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eninehmen, folgender Antrag des Stadtv. Singer zur Berathung: „Die Versammlung wolle beschließen: Angesichts der von Tag zu Tag steigenden Preise für die nothwendigsten Lebensmittel — Brot — Kartoffeln — Fleisch —, sowie der stetig zunehmenden Arbeitslosigkeit iLu Berlin, ersucht die Stadtverordneten ˖Versammlung den Magistrat, mit ihr in gemischter Deputation darüber in Berathung zu treten, welche Mittel, Maßregeln und Einrichtungen in Anwendung zu bringen sind, um dem in Berlin fortdauernd wachsenden Nothstand wirksam entgegenzutreten. Als solche Mittel empfieblt die Ver⸗ sammlung in erster Linie: 1) Schleunige Inangriffnahme städtischer Arbeiten — Hoch ⸗ und Tiefbau, Straßenpflasterung, Vermehrung der bei der Straßenreinigung beschäftigten Arbeiter — in großem Um fange, um der Arbeitslosigkeit zu steuern. 2) Aufkauf von Lebens mitteln und Heizungsmaterial im Großen und Abgabe derselben in kleineren Quantitäten zum Selbstkostenpreis. 3) Organisation einer — wo nöthig — unentgeltlichen Vertheilung von Lebensmitteln, Heizungsmaterial und Kleidung. 4) Errichtung von Wärmestuben, in denen warme Getränke — Kaffee, Thee, Milch u. s. w. — unentgelt⸗ lich verabreicht werden. 5) Vertheilung von warmem Frühstück in den Gemeindeschulen.“
Zu diesem Antrag war von dem Vorsteher Stellvertreter Dr. Langerbans und den Stadtverordneten Meyer J., Dr. Gersten⸗ berg, Beelitz und Friederici nachstehender Antrag eingebracht worden:
„I) über den Antrag Singer und Genossen zur Tagesordnung überzugehen, 2) zu beschließen: Die Stadtverordneten. Versammlung ersucht den Magistrat, mit ihr in gemischter Deputation darüber zu berathen, welche Mittel anzuwenden sind, um der wachsenden Noth in Berlin wirksam zu begegnen bezw. vorzubeugen.“
Zur Begründung seines Antrages wies der Stadtv. Singer auf die Vertheuerung der Lebensmittel durch die Getreidezölle hin. Der Antrag gebe zugleich die Mittel an, weil ihm und seiner Partei stets vorgeworfen werde, daß sie nur Reden hielten, um dadurch agitatorisch zu wirken, niemals aber Vorschläge machten. Die rorgeschlagenen Mittel seien wohl ausführbar. Das Volk leide Noth und fordere nur Arbeit, und die Stadt könne den Arbeitslosen wohl solche geben, eine Reihe städtischer Bauten könne in Angriff genommen werden. Die Stadt müsse Anstrengungen machen, um die Hunderttausende, die um Arbeit bitten, nicht Hungers sterben zu lassen.
Stadtv. Meyer J. erklaͤrte, daß der Antrag Langerhans möglichst genau dem Antrage Singer angepaßt und nur das Unmög— liche weggelassen sei. Der Antrag Langerhans unterscheide sich von dem Antrage Singer im Wesentlichen darin, daß er der Kommission keine Direktive geben, sondern es ihr überlassen wolle, die geeigneten Mittel zur Abstellung eines Nothstandes selbst ausfindig zu machen.
Stadtv. Bailleu bemerkte, daß er gerade wegen der all— gemeinen Fassung für den Antrag Langerhans stimmen werde. Er persönlich könne der Ansicht Singer's nicht beitreten, daß ein außer⸗ gewöhnlicher Nothstand bestehe. Der Nothstand scheine ihm schon überwunden zu sein. Man könne bereits einen Rückgang der Ge— treidepreise feststellen. Die Regierung sei keineswegs passiv gewesen, denn die Handelsverträge, welche sie angeknüpft, würden der Industrie zu Gute kommen und durch Anbahnung neuer Handels—⸗ beziehungen den Wohlstand wieder heben. Wenn der Antrag Singer durchginge, so möchte er es sich nicht ausmalen, wie es im nächsten Winter hier aussehen würde. Die ländliche Bevölkerung würde alsdann in hellen Schaaren nach Berlin strömen, wo man um⸗ sonst speisen könne und warm gekleidet werde. Man würde Berlin in ländlichen Kreisen für ein Schlaraffenland halten müssen. Viel mehr haben wohl die kleinen Beamten und Handwerker unter dem Nothstande zu leiden, als diejenige Klasse, welche der Stadtverordnete Singer verttitt.
Bei der alsdann stattfindenden Abstimmung wurde der Antrag Singer abgelehnt und der Antrag Langerhans ange nommen.
In der vergangenen Nacht um 3 Uhr 25 Minuten entstand ein nicht unbedeutendes Feuer in dem an das Kultus Ministerium anstoßenden „Restaurant Schultheiß“, Unter den Linden 42. Bald nach 4 Uhr Morgens gelang es der Feuerwehr, der Flammen Herr zu werden. Der Minister für geistliche 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlitz ⸗Trützschler war zu dieser Zeit wegen der das Gebäude des Kaltus⸗Ministeriums bedrohenden Gefahr auf der Brandstelle anwesend. Ein bald darauf in der Kriegs⸗Akademie ausgebrochener Brand konnte von der frei gewordenen Feuerwehr gelöscht werden, ehe er größeren Umfang angenommen hatte.
Die „Post“ berichtet: Der Commandeur des Garde- Jäger⸗ Bataillons, Oberst⸗Leutenant Graf von der Goltz,, ist vor⸗ estern im Manövergelände schwer gestürzt. Als der Graf in der Näbe der Ortschaft Kaltenborn an der Spitze seines Bataillons ritt, sprang plötzlich ein Hund an dem Pferde boch. Hierdurch scheu ge⸗ macht, sprang das Pferd zur Seite und schleuderte den völlig über⸗ raschten Reiter herab. Unglücklicherweise schlug Graf Goltz mit dem Kopf auf einen Stein und zog sich einen Schädelbruch zu. Nachdem man den Verunglückten in dem nahen Orte Kaltenborn untergebrackt hatte, wurde der Geheime Medizingl ⸗Rath Professor Dr. von Bergmann telegraphisch herbeigerufen. Wenn die ärztliche Diagnose zunächst auch nicht günstig lauten konnte, da der Graf noch immer bewußtlos war, so trat doch gestern eine merkliche Besserung ein, das Bewußtsein fängt an wiederzukehren und die Aerzte? hoffen auf eine verbältnißmäßig baldige Genesung. Seine Majestiät der Kaiser gab, wie dasselbe Blatt mittheilt, gestern beim Manöver Allerhöchstsein lebhaftestes Interesse an dem Ergehen des Grafen kund. 2
Zehlendorf. Der N Pr. 3.“ wird geschrieben: In der Glockengießerei von Gustao Collier wurden am Sedantage zwei größere Kirchenglocken im Gesammtgewicht von 100 Centnern gegossen. Die größere, 70 Centner schwer, hat die Stadt Staß furt bestellt. Sie trägt die Inschriften und zwar im Bande: „Gegossen 1657, umgegossen von Gustav Collier: Zehlendorf 1891; im Avers: „Wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter umsonst“. In der Mitte dieser Worte befindet sich das Stadtwappen mit dem flammentragenden St. Johannes. Der Revers zeigt die Bildnisse der drei Kaiser: Wilhelm J. Friedrich III. und Wilhelm II, darunter stehen die Worte: „Gottes Wort — Deutschlands Hort — Staßfurt blühe — Fort und fort?“. Die andere Glocke kommt nach Fahrland (Haveh. Sie trägt die Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen“. Die andere Seite der Glocke enthält die Namen des zeitigen Geistlichen und der Kirchen— ältesten. Der Guß gelang aufs Beste. Am Montag werden die . zerbrochen und die Glocken aus der Dammgtube gehoben werden.
Strzalkowo, 1. September. Eine sehr hellleuchtende Sternschnuppe konnte, wie dem „‚Pos. Tgbl.“ berichtet wird, am vergangenen Montag gegen 95 Uhr Abends beobachtet werden. Vas Meteor durchbrach eine dünne Wolkenschicht im Osten ungefähr 60 Grad über dem Horizont und fiel in einem flachen nach Süden gerichteten parabolischen Bogen mit nicht zu großer Geschwindigkeit zur Erde. Die Helligkeit des im grünlichen Licht erstrahlenden Meteors übertraf bei Weitem die Lichtstärke der hellsten Planeten. Die Sternschnuppe hinterließ auf dem Hintergrunde der Wolke einen farbigen, deutlich sichtbaren Schweif, welcher erst nach etwa einer Minute gänzlich verschwand. An demselben Abend hatte man über— haupt Gelegenheit viele Sternschnuppen am Himmel zu beobachten.
Breslau. Der Voss. 3. wird geschrieben: Am vergan enen Sonntag wurde von Mitgliedern des Hauptvorstandes des schlesischen und des Central Ausschusses des österreichischen Riesengebirgs Vereins ein neu geschaffener Touristenweg (von der Elhbquelle nach der Elbfallbaude und weiter nach der Kesselkoppe) dem Verkehr übergeben. In der Elbfallbaude hatten sich die Theilnehmer zusammenge'unden und an der Elbgquelle fand der Festakt statt. Nach dem verdienstvollen Mitgliede des österreichischen R. G. V, Hrn. Fabrikbesitzer Piette⸗Marschendorf, wurde der neue Weg „Pietteweg“ getauft. Die Vorstände der beiden freundnachbarlichen Gebirgsvereine hielten bei dieser Gelegenheit auch eine gemeinschaftliche Sitzung ab. Dabei wurde der Wunsch geäußert, die Elbquelle mit ciner schönen Halle einzuwölben. Die Genehmigung dazu wird von dem Grundbesitzer Grafen Harrach eingeholt werden. Man giebt sich in den Kreisen der Riesengebirgs⸗Vereine der Hoff nung hin, daß alle Städte an der Elbe ein Scherflein zu dem Bau der Halle beitragen und einen Baustein liefern werden. Weiterhin kamen hauptsächlich die Schüler- und Studentenherbergen im Riesengebirge zur Besprechung. Auf österreichischer Seite ist man schon lange mit der Errichtung solcher Herbergen. welche den auf Gebirgsreisen begriffenen Gymnasiasten und Studenten freies Nachtquartier beziehungsweise auch Abendbrot und Früh— stück gewähren, vorgegangen. Namentlich ist es auch hier wieder Hr. Piette, welcher durch hochherzige Spenden dies Werk unterstützt; er hat schon reichlich 10000 Gulden für die Herbergen geopfert. In diesem Jahre sind in den österreichischen Schüler⸗
herbergen bereits 380 Schüler, die von der deutschen Seite herüber⸗ kamen, beherbergt worden, und es ist daher für den schlesischen Verein Ehrensache, auch diesseits solche Herbergen zu errichten. Für e Jahr ist es damit freilich schon zu srät, aber im nächsten Jahre werden einstweilen zwei, vielleicht auch bald noch mehr solcher Herbergen ins Leben gerufen werden.
Liebichau, Kreis Sprottau, 31. August. Auf Feldern, Wiesen und Wegen hiesiger Gegend zeigen sich nach Mittheilung der Schl. 3. jetzt Lreuzottern in so großer Zahl, daß an manchen Tagen zehn bis zwanzig Stück getödtet werden. Die daselbst be⸗ sbäftigten Leute müssen mit größter Vorsicht ihre Arbeit verrichten. Manche Kreuzotter ist über einen Meter lang.
Glauchau, 2 September. Die Feier der Enthüllung unseres Kaiser Wilhelm ⸗Denkmals ist, wie dem Ch. Tgbl.“* berichtet wird, heute unter allgemeiner Betheiligung der Bevölkerung
vor sich gegangen.
Madrid, 3. September. Bei Meding del Campo stieß laut Meldung des W. T. G heute ein Expreßzug mit einem Güterzuge zusammen. Nach den vorliegenden Meldungen wurden acht Wagen zertrümmert und gegen achtundvierzig Personen mehr oder weniger schwer verletzt.
Brüssel, 1. September. Das Bureau „Veritas“ veröffent⸗ lickt soeben die Liste der Seeschiffe, welche im Monat Juli untergegangen sind. Hiernach beträgt die Zahl der unter— gegangenen Segelschiffe 49, von denen 16 englische, 11 nordameri-⸗ kanische, S norwegische, 4 französische, ? schwedische und je 1 belgische, dänische, spanische, griechische, hawaiische, holländische, russische und italienische Schiffe waren. Dampfer gingen insgesammt 13 unter, nämlich 7 englische, 3 deutsche, 1 spanischer, 1“ norwegischer und 1 japanischer.
Nach Schluß , eingegangene De n.
Frankfurt a. M., 4. September. (W. T. B.) Von dem General-Direktor der Württembergischen Telegraphen-Verwaltung ist gestern ein Telegramm an den Vorstand der internationalen elektro⸗ technischen Ausstellung eingegangen, nach welchem die gestrigen Versuche in Laufen zu voller Befriedigung ausgefallen sind und dem Betriebe der Anlage Seitens Württembergs kein Hinderniß entgegensteht. In dem Telegramm wird der Wunsch ausgedrückt, daß der Triumph, welchen die Wissenschaft und das Genie durch das Ge⸗ lingen dieses großartigen, bis jetzt einzig dastehenden, dem Vaterlande zum Ruhm gereichenden Unternehmens der elektrischen Kraftübertragung auf eine so weite Entfernung er— rungen hat, ein Sporn zu weiterem Vordringen auf diesem Gebiet des geistigen Schaffens, sowie ein glückverheißendes Vorzeichen für weitere Erfolge der deutschen Elektrotechniker sein möge. Ein Danktelegtamm des Ausstellungsvorstandes und der an der Krastübertragung betheiligten Firmen betont, daß das Ge— lingen des Unternetzmens, bei welchem vier Länder betheiligt sind, nur dem warmen Interesse der Behörden zu danken sei.
Bremen, 4. September. (W. T. B.) Hier ist folgendes Telegramm von der Spitzbergen⸗-Expedition aus Bergen eingegangen: Kapitän Bade theilt mit, daß die Spitzbergen-Expedition die Lofoten und die norwegische Küste besucht habe und daß die Resultate auf Spitzbergen, wo Bellsund, die Eisfjorde und die Kingsbai besucht wurden, gute waren. Alles wohl, Ankunft in Bremerhaven Sonntag.
New⸗York, 4. September. (W. T. B.) Telegramm des „New⸗York Herald“ aus Valparaiso vom 3. d. M. Da die Junta Garantien bezüglich des Prozesses der politischen Flücht⸗ linge, die sich auf die ausländischen Kriegsschiffe begeben hatten, abgelehnt hat, so werden diese sammtlich auf Befehl der Admirale nach Peru geschickt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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Morgens 8 Uhr.
Wetterbericht vom 4. September, rung. In Berlin und Breslau liegt die Tempe⸗ von Max Kraemer. Musik von Bogumil Zepler . o r
werthe.
ratur 6, in Chemnitz? Grad über dem Mittel⸗ Anfang 7 Uhr. Sonntag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Deutsche Seewarte.
Stationen. Wetter.
Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp red. in Millim Temperatur
Aberdeen .. 1'wolkig
Christiansund 2 wolkig
Kopenhagen. 3 wolkig Stockholm. still bedeckt Paparanda ; 2 wolkenlos St. Petersburg Moskau... Lwolkenlos
Corf. Queens ͤ 4 wolkig
von Hrn. Kahle.
1Dunsti) amburg .. 3 heiter Swinemünde 4 halb bed. Neufahrwasser wolkenlos 3 wolkenlos
still Regen
Rarls ruhe.. 3 ö 4 heiter Anfang 7 Uhr.
Wiesbaden. still wolkig?) München .. W 3 heiter ) Chemnitz .. 1woltenĩ. ) 1 4 heiter k wolkenlos Breslau.. 164 2 wolkenlos Ile d'Aix .. NNO 2wolkig . O 4 wolkig Triest still wolkenlos
1 Nachts Gewitter. ) Nachts Gewitter. 23) Abends Wetterleuchten. ) Nachts Regen. 3) Abends Wetterleuchten.
Uebersicht der Witterung. Eine flache Depression, welche sich über Frankreich esstng
zum Herzen.
der Westhälfte Deutschlands zahlreiche Gewitter ver⸗ ursacht, welche im westdeutschen Küstengebiete von Regenfall begleitet waren. Auf Helgoland sind 19 mm Regen gefallen. Bei schwacher, meist süd⸗ östlicher bis südwestlicher Luftströmung ist das Wetter Vollestück in 3 in Deutschland vorwiegend heiter und warm, nur an Hierauf:
Zum 9 der westdeutschen Grenze herrscht meist trübe Witte⸗ Iina. Musikalisch⸗parodistischer Scherz in 1 Att
Theater⸗Anzeigen.
. Rönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern ⸗ Mullaghmore / 4 bedectt haus 170. Vorstellung. Zur Feier des hundert⸗ jäbrigen Geburtstages Meyerbeer's: Ouvertüre zu Struensee.‘ Prolog von E. Taubert, gesprochen Hierauf: Neu einstudirt: Robert öffnet der Teufel. Große Oper in 5 Akten von Meyer⸗ geosfnet. 3 3 beer. Nach dem Französischen von Scribe und 2 bedegt Delavigne, übertragen von Theodor Hell. Ballet von Paul Taglioni. / gartner. Anfang 64 Uhr P Schauspiel haus. heiter 3 Julia. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Shakespeare, 2 wolkig üͤbersetzt von Schlegel. Schramm, als Gast. In Scene gesetzt vom Ober⸗ burg. Anfang 79 Uhr. Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Sonntag! Opernhaus. 171. Vorstellung. Der fliegende Holländer. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang 7 Uhr.
; Schauspielhaus. 3 bedeck z) Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller.
Sonntag: Wildfener. r; Montag: Die Stützen der Gesellschaft. Saison.
Berliner Theater. Sonnabend: Ein Tropfen
Gift. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Nachm. 25 Uhr. Goldfische. Abends 73 Ubr. Montag: Ein Tropfen Gift.
Theater.
Wallner · Theater. Sonnabend: Ihre Familie.
Sonntag: Boccaccio.
Dirigent: Kapellmeister Wein⸗
178. Vorstellung. Wilhelm
Belle Alliance Theater.
Der Hüttenbesitzer.
Sonnabend:
des ganzen Garttn ⸗GEtablissements.
j 77 Ubr. tn, nc Sti. rd Gael. „ Coneitag: Dieselbe Vorftellung.
Sonntag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Rroll's Theater. Sonnabend: Lakme. Sonntag: Vorletzte Sonntags ⸗Vorstellung. Gast ⸗˖ sriel des Hrn. Emil Götze. Esmeralda. Oper — in . 1. . ö. . . . äglich: Großes Conceri“ im Sommergarten, Deutsches Theater. Sonnabend: Der Weg Abends bei brillanter celektrifcher Beleuchtung desselben. Anfano 5, der Vorstellnng 7 Uhr Sonntag, den 13. September: Schluß der Opern⸗
Sonnabend: Zum
37. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung
9 Ich, , . 3 . en, Beleuchtungseffecten ꝛc. ung⸗Den an ö * S
zur See. Großes Ausstattungs-Jeitbild in 4 Akten Gestorben:; Fr. Oberförster Emma Schulze, geb,
(7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Zum
ersten Male in Deutschland: Großes Pferderennen
Falsche auf der Bühne von lebenden Pferden.
gebildet zu haben scheint, ist Über Wesldeutschland Heilige. Schauspiel in 4 Akten, nach A. W. Im prachtvollen, glän enden Sommergarten, (vor, hinaus nach Dänemark fortgeschritten und hat über Pinero frei bearbeitet von Oskar Blumenthal. nebmstes und großartigstes Sommer. Ftablifsement
Sonntag: Falsche Heilige. der Residen;) : Großes Doppel⸗Conctrt. Auftreten
sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination Anfang des Goncerts 6 Uhr. Anfang des Theaters
Adolph Ernst⸗ Theater. Sonnabend: Zum 5. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustay Steffeng. Mit voll⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen
rieb rich — j ãdti sind aus dem Atelier der Herren Wagner und riedrich Wilhelm stãdtisches Theater. Bukaez. In Sceene gesetzt von Adolph Ernst. Sonnabend: Boccaccio. FKomische Operette in Anfang 7 Uhr 3 Akten von F. Zell und R. Gense. Musik von ; F. von Suppé. Regie: Hr. Binder. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang 74 Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Thomas -Theater. Alte Jakobstraße 30.
Der Concert, Park bleibt den Theaterbesuchern Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Zum
37. Male: Im siebenten Himmel. Posse mit Gesang in 3 Akten (4 Bildern) von Jean Kren. Musik von Jobannes Doebber. In Scene gesetz
Residenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten vom Direktor Emil Thomqg3. Anfang 7 Uhr.
x burg. Sonnabend: Zum 8. Male: Frou⸗Frou. 177. Vorstellung. Romeo und Pariser Sittenbild in 5 Aufzügen von Heniy Meilhac und Ludovie Hals vy. Deutsch von Eduard
(ulia's Amme; Fr. Anna Mauthner. In Sen gesetzt von Sigmund Lauten Am Landes- Augftellungs ⸗ Park (Lehrter Bahnhof).
Sonntag: Dieselbe Votstellung.
Urania, Anftalt für volksthümliche Naturkunte.
Geöffnet von 13 —11 Uhr. Täglich Vorftellung im d, , , Theater. Naͤhereg die Anschlag⸗ zette
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Magdalene Helm mit Hrn. Regie⸗ rungs Referendar Rudolf Pitsch.Schroener (Halle a. S. — Posen). — Frl. Clara Strauch mit . Pastor Siegfried Klippel (Ohlau — Pfarr⸗
aus Wederau).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem. Lieut. Kalau vom 9 (Königsberg i. Pr.). — Eine Toch ter: Hrn. Leopold von Plessen (Althoff). — Hrn. Amts ˖
verwalter Carl von Abercron (Testorf in Holstein).
— Hrn. Prediger Gauer (Kraupischken). — Hrn.
Gerichts ⸗Assessor Alexander Hempel (Berlin). —
Hrn Amtmann Wernicke (Fischbach).
Dyrenfurth (Spandau).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage).
Zwez (Lauenau). — Hr. Kreiswundarzt Dr. Ernst
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 20.
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Rekursentscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts.
(1010) Durch Rekurgentscheidung vom 6. Oktober 1890 ist. in Uebereinstimmung mit dem in dem Bescheide 820 (. Amtliche Nach⸗= richten des R. V. A 11890 Seite 194) ausgesprochenen Grundsatze, anerkannt worden, daß die in einer Naturalverpflegungsstation be⸗ berbergten Wanderer, sofern sie als Entgelt für die ihnen gewãͤhrte Beherbergung und Beköstigung Arbeiten verrichten, als Arbeiter im Sinne der Unfallversicherungägesetze anzusehen sind. Da im vor⸗= ssegenden Falle auch feststand, daß der Kläger die Arbeit, bei welcher er verletzt wurde, in einem versicherungspflichtigen und thatsächlich auch bei der beklagten Berufsgenossenschaft versicherten Betriebe ver⸗ richtet hatte, so mußte seinem Entsckädigungsanspruche stattgegeben werden. (Auch zu vergleichen die Rekurgentscheidung 81, Amtliche Nachrichten des RV. A. 1890 Seite 512, sowie der Bescheid 1008, a. a. D. 1871 Seite 233.)
(1011.) Eine Berufgenossenschaft hatte den Entschädigungs⸗ anspruch der Wittwe eines Kontor ⸗ und Kassenboten, welcher bei einem aus dienstlicher Veranlassung unternommenen Gange einen Unfall er⸗ litten hatte, aus dem Grunde zurückgewiesen, weil der Verunglückte nicht zu den nach §. 1 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes ver⸗ sicheren Personen gehört, und zudem die Ausführung, des Ganges wesentlich nur dem kaufmännischen Interesse des Betriebes gedient habe. Dem gegenüber hat das Reichs ⸗Versicherungsamt durch Rekurs—⸗ entscheidung vom 11. Mai 1891 in Uebereinstimmung mit dem Schiedegerickt den Entschädigungsanfpruch als begründet anerkannt, nachdem durch die Beweisaufnahme festgestellt worden war, daß die Beschäftigung des Chemannes der Klägerin vorzugsweise in solchen Verrichtungen bestanden hat, welche dem eigentlichen gewerbstechnischen Betriebe zuzurechnen sind, wie in der Abnahme und Ausgabe von Futter für die Fabrikpferde, in der Abnahme verschiedener ankommender Materialien, in der Aufsichtsführung bei Verladung von Maschinen und Maschinentheilen, in der Uebermittelung von Aufträgen aus dem Kontor zur Werkstatt u. dergl. m. Der Verunglückte war daher gemäß 8. 1 a a. O. als versichert anzusehen, und da auch der Gang, bei welchem er den Unfall erlitt, mit dem
ersicherten Betriebe in Verbindung stand, so war die Entschädigungs
verbindlickkeit der Berufegenossenschaft auszusprechen. Daß die Aus. führung des Ganges mehr oder minder auch dem kaufmännischen Theile des Unternehmens zu gute kam, erschien nach Lage des Falles unerheblich. Zu vergleichen die Bescheide 11 und 68 Nr. 2, sowie die Rekurtentschtidung 893, „Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1885 Seite 3 und 345, 1890 Seite 513, auch die Rekursentscheidungen 587 und 892, a. a. O. 1888 Seite 301 und 1890 Seite bI2.
(1912.) In einer Rekurssache war es streitig, ob Personen des Soldatenstandes, welche während ihrer Militärdienstzeit beurlaubt worden waren, um bei Kasernenbauarbeiten thätig zu sein, die für Rechnung eines Baugewerbetreibenden ausgeführt wurden, und bei denen sie von diesem den Lohn bezogen, nach Maßgabe des Reichs beamten Fürsorgegesetzed vom 15. März 1886 (Reichs⸗Gesetzbl. Seite 53) oder nach den all gemeinen Unfallversicherungsgesetzen für die Folgen der bei diesen Arbeiten sich ereignenden Betriebsunfälle zu entschädigen seien. In einer Rekursentscheidung vom 20. Oktober 1890 ist die letztere Auffassung deshalb für zutreffend erachtet worden, weil die betreffenden Personen ebenso, wie gegebenenfalls z. B. zu Ernte⸗ arbeiten beurlaubte Personen des Soldatenstandes, die Unfälle nicht im Dienste! erlitten haben (8. 1 des Gesetzes vom 15. Mätz 1886). Giebt auch der Wortlaut des 5. 11 a. 4. O, ebenso wie derjenige des 5. 4 des landwirthschaftlichen Unfall versicherungsgesetzes, des §. 1 Absatz 3 des Bauunfallversiche⸗ rungsgesetzes, des §. 1 Absatz 3 des Seeunfallversicherungsgesetzes und namentlich des §. 4 des Ausdehnungsgesetzes zu Zweifeln Anlaß, in sofern dort die im 5. 1 des Gesetzes vom 15. Marz 1886 bezeichneten Personen — mithin auch Personen des Soldatenstandes, welche in reichsgesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben be . schäftigt werden —, und im §. 4 des Ausdehnungsgesetzes sogar , Per⸗ sonen des Soldatenstandes - schlechthin als von den betreffenden allge⸗ meinen reichsgesetzlichen Bestimmungen über die Unfallversicherung ausgeschlossen bezeichnet werden, so geht doch aus der Entstehungs⸗ geschichte der Vorschriften als zweifellos hervor, daß man darin die Ausschließung der betreffenden Personen des Soldatenstandes nur in⸗ soweit hat vorschreiben wollen, als dieselben in den gedachten Betrieben dienstlich beschäftigt werben.
(1913.) Ein Sattler hatte von einer Bergwerksverwaltung die Ausbesserung der schadhaft gewordenen Treibriemen vertragsmäßig über nommen, eine Arbeit, welche an der Betriebsstätte selbst vorzunehmen war. Wäbrend der Ausführung einer solchen Reparaturarbeit rief ihn ein Waschmeister des Kohlenbergwerks, da kein anderer Arbeiter zur Stelle war, zur Hülfe herbei. um einen von der Transmission soeben abgesyrungenen Riemen, welcher zur Reparatur nicht bestimmt war, wieder aufzulegen. Hierbei erlitt der Sattler einen Unfall, indem er von dem eisernen Träger, den er bestiegen hatte, auf den Fußboden berabstürzte. Das Reichs ⸗Versicherungsamt hat in der Rekurtent⸗ scheidung vom 21. April 1891 anerkannt, daß ein von der Knapp— schafts Berufsgenossenschaft zu entschädigender Unfall vorliegt. Der Kläger war allerdings, soweit er als selbständiger Unternehmer thaͤtig war, nicht versichert; auch wurde die Versicherung für ihn nicht da⸗ durch begründet, daß ihn seine Beschäftigung möglicher Weife mit den Gefahren des Bergwerksbetriebes in nahe Berührung brachte (zu dergleichen die Rekurtzentscheidung 694, Amtliche Nachrichten des R. V. -A. 1889 Seite 192). Diejenige Hülfeleistung jedoch, bei der er den Unfall erlitt, lag außerhaib des Kreises der Thätigkeit, zu welcher er sich als Unternehmer vertragsmäßig verpflichtet hatte und er mußte während dieser Hülfeleistung als ein in den Beir eb der Zechenverwaltung übergetretener Ärbeiter gelten. Denn sein Eingreifen geschah in einer dem Betriebe förderlichen und dem zu vermuthenden Willen des Betriebsunternehmers ent— sprechen den Weise, da der auf der Zeche befchäftigte Wafchmelster außer, Stande war, allein und ohne fremde Hüsfe den Rsemen wieder aufzulegen. Eine solche Mitwirkung, welche lediglich im Intereffe des Betriebes und für denselben erfolgt, unterliegt, fofern den Zwecken der Versicherungsgesetzgebung Gerüge geschehen foll, auch dann der Bersicherung, wenn ein eigentlicher Arbeitsvertrag im privatrecht- ö , 6 e n, 3 ,,
j 8S62 un „Amtliche Nachrichten des R. V. A.“ 18 Seite 316, 326, 1890 Seite 495 und 456.
(old Einer der acht Theilhaber einer Lohndampfdrescherei ö die Bedienung der Dampfdreschmaschine als Heizer gegen einen kestimmten Tagelohn übernommen, und sein Verdienst war seit dem 1 1885 in der an den Vorstand der zuständigen Eisen. und
ahl. Berufs genoffenschaft alljährlich eingereichten Arbeiter ⸗ und Lohn⸗ ire ng aufgeführt worden. Als derselbe bei der Bedienung der
ascine von einem Unfall betroffen wurde, lehnte die Berufs Hefen chef die Gewährung einer Entschädigung ab, weil ihm als 4 ö. ernehmer des Betriebes ein Anspruch auf Grund des §. 1 des ; . dersic erunge gesetzes nicht zustehe. Das Reichs⸗Versicherungsamt n urch Rekursenischeidung vom 23. Februar 1851 dieser Auffaffung 9. , n. und hat die Berufegenoffenfchaft zur Gewährung der
nfall rente rerurtheilt. Die Entscheidung ist auf die thatsächliche Feststellung gegründet, daß der Kläger zur Bedienung der Maschine durch den Gesellschaftsvertrag nicht verpflichtet, sein Lohnanspruch von der Gewinnbethesligung als“ Mitunternehmer, insbefondere von der Erzielung eines Reingewinng völlig unabhängig war, und daß er nur
Berlin, Freitag, den 4. September
deshalb Miteigenthümer der Maschine geworden war, um sich als Bedienungsmann gegen — verbältnißmäßig bohen — Lohn beschäftigen zu lassen. Diese Absicht des Klägers ergab sich daraus, daß einerseits die Gesellschafter ausweislich des Ver⸗ trages darauf Werth legten, daß die Bedienung aus der Zahl der Theilhaber genommen werde, andererseits der Kläger durch seinen Beruf als Weber und seine sonstigen Lebensverhältnisse zu der Be— theiligung an dem Unternehmen nicht veranlaßt sein konnte, insbeson— dere der Dreschmaschine nicht, wie die übrigen Theilbaber, auch für den eigenen landwirthschaftlichen Betrieb benöthigte. Bei dieser Sach lage mußte der Kläger als ein in der Lobndampfdrescherei beschäf⸗ tigter Arbeiter angesehen werden. Wenngleich freilich ein Abhängig⸗ keits- und Lohnverhältniß, soweit sein eigener Antheil am Unternehmen in Frage kam, thatsächlich nicht bestand, so bestand doch ein solches gegenüber den anderen sieben Unternehmern, und es konnte ihm des— halb der Schutz, welchen der 5. I des Unfall versicherungsgesetzes den in versicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Arbeitern gegen die Folgen der Betriebsunfälle gewährt, nicht versagt werden. (Auch zu vergleichen die Rekursentscheidung 921, „Amtliche Nachrichten des RV. A.“ 1890 Seite 600.)
(1015.) Ein Maurerpolier hatte mit einer Brauerei ein Ueber⸗ einkommen dahin getroffen, daß er das Brechen und Aufladen des Eises von theils der Brauerei gehörigen, theils von ihr gepachteten Gewässern gegen eine im Voraus für den Centner gebrochenen Eises vereinbarte Vergütung durch von ihm angenommene Leute zu besorgen übernahm. Der Transport des Eises in die Keller der Brauerei geschah dagegen durch deren eigene Wagen und Gespanne. Nachdem der Genannte bei dem Eisbrechen verunglückt war, hat das Reichs⸗Versicherungsamt durch Rekursentscheidung vom 28. April 1890, entgegen den Vor instanzen, die Brauerei⸗ und Mälzerei⸗Berufsgenossenschaft für ver— pflichtet erklärt, wegen der Folgen des Unfalls Entschädigung zu ge— währen. Die Entscheidung beruht auf der Annahme, daß das Eis⸗ brechen dem Brauereibetriebe zuzurechnen, der Verunglückte mithin bei dem Brauereibetriebe — welcher der genannten Berufsgenossenschaft angehört — zu Schaden gekommen sei. In den Gründen ist hierzu Folgendes ausgeführt: Nach §. 9 Absatz 2 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes ist Unternebmer eines Betriebes im Sinne dieses Gesttzes Der jenige, für dessen Rechnung der Betrieb erfolgt. Derjenige mit anderen Worten, welcher Hert der darin geleisteten Arbeit, an ihrem Ergebniß wirthschaftlich in erster Linie interessirt ist. Dies trifft aber hier nicht für den Verunglückten, sondern für die Brauerei zu: der ganze Be—⸗ trieb der Eisgewinnung hat seinen Bestimmungsgrund lediglich in den Zwecken der Brauerei; sie ist es, die des Gises zur Bierbereitung fortlaufend bedarf und sich deshalb die rechtliche Verfügung über be⸗ stimmte Gewässer gesichert hat; sie bestimmt die Zeit, wann, die Menge, in welcher Eis gebrochen werden soll, und das Ergebniß der Eiegewinnung kommt unmittelbar ihr zu Gute. Wie der Brauerei⸗ betrieb selbst, so ist hiernach auch die in solcher Weise diesem Betriebe eingefügte Eisgewinnung im Sinne des 5. 9 Absatz 2 a. a. O. ihr Unternehmen, und als wesentlicher Bestandtheil des Brauereibetriebes gemäß §. 9 Absatz 3 a. 8. O. bei der beklagten Berufsgenossenschaft mitversichert. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß die Brauerei die bei der Eisgewinnung geleistete Arbeit nicht im Stunden ⸗ oder Tagelohn, sondern nach der Menge des gebrochenen Eises vergütet hat (zu vergleichen Entscheidungen 668, 774, ‚Amtliche Nachrichten des R⸗V. A.“ 1889 Seite 156, 414 und die in der ersteren angezogenen früheren Ent scheidungen). Vollends die Auffassung, welcher das Schiedsgericht zu sein scheint, daß Jeder, der im Akkordlohn arbeitet, Unternehmer sei, weil es sich dann nicht um Leistung von Arbeit, sondern um Liefe⸗ rung eines Arbeitsprodukts handle, ist, zumal in dieser Allgemeinheit, nicht zu billigen. Ihre Anwendung im vorliegenden Fall trifft aber auch deshalb nicht zu, weil hier keineswegs die Brauerei dem Kläger das gebrochene Eis gewissermaßen als Waare abgekauft hat, ihr selbst vielmehr vor wie nach dem Brechen in gleicher Weise die rechtliche Verfügung darüber zustand. Es handelte sich für den Kläger wie für die Brauerei nur um Leistung von Arbeit, welche die Brauerei nur nicht, wie ihre anderen Betriebsarbeiten, durch ihre ständigen Arbeiter. sondern — sei es wegen Unabkömmlichkeit derselben ader aus anderen Gründen — durch besondere Leute unter Leitang des Klägers ausführen ließ. Auch das Vorhalten der zur Eisgewin— nung nöthigen Geräthschaften machte den Kläger ebensowenig zum Unternehmer der Eisgewinnung, wie sonst das Mitbringen des Handwerkszeuges dem Arbeiter die Eigenschaft eines solchen nimmt. Das Ergebniß der vorstehenden Ausführungen entspricht ferner auch der natürlichen Zugehörigkeit des Unfallrifikos. Es ist nur billig. daß die Gefahren der Eisgewinnung derjenigen Berufsgenossenschaft zur Last fallen, welcher der Betrieb angehört, der jene Gefahren — nicht zufällig, sondern in Erfüllung eines natürlichen Betriebs bedürf— nisses — erzeugt. Daß schließlich im wirthschaftlichen Leben selbst⸗ ständige Unternehmungen vorkommen, deren Gegenstand im Wesent lichen lediglich die Bearbeitung oder Verarbeitung fremden Materials bildet, ist der Beklagten zuzugeben. Indessen handelt es sich dabei um organisirte Betriebe mit ständigen Einrichtungen, wie z. B. Färberei⸗ oder Müllereibetriebe, oder um solche, deren Arbeitsleistung nicht auf einen einzigen Abnehmer beschräntt zu sein pflegt, wie es hier beim Kläger der Fall war (zu vergleichen Entscheisung 773, Amtliche Nachrichten des R. B.«A.‘ 1889 Seite 398).
(1016.) Die Mitglieder einer Arbeiterkolonne (Quartiersleute) besorgen vorzugsweise für eine bestimmte Firma das Löschen von Kohlenschiffen, sowie den Transport und das Abtragen der Kohlen zu den Kunden der Firma, übernehmen aber zugleich auch von anderen Auftraggebern in ihr Arbeitsfeld einschlagende Arbeiten. Sind zur Ausführung der übernommenen Arbeiten Hülfskräfte erforderlich, so werden diese lediglich von den ständigen Mitgliedern der Kolonne an— geworben und bezahlt. Auch besteht noch insofern ein engeres wirth⸗ schaftliches Band, eine Art kaufmännischer Vereinigung unten den stän digen Kolonnenmitgliedern, als dieselben durch gemeinschaftliche Bei⸗ traͤge und unter buchmäßiger Verrechnung das für ihre Arbeiten er⸗ forderliche Geschirr (Trittleitern, Waagen, Maße, Schaufeln u. s. w.) gemeinsam beschaffen und die verdienten Akkordlohnsummen, welche von den Auftraggebern an den jeweiligen Vormann ausgezahlt werden, nach Abzug der fuͤr die Hülfskräfte aufzuwendenden Beträge wöchentlich zu gleichen Theilen unter einander vertheilen. Durch Rekursentscheidung vom 1. Dezember 1890 hat das Reichs ⸗Versicherungsamt ausgesprochen, daß die Mitglieder der Kolonne nicht als Arbeiter der auftraggeben⸗ den Firmen, sondern als selbständige, wenn auch wirthschaftlich den Arbeitern nicht fern stehende Unternehmer eines auf das Auf“ und Abladen von Koblen und anderen Waaren gerichteten Betriebes (Stauerei) anzusehen sind. Nach den thatsächlichen Feststellungen, wie sie insbesondere von der den Verhältnissen nahestehenden unteren Verwaltungsbehörde und dem Schiedsgericht beurtheilt werden, lassen die Beziehungen des Klägers und seiner Genossen zu der Eingangs gedachten Hauptfirma lediglich eine dauernde Geschäftsverbindung, aber nicht die Begründung eines Arbeitsvoerhältnisses erkennen. Dem Um stande, daß jene Firma die für die Kohlentransporte erforderlichen Wagen und Gespanne gestellt hat, kann gegenüber der im Uebrigen unabhängigen Stellung der Kolonne eine ausschlaggebende Bedeutung nicht beigemessen werden. Zu vergleichen Bescheid 83 („Amtliche Nachrichten des R. VA. 1885 Seite 364), auch Rekurzentschei⸗ dung 894 (daselbst 1890 Seite 513), und andererseits die Rekurs entscheidungen 671 und 921 (daselbst 1389 Seite 161 und 1890
1891.
Seite 600) sowie die dort angeführten Vorentscheidnngen und die vorstehende Entscheidung 1015.
(1017. Der Kläger, der von einer Nähmaschinenbandlung sowohl in, der Werkstätte bei Reparaturarbeiten als auch als Handlungs—⸗ reisender beschäftigt wurde, erlitt, als er auf dem von ibm selbst ge—⸗ leiteten Geschäftswagen einige Nähmaschinen zum Verkauf ohne vor— herige Bestellung fuhr, dadurch einen Unfall, daß das Pferd den Wagen in den Chausseegraben drängte. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in der Rekursentscheidung vom 17. November 1890 die gegen die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik erhobenen Entschaͤdigungs— ansprüche zurückgewiesen, da der Kläger bei Ausübung des den Unfall—⸗ versicherungsgesetzen nicht unterfallenden⸗ Gewerbebetriebes im Umber⸗ zieben verunglückt ist zu vergleichen Entscheidung 587, ‚Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1888 Seite 301)
Statiftik und Volkswirthschaft.
Roggen, Weizen und Kartoffeln. Das Statistische Amt hat in dem neuesten Monatsheft (Juli) eine kartographische Darstellung veröffentlicht, durch welche die Pro duktion von Roggen, Weizen und Kartoffeln, wie sie sich im Durch— schnitt der Jahre 1880,ñ89 gestellt hat, veranschaulicht wird.
Nach diesen Darstellangen treten als Gebiete mit einer starken Roggenproduktion die Kreishauptmannschaften Dresden, Bautzen und Leipzig (mit 20 t und mehr auf 1 4kRm Gesammtfläche) hervor. Daran schließen sich der Regierungsbezirk Merseburg und das Herzogthum Anhalt, ferner im nordwestlichen Deutschland Braun—⸗ schweig, Regierungsbezirk Hannover, beide Lippe, Minden, im Norden Mecklenburg ⸗ Schwerin und im Westen Rhbeinhessen und Düsseldorf. Alle diese Gebiete erzeugen durchschnittlich 15 t Roggen und darüber auf 1 4km. Am Schwächsten ist dagegen die Reggenproduktion in mehreren südwestlichen Gebietstheilen des Reichs: in Eljaß Lothringen, Baden, Württemberg, Schwaben und im Regierungsbezirk Trier ist die Roggenproduktion eine sehr schwache; sie beträgt unter 6t auf den Quadratkilometer. Zwischen s und 9t produziren die Regierungsbezirke Gumbinnen, Lüneburg, Stade, Arnsberg. Kassel, Wiesbaden, Koblenz, ferner Oberhessen, Unzer— franken, Oberbayern. Eine Mittelstellung nehmen mit einer Produktion von 9— 12 t Königsberg, Danzig, Marienwerder, Köslin, Frankfurt, Potsdam, Schleswig, Oldenburg, Osnabrück, zum Theil Thüringen, Aachen, Mecklenburg ⸗Strelitz, die Rheinpfalz, Ober⸗ und Mittelfranken und die Oberpfalz ein. Eine noch stärkere Produktion mit 12 —15 t haben die Provinzen Posen und Schlesien, die Regierungsbezirke Stettin und Stralsund, Magdeburg, Hildesheim, Münster, Köln, Zwickau und Niederbayern.
Die stärkste Produktion an Weizen (und Spelj) mit 9 t und mehr auf 1 4Em hat das südwestliche Deutschland, und zwar Elsaß—⸗ Lothringen, der größte Theil des badischen, hessischen und württem— bergischen Staatsgebiets, Hohenzollern, Schwaben und Niederbayern in Norddeutschland treten mit derselben reichen Weizenproduktion hervor der Niederrhein (Düsseldorf und Köln), ferner einige Gebiete zwischen Elbe und Weser (Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Hildesheim, Magdeburg und Leipzig). Sehr gering ist die Weizenproduktion mit 3st und darunter auf den Quadratkilometer an der Mosel (Trier, Koblenz), in nordwestlichen Theilen Deutschlands (Aurich, Osnabrück, Olden⸗ burg, Bremen, Stade, Lüneburg), ferner in Reuß ä. L. und Zwickau und in einem ausgedehnten Theile des Ostens (Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Stettin, Köslin, Posen und Gumbinnen).
An Kartoffeln haben die stärkste Produktion (60 t und mehr auf 1 4km) die mittelrheinischen Gebiete und mittlere und südöstliche Theile von Norddeutschland, nämlich Braunschweig, Magdeburg, Merse⸗ burg, Anhalt, Königreich Sachsen, Sachsen⸗Altenburg, Frankfurt, Regierungsbezirke Posen, Breslau und Oppeln. Die geringste Pro duktion (30 t und darunter) haben der Südosten: Hohenzollern, Jagst⸗ und Donaukreis, Schwaben, Ober- und Niederbayern; der Nordwesten: Aurich, Osnabrück, Münster, Oldenburg, Regierungsbezirke Hannover, Stade, Lüneburg, Waldeck, Schleswig, Lübeck; außerdem Stralsund; ferner der Nordosten: Provinz Ostpreußen, und zwar besonders der Regierungsbezirk Gumbinnen, der auf 1 4Bm weniger als 20 t produ irt.
Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam betrug im
Juli Januar bis Juli
1891 8013 71691
1890 6539 55 623
1889 6239 57 242
1888 7185 63 838
1887 7250 64 h47
Von den im laufenden Jahre ausgewanderten 71 691 Personen kamen aus der Provinz Posen 13 964, Westpreußen 10 229, Pommern 7133, aus Bayern rechts des Rheins 5445, dem Königreich Württem⸗ berg 3805, aus der Provinz Hannover 3727, Brandenburg mit Berlin 3267, Schleswig ˖⸗ Holstein 786, Rheinland 2466, aus dem Groß herzogthum Baden 2361, dem Königreich Sachsen 2142, der Pro- vinz Hessen⸗Nassau 1728, Schlesien 1608, Ostpreußen 1236, aus der Rheinpfalz 1231, der Provinz Westfalen 1220, dem Großherzogthum Hessen 1101, der Provinz Sachsen 1087. — Der Rest von 5215 Per⸗ sonen vertheilt sich auf die übrigen Gebiete des Reichs.
Zur Arbeiterbewegung. .
Aus Oranienburg wird dem „Vorwärts“ berichtet, daß die dortigen Tischler die zehnstündige Arbeitszeit errungen haben; bis jetzt war eine elfständige und darüber üblich. Die Meister hatten sich anfänglich entschieden gegen die Verkürzung der Arbeitszeit erklärt und bei 36 M6 Konventionalstrafe beschlossen, die elfstündige Arbeitszeit beizubehalten; jetzt haben sie mit Ausnahme eines Meisters nachgegeben.
Hier in Berlin ist in der Musikinstrumenten⸗ Fabrik von Pitschmann u. Söhne, Aktiengesellschaft in Berlin, wegen Lohn— differenzen ein Strike der Bälgemacher und Stimmer ausgebrochen. — Hr. A. Hamann stellt in einer Zuschrift an den „Vorwärts“ die Darstellung des Blattes über den Hergang bei dem in seiner Werkstatt ausgebrochenen Ausstand der Stockarbeiter richtig. (Vgl. Nr. 206 d. BI.) ö
In Krakau ist ein Ausstand der Droschkenkutscher ausgebrochen. Keine einzige, Droschke ist gestern auf den Standplätzen erschienen. Die Polizei verhängte über die Wagenbesitzer hohe Geldstrafen.
Der „Köln. Zig.“ wurde unter dem 2. d. M. aus Lille ge⸗ schrieben, unter den Ausständigen in Wignehies beginne es bedenklich zu gähren. Schaaren von Feiernden, darunter viele Weiber, zogen lärmend und singend vor das Rathhaus und verlangten von der Drtsbehörde Brot. 160 Weber der Firma Boussu u. Legros wurden endgültig entlassen. Der Deputirte Baudin raf, wie die Berliner „Volksztg “ berichtet, an diesem Tage in Wignehies ein und versuchte vergebens, die aufgeregte Volksmenge zu beruhigen. Die Bevölkerung, besonders die Berg⸗ leute, sind außerordentlich gereizt gegen das Militär. — Gestern haben nun einer Wolff'schen Meldung zufolge die Wollengarn⸗ Arbeiter zu Wignehies und Four mies den allgemeinen Ausstand beschlossen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind Seitens der Behörden die erforderlichen Maßregeln getroffen worden.