Italien.
Die italienische Presse aller Schattirungen empfindet große Genugthuung über den herzlichen und ehrenvollen Empfang, der dem Kronprinzen von Italien in. England zu Theil geworden ist. Die Betrach⸗ tungen der Presse werden von der „Polit. Corr.“ in einem Briefe aus Rom, wie folgt, zusammen⸗ gefaßt: „Ohne dem Erscheinen des Prinzen von Neapel auf englischem Boden unmittelbare politische Bedeutung bei⸗ zulegen. hegt man doch die Ueberzeugung, daß die freund⸗ schaftlichen Beziehungen zwischen Italien und England durch diesen Besuch nicht nur einen neuen Ausdruck, sondern auch ein neues Element moralischer Festigung erhalten.“
Spanien.
Eine der „Polit. Corr.“ aus Madrid von zuständiger Seite zugehende Meldung tritt der, trotz der bereits erfolgten Widerlegung neuerlich auftauchenden Nachricht, „daß die Gar⸗ nisonen in Galizien, Leon und Estremadura im Hinblick auf die republikanische Bewegung in Portugal eine wesentliche Verstärkung erfahren hätten, um einem etwaigen Hinübergreifen dieser Bewegung auf spanischen Boden zuvor⸗ zukommen“, mit der Versicherung entgegen, daß die spanische Regierung in der letzten Zeit sich durchaus nicht veranlaßt gesehen habe, nach den bezeichneten Garnisonen irgendwelche Verstär⸗ kungen abgehen zu lassen. Die betreffenden Besatzungen seien überhaupt, genügend stark, und die spanische Regierung sei überdies für den Fall außerordentlicher Eventualitäten in der Lage, in der kürzesten Freist nach den etwa bedrohten Punkten beträchtliche Truppen⸗-A1btheilungen zu werfen.
Ruiz Zorilla, Garcia Ladevese und andere Emigranten haben der „Köln. Itg.“ zufolge die ihnen an⸗ gebotene Am nestie abgelehnt; viele Andere dagegen, besonders die Theilnehmer an den letzten Militärputschen, werden von der Amnestie Gebrauch machen.
Schweiz.
Im Nationalrath hat Haeberlin (Thurggu) den An— trag eingebracht, der Nalionalrath solle seinen Beschluß, be— treffend die Einführung des Banknotenmonopols, wieder aufnehmen, im Ganzen annehmen und dem Ständerath mit der Einladung übermitteln, den Antrag in dieser Session zu erledigen. Die geplante Initigtivbewegung für die Einführung des Notenmonopols soll dadurch überflüssig ge⸗ macht werden.
Luxemburg. Luxemburg, 27. Juli. Der Großherzog hat, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, an den Staats⸗-⸗Minister Eyschen folgendes Schreiben gerichtet:
Lieber Siaats-Minister! Die zu meinem Geburtstage organi⸗ sirten Feste waren ausnahmsweise schön und hertlich zugleich. Die
Großherzogin und ich sind lebhaft gerührt von den warmen, uns
spontan dargebrachten Ovationen. Uebermitteln Sie ohne Zögern ber Bevölkerung des Landes und der Hauptstadt unseren lebhaften Dank. Das Herz Luxemburgs bat gesprochen, wir haben die Sprache verstanden und werden sie niemals vergessen. Adolf.“
Belgien.
Bei der Wahl eines Abgeordneten für Löwen erhielt, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, der „Fkatholische“ Be⸗ werber 2201 Stimmen, der radikale 1186; zahlreiche gemäßigte Liberale enthielten sich der Abstimmung.
Rumänien.
Bukarest, 29. Juli. Der Fürst zu Wied, Bruder der Königin, ist gestenn in Sinaja eingetroffen, nachdem er zuvor in Predeal von dem König am Bahnhofe empfangen vorden war. In Sinaja waren sämmtliche Minister zum Empfange anwesend.
Dänemark.
Kopenhagen, 28. Juli. Seine Königliche Hoheit der Prinz e von Preußen traf, dem . zufolge, gestern Abend von Malmö hier ein, nahm heute mehrere Sehenswürdigkeiten in Augenschein und reiste Nach⸗ mittags 66e Uhr nach Malmö zurück.
(E) Die Einnahmen aus den Zöllen, der Brannt⸗ weinsteüer, den Schiffsabgaben u. . w. sowie aus der Kriegs⸗ steuer haben nach Abzug aller Remunerationen im ersten Vierteljahr des laufenden Finanzjahres 8 438056 Kronen be⸗ tragen oder 636 622 Kronen mehr als in der gleichen Zeit des vorigen Finanziahres.
Afien.
Persien. Aus Teheran, vom 28. Juli, liegt folgendes Telegramm des „W. T. B.“ vor:
Die Untersüchung zu So uj⸗Bolak über den Glaubensg⸗ wechfel der Miß Greenfield währte beute drei Stunden; sie fand statt in Anwesenbeit des englischen Vize⸗Konsuls. Die Ge⸗ fangene erklärte, freiwillig zum Muhamedanismus übergetreten zu sein und ihrem Gatten folgen zu wollen.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der Reichstags-Ersatzwahl in Memel — Heyde krug an Stelle des verstorbenen Feldmarschalls Grafen Moltke sind nach einer Meldung des W. T. B.“ bis Dienstag Nachmittag gezählt worden: für Schlick (lons) 6528, Scheu (dfr) 18655, Lorenz (Soz.) 1554 St. Aus 26 Bezirken liegen noch keine Abstimmungsergebnisse vor; die Wahl von Schlick erscheint jedoch gesichert.
Kunft und Wissenschaft.
8. Der akademische Rath der Stadt Dres den hat nach Meldungen der Dresdner Blätter in seiner Sitzung vom 24. d. Bi. als Nachfolger Ernst Hähnel's den Dresdner Bild— hauer Robert Diez zum Mitglied des akademischen Raths und Vorsteher eines akademischen Ateliers berufen. Die Wahl bedarf noch der Bestätigung durch Seine Majestät den König. Diez gehört zu den angesehensten Bildhauern Deutschlands. In den letzten Jahren ist kaum ein kuͤnstlerischer Wettbewerb von Bedeutung vorgekommen, bei dem er nicht Preisrichter ge⸗ wesen wäre. Er ist Inhaber der großen goldenen Medaille von verschiedenen Ausstellungen; er erhielt sie für sein be⸗ kanntestes Werk, den Gänsebieb, der als Brunnenfigur auf dem . in Dresden steht. Mit 3 kommt gegen⸗ über dem Dresdner Klassizismus der auf ernsthaftem Nalur⸗ studium gegründete Realismus in der Akademie zur Geltung.
— Zu der württembergischen Nordmeer⸗Expedition mit dem Fischdampfer „Amely“, Kapitän Mahlstedt, welche am Sonntag Nachmittag von Bremen in See ging, trägt die Wes. Itg.“ noch Folgendes nach: Kapitän Mahlstedt brachte im Jahre J852 die deutsche Polarstation nach Kingawafjord in Cumberland⸗ Sund mit der „Germania“, dem Schiff der zweiten deutschen Rordpolar-⸗Fahrt, und holte sie im folgenden Jahre wieder ab; er hat alfo eigene Erfahrung in der Eismeer -Schiffabrt. Der ganz neue eiserne Dampfer Amely! unternahm am Sonnabend seine Probefahrt und es stellte sich dabei ir er , g , von neun Knoten in der Stunde heraus. Das Schiff ist als Gaffelschooner getakelt; vorn im Raum sind sechs Kajüten, ein Vorzimmer und ein Eßzimmer bergestellt. Mit Proviant ist das Schiff sehr gut und reichlich versehen, besonders wurde eine reiche Auswahl der verschiedensten Konserven mitgenommen. Auch etwas Schieß aumwolle zum Sprengen von Gestein wird mit geführt. Die Expedition besteht aus den Herren Kapitän Bade, Graf Zeppelin, Profeffor Bauer, Dr. Faber (Schiffsarzt), Lecremer, Bergbau⸗ Äffeffor, und Fürst von Urach, welcher die Fahrt als Passagier mit- macht Die Fahrt geht zunächst nach Tromsö, das in 4 bis 5 Tagen erreicht werden dürfte. Hier wird der Kohlenvorrath ergänzt (das Schiff faßt 45 Tons sür eine Fahrt von 10 Tagen Dauer mit vollem Dampfj. Auch zwei norwegssche Fangleute, die schon im Voraus engagirt wurden, sollen in lenem bekannten Fischerhafen des nörd= lichen Norwegens mitgenommen werden. Auf der Fahrt nach Norden sol dann, weng möglich, die geologisch und durch ihr reiches Vogelleben bekannte Bäreninsel angelaufen werden. Das nächste Ziel der Fahrt dürfte der an der Sädwestküste von Spitzbergen sich Fffnende große Eiefiord mit seiner pittoresken Uferseenerie sein; hier sind sowohl an der Nord als an der Südseite, die beide vielfach ausgebuchtet, Kohlenflötze vorhanden. Wenn die Eikverhältnisse günstig, soll auch die Amely“ versuchen, bis gegen den 380. Grad nördlicher Breite vorzudringen; ein Kontakt des eisernen Dampfers mit schwerem Eis soll aber unter allen Umständen vermieden werden, deshalb wird ein Vordringen in die gewöhnlich, wegen des ECises schwieriger ju befahrenden Gewässer der Ostküste vermieden werden. In den Baien von Spitzbergen wird sich Gelegenheit zum Fang des Eishaies bieten; bon kleineren Walarten besucht der Weißwal (beluga) einzelne Buchten und wird dann in größerer Zahl von den norwegischen Fischern mit Sperrnetzen abgefangen und Jetödtet. Auf der Rückreife, die spätestens um den 160. September anzutreten sein dürfte, soll die Insel Jan Mayen — wo bekanntlich die österreichische Polarstation errichtet war — besucht werden. Diese zuweilen auch im Sommer von Eis umlagerte vulkanische Insel wurde bekanntlich von dem deutschen Naturforscher Carl Vogt, der hier mit Berna einige Forschungen anstellte, besucht und später durch die norwegische Nordmeer Expedition erforscht. Wenn möglich, soll auf der Rückreise auch ein Pankt an der Rordküste der Insel Island angelaufen werden. Durch einen Erlaß des Kaiserlichen Statthalters in Elsaß⸗ Lothringen ist, wie die Straßb. Post“ meldet, die Geschäftsführung des meteorologischen Landes dienstes geregelt worden. Danach ist bis auf Weiteres der meteorologische Landesdienst dem Pripat= dozenten Dr. Hugo Hergefe ll an der Kaifer⸗Wilhelmè Universität in Straßburg zur unmittelbaren Leitung übertragen worden. Derselbe
und für die durch den Dienst verlangten Veröffentlichungen zu tragen. Der Kurator der Universität ist zur Wabrnehmung der unmittelbaren Aufsicht über den meteorologischen Landesdienst, welcher bis auf Weiteres mit dem geographischen Seminar der Universität verbunden wurde, berufen. Dem Direktor des Seminars stebt es ju, von allen Einrichtungen und Einzelbeiten des Dienstes jederzeit Kenntniß zu nebmen und an den Kurator zu berichten, wenn er Aenderungen für nöthig hält oder Mißstände wahrnimmt.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrun gs Maßregeln.
Dänemark.
Die laut Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗ Ministeriums vom 13. Januar 1891 getroffenen Anordnungen zur Verhütung der Einschlexbung der Pocken von St. Petersburg nach den Farör. Inseln sind durch Bekanntmachung des genannten Mi— nisteriums vom 2. Juli 1891 außer Kraft gesetzt worden. (Vergl. Reichs ⸗Anzeiger Nr. 33 vom 6. Februar 1891.)
Rom, 28. Juli. Wie die „Agenzia Stefani“ aus Massovah meldet, ist amtlich festgestellt, daß in der Ervthräischen Kolonie kein Fall von Cholera vorhanden sei; im Gegentheil sei der dortige Gesundheiteszustand ein guter.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 28. d. M. gestellt 9772, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberfchlesten sind am 27. d. M. gestellt 3764, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Submissionen im Auslande.
Spanien. 24. August. Delegacion de Hacienda de la provincia de los Baleares: Lieferung eines Zollwachtschiffes. — Voranschlag 2490,00 Pesetas. Näheres an Ort und Stelle.
Verkehr s⸗Anstalten.
Die mittels des Reichs⸗Postdampfers Hohenzollern“ beförderte Post aus Australien (Abgang aus Sydney am 20. Juni) ist in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin voraus sichtlich am 30. Juli Vormittags zur Ausgabe.
Bremen, 238. Juli. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Saale“, von New Jork kommend, ist heute früh, der Dampfer Straßburg“, vom La Plata kommend, gestern in Bremerhaven angekommen. Der Dampfer Frankfurt ist heute von Antwerpen nach dem La Plata abgegangen. Der Schnelldampfer „Spree“, von New⸗Vork kommend, ist heute Vor mittag von Southampton abgegangen. .
— Q 29 Jult. (B. T. B.) Per Reichs ⸗Postdampfer „Braunschweig‘ hat am 28. Juli Vormittags die Reise von Suez nach Aden fortgesetzt. .
Ham burg, 29. Juli. (W. T. B.). Hamburg ⸗Amerika⸗ nische Packetfabrt⸗ Aktien ˖ Sesellschaft. Der Postdampfer „Suevia“ hat heute, 3 Uhr Morgens, von NewYork kommend, Lizard passirt. .
London, 28. Juli. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Dane“ ist gestern auf der Ausreise in Capetown angekommen. Der Eastle⸗Bampfer „Conway Castle“ hat heute auf der Heimreise die Kanarischen Inseln passirt. .
Liffabon, 28. Juli. (W. T. B.) Die portugiesische Post⸗ verwaltung theilt mit, daß die Annahme von internationalen Postanweisungen, welche seit dem 21. d. M. suspendirt war, bis auf Weiteres eingestellt bleibt.
Theater und Mufik.
Der Spielplan des Lessing - Theaters für die ersten drei Vorstellungen der neuen Saison ist folgendermaßen entworfen: Sonnabend, zum ersten Male: „Am Tage des Gerichts, Volks schauspiel in vier Akten von P. K. Rosegger; Sonntag:; Am Tage betz Gerichts; Montag: „Die Ehre“ (mit Adolf Klein als Graf Trast)h. Der Vorverkauf fur diese drei Vorstellungen hat bereits heute an der Vormittagskasse begonnen. . .
Heinrich Bötel tritt vor Schluß seines Gastspiels im Kroll⸗ schen Theater noch einmal am Freitag als Manrico im Troubadour“ auf, gemeinschaftlich mit Ernestine Heink als Azuceng und mit Ottilie Collin als Leonore. Die nächste Woche bringt schon wieder eine Rovität und zwar die romantische Oper Santa Chiara“, eine Kom⸗ position Seiner Hoheit des Herzogs Ernst von Sachsen ·˖ Coburg. Der Text stammt bon Charlotte Birch⸗Pfeiffer. Morgen wird Indra! wiederholt, ö .
Die Direktion des Thomas⸗Theaterg bat beschlossen, mt der Novität „Im siebenten Himmel“ anstatt am Sonnabend, 1. August, schon am Freitag, 31. Juli, seine neue Saison zu eröffnen.
Die Aufführungen des neuen Devrient' schen Stückes. Gu st a v Ado f“, bistorisches Charatterbild in 3 Aufzügen, die am 26, und 36. Juli auf der Volksbühne in Jena stattgefunden haben, erzielten an beiden Tagen einen großen Erfolg. Die Zuhörer, die das Theater bis auf den letzten Platz füllten — auch Seine Königliche Hoheit der Großherzog beehrte die Sonntags aufführung mit Seiner Gegen⸗ wart? —, sprachen sowohl dem Dichter wie den Darstellern ihre Anerkennung durch häufig wiederholten stürmischen Her⸗ vorruf auß. In der That waren die 2 sowohl der Einjelnen wie der Massen sehr gut; es ist dies um fo anerkennenswerther, als Hr. Devrient innerhalb 14 Tagen das Werk einstudirt hat, in dessen erstem Akt nicht weniger als 75 Per sonen mitwirken. Die Dichtung selbst ist ein Volks schauspiel im
esten Sinne des Worts: sie giebt in den einzelnen Akten eine prächtige, farbenreiche, von echt historischem Geist erfüllte Schilde. rung der Zustände des dreißiglährigen Krieges, Im Mittelpunkt steht die sebr sympathische Gestalt des Schwedenkönigs, die, an sich wenig zum Helden eines Dramas geeignet, doch durch die geschickte Behandlung des Dichters eine bedeutende Wirkung erzielt, namentlich in dem ersten Akte. In den letzten, zumal im vierten Akt, läßt die Wirkung nach, um sich dann am Schluß wieder kraftvoll zu steigern.
Mannigfaltiges.
Für die Wertbfeststellung des Kapitalienbestandes der stä dtischen Spcrkaßfe ist das Jahr 1890 ein günstiges nicht gewesen. Sämmt— siche Papiere mit einer Verzinsung von 34 (0 — der bei Weitem größere Theil der Gesammtbestände — sind bis Ende 1890 im Course unker den Ankaufswerth zurückgegangen, sodaß für die Sparkasse ein nicht unerheblicher Verlust zu verzeichnen ist, welcher sich bei einem Kapitalbestande von Ss 324 860 M Nennwerth in Werthpapieren auf 1557 57375 „ beziffert und nach Abzug des diesjährigen Ueber⸗ schuffes bon S8 1zj, 560 1, den Reservefonds überhaupt um den Betrag von S0 60226 H schmälert. Eine Ursache dieses Verlustes ist wesentlich in dem Umstande zu finden, daß don den im Besitz der Sparkasse befindlich gewesenen Eisen⸗ bahn ⸗Prioritäten zu 40, im Jahre 1890 der Betrag von 8 146 150 ½
zu einem ihren Nennwerth übersteigenden Course gekauft worden, wäbrend die 34 G Konsols Ende 1890 nur 28, 10 0 standen. Das Minus des Courswerthes gegen den Ankaufswerth beträgt allein zi 664 26 6 Der durch den Courtrückgang für die Sparkasse herbeigeführte Verlust dürfte für sie indessen bedeutungslos sein, da für absehbare Zeit keine Veranlassung zu einer Versil berung der Bestände vorliegt. Das ganze Sparkassenvermögen ver zinste sich im Jahre 1890 mit 3,71 o,. demselben Zins⸗ fatzh wie im Jahre 1889. Was den SGeschäftsbetrieb der Sparkasse betrifft, sind im Jahre 1890 bis Ende Dezember einge⸗ zahlt worden 32 877 309572 , abgehoben wurden 26 874 532,64 M, mithin sind Mebreinzahlungen erfolgt 600277708 6 Die For⸗ derung der Betheiligten belief sich Ende 1889 auf 115 704 839, 17 4, Ende 1890 dagegen auf 125 063 388,53 , welche sich auf 417 259 Sparkassenbücher vertheilen. Von den Gesammteinlagen der Be⸗ theiligten Ende 1890 mit 125 063 388,53 t entfällt auf jeden Kopf der 1 556 545 Personen zäblenden Bevölkerung Berlins im Durch schnitt ein Guthaben von 80. 35 „S, gegen 7534 im Vorjahre. Das Gesammtvermögen der Sparkasse, einschließlich der Werthe der ihr gehörigen Grundstücke Klosterstraße 68 und Zimmerstraße o / 91, betrug Ende Dezember 1890 131 353 15.93 4, wovon in Werth⸗ papieren 86 324 890 S6, in Hypothekendokumenten 37 042 184 „0 fowie in Wechseln, baarem Gelde und Grundstückswerthen 7026 081,93 S vorhanden waren.
Am 1. Oktober d. J. kann der am 31. Januar 1831 beim Garde ⸗Artillerie⸗Regiment in Berlin eingetretene, seit 1877 im hiesigen Invalidenhause wieder angestellte Second ⸗Lieutenant Kummer auf eine sechszigjährige Dienstzeit beim Militär zurückblicken. Lieutenant Kummer hat, wie der . N. A. 3. mitgetheilt wird, am 22. Juni — 2 sein 81. Lebensjahr vollendet und ist, abgeseben von einem Fuß— leiden, welches ihn seit einigen Jahren verhindert auszugehen, noch immerhin rüstig zu nennen.
Der Bahnhof Halensee soll, nach der Charlottenburger „Gem. - Ztg.“, wegen der durch den Ausbau der Wannseebahn noth⸗ wendig gewordenen Veränderungen verlegt werden. Sämmtliche Sta⸗ tionen des Südringes vom Potsdamer Bahnbof bis Halensee erhalten Neubauten. Der Bahnhof Schöneberg wird an der Seite von Schöneberg ausgebaut, also recht vom Bahndamm, wenn man dem Potsdamer Bahnhof den Rücken wendet. Der neue Bahnhof liegt ganz in der Nähe der Großgörschenstraße und ist für die Bewohner von Berlin W. schon von der Bülowstraße an bequemer zu erreichen als der Potsdamer Bahnhof. Auch Wilmers⸗ dorf Friedenau erhält zugleich mit Halensee ein neues Stations gebäude; dasjenige von Schmargendorf dürfte bereits zum 30. Sep tember dem Gebrauch übergeben werden. Seiner Bedeutung für den Grunewaldverkehr entsprechend, wird der neue Bahnhof in Halensee mit Restauration und Wartezimmern ausgestattet.
Den in Folge der Katastropbe in Kummersdorf am 18. Juli v. J. auf dem Schießplatz getödteten, bezw. ver⸗ wundeten und nachher gestorbenen Kanonieren Klonas und Stenzel ist, wie die ‚N. A. Z“ berichtet, nun von den Offizieren und Mannschaften der Artillerie⸗Prüfungskommission auf ihrem ge⸗ meinsamen Grabe auf dem Garni son⸗Kirchbhof in der Hasen⸗ häͤide ein schöner Denkstein gesetzt worden. Das Denkmal besteht aus einem etwa 2 m hohen behauenen Sandsteinsockel, auf dessen Vorderseite ein mit einer Fahne gekreuztes Kanonenrohr, darüber ein Garde ⸗Artilleriehelm und darunter eine Brottasche kunstvoll ein⸗ gemeißelt sind. Eine in den Stein gelegte Marmorplatte enthält die Widmung an die Verstorbenen.
Die geplante neue katbolische Kirche wird, wie man der Voff. Z.“ mittheilt. nicht im Dorfe Deutsch⸗Wilmersdorf, wie jüngst verlautete, sondern an der Weichbildgrenze von Neu— Wilmersdorf und Berlin, hinter dem Zoologischen Garten, errichtet werden. Der erforderliche Bauplatz, unweit der Flensburgerstraße, ist bereits von der katholischen Gemeinde erworben worden.
Vorgestern hat der Bau der katholischen St. Mauritius kirche in Friedrichsberg bei Berlin begonnen. Wie die „Germania“ schreibt, wird damit einem dringenden Bedürfniß der Katholiken in den östlichen Vororten Berlins abgeholfen. Der erste Spatenstich geschach in Gegenwart des Fürstbischöflichen Delegaten Br. Jahnel und des Dompropstes Dr. Kayser aus Breslau.
In den Vororten stellt sich immer mehr das Bedürfniß nach Gasbeleuchtung heraus. Jetzt hat sich, wie die Voss. 3. er⸗ fährt, auch die Geineinde Reinickendorf mit der Stadtgemeinde Berlin wegen Versorgung Reinickendor fs mit städtischem Gas in Ver bindung gesetzt.
Breslau, 28. Juli. Der Breslauer Zeitung, zufolge wurden gestern auf Maxgrube n bei Beuthen in Oberschlesien durch das Platzen einer Dampfleitung drei Arbeiter getödtet. Ein vierter schwer veiwundeter soll im Lazareth verstorben sein.
Essen. Prinz Ferdinand von Coburg traf, wie die „Rhein- Westf. Ztg. meldet, am 28. d. M. Morgens in der Villa Hügel mit einem aus sechs höheren Offizieren bestehenden Gefolge zur Besichtigung der Krupp'schen Gußstahlfabrik in Een ein. Die Besichtigung der verschiedenen Werke wurde durch ein im Garten= hause der Fabrik eingenommenes Frühstück unterbrochen. Während der Fahrt zum Preßbau wurden der Bazar im Ostfeld, die Industrie⸗ schule im früheren Knappschaftsgebäude und das Krupp'sche Beamten kafino (Essener Hof) an der Limbecker Chaussee, später auch die Kolonien Kronenberg und Schederhof besucht. Am Abend reiste der Prinz von Station Hügel aus weiter.
München, 28. Juli. Nach den ‚N. Nachr.“ ertranken gestern während eines Gewittersturms durch Umkippen des Kahns im Tegernfee der Hofphotograyh Reitmaver von Tegernsee und die Schubplattlertänzer Schmidt und Obermayer. Letzterer war mit Hofpaur's Theatergesellschaft in Amerika gewesen, Gastwirth Terofal (München) wurde durch die von Seiner Königlichen Hoheit dem Herzog Carl Theodor herbeigezogene Hülfe gerettet.
Mainz, 27. Juli. Gestern Mittag kam nach einer Mitthei⸗ lung der Köln. 3. das erste aus Aluminium erbaute und von Raphtha getrebene Schiff hier an. Daz kleine Fahrzeug ist mit aller möglichen Bequemlichkeit ausgeführt und mit einer Korbkabine , , eg wurde. von Escher, Wyß u, Cie. in Zürich angefertigt und ist für die internationale elektrische Ausstellung zu Frantfurt a. M. bestimmt. Am Freitag Morgen 9 Uhr war das Schiffchen in Basel an der oberen Rhein⸗ brücke abgefahren und hatte die 127 km lange Strecke bis Kehl in knapp fechs Stunden durchfahren. Die starken Stromschnellen Des Dber⸗ rheines und die schwierigen Brückendurchlässe überwand das Schiffchen sicher. Der Erbauer mit Familie befanden sich an Bord. Das Schiffchen faͤhrt von hier nach Rüdesheim und dann durch den Main⸗ kanal nach Frankfurt.
Hagenau, 23. Juli. Der geschäftsführende Autschuß für das Kaifer' Fried rich-⸗Denkmal in Wörth hat, wie die „Hag. Ztg.“ mittheilt, von dem Statthalter, dem Protektor des patriotischen Ünternehmens, die Nachricht erhalten, daß Seine Maje tät der Kaiser den Punkt unmittelbar hinter der Artillerie Aufstellung des V. Armee ⸗ Corps während der Schlacht, auf dem Wege von Wörth nach Sulz oben rechts an einer Stelle, die einen herrlichen Ueberblick über das weit ausgedehnte Schlachtfeld gewährt, als Denkmalsplatz genehmigt hat. Das Denkmal- Comité wird nunmehr sofort die weiterhin nöthigen Schritte thun, namentlich das Konkurrenz-
gegen 37 o konfolidirte preußische Staats ⸗Anleihe zum Umtausch
hat die Veranfwortlichkeit für die richtige Ausführung des Dienstes
gekommen ist. Die Prioritäten sind — mit wenigen Ausnahmen —
ausschreiben an die Künstler erlassen.