gebt, so baben wir auf der einen Seite nur gasförmige Körver, welche unsichtbar sind bis auf den Wasserdampf, der aber schnell verschwindet, ctwa wie der Dampf aus dem Rohr eines Dampfkesselz. während der Pulverrauch eine große Menge fester Bestandtheile enthält, welche fich diel langsamer zerstreuen, ähnlich der Rauchwolke einer Esse.
Daß man die trefflichen Eigenschaften der genannten Stoffe nicht früher verwerthete, hatte leinen Grund hauptsaͤchlich in der geringen Bestãndigkeit ö , Obwohl es z. B. gelang, die Gefahr einer unbeabsichtigten Explosion durch sorgfältige Reinigung des Materials bedeutend zu verringern, explodirten doch in einem Laboratorium bei
Wien etwa 300 000 Kg Schießbaumwolle, ein Umstand, welcher die
Tinstellung der Versuche für längere Zeit zur Folge batte. Die französische Regierung ging bekanntlich zuerst zu der Einführung eines auß den neuen Sprengstoffen, im Wesentlichen aus Pikrinsäure her⸗ gestellten Armeepulvers (. Bondre B) über. Die wiederholten Explosionen don Melinitvorräthen, eines jenem Pulver verwandten Präparates, be⸗ wiesen, daß die Zuverlässigkeit noch immer keine große war — Die Schritte, welche in der letzten Zeit in der weiteren Vervollkommnung der neuen Pulverforten gethan worden sind, können hier natürlich nicht eingebend besprochen werden. Die erfolgreichsten Versuche hat wohl unzweifelbaft Alfred Nobel gemacht. Schießbaumwolle läßt sich in einer Anzahl von Stoffen lösen; sie verwandelt sich dabei in eine Art Gelatine, welche je nach der Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger explosiv ist. Nobel, welcher schon vorher aus dem gefähr⸗ lichen Nitroglycerin durch Vermischung mit anderen Substanzen dat Dynamit bergestellt hatte, gelatinirte nun die Schießbaumwolle mit dem anderen Treibmittel, eben dem Nitroglycerin. Es gelang ihm schließlich, ein Pulver herzustellen, welches sich jedem besonderen Zweck anpassen läßt. Der Abftufungen in der Energie der Verbrennung giebt es da so viele, daß sich nunmehr für jedes Gewehr ein Pulver herftellen läßt, welches einerfeits nicht brifanter ist, als es die Widerstands fähigkeit des Laufs geftattet, andererseits aber das Geschoß mit einer aufs Genaueste zu berechnenden Geschwindigkeit heraustreibt. Damit ist dann der Sieg des neuen Pulvers über das alte entschieden.
Die Probe aufs Exempel ist ja auch schon gemacht. Die modernen Sprengstoffe haben ihre fürchterliche Wirkung neuerdings bei den chisenischen Kämpfen gezeigt. Hoffen wir, daß dieser Fall fur lange Zeit vereinzelt bleibe, daß die Kulturstaaten in den immer angestrengteren Vorbereitungen auf den Krieg wirklich nur einen Schutz des Friedens sehen.
Gestern hielten die Sektionen Sitzungen ab. Die Abtheilung für innere Medizin beschäftigte sich mit der Koch'schen Behand⸗ lung der Tuberkulose. Der Vortragende, Sanitãts⸗Rath Auf⸗ recht Magdeburg, faßte nach dem Bericht des. W. T. B.“ sein Urteil dahin zusammen: das Tuberkulin sei ein unschätz. bareg Hülfsmittel. das in frischen Fällen und bei leichten Grkrankungen Heilung, in schweren Fällen mit großen Kavernen eine Verlangerung der Lebensdauer gewähre. Der Geheime Medizinal⸗ Rath Professor Weber ˖ Halle erkannte an, daß das Tuberkulin bei vorfichtiger Dostrung in leichteren Fällen Erfolg habe; im Uebrigen erwarte er die weiteren Forschungen des Professors Koch. Am Äbend veranstaltete die Stadt Halle den Mitgliedern der Ver⸗ sammlung zu Ehren ein Fest.
Jahres versammlung des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geiftiger Getränke.
Am 21. September trat in Brem en, wie schon kurz erwähnt, die Jahresbersammlung des genannten Vereins zusammen und be⸗ handelte als Hauptgegenstand den Gesetzentwurf über die Be— kämpfung des Mißbrauchs geistiger Getränke. Der Re⸗ ferent Ober. Bürgermeister Str uckmann« Hildesheim berichtete über bie von dem Vorstand zu dem Entwurf gestellten Anträge, die nach der Wes.-Zta.“ folgendermaßen lauten;
L Die Vereinsversammlung begrüßt es mit Freude und Dank, daß die Reichsreglerung, entsprechend den von Seiten des Vereins ausgesprochenen Wünschen, den Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Mißbrauch geistiger Getränke, dem Bundesrath vorgelegt und zugleich die Veröffentlichung desselben veranlaßt hat.
II. Sie erkennt in dem Entwurfe im Allgemeinen eine geeignete Grundlage für das von dem Verein erstrebte Gesetz, empfiehlt jedoch, ohne auf alle Einzelheiten des Entwurfs eingehen zu können, die nach⸗ folgenden Aenderungen;
Zu 5 1: ) Es ist im 6 auszusprechen, daß die Erlaubniß zur Setreibung der Gastwirthschaft nicht obne Weiteres auch die zur Schankwirthschaft und zum Kleinhandel, die zur Betreibung der Schankwirthschaft nicht ohne Weiteres auch die zum Kleinbandel mit enthält, sondern daß es für jeden die ser drei Betriebe einer besonderen Erlaubniß bedarf; daß ferner die Erlaubniß für jeden dieser Betriebe auch in beschränktem Umfange, z. B. für die Schankwirthschaft und den Kleinhandel lediglich für gewiffe Arten von Getränken ertheilt werden kann. 3
2) Wenn auch daran festzuhalten ist, daß überall für keine größere Anzahl von Gastwirthschaften, Schankwirthschaften und Klein⸗ handlungen mit Branrtwein und Spiritus die Erlaubniß ertheilt werden soll, als für welche ein Bedürfniß vorhanden ist, so ist doch thunlichst dahin zu streben, objektive Merkmale zu finden, auf. Grund deren die Behörden die Bedürfnißfrage zu entscheiden haben und welche dem subjektiven Ermessen derselben geeignete Schranken setzen.
Insbesondere ist eniweder in dem Reichsgesetze selbst eine nach Maßgabe der Bevölkerungszahl zu bemessende höchste Zahl der für jede Gemeinde oder sonstigen geeigneten Bezirk zu gestattenden Be⸗ triebe unter gleichzeitiger Zulassung der erforderlichen Ausnahmen festzusetzen; oder es ist doch in dem Reichsgesetze die Bestimmung zu treffen, daß durch Landesgesetz oder Statut solche höchste Zahl fest gesetzt werden muß.
Daneben ist zu bestimmen, daß durch Landesgesetz oder Statut sowohl jene reichsgesetz liche Höchstzahl herabgesetzt, als auch anderweite objektive Merkmale, z. B. die Entfernung der einzelnen Betriebe von einander, eine bestimmte höchste Zahl für einzelne Straßen oder Orts⸗ abtheilungen u. s. w., für die Beurtheilung der Bedürfnißfrage als maßgebend hingestellt werden können.
Bezüglich der Schankwirthschaft für andere als geistige Getränke ist von einer Erörterung der Bedürfnißfrage überhaupt abzusehen.
3) Die Gesuche um Erlaubniß zum Betriebe einer Gast⸗ oder Schankwirthschaft oder zum Betrieb eines Kleinhandels mit Brannt⸗ wein und Spiritus sind öffentlich bekannt zu machen.
Su S5. 4: 4 Auch guf Ortschaften unter 5000 Einwohnern haben die Bestimmnngen der Absätze 1 und 2 Anwendung zu finden; Aus— nahmen sind nur dann zuzulassen, wenn für Ortschaften unter 5000 Einwohnern oder für einzelne Theile sonstiger Ortschaften die die Erlaubniß ertheilende Behörde unter Zustimmung der , Behörde ein öffentliches Bedürfniß für die Ertheilung der Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus in Verbindung mit einem Kleinhandel anderer Art anerkennt.
5) Die Ausnaymebestimmung unter 4 zu Gunsten von Delikatesfenhandlungen und Konditoreien erscheint nicht erforderlich.
6) Es ist zu verbieten, daß in sonstigen Handlungen den Kunden als Zugabe unentgeltlich geistige Getränke verabreicht werden.
Zu & 6: 7). Die Streichung des §. 6 wird empfohlen.
Zu §§. 7 bis 10: 8) Es ist ausdrücklich auszusprechen, daß weitergehende landesgesetzliche und landes- oder orts polizeiliche Vor⸗ schriften nicht aufgehoben bezw. ausgeschlossen werden sollen.
.Zu 5§. 7: 9 In Absatz 1 sind die Worte „und alles zu ver ⸗ hindern, wodurch der Mißbrauch geistiger Getränke gefördert werden a,, , gar ͤ
u 8§. 9: ür Absatz 1 wird folgende Fassung empfohlen:
Bast⸗ und Schankwirthen, sowie Kleinhändlern mit Branntwein oder
Spiritus ist verboten, Personen, welche das 14. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben und sich nicht unter der Aufsicht großjähriger Personen befinden, Branntwein zu verabreichen. fsicht großiahriger Pers
Zu ß 10: 11) In Absatz 2 ist hinter . Betrunkenen“ hinzu · zufügen:
u tziebhungzre
lungen, lich bei wie zuzulassen.
Zu §. 17: Es wird der Erlaß eines besonderen Gesetzes wegen Bestrafung der im Zustande der Trunkenheit begangenen strafbaren Handlungen empfohlen.
In dem Referat sprach der Redner seine Verwunderung darũber aus, daß 8. 18, welcher mit Geldstrafe bis zu 100 M oder mit Haft bis zu 4 Wochen denjenigen bestraft, der in einem selbstverschuldeten ik Tergerniß erregender Trunkenheit an einem öffentlichen Ort
etroffen wird, Anfechtung erfahren habe. In Hannover, Bayern, Baden, Hessen, Oesterreich ⸗ Ungarn, in der Schweiz, in Frankreich, Italien, Schweden ꝛc. gelten bereits dieselben oder ähnliche Bestim⸗ mungen; im Jahre 1881 sei von der betreffenden Kommission des Reickztages bei der Berathung des damals vorgelegten Ge- fetzes jene Forderung unverändert angenommen worden, und heute nun solle es iwas sein, was in die persönliche Freiheit eingreife, etwas so Unerhörteg, daß Deutschland kaum noch verdiene, unter den Kulturstaaten aufgeführt zu werden, wenn jene Bestimmung bei uns Gesetz werde! Es liege ein Wider. spruch darin, wenn die Gesetzgebung Maßregeln gegen die Trunksucht ergreife und dabei jedem es überlasse, auf der Straße betrunken Aergerniß zu erregen. Er könne nur dringend empfehlen, trotz des Widerfpruchs, welchen diese Bestimmung von vielen Seiten erfahren, besonders auf dem Juristentag, ihr die Zustimmung iu ertheilen.
Die Versamm lung nahm schließlich die vorgeschlagenen Anträge an.
Die Unfall versicherung.
Auf der gegenwärtig in Bern tagenden inter⸗ nationalen Konferenz für Unfall versicherung der Arbeiter gab der Bundeß⸗Rath Droz in seiner Eröffnungs⸗ rede am Montag einen allgemeinen Ueberblick über die Ent⸗ wicklung der Arbeiterfrage und der Versuche, sie zu lösen. Wir heben daraus folgende Stellen hervor:
Bie Schweiz hat durch ibr Gesetz über die Arbeit in den Fabriken vom 25. März 1877 als erster Staat offen den Grundsatz ber beruflichen Haftpflicht proklamirt und daraus die vraktischen Konsequenzen gezogen. Im Jahre 1886 wurde die Verantwortlichkeit, die Anfangs nur den Fabrlkanten auferlegt worden, auf eine gewisse Anzahl von gefährlichen Betrieben ausgedehnt. Gleichzeitig griff die Ueber⸗ zeugung Platz, daß die Lösung der technischen, rechtlichen, wirthschaft. lichen und anderen Schwierigkeiten, welche aus der Haftpflicht hervorgehen, in der Organisation einer allgemeinen Versicherung gegen Unfall und Krankheiten gesucht werden müsse. Am 26. Oktober 1890 hat das Schweizervolk mit 283 228 gegen 92 200 Stimmen den Bundezrath beauftragt, diese Versicherung auf dem Wege des Gesetzes einzuführen, mit der Befugniß, sie obligatorisch zu erklären, sei es im Allgemeinen oder nur für gewisse Kategorien von Leuten. Wir arbesten jetzt schon mehrere Jahre am Studium des hesten annehmbaren Projekts. Von dem Gedanken durchdrungen, daß die Erfahrung der anderen die billigste ist, wenn man. daraus Nutzen ziehen kann, belümmern wir unt sorgfällig um Alles, was in den anderen Ländern, besonders in Beutschland und Oester⸗ reich, w man uns schon auf dem Wege der allgemeinen Versiche. rung überflügelt hat, gethan wird. Die Berathungen Ihres Kongresses werden ung auch kostbares Material bringen. Seit dem ersten Kon⸗ greß vom Jahre 1889 haben Ihre Arbeiten welten Boden gewonnen. Dank der unermüdlichen Hingebung Ihres Comité, inbesondere seines Präsidenten Linder und seines General ⸗Sꝑekretärs Gruner, Dank der thätigen Mitwirkung von Vielen unter Ihnen, hat sich das inter- nationale Band, welches auf der Weltausstellung in Paris geknüpft wurde, befestigt. Sie periodische Veröffentlichung des Bulletins des Kongresseßz hat uns gegenseitig über die Fortschritte, welche die Angelegenheit in den einzelnen Ländern gemacht hat, auf dem Laufenden erhalten. Ich weiß nicht, ob ich mich irre, aber es scheint mir, daß aus all diesen Arbeiten eine wichtige Thatsache hervorgehe. Ich wies Sie soeben hin auf die Evolution, welche sich in der Schweiz vollzogen und die auch, schneller als bei uns, in Deutsch⸗ Tand und Sesterreich ihren Äusdruck gefunden hat in den Organi- sationen, welche Sie kennen. Nun, was ich glaube feststellen zu kznnen als wichtige Thatfache, ist, daß diese Evolution im Begriff ist, sich auch anderwärtg zu vollziehen und daß sie hen te abgesehen von der Frage des Systems, nicht mehr so hartnäckigem Widerstand und auf seden Fall nicht mehr so zahlreichen Cinwänden begegnet, wie das vor einigen Jahren noch der Fall war.
Die Frage, ob der Staat selbst oder sogar allein die Versicherung übernehme, oder ob er sich darauf beschränken solle, Vorschriften auf⸗ zustellen und deren Ausführung zu überwachen, scheint mir der einzige Punkt zu sein, in welchem die Meinungen sehr auseinandergehen. Die Notbwendigkeit der Versicherung wird aber fast nicht mehr be stritten, fie wird auch proklamirt durch die Gesetzegentwürfe Frank⸗ reichs und Italien, nämlich die Entwürfe der Minister fü‚r Handel und Invustrie, Jules Roche und Chimierri, durch den Gesetz⸗ entwurf der bel gischen Regierungskommission, in welcher drei Theilnebmer dieses Kongresses sitzen.
Wenn ich mir einerseits erlaube, diese Thatsache festzustellen, so will ich andererseits den Charakter dieses Kongresses nicht außer Acht laffen, welcher, wie unfer Cinladungsschreiben sagt, sich nicht unter die Fahne eines vorgefaßten Systems stellt, sondern einzig ein Werk freier Prüfung sein will mit der Bestimmung, die besten Methoden für die Löfung der großen humanen Frage geltend zu machen. So glauben wir, als Kongreß keine grundsätzlichen Beschlüßsse fassen zu sollen, son.⸗ dern wir kommen zusammen, um unsere Meinungen, die sich auf Nachforschungen und Erfahrungen gründen, auszutauschen. ..
Meine Herren! Wir werden uns nicht darauf beschränken, als Deyise unferes Kongresses die Worte des Alterthums, so schön sie an sich auch sein mögen, zu wählen: Es genügt, das Große gewollt zu haben 4. sondern, nachdem wir große und schöne Dinge wollten, werden wir auch Alle Kräfte daran setzen, diese, Jeder in der Sphäre seiner Thätigkeit, vraktisch zu gestalten. So nur werden wir die Pflichten gegenüber der Zeit, in der wir leben, erfüllen, so nur werden wir unferen Brüdern aus dem Arbeiterstande eine bess ere Zukunft schaffen, ein würdigercs Dasein, eine sozlale Ordnung, welche sich mehr und mehr dem Gedanken der Gerechtigkeit und Gleichheit nähert.
Nr. 1 der Mittheilungen aus dem Kaiserlichen
atentamt, Anmeldestelle für Gebrauchsmuster, ist am 2. September erschienen. Sie enthält an der Spitze die amtliche Bekanntmachung von der Herausgabe des Blattes und weiter eine Sammlung von Reichstags⸗Drucksachen, welche umfaßt: 1) die Be⸗ gründung des dem Reichstage vorgelegt gewesenen Gesetzentwurfs, 3 den stenographischen Bericht über die erste Berathung, 3) den Bericht der XI. Kommission des Reichstages, 4) die Gegenüber stellung des Wortlauts der Vorlage und der Beschlüsse der Kom⸗ miffion, ) den stenographischen Bericht über die weite Berathung, 6) den stenographischen Bericht über die dritte Berathung.
Nr. 37 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗
sundheitsamtß vom 15. September hat folgenden Inhalt:
Absatz 2 ist zu streichen.
Gefundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. — Sterbe⸗
fälle in deutschen Städten mit 40 0090 und mehr Ginwohnern. — k in größeren Städten des Auslandeg. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäufern. — Desgl. in deutschen Stadt ⸗ und Land⸗ bezirken. — Medinnnalstatistische Mittheilungen aug dem Reg.; Bei. Breslau 188658683. — Infertionskrankbeiten in Baden. Hamburg, Mailand, Mogkau, 1. Vierteljahr. — Witterung. — Grundwasser⸗
and und Bodenwärme in Berlin und München, August. — Thier euchen in Rumänien, 1830. 3. und 4. Vierteljahr. — Milibrand in den Riederlanden. — Veterinärpolijeiliche Maßregeln. (Reg. Bez. Gumbinnen, Schweiz, Schweden.) — Medizinalgesetzgebung u. s; w. kö Reich) Ünterricht in der Impftechnik. — (Preußen. Reg.
ez. Posen.) Sanitãtskommissionen.— Geheimmittel. — ae Bez. Schleswig) Gifte ꝛc. — ( Desterreich. Kärnten.) Fleischsen ˖ dungen. — Rechtsprechung. (Frankreich) Weinfälschung. — Ver⸗ handlungen von geile ebe en Körperschaften. (Oesterreich.) Gesetz entwurf, betr. den Verkehr mit Lebensmitteln ꝛc. Vermischtes. (Heffen Transport infektiss Erkrankter auf Eisenbahnen. — (Bukowina. ) Tollwuth. — (Rußland.) Desgl.
Rr. I7 des Archivs für Post und Tele graphie (Beiheft zum Amtsblatt deg Reichs · Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs ⸗Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Attenstüdle und Aufsätze: Die Legung des neuen Telegraphenkabels zwischen Deutschland und England. = Das Niederlaͤndische Postgesetz vom 15. April 1891. — Entwickelung der verschiedenen Beförderungs⸗Arten und Mittel in den Vereinigten Staaten von Ameritg. — II. Kleine Mittheilungen: Die Hudfonbrücke zwischen New. Jork und Hoboken. — Die Post⸗ sparkaffe Itallens im Jahre 1885. — Der meteorologische Dienst in Fapan. — Außergewöhnliche Beschädigung einer Telegraphenlinie durch Blitzschlag. — III. Literatur des Verkehrswesens: Inhalts ⸗ verzeichniß der Fahrgänge 1881 bis 1890 vom Centralblatt der Bau⸗ verwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Bearbeitet unter Leitung der Redattion von Volkmar Gillsch. Berlin 1591. Verlag von Wilhelm Ernst u. Sohn. 10 Bogen in gr. 40. Preis geh. 3
Nr. 38 des Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der 5ffentlichen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Die Eisenbahnen Deutschlands im Betriebs jahre 1889/90. — Vom Bau des Kanals von Korinth. — Die Schienenformen der Gotthardbahn. — Landgericht in Bochum. — Sie Ruine der Marienkirche in Inowrajlaw. — Fiorini's Prospecto⸗ graph. — Vermischtes: Besoldung des nicht etats mäßig angestellten Personals in der Militär ⸗ Bauverwaltung während der Ableistung militärischer Uebungen. — Preisbewerbung für den Entwurf zu einer Straßenbrücke im Victoriapark auf dem Kreuzberge in Berlin. — Maßnahmen zur Erhaltung des Heidelberger Schlosses. - Erhaltung und Schutz der geschichtlichen Denkmäler in der Provinz Schlesien. — Beleuchtung von Oberlichtsälen mit elektrischem Bogenlicht. — Wett ˖ bewerb um die Lieferung von Sicherheitsstellwerken für die rumäni⸗ schen Eisenbahnen. — Neue Patente.
tunst und Wissenschaft.
Für die beutige Gontardfeier im Architektenbause wird nach den Angaben des Architekten Wallot durch Baumeister Rieth und Deco⸗ rateur Bernau eine wirkungsvolle Dekoration geschaffen, deren Mittel⸗ punkt das ovale Reltefbildniß des Gefeierten von Brunow bilden wird. An den Seiten des Saales sind Zeichnungen und Photogra— phien der Werke Gontard's ausgeftellt.
— Daß zur Erhaltung der Heidelberger Schloßruine gründliche und durchgreifende Maßregeln nothwendig sind, ist bekannt, und deshalb hat die Großherzoglich badische Regkerung eine Kom⸗ misfion einberufen, die sich während mehrerer Tage mit der Frage nach diefen Maßregeln befassen wird. Als Berathungslokal dient, wie die ‚Karlsr. Ztg.“ aus Heidelberg berichtet, die Kapelle im Band⸗ haus, den Vorsitz hat Minssterial⸗ Rath Schoch übernommen. Von Fachmannern, welche an den Sitzungen theil nehmen, werden ge⸗ nannt: Bau. Direktor Durm, Ober⸗KFaurath Lang, Professor Warth (Karlsruhe), Professor Raschdorff (Berlin), Thiersch (München), Haase (Hannover), Sher ⸗Baurath Egli (Stuttgart), Direktor Essen⸗ wein (ärnberg; Außerdem nehmen Ober-Bürgermeister Dr. Wilckens, Bau ⸗Fnspektor Koch, Geheime Hofrath Schröder und Professor von Oechel häuser (Heidelberg) theil.
— Abermals sind, wie die Köln. Ztg. mittheilt, zwei Pla⸗ neten auß der Klaffe der Asteroiden entdeckt worden, beide von Hrn. Charloit auf der Bischoffsheim'schen Sternwarte zu Nizza am d. September. Der eine, Nr 317, ist äußerst lichtschwach (13. Größe), der andere heller, jedoch auch noch sehr schwach (11,5. Größe). Sie haben vorläufig die Nummern 317 und 3135 erhalten.
— Seit September 1890 sind innerhalb Jahresfrist 3629 ver⸗ schiedene Doktor ⸗Dissertatio nen, Habilitationsschriften i, 2c. bei der Central stelle für
ifferta tionen und Programme von Gustav Fock in Leipzig“ eingegangen und in der von derselben herausgegebenen „Bibliographischen Monatsschrift über neu erschienene Schul! und üniversitätsschriften! verzeichnet worden. Die Mehrzahl dieser Schriften ift nicht in den Handel gekommen. Auf die einzelnen Fachwiffenschaften vertheilen sich diese 3629 Schrif ⸗ ten folgendermaßen: Klassische Philologie und Alterthums⸗ wissenschaften: 396; Neuere Sprachen und Germgnistik; 280 Drientalia: 45; Theologie: 453 Philosophie: 52; Pädagogik;: 218; Seschichte nebst Hälfswissenschaften und Geographie; 219; Rechts⸗ und Staatgwissenschaften: 274; Medizin: 1235; Beschreibende Natur⸗ wissenfchaften (Zoologie, Botanit, Geologie, Mineralogie 2c): 201: Exakte Wiffenschaften (Mathematik, Physik, Astronomie c); 225, Chemie: 3648; Bildende Künste: 17; Muftk;: 7; Landwirthschaft: 17; Verschiedenes (Bibliothekwesen, Reden ꝛc: 34.
— Aus Stockholm wird der Frkf. 3. vom 16. d. M. ge⸗ schrieben: Die erste freie Universität im Norden wurde gestern in Götheborg durch den schwedischen Kultus- Minister Wennerberg feierlich geöffnet. Diese Institution ist ohne staatlichen Zuschuß er⸗ richtet und durch die Großmuth mehrerer Bürger ins Leben ge—⸗ rufen worden. Im Jahre 1878 schenkten zwei reiche Kauf⸗ leute in Götheborg, Lundgreen und Magnus, jusammen 6 G6 000 Kronen für die Errichtung einer „freien Hochschule. Man hatte damals noch starken Zweifel, ob es gelingen werde, den Plan zu realisiren. Als jedoch der bekannte Brauer David Camaegie in Götheborg im Jahre 1885 eine halbe Million Kronen dem genannten Zwecke widmete, konnte man das Unternehmen als gesichert betrachten. Im November 1887 beschloß endlich die Kommunglverwaltung in Götheborg, die freie Universität zu errichten. Vie Beiträge hatten damals eine Höhe von 1750 905 Kronen erreicht. Eine ganze Reihe hervorragender Gelehrter und früherer Professoren in Upsala und Lund sind fär die neue Hochschule gewonnen,
— (Fb) Aus Dänemark wird berichtet; Im Au gu st sind nach einer Mittheilung des Meteorologischen Instituts im Durchschnitt aller Beobachtunge gruppen 1560 mm Regen gefallen. Seit dem Jahre 1860 hat kein Monat eine ähnliche Regenmenge aufzuweisen gehabt; es sind feit jenem Jahre überhaupt nur zwölf. Monate ver= zeichnet, die über 160 mm Regen hatten. Die Vertheilung des Kegens war für die einzelnen Landestheile sehr verschieden; West⸗ jütland batte 131 mm (normal sind I8 mm), Qstiütland 177 mm 3 mm, Fünen 140 mm CI mm), Seeland 162 mm (64 mm) und
aaland⸗Falster 147 mm (60 mm). In der Gegend von Korsör und Taarnborg fiel der wenigste Regen nämlich 81 mm, dagegen bei Rörlund im Amte Aalborg in Jütland nicht weniger als 281 mm. Im ganzen Monat August waren nur drei Tage, die als trocken bezeichnet werden konnten.
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
M 224.
Berlin, Mittwoch, den 25. September
1891.
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Ausbildungskursus für Vewegungsspiele. (Vgl. Nr. 220 des R. u. St. A.“)
—s In dem vierten Vortrage des Ausbildungskursus für Be⸗ wegungsspiele sprach Hr. Sberlchrer Eckler über Spielplätze und Spielgeräth und, führte etwa Folgendes aug; Am Meisten kignet sich begreiflicher Weise eine völlig ebene Fläche zu nent Spicsplatz, allein man wird häufig auch mit einem mehr oder weniger geneigten Terrain färlieb nehmen müssen. Selbstverständlich ist es dann Sache des Spielleiters, dafür Sorge zu tragen, daß die eine der spielenden Parteien bei der Autwabl ihres Stand= ortes nicht vor der andern bevorzugt wird; dieselbe Pflicht einer gleichmäßigen Vertheilung, der Spielbedingungen. an beide Parteien erwächst dem Spielleiter hinsichtlich der Platz⸗ anweisung mit Rücksicht auf den Stand der Sonne. Der Boden des Spielplatzes soll fest, aber nicht hart sein; hier bietet der märkische Sand allerdings einige Schwierigkeisen. Den schönsten Boden bildet erfahrungsmäßig eine Rasendecke, Wenn eine solche indessen ihre Benutzbarkeit nicht mit der Zeit einbüßen soll. so mi sie regelmäßig geschoren und es muß der Bildung von Lücken dur Rachsaen im Frühjahr begegnet werden, auch ist es noth wendig, während des Sommers den Rasen jeden Tag oder doch einen Tag um den andern Zu sprengen. Während Letzteres in Berlin bei der vortrefflichen Wasserversorgung und beim Vorhandensein ausreichender Sprengvorrich tungen fůr die zahlreichen städtischen Gartenanlagen auf keine Schwierigkeiten stößt, wird man in kleineren Orten, wo es, an den erforderlichen Mtleln gebricht, genöthigt sein, sic auch mit weniger guten Spyiel⸗ plätzen zu begnügen. Jedoch auch hier kann man den Boden eines zum Spielen' bestimmfen Platzes, durch Ueberdedkung mit schwerem, aber fein gesiebten Sande oder mit einer dünnen Schicht von Flußsand erheblich verbessern; es erscheinen dabei aber eine sorgfältige Auswahl des zu verwendenden Sandes oder Kieses und die Fernhaltung von Steinen, sowie die regelmäßige Ausbess erung durch die Benutzung oder durch Witterungseinflüßse verursachter Löcher und Risse erforder⸗ lich. Was die Lage guter Spielplätze anlangt, so wäre es ja am Wünschengwerthesten, wenn man Überall Höben für dieselben zur Ver · füJung hätte, welche eine Gewähr für gute und reine Luft, und, sofern kein Wald die Aussicht hemmt, einen namentlich unserer städtischen Jugend so sehr zu gönnenden freien Umblick in die Ümgebung bieten. Derartige Plätze werden siich freilich nur selten finden laffen; einen nach jeder Hinsicht vortrefflichen Spielplatz be ⸗ sitzt die Stadt Hirschberg, und als Ideal eines Spielplatzes könnte man die Ottohöhe bei Greiffenberg in Pommern bezeichnen. Ein guter Spielplatz muß sodann ausreichenden Schutz gegen den Ost und den Rordwind gewähren; ist ein solcher Schuß nicht vorhanden, so wird man bei derartigen Winden von der Vornahme erhitzen der Spiele überhaupt absehen müssen. Um jedoch den nöthigen Schutz gegen die bezeichneten Windrichtungen zu gewinnen. empfiehlt sich die nach Osten und nach Norden gekebrte Anlage von Bäumen und von Gesträuch; doch ist auch nach Süden und nach Westen hin die An⸗ pflanzung von Schatten gebenden Bäumen gerathen. Handelt es sich um die schnelle Herstellung von Anpflanzungen, so erscheint die Wahl von Schwarzpavpeln raibsam; ferner sind Ulmen, Rüstern, Linden, fodann Ahornbäume und vielleicht auch Platanen für solche Rnlagen geeignet. Abzusehen ist jedoch von der Anpflanzung von Roßkastanien, welche Anlaß zu dem Unfug des gegenseitigen Bewerfens mit der harten Frucht bieten, sowie von derjenigen von Obstbäumen, welche lediglich den schädlichen Genuß unrerfen Obstes fördern würde, auch die Anpflanzung von Nadelhölzern empfiehlt sich nicht, weil der mit abgefallenen Nadeln bedeckte Boden sehr leicht ein Ausgleiten verursacht. Wenn man nun gefagt, unfer Bestreben gehe dahin, nur im Schgtten zu spielen, so ist das nicht richtig, denn wir sind auch mit der Sonne zufrieden und unser Altmeister Zahn hat einmal gelegentlich einer Erörterung dieser Schattenfrage wörtlich den Ausspruch gethan: „So viel Sonnz muß auch jeder Knabe und Jüngling vertragen können, als es in seinem Valerlande giebt !! In der That treten anch Sonnenstich und Hitzschlag meistens nur bei Zusammenhäufung Vieler, so bei marschitenden Truppenabtheilungen, d, h. in einer Lage auf, weiche dem Einzelnen die Zufuhr der nöthigen Menge frischer Luft vorenthalt. Die Wahl der Spiel eit wird . wohl nirgends nach dem Stande der Sonne richten können, ondern von den befonderen maßgebenden Umständen abhängig zu machen sein. Wünschentwerth erscheint es, zu ermöglichen, daß die⸗ jenigen Spielgenossen, welche stillstehen, einen schattigen Platz haben, wenn auch die Ausübung des Spieles selbst in der Sonne erfolgt. Gegen letztere sind die spielenden Schüler durch ihren noch dichten Haarwuchs zur Genüge geschützt, und die durch die Be⸗ wegung rege erhaltene Ausdünstüng führt ihnen frische Luft in * hinreichendem Maße zu; für den kahlköpfigen Spieler empfiehlt fich zum Schutze gegen die Sonne die Benutzung einer leichten Kopfbedeckung. Der zu wählende Spielplatz muß ferner eine gesunde Lage haben, und in seiner nächsten Nähe dürfen die spielende Jugend keine offenbaren Gefahren bedrohen, daher ist die Nähe von sumpfigen stehenden, wie auch diejenige von reißenden fließenden Gewässern zu vermeiden. Nachdem er sodann die Gestalt eines Rechtecks, dessen eine Seite indessen nicht stets noch einmal so groß sein müsse, wie die andere, als die für einen Spielplatz geeignetste bezeichnet, besprach der Vortragende auf Grund der in der Praxis gemachten Beobachtungen die für einzelne Spiele je nach der Zahl der Betheiligten am Ange⸗ messensten erscheinenden Größenverhaͤltnisse der anzulegenden Spiel⸗ plätze, um zu dem Ergebnisse zu gelangen, daß nicht der Spielplatz oder die Vornahme dieses oder jenes Spieles, sondern der Umstand die Hauptsache sei, daß überhaupt gespielt werde. Die Stadt Berlin hat auf diesem Gebiete Etwas gethan, was auch für kleinere Orte nachahmenzwerth erscheint; sie hat außer den Spielplätzen für Be⸗ wegungsspiele an verschiedenen Stellen auch Spielplätze für kleine Kinder errichtet. Da sitzen die letzteren — u. A. befinden sich mehrere Spielplätze auch im Thiergarten — im Freien, spielen eifrig in dem auf⸗ gethürmten Sandhaufen umher und lernen bel dieser gesunden Bewegung auch allmählich ihre Phantasie beschäftigen. Etwas Zweitesz aber, was zu i ,, Förderung des Spielwefens beikragen würde, was jedoch in Berlin nicht möglich erscheint, ist das Vorgehen einzelner Familien in kleineren Orten in der Richtung, daß im Garten, auf dem Hofe kleinere Spielplätze errichtet werden, zu deren Benutzung auch die Nachbarkinder herangezogen werden müßten, sodaß in den Spielgenossen schon frühe ein kameradschaftliches Gefühl wach gerufen werden würde. Wo man glso Über keine großen Spielplätze verfügt, möge man sich mit kleineren b gnügen, auf denen die Kinder armer und reicher Leute mit dem gleichen Rechte erscheinen dürfen. Der Vortragende ging nunmehr zu einer Besprechung der bei der Ausübung der ein- zelnen Spiele erforderlichen Geräthschaften über und beschäftigte sich bier zunächst mil einer eingehenden Beschreibung der zahlreichen Arten von Spielbällen, wie fie bei den mannigfachen Modifikationen des Ball. spiels gebraucht werden. Nachdem er bei dieser Gelegenheit unter Hinweis auf das verwandte Material und die Art der Zusam men- setzung manchen nützlichen Wink für die billige Herstellung von Ballen und Schlägern Seitens der Spielgenossenschaft selber und nachdem er ferner unter intereffanken Demonstrationen die zur Ansicht 3 ten, für die engiifchen Spiele erforderlichen Geräthe in den Kreis feiner Besprechung gejogen, gab er anheim, sich bei den
ersten Anschaffungen von Spielgeräthschaften auf ein bescheidenes Maß, vielleicht auf die Beschaffung von einigen Mal zeichen und von ein paar Ballen, zu beschränken und nur schrittweise in dieser Richtung vorzugehen. Sodann machte er auf die Noth= wendigkeit aufmerksam, für eine angemessene Aufbewahrung der vor⸗ handenen Spielgeräthschaften Sorge zu tragen, und forderte zum Schluffe seiner anregenden Ausführungen dazu auf, sich zunãchst auf dĩe Pflege der deutschen Spiele zu beschränken.
Baß Thema des letzten Vortrages des Ausbildungskursus für Be⸗ wegungsspiele am Sonntag lautete: Geschichte der Bewegungs⸗ spieie, Literatur und allgemeiner Rückblick. Der Vor⸗ tragende, Hr. Professor Dr. Euler, kennzeichnete zunächst die Ergebniffe des gegenwärtigen ersten Berliner Spielkursus als beson⸗ ders erfreuliche, indem er u. a. darauf hinwies, daß zu seiner großen Freude die günftigen Eindrücke, welche die Theilnehmer an dem Kurfut in Berlin gewonnen, einer Anzahl derselben die Anregung ge⸗ geben hätten, bereits Vorbereitungen für die Gründung eines Spiel. klubs zu treffen. Redner warf sodann einen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte dieses Kursus, im Verfolge dessen er hervor⸗ kob, daß in Berlin schon lange vor der von Görlitz aus gegebenen Anregung die Jugendspiele in ausgiebiger Weise gepflegt worden seien, und gab zum Schlusse dieses Theiles seiner Ausführungen der Ueberzeugung Ausdruck, daß in Bezug auf anregende Eindrücke und auf fördernde Erfolge der erste Berliner Spielkursus hinter seinen Vorgängern nicht jurückstehen werde. Es folgte nun ein kurzer Ueberblick über die Geschichte des Spiels, welche so alt ist, wie die des Menfchengeschlechts. Schon bei dem Propheten Sacharja beißt es im 5. Vers des 8. Kapitels: Und der Stadt Gassen sollen sein voll Knäblein und Mägdlein, die auf ihren Gassen spielen. Luther aber, welcher diefer Bibelstelle in seinen Schriften eine längere Betrachtung widmet, sagt dort u. a.: „es müsse gut stehen in einer Stadt, wo die Kinder fröhlich auf der Straße spielten. Was insbesondere das Alter des Ballspieles anlangt, so reicht dasselbe weit in das Alter⸗ thum zurück; auch eine größere Anzahl anderer Spiele, die von den Alten gepflegt wurden, hat sich bis auf unsere Tage erhalten und die Angehörigen des indogermanischen Stammes haben die in ihrem Urfitze gebräuchlichen Spiele bei ihren großen Wanderzügen überall hin verbreitet. Plato spricht sich bei der Erörterung der Spielfrage dafür aus, daß die Kinder nach vollendetem dritten Lebensjahre in eine Spielschule gebracht würden, weil es sonst nicht möglich fei, diefelben ruhig zu halten. Die Nothwendigkeit der Pflege des Spiels im erzieherischen Interesse wird auch namentlich von den Humanisten betont. Von Comenius, welcher die Förderung des Spiels unter der Jugend lebhaft befürwortet, besitzen wir die Be⸗ schreibung einiger damals in Uebung befindlicher Spiele; dassel be Intereffe für die Jugendspiele findet sich bei anderen namhaften Pädagogen jener Zeit. Auch Rousseau legt großen Werth auf die Pflege des Spiels, hinsichtlich deffen er eine verschiedene Handhabung für Knaben und Mädchen fordert; so verweist er jene auf das Spielen mit einem harten, diefe auf das Spielen mit einem Federballe. Ferner sind hier noch Basedow und Salzmann zu nennen, welche bei ihrer erzieherischen Thätigkeit der Bedeutung des Spieles besonders Rechnung trugen. Das erste Spielbuch gab Gutsmuths heraus; dasselbe ist in der That als klaffisch zu bezeichnen. In seiner Einleitung erklärt der Verfasfer das Spiel für geradezu unentbehrlich, um zur Lösung des geheimnißvollen erzieherischen Problems zu gelangen, und weist darauf hin, daß, wenn alle Menschen die durch das Spiel. geförderte Heiter⸗ keit des Gemüthes besäßen, für das Böse wenig Raum auf der Erde fein würde. Nachdem der Vortragende darauf noch der Schriften Jean Paul'z gedacht, in welchen sich zahlreiche, die er— zieherische Bedeutung des Spieles hervorhebende Stellen finden, führt er in großen Zügen die Geschichte des Berliner Turnwesens und der mit demfelben verbundenen Bestrebungen zur Förderung der Be⸗ wegungsspiele vor, um daran eine kurze Besprechung einzelner Spiele, wie des Schlagball. und des Anschlagspieles, sowie eine Aufzählung empfeblenswerther, Spielbücher zu. knüpfen, von denen das Schaller'sche Spielbuch. die Turnspiele von Pr. Kohlrausch und Marten, die Turnspiele für Vereine von Karl Schröder und das einschlaͤgige Werk von Dr, Lion und Wortmann hervorgehoben seien. Hr. Professor Dr. Euler schloß sein⸗ inter essanten Ausführungen mit dem Wunsche, daß unsere Spielliteratur sobald nicht versiegen und daß das Spiel in Deutschland einen stetigen guten Fortgang nehmen möge.
Darauf ergriff der Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses, der städtische Ober ⸗Turnwart Professor Pr. Anger ste in, das Wort, um bei dem Schluffe des Kursus allen Theilnehmern für den bewiefenen Eifer und die bekundete Ausdauer im Namen des leitenden Comité zu danken und dem Wunsche Ausdruck zu geben, daß es den Theilnehmern an dem zu Ende gehenden Rurfuß vergönnt fein möge, die hier gewonnene frische und freudige Anregung in immer weltere Kreise hinauszutrggen. Nach dem * derselbe Redner sich bei dem geselligen Zusammensein, kwelches später in dem der Königlichen Turnlehrer · Bil dungdanstalt benachbarten Restaurant stattfand, in ähnlichem Sinne ausgesprochen, erfolgten verschiedene Erwiderungen, in welchen den Leitern des Kursus der warme Bank der Theilnehmer für die hier empfangene Ausbil⸗ dung ausgesprochen wurde; bei dieser Gelegenheit gedachte Hr. Dr. Bersu (vom Lessing⸗ Gymnasium) auch der spielfördernden Thãtig⸗ it Seiner Majestät des Kaisers und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Allerböchstdenselben auz.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Gestern Abend ,, hier in Berlin, den sechs Reichs⸗ tagswahlkreisen entsprechend, sechs s ozialdemo kratij che Verfamm lungen statt, in welchen die Wahlen für den bevor⸗ stehenden Parteitag in Erfurt vorgenommen und etwaige An⸗ träge besprochen werden sollten. In fünf Wahlkreisen wurden die Anhänger der Fraktion mit großer Stimmenmehrheit
ewählt, doch ist es wieder zu lebhaften Scenen mit der inderzahl der Opposition gekommen. Die Versammlung im fünften Wahlkreis verfiel der polizeilichen 1 nn Das sozialdemokratische Centralblatt „Vorwärts“ führt folgende Parteigenossen als gewählt an: .
1. Wahlkreis: Schuhmacher Th. Metzner, Schneider A. Täte⸗ row, Cigarrenhaändler B. Stabernack. 2. Wahlkreis: Buchbinder Kleinert, Frau Fhrer. 3. Wahlkreis: Tischler Fritz, Cigarren händler Börner. 4. Wahlkreis: Strumpfwirker Wengels, Restaurateur Tempel, Frau Rohrlack. 6. Wahlkreis: Restaurateur Scholz, Swriftsteller Pens, Frau von Hofstett en. ⸗
Der sosialdemorratische Reichstags · Abgeordnete Fr. Harm erlãßt eine Erklärung, der jufolge die ihm vor drei Jahren von der sartn bewilligten 1060 6 zur Aufrechterhaltung der Freien Pressen, die ihm sonst irg gewesen ware, gedient hätten. (Vgl. d. gestrige Nummer 223 d. Bl.)
In Braunschweig beschloß der Magdb. Ztg.“ zufolge eine fo zial demokratische Versamm lung am n, noch vor dem Erfurter Parteitag einen besonderen Parteitag für das , Braunfchwesg in Seesen oder Langelsheim ab⸗ zuhalten.
Eine Versammlung der Vergolder und Vergolderinnen in Leipzig beschäftigte sich, wie die ‚Lpz. Ztg. berichtet, am Sonn⸗ tag mit der zu Weihnachten d. J. nach Köln a. Rh. einberufenen Generalversammlung des Verbands der Vergolder Deutsch⸗ lands Sitz Berlin), auf der auch die Leipziger Vergolder durch einen Deleßirten vertreten sein werden, und die sich u. A. auch mit der von der Zablstelle Altona beantragten Vereinigung diefes Verbandes mit dem Verbande der Maler Deutschlands einem einzigen Verbande beschäftigen soll. Sämmtliche in der Ver- sammlung auftretenden Redner, namentlich der anwesende Verbands⸗ vorsitzende, sprachen gegen die . melzung der beiden Verbände. Eine in diefem Sinne lautende Resolution gelangte zur Annahme. — In einer am Montag abgehaltenen, von etwa 1500 Personen be⸗ suchten Versammlung der Leipziger Buchdruckergehülten wurde mitgetheilt, daß die Tarifkasse Ende August einen Bestand von 24 931 M aufgewiesen habe, und daß man aus dem Verlauf der zahlreichen kürzlich abgehaltenen Offizinxersammlungen auf eine unge wöhnliche Einmütbigkeit sowobl der Gehülfen als auch der mãnnlichen und weiblichen Hülfsarbeiter für einen etwa bevorstehenden Ausstand schließen dürfe. Bei der Diskussion über die Tarifbewegung wurde das Verhalten der Prinzipale einer scharfen Kritik unterzogen, namentlich der Versuch, durch Einführung langer (dreimonatlicher) Kündigungsfristen einer Arbeitseinstellung die Spitze abzubrechen. Die Verfammkung erklärte in einer Resolution dieses Vorgehen für slloyal, weil dem Sinne der Tarifgemeinschaft widersprechend, und beschloß, daß Konditionen mit längerer als 14tägiger Kün⸗ digung nicht angenommen, bereits abgeschlossene Verträge mit langeren Kündigungfristen aber gelöst und die hierbei etwa außer Kondition kommenden Gehülfen als gemaßregelt unterstätzt werden follen. Ein im Februar 1890 gefaßter Beschluß, nach dem die in sogenannten halbblockirten Druckereien beschäftigten Gehülfen nicht zur Tarifsteuer herangezogen, aber auch im Maßregelungsfalle nicht unterstützt werden sollten, wurde mit Rücksicht auf den vielleicht be⸗ vorftebenden Strike aufgehoben. Es wurde wiederholt bemerkt, daß die Entfcheidung schon in den nächsten Tagen fallen könnte. — EFEine von 120 Personen besuchte Versammlung der Sattler, und Tapezierergehülfen erklärte sich an demselben Abend mit dem Organifationsentwurf der Hamburger Generalkom⸗ mifsion einverstanden und beschloß, in Gemeinschaft mit den ver⸗ wandten Berufsgenofsen häufigere Versammlungen abzuhalten, von der Gründung gemeinschaftlicher Vereine aber bis auf Weiteres und zwar zunächst auf so lange Abstand zu nehmen, bis das Gewerkschafts⸗ kartell zu dieser Frage Stellung genommen bätte.
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Ernte.
Vie häufigen Regengüsse während des Monats August waren dem Einbringen des Getreides im Königreich Polen, hinderlich. Erst gegen Ende Angust gestaltete sich das Wetter günstiger und ist zur Zeit die Getreideernte in Polen im Allgemeinen als beendet an⸗ zufehen. Die Dreschproben von Roggen und Weizen haben in den Gouvernements Petrikau, Lublin und Lomäa einen weniger als mittleren, in den übrigen Gouvernements einen mittleren Ertrag er⸗ geben. Die Dreschproben von Gerste und Hafer stellen sich im RÄllgemeinen günstiger als von Roggen und Weizen. In dem niedrig gelegenen Terrain hat das Getreide in Folge der großen Nässe gelitten. Ramentlich Weizen ist an vielen dieser Stellen ausgewachsen und angefault. Sie Kartoffeln haben ebenfalls von dem anhaltenden Regenwetter im August sehr gelitten und versprechen durchschnittlich kaum eine Mittelernte.
Die Zuckerrüben haben sich gut entwickelt, sollen aber im Durch- schnitt wenig Zuckergehalt haben. Das Gesammtresultat der dies- jährigen Ernte in Polen ist durchschnittlich als das einer MNittel⸗ ernte! zu bezeichnen. Die Bestellung der Felder hat bei günstigem Wetter begonnen.
Aus der nachstehenden vergleichenden Aufstellung der Warschauer Marktpreife vom iH. August und 11. September d. J. geht hervor, daß die meisten Getreidesorten im Preise gestiegen sind. Vor Eintritt des Roggenausfuhrverbots waren die Preise einiger Getreidesorten, namentlich des Roggens, mehrere Tage hindurch noch höher.
Es stellt sich der Kaufpreis per Pud!
am 10. Aug. für Weizen bester Qualität 1 Rub. 35 Kop.
Il 1 32
geringer ö. 23 polnischen Roggen .. 13 russischen Roggen .. 10 K 95
(. . 90 20 25
4 1 J
Die vergleichende Aufstellung der Warschauer Marktpreise vom 1. Stptember vorigen Jahres mit denen vom 11. September d. J. ergiebt eine bedeutende Preiserhöhung aller Getreidesorten in diesem Jahre. Etz betrug nämlich der Kaufpreis pro Pud:
am 1. Sept. 1390 11. Sept. 1891. für Weizen bester Qualität 96 Kop. 1 Rub. 40 Kop. ö mittlerer . 3 k geringerer . 87 25 polnischen Roggen... 65 20 russischen ü. Kö 59 15 k 73 95 D 62 90
Der erste Berliner Obstmarkt ;
vom 29. September bis 1. Oktober wird nach den darüber vorliegenden Mittheilungen des Geschäftsführers voraussichtlich derartige Dimen⸗ sionen annehmen, daß der für die Ausstellung der Obstproben vor⸗ gesehene große Raum, eine ganze Galerie in der Central · Markthalle, kaum genügen wird und eine weitere Galerie dafür in Aussicht ge— nommen ift. Auch die Nachfrage ist schon sehr rege und zwar sowohl nach feinstem Tafelobst, wie nach Aepfeln zur Weinbereitung ((Most⸗ obfh, nach letzterem Seitens eines Käufers allein auf 50 -= 60 Waggons. re ist Nachfrage nach Obstprodukten, z. B. getrockneten Sauer kirschen.
In Karlsruhe ist gestern die 20. Jahres ver s amm lung deuffcher Forstmänner eröffnet worden; die Zahl der Theil⸗ nebmer beträgt gegen 300. Nachdem Ober · Forstrath Schuberg ö die Verfammlung Namens des Lokalgomitss begrüßt atte, wurde SberForstmeister Dr. Danckelmann (Eberswalde) jum Vorsitzenden gewählt. Der Finanz - Minister Dr. Elstätter begrüßte die Versammlung Namens Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs und der Regierung, der Bürgermeister Schne ler im Namen der' Stadt. Sodann wurde in die eigentlichen Verhandlungen ein- getreten.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ ö Maßregeln.
In der Woche vom 6. bis 12. September war der Gesund⸗ heitssland in Berlin ein etwas günstigerer, die Sterblichkeit jedoch
fast die gleiche wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern