1891 / 178 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Jul 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Eine Entschädigung an den Hebungsberechtigten wird nicht gewährt. .

Uebersteigen die Abgaben, welche für die Benutzung von öffentlichen Wegen oder von Zubehörungen derselben zu ent—⸗ richten sind (3. W), die Unterhaltungs⸗ und Wiederherstellungs⸗ kosten einschließlich der landüblichen Zinsen vom Anlagekapital, fo sind diefelben auf den Antrag der sonst gesetzlich Ver⸗ pflichteten auf einen diesen Kosten entsprechenden Betrag zu ermäßigen. ;

Ebenso find diese Abgaben auf den Antrag der sonst gesetzlich Verpflichteten abzulösen. .

Für den in Folge einer solchen Ermäßigung oder Ab⸗ . theilweise oder ganz fortfallenden Betrag der Hebungen steht dem Hebungsberechtigten eine von dem Antragsteller zu leistende und nach den Bestimmungen des §. 29 festzustellende Entschädigung zu. ö

32.

Auch dem Hebungaberechtigten steht das Recht zu, die Aufhebung der mit dem Hebungsrechte verbundenen Baulast und deren Uebernahme Seitens des sonst Verpflichteten zu verlangen, wenn er bereit und im Stande ist, denselben für den über den Werth des Hebungsrechts etwa hinausgehenden Betrag der Baulast zu entschädigen und im Uebrigen auf das Hebungsrecht ohne Entschadigung verzichtet.

50

9290.

In den Fällen der 85. h, 30 und 32 kann das Hebungs⸗ recht, jedoch nur in einem den durchschnittlichen Kosten der . und Wiederherstellung der Verkehrsanstalt ent⸗ sprechenden Betrage auf den in die Bauverpflichtung Ein— tretenden auf Ansuchen . übertragen werden.

Ueber die Verpflichtuns zur Abtretung einer Verkehrs— anstalt (5. 29), über die Ermäßigung und Ablösung der Abgaben und die dem Hebungsberechtigten zu gewährende Entschädigung (83. 29 und 31) sowie über die Uebertragung der Baulast (8. 32) und des Hebungsrechts (5. 33) beschließt der Bezirksausschuß. .

Gegen den auf die Höhe der Entschädigung bezüglichen Beschluß steht dem Hebungsberechtigten, wie dem Entschädigungs⸗ pflichtigen binnen drei Monaten nach der Zustellung der Rechts⸗ weg offen.

Im Uebrigen steht den Betheiligten gegen die Beschlüsse des Bezirksausschusses (68. 28— 33) die Beschwerde bei dem Provinzialrath zu.

Ueber die Entziehung der Hebungsberechtigung (8. 39) entscheidet auf Klage der Wegepolizeibehörde der Bezirks⸗ ausschuß. 38

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Privatrechtliche Verpflichtungen zur Unterhaltung von Wegen unterliegen den Bestimmungen des 5. 25 und werden . ö von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht erührt.

Dritter Titel.

Von den Verpflichtungen Dritter in Beziehung auf den Wegebau. S. 36. .

Derjenige, dessen Grundeigenthum zum Zwecke der Regu⸗ lirung oder Verlegung eines Weges entzogen oder beschränkt wird, ist verpflichtet, auf die ihm zu gewährende Entschädigung die verfügbar werdenden Theile des alten Weges ( 13), wenn fie mit seinen eigenen Grundstücken in url mittl farc ö stehen, nach dem Taxwerth in Anrechnung zu nehmen.

Soweit solche Wegetheile weder zu Zwecken des Wege⸗ baues noch zur Entschädigung gebraucht werden, sollen die⸗ selben den angrenzenden Grundbesitzern zur Uebernahme für den Taxwerth angeboten werden.

S. 37.

Darüber, welche Grundbesitzer und in welchen Antheilen dieselben zur Uebernahme der K verpflichtet oder be⸗ rechtigt sein sollen, beschließt nach Anhörung der Betheiligten der Bezirksausschuß. Von demselben ist dabei ile der Uebernahmepreis und die Frist y,, . innerhalb welcher die als berechtigt bezeichneten Grundbesttzer bei Verlust ihrer e,, über Ausübung derselben sich zu erklären haben.

egen diesen Beschlüß steht nur demjenigen, welchem der Werth des Grundstücks auf die ihm gebührende Entschädigung angerechnet werden soll, und nur hinsichtlich des Werths, binnen drei Monaten nach der Zustellung des Beschlusses der Rechtsweg zu. Bis zum Ablauf der in dem Beschlusse fest⸗ gesetzten Frist dürfen die verfügbar gewordenen Wegetheile nicht anderweit veräußert werden.

S. 38. -.

Oeffentliche Fußwege, welche zur Seite der Fahrstraßen in ländlichen Srtschaften oder außerhalb derselben bei bebauten Grundstücken vorüberführen, sind von den Gemeinden anzu⸗ legen, zu verbessern und zu unterhalten, sofern nicht ein Anderer rechtlich dazu verpflichtet ist. .

Durch Ortsstatut kann diese Verpflichtung den Eigen— thümern der angrenzenden 6 auferlegt werden.

Entsteht bei Anlegung neuer oder Verlegung bestehender Wege das Bedürfniß, Teiche, Lehm- Sand⸗ und andere Gruben mit 2 zu versehen, so sind die Kosten der Einrichtung solcher Anlagen von dem Wegebaupflichtigen zu tragen, die Kosten der Unterhaltung aber nur soweit, als dieselben über den Umfang der bestehenden Verpflichtungen ur Unterhaltung vorhandener, demselben Zwecke dienender Laer, hinausgehen. 8. L

Wenn die an einem Böffentlichen Fahrwege belegenen Grundstücke mit Bäumen oder Hecken besetzt sind, müssen die überhängenden Aeste und Zweige, soweit nöthig, auf Verlangen der Wegepolizeibehörde von den Eigenthümern fle werden, ohne daß dadurch ein Anspruch auf Ents adigung begründet wird.

Wo eine Straßen- und Baufluchtlinie auf Grund des Gesetzes vom 2. Juli 1875 (GesetzSamml. S. 56!) nicht be⸗ steht, kann von der Wegepolizeibehörde verlangt werden, daß bauliche Anlagen aller Art, Einhegungen, Bäume und Sträucher, welche in Zukunft auf solchen Grundstücken ange⸗ bracht werden, in der zur Austrocknung des Weges erforder⸗ lichen Entfernung, jedoch höchstens bis zu drei Metern vom Rande des Weges, vom Wege zurückbleiben. Ist ein Graben vorhanden, so wird er auf diese Entfernung angerechnet.

Müßssen Pflanzungen nach der Anordnung der Behörde

ur Austrocknung des Weges gelichtet oder fortgeschafft werden, * ist der Eigenihümer derselben von dem Wegebaupflichtigen

zu entschädigen, es sei denn, daß die zur Zeit des kraft⸗ tretens dieses Gesetzes bestehenden gesetzlichen Vorschriften der Behörde die Befugniß einräumen, die Lichtung oder Be⸗ . von dergleichen Pflanzungen ohne Entschädigung zu ordern.

Für die Festsetzung der Entschädigung finden die Be⸗ stimmungen des §. 12 Anwendung.

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Handelt es sich um 9 durch Lohnarbeiter nicht zu be— schaffende Beseitigung oder Verhütung zeitweiliger Unter⸗ brechung des Verkehrs auf öffentlichen Wegen zufolge von Schneefall, Schneewehen, Eisgang, Ueberschwemmung oder sonstigen Ereignissen, so sind die Einwohner der Ortschaften, innerhalb deren Bezirke solche Ereignisse eingetreten sind, sowie der benachbarten Ortschaften zur Leistung von Naturaldiensten verpflichtet.

Für die Leistung dieser Dienste ist von den Wegebau⸗ pflichligen Entschädigung nach ortsüblichen Sätzen zu gewähren. Im Streitfalle wird die Entschädigung in andkreisen vom Kreis ausschuß, in Stadtkreisen vom Bezirks ausschuß endgültig festgestellt.

Vierter Theil. Schluß- und Uebergangsbestimmungen. §. 42 J. .

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1892 in Kraft, und von diesem Zeitpunkt ab an Stelle aller bisherigen allgemeinen oder besonderen gesetzlichen Vorschriften, Ordnungen, Gewohnheits rechte und Observanzen in Beziehung auf die Wegebaulast.

Das Gesetz vom 28. Mai 1887, betreffend die Heran⸗ ziehung der Fabriken u. s. w. mit Präzipualleistungen für den Wegebau in der Provinz Sachsen (GesetzSamml. S. 277, wird von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörden zur Wahrnehmung der in der Wegepolizei begründeten Befugnisse, des Verfahrens und der Rechtsmittel gegen die Anordnungen der Wegebau— polizeibehörden kommen die Bestimmungen der 83. bis 57 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 (Gesetz-Samml. S. 237) zur Anwendung.

Wegen der Zuständigkeit und des Verfahrens der Aus⸗ einandersetzungsbehörden in Wegebausachen verbleibt es inner— halb ihres Wirkungskreises bei den dieserhalb geltenden gesetz⸗ lichen Bestimmungen. 88

Diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten in Beziehung auf den Wegebau, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch befondere Titel begründet sind, bleiben nur insoweit in Kraft, als in den letzteren die Wegebaulast nicht bloß nach den bisherigen allgemeinen oder besonderen gesetzlichen Vor⸗ schriften, Srdnungen, Gewohnheitsrechten und Observanzen anerkannt oder festgestellt ist.

Fur die Urbarien, die gutsherrlich⸗bäuerlichen Regulirungs⸗ rezesst und Gemeinheitstheilungsrezesse gilt die Vermuthung, daß in denselben die Rechte und Verbindlichkeiten in Beziehung auf den Wegebau nach den bisherigen allgemeinen oder be— sonderen gesetzlichen Vorschriften, Ordnungen, Gewohnheits⸗ rechten und Observanzen anerkannt oder festgestellt seien. Sofern es wegen örtlich vermischter Lage oder nicht sicherer Abgrenzung von Gemeindebezirken zur Uebernahme der durch Urbarien, gutsherrlich- bäuerliche Regulirungs- oder Gemein⸗ heitstheilungs rezesse geordneten Unterhaltungspflicht durch die Gemeinde einer Abgrenzung derselben zwischen den Betheiligten bedarf, finden auf die Vereinbarung die Bestimmungen des §. 17 letzter Absatz, Anwendung.

Bis zur anderweiten Abgrenzung der Unterhaltungslast bleiben die Bestimmungen der bezeichneten Urbarien und Re⸗ zesse vorläufig in Kraft.

4.

Die Verpflichtung des . zur Unterhaltung gewisser Landstraßen und Landwege nebst . en, auch wenn dieselben als Kunststraßen anerkannt sind, geht in Gemäßheit des 5. 42 auf die Provinz über und zwar unter Aufhebung der bisher von den Pflichtigen zu leistenden Hand⸗ und Spann⸗ dienste, einschließlich der in den vormals sächsischen Landes⸗ 3 zu leistenden Straßenfrohndienste gegen Entschädigung

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Die auf die Provinz übergehenden Landstraßen und Land⸗ wege (58. 44) sind in derjenigen Art von Unterhaltung zu über⸗ geben (gepflastert, chaussirt, bekiest, unbefestigt u. . w.), in welcher sie sich am 1. April 1892 befinden. Der Unterhal⸗ tungszustand muß ein ordnungsmäßiger sein. Entstehen bei der Uebergabe Streitigkeiten, so sind dieselben unter Ausschluß weiterer Rechtsmittel von einem Schiedsgericht zu entscheiden, zu welchem die Staatsregierung und die Provinzialverwaltung se ein Mitglied ernennen. Einigen sich diese nicht, so tritt der Präsident des betreffenden Landgerichts als Obmann ein. Berührt die Straße die Bezirke mehrerer Landgerichte, fo ernennt der Präsident des Ober⸗Landesgerichts den Ob⸗ mann aus der Zahl der betheiligten Landgerichts-Präsidenten.

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Die Provinz erhält vom Staat für die Uebernahme der Verwaltung und Unterhaltung dieser Straßen und Wege eine Jahresrente, welche dem vom Staat im Durchschnitt der Jahre vom 1. April 1885 bis 1. April 1891 aus dem Ordinarium des Staatshaushalts-Etats für die Verwaltung und Unter—⸗ haltung derselben aufgewendeten Betrage, zuzüglich des vom Staat im Durchschnitt der Jahre vom 1. April 1881 bis J. April 1891 für den gleichen Zweck aus dem Extra⸗ ordinarium des Staatshaushalts-Etats aufgewendeten Be— trages entspricht.

Die Jahresrente wird durch Königliche Verordnung fest— . sie kann vom Staat durch einmalige Zahlung des ünfundzwanzigfachen Betrages derselben abgelöst werden.

Ebenso geht die der Bauverwaltung obliegende Unter⸗ haltung derjenigen Brücken über nicht schiffbare Gewässer, deren Kosten aus Wasserbaufonds getragen werden, gegen eine mit dem fünfundzwanzigfachen Betrage ablösbare Jahresrente von 6s, 19 4M auf die Provinz über.

Zugleich mit der Unterhaltung dieser Straßen und Brücken geht das bisherige Eigenthum des Staats an den⸗ selben mit allen Zubehörungen sowie mit allen vertrags⸗ mäßigen Rechten und Pflichten auf die Provinz über.

Sämmtliche Verpflichtungen, welche dem Staate gegenüber dem angestellten Wegeauffichtapersonal obliegen, gehen auf die

Provinz uͤber. 84 Die Provinz kann die ihr auferlegte Verpflichtung für

solche Wege und Brücken, wlhe keinen größeren Verkehr ver⸗

mitteln, je nach der Bedeutung des Weges und der Brüden an kleinere Verbände (Kreise, Gemeinden) gegen Ueber⸗ weisung einer entsprechenden Entschädigung übertragen. Die Entschaͤdigung wird unter billiger . der Gesammt⸗ verhältniffe, insbesondere nach Verhältniß der vom Staat gewährten Gesammtentschädigung und der für die Unterhaltung ber betreffenden Wegestrecken nach sachverständigem Ermessen aufzuwendenden Kosten festgestellt.

Wird die Uebertragung abgelehnt, oder kommt eine Ver⸗ einbarung über die zu leistende Entschädigung nicht zu Stande, so beschließt der denn kaaus cuß

Die von den Pflichtigen für die Aufhebung der Hand⸗, Spann⸗ und Straßenfrohndienste (5§5. 44) an die Provinz zu leistende Entschädigung besteht in dem zehnfachen Betrage des Jahres geldwerthes der Dienste. Derselbe wird nach dem Durchschnitt der letzten fünfzehn Jahre und unter Zugrunde⸗ legung der bei der Ablösung der Dienste an den Staat zur Anwendung gebrachten niedrigsten Sätze berechnet. Wo in den letzten fünfzehn Jahren Straßenbaudienste nicht geleistet sind, die Verpflichtung für Leistung derselben aber durch Anerkennt⸗ niß oder richterliches Urtheil festgestellt ist, wird der Berech⸗ nung der Durchschnitt der vorangegangenen fünfzehn Jahre zu Grunde gelegt.

Ueber die Höhe der Entschädigung beschließt in Ermange⸗ lung gütlicher Einigung der Bezirksausschuß.

Gegen den Beschluß steht der Provinz wie dem Ent⸗ schädigungspflichtigen der Rechtsweg zu.

Die Klage ist binnen einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach erfolgter Zustellung des Beschlusses anzubringen.

49.

Die in den ehemals fich chen Landestheilen noch zur

, kommenden Aegquivalentgelder sowie die übrigen

ergütungen für in Geld verwandelte Dienste kommen, soweit sie nicht die rechtliche Natur von Domänenablösungs⸗ renten haben, gegen Zahlung des zehnfachen Jahresbetrages an den Staat mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gleichfalls in Wegfall. 8 öo

Von der durch dieses Gefetz begründeten Wegebaulast kann durch Verjährung oder andere privatrechtliche Titel Befreiung nicht erwirkt werden. 86

.

Den Verhandlungen über die bei dem Bau öffentlicher Wege vorkommenden Besitzveränderungen und den in dieser Beziehung bei den Grundbüchern nothwendigen Eintragungen und Löschungen sowie den darüber auszufertigenden Urkunden steht die Gebühren- und Stempelfreiheit nach der Kabinets⸗ ordre vom 4. Mai 1833 6, m, S. 49) zu.

9.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten und, soweit es sich um die Uebertragung der staatlichen Baulast auf die Provinz handelt, der Finanz-Minister werden mit der Aus⸗ führung dieses Gesetzes beauftragt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unter⸗ schrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben London, den 11. Juli 1891.

(LL. S.) Wilhelm R.

von Caprivi. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Miquel.

von Kaltenborn. von Heyden. Graf von Zedlitz. Gesetz, betreffend die Königlichen Gewerbegerichte in der Rheinprovinz.

Vom 11. Juli 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ce. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:

Auf die Zuständigkeit, Zusammensetzung und Thätigkeit der Königlichen Gewerbegerichle in der Rheinprovinz und auf das Verfahren vor denselben finden, soweit im Nachstehenden nicht besondere Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des ersten bis vierten Abschnitts des Rei oe gen, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 (Reichsgesetzblatt S. 141) Anwendung.

Die in diesen Vorschriften dem Statut vorbehaltenen An⸗ ordnungen werden durch Regulativ (5. 13) getroffen.

.

Der Vorfitzende und dessen Stellvertreter werden von dem Regierungs- Präsidenten ernannt. Dieselben dürfen weder Arbeitgeber noch Arbeiter sein.

§. 3. ausgewerbetreibende sind als Arbeiter wählbar und wahlberechtigt. Durch das Regulativ können Haus gewerbe⸗ treibende, welche mehrere Hülfskräfte beschäftigen, den Arbeit⸗ gebern gleichgestellt werden.

Beschwerden gegen die Rechtsgültigkeit der Wahlen werden durch den Bezirksausschuß entschieden. Derselbe hat Wahlen, welche gegen das Gesetz oder die auf Grund des Gesetzes er⸗ lassenen Wahlvorschriften verstoßen, für ungültig zu erklären.

8. 5.

Sind Wahlen nicht zu Stande gekommen oder wiederholt für ungültig erklärt, so werden die Beisitzer zu gleichen Theilen aus der Zahl der Arbeitgeber und der Arbeiter von dem Regierungs⸗Präsidenten ernannt.

6

Ueber die Gründe, au welchen die Uebernahme des

Beifitzeramts abgelehnt wird, entscheidet der Bezirksausschuß. Sb und in welcher Höhe den Mitgliedern des Gewerbe⸗

gerichts fur ihre Theilnahme an den Sitzungen eine Ver⸗ gütung für Reisekosten und eine Entschädigung für. Zeit⸗ . zu gewähren ist, wird durch das Regulativ be⸗ timmt.

§. 7. Die Enthebung eines Mitgliedes des Gewerbegerichts von seinem Amte erfolgt durch den . uß. Die Klage auf Entsetzung vom Amt wird auf Antrag des Regierungs⸗Präsidenten k

Der Vorsteher der Gerichiaschreiberei wird mit absoluter Stimmenmehrheit von dem Gewerbegerichte gewählt; seine

1

.

Entlassung kann nur auf Grund eines von dem Gewerhe⸗ trichle mit der Miehrheit von zwei Drittheilen gefaßten Be= e ge. 22 Wahl und Entlaffung bedürfen der Be⸗ sätigung des Regierungs-⸗Präsidenten.

.9.

Bei jedem Gewerbegerichte werden eine oder mehrere Vergleichs kammern gebildet. Dieselben verhandeln in der Besetzung von zwei Mitgliedern, von welchen das eine ein Arbeitgeber, das andere ein Arbeiter sein muß.

§. 10. ;

Der J. 54 des Reichs gesctzes (3. M) findet keine Anwendung.

Ir jeden . muß der Versuch einer gütlichen Einigung vor der Vergleichs kammer vorangehen.

Zu diesem Zweck können sich die Parteien an den ordent= lichen Versammlůungstagen der Vergleicht kammer ohne Termin- bestimmung und Ladung einfinden. Anderenfalls hat der Kläger die Ladung des Beklagten vor die Vergleichs kammer des zuständigen Gewerbegerichts . beantragen.

Erscheinen beide Parteien, so hat die Vergleichskammer auf eine gütliche Erledigung des Streites hinzuwirken.

Rommt ein Vergleich zu Stande, so ist der Inhalt des⸗ selben zu Protokoll festzustellen. Die Feststellung ist den Parteien vorzulesen. In dem Protokoll ist zu bemerken, daß die Vorlesung stattgefunden hat und daß die Genehmigung erfolgt ist, oder welche Einwendungen erhoben sind. .

Erscheint der Kläger nicht, so gilt sein Antrag als zurück⸗ genommen. Erscheink der Beklagte nicht, oder kommt ein Vergleich nicht zu Stande, so gilt der Antrag, die Klage an das Gewerbegericht zu verweisen, als Erhebung der Klage,

Auf die vor den Vergleichskammern geschlossenen Ver— gleiche findet 5. des Reichsgesetzes (́6. 1) Anwendung.

8. 11. 4

Die Kosten, welche durch die Beschaffung der nöthigen Geschaͤftsräume für das Gewerbegericht, oder für einzelne Äbtheilungen desselben (Kammern) oder die Vergleichs⸗ kammern (8. 10 und durch die Einrichtung, Reinigung, Heizung und Beleuchtung dieser Räumlichkeiten entstehen, haben die Gemeinden aufßubringen, in welchen die bezeichne⸗ sen Organe ihren Sitz haben. J

Die sonstigen Unterhaltungskosten sind, soweit sie nicht in den Einnahmen des Gerichts ihre Deckung inden, durch Zu⸗ schläge zur Gewerbesteuer von denjenigen Gewerbetreibenden des Bezirks aufzubringen, welche wahlberechtigt und zur Ge⸗ werbesteuer veranlagt find. Die Umlage dieser Kosten erfolgt nach näherer Bestimmung des Regulativs durch das Gewerhe⸗ gericht. Der Beschluß des Gewerbegerichts bedarf der Ge— nehmigung des Regierungs-⸗Präsidenten. ö.

Gebühren, Kosten und Strafen, welche nach diesem Gesetz zur Hebung gelangen, bilden Einnahmen des Gerichts.

Diejenige öffentliche Kasse, welche die Kassengeschäfte des Gewerbegerichts zu übernehmen hat, wird durch das Regulativ bestimmt. 812

Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine An⸗ wendung auf Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken und Handelsgeschäften, sowie auf Arbeiter, welche in den unter der Militär-! oder Marineverwaltung stehenden Betriebs⸗

anlagen beschäftigt sind. §. 13.

Die Regulative, sowie die sonstigen zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen werden von dem Minister fuͤr Handel und Gewerbe im Einvernehmen mit dem Justiz-Minister erlassen.

14 Die Verordnung vom J. August 1846 (GesetzSamml. S. 403), die in derselben bezeichneten Gesetze und Dekrete und die auf Grund derselben erlassenen Regulative, sowie der §. 10 des Ausführungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßord⸗ nung vom 24. März 1879 (GesetzSamml. S. 281) werden

aufgehoben. 8. 65.

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1892 in Kraft.

Der Minister für Handel und Gewerbe ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Justiz-Minister die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Einrichtungen und Anordnungen bereits vor diesem Zeitpunkte zu treffen. . z

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Buckingham Palace London, den 11. Juli 1891.

(L. 8.) Wilhelm k. .

von Caprivi. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Miquel. von Kaltenborn. Graf von Zedlitz. Thielen.

Gesetz, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Vorausleistungen für den egebau in der Provinz Schleswig-Holstein mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg.

Vom 2. Juli 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, für den Umfang der Provinz Schleswig⸗Holstein, mit Ausschluß des Kreises e. um Lauenburg, was folgt: 8 1 Wird ein öffentlicher Weg in Folge der Anlegung von , e, Bergwerken, Steinbrüchen, Ziegeleien oder ähnlichen nternehmungen vorübergehend, oder durch deren Betrieb dauernd, in erheblichem Maße abgenutzt, so kann auf Antrag Derjenigen, deren Unterhaltungslast durch solche Unter⸗ nehmungen vermehrt wird, dem Unternehmer nach Verhältniß dieser 1 wenn und insoweit dieselbe nicht durch die Erhebung von Ehausseegeld gedeckt wird, ein angemessener

Beitrag zu der Ünterhaltung des betreffenden Weges auferlegt werden.

. 2. Der Staat, die Provinz, die Kreise und diejenigen Stadt— 8 welche einen Stadtkreis bilden, sind zur Stellung erartiger Anträge (5. I) nicht befugt.

. 56 Ueber die , ent he get in Erne um gütlicher Vereinbarung auf Klage der Wegebaupflichtigen der Kreis ausschuß, in Stadtkreifen und in Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern der Bezirks ausschuß.ß

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschri und beigedrucktem Königlichen a . ; ö Gegeben Amsterdam, den 2. Juli 1891. ( L. S.) Wilhelm. von Caprivi. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Miguel. von Kaltenborn. von Heyden. Graf von Zedlitz.

Gesetz, betreffend Abänderung der Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 8. März 1871 (Gesetz Samml. S. 130.

Vom 11. Juli 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang der Monarchie, was folgt: , .

Der f 31 des Gesetzes, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnfitz, vom S. März 1871 wird aufgehoben. An seine Stelle treten die nach⸗ folgenden 85. 31, 31 a, b, e, d und e.

31, 65 und 68 des

§. 31 Die Landarmenverbände in der Provinz Ostpreußen der Landarmenverband der Provinz sind verpflichtet, für

Bewahrung, Kur und Pflege der hülfsbedürftigen Geistes⸗ kranken, Idioten, Epileptischen, Taubstummen und Blinden, soweit dieselben der Anstaltspflege bedürfen, in geeigneten An⸗ stalten Fürsorge zu treffen.

Verpflichtet zur Aufnahme und Bewahrung, zur Ge— währung der Kur und Pflege ist zunächst derjenige Land⸗ armenverband, welchem der vorläufig unterstützungspflichtige Ortsarmenverband angehört.

Dieser Landarmenverband kann die Uebernahme des Hülfsbedürftigen, sowie den Ersatz der aufgewendeten Ver⸗ pflegungs- und Ueberführungskosten von demjenigen Land— armenverbande verlangen, dem der endgültig unterstützungs⸗ pflichtige Ortsarmenverband angehört.

§. 31 a.

Die allgemeinen Verwaltungskosten der Anstalten und die Kosten der von der Anstalt selbst bewirkten Beerdigung trägt der Landarmenverband. Der Landarmenverband ist berechtigt, sofern es sich nicht um einen landarmen Hülsbedürftigen han⸗ delt, vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung Ersatz der sonstigen Kosten von dem endgültig unterstützungspflichtigen Ortsarmenverband zu verlangen. Die Erstattung erfolgt durch Vermittelung des Kreises, welchem dieser Ortsarmenverband angehört; der Kreis ist verpflichtet, dem Ortsarmenverbande mindestens zwei Drittel der von letzterem aufzubringenden Kosten als Beihülfe zu gewähren.

Unberührt bleiben alle auf besonderen gesetzlichen Bestim— mungen oder Titeln beruhenden Verpflichtungen.

3531.

Die Bestimmungen über die Aufnahme und Entlassung der Anstaltspflegebedürftigen, sowie über die Höhe der zu erstattenden Kosten werden in Reglements getroffen, welche der Genehmigung der zuständigen Minister unterliegen.

§. 31 e.

Streitigkeiten zwischen den Ortsarmenverbänden und den zur Beihülfe verpflichteten Kreisen unterliegen der Entscheidung im Verwaltungssftreitverfahren. Zuständig in erster Instanz ist e. Bezirksausschuß, in zweiter das Ober-Verwaltungs⸗ gericht.

Im Uebrigen behält es bei den Bestimmungen des Reichs⸗ esetzes uͤber ben Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 ein Bewenden.

8. 314.

Land- und Stadtkreise, sowie Ortsarmenverbände, welche für einen der von den Landarmenverbänden unmittelbar zu übernehmenden Zweige der Armenpflege bisher schon in aus⸗ reichender Weise gesorgt haben, können, so lange dies der Fall ist, nicht gegen ihren Willen verpflichtet werden, an der betref⸗ fenden Einrichtung des Landarmenverbandes theilzunehmen oder zu den Kosten derselben beizutragen.

and⸗ und Stadtkreise können mit Genehmigung des Ober⸗Präsidenten auch in 8. die Fürsorge für hülfs⸗ bedürftige Geistes kranke, ioten, Epileptische, Taubstumme und Blinde in eigenen Anstalten übernehmen.

Die in Folge der Ausführung der vorstehenden Vor⸗ schriften erforderliche Regelung der Verhältnisse ist, unbeschadet aller Privatrechte Dritter, durch den Ober-Präsidenten zu bewirken.

Streitigkeiten, welche hierbei entstehen, unterliegen der Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

3. den Fällen der Absätze 1 und 2 tragen die Landkreise die allgemeinen Verwaltungskosten allein und dürfen die rts⸗ armenverbände höchstens bis zu einem Drittel der sonstigen Kosten heranziehen (5§. 31 . ö

? S.

Die Landarmenverbände, Kreise und die aus mehreren Gemeinden und Gutsbezirken zusammen esetzten Kommunal⸗ verbände find auch ferner befugt, die Fürsorge für Sieche un⸗ mittelbar zu übernehmen.

Die gleiche Befugniß verbleibt den Kreisen und den im Absatz 1 bezeichneten Kommunalverbänden hinsichtlich der hülfsbedürftigen Kranken.

Artikel II.

Der §. 65 des Gesetzes vom 8. März 1871 erhält am Schlusse folgende Zusätze;

In den Fällen der s§. 31, 31a, d und e sind auch die Kreise und die anderen daselbst bezeichneten Kommunal verhände berechtigt, die Gewährung der e nr gen laufenden Unter⸗ stüͤtzung von den im ig, 1èẽ aufgeführten Personen nach Maßgabe ihrer gesetzlichen Verpflichtung zu fordern. Findet eine? ereinbarung uͤber die Höhe dieser Kosten nicht statt, so beschließt auf den Antrag der Berechtigten nach Anhörung der Betheiligten der Bezirksausschuß endgültig, vorbehaltlich des ordentlichen Rechts weges.

Die in schriftlicher, von beiden Theilen vollzogener Fassung vereinbarten und die von dem , e,. festgesetzten Beträge unterliegen der Beitreibung im Verwaltungszwangs⸗

verfahren. Artikel III.

Der 5 68 des Gesetzes vom 8. März 1871 erhält folgenden Zusatz:

Der Erstattungzanspruch im gerichtlichen Verfahren steht in den Fällen der 5 31, 31La, d und e auch den Kreisen und den anderen daselbft bezeichneten Kommunalverbänden f. Die Klage ist gegen den Unterstützten und gegen seine alimenta⸗ tionspflichtigen Angehörigen zulässig.

. Artikel ITV. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1893 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Buckingham Palace London, den 11. Juli 1891.

(L. S.) Wilhelm. von Caprivi. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. von Kaltenborn.

Graf von Zedlitz. Thielen.

Gesetz, betreffend Eintragungen in die Höferolle und Landgüterrolle auf Ersuchen der General— Kommission. Vom 11. Juli 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Preußen ꝛc.

verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Land⸗ tages Unserer Monarchie, zur Ergänzung der Gesetze, betreffend das Höferecht in der Provinz Hannover, vom 2. Juni 1874 Gesetz⸗ Samml. S. 186) und betreffend das Höferecht im Kreise Herzog⸗ thum Lauenburg, vom 21. Februar 1851 (Gesetz-Samml. S. 19), sowie der Landgüterordnungen für die Provinz Westfalen und die Kreise Rees, Essen (Land), Essen (Stadt), Duisburg und Mülheim a. d. Ruhr vom 30. April 1882 (Gesetz⸗Samml. S. 26h). für die Provinz Brandenburg vom 10. Juli 1883 (Gesetz-Samml. S. 111 für die Provinz Schlesien vom 2A. April 1884 (GesetzSamml. S. 121), für die Provinz Schleswig-Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg, vom 2. April 1886 (GesetzSamml. S. 117) und für den Regierungsbezirk Kassel, mit Ausnahme des Kreises i n. vom 1. Juli 1887 (GesetzSamml. S. 315), was olgt:

König von

9 1

Der Antrag auf Eintragung in die Höferolle oder Land— güterrolle kann bezüglich der einem Auseinandersetzungsver⸗ fahren unterliegenden Grundstücke auch bei der General— Kommission oder deren Kommissar gestellt werden.

Der Antrag kann sich auch auf andere Grundstücke des Antragstellers erstrecken, welche mit seinen dem Auseinander⸗ setzungsverfahren unterliegenden Grundstücken gemeinschaftlich bewirthschaftet werden. .

Hält die General⸗Kommffion den Antrag für begründet, so erfucht fie das Amtsgericht um Eintragung in die Rolle.

Auf das Ersuchen der General⸗Kommission findet der 5. 41 der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 (Gesetz-Samml. S. 446) entsprechende .

3. 5.

Dieses Gesetz kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Antrag auf Eintragung bei der General-Kommission oder ,, Kommissar schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ge⸗ stellt war.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Buckingham Palace London, den 11. Juli 1891.

(.. 8.) Wilhelm. von Caprivi. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. Miguel. von Kaltenborn. von Heyden. Graf von Zedlitz.

Statistik und Volkswirthschaft.

Ein⸗ und Ausfuhr im Jahre 1890.

Nach den Ermittelungen des Statistischen Amts betrug der Werth der Einfuhr 4162120000 6 im Jahre 1890 (gegen 1015 072 000 ½6 im Jahre 1889); die Ausfuhr dagegen 3 328 148 000 6 (gegen 3 166 655 000 S6). Die Ausfuhr also wurde im Jahre 1880 von der Einfuhr übertroffen um 833 972 000 S Ausfuhr und Ein— fuhr haben gegen 1889 zugenommen; doch ist die Zunahme ziffer⸗ mäßig und prozentualiter bei der Ausfuhr stärker als bei der Einfuhr. Insbesondere hat die Einfuhr von Rohstoffen um 145,5 Millionen Mark, die Einfuhr von Fabrikaten jedoch nur um 154 Millionen Mark zugenommen. Die Ausfuhr von Rohstoffen vermehrte sich um 51,1 Millionen Mark, diejenige von Fabrikaten um 190,4 Millionen Mark. Die Ausfuhr zeigt ein nicht unerfreuliches Bild; denn trotz des Sinkens der Preise war sie im Jahre 1890 nicht nur größer als im Jahre 1889, sondern auch größer als in allen vorhergehenden

Jahren.

Zur Lage der Kohlenindustrie.

Aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf wird geschrieben: Die Lage der Kohlenindustrie ist eine sehr günstige geblieben, Allerdings beschränkten die ungünstigen Schiffahrtsverhaäͤltnisse im Januar und Februar und auch der durch die Witterungsverhältnisse hervorgerufene Mangel an Eisenbahnwagen für einzelne Zechen den Absatz nament⸗ sich nach dem Auslande, doch war die Nachfrage, nachdem die Verkehrs⸗ störungen befeitigt waren, zu Ende des ersten Vierteljahres eine um so erheblichere. Nach den Angaben des Vereins für die bergbaulichen Intereffen im Ober ⸗Bergamtsbezirk Dortmund betrug die Stein⸗ fohlenförderung im Ober Bergamtsbezirk Dortmund im ersten Viertel diefes Jahres 917386 t, 14722 t weniger als im ersten Viertel des vergangenen Jahres. Die Kohleneinfuhr im deutschen Zollgebiet im ersten Vierteljahr überstieg die Einfuhr in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahreg um 317557 t und betrug 8315 793 t. Die Kohkenausfuhr betrug 22 999 494 t und stellte sich damit um 3 191 969 t höher als im ersten Viertel des Vorjahres. Ebenso stieg im Vergleich zu letzterem Zeitraum die Kohlenaus⸗ fuhr um 1 156 045 6 auf 3233 237 *, während die Koks. einfuhr um 528 902 t auf 677165 t sank. In Folge dieser verstärkten Ausfubr und det gleichzeitigen Sinkens der Förderung verfügte das Inland im ersten Vierteljahr dieses Jahres nach der Berechnung des genannten Vereins über etwa 4 Millionen Tonnen Steinkohlen und Koks weniger als im entsprechenden Vierteljahr des Vorjahrtz. Eine erhebliche Zunahme hat der Absatz von Ruhrkohlen nach Hamburg erfahren, wo einige größere Zechen vor mehreren Jahren das Lager „Sternschanze“ eingerichtet haben. Der Ahsatz stellte sich im ersten PVlerteljahr auf 201 251 t gegenüber 151 3o0t im ersten Vierteljahr des vergangenen Jahres. Die Kohlenpreise erfuhren eine allerdings nur unbedeutende . n. rung. Auf die Festigkeit der Preise wirkten die Kohlenverkaufsvereine h ig ein, welchen jetzt ein großer Theil der Zechen des Bezirks an⸗ gehört. Im Handel mit Hausbrandkohlen traten in gol: der un⸗ gewöhnlichen , d, n i erhebliche Preissteigerungen ein. . Töhne der Bergarbeiter haben sich auf der früheren Höhe er alten.