1891 / 197 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

der Mangel an Lebensmitteln und an Heizmaterial sich immer mehr fühlbar machte, auch die Beschießung einzelner . der Südfront in äußerst wirksamer Weise fd, war.

Den Schluß des meisterhaft geschriebenen Werkes bildet die Kapitulation von Paris, der durch die Operationen des Generals von Manteuffel veranlaßte Uebertritt der So G66 Mann starken Bourbaki schen Armee auf Schweizer Gebiet, der Waffenstillstand, der Ein z in Paris, ein kurzer Rückblick auf den Aufstand der Kommune und der Rückmarsch der deutschen Truppen. Ueber die Leistungen und die Opfer der Deutschen äußert sich der Feldmarschall folgendermaßen:

„Der mit Aufbietung gewaltiger Kräfte von beiden Seiten

geführte Krieg war bei rastlos schnellem Verlauf in der furzen

eit von sieben Monaten beendet. Gleich in die ersten vier Wochen allen acht Schlachten, unter welchen das französische Kaiserthum , . und die französische Armee aus dem Felde ver⸗ chwand. Neue massenhafte, aber geringwerthigere Heeresbil⸗ dungen glichen die anfängliche numerische seberzahl der Deutschen aus, und es mußten noch zwölf neue Schlachten geschlagen werden, um die entscheidende Belagerung der feindlichen Haupt⸗ stadt zu sichern. Zwanzig feste Plätze find genommen worden, und kein Tag ist zu nennen, an welchem nicht größere oder kleinere Gefechte stattgefunden haben. Den Deutschen hat der Krieg große Opfer gekostet, fie verloren: 6247 Offiziere, 135 453 Mann, 1 Fahne und 6 Geschütze. Der Gesammtverlust der e, . entzieht sich der Berechnung, aber allein an Ge⸗ angenen befanden sich in Deutschland 11 860 Offiziere, 371 981 Mann, in Paris 7456 Offiziere, 241 686 Mann, entwaffnet in der Schweiz Al92 Offiziere, SS 381 Mann, im Ganzen 21 508 Offiziere, I02 047 Mann. Erobert wurden 107 Fahnen und Adler, 1915 Feldgeschütze, 5526 Festungsgeschütze. Straß— burg und Metz, in Zeiten der Schwache dem Vaterlande ent— fremdet, waren wieder zurückgewonnen und das deutsche Kaiserthum war neu erstanden.“

Eine dem Werke beigegebene Uebersichtskarte ermöglicht es genau die Operationen zu verfolgen. Für das ein⸗

ehendere Studium der Schlachten und Gefechte wird die Benutzung der Karten des Generalstabswerkes über diesen Feldzug anheimgestellt. .Der Aufsatz „eber den angeblichen Kriegsrath in den Kriegen König Wilhelm's J.“ beseitigt ein für alle Mal in der bestimmtesten Weise die früher weit ver⸗ breitete Ansicht, daß den größeren Kriegshandlungen stets ein Kriegsrath vorangegangen sei. Zum Beweise dafür schildert der Feldmarschall die Ereignisse, die zu dem Beschluß, die Schlacht von Königgrätz zu schlagen, geführt haben. Prinz Friedrich Carl, der am 2. Juli 1866 den Befehl hatte, etwaige größere Streitkräste des Feindes vorwärts der Elbe unverzüglich anzu⸗ greifen, ließ am Abend dieses Tages um elf Uhr dem General von Moltke, der sich schon zur Ruhe begeben hatte, durch den General von Voigts⸗Rhetz in Gitschin die Mittheilung machen, daß das ganze österreichische Heer an der Bistritz aufmarschirt stehe und er die Versammlung der ersten und Elb⸗Armee nahe dem Feinde gegenüber in aller Frühe des folgenden Morgens angeordnet habe. General von Moltke ging sofort zum König, der auch bereits ruhte und nach höchstens zehn Minuten dauernder Unterredung sich mit dem Vorschlage, am folgenden Tage mit Heranziehung aller drei Armeen die Schlacht zu schlagen, einverstanden erklärte.

Auch während des deutsch⸗französischen Krieges von 1870/71 hat nach der Versicherung des Feldmarschalls niemals ein Kriegsrath stattgefunden. Seinem Vortrag bei Seiner Majestãt haben zwar der Chef des Militärkabinets, der Kriegs⸗ Minister und in Versailles, solange das Hauptquartier der III. Armee dort lag, auch der Kronprinz, alle jedoch nur als Zuhörer beigewohnt. Graf Moltke sagt darüber wörtlich: „Der König forderte von ihnen zuweilen Auskunft über das Eine oder das Andere; aber ich erinnere mich nicht, daß er sie jemals um Rath gefragt hätte, die Operationen oder die von mir gemachten Vorschlaͤge betreffend.“

Den weiteren Veröffentlichungen der Denkwürdigkeiten des Feldmarschalls Moltke, welche in „Briefen“ und „Ver⸗ mischten Schriften“ bestehen, wird man mit um so größerer Spannung entgegensehen, als der vorliegende Band ein glänzendes Zeugniß ist für die universelle Bildung, den feinen Takt, das lebhafte Interesse für alle Zeit und Menschen be⸗ wegenden Interessen und den kösilichen Humor, welche den großen Mann auszeichneten.

Revisionsentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse . des Reichs⸗Versicherungsamts, Abtheilung für Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

49) Das Reichs- Versicherungkamt hat in einer Revisions entscheidung vom 4. Juli 1891 den Grundsatz aufgestellt, daß der Vorstand einer Versicherungsanstalt nicht berechtigt ist, gegen ein ihn nicht beschwerendes Urtbeil des Schiedsgerichts zu Gunsten des Ver- sicherten Revisien einzulegen. In den Gründen heißt es: Es läßt sich vielleicht geltend machen, daß der Wortlaut des 8. 79 des In validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes dem Vorstande der Ver sicherungsanstalt ohne Einschränkung das Recht der Revision gebe, und daß m der Stellung dieser Behörde kein Hinderniß liege, von diesem Recht auch zu Gunsten des Ver— sicherten Gebrauch zu machen z denn es höre der Vorstand auch nach

Anstrengung eines Prozesses nicht auf, ein öffentlichrechtliches Organ zur Wahrung der Rechte der Versicherten zu sein. Dem gegenüber ist aber hervorzuheben, daß, wenn man dem Anstaltsvorstande das Recht zur Reyxisionseinlegung zu Gunsten des Versicherten, also seines Gegners im Streitverfahren, rergleiche 5 8 der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung vom 1. Dezember 1890 gewähren wollte, dies die Ein⸗ führung eines durchaus neuen, jedem sonstigen Projeßoerfahren fremden Rechtsmittels bedeuten würde. Schon bei Durch⸗ führung der Unfallversicherung ist darauf hingewiesen worden, daß für das dert in Betracht kommende, ebenfalls öffentlichrecktliche Gebiet die Zulassung der Rekurseinlegung zu Gunsten des Versicherten umsoweniger geboten erscheine, als die Be⸗ rufegenossenschaft als Träger der Unfallversicherung trotz des Vor⸗ liegens eines schiedsgerichtlichen Urtheils nicht behindert sei, in der Sache selbst einen dem Rentenberechtigten günstigeren neuen Bescheid dann zu erlassen, wenn sie annimmt, daß thatsächlich Anlaß zur Ge⸗ währung einer höheren Rente vorliegt Gu vergleichen Bescheid S660, Amtliche Nachrichten des R. V. M4. 11859 Seite 140. Zu dieser auch für den Bereich der Invaliditäts- und Alters versicherung zutreffenden Erwägung kommt aber hier noch der weitere Grund, daß gemäß S§. 63, 77, 79 des Invaliditäts und Alterg⸗ versicherungsgesetzes in dem Staats kommissar eine behördliche Stelle geschaffen ist, welcher das Recht zusteht, zu Gunsten dez Versicherten, auch ohne dessen Zuthun, Rechtsmittel einzulegen. In diefer Hinsicht führen die Motive zum Gefetzentwurf (Stenographische Berichte äber die Verhandlungen des Reichstages 7. Legislaturperiode ITV. Sefston 1388.89 4. Band Seite 82) aus, es sei Aufgabe des Staats-

dasjenige in vollem Umfange hrt wird, was sie auf Grund des Gesetzes ju fordern haben.“ o hätte auch im vorliegenden Falle die in der Revisionsschrift erörterte Rechtefrage außer von dem Kläger selbst durch eine Revision des Staatskommiffars zur Ent- scheidung des Reicht Versicherunggzamts gebracht werden können; die von dem Vorstand der Versicherungsanstalt eingelegte Revision aber mußte als unzulaäͤssig zuruckgewiesen werden.

59) In einem Fall, in welchem es sich um den Altergrenten . anspruch eines bei einem Königlich preußischen Amtsgericht be schäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreibers) handelte, hal das Reichs Versichtrunggamt in der Revisionsentscheidung vom 12. Juni 1891 über die. Gesichtspunkte, welche fär die Beurtheilung der Frage, ob eine Petson zu den im 5§. 4 Absatz 1 des Invaliditatg und Alters versicherungsgesetzes bezeichneten Reichs oder Staatsbeamten gehört, maßgebend sind, unter besonderer Erörterung der Verhältnisse der bei den preußischen Gerichtsbehörden beschaftigten Lobnschreiber Folgendes ausgeführt: Nach 8. 4 Abfatz 1 des Javaliditãts.· und Altersversicherungsgesetzes unterliegen Beamte des Reichs und der Bundesstaaten und die mit Penstonsberechtigung angestellten Beamten von Kommunal verbanden der Versicherungspflicht nicht. Der Wortlaut dieser Bestimmung ergiebt, daß bei Beamten der beiden erstgenannten Arten die Versicherungspflicht nicht von der Frage nach der Berechtigung zum Pensionsbezuge abhängig ift, daß diese Beamten vielmehr in allen Fällen, gleichviel ob pensions— berechtigt oder nicht, von der Versicherung ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber ist hierbei, wie die Motive (Stenographifche Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 7. Legis laturperiode IV. Session 1888/89 4. Band Seite 67) erkennen lassen, von der Erwägung ausgegangen, daß das Reich und die Bundesstaaten in der Regel auch bei ihren nicht pensionsberechtigten Beamten die Fürsorge für den Fall des Alters und der Invaliditaͤt zu übernehmen pfligen. Hängt hiernach die Entscheidung im vorliegenden Falle von der Beantwortung der Frage ab, ob der bei einem Königlich preußischen Amtsgericht beschäftigte Kläger preußischer Staatsbeamter ist, so erscheint es ferner unbedenklich, daß für die Beurtheilung der Beamtenqualität einer Perfon das öffentliche Recht desjenigen Staats maßgebend ist, in deffen Diensten sie steht, und daß ferner in den Staaten, in welchen es an allgemeinen, für sämmtliche Ressorts gleichmäßig geltenden festen Merkmalen fehlt, die dienstyragmatischen Vorschriften, das heißt die von den zuständigen Stellen für die einzelnen Zweige der Staaksverwaltung ausdrücklich Heer n Normen, von entscheidender Bedeutung sind. Denn jum Begriffe des Beamten gehört unstreitig seine Anstellung“ auf Grund öffentlichen Rechts, und es muß daher, foweit nicht befondere Gesetze, namentlich die Verfasf ungen, Platz greifen, dem Staate und seinen Centralorganen die freie Bestimmung darüber vorbehalten bleiben, ob die zur Verrichtung gewisser Dienste zu berufenden Personen auf Grund einer solchen öffentlichrechtlichen Anstellung oder nur in Kraft eines privatrechtlichen Vertragsverhältniffes anzunehmen find und ob die in Dienst getretenen Personen sei es nach bestimmten Klassen, sei es im Falle des Zutreffens gewisser allgemeiner Momente Die Eigenschaft von Staatsbeamten haben sollen oder nicht. Nach diesen Regeln der Dienstpragmatik haben sich nicht nur die den ein⸗ zelnen Ressort Chefs unterstellten Behörden zu richten; sie sind auch, als dem öffentlichen Recht angehörig, für die mit der Entscheidung von Verwaltungsstreitigkeiten betrauten Gerichtshöͤfe derart bindend, daß insbesondere auch die Frage, ob eine von der Staatsbebörde be⸗ schaͤftigte Person von der Versicherungspflicht gemäß 3 4 Absatz 1 des Invaliditats und Altersversicherungsgesetzes und damit von der Er—= langung einer Altersrente ausgeschlossen ist, von dem Inhalt der einschla⸗ genden dienstpragmatischen Bestimmungen abhängt. Wag den vor—⸗ liegenden Fall anlangt, so kommen, da es an diesbezüglichen generellen Normen in der preußischen Staatsverwaltung fehlt, die besonderen Vorschriften in Betracht, welche von dem Königlich preußischen Justiz⸗ Minister über die Begmteneigenschaft der bei den Justizbehörden beschäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreiber) erlassen sind. Solche finden sich zunächst in dem Kanzlei⸗ Reglement vom 33. März 1885 (-Justis , Ministerialblatt? Seite 120) vor: danach werden die für ein dauerndes Bedürfniß angenommenen Kanzleigehülfen nach den für Staatsbeamte bestehenden Vor—⸗ schriften vereidigt (3. 3); es kann ihnen nach längerer Dienst« zeit ein Mindesteinkommen bewilligt werden (5. 7), welches sie auch während einer Krankheit fortheziehen (5. 12) und welches im Falle ibres Todes den Hinterbliebenen für ein Gnadenquartal gewährt wird (5. 13). Ferner ist sowohl nach Nr. VI 2 der unter dem 22. Februar 1875 bekannt gemachten Ausführungsbestimmungen des Bundesraths zum Militãrpensionsgesetz vom 27. Juni 1871 (. Justiz- Ministerialblatt⸗ Seite 175), wie auch unter Jiffer 5 der Anlage zur Ministeria lauweisung vom 110. April 1883, betreffend die Ausführung des Reliktengesetzes vom 20. Mai 18823 (. Justiz- Ministerialblatt Seite 159), die Beamteneigenschaft der dauernd beschäftigten Lohnschreiber im Sinne der vorbezeichneten Gesctz? ausdrücklich anerkannt. Im Anschluß bieran bat endlich der preußische Justiz⸗Minister, unter besonderer Berücksichtigung der Frage der Versicherungepflicht nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungs⸗ gesetz, durch Runderlaß vom 22. Dezember 1899 bestimmt, daß die bei den Juftizbehörden beschäftigten Kanzleigehülfen (Lohnschreiber) als Justizbeamte jedenfalls dann anzusehen sind, wenn sie jur Be⸗ friedigung eines dauernden Bedürfnisses und mit der Aussicht auf dauernde Beschäftigung angenommen sind, daß dagegen diejenigen Lohnschreiber, welche nur vorübergehend und ausbülfsweise bei den Justizbehörden . beschäftigt werden, zu den Beamten im Sinne des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes nicht gerechnet werden sollen. Dieser Ministerialerlaß bildet nach den obigen Ausführungen die Grundlage für die Beurtheilung der Beamteneigenschaft des Klägers, und es kommt lediglich darauf an, zu welcher der beiden in dem Erlaß bezeichneten Arten von Lohn schreibern er nach den obwaltenden Verhältnissen thatsächlich gehört. Da diese Verhältnisse bisher nicht genügend aufgeklärt sind, so hat das Reichs Versicherungsamt die Sache, unter Aufhebung des auf der unrichtigen Anwendung bestehenden Rechts beruhenden schiedsgericht⸗ lichen Urtheils, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Schiedsgericht zurückverwiesen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Unter, dem Betriebs und Arbeitgsanfseher', welcher nach §. 6 des Unfallversicherungsgesttzes für vorsäzliche bezw. fahr⸗ lässige Herbeiführung eines Unfallg der , oder der Krankenkasse für alle Aufwendungen haftet, ist, nach einem Ur⸗ theil des Reichsgerichts. VI. Civilfenats vom 4. Juni is9i, kur ein solcher Betriebsbeamter zu verstehen, welcher vom Betriebsunternehmer angestellt ist und bestimmte Pflichten in dessen Betriebe zu erfüllen hat. Ein von dritter Seite, insbesondere von dem Bauherrn mit Zustimmung des Bau⸗ unternehmers aufgestellter Aufsichtsbeamter (der selbstverstandlich nicht unter die Kategorien des §. 9 des Unf.⸗Vers.-Ges. fallen darf) ist als Betriebebeamter im Sinne des §. 96 nicht anzusehen.

Ein in Preußen von einer Gemeindebehörde angestellter, aber von der Staatsregierung nicht bestaͤtigter Nachtwächter ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, TJ. Strafsenats, vom 5. Juni 1891, kein Beamter im Sinne des Strafgesetzbuchs.

Etatistik und Volkswirthschaft. Statistisches Fahrbuch.

kommissars, auch darüber zu wachen, daß den Berechtigten, sobald die thatsächlichen Voraussetzungen ihres Anspruchs, nämlich das er=

forderliche Lebensalter eder die Erwerbgunfäbigkeit, anerkannt find,

er . Mühlbrecht in

Landwirthschaft und Gewerbe, Ü und Verkehr, über Geld und?

wesen und Preise, bringt die Ergebniffe der Berechnung gar einer größeren Anzahl von Waaren, theilt die Kefultate Reichstag. wahlen mit und giebt Nachrichten über das Jastij Medlninal⸗= Kriegs und Finanzwesen, über die Kranken. und Unfall dersi ng der Arbeiter sowie uͤber die öffentliche Armenpflege. Diefe gedrangten Uebersichten bilden jum größten Theil Auszüge aus den vom Statistischen Amt herausgegebenen Ouellenwerken „Statistik dez Deutschen Reichs- und Monatshefte zur Statiftik des Deutschen Reichs, stammen aber theilweise, wie namentlich in den Abschnitten über den Post⸗ und Telegraphenbetrieb, über die Eisenbahnen, über das Geld und Rreditwefen. über Medizinal⸗, Kriegs und Finanzwesen, aus anderen amtlichen Quellen. Ueber die Herkunft ist bei jeder Nachweisung unter der Ueberschrift 2 232 , e 6 gan ei 2 Ort bezeichnet wird, ͤ e zur weiteren Erforschung des Gegenstandes erforder⸗ lichen spezielleren Daten zu finden sind. ö. 66 ö

Zur Arbeiterbewegung.

In der vorgestrigen e,, , trat der inter⸗ nationale Arbeiterkongreß in Brüssel in die Ver⸗ handlung über die Strike⸗ und Boykottfrage ein. Es wurde eine Resolution von den deutschen Delegirten ein⸗ gebracht, die gestern angenommen wurde und nach der Ber⸗ liner „Volksztg.“ im Wesentlichen folgenden Wortlaut hat:

Unter den heutigen ökonomischen Verhältnissen sind Strikes und Boykotts eine unumgängliche Waffe für die Arbeitercklasse, einmal, um die auf ihre materielle oder politische Schädigung gerichteten Be⸗ strebungen ihrer Gegner zurückjuweisen, dann aber auch, um ihre soziale und politische Lage nach Möglichkeit innerhalb der bürgerlichen Gefellschaft zu verbeffern. Da aber Strikes und Boykotts zweischneidige Waffen sind, die, am unrechten Orte oder zur unrechten Zeit angebracht, die Interessen der Arbelterklafse mehr schädigen Als fördern können, empfiehlt der Kongreß den Arbeitern sorgfältige Erwägung der Um⸗ stände, unter welchen sie von diesen Waffen Gebrauch machen wollen. Insbesondere betrachtet es der Kongreß als zwingende Rothwendig. keit, daß die Arbeiterklasse zur Führung solcher Kämpfe fich gewerk= schaftlich erganistre, um sowohl durch die Wucht der Zahl, wie auch der materiellen Mittel die beabsichtigten Zwecke erreichen zu können Von diesen Auffassungen ausgehend, empfiehlt der Kongreß allen Arbeitern kräftige Unterstützung der gewerkschaftlichen Organisation, zugleich erhebt er Protest gegen alle Verfuche der Regierungen und der Unternehmerklasse, das Recht der Vereinigung der Arbeiter irgendwie zu beschränken. Zur Sicherung des Koalitions⸗ rechts verlangt der Kongreß: Beseitigung aller Gesetze, welche ge⸗ eignet sind, dem Koalitionsrecht irgend welche Schranken zu ziehen, desgleichen Bestrafung aller Derjenigen, welche die Arbeiter in der Ausubung dies es Rechts verhindern. Der Kongreß macht es allen Arbeitern zur Pflicht. in diesem Sinn kräftig zu wirken. Da eine gesetzliche inter nationale Verbindung der Organisationen der verschiedenen Länder unter den heutigen Gesetzen nicht möglich ist, Jo empfiehlt der Kongreß den Orga⸗ nisationen der einzelnen Länder, ihr Solidaritätsgefühl im Bedarfsfalle

Form muß den einzelnen Ländern überlassen werden. So wünschens⸗ werth eine internationale Organifation auch sein mag, so stehen ihr doch Dindernisse entgegen Der Kongreß empfiehlt daher überall, wo es möglich ist, die Errichtung eines internationalen Sekretariats, welches bei, Konflikten zwischen Arbeitern und Unter nehmern Behufs gegenseitiger Verständigung einzugreifen hat.

In der gestrigen Sitzung sprach der deutsche Delegirte Liebknecht über die Stellung und Pflichten der Arbeiterklassen zum Militaris mus. Sr bemerkte u. A. nach der Wiedergabe eines Berichterstatters Folgendes:

„. Es ist allerdings der Vorschlag gemacht worden: bei Aus- bruch eines Krieges eine Gröve zu veranstalten, d. h. die Soldaten zu veranlassen, sich zulweigern, gegen den Feind zu marschiren; anderer seits wurde der Vorschlag gemacht;: die Soldaten zu veranlaffen, sich bei Beginn jeder Schlacht sofort dem Feinde zu ergeben und' sich gefangen nehmen zu lassen, doch es ist sofort eingewender worden, daß diese Vorschläge unausführbar und deshalb ab— zulehnen seien. Es ist alsdann weiter der Vorschlag gemacht worden: neben dem 1. Mai noch einen Feiertag festzusezen, an dem eine Demonstration für die Völkerverbrüderung stattzufinden bätte. Es wurde iedoch erklärt, daß in Deutschland am J. Mai keine Versammlung statt gefunden habe, in der nicht neben der Demonstration für den Achtstunden⸗ tag eine Demonstration für die Völkerverbrüderung stattgefunden habe. Eine übereinstimmende Eiklärung wurde auch von den fran zösischen und den Delegirten aller andern Länder abgegeben. Aus diesem Grunde wurde auch dieser Vorschlag abgelehnt. Daß der Militarismus eine soziale Frage sei, beweise der Umstand, daß die liberale Bourgeoisie, die früher den Militarismus heftig bekämpft habe, etzt für denselben eintrete. Die. Bourgeoisie wiffe, daß das viele Militär nicht dazu da sei, um gegen den äußeren Feind sondern gegen die Sozialdemokraten zu marschiren. Das Proletariat der ganzen Welt sei einig und kenne keinen äußeren Feind. Das selbe sei in allen Ländern der Fall. Es sei nothwendig, schon heute gegen den Krieg zu protestiren. Vaillant (Paris) äußerte sich ganz im Sinne Liebknecht's.

Wie ein Wolff'sches Telegramm berichtet, wurde von der Kommission eine Resolution beantragt, in welcher es heißt, der Kongreß betrachte es als die Pflicht und das Interesse aller Derjenigen, welche dem Kriege entgegenwirken wollen, in die sozialistische Partei einzutreten, welche einzig und allein eine Partei des Friedens sei. An⸗ gesichts der ö Lage Europas und der Auf⸗ reizungen der herrschenden Klassen appellire der Kongreß an die Arbeiter der ganzen Welt, allen Kriegsbestrebungen und Bündnissen entgegenzuwirken und durch eine Weiterentwicke⸗ lung der internationalen Organisation des Proletariats den Sieg des Sozialismus zu . Der Antrag wurde einstimmig angenommen von sämmtlichen Theilnehmern an dem Kongreß mit Ausnahme der holländischen.

In Her ford tagte, wie der. Vorwärts berichtet, am 16. August eine sozialdemokratische Konferenz jur Besprechung der 1länd⸗ lichen Agitation, welche aus verschiedenen Orten der Wahlkreise Bielefeld ˖ Wiedenbrück, Herford · Halle, Minden. Lubbecke, Lippe⸗Tet mold und Schaumburg-Lippe von im Ganjen 36 Delegirten besucht war; diesen hatten sich aus Herford und Bielefeld noch andere Ge⸗ nossen“ angeschlossen, sodaß an den Berathungen über 100 Per⸗ sonen, theilnahmen. Die Nothwendigkeit einer systematisch betriebenen Agitation unter der ländlichen Arbeiterbevölkerung wurde anerkannt und als zweckmäßigstes Mittel die Verbreitung von Flug⸗ blättern bezeichnet. Man beschloß, daß die Parteigenossen in jedem Wahlkreis für sich den örtlichen Verhältnissen entfprechend die ,. betreiben sollen und in jedem Ort, wo die Partei eine geschlossene Anhängerschaft besitzt, der Vertrauensmann sich der Auf⸗ gabe zu unterziehen hat, die geschaͤftliche Seite der ländlichen Agita⸗ tion zu regeln.

In Plauen i. V. haben nach demselben Blatte die Stein— metzgehülfen per Firma Beyers Wittwe u. Co. wegen rück⸗ ständigen Lohnes die Arbeit niedergeleat.

Im Zusammenhang mit der Berliner Arbeiterinnen bewegung ist, wie die Vosf. Itg. mittheilt, in den führenden Kreisen angeregt worden, auch die weiblichen Dien stboten zu „organisiren . Es wird beabsichtigt, Veisammlungen zum Zweck dieser Organisation des Sonntags Nachmittags abzuhalten.

Der Eutstand im Isergebirge (vergl. die gestrige Nr. 196

Der soeben erschlenene 12. Jahrgang (1891) des vom Kaiserli Statistischen Amt r,, 867 fr en Seh Ee; 6 das Deutsche Reich (205 Seiten nebst 3 graphischen Dar⸗

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d. Bl ) ist der Berliner ‚Volkeztg.“ zufolge vorlaͤufigi beigelegt. Die Glasarbeiter verlangen binnen vierzehn Tagen endgültige Rege⸗

.

stellungen. V von Puttkamm Berlin . 2.49) len han ̊uf, Hauytabschnitten Nachweis ungen über ,

durch gegenseitige materielle und moralische Unterstützung zu beweifen. Die .

ibrer gobnverbkaãstnisfe wiegen ale aufs Neue die allgemeine

I Il. Arb ,. . Qaegrumm aus Paris meldet, griffen

beiter gestern im Bois de Bonlogne Ar⸗

. ie w 6 . . Ausstand betheiligten, mit Steinen und Stöcken an und verletzten mebrere derselben schwer. Die Polijei ußte einen barten Kampf mit den Ausständigen bestehen, ehe es lng, sie zu zerstreuen. Zahlreiche Verhaftungen wurden vor

genommen. unst und Wissenschaft.

Internationale Kunstausstellung in Berlin. VIII.

Italien.

älte, den Eindruck schmetternden Fanfaren⸗

ier en! ö yhare des Gehörs in diejenige des Gesichts⸗ sinnes zu übertragen man müßte einen der heutigen stalienischen Maler mit dieser Aufgabe betrauen, Blendender Farbenschimmer begrüßt uns gleich einer prächtigen Girandola im italienischen Ausstellungssaale. Es scheint, als befänden ich diese Künstler in offener Qpposition zu der leider sonst . überall verbreiteten Auffassung, als sei in der modernen arbenwelt nur Platz für trübselig graue oder im besten alle gleichgültig unbestimmte Ton werthe. Die Thatsache, daß die esperische Sonne reiches und kräftiges Farbenleben weckt, . allein schon das jetzt von den nordischen Künstlern zu⸗ meist stolz verschmähte Italien noch immer als eine Stätte künßstlerischer Verjüngung und Kräftigung erscheinen. Die Jüngslen unter den Modernen, welche die sentimentale Italien⸗ schwärmerei älterer Geschlechter für abgethan erklären und ausschließlich ihre Blicke nach der Dunstsphäre von Paris wenden, müssen sich die beschämende Lehre gefallen lassen, daß die Kunstgenossen jenseits der Alpen dem noch nicht gegen jeden kräftigen Farbenreiz abgestumpften Auge weit mehr zu bieten haben, als sie. Darum ist ihre Kunst keineswegs in der technischen Vervollkommnung zurückgeblieben; aber das füdländische Temperament hat sich mit den neuen Problemen anders abgefunden, als nordische Blasirtheit und Tüftelei. Daß hier und da diese Auffassung für den be⸗ dächtigen Deutschen etwas spielerisch und grell erscheint, darf nicht Wunder nehmen, aber da sie sich fast durchweg auf die Darstellung der italienischen Natur und des einheimischen Volkslebens beschränkt, bleibt sie durchaus immer in den Grenzen ihrer Berechtigung. Von der faden Süßlichkeit, mit der man früher die Typen des südlichen Volkslebens zu parfümiren liebte, hat sich die italienische Kunst in den letzten Jahrzehnten glücklich emanzipirt. Das lehrt ein Vergleich der noch in der alten Eleganz steckengebliebenen beiden Bilder von F ran ces co Vineg, hiftorisches Genre ohne rechte Kraft und Saft, sowie der „Grasmücke“ Pennacchini's mit den Schöpfungen eines Miechetti, Segantini u. A. Freilich ganz ist die Liebhaberei für das Zierlich-⸗Empfindsame noch nicht geschwun—⸗ den. Das beweisen außer den schon genannten Arbeiten Vinea's und Pennacchini's auch die ‚Wäscherinnen am Garda⸗ see“ von Ettore Tito, die gleichwohl dem modernen Empfin⸗ den weit mehr Konzessionen machen, als seine Venezianerin“, die in einem der engen Gäßchen ihrer Vaterstadt Einlaß in ein Haus begehrt (23772), sowie das technisch sehr gewandte Aguarell Augusto Corelli's, der ein jugendliches musika⸗ lisches Genie, umringt von seinen bäuerischen Genossen, sich vor einem nachdenklich dreinblickenden Kenner produziren läßt, sowie die Aquarelle von Simoni und Bompigni, die in einem Nebenfaal ihre Aufstellung gefunden haben. Auch die wenigen , wie die trotz aller Sorgfalt oberflächliche Madonna arab bino's, die ehrenwerthen aber durchaus langweiligen Arbeiten von Guglielmo de Sanctis und Jacovacci in Rom, die grell theatralische und doch innerlich leblose Dar⸗ stellung des gewaltsamen Todes der Virginia von Camillo Miola, und die in Ansehung des Stofflichen virtuos gemalte Ausstellung der Leiche Maria Spinelli's von Eroli verleihen der Physiognomie des italienischen Saales keine sonderlich her⸗ vorstechenden und sich lebhast einprägenden Züge. Wir müssen die Schilderer der Landschaft und des Landlebens aufsuchen, um über das Können der modernen italienischen Maler uns ein richtiges Urtheil zu bilden. Am Selbständigsten erscheint hier der Mailänder Giovanni Segantini, dessen ausgestellte elf Bilder zugleich einen ausreichenden Ueberblick über den Umfang seiner Fähigkeiten gewähren. Sein Farbensinn hat sich in dem reinen und kalten Licht der Hochalpen gebildet, deren Landleben er mit Vorliebe schildert. Eine breite Pinsel⸗ führung, belebt durch kleine in die Hauptmassen hineingesetzte Lichter und Farbenstrichelchen. Vorwiegen blaugrauer Töne und ein ungewöhnlich sicheres Formgefühl zeichnen seine Bilzer aus. Wir fühlen in dem großen Bilde aus dem Engadin, das in vielen Stücken an ein auf der internationalen Aus— stellung zu Paris 1889 ausgestelltes Bild erinnert, die schnei⸗ dend kalte Luft der von Schneebergen umsäumten Hoch⸗ gebirgsthäler aus diesen Farbentönen, von unerbittlicher Schärfe und Härte heraus; der Künstler verschmäht jede Vermittelung, wie auch in den Typen der Menschen und Thiere, welche er in diese Umgebung, gestellt hat. Die in dieser Beherrschung des ungewöhnlichen Farben⸗ problems sich aussprechende Sicherheit empfinden wir auch in den übrigen Schilderungen schweizerischen Landlebens, wie in der „Rückkehr in den Schafstall“, die nur durch das eber⸗ wiegen graublauer Töne etwas einbüßt, in der „braunen Kuh y, „Winter im Engadin“ und dem „Mädchen an der Quelle“, einer sehr keck gemalten Studie. Wo sich der Künstler da⸗ gegen von der Wiedergabe der Natur abwendet und sich ins Mystische verliert, sind seine Leistungen weit weniger er⸗ freulich. Das ganz licht gehaltene „Ayse Maria“, die Madonna mit dem Christuskinde in einer Frühlingslandschaft, auf einem Baumstamm ausruhend, zeigt sehr störende Härten in der Karnation und eine keineswegs tiefe Auffassung; in dem „Nirwana genannten Bilde stellt er ein Hochalpenthat dar, hinter dessen Schneebergen die Sonne versunken ist, während sich die aufsteigenden Wölkchen des Abendnebels, noch theilweise von den letzten Strahlen des Tagesgestirns beschienen, zu Jung⸗ frauengestalken in langwallenden Gewändern verdichten, die in feliger Ruhe dahinschweben. Bei dieser an sich sinnig er⸗ dachten Aufgabe versagen dem Maler derb realistischer Motive durchaus die Kräfte, und die Allegorie verflüchtigt sich gleich jenen Nebelwölkchen vor dem Blick des Beschauers, ohne einen tieferen Eindruck zu 1 Paolo Michetti kennt die Grenzen feiner Kraft weit besser und bewegt sich innerhalb derselben mit einer Sicherheit und Frische, die ihm allseitige Bewunderung einträgl. Die Freuden der heimath⸗ lichen Bevölkerung am Abhang der Abruzzen, jenes schönen, jeichtsinnigen und abergläubischen Volksstamines, der die besten

ungern seine Freiheit dem Kriegsdienste opfert, sind es, die

Michetti mit unerschöpflicher Lustigkeit und einem verblüffen⸗

den Farbenreichthum zu schildern unternimmt. Auch Michetti

hat sich erst allmählich von dem Hange, diese Volkstypen

durch zierliche Feinmalerei gewissermaßen long zu machen,

frei gemacht. Die drei kleinen Bildchen, welche die Königliche

Gemäldegalerie zu Monza für die diesjährige Ausstellung her⸗

gegeben hat, „Hirtin mit Truthühnern“, „Hirtenmädchen mit

Schafen“, „Bauern und Bäuerinnen in den Abruzzen“, be—

weisen das. Die Gesichter scheinen in die keck, aber in zarten

Tönen gemalte Umgehung wie Emailplättchen eingesetzt. So zierlich

vertrieben ist die Pinselführung, so glatt und glaͤsern die Modelli=

rung. Aber schon die 1878 gemalte „Serenade“ bezeichnet einen

bemerkenswerthen Fortschritt zu freierer Far ben⸗ und Formen⸗

gebung. Auf einer unmittelbar über der Stadt gelegenen An⸗

höhe, wo sich der Blick auf das weite tiefblaue Adriatische Meer

öffnet, hat sich am Spätnachmittag eine Schaar von Burschen

und Dirnen zusammengefunden, die den zur Mandoline er⸗

klingenden Gesang mit lebhaften charakteristischen Geberden

begleiten. Ein schlichtes Alltagsbild, und doch von so er—

frischender Leuchtkraft der Farben, die in kecksten Kombinationen

zusammengestellt sind, daß man die frohe Stimmung wie die

eines Festiages, zu dem Natur und Menschen sich besonders

geschmückt, mitempfindet. Der originelle, einen Eisenbeschlag

imitirende Rahmen verzeichnet zum Ueberfluß noch die Noten der übermüthigen Canzonetta, die in die klare südliche Luft hinausklingt. Die Fronleichnamsprozession in einer kleinen Landstadt der Abruzzen wohl in Francavilla a Mare, dem Wohnsitze des Künstlers selbst schildert uns das daneben hängende Bild Michetti's; Aus dem Portal der Kirche wird das Sakrament unter prächtigem Baldachin herausgetragen, ihm voraus schreitet eine Schaar nackter, nur mit Goldketten und anderm Flitter behangener Bambini die breite Freitreppe herab, auf der links die wenig disziplinirte Musikbande, rechts die Schaar der Weiber er⸗ wartungsvoll dem Umzuge des Allerheiligsten entgegensieht, während ein Feuerwerker eine Rakete zur Feier des höchsten Festes abbrennt. Das Alles ist in ein schwirrendes Farben⸗ geglitzer aufgelöst, welches den Festjubel direkt in Far— ben umsetzt, ohne doch zu verwirren oder die Klar— heit der Komposition irgendwie zu beeinträchtigen. Seine Majestät der Kaiser hat dieses von der Jury durch die große goldene Medaille aus⸗ gezeichnete Bild erworben und damit seinen Sammlungen ein überaus charakteristisches Bild italienischen Lebens zugleich mit einer hervorragenden Leistung italienischer Kunst einverleibt. Zarter in der Stimmung und noch feiner empfunden ist der Kirchgang“ Michetti's: ein junges Paar, das von neugieriger Begleitung bestaunt, bei seinem ersten Kirchgang am Portal des Gotteshauses von dem Küster und einer Musikbande empfangen wird, deren Clarinettist Mühe hat, den vorlaut dem Zuge vorauseilenden Hund durch sein Blasen vom Eintritt in die Kirche abzuhalten. Die feinsinnige Abwägung der Tonwerthe in diesem Bilde ist nicht weniger bewundernswerth, als die scharfe Beobachtung und Wiedergabe der dargestellten Charaktere. Hoffentlich begegnen wir diesem originellen Künstler aus den Abruzzen noch recht oft in unseren deutschen Ausstellungen, wo ihm eine freundliche Aufnahme Seitens des Publikums nach der diesmal abgegebenen Empfehlungs karte sicher ist. Ein phantastischer, die Erinnerung an Böcklin wachrufender Zug zeichnet die Eberjagd eines Kentauren, der über ein antikes Gräberfeld dahinstürmt, von Marius de Maxia aus. Die vom letzten Sonnenstrahl beschienenen Cypressen des Friedhofes geben einen wirkungsvollen Hintergrund für den abenteuerlichen Vorgang ab. In dem von dem Katalog etwas räthselhaft benannten Bilde „Alte Sachen von der Sonne erneut“, das der Künstler selbst als, Frati che burlano“ d. i. „Scherzende Mönche“ bezeichnet, kommt der Humor Maria's zu seinem Rechte: ein Bettelmönch trollt mit seiner Beute von seinen Brüdern verspottet den Abhang eines Franzis kanerklosters herab. Neben den trefflich charak— keristischen Physiognomien der wohlgenährten Mönche faͤllt besonders die Meisterschaft ins Auge, mit der die breiten Massen der Klosterarchitektur wiedergegeben sind. Mit derberen Mitteln, aber nicht ohne Geschmack, arbeitet Angelo dall? Deg Bianca, dessen großer „Frühling“ genannter Marktplatz in Verona, von liebens⸗ würdigen Marktgängerinnen belebt, bei dem großen Publikum reichen Beifall findet, während er bei öfterer Betrachlung eine gewisse Oberflächlichkeit offenbart, von der auch die ihm wver— wandten Schöpfungen Fav retto's nicht ganz frei sind. Dem Matktbilde des Letzteren schadet insbesondere die Nachbar⸗ schaft von Michetti's oben gewürdigtem Kirchgang. Auf das Gebiet der eigentlichen Landschaft leiten die durch ihre schmutzigen Töne in ihrer vollen Wirkung beeinträchtigten Bilder Carcano's, der als, Seemaler in seiner der Rational⸗Galerie zu Rom gehörigen Marine glücklicher er⸗ scheint, als in seiner schmutzig gelben Maisernte zu Chioggia, und der eintönigen „Fernsicht über die lombardische Ebene“, und die in vollem Sonnenlicht gemalte „Rückkehr der Reser⸗ visten von Lo ja cono, welche von ihren bei der Ernte beschäftigten Angehörigen empfangen werden, hinüber. Die Mehrzahl der stalienischen Landfchaften mit Ausnahme der schon geschilderten Segantin i's leidet an einer gewissen Aengstlichkeit in der Aus⸗ führung, für welche die zarte Stimmung nicht immer vollen Erfatz bietet. Das gilt namentlich von den venezianischen Veduten Ciardi's und den neapolitanischen Carlo Bran⸗ caccio's, der vor nicht langer Zeit in einer Sonderausstellung bei Gurlitt ein besseres Bild seiner Fähigkeiten entrollte, als die drei Proben auf unserer Ausstellung zu geben vermögen. Bezzi's „Sonnenuntergang an den Ufern der Etsch“ ist von einer süßlichen Sentimentalikät ebenfalls nicht ganz frei. Aus⸗ schließlich reiche Naturstimmung geben auch Petities „letzte Blätter“, die zu einem Vergleich mit Coose⸗ man's Bild in der belgischen Abtheilung heraus fordern, sowie der impressionistisch zarte „Walwreiher von CEalderini wieder, wozegen sich Delleani in feinen „hundertjährigen Schatten“ zu kräftigerer Haltung auf⸗ rafft und Achille Vertunni die ,. Sümpfe im hohen historischen Landschaftsstil auffaßt. Um den Leistungen der italienischen Künstler auf diesem Gebiet gerecht zu ver den, muß man auch die zahlreichen Landschaftsstudien in Wasser⸗ farben von Sartorio, die ein großes Fein gefth für Farben⸗ wirkungen verrathen, und die ebenfalls in Aquarell aus⸗ geführten etwas derberen Landschaften von Cipr iani heran⸗ i en. 2 2 2. 1 *

. So bietet uns denn die italienische Malerei ein Bild dar, das sich in mehr als einer Beziehung der modernen italienischen

gelassenheit; Fehlen eines wirklich großen, durchgebildeten Stils finden wir hier wie dort, und doch ist die iralienische Kunst auf beiden Gebieten eines Erfolges sicher durch die Liebenswürdigkeit des südländischen Temperaments, das die Klippen der Flachheit und Brutalität mit sicherem Takt zu vermeiden versteht.

Handel und Gewerbe.

Fondsbörse, Geld- und Kapitalsmarkt.

Seit einer langen Reihe von Monaten hatten die Börsen, und zwar nicht nur die deutschen, unter einer nur zeitweise unterbrochenen rückläufigen Tendenz gestanden, als durch das Roggen⸗-Ausfuhrverbot der russischen Regierung ein erneuter Beweggrund für die Spekulation à la baisse gegeben wurde. Man darf das langdauernde vorherige Sinken des all⸗ gem cinen Coureniveaus nicht durch eine einzelne That⸗ sache begründen wollen; die allgemeine Werthverminderung stellt sich vielmehr dar als das Resultat, aller wirth— schaftlichen Vorgänge der letzten Jahre, sie bildet die Reaktion gegen die stürmische Aufwärtsbewegung auf allen Gebieten des Handels und der Industrie, gegen die Ueberspekulatiön in Effekten und die Ueberanspannung des Kredits am Ende der achtziger Jahre, und sie wurde genährt von all den historisch auf einander folgenden einzelnen Katastrophen und Kalamitäten, welche bald die Finan⸗ zen eines ganzen Landes, bald den Bestand von Welthandelshäusern in Frage stellten. Nach dieser Auffassung konnte die langdauernde Baisseperiode als eine normale Er⸗ scheinung betrachtet werden; denn in der wirthschaftlichen Ent⸗ wicklung kann eine Wellenbewegung zu allen Zeiten beobachtet werden, kleine Schwankungen in kleinen, große Bewegungen in langen Zeiträumen; es bedurfte nur der Entscheidung der Frage, wann der tiefste Punkt des wirthschaftlichen Rückganges erreicht sein würde, um zugleich den Zeitpunkt zu erkennen, von dem an alle Gebiete des Handels und der Industrie sich aus jungen Trieben neu beleben würden. Noch in der letzten Zeit erfuhr der Gesundungeprozeß durch mancherlei kleine Vorkomm⸗ nisse auf dem engeren Handelsgebiet, durch Insolvenzen, Beamten⸗ untreue und ähnliche Einzelheiten unwillkommene Unter⸗ brechungen; aber schärfer wirkt auf die gesammte wirthschaft⸗ liche Lage die Ungunst der Witterung, die die Ernten weiter Gebiete beeinträchtigt und die nächste Veranlassung zu der er⸗ wähnten Maßnahme der russischen Regierung war. Es ist natürlich, daß das Roggen⸗ Roggenmehl- und Kleie-Ausfuhr⸗ verbot sehr bedeutende Wirkungen auf den gesammten Handel Deutschlands haben wird und namentlich in seinen Folgen für den Geld⸗ und Kapitalsmarkt vorläufig noch garnicht zu über⸗ sehen ist. ö. Soweit die Börse was bei normaler Entwickelung eine ihrer Aufgaben ist als ein Gradmesser des gleich⸗ zeitigen wirthschaftlichen Gesammtzustandes des staatlichen Gemeinwesens auch gegenwärtig gelten kann, hat sie den Druck, der auf Handel und Gewerbe lastet, sehr schanuf zum Ausdruck gebracht. Denn abgesehen von den aus inneren Gründen berechtigten Preisrüͤckgängen solcher Papiere, welche industrielle Unternehmungen zur Grundlage haben, zeigte sich auch in der Bewerthung aller Bankpapiere und der eigentlichen Anlagewerthe bis zu den vornehmsten und in ihrer Rente unanzweifelbaren ein ernster Coursdruck. Die Preisentwickelung der wenigen folgenden Werthpapiere genügt zur ,, ,,. der großen Bewegung. Man notirte an der Berliner Börse: Aktien Ende 1889 Ende 1890 31. Juli 1891 der Laurahütte 139,9 des Hibernia⸗Bergw. 193, 15 der Darmstädter Bank 155 40 Anth. d. Disconto⸗ k 213,40 Aktien der Ostpreußischen 8 der Lübeck-Büchener ((d 409 Reichs⸗Anleihe 31 /* /9 Preuß. Consols 98, 10 3 059 Preuß. Consols ĩ a ,, ö Das russische Roggenausfuhrverbot setzte die Spekulation in eine aufgeregte Thätigkeit; großen Steigerungen des Geireide⸗ preises an der Produktenbörse entsprachen starke Blanco⸗Abgaben der Contremine an der Fondsbörse. Naturgemäß wurden von dieser ebenso heftigen wie plötzlichen Bewegung in erster Linie die Eisenbahnwerthe betroffen, denen der Getreide⸗ Export aus Rußland obliegt; demnächst aber konnte ein Einfluß auf die russische Valuta und damit zugleich auf alle russischen Werthpapiere nicht ausbleiben, endlich mußte aber auch der Werth der Bankpapiere in Mitleidenschaft gezogen werden, da jene Maßregel in ihren Folgen den gesammten Geldverkehr in seinen gewohnten Bahnen zu stören und zu hemmen droht. . . Erfahrungsgemäß schießt die Spekulation bei solchen un⸗ vorhergesehenen, das wirthschaftliche Leben stark nach einer be⸗ stimmten Richtung hin beeinflussenden Nachrichten und Ereig⸗ nissen in ihren Unternehmungen zunächst über das Ziel hinaus, well die Zeit zur Ueberlegung fehlt und weil Jeder aus der neu geschaffenen Lage so hl und so viel als möglich Nutzen ziehen will. Es pflegt dann aber sehr bald auch die Korrektur des Uebereifers einzutreten. Auch das Roggen⸗ ausfuhrverbot wurde in seiner Tragweite zunächst offenbar überschätzt; man brachte nicht die bis zum Beginn der Wirksam⸗ keit des Verbots mögliche vermehrte Ausfuhr aus Rußland in Rechnung, man unterschätzte wohl auch wegen der damals noch fortdauernden Ungunst der Witterung die Leistungsfähig⸗ keit des eigenen Landes, und man würdigte nicht hinreichend die Erleichterung der Versorgung Deutschlands mit Brotkorn, eventuell Weizen, welche durch die ungewöhnlich gute Ernte anderer Getreide exportirender Länder, namentlich Amerikas, dargeboten wurde. An der Berliner Börse kam das Aus= fuhrverbot am 12. August zuerst zur Wirkung; der Preis bes „lieferbaren Roggens stieg von 226 66 am 11. d. M. auf 255 M am 15. August, der Preis des Weizens von 226 M am 11. auf 250 M am 17. d. M. Inzwischen sind beide Getreidearten schon wieder wesentlich im Preise ge⸗ funken. Die Wirkung auf die Fondsbörse wurde durch den Umstand verschärft, daß das Verbot nicht, ledig. lich auf wirthschaftliche Beweggründe zurückgeführt wurde und so ein gewisses Mißtrauen in die Gesammt⸗

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inzwischen eine wesentliche Besserung vollzogen, weil jenes

Musik vergleichen läßt: Schwanken zwischen weichlicher

Rekruten für die italienische Reiterei liefert, und doch nur

Empfindung und lebhaftester, nicht gerade vornehmer Ausz⸗

6e zum Ausdruck kam; aber auch am Werthpapiermarkt hat J 1 2* Mißtrauen schnell geschwunden ist und durch den über Er⸗