1891 / 184 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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er bei seiner großen Bedeutung für den Volkswohlstand verdiene. Leider sei die Kreischausseeverwaltung nicht in der Lage, ein anregendes Beispiel für den großen Nutzen von Obst⸗ baum · Pflanzungen zu geben, da die Anpflanjung von Obstbäumen an den Kreischausseen aus vielfachen schwerwiegenden Rücksichten unter bleiben müfse. Dagegen gebe es im Kreise eine Menge von öffent⸗ lichen Wegen, deren grdnungsmäßige Berflanjung mit Obfst⸗ bäumen nicht allein eine Zierde der Gegend bilden, sondern auch den unterhaltungspflichtigen Gemeinden und Gütern beträchtlichen Nutzen bringen würde. Vielfache Erfahrungen hätten gelehrt, daß eine richtig angelegte und einigermaßen sorgsam unterbaltene Obft« Allee einen jährlichen Reinerttag von 1,50 bis 3 M auf den Stamm ergäbe. Um nun das Interesse im Kreise für diesen Gegenstand wachzurufen, babe der Kreistag nicht unerhebliche Geld . mittel zur Verfügung geftellt zur Gewährung von Preisen für die Ausführung von Obflbaumpflanzungen an öffentlichen Wegen. Die Bewilligung erfolgt durch den Kreisausschuß bis zur Hälfte der gesammken Anlagekosten. An die Magiftrate, Semeinde und Guts vorstände des Kreises Teltow richte deshalb der Kreisausschuß das dringende Ersuchen, dieser Angelegenbeit die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden. sich die Obstbaumpflanzungen angelegen sein zu lassen und dadurch an einem nützlichen Werke mitzuhelfen.

Kurische Nehrung, 30. Juli. Schon seit drei Wochen be— finden sich, wie die D. A. 3. berichtet, die bekannten Wander dünen bei Pillkoppen, Nidden und Rossitten wieder in ge⸗ fährlicher Bewegung. Durch die anhaltende Dürre ist der Dünensand voll ständig in Asche verwandelt worden, sodaß er sich schon bei den leisesten Winden in Bewegung setzt, immer neue Sandmassen mit sich reißt und dann entweder die Kämme der Düne hinaufjagt oder sich ins Haff stürit. Die zwischen Preil, Nidden und Rossitten auf den Dünen vorhandenen Waldungen stehen wieder an den Rändern gegen vier Fuß unter Sand, eine Erscheinung, die schon lange in diesem Umfang nicht dagewesen. Die Gemüsegätten, Kartoffelländer ꝛc., welche die Fischer sich in der Nähe der Dörfer Nidden und Pillkoxpen mübsam angelegt und gepflegt haben, sind trotz aller Schutzvorrichtungen derart verschüͤttet, daß fortgesetzt der fliegende Sand abgegraben werden muß. An ein weiteres Wachtihum der Frückte ist nicht zu denken, da die Blätter durch den glühenden Sand vollständig vernichtet sind. Höchst praktisch erweisen sich auch diesmal die Aufforstungen, denn nicht an einer Stelle hat der Triebsand vermocht, sie zu durchbrechen. Ein Betreten der Nehrung in der Nähe der arbeitenden Wanderdünen ist daher zur Zeit mit Gefahren, namentlich für den Unkandigen, ver⸗ bunden, da der anscheinend ruhende Sand beim Betreten sich sofort in kreisende Bewegung setzt und den Fuß in demselben Augenblick bis weit über die Knöchel einsinken läßt. Geiäth man in eine solche Triebsandstelle hinein, so ist die Lage sehr gefährlich, wenn nicht Hülfe in der Nähe ist. Es sind daher an diesen Stellen wieder Fubsen und Warnungktafeln aufgestellt worden.

Inowrazlaw, 5. August. Beim Ausschachten eines Brunnens auf dem Kasernen Bauplatz ist, wie der Köln. Ztg.“ gemeldet wird, ein bedeutendes Braunkohlenlager gefunden worden.

Frankfurt, 5. August. Das von der Firma Escher, Wyß u. Co. in Zürich erbaute Aluminium boot, welches bis jetzt noch in dem Weiher der Ausstellung zur Schau liegt, soll im Kleinen zunächst zeigen, von welcher Bedeutung das Metall, dessen Massen produktion die Elektrotechnik jetzt ermöglicht, vermöge seiner Leichtig⸗ keit, seiner guten Bearbeitbarkeit und seines schönen Aussebens für den Schiffsbau zu werden verspricht; man hat desbalb nicht nur die Wände des Boostes, seine Schraube und seine Räder, sondern auch das Gehäuse der Maschine, den Heizraum und den Schornstein u. s. f. aus Aluminium gefertigt, wodurch das Gewicht des ganzen ö m langen und 1.3 m breiten Fahrzeuges auf nur 438 kg sich stellt. Besonders bemerkenswerth ist, daß das Gehäuse, welches auch mittels Schrauben und Nieten aus Aluminium hergestellt ist, dem hohen Druck aufs Beste widersteht. Als Motor dient eine vierpferdige Naphtamaschine. Als Schraubenwelle konnte die direkte Ver⸗ längerung der Maschinenwelle benützt werden, da diese eine sehr hohe Umdrehungszahl besitzt und ihre sämmtlichen beweglichen Theile sich in einem geschlossenen Gebäuse befinden, welches mit, als Schmiermittel wirkenden, Naphtadämpfen gefüllt ist. Am Vordertbeil befinden sich die Naphtabehälter, welche durch außen laufende Röhren mit der Maschine in Verbindung stehen. Das Boot faßt bequem acht bis zehn Personen und folgt dem Steuer momentan; in Folge seiner großen Leichtigkeit läßt sich damit die im Verhältniß zu seiner Größe hobe Geschwindigkeit von 11 Em in der Stunde erreichen. Gewöhnliche Boote mit Naphtamotoren hat, wie die „sFrkft. 3. mittheilt, die obengenannte Firma schon in großer Anzabl geliefert; ihre Leistungsfähigkeit hat sich neuerdings glänzend bewährt, indem der Chef des Hauses, Ingenieur Narille⸗Neher nebst Familie, in seinem vor drei Jabren gebauten Boot von Basel uus den Rhein binab und den Main hinauf nach Frankfurt gefahren kam, wo das Schiffchen während einiger Tage in Thätigkeit zu sehen war. Die 127 km lange Fahrt von Basel bis Kehl geschah obne Unterbrechung in sechs Stunden, und die ursprüngliche Naxhtaladung bätte bei einem ftündlichen Verbrauch von 4 kg für die ganze Strecke bis Frankfurt vorgehalten.

Kelbra. Der Grundstein zum Kyffbäuser⸗-Denkmal der deut fchen Studenten ist. der Post jufolge. gestern, Donnerstag gelegt worden. Zahlreiche Mitglieder des Kyff bäuser Verbandes, der Verein deutscher Studenten, etwa 600 an der Zahl, darunter viele alte Herren, durchjogen das auf Ersuchen des Magistrats festlich geschmückte Kelbra unter dem Vorantritt von Musikcorps und wurden vor dem Rathbause vom Bũrgermeister Lebmann in einer schwungvollen Ansvrache willkommen gebeißen, die durch Cand. med. Schneider eine dankende Er⸗ widerung fand. Unter brausenden Hochtufen der von weit und breit herbei ; geströmten Berölkerung verließ der Zug die Stadt und erreichte nach zweistũndigem Marsche unter wechselndem Wetter, vorbei an der in Festschmuck vrangenden Rothenburg, den Kyffbänser. Westlich von dem alten Barbarossathurm wurde der Grundstein zum Kaiser ⸗Wil ˖ belm · Sedächtnißstein gelegt, wobei Divisions pfarrer Rogge auf die Bedeutung der Kaiserlichen Botschafst vom 17. November 1881 hin- wies: Neben dem Kriegerdenkmal für den Heldenfeldherrn werde eine Denktafel für den Friedensfürsten von Jüngern deutscher Wissen schaft errichtet. Damit sei ein langgehegter Wunsch der Vereine deutscher Studenten erfüllt, die von Anfang an in der Botschaft vom 17. November 1881 eine Darstellung der Pflichten eines modernen Staats wesens erblickt hätten. Den Geist der Botschaft, der in Pflichttreue, Vaterlandsliebe und sittlich christlicher Gesinnung wurzelt, möge die deutsche. Jugend allezeit festhalten. Regierungs⸗Baumeister Herrenring, die Vertreter der Vereine und die Ehrengäste thaten die üblichen Hammerschläge. Das Denkmal soll auf einer Tafel die Worte der Kaiserlichen Vot⸗ schaft vom 17. November 1881 zeigen, darunter die Wid—⸗ mung: „Der Kaiserbotschaft zum Gedächtniß der Kyff häuserverband, der Vereine deutscher Studenten. Die Tafel wird in einer von zwei romanischen Säulen flankirten, mit einem Rundbogen abge— schloffenen Nische angebracht werden. Nach der Beendigung der Grundfteinlegung begab sich der Zug zur Fortsetzung der Feier nach der Rothenburg. Zahlreiche Begrüßungs Telegramme trafen ein.

Metz, 2. August. Der Vorstand der Vereinigung jur Schmückung und fortdauernden Erhaliung der Krieger⸗ gräber und Denkmäler bei Mertz bat auch in diesem Jahre wieder einen Aufruf: ‚Gedenket der Gefallenen!“ erlassen, in welchem es u. A. beißt: „Ihrer zwanzigtausend ruben vor den Mauern von Metz! Die deutsche Bürgerschaft von Metz und Umgebung, ver⸗ körpert in ihren Vereinen, hat vor Jabren eine Vereinigung zur Schmückung und fortdauernden Erhaltung dieser Grah⸗ stätten begtündet. Dieselbe macht es sich ferner zur Auf— gabe, für die Verschönerung der Grabstätten zu wirken, zu den Unterbaltungskosten für diejenigen von Privaten gesetzten Denk— steine beizutragen, für welchz eine Unterhaltungspflicht der Behörde nicht obliegt und für welche Angehörige nicht mehr sorgen können, sowie endlich das Andenken an die Gefallenen lebendig zu erhalten und auf kommende Geschlechter zu vererben. In Ausübung dieser Pflichten wurden im letzten Jahre im Einvernehmen mit der zu—⸗ ständigen Militärbehörde namhafte Beiträge zur Instandsetzung von solchen Grabstätten verausgabt. Da indessen die Zeit inmer mebr ihren zerstörenden Eiafluß ausüben wird, so bedarf die Vereinigung der tbatkräftigsten Unterstützung aller Vaterlandsfreunde, um für eine absehbare Zukunft den Verfall auch des geringsten Wahrzeichens unseres Rubhmes zu verhindern Noch bewilligt zwar die Landes- behörde jährlich Mittel für die Beaufsichtigung und Jastandbaltung der Kriegergräber; wenn aber das lebendige Interesse der Nation an der Erhaltung dieser Heiligthümer erkalten sollte, dann steht zu be- fürchten, daß über kurz oder lang auch dieie Mittel werden aufhören zu fließen. Die Aufgabe, welche sich die Vereinigung für die nächste Zukunft gestellt hat, ist die Umwandlung des einfachen Kriegerkirch= Fofes Gravelotte, auf welchem 3000 tapfere Krieger ruben, in einen Ehrenhain“, was durch Anpflanzungen und zweckentspeechende An⸗ lagen erreicht werden soll. Auch in diesem Jahre werden wir, der schon eingelebten Sitte folgend, am 15. August (Landesfeiectag) in Scharen binauspilgern, um alle Gräber mit Kränzen zu schmücken. Kein Grab, und läge e; meilenweit entiernt, am einsamen Waldes⸗ saume oder an unwegsamer Stele, die nie eines Wanderers Fuß be—⸗ tritt, wird vergessen werden, und wenn dann diese hebre Aufgabe erfüllt sein wird, dann werden sich alle vaterländisch Gesinnten der Umgebung, Tausende an Zabl, in der vierten Nachmittagsstunde dieses Tages am Denkmal der Garde bei St. Privat zusam menfinden, um in Rede und Gesang eine ernste Gedächtnißfeier zu begehen. Wir richten an alle Vaterlandsfreunde, welche in diesem Jahre eine Reise nach den Schlachtfeldern bei Metz vorhaben, die Bitte, sich so ein⸗ zurichten, daß sie dieser Feier beiwobaen können. Alle aber, deren Derz mit einer der Grabstätten verwachsen ist, und die in weiter Ferne weilen, mögen als Gruß aus der Heimath einen Kranz senden, den am zu bezeichnenden Grabe oder Denkmal niederzulegen wir uns zur Ehrenpflicht machen.“

Neuenburg (Schweiß), 4. August Der. N. 3. Ztg. wird berichtet: Gestern bei Einbruch der Dunkelheit wurde aus Anlaß des Bundesfestes am Hafen Feuerweik abgebrannt und auf dem See eine benetianische Nacht veranstaltet. Der Tampfer Helvetie' fuhr mit Zuschauern außerhalb des Hafens hin und her. Das sieben Meter lanze Dampfboot ‚Tuitain?“ des Hrn. Bouvier mit zehn Personen, namentlich der Familie Boncier angebörend, fuhr ebenfalls auf und ab. Es war 83 Uhr Abends und recht dunkel; das Boot war aber gut beleuchtet, und nachdem es die „Helvetie

passirt hatte, wendete sich die Aufmerksamkeit Aller wieder nach dem Ufer bin. Plötzlich aber gewabrte der Maschinift des Luttgin ! vor sich den Widerschein der Lichter seines Bootes am Bug des Cygne⸗=, dessen Kajũte unerbellt war und von deffen Anwesenheit man überhaupt keine Kenntniß batte. Er hatte auch keine Fahrt zu machen und keine

ahrgäste mehr an Bord. Bom „KLuttain? aus war es unmöglich gewesen. Siznallaternen des Eygnen wabrjunehmen. Der Maschimnist des Luttain gab Kontredampf. Es war zu spät. Der Cygne“ brach den Luttain' ent zwei. Der Maschinist sprang auf dessen Kehlenkasten und kennte rasch eine Kette am Bugspriet des Cögne“ erfassen. Unter ihm sanken die Insassen seines Bootes ins Wasser unter lauten Hülferufen. Der Cyane“ stoppte alsbald und fubr etwas rückwärts. Es wurden rasch Stangen und Stricke her unter gelassen, aber bei der berrschenden Dunkelheit mochten diese den Verunglückten nicht sichtbar sein. Ein Herr konnte sich mit Hülf⸗ einer Stange an Bord retten. Die Dampfpfeife gab ihr schrilles Nothsignal; Hülferufe ertönten aus dem Wasser; der Heizer des Luttain“ konnte nicht schwimmen, was ihn binderte, den unter ihm jammernden drei Damen beijnspringen. Ein herankommendes kleines Schiffchen konnte vier schwimmenden Herren einen Stützjunkt bieten, aber es war ju klein, um mehr als einen aufnebmen ju können. Die Korkringe des Cygne“ wurden herab geworfen, aber da sie von brauner Farbe sind, waren sie den Er⸗ trinkenden nicht sichtbar. Außerordentlich lang schien es zu geben, bis die kleine Schaluppe des Cygne“ herabgelassen wurde und kam. Von den Damen Fr. Bouvier Mutter und Tochter jowie Fr. Eugene Bonurier, ihrer Schwiegertochter, war keine Spur mebr zu finden. Der Korkring des „‚Luttainꝰ und ein Tischchen schwammen berum, ohne Jemandem als Halt gedient zu haben. Die Herren, die sich schwimmend über Waffer hielten, wurden alle nach und nach gerettet, darunter Hr. Bouvier und jwei Söhne, sowie ein junger Engländer. Auf der „Heloctie' war beim Eitönen des Noth signals des Cygne“ das Reitungsboot berabgelassen worden; allein das Dampfboot felbst näherte sich der Unglücksftätte nicht, vermutblich weil man bei der Dunkelheit befütchtete, den sich ob dem Wasser Haltenden neue Gefahr zu bringen.

Bellinzona, 6. Auzust. Infolge der in den letzten Tagen ge. fallenen Gewitterregen ist nach einer Meldung des W. T. B.“ zwischen ODsogna und Claro ein Gebirgsbach aus den Ufern ge⸗ treten, sodaß der Verkehr auf der St. Gotthardbahn die letzte Nacht unterbrochen und ein Umladen der Züze erforderlich war Seit beute Morgen ist die Verbindung wiederhergestellt. Der verursacte Schaden ist unbedentend.

Bad Spa 5. August. Der Ballon He reule“ stieg, wie der Mgdb. Ztg. mitgetheilt wird, vergestern im Siebenstundenvark im Beisein einer großen Volks menge auf. Im Schiffe befanden sich der Luftschiffer Glorieux und jwei Franiosen, Namens Maxime Dreyfus und Gervaig. Kaum hatte sich der Ballon etwa 300 m boch erhoben, als die Stricke, die das Schiff mit dem Ballon verbinden vlõtzlich rissen. Alle drei Luftschiffer fiürzten von schwindelnder Höhe herab. Dreyfus und Gervais fielen auf eine Scheune und zogen sich nur leichte Verletzungen ju. Glorieux jedoch fiel mit dem Kopf auf einen Felsen und joz sich derartige Verletzungen zu, daß an seinem Auf⸗ kommen gezwelfelt wird. Außer einer Kopfwunde hat er einen Rippenbruch und zahlreiche Quetschungen davongetragen. Er konnte nach Spa zurückgebracht werden. Der Ballon wurde nach einer Meldung der Köln. 3. südöstlich von Eupen auf dem Hohen Venn aufgefangen.

New⸗York, 6. August. Bei Port⸗Byron, Station der West⸗Shore⸗Gisenbahn im Staate New⸗JYork, fand, wie das W. T. B. meldet, heute früh ein Zu sammen stoß eines Güter zuges mit einem Schnellzuge statt. Elf Personen sollen ge⸗ tödtet und neunzebn Personen verwundet sein. Die Mehrjabl der Getödteten und Verwundeten besteht aus italienischen Arbeitern.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Berlin, 7. August. (W. T. B.) Heute hat hierselbst unter namhafter Betheiligung der „Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft“ die Konstituirung der Eisenbahngesellschaft für Deutsch-Ostafrika (Usambara⸗-Linie) stattgefunden. Das vollgezeichnete Grundkapital beträgt einstweilen 2 Millionen

Mark.

St. Petersburg, 7. August. (W. T. B.) Die heute ausgegebene Gesetzsammlung enthält die Kaiser⸗ lichen Ukase wegen Exproprigtion von Eigenthum zum Bau verschiedener Eisenbahnen. Gebaut sollen werden die Saksagansche Zweiglinie der Katharinen⸗ Eisenbahn, die Narew⸗Eisenbahn, die Eisenbahnlinien Miask=— Tscheljabinsk und Beßlan Petrowsk, sowie eine Zweigbahn der Tranakaukasischen Eisenbahn nach Tschiatur.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 7. August, Morgens 8 Uhr.

ar. auf 0 Gr.

u. d. Meeressp red. in Millim

Bind. Wetter

Cemperatur

in I Celsius

B

1 5 Regen Lber deen. 757 2 bedect Christiansund 753 2 halh bed.

Vtullaghmore

747 4 wolkenlos

Uebersicht der Witterung. Das im Westen Europas lagernde Hochdruckgebiet Abends bei bat nach Osten über Central Europa an Ausdehnung gewonnen, während die Depression im Nordosten in ziemlich gleichbleibender Intensität sich erhalten bat. Demzufolge sind an der deutschen Küste die westlichen Winde noch vielfach stark bis stürmisch. Auch die Temreraturen baben über Deutschland keine wesentlicke Aenderung erfahren und hält dag ver siten, Beleuchtungseff'eten z. Jung- Deutsch ! and änderliche Wetter daselbst an; fast allenthalben zur See. Großes Ausstattungs⸗-Jeitbild in 4 Akten fiel Regen, in Kiel und an mehreren süddeutschen Stationen unter Gewittererscheinungen.

brillanter

Belle Alliance Theater.

Deutsche Seewarte.

. 4 wolkig 714147 1 kedect

2 bedeckt ĩ berech

hHayar x St Petersburg 746 Moskau... 755 S

Täglich: „Großes Concert- im Sommergarten, elektrischer desselben. Anfang 54, der Vorftellung 7 Uhr.

8 Urania, Anstalt für vollsthümliche Naturtunke. gieachtung Am Landes ⸗Auszstellungs Park (Lehrter Babnbof). Geöffnet von 12 —11 Ubr. Täglich Vorstellung im wisfenschaftlichen Theater. Näberez die Anschlag⸗

Sonnabend: Zum ilettel. J. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung mmm mn n, an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen Requi⸗

Familien⸗Nachrichten.

7 Bũdern) von Ernft Niedt. Im 6. Bilde: Zum Verlebtz Eil. Clara Hindorf mit Hrn. Kammer⸗ ersten Male in Deutschland: Großes Pferderennen auf der Bühne von lebenden Pferden.

Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor- nebmstes und großartigstes Sommer ˖ Etablifsement

. = ert A t . . rn, m, k Verehelicht: Hr. Lieutenant St. Matthies mit

,, , ,. Alexander Becker (Stettin erlin). Frl. F. Lang mit Hrn. Ger. ⸗Assessor DO. Ziethen (München Stettin). 4 Martha Egert mit Hrn. Rittergutsbesitzer Willy Koppe (Berlin Berghof bei Rüdersdorh.

Frl. K. Fleck (Neu Ruppin).

Gort. Queens - town... 770 NW Gberbourg I767 NW w 758 NW 1598 WSW 7157 W 7154 NW 150 KN 5 767 W 2 762 W 6 71665 OSO 2 765 ll 766 NW 3 7163 W 4 4 3 5 4 1

2 halb bed. 3 bededt

2 wolkig

3 Regen Reger!) balb bed.

760 3 64 W 761 W

. —JI67 RM W 4 bededt . wolkenloz ) Regenschauer. ) Nachm. Gewitter, Nachts Regen. 3) Gestern Mittag Gewitter mit Regen und Hagel. t ;

Theater⸗Anzeigen.

Tesstng· Theater. Sonnabend: Die Ehre. Sonntag: Am Tage des Gerichts.

Friedrich - Wilhelmstãdtisches Thrater. Sonnabend: Pariser Leben. Operette in 5 Bildern von J. Offenbach. Regie: Hr. Binder. Dirigent: Or. Kapellmeister Federmann. ö.

Im prachtvollen Park: Drientalisches Laternen⸗ fefst. Militär⸗ und Doppel Concert. Auftreten erster Gesange⸗ und Instrumental⸗Künstler.

Anfang des Concertz 6 Uhr. Anfang der Vor stellung 77 Uhr.

Sonntag im Theater: Pariser Leben. Im Park: Großes Doppel Concert.

Rroll's Theater. Sonnabend: Der Haide schacht. Oper in 3 Akten von Franz von Holstein. (Helge: Ernestine Heink.)

Sonntag: Gastspiel des Sgr. Frances co d' Andrade. Don Jnan.

des ganzen Garten Etablissements. a des Concerts 6 Uhr. Anfang des Theaterg r.

Adolph Ernst - Theater. Sonnabend: Zum 175. Male: Unsere Don Juans. Gesangeposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron. Anfang 74 Ubr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Der Sommer ⸗Garten ist geöffnet.

Thomas - Theater. Alte Jakobstraße 20.

Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Zum

9. Male: Im siebenten Simmel. Posse mit

Gesang in 3 Akten (4 Bilder) von Jean Kren.

Musik von Jobannes Doebber. In Seene gesetzt

vom Direktor Emil Thomas. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Geboren! Ein Sohn: Hrn. Prem Lieutenant Georg von Lösecke (Celle) Hrn. Pastor G. Rauterberg (Lauenau). Hrn. Guts besitzer G. Dyck (FKonradswalde). Eine Tochter: Hrn. Ingenteur W. Marris (Dannover). Hrn. Rechis anwalt Settegast (29d).

Gestorben: Rittmeister a. D. n. Rittergutsbesitzer auf Klein · Benz 8 von Dewitz (Falkenstein a Taunus) Pr. Justiz Rath Aug. Gericke (Gronau). Hr. Apothekenbesitzer Franz Bach⸗ mann aus Berlin (Agnetendorf 1 / Schlesien). 8 Hotelbesitzer Ernst Hensel (Berlin). Hr.

ürgermeister Bernhard Collin (Sulau).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagz⸗ Anstalt, Berlin 8Ww., Wilhelmstraße Nr. 33. Füuf Beilagen leinschließlich Borsen · Beilage).

Er st e Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 184.

Etatistik und Volkswirthschaft.

Zur wirtbschaftlichen Lage im Fabre 1890 äußert sich der Jabresbericht der Handelskammer von Görlitz:

Im Großen und Ganzen kann die allgemeine Lage keineswegs eine unbefriedigende genannt werden, wenn auch das Jahr 1890 nicht so günstig gewesen ist, als das vorangegangene Die Industrie hat mit der Höbe der Koblenpreise und der Löhne rechnen müßsen.“

Die Handelskammer von Frankfurt a. O. schreibt in ihrem Jabreabericht: . . .

„Die allgemeine Geschäftslage war in der ersten Hälfte des Jahres befriedigend, auf einzelnen Gebieten sogar sehr lebbaft; in der zweiten Hälfte begann das Geschäft jedoch in einzelnen Branchen nachzulaffen und war Ende des Jahres fast auf allen Gebieten matt.

Wenn auch Arbeiterentlassungen nicht baben stattzufinden brauchen, so bedurfte es doch auf Kosten des Gewinnes besondeter Anstrengungen der Jadustrie, um den eingestellten Arbeitern dauernd Beschäftigung geben zu können. ; . .

Unter den Ursachen des lebbaften Geschäfts in dem größeren Theile des Jahres und des ziemlich rasch eingetretenen matten Ge⸗ sckäfts gegen Ende des Jabres dürfte die in dieser Zeit erfolgte wesent ˖ liche Erböoͤhnng der Zölle in den Vereinigten Staaten on Nord Amerika eine bedeutende Rolle spielen. Der schlechte Ausfall der Kartoffelernte verbinderte die gewohnte umfangreiche Herstellung von Stärke, Stärkesprup und Zucker. . . .

Die arbeitende Bepölkerung batte bei den im Spätherbst so sehr fleigenden Preisen aller Lebensmittel und der Kohlen einen sebr schweren Stand, und da der Arbeiter einen bei weitem größeren Theil seines Verdienstes als bisher für seine Ernährung ausgeben mußte, blieb ibm weniger für andere den Handwerkerstand und die Industrie beschäftigende Bedürfniffe übrig, auch in den Mittel⸗ und besseren Ständen verurfachten jedenfalls die hoben Lebensmittelvreise die vor. banden gewesene geringere Kaufluft für andere Bedürfnisse., was namentlich durch das wenig befriedigende Weihnachtsgeschäft zum Ausdruck kam. ;

Es ist demnach mit Genugthunng zu konstatiren, daß die bohe Staatsregierung durch Schließung von Handeleverträgen unserer Industrie erneute und vermehrte Absatzgebiete, wie auch Lurch Herab— fetzung der Zölle auf die nothwendigsten Lebensmittel den Konsumenten eine billiger Lebensfübrung zu schaffen bestrebt ist, und begrüßen wir den Abfchlaß des deutsch österreichischen Handelsvertrages mit großer Freude in der bestimmten wartung, daß die Bemühungen, auch mit anderen Staaten derartige Verträge zu schließen, mit bestem Erfolg gekrönt sein werden.“ .

Die Handels. und Gewerbekammer von Dresden äußert sich wie folgt:

Bas Jahr 1890 weist in mehrfacher Beziehung wesentliche Ver⸗ schiedenbeiten von seinem Vorgänger auf. Die Hoffnung auf un⸗ geschwächte Dauer des seit Ende 1888 eingetretenen Aufschwunges von Handel und Industrie, die man auf Grund der während des ganzen Jahres anbaltend friedlichen, durch keinerlei Besorgniß gefrübten politischen Lage zu begen berechtigt war, hat fich nur zum Theil erfüllt; dem Aufschwunge ist vielmehr im Allgemeinen ein ruhigerer Geschäftsgang gefolgt, der bei einigen Industriezweigen zeitweilig zur Geschäftsstille wurde, bei einzelnen sogar tbatsächlich sich zum Rückgange gestaltete. Trotzdem glauben wir, sowobl was im Besonderen Handel und Industrie unseres Kammerbezirks, als auch was die volkswirthschaftliche Ent- wickelung unseres deutschen Vaterlandes im Allgemeinen betrifft, das Gefammtergebniß noch als befriedigend und das Jabr 1860 als besser wie die Mitte der achtziger Jahre vorangegangenen bezeichnen zu dürfen.“

Als Ursachen des Rückgangs bezeichnet die Kammer unter Anderem die Ueberproduktion des Vorjahres, die Mac-⸗Kinley-⸗Bill und die Silber -Bill in Nord⸗Amerika, die Wirren in Argentinien, den Stur; des Weltbausts Baring in London, um dann, wie folgt, fortzufahren:

Mit all' diesen, eine frische Entwickelung von Handel und Induffrie hemmenden Faktoren bing eng zusammen die Preisbildung vieler Industrieerzeugnisse. Vermehrtes, zu Zeiten stürmisches Angebot, theils in Folge tbatsächlicher Ueberproduktion, theils veranlaßt durch den befürchteten oder wirklichen Verlust von Absatzgebieten, ließ die im Jadre 1889 für manche Fabrikate errungenen Preis aufbesserungen größten ˖ theils wieder verschwinden, auch die Konventionen, die zur Aufrechterhaltung der Preise geschlossen worden waren, konnten vielfach dem Andrange nicht widersteben und lösten sich auf. Dagegen bielten sich die Preise der mei ten Rohmaterial len und Betriebsmittel auf dem im Vorjahre erreichten hoben Stand; in erster Linie galt dies von dem der In— dustrie unentbehrlichsten, den Koblenz; ja mebrfach wurde die Steige rung der Kohlenpreise erst im Berichtejahre voll füblbar, da frühere, zu billigeren Preisen gemachte Abschlüsse in seinem Verlaufe zu Ende gingen. Ganz besonders hatte, um ein Beispiel aus unserem Bezirk anzuführen, die auf den Bezug böhmischer Braunkohlen angewiesene, fo fehr ausgebildete keramische Industrie in allen ibren Zweigen mit deren Vertbeuerung ju kämpfen. Prei serböbungen, zum Theil in recht erheblichem Maße, traten ein bei mebreren Chemikalien,

namentlich Schwefelsäure, bei Weißblech, Gerste, Fellen und Häuten, Spirims, Talg; Preisrückgänge weisen Roheisen, einige Eisen⸗ balbfabrikate, baumwollene Webstoffe auf. In den Löhnen ist mehrfach eine kleine, durch die Vertheuerung des Lebensunterhalts gerechtfertigte Steigerung ju verzeichnen, keinesfalls aber der Ge- sammtdurchschritt niedriger als im Vorjahre gewesen.“

Der Einleitung zum Bericht der Kammer in Stuttgart ent nehmen wir Folgendes: . R

Das Wiribhschaftsjahr 1390 nahm einen guten Anlauf; viele glaubten sogar, wir stünden vor einer neuen Aera, einer Periode weiteren nachbaltigen Aufschwungs. Aber ungeachtet der fried⸗ lichen politischen Lage und der reichen Ernte, welche die gute Stimmung an sich unterstützte und die Kauf⸗ und Kon sumtionsfahigkeit belebte, erbrachte das zweite Halbjahr fast auf allen Gebieten einen unerwarteten Rückschlag und mit Aus— nabme etwa der Handelsmüblen, der Maschinenindujstrie, der Fabrikation kunstgewerblicher Metallarbeiten, des Handels mit Getreide, Sprit, Delen, Indigo u. s. w. wobl allseitige Enttäuschung. ... Für das Refültat des Geschäftsjahres war hauptsaͤchlich die Erledigung der schwierigen Aufgabe: die mehbrseitige Steigerung der Arbeitslöhne, des Feuerungsmaterials, der Roh und Hülfs⸗ stoffe auch im erkauft preis jur entsprechenden Geltung zu bringen, entscheidend gewesen. Die Versuche hierzu konnten fast keinem Industriezweige gelingen. In kurzer Zeit stellte das wirtbschafliiche Leben, unter dem Zeichen der Muthlosigkeit und rückläufigen Konjunktur, ein Bild voller Gegensätze dar; steigenden Geldwerth und Barkdiskont, aber auch hohe Koblenpreise und bobe Arbeitslõhne; ferner zugleich langfames Fallen der Preise füt Rohmaterial und fertige Waare, aber dessenungeachtet Forfsetzung der Betriebs erweiterungen; endlich eine reiche Ernte und trotzdem keine Verbilligung der Lebensbaliung. Zu diesem Verlauf kat die Arbeiter · Agita⸗ tion, welche zugleich mit der durch die Lebensmitteltheuerung hervor-

gerufenen Lohnbewegung nebenber ging, auch ihren Theil a . .. Kann man nun auf den Verlauf des Geschäftsganges vielfach das Sprichwort: ‚Gut begonnen, schlecht berronnen? anwenden, so ist es jzunächft für den Verfolg der sogen. ‚Ueberproduktion' interessant, zu beobachten, daß auch im Vorjahre die Produktion ungeachtet oder genauer in Folge der Schmälerung des Nutzens und

Berlin, Freitag, den 7. August

der Erböhung der Produktionskoften, wie sie mit der Ver⸗ tbeuerung cer wichtigsten Betriebs˖ und Rohmaterialien gegeben war, nur in wenigen Branchen eingeschränkt wurde. In dem Be⸗ streben, durch Vermehrung des Umsatzes einen entsprechenden Aus- gleich für das stetige Sinken der Preise zu schaffen, suchte man namentlich in der Tricotweberei, Werkjeng⸗, Schuh⸗, Paxier und Metallwaarenfabrikation, Spinnerei und Weberei u. s. w. die vor⸗ bandenen Betriebsemrichtungen thunlichft aus zunützen und durch Ver- beflerungen und Ergänzungen auf den böchstmöglichen Grad der Leistungsfäbigkeit zu bringen, andererseits nahm man zablreiche, mit- unter beträchtliche Erweiterungen der bestehenden Anlagen vor. Daraus erklärt es sick, daß die weitveriweigte Maschinenindustrie fast der einzige Fabrikationszweig ist, der auch auf das Jahr 1890 mit Befriedigung zurückschauen kann (bemerkenswerth ist, daß fast allein nur diese Industriegruppe in der Gründungstbätigkeit keinen Rückgang aufweist: 1390 wurde in Deutschland ein Aktienkapital von 55 Mil- lionen Mark gegen 42 Millionen Mack in 1888, 18 in 1888, 6 Millionen Mark in 1887 im Maschinenbau angelegt)

Die Kammer in Ulm konstatirt, daß auf dem wirthschaftlichen Gebiete, namentlich in der Großindustrie auch beuer die friedliche und ruhige Entwickelung der politischen Lage erfreuliche Erschei⸗ nungen ju Tage gefördert babe; doch, konnten mit der stetigen Zunahme des Umsatzes die Preise in einer ganzen Reihe von wichtigen Geschäftszweigen nicht gleichen Schritt balten, faft aus allen Branchen wird Rückgang der Verkaufspreise und des geschäftlichen Nutzens gemeldet Immerhin kann das ab— gelaufene Wirthschaftsjahr für den biesigen Kammerbesirk im All⸗ gemeinen als ein verbältnißmäßig günstiges bezeichnet werden; auch unser Bezirk hat an der anderwärts beobachteten aufstrebenden Be⸗ wegung einigen Antheil genommen.?“

Die Kammer in Heilbronn schreibt: Nach den uns ror— liegenden Zablen der Verkebrsstatistik haben Industrie und Handel auch in diesem Jahre an Bewegung und Umfang wieder zugenommen. Daß indeß die Annahme: mit Hebung des allgemeinen Verkehrs werde auch die Ectragssteigerung der einzelnen Geschäfte gleichen Schritt halten, eine falsche ist, hat wobl kaum ein Geschäftsjahr unzweifel⸗ hafter bewiesen, als das abgelaufene.“

Zur Sachsengängerei. ; Zu den Uebelständen, unter denen die Landwirthe in Schlesien

schwer zu leiden haben, gehört hauptsächlich auch die schon vielfach

erörterte Sachsengãngerei. Es scheint wie uns von dort ge⸗ schtieben wird —, als wenn sich nach dieser Richtung bin ein Um- schwung vorbereitete. Die frühzeitige Rückkehr sogenannter Sachsen—⸗ gaͤnger in ibre Heimathäorte läßt erkennen, daß der Reiz, in ent⸗ fernteren Gegenden Beschäftigung anzunebmen, sich anfängt zu verlieren, und daß die Einsicht, daß dauernde Arbeit in der Heimath der Wanderbeschäftigung vorzujieben sei, mehr und mehr bei den Sachsengängern zurückzukehren beginnt.

Zur Arbeiterbewegung.

Der sozialdemokratische Gewerkschaftskongreß, der für den Herbst d. J. geplant war, wird in Folge einer Umfrage der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch— lands bis zum Frühjahr nächsten Jahres verschoben werden. Der „Vorwärts“ theilt in dieser Beziehung Folgendes mit:

Die Generalkommission hat sich an die Vorstände der Central⸗ vereine und die Vertrauensleute der Gewerkschaften gewandt, um diese entscheiden zu lassen, ob der projektirte Gewerkschaftskongreß noch in diesem Jahre abzuhalten sei oder bis zum Frühjahr des nächsten Jahres vertagt werden solle. Die Ursache dieses Vorgehens war, daß die Kommissson von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam ge⸗ macht wurde, daß die Einberufung des Kongresses in diesem Jabre nicht ratbsam sei, weil einmal die Meinung über eine engere Verbindung der Gewerkschaften noch nicht genugend geklärt ware, andererseits aber die Genossen durch die Deckung der Unkoften für die vielen in diesem Jahre stattfindenden Kongresse zu sehr belastet würden. Die Abstimmung bat folgendes Resultat ergeben: Von den in Deutschland bestebenden 59 Centralvereinen betheiligten sich 40 an der Abstimmung. Für die Vertagung des Kongresses bis zum Früb— jahr des nächsten Jahres erklärten sich 23, für Einberufung in diesem Jehre 17 Vorstände. Von den Vertrauensleuten erklärten sich für die Vertagung drei, gegen dieselbe einer. Dieses Ergebniß der Ab- stimmung legt der Generalkommission die Verpflichtung auf, den Kongreß bis zum Frübijabr des nächsten Jabres hinauszuschieben.

Ueber die Ausstandsbewegung veröffentlicht die Generalkommission folgenden Situationsbericht:

In Potsdam (Fabrik von Denker) wurden den Tabackarbeitern wiederholt derartig große Abrüge von dem Akkordpreis gemacht, daß der Verdienst zur Fristung der Existenz nicht mehr ausreichte. In Folge dessen saben sich die Genossen (41 Arbeiter und 11 Arbeiterinnen) genöthigt, die Arbeit einzustellen, um hierdurch den Fabrikanten ju zwingen, den Lohn auf der alten Höhe zu belassen. In Hamburg stellten 198 Brauer der Hansabrauerei die Arbeit ein, weil ihnen früber gebotene Vortbeile, als verkürzte Arbeitszeit und Bejahlung der Ucberstunden, allmählich wieder entzogen werden sollten. In Barm stedt (Schuhmacher) ist eine Aenderung des Verhält⸗ nisses noch nicht eingetreten Die Former in Bernburg haben in der Fabrik nicht wieder Anstellung gefunden, sondern sich ander weitige Beschäftigung (in anderen Berufen) gesucht, doch sind einzelne der Ausgesperrten noch arbeitslos. Am 27. Juli kamen achtzig Kesselreiniger der Hamburg ⸗Amerikanischen Packet⸗ fabrt⸗Aktiengesellschatt zum Ausstand. Den Leuten wurde bis dabin für Arbeiten, welche außerbalb Hamburgs verrichtet wurden und bei denen es den Arbeitern nicht möglich war, nach Hause zu kommen, eine Extravergütung von vier Stunden Arbeitszeit bejablt. Nunmehr sollte diefe Extravergütung auf zwei Arbeitsftunden reduzirt werden. Auf eine bei der Direktion gemachte Vorstellung erklärte diese, für das unbotmäßige Auftreten der Arbeiter auch die anderen beiden Extrastunden fortfallen zu lassen, worauf die Arbeitseinstellung erfolgte. ;

Hier in Berlin fand am 5. d. M. eine Versammlung „für sämmtliche in Berlin lebende Parteigenossen der Kreise Witten⸗ berg, Schweinitz, Torgau und des Regierungsbezirks Merseburg“ stait Behufs Gründung einer landsmannschaftlichen sozialdemokratischen Berbindung. Doch scheint die Parteileitung mit den bierdurch bekundeten Sonderbestrebungen einzelner Parteigruppen, wie man der „Mgdb. Ztg.“ schreibt, nicht einverstanden zu sein. Während nämlich von den Einberufern end einigen anderen Rednern die Nothwendigkeit ju solchen landsmännischen Verbindungen für die Agitation in der Provinz und namentlich in jändlichen Gebieten derselben betont wurde, wiesen zwei Mitglieder des Parteivorstandes, der Metallarbeiter Görsch und der Partei⸗ sekretär Fischer, auf das Nachtheilige einer bieraus sich von selbst ergebenden ‚Decentralisationꝰ hin, die der Parteileitung die Uebersicht erschwere und ibre Verantwortung erböhe und auf. Unternehmungen ausdebne, die zu kontroliren sie nicht in der Lage sei. (Vgl. Nr. 179 d. Bl.) Das Ergebniß der Verbandlungen war denn auch ein den Ansichten des Parteivorstandes entsprechendes. Die beantragte Grün⸗ dung eines Vereins wurde abgelehnt. Doch soll ein Agitations comits gewählt und zu diesem Zweck eine zweite Versammlung der Betheiligten einberufen werden.

1891.

Aus Frose wird der Halberst. Ztg. gemeldet, daß die Be⸗ legschaft der Anhaltischen Koblenwerke die Arbeit nieder⸗ gelegt bat

In Leipzig bat, wie die Lrz. Ztg. unter dem 5. d. M. meldet, der Tõpferst rike begonnen. Viele Gebülfen baben bereits die Arbeit niedergelegt, andere werden abreisen, wenn sie die an⸗ gefangene Akkordarbeit beendet haben. Das Gewerkschaftskartell hat den Strike als einen Abwebrftrike anerkannt und die Unterstützung der Strikenden beschlossen, wird auch die Seneral-⸗Kommission der deutschen Gewerkschaften in Hamburg in diesem Sinne zu bestimmen suchen.

Die Soiialdemokraten in Frankfurt 4. M. beauftragten, wie der Vorwärts berichtet, in einer am 3. August stattgehabten Parteiversammlung, zu welcher auch aus Höchst⸗Asingen und Panau zablreiche Genossen' erschienen waren, den zum Brüsseler Kongreß gewäblten Dilegirten Bildhauer E. Fischer, bei der Acht stundenftage resp. dz Maifeier den Standpunkt der Fraktion einzu—⸗ nehmen und ferner babin zu wirken, daß der Kongreß Stellung nehme, wie sich die Sozialisten im Fall eines Krieges verbalten sollten.

Aus Hückeswagen wird demselben Blatt mitgetheilt. daß in der Tuchfabrik von Gebrüder Schnabel am 3. August die Weber die Arbeit niedergelegt baben. Als Grund des Ausfstandes wird Folgendes angefübrt: Vor einigen Wochen wurde den Arbeitern ein neuer Lobntarif vorgelegt, welcher eine bedeutende Lo hnredu kt: on in sich schloß Auf die Beschwerde der Arbeiter wurde diesen gesagt, sie sollten für den alten Lobn weiter arbeiten, bis Herr Otto Schnabel von der Reise zurückgekehrt sei. Die Arbeiter suchten nach der Rückkebr des Herrn auf gütlichem Wege eine Einigung zu erzielen, erklärten sich sogar bereit, sich von einigen Waaren noch einen Abzug gefallen zu lassen; trosdem scheiterte der Versuch einer Verständigunz.

Aus Birmingham wird der Rb. Wenf. 3g. ein niht un— bedeutender Ausstand gemeldet. Ja den Werken ron Messte Kynoch haben ungefäbr 3000 Mann die Arbeit eingestellt. Die Differenzen haben ihren Grund allein darin, daß die Direktoren von neuangeftellten Arbeitern die Unterzeichnung eines Rerxerses ver⸗ langten, wonach diese sich verpflichteten, keiner Arbeiter⸗Union oder Vereinigungen ähnlicher Tenden; beizutreten und zugleich irgend etwas, was gegen die Interessen des Werks sei, mitzut heilen. Ferner ist in East Worcestershire und Staffordshire von den Arbeitern einer Nagelfabrik die Forderung einer Lobnerhöhung um 1000 gestellt worden. In den South Stokton Iron Works ist die Arbeitseinstellung der Puddler friedlich beigelegt worden. Die Arbeiter baben nachgegeben, di sind entlassen worden.

Dauptagitatoren sind e Auch in der Lowe moor⸗C any bestehen Differenzen mit den Arbeitern.

Kunst und Wissenschaft. Gedächtnißfeier.

Wie schon in Nr. 180 des „R. u. St.⸗A.“ erwähnt, be⸗ ging die hiesige Universität am 3. August d. J. die Feier zum Gedächtniß ihres erhabenen Stifters, des Königs Friedrich Wilhelm III. in dem großen Hörsaale des Universitäts— gebäudes. Der Sitzung wohnten bei: der Staats-Minister Graf von Zedlitz-Trützschler, der Unter-Staatssekretär D. von Weyrauch, der Ministerial-Direktor de la Croix und mehrere andere höhere Beamte.

Die Feier wurde mit dem Vortrage eines Gesangsstücks des akademischen Gesangvereins eröffnet, worauf der zeitige Rektor, Professor ord. Dr. Tobler die Festrede in deutscher Sprache „Ueber Dante und vier Deutsche Kaiser“ hielt, welche wir in Nr. 180 des „R. u. St. A.“ veröffentlicht haben. Hierauf trug der Rektor die Urtheile der Fakultäten über die eingegangenen Preisbewerbungsschriften unter Bekannt— machung der neuen Preisaufgaben vor.

Es erhielten:

in der theologischen Fakultät den Königlichen Preis:

Stud. theol. Max Bajorath aus Ostpreußen;

den städtischen Preis:

Stud. theol. Georg Wobbermin aus Pommern und Stud. theol. Rudolf Berlinicke aus Berlin;

in der medizinischen Fakultät den Königlichen Preis:

Stud. med. Johannes Mann aus Anhalt und Stud. med. Herwarth Kornblum aus Schlesien; den städtischen Preis: Stud. med. Gustav Mann aus Württemberg;

in der philosophischen Fakultät für die Bearbeitung der Preisaufgabe des Königlichen Preises eine öffentliche Belobigung:

Stud. phil. Felix Lampe aus Berlin.

Mit Gesang schloß die Feier.

Die Glasgemälde aus der Lan dauer⸗-Kapelle

in Nürnberg.

H. Z. Von den zahlreichen Schätzen der Kleinkunst, die im Laufe der letzten Jahre eine bleibende Statte im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum gefunden haben, darf die durch Kaiserliche Munificenz ermöglichte jüngste Erwerbung dieses Instituts, die erst seit einigen Tagen öffentlich ausgestellte Folge von Glasmalereien der Renaissanee, wohl am Meisten das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen. Man kann es sich nicht ver⸗ hehlen, daß den Meisterwerken der Goldschmiedekunst, der Kunsttöpferei und der anderen Zweige des Kunsthandwerks nur von einem wenig umfangreichen Kreise von Praktikern, gelehrten Fachleuten und Liebhabern ein mit Verständniß ge⸗ paartes Interesse zu Theil wird. Weitaus größer ist die * derer, die für die Werke der Malerei das nothwendige Ver⸗ ständniß zu befitzen glauben, und die deshalb thatsächlich Bildern ihre Aufmerksamkeit und Beachtung gewähren.

Das kommt auch den mit ähnlichen Mitteln wirkenden Arbeiten der Glasmalerei zu Gute, und um so mehr, wenn es sich wie hier um ein monumentales Werk aus der Blüthezeit deutscher Kunst handelt, das mit dem Namen unseres größten Meisters Albrecht Dürer in so enger Verbindung steht. Es ist eine Serie von acht Scheiben, jede 90 em hoch und 45 em breit, die nach langer Vergessenheit jetzt wieder in leidlich wohl erhaltenem Zustande aufgetaucht ist. Es hat sich feststellen lassen, daß sie im Anfange dieses Jahrhunderts aus Nürnberg entfernt worden sind; sie befanden sich dann unbe⸗ achtet und unbenutzt auf einem Gute in Schlesien und ge⸗ langten vor Kurzem nach Leipzig, wo Profe ssor Hasel⸗ berger, dem die Wiederherstellung übertragen worden war?