1891 / 208 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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weil sie der Welt von Neuem nickt nur die friedliche Bedeutung des Dreibundes, sondern auch die Thatsache seines Gedeibens und se iner vollen Kraft und Gesundbeit vor Augen führt.

Die Wiener „Presse“ bemerkt über die Kaiser— begegnung:

Die Entrevue der rerbündeten Kaiser Franz Joseph JI. und Wilhelm II. stellt vor der künstlich erregten öffentlichen Meinung den Bestand konserrativer, fraglos friedensfreundlicher Mächte dar, welche in der Treue des Zusammenhalts und in der militärischen Kraft, welche im Vertrauen der Völker stark genug sind, den Frieden zu wahren und zu schützen. Keinerlei Begehrlichkeit nach fremdem Gute, keinerlei Rubmsucht, keinerlei Ansprüche auf vermebrte Geltung trüben die klare und redliche Willensmeinung der deutschen und österreichischen Friedensabsichten. Die Erhaltung des bestehenden internationalen Rechts, und Besitzstandes ist der einzige Zweck des Bundes, und in den Grenzen, welche dieser Zweck bedingt, in den Grenzen der Ehre und der anerkannten Interessen ist die Politik der Friedensliga frei von Mißgunst gegen Erfolge der ihr noch fern stehenden Mächte und Nationen. Diese Politik bedroht Niemanden, sie darf aber mit Recht jede Bedrohung abweisen, und in dem Händedruck, welcher die erlauchten Personen der Monarchen verbinden wird, be— grüßen einander die Volker der österreichisch- ungarischen Monarchie, die Bürger des deutschen Reichs in unerschütterlicher Treue füc ihre angestammten Herrscher, in fester Entschlossenheit, die Gäter des Friedens, die Freibeit und die Ehre ihrer Heimath zu wahren und mit dem letzten Blutstropfen zu vertbeidigen. Das ist eine würdige, eine weihevolle Bekundung im Sinne des Friedens, das ist die werthvolle Beruhigung und das segenverheißende Ergebniß der Monarchen ⸗Begegnung.

Zum Schluß führen wir an, was das Wiener Fremden— blatt“ schreibt:

Welche Wandlung seit einem Vierteljabrhundert! Welche Wand lung auf politischem, auf militärischem Gebiete! Zum engsten Bunde sehen wir die Herrscher Oesterreichs und Deutschlands geeint, die Armee unseres Vaterlandes den Heeren Deutschlands und Italiens waffenbrüderlich verbunden! Warmen Antheil nehmen die Herrscker der verbündeten Reiche an der gegenseitigen Ent— faltung und Stärkung ihrer Heere, immer enger und freundschaft⸗ licher werden, durch manche kameradschaftliche und dienst liche An— näherung bethätigt, die Beziehungen derselben zueinander Ein herzlich begrüßzter, herzlich willkommener Gast ist dem österreichischen Soldaten und Bürger stets das ritterliche Oberhaupt des neuen Deutschland, mit dem uns nicht bloß Stagtskunst und Vertragstreue, sondern auch das Bewußtsein kostbarer Interessengemeinschaft und festwurielnde Völkerfreundschaft verbinden. Wilhelm II. hat sich in den kurzen Jahren seiner Regierung als ein edler, hochherziger und thatkräftiger Monarch, als ein energischer Soldat und sorgender Hüter der Volks- interessen bewährt. Unter seiner Regierung hat das Deutsche Reich seinen hoben Rang in Europas Völkerfamilie würdig behauptet, der junge Monarch selbst aber hat seiner erlauchten Person die Sympathie und Verehrung der Völker erworben, denen die edle Richtung seines Strebens und Waltens, seine ernste und beharrliche Arbeit im Dienste seiner Herrschermission klar geworden ist. Die Anwesenbeit dieses Monorchen bei den großartigsten Veeresübungen, welche seit Jahren auf österreichischem Boden dagewesen sind, ist ein neues und natürliches Symptom des Bundesverbältnisses und wird in Europa die Ueberzeu— gung verstärken, daß der Fricdensbund der Centralmächte unantastbar und imponirend aufragt, gesichert durch gewaltige und kriegstüchtige Heere . Die Blicke Europas sind in diesen Tagen auf das öster⸗ reichische Manöverfeld gerichtet. In den großartigen Kriegsübungen unseres Heeres vor den verbündeten Monarchen offenbart sich aufs Neue jenes, von keinem ernsten Politiker angezweifelte, in das Bewußtsein der Völker übergegangene Bündniß Ler benachbarten Reiche, welches dem Weltfrieden so kostbare Früchte getragen hat und, durch die eigene Stärke getragen, auch in Zukunft eine mächtige Friedensbürgschaft bleibt fur unseren Welttheil.

Der General der Infanterie von Rauch, Chef der Landgendarmerie, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Oberst von Schlieben hat Berlin verlassen, um den Truppen⸗-Uebungen in Bayern und in den Provinzen Sachsen und Hessen⸗Nassau beizuwohnen.

Der Regierungs-Rath Meyer aus Marienwerder, bisher beschäftigt beim Königlichen Statistischen Bureau zu Berlin, ist an die Königliche Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin versetzt worden.

Der Regierungs-Rath Malmros zu Breslau ist an die Königliche Regierung zu Kassel und der Regierungs⸗AUssessor Korb zu Posen an die Königliche Regierung zu Breslau versetzt worden.

Die bisher beim Königlichen Statistischen Bureau zu Berlin beschäftigten Regierungs-Assessoren Dr. jur. Lei dig aus Oppeln und von Slupecki aus Osnabrück sind der Königlichen Regierung zu Marienwerder bezw. der Königlichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Danzig, 3. September. Die „Germ.“ hebt hervor, daß die Meldung des „W. T. B.“ unrichtig gewesen, wonach die Katholiken-Versammlung den Antrag auf Einberufung eines internationalen Katholiken-Kongresses in Sachen der weltlichen Herrschaft des Papstes angenommen habe; der Antrag sei vielmehr abgelehnt worden.

Bayern.

München, 3. September. Allerhöchstem Befehle gemäß findet, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, im Königlichen Hof⸗ und National⸗Theater zu Ehren, der Anwesenheit Seiner Majestät des Deutschen Kaisers am 9. d. M. eine Festvorstellung statt, wobei die Oper „Der Cid“ von Cornelius zur Aufführung gelangt. Für den 10. d. M. wurde Allerhöchstem Befehl gemäß eine Aufführung der Oper Cavalleria rusticana“ von Mascagni mit darauffolgendem Ballet „Im Morgenlande“ bestimmt.

Baden.

Karlsruhe, 3. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist heute Nachmittag zu den Manbvern der 29. Division nach dem El saß abgereist.

Ueber das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin von Schweden und Norwegen sind hier Nachrichten eingetroffen, nach denen das Fieber vollständig ge⸗ hoben ist und auch die übrigen Erscheinungen der Krankheit wesentlich gebessert sind.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 4. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern in Eisenach eingetroffen und hat sich sofort auf die Wart⸗ burg begeben.

Reuß ã. L. C) Greiz, 2. September. Ihre Durchlaucht die Fürstin hatte eine ziemlich ruhige Nacht. Das Befinden Höchstderselben blieb im Allgemeinen unverändert und leidlich befriedigend. Ungünslige Veränderungen traten nicht mehr auf. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin zu chaumburg-Lippe, welche auf der Rückreise von Karlsbad zwei Tage zum Besuch am fürstlichen Hofe weilten, sind heute von hier wieder nach Bückeburg abgereist.

Denische Kolonien.

Einem Privatbrief aus Sansibar entnimmt der „Westf. Merkur“, daß Dr. Peters am 24. Juli in Moschi am Kilimandscharo eintraf; für den 26. hatte er sich bei den Patres vom hl. Geiste in Kilama angemeldet. Diese sandten ihm auf seinen Wunsch Gemüse aus ihrem Garten. Dr. Peters wird seinen Sitz bei einem befreundeten Häuptling aufschlagen welcher bereits vier seiner Kinder in die Schule der katholischen Mission schickt. Von Kämpfen, welche Dr. Peters mit den Massais gehabt haben soll, meldet der von Anfang August datirte Brief nichts.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Ueber den Beginn der großen Manöver bei Schwarzenau liegen in den Wiener Blättern folgende Mittheilungen vor:

Am 2. d. M. um 2 Uhr Nachmittags nahm die Aktion beider Parteien ihren Anfang. Zunächst rückten die von den— selben entsandten Patrouillen, meistentheils Kavallerie, soweit als möglich vor, um die Bewegung und die Kräftevertheilung des Gegners aufzuklären. Nach den bis Mittags bei der Manöver⸗ Oberleitung eingelangten Meldungen hatte sich die Ostpartei (2. Corps) unter dem Kommando des FZ3M. Freiherrn von Schönfeld um Gmünd, die Westpartei (8. Corps) unter dem Kommando des F3M. Grafen Grünne um Horn, etwa 40 km von einander entfernt, gruppirt. Der Zweck des ein— geleiteten Aufklärungsdienstes ist, die Details der Gruppirung zu ermitteln. Nach dieser Ausgangssituation, beziehungsweise dem Abmarsche der beiderseitigen Heereskörper ist es momentan noch fraglich, ob die Hauptkräfte auf den Linien Horn— Göpfritz- Gmünd oder Horn-AUllentsteig⸗Zwettl sich weiter vorwärts bewegen werden. Immerhin dürste der erste Zusammenstotz wahrscheinlich in dem ausgedehnten Wald— gebiet „Wild“ erfolgen. Gewißheit hierüber können erst die Ergebnisse der beiderseitigen Aufklärung bringen. Darauf gruͤnden sich auch im Anschlusse an Annahmen und an die Ausgangssituation Mittheilungen der Oberleitung an beide Parteien. Im Verlaufe des Nachmittags wurde von der— selben ein Tagesbefehl erlassen, demzufolge die Gendarmerie die Freihaltung des Manöverterrains zu, besorgen hat. Die Truppen haben sie in diesem Dienste zu unterstützen und größere Ansammlungen von Zuschauern vor den Artillerie-⸗Aufstellungen nicht zu dulden. Von besonderem Interesse ist der Umstand, daß dieser Tages⸗ befehl durch die mobile Felddruckerei in völlig tadel— loser Weise gesetzt und gedruckt wurde. Es ist dies das erste Mal im Frieden, daß anläßlich der Manöver auch die Feld⸗ druckereien zur Kriegsübung herangezogen werden und dieses überaus wichtige Mittel zur Befehlsertheilung im Kriege praktisch erprobt wird.

Frankreich.

Paris, 4. September. Der General Saussier ist laut Meldung des „W. T. B.“ gestern in Bar sur Aube eingetroffen; die großen Manöver haben ihren Anfang ge— nommen und zwar zunächst mit ausgedehnteren Kavallerie— Rekognoscirungen. Den fünfundzwanzig fremden Offi— zieren, welche den Manövern beiwohnen, wird der „K. Z.“ zufolze ein Zug von zwei Bagagewagen, zwei Salonwagen, einem Restaurationswagen und einem Küchenwagen zur Verfügung gestellt. Der Zug wird Paris am S. September verlassen und Abends in Bar⸗sur⸗Aube eintreffen. Hier beziehen die fremden Offiziere Bürger— quartiere, nur die Militär⸗Attaches der deutschen Botschaft Haupt⸗ mann von Funcke und Hauptmann Freiherr von Süßkind und der italienische Attachs Oberst-Lieutenant Massone werden im Hötel de Commerce absteigen, wo Zimmer für sie bestellt sind. ;

Das russische Panzerschiff „Admiral Machimow“ ist dem genannten Blatte zufolge am 1. d. M., Morgens 6“½· Uhr, in Cherbourg eingetroffen. Der „Machimow“ wechselte Salutschüsse mit dem Arsenal und dem Flaggschiff „Marengo“ und der Kapitän stattete dem Admiral Gervais einen Besuch ab. ;

Auch die Führer der Kollektivisten, Guede und Vaillant, haben sich über das russische Bündniß vernehmen lassen, und zwar gelangen sie zum Schluß, daß Frankreich dabei den Kürzeren ziehen werde. Rußland, so führen sie etwa aus, sei die einzige Macht, von der eine Störung des Friedens zu fürchten sei, da es allein Eroberungspläne hege. Es sei zu schwach, um den Frieden allein zu brechen, und bewerbe sich deshalb um Frankreichs Bündniß. Wenn aber dann der Augenblick des Krieges gekommen sein werde, so werde sich Rußland nur bemühen, von den anderen Mächten Voll— macht zur Verfolgung seiner orientalischen Pläne zu er⸗ halten, die man ihm dann auch geben werde. Wohl be⸗ merkt, gegen das Versprechen seiner vollsten Neutralität, was dann den anderen Mächten erlauben würde, über Frankreich herzufallen und ihm auf immer den Rest zu geben.

ie arbeitende Bevölkerung Frankreichs, so sagte Guesde, wolle auch gar nichts von der russischen Freundschaft wissen, und die Leute, die heute den großen patriotischen Spektakel verführten, seien nur einige herumlungernde Müßiggänger, denen Frankreich nicht den Gefallen thun dürfe, die Kastanien für Rußland aus dem Feuer zu holen.

Der Forschungsreisende Zuillon begiebt sich, wie „W. T. B.“ berichtet, in den nächsten Tagen nach West— Afrika, um im * . des Unterrichts⸗Ministers die Gebiete nördlich vom Mellacori zu erforschen und zu ver⸗ . Saint Louis via Obergambien und Senegal zu er⸗ reichen.

Bei Gelegenheit der Eröffnung des Kabels (über die Antillen) erhielt Präsident Carnot vom nordamerika⸗ nischen Konsul in Belem (Brasilien) folgendes Telegramm:

Wir verdanken französischer Initiative und französischer Geschick⸗ lichkeit die Verbindung zwischen den Häfen der Republiken Brasilien

Rußland und Polen.

Ueber den neuen serbisch-russischen Handels ver⸗ trag erfahren die „Pet. Wed.“, daß Behufs seiner Aug— ar beitung eine besondere Kommission gebildet werden wird, die aus Pertretern des diplomatischen und Finanzressorts der beiden Regierungen und Mitgliedern der Königlichen Gesandtschaft zu Belgrad bestehrmn soll. Auch eine russisch-serbische Kon sular-Konventlon soll entworfen werden, wie solche Serbien schon mit Oesterreich, Bulgarien, Italien, Deutschland, Frankreich uno den Ver⸗ einigten Staaten von Nord⸗Amerika abgeschlossen hat. U. A. soll in Belgrad ein General-Konsulat, in Nisch und anderen Städten je ein Vize⸗Konsulat eröffnet werden.

Italien.

Rom, 4. September. Der Papst litt vorgestern Abend, wie der „Capitan Fracassa“ meldet, an heftigen Schmerzen der Eingeweide. Die Aerzte ordneten vollkommene Ruhe an. Die Audienzen wurden seitdem suspendirt. Gestern Abend war der Zustand des Papstes nicht fehr bedenklich, veranlaßte aber doch, wie das Blatt bemerkt, einige Besorgniß.

; Türkei.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist der Großvezier Kiamil—⸗ Pascha seines Amtes enthoben und an seiner Stelle der Gouverneur von Kreta Djevad-Pascha zum Großvezier ernannt worden. Djemalledin⸗Effendi wurde zum Scheich ül Islam, der Militär-Kommandant des Yildis-Kiosk Riza-Pascha zum Kriegs-Minister, der. Gouverneur von Smyrna Rifat-Pascha zum Mi nist e r des Innern, der Gouverneur von Salonichi Ghali⸗Pascha zum Intendanten der Eokafs, Indi— Pascha zum Unterrichts-Minister, der Gouverneur von Brussa Mahmud-Pascha zum Arbeits-⸗Minister er— nannt. Der Präsident des Staatsraths Aari fi⸗Pascha wurde seines Postens enthoben, jedoch nicht ersetzt. Die übrigen Minister bleiben auf ihren Posten. Der Justiz— Minister Riza-Pascha wird bis zum Eintreffen Djevad— Pascha's das Ministerium des Innern und das Großvezierat verwalten.

Am Montag brachte der, Standard“ eine Mittheilung aus Kon stantin opel, wonach die Türkei Rußland in der schwebenden Dar danel len frage nachgegeben und einen Theil ihrer ehemaligen Vertragsrechte aufgegeben habe. Weiter hieß es in der Mittheilung:

Die Pforte habe dem russischen Botschafter ein Entschuldigungs⸗ schreiben wegen der Festhaltung eines Schiffes der russischen frei⸗ willigen Flotte mit der Versicherung Übersandt, daß sich ein der artiges Vorgehen nicht wiederholen werde. Die geforderte Entschädigungssumme werde sosort gezahlt werden. Der Ober⸗ Befehlshaber in den Dardanellen fei bereits abberufen. Wie es heiße, würde die Straße der Dardanellen in Zukanft für die russischen Schiffe offen sein, für die Schiffe anderer Nationen aber geschloffen bleiben. In Folge der Antwort Lord Salisbury'z auf die türkiscken Eröffnungen, betreffend die Wiederaufnahme der Ver handlungen über Egypten, sei der englische Botschafter White seit seiner Rückkehr von Gastein noch nicht empfangen worden.

Diese Meldung hatte der gesammten, insbesondere der englischen Presse Anlaß zu Betrachtungen über die Dardanellen⸗ frage und den Pariser Vertrag gegeben. Nunmehr bringt die „Agence de Constantinoplè“ eine Mittheilung über den eigentlichen Sachverhalt, welcher augenscheinlich Anlaß zu der Darstellung des „Standard“ gegeben hat. Diese neue Mit⸗ theilung, welche sich indirekt gegen jene Darstellung und die daran geknüpften Betrachtungen der Presse wendet, lautet: Der „Agence de Constantinople“ zufolge ist es nach längeren zwischen der Pforte und dem russischen Botschafter Nelidoff gepflogenen Veihandlungen zu einer Ver⸗ ständigung gekommen, die den Mißverständnissen ein Ende zu machen bezweckt, welche entstanden, wenn russische, der Freiwilligen-Flotte des Schwarzen Meeres angehörige Packetboote, welche den Handelsdienst zwischen Odessa und Vladivostock versehen, die Dardanellen passirte n. Die Mißverständnisse entstanden dadurch, daß die Schiffe bisweilen von Soldaten begleitete Sträflinge an Bord führten oder auch Rekruten, welche für die im äußersten Osten belegenen russischen Besitzungen bestimmt waren. Diese Rekruten kehrten nach Beendigung ihrer Dienstzeit auf demseiben Wege wieder nach Rußland zurück. Es ist nunmehr vereinbart worden, daß von jetzt ab jedesmal, wenn solche Soldaten oder Sträflinge in einem russischen Hafen des Schwarzen Meeres eingeschifft werden, die russische Botschaft der Pforte davon Mittheilung machen soll, welche alsdann die Passage der Schiffe genehmigen wird. Den nach Rußland zurück— kehrenden verabschiedeten Soldaten, welche natürlich un⸗ bewaffnet sind, wird die Pforte auf die einfache Erklärung des Schiffskommandanten hin freie Passage gestatten. Hier⸗ aus ergiebt sich, daß die bestehenden Veiträge nicht nur keine Verletzung erfahren, sondern daß die gegenwärtige Verein⸗ barung einfach gewisse Einzelheiten der Situation regelt, welche seit vielen Jahren betreffs der zur russischen Frei⸗ willigen⸗Flotte gehörigen Schiffe bestand., die, unter Handels⸗ flagge segelnd, nunmehr als Handelsschiffe angesehen werden.“

Diese Mittheilung enthält, wie aus Konstantinopel aus⸗ drücklich gemeldet wird, die amtliche türkische Version über das Abko]mmen der Türkei mit Rußland wegen der Durchfahrt russischer Schiffe durch die Meerengen und scheint dazu bestimmt, die Verantwortlichkeit der Türkei gegenüber etwaigen Reklamationen anderer Mächte zu decken.

Rumänien.

Bukarest, 3. September. Der König Carol ist heute Nachmittag von Sinaja nach Venedig abgereist, wo derselbe am Sonnabend eintreffen wird. In seiner Begleitung be⸗ finden sich Minister-⸗Präsident Florescu, der Sekretär des Ministerrathes Burghelea und der Verwalter der Kron⸗ domänen Kalindero.

Wie die „Agence Roumaine“ versichert, sind die Mel dun⸗ gen der Wiener und Pester Blätter über den Gesundheits⸗ zustand der Königin, trotz der Behauptung, daß dieselben von Persönlichkeiten herrührten, welche Beziehungen zum rumänischen Hofe unterhielten, vollständig erfunden. Ebenso unwahr sei die Nachricht, daß Dr. Theobori in Sinaja eingetroffen sei, um dem Könige über den ie ,, der Königin Bericht zu erstatten. Dr. Theodori habe Venedig nicht verlassen, befinde sich vielmehr fortdauernd in der Um⸗ gebung der Königin.

Schweden und Norwegen. (E) Helsingborg, 2. September. König Oscar

und Nord ⸗Amerika, eine Verbindung, die somit einen kommerziellen Dreibund von Republiken begründet.“

kam heute Vormittag an Bord der Yacht „Drott“ hier an,

ie in dem inneren Hafen zu Anker ging. Landeshauptmann 5 Wachtmeister begrüßte den König; der schwedisch-nor— wegische Gesandte in Kopenhagen, Baron Beck Friis, die Be⸗ hörden der Stadt, viele. Offiziere von der Korvette „Norr⸗ köping“ sowie eine große Menschenmenge waren anwesend. Die Gegenwart des Königs galt der Einweihung des neuen Hafen⸗ bafsins. König Oscar sprach seine Freude aus über die kräftige Ent⸗ wickelung der Stadt, wovon das Ereigniß des Tages einen Beweis ablege; er ergriff alsdann den Hebel, mit welchem die Schleusen zu dem neuen Hafenbassin geöffnet werden, und während die Musik spielte, strömte eine große Wassermasse hinein, jedoch vorläufig nicht mehr, als daß die Bodenfläche bedeckt wurde. Alle Schiffe im Hafen und die meisten Häuser der Stadt sind festlich beflaggt. Heute Nachmittag reist König Oscar nach dem Landsitze Sofiero und von dort morgen nach

Fredenaborg. Dänemark.

Kopenhagen, 4. September. Der Großfürst Georg von Rußland hat in Folge der gebesserten Witterungs⸗ verhältnisse den ursprünglichen Reiseplan geändert und begiebt sich bereits heute Vormittag in Begleitung seines Adjutanten und seines Arztes auf der, Czarewna“ nach Stettin und von da nach dem Kauka sus. Der Kaiser und die Kaiserin sowie der Großfürst Thronfolger werden dem Großfürsten bas Geleite bis zum Bahnhof in Fredensborg geben. An⸗ läßlich des gestrigen Geburtstages der Königin von Griechenland fand ein Diner statt, bei welchem der König von Dänemark einen Toast auf die Königin

Olga ausbrachte.

Amerika.

Mexiko. Die Regierung hat die Ausarbeitung des neuen Folltarifs jetzt fast vollendet und werden Einzelheiten desselben bekannt gemacht. Viele Artikel amerikanischen Ursprungs haben, wie die ; U, G., e⸗ richtet, einen weit höheren Zoll zu zahlen, was an⸗ zeigt, daß die Verfasser des Tarifs denselben zur Grundlage eines neuen Gegenseitigkeitsvertrages mit den Vereinigten Staaten wünschen. Der Präsident der Deputirtenkammer, Senor Jose Limatour, ist zum Sondergesandten ernannt worden, um für Mexiko einen Gegenseitigkeits vertrag mit den Vereinigten Staaten , ne, Der Zoll auf lebendes Vieh ist in dem neuen Tarif stark erhöht worden; auf Schafe und Ziegen von 35 C. auf 1 Doll. 59 C. das Stück, auf Maulesel von 2 Doll. auf 5 Doll. das Stück, auf Hornvieh von 3 Doll. das Stück auf. 3 C. das Kilozramm, auf Schweine von 2 Doll. 25 C. auf 3 C. das Kilogramm; Talg, welcher in Mexiko stark zur Seifenfabrikation eingeführt wird, ist von 1 C. auf 10 C. per Kilogramm erhöht worden, Makaroni von 3 C. auf 8 C. das Kilogramm, Baum— wollsamen, welcher viel von den Vereinigten Staaten eingeführt wird, von 1 C. das Kilogramm Bruttogewicht auf 10 C. das Kilogramm Nettogewicht. Der Zoll auf Möbel ist dagegen beträcht⸗ lich herabgesetzt worden. Besonders gilt dieses von den feinen Möbeln. Schmucksachen sind erhöht worden, und Edelsteine welche früher zollfrei eingeführt wurden, sollen jetzt hohen Zoll zahlen. Der Zoll auf Taschenuhren ist höher. Gewöhn— liches Schießpulver und Dynamit dagegen sind zollfrei. Fein⸗ körniges Schießpulver ist um die Hälfte herabgesetzt worden. Maschinen, Kohlen, Telephon⸗ und Telegraphendrähte, eiserne Röhren und Holzmehl zur Papierfabrikation verbleiben auf der Freiliste. Der Tarif tritt am 1. November in Kraft.

Chile. Die Vertreter der Kongressisten in Washington erhielten die telegraphische Meldung, daß General Baquedano seine Präsidentschaft niedergelegt und die Kongreß—⸗ junta die Regierung übernommen habe. Die Wieder⸗ herstellung der Verfassung und eines gesetzmäßigen Zustandes wurde mit großem Jubel aufgenommen.

Nach einer Meldung des „New-⸗York Herald“ aus Callao vom 3. d. M. haben sich die Schiffe „Condell“ und „Im⸗ perial“ der Kongreßjunta unterworfen.

Dem „New⸗YJork Herald“ wird aus Valparaiso vom 2. d. M. berichtet,: In Talcahuana meuterten zwei Regimenter der Regierung, welche erst vor Kurzem von Coquimbo dorthin verlegt waren, als sie von der Niederlage Balmaceda's bei Placillo hörten. Sie erschossen ihre sämmt⸗ lichen Offiziere und gingen auseinander. 4000 Kohlen—⸗ grubenarbeiter schlossen sich ihnen an und jetzt beherrscht diese Gesellschaft die Stadt. In Coronel sind alle Arten Excesse begangen worden. Häuser und Läden wurden geplündert und in Brand gesteckt und Jeder, der ein Wort dagegen zu sagen wagte, wurde erschossen. In der Stadt herrscht, die furchtbarste Pöbelherrschaft. Sobald diese Nachrichten in Valparaiso eintrafen, erhielten das deutsche Kriegsschiff „Sophie“ und die englische Schaluppe „Daphne“ Befehl, sofort nach Coronel zu segeln zum Schutze der dortigen Ausländer. Kapitän George Montt, General del Canto und andere Führer der Kongreßpartei sind in Santiago eingetroffen, wo sie vom Volke begeistert empfangen wurden. Es bestätigt sich, daß Balmaceda am 18. August 42 junge Leute in Santiago hat erschießen lassen. Man beschuldigie se, daß sie Eisenbahnbrücken in die Luft sprengen wollten, um den Marsch der Truppen zu hindern. Viele von den jungen Leuten waren erst 16 —= 18 Jahre alt. Einer wurde durchgepeitscht, um ihn zum Geständniß zu bringen. Es scheint, daß nur der geringste Theil der von der Regierung Balmacedass verühten Grausamkeiten bisher an die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Für die Familien der geflohenen Beamten Balmaceda's macht sich viel Mitleid

eltend. Die armen Frauen fitzen ohne einen Pfennig da. n Cogquimbo wird es nicht zum Kampfe kommen. Heute segelte der „Cochapoal“ mit einem Truppenkontingent dorthin. Nachdem der Kommandant Coquimbos, Oberst Carvallo, sich förmlich ergeben hatte, ließ General Baquedano ihm sein Kommando und befahl ihm, für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. Die Führer der Kongreßpartei fagen, daß innerhalb eines Monats die Vorbereitungen zur Abhal⸗ h. der Wahlen beendigt sein werden. Darauf werde die Junta * Land den gehörig erwählten Autoritäten übergeben. In

antiggo und Valparaifo herrscht wieder Ordnung. Der 6 ist in Zucht. Die Geschäfte werden wieder geöffnet und gr Wechselcours sie gn beständig. Ueber Balmacedars Schicksal ist nichts bekannt, Es hat sich als unmöglich erwiefen, alle in der Schlacht des letzlen Freitags Gefallenen zu beerdigen. Man will deshalb die noch daliegenden Leichen verbrennen. Die Hospitäler sind voller Verwündeter. Bie bei Concon Verwundeten blieben 8 Tags ohne ärztliche Hülfe, Wären nicht, die Aerzte der auzkändifchen Kriegzfchiffe zur Stelle gewesen, so würden die Leiden der Verwundeten noch

ungleich größer gewesen sein und noch viel mehr wären gestorben.

Wie aus Washington gemeldet wird, dürfte der nord⸗ amerikanische Gesandte in Santiago, soßbald eine wenn auch nur provisorische Regierung daselbst eingesetzt ist, mit dieser Regierung sofort die amtlichen Beziehungen aufnehmen. Ebenso würden die Vertreter Chiles in den Vereinigten Staaten von dem Staatsdepartement in Washington sofort an erkannt werden, sobald dem letzteren über ihre Beglaubigung Seitens der neuen Regierung in Santiago amtliche Anzeige gemacht worden ist.

Afrika.

Marokko. Tanger, 2. September. Da der Angera⸗ Stamm in der Nachbarschaft von Tanger bisher der Er⸗ richtung von Telegraphenleitungen durch die Spanier innerhalb seines Gebiets hartnäckigen Widerstand entgegensetzte, so hat, einem Telegramm des „R. . zufolge, der spanische Gesandte in Marokko bei dem Minister des Auswärtigen Protest gegen die feindselige Haltung des Stammes eingelegt. Der Minister sandte in Folge dessen unverzüglich einen Courier mit den erforderlichen Instruktionen zu dem Gouverneur von Tetuan, unter dessen Jurisdiktion der Stamm steht. Er erreichte indeß seinen Zweck nicht, da die Scheikhs von Angera es rundweg ablehnten, seinen Weisungen nach— zukommen. Einstweilen find in dem Distrikt Tanger temporäre Telegraphenstangen errichtet worden. Der Minister des Auswärtigen hat dem Sultan über das halsstarrige Ver⸗ halten des Angera⸗Stammes Vortrag gehalten. Man glaubt, daß die Angelegenheit auf friedlichem Wege beigelegt werden wird.

Kunst und Wissenschaft.

Die folgenden Gemälde deutscher Künstler sind neuerdings von englischen Besuchern der Kunst⸗Ausstel lung angekauft worden: E von Bernuth's „Unter den Birkenbäumen“ (1050 9), Rich. Rusche's Deutscher Hüähnerhund! (42 4A), Hans Schleich's Mondschein', Motiv von der Insel Wilm, (600 Æ ), Professor H. Eichke's ‚Rube auf dem Weiher“ (1595 A).

Ueber die Eröffnung des neunten internationalen Orientalisten Kongresses, welche, wie schon gemeldet, am 2. September inwLondon stattgefunden hat, berichtet die .A. C.“: Zu der Feier hatten sich zahlreiche Gelehrte und hervorragende Per— sönlichkeiten eingefunden. darunter Lord Stratheden und Campbell, der italienische Botschafter Graf Tornielli⸗Brusati, der griechische Gesandte, der chinesische Botschafter, der japanische General ⸗Konsul, spanische Delegaten, der Bischof von Worcester, Hr. Fuller als Ver⸗ treter Lord Knutsford's, Hr. Aymonier als Vertreter des französischen Kolonial⸗Ministers, Professor Amelineau, Professor Schlegel, Professor Oppert, Professor Hagopian und Baron Ravisi. An Stelle des erkrankten Lord Dufferin hieß der Leiter des St. John's College in Cambridge, Dr. Taylor, die Besucher des Kongresses willkommen. Es gebe, so etwa führte er aus, wohl keinen zweiten Platz, welcher sich so vor— züglich zur Abhaltung eines DOrientalistenmeetings eigne, wie gerade der innere Temple. Schon der Name und die Vergangenheit des Temples führten ihre Gedanken weit in das Mittelalter zurück, in die Zeit jener großen Bewegung, welche ganz Europa mit dem Osten in Berührung brachte. Und wenngleich die tapferen Templer und Kreuz fahrer auch nur vorübergebende Erfolge in ihren Kriegen erzielt, so hätten sie doch von dem Osten neue Deen mitgebracht, welche dem Westen und der Civilisation späterer Zeiten neues Leben einhauchten. Da dies jedoch ein Thema für den Spezialisten sei und er nur im Allgemeinen reden dürfe, so wolle er, um nur ein Beispiel dafür zu geben, wie sehr die Wissenschaft des Westens dem Osten zu Dank verpflichtet sei, allein auf die Araber hinweisen, welche in der Mathematik und Algebra so Bedeutendes geleistet und der Welt zudem in einer arabischen Uebersetzung die tiefen Forschungen des großen griechischen Geometers Apollonius überliefert haben. . Wieder überströmt der Westen den Osten und läßt seine Spuren in ihm zurück. Immerhin hat der Westen jedoch noch auch viele Menschenalter vom Osten zu lernen.“ Nachdem der Redner noch darauf hingewiesen, daß Vertreter von 37 Nationen, auswärtige Bot⸗ schafter und Vertreter auswärtiger Unterrichts⸗Minister und gelehrter Gesellschaften zugegen seien, erklärte er den Kongreß für (röffnet. Nach Dr. Tavlor ergriff der Sekretär des Organisationsausschusses Dr. Leitner das Wort. Der Kongreß sei ein würdiger Nach2 folger seiner Vorgänger Habe er auch nicht von den Gelehrten Deutschlands die Unterstützung empfangen, welche er eigentlich hätte finden sollen, so seien sie doch in anderer Hinsicht sehr glücklich gewesen. Der diesjährige Kongreß zeichne sich durch die große Zahl der zu ihm erschienenen hervorragenden Forscher aus. Hr. Claine würde ihnen vielerlei von außerordentlichem Interesse, namentlich auch für die Medizin, über Sumatra vortragen, wo er die bisher als unzugänglich angesehenen Bataks besucht babe. Hr. C. Leland habe einige bemerkenswerthe Entdeckungen in Italien ge— macht, und die Vorträge Hrn. Flinders Petrie's würden für alle Egyptologen von hohem Interesse sein. Was die Philologie anbetreffe, so müsse diese ebenfalls neue Bahnen wandeln. Die n,. der Zukunft würden auch Linguisten sein und ihre Lehrer aus dem Osten kommen, wo jedes dem Westen bekannte Erziehungssystem eingeführt sei, nicht einmal das Fröbel'sche Kindergartensystem ausgenommen. Der Redner verlas sodann Briefe, in welchen der Herjog von Connaught und der Erzherzog Rainer von Oesterreich sich wegen ihres Nichterscheinens entschuldigten. Der italienische Botschafter Graf Tornielli versicherte den Kongreß in italienischer Sprache, daß Jtalien das lebhafteste Interesse an den Verhandlungen nehme, welche, dessen sei er überzeugt, dem Fort⸗ schritt der Menschheit zum Segen gereichen werden. Ihm folgte mit einer englischen Ansprache der Teide Ge⸗ sandte Genngdius, welcher seine Nation als Perbindungsglied zwischen dem Osten und Westen hinstellte. Wir Alle sind Griechen. Unsere Gesetze, unsere Literatur, unsere Wissenschaft und unsere Kunst haben ihren Ursprung in Griechenland? Nach ibm beantragte der armenische Professo: Hagopian, der Königin den Dank des Kongresses für den Empfang auszusprechen, welcher ihm in ihrem Reich zu Theil geworden. Der Antrag wurde von Hin. Dadabhoi Naorojee unter⸗ stützt und hierauf angenommen. Nachdem noch Don Gayangs Namens der spanischen Regierung den Kongreß eingeladen, seine nächste Zusammenkunft in Spanien abzuhalten, vertagte sich die Versammlung bis zum Nachmittag. In der dann folgenden zweiten Sitzung hielt Dr. Leitner einen Vortrag über orientalische Erziehung. Sanskriterziehung sei, so führte er aus, für die höchste Kaste in Indien und ganz den schönsten und edelsten Idealen gewidmet. Allgemein gesprochen, lehre sie, daß der den größten Anspruch auf Voll⸗ kommen heit habe, welcher die Pflichten und Aufgaben seiner Kaste auf das Vollkommenste erfülle. Cin Mann könnte ein Kehrer der niedrigsten Kaste sein, jedoch wenn er seinen Beruf in vollkommener Weise aus— übte, zu einem Kehrer in den Tempeln der Götter auffteigen. Er könnte in einer Lehmhütte von zwei Annas den Tag leben, würde aber, wenn pünktlich, in der Erfüllung seiner Pflichten, wie unter geordnet diese auch immer sein mögen, in der Wertbschätzung aller guten Menschen höher stehen als der Prinz, welcher seine Aufgaben nur unvollkommen erfüllte. Persische Erziehung habe zwar äußerlich einen feineren Anstrich, sei jedoch auf einem niedrigeren Ideal gegründet. Sie lehre, daß, wenn ein Mann ein Gentleman, er Alles wäre, was er überhaupt nur sein könnte. Dem Redner solgte Dr. G. R. Baden och mit einem Vortrag über die Förderung hebräischer Sprach⸗ stu die n. Von hervorragendem Interesse war der Vortrag des Hrn.

G. R. Haldiburton über -Zwergrassen und Zwergkultus'.

Das Bestehen eines unter 4 Fuß 5 Zoll hohen Zwergvolkes, welches ein Gebiet südlich vom Atlas zwischen Dra und der Sahara bewohne, sei der wissenschaftlichen Welt bis zu der 1858 ab gehaltenen Sitzung der britischen Association in Bath un⸗ bekannt gewesen. Er habe Marokko zu dem Zwecke besucht, nähere Nachrichten über diesen interessanten Menschenschlag einzuziehen, jedoch gegen die größten Schwierigkeiten anzukämpfen gehabt, da die Mauren in Hinsicht auf die Zwerge sehr abergläubisch seien und sich weigerten, zu Europäern über sie zu sprechen. Tausende von Zwergen bewohnten den Akka⸗Distrikt füdlich des Atlasgebirges, sehr Wenige kämen jedoch nach Norden. Die Mauren hätten ihnen den Namen „Sidi Baraker“ oder Mabrouk“ (unser gesegneter Herr) beigelegt und verehrten sie als Heilige, sie jedesmal auf die Schulter küssend, wenn sie an ihnen vorübergehen. Diese Verehrung bestehe von Alters her und habe in dem Glauben, daß die Zwerge Glück brächten, ibren Usprung. Sie seien gut gewachsen und nicht dunkel- farbiger als die Indianer Amerikas oder in einigen Fällen sogar als die gewöhnlichen Spanier. Sie besaßen große körperliche Gewandtheit und seien die Nachkommen der südlichen Marausakrobaten, deren Dar⸗ stellungen sich auf den Denkmälern der vierten egvptischen Dynastie abgebildet fänden. Sie ließen sich als Akrobaten gegenwärtig im Süden von Marokko, nie jedoch in den Seestädten sehen, wo sich Guropäer aufhielten. Alsdann führte die als „Him vaxrite In schrift Nr. 32 im britischen Museum“ bekannfe Inschrift zu einer interessanten Besprechung. Hr. Hartwig De rem bourg, der gelebrte Professor für orientalische Sprachen in Paris, hatte im Louvre eine In⸗ schrift entdeckt, in welcher der Name eines Königs von Sheba dor— kam, welcher bei der auf den gleichen König bezüglichen Inschrift im britischen Museum nicht entzifferbar gewesen war. Jetzt war nun Professor Derembourg in der Lage, zur großen Freude aller Anwesen⸗ den ibn die Inschrift zu entziffern und den Namen klar und deutlich zu buchstabiren, Den letzten Vortrag bielt der Abgesandte der griechischen Regierung, Hr. Carolides, Über antike Früählingsfestlich— keiten in Klein Asien.

Ueber Farbenphotographie berichtet das Luzerner Tageblatt“: Es ist erstaunlich, was innerbalb weniger Jahre in der Vervollkommnung der Photographie geleistet worden ist; aber die direkte Wiedergabe der Farben, die Farbenvhotograpbie in dem Sinne, daß das hergestellte Bild unzerstörlich die natür— lichen Farben hervorbringe, das hat noch Niemand vollständig erreicht, obwohl die größten Gelehrten darnach forschen. An der Lösung dieses ungemein wichtigen Problems arbeitet in aller Stille unser Mitbürger Hr. Dr. Raphael Kopp in Mäünster. Heute nun steht Hr. Dr Kopp vor der siegreichen Lösung dieses Problems. Durch das freundliche Entgelenkommen des Hrn. Glasmalers Segesser in Luzern konnte Hr. Dr. Kopp seine Versuche an Glasgemälden machen, und es ist ibm ge— lungen, Bilder dieser Gemälde in den Farben, wie sie das Glasgemälde geboten, herzustellen. Hr. Dr. Kepp bat dieselben zur Prüfung und Untersuchung nach Düsseldorf geschickt, und sie finden nun im ‚Photographischen Archiv vom 16. August eingehende Besprechung und Beurtheilung. Hr. Dr. Koyp wird darin mit den größten Fachmännern, wie Becquerel, Poitivin und Lipp— mann auf gleiche Stufe gestellt. Die Probebilder enthalten die Farben roth, violett, gelb, grün, weiß und sind bei Mittagesonne in 20 Sekunden auskopirt worden. Andere Forscher bringen ihre unvoll⸗ kommenen Bilder erst in 15 Minuten, ja bis erst in 13 Stunden fertig. Das Geheimniß liegt darin, eine möglichst empfindliche Schicht darzustellen, was bis jetzt noch Keinem in so bohem Maße gelungen ist. Die Unlosbarkeit des Problems der Farbenphotograpbie glaubt man bauptsächlich darin finden zu müssen, daß es unmöglich sei, Farben⸗ bilder herzustellen, die die Farben beibehalten und nicht bei Aus⸗ setzung ans Sonnenlicht dieselben wieder verlieren. Aber gerade diese größte Schwierigkeit ist durch Hrn. Dr. Kopp beinahe gelöst; wenigstens steht er allen bisherigen Erfolgen weit voran. Die Probe⸗ bilder wanderten von Bekannten zu Bekannten, wurden nach Düssel⸗ dorf geschickt und behielten die Farben.

Wie aus Kapstadt vom 12. v. M. der Frkf. 3. berichtet wird, hat dir Archäologe Hr Bent in Maschonaland gewaltige Steinruinen entdeckt, die wahrscheinlich phönizischen Ursprungs sind. Inschriften fanden sich nicht vor. Es ist jedoch klar, daß das Volk, welches die Gebäude erbaute, dem Phallusdienst ergeben war, da alltäglich phalli von allen Formen und Größen ausgegraben werden. Eine runde Mauer und ein Thurm gehörten zweifellos zu einem Tempel. Die Mauer ist ein fester Steinbau. Hr. Theodor Bent sagt: Es ist ein großer phallus. Mauer und Thurm stehen einzig da. Die erstere ist an einzelnen Stellen 40 Fuß hoch, 16 Fuß dick und jeden falls in zwei verschiedenen Perioden erbaut worden. Im Tempel wurde weiter nichts als Kaffernhausgeräth und Geschirr gefunden, woraus hervorgeht, daß die Kaffern nach Verschwinden des früheren Volkes Besitz von den Bauten ergriffen und alle Andenken an die frühere Rasse aus ihnen entfernten. Der Platz, an welchem Hr. Bent seine Entdeckungen macht, ist ein Hügel bei dem unteren Tempel, auf welchem sich noch interessantere und wunderbarere Ruinen von demselben Alter, Stil und derselben Bauart finden. Hr. Bent hat einen kleinen Altar ausgegraben, auf welchem sich drei phalli befanden, und ferner steinerne Mauern, einige Passagen, Stufen, Bogen und vermauerte Höhlen ans Licht des Tages gezogen. Von besonderem Interesse sind zwei von ihm entdeckte kolossale Vasen, deren eine mit einem vrachtvollen, eine Jagdscene darstellenden Fries bedeckt ist. Man erblickt vier Quaggas, welche von einem Jäger ver⸗ folgt werden, der gerade einen Pfeil auf das nächste Quagga entsandt hat und in der einen Hand einen Hund an der Leine hält. Hinter dem Hund sind jwei Elephanten sichtbar. Hr. Bent fand an der gleichen Stelle, an welcher sich wahrscheinlich der Haupttempel befand, ferner grünes Geschirr und eine goldplattirte Kupferplatte.

Submissionen im Auslande.

Dänemark. r

15. September, 11 Uhr. Laboratoriumsabtheilung der Königlich dänischen Artillerie, Kopenhagen, Aertekjedelveji: Lieferung von ca. 1200 Centnern Blei in Blöcken

Auswärtige Lieferanten müssen einen Vertreter in Kopen hagen haben. .

Anderweite Bedingungen auf dem Materialienverwalter⸗Comptoir im Laboratorium.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause beginnt morgen die Vor- stellung von „Robert der Teufel“, der die Ouverture zu „Struensee“ und ein Prolog vorausgehen, um 64 Uhr.

Der General Intendant Graf ven Hochberg hat die Hrrn. Kapellmeister Sucher und Weingärtner (Hr. Kapellmeister Kahl ist erkrankt), den Ober ⸗Regisseur Hrn. Tetzlaff, und Hrn. Pro—⸗ fessor Taubert beauftragt, im Namen der Königlichen Oper einen Lorbeerkranz auf das Grab Meverbeer's am Morgen seines 100. Ge— burtstages niederzulegen. . .

In der Vorstellung des Wilhelm Tell?! am Sonntag im Königlichen Schauspielbause wird Frl. Tondeur die Rolle der Bertha spielen, da Frl. Lindner in Folge ihres Unfalls ihre künst⸗ lerische Thätigkeit noch nicht aufzunehmen vermag.

Das fer n ee re nmel Frou Frou“ in neuer Be⸗ setzung erst am Montag zur Aufführung; morgen und am Sonntag bleibt demgemäß noch die jetzige Vertheilung der Rollen mit Grete Risa als Frou⸗Frou in Kraft.

Am 14. September findet, wie der N. Pr. 3. telegraphisch

mitgetheilt wird, im Opernhaus in Paris die erste Aufführung von Wagner's Lohengrin ' statt.

J Mannigfaltiges. In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten-Ver⸗

sammlung, der ersten nach den Ferien, kam, wie wir der Nat. 3.“