1891 / 234 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Württemberg.

Stuttgart, 5. Oktober. Ueber das Befinden Seiner Majestät des Königs schreibt der St-A. J. W.“: Mit Allerhöchster Genehmigung fand am Freitag Nachmittag in Bebenhausen zwischen dem Leibarzt Seiner Majestät Dr. von Fetzer, dem Sanitäts⸗Rath Dr. Marc aus Wildungen und dem Medizinal-⸗Rath Dr. von Burckhardt aus Stuttgart eine ärztliche Berathung statt, zu der auch der konsultirende Leibarzt des Königs Professor Dr. von Liebermeister, und der Professor der Chirurgie Dr. Bruns von Tübingen zugezogen wurden. Danach wurde Seiner Majestät die baldige Rückkehr in die Residenz empfohlen. Demzufolge kehrte Aller⸗ höchstderselbe am Sonnabend Nachmittag hierher zurück. In der Nacht zum Sonnabend war der Schlaf wiederum mehrfach durch Beschwerden unterbrochen, doch verlief sie etwas ruhiger als die vorige. Nach einem gestern früh / Uhr ausgegebenen Bulletin hielt bei dem König his Mitternacht große Unruhe an. Nach gewährter weiterer Hülfe trat ziemlich ruhiger Schlaf, mit erheblicher Erleichterung ein. Ein zweites, 1114 Uhr Mittggs ausgegebenes Bulletin theilt mit, daß die Störungen sich in der letzten Nacht bis zu vollständiger Harnverhaltung steigerten, welche eine Punktion der Blase nothwendig machte. Dadurch wurde vorübergehend eine Erleichterung erreicht, während die ent⸗ zündlichen Erscheinungen sich noch weiter ausbreiteten. Der Kräftezustand ist unbefriedigend. Die Bulletins sind von den Aerzten Dr. von Fetzer, Professor Dr. Bruns, Dr. Burckhardt und Dr. Marc unterzeichnet.

Ihre Majestät die Königin kehrte am Sonnabend gleichsalls von Friedrichshafen hierher zurück, .

Das heute früh 7 Uhr über das Befinden des Königs ausgegebene Bulletin besagt: Bis 1 Uhr Nachts hatte der hohe Patient zeitweise Ruhe, dann stellte sich eine Steigerung der Unruhe ein; heute früh ist der König sehr matt.

Hefen. .

Darmstadt, 3. Oktober. Seine Hoheit der Erb⸗ prinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen sind nach der „Darmst. Itg.“ heute von hier nach Schloß Altenstein abgereist. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog wird einer Einladung Ihrer Majestät der Königin von England folgend, morgen von hier nach Balmoral abreisen.

Mecklenburg⸗Strelitz.

Seine Durchlaucht der Prinz Albert zu Sachsen— Altenburg hat sich, wie das Sondersh. „Reg. u. Nachr⸗Bl.“ meldet, am 1. d. M. am Comer See mit Ihrer Hoheit der Herzogin Helene zu Mecklenburg-Strelitz, der Tochter des hochseligen Herzogs Georg zu Mecklenburg⸗ Strelitz und Höchstdessen Gemahlin, Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Herzogin-Großfürstin Catharina von Rußland, verlobt.

Braunschweig.

K) Braun schweig, 5. Oktober. Ihre Königliche Hoheit die P: inzessin Albrecht von Preußen ist in Eam enz an den Masern erkrankt. Die Krankheit tritt nach einem vorgestern ausgegebenen, von dem Leibarzt Dr. Schaper unterzeichneten Bulletin in gutartiger Form auf. Ihre Königliche Hoheit fühlt sich, nachdem der Ausschlag reichlich ausgebrochen ist, wesentlich erleichtert. Höchstdieselbe hat die letzte Nacht gut geschlafen und war gestern Morgen fieberfrei. Der Verlauf der Krankheit ist dem milden Eintritt enisprechend günstig. Nach dem heute früh, ausgegebenen Bulletin be— findet sich Ihre Königliche Hoheit nach einer ruhig Durch⸗ schlafenen Nacht fieberfrei und ganz wohl. Alle Krankheits erscheinungen gehen zurück. Die gesammte Prinzliche Familie weilt zur Zeit auf Schloß Camenz in Schlesien.

Sachsen⸗Meiningen.

Meiningen, 3. Okiober. Im Wahlkrxeise Meiningen— Hildburghausen wurden nach der „Weim. Itg“ in der Klasse der Großgrundhesitzer die Herren Ober Bürger⸗ meister Schüler hier und Gutsbesitzer Schunke hier, beide der nationalliberalen Partei zugehörig, mit 64 bezw. 63 Stimmen zu Landtags⸗-Abgeordneten gewählt. Aus der Wahl derjenigen Staatsbürger, welche die höchste Pers o ng st euer zahlen, ging Hr. Landgerichts-Rath Unger nationalliberal, hier ein— hellig mit 113 Stimmen hervor.

Anhalt. Dessau, 3. Oktober. Ihre Hoheiten der Herzog, die

Herzogin und die Prinzessin Aribert sowie Ihre Durchlaucht die Prinzessin Alexandra sind nach dem

„A. St.⸗A.“ gestern von hier nach Ballenstedt zurückgekehrt. Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 3. Oktober. Ihre Durchlaucht die

ürstin hat sich zu kurzem Besuch der Herzoglich Anhalti⸗ r Herrschaften nach Ballenstedt begeben.

Reusz ä. L.

C) Greiz, 3. Oktober, Gestern Vormittag 9 Uhr fand die Beisetzung der sterblichen Hülle Ihrer Durchlaucht der Hochseligen Fürstin unter allgemeinster Theilnahme von Stadt und Land, sowie von auswärts, namentlich von Seiten auswärtiger Höfe statt. Bereits in den frühesten Morgenstunden herrschte in der Stadt regstes Leben. Die ganze Stadt und namentlich die Straßen, durch welche sich der Trauerkondukt bewegte, hatten Trauerschmuck angelegt. Gegen 8 Uhr versammelten sich die einzelnen Vereine und Korporationen, die Behörden 2c. und verfügten sich nach dem Fürstlichen Sommerpalais, woselbst sich nm AW Uhr der Zug formirte. Dieser wurde eröffnet von der Fürstlichen Gendarmerie, welcher der Militärverein „Ruthenia“ mit Fahne folgte. Dem Gesammtvorstande und Mitgliedern des städtischen Vereins, welche, gleichwie die Mitglieder der Ruthenig, die zahlreichen kostbaren Palmenspenden trugen, folgte die Geistlichkeit des Landes im Talare, dieser die Hof⸗ und Marstalldienerschaft, welcher sich die Hof Offizianten, das Personal der Hof⸗ Gärtnerei und weitere Hof⸗Beamtete anreihten. Weiter kamen der Leibarzt, die Adjutanten, der Kammerherr von Frege und der Hof⸗Marschall Freiherr von Titzenhofer. t. diesem fuhr der sechsspännige Leichenwagen, der von den

ewerken, die den Sarg zu tragen hatten, und von den Beamten des Jagddepartements umgeben war. Der Leichen⸗ wagen, der basdachinartig geformt war, trug oben eine goldene Fürstenkrone. Durch die Oeffnungen des Wagens war der reich mit Gold verzierte, mit rothem Sammet aus geschlagene Sarg zu sehen. Die Enden des Leichentuchs trugen vorn der Geheime Hofrath Dietel und der Präsident des Fürstlichen Landgerichts Hofmann, hinten der Regierungs—

Präsident Dr. Mortag und der Kammer ⸗Präsident Geheime Kabinets⸗Rath von Geldern. Unmittelbar hinter dem Sarge schritten Seine Durchlaucht der regierende Fürst Heinrich XXII., ihm zur Rechten Seine Durchlaucht der regie⸗ rende Fürst zu Schaumburg-Lippe, zur Linken Seine Durch⸗ laucht der Erbprinz daselbst, dann folgten Ihre Durchlauchten der regierende Fürst und der Erbprinz Reuß j. L., der Prinz Ernst zu Sachsen⸗-Altenburg, die, Prinzen Otto und Adolph zu Schönburg⸗Lippe, die Prinzen Hugo und Heinrich von Schaumburg Waldenburg, der Erbprinz Hein⸗ rich XXIV. Reuß⸗-Köstritz und der Prinz Heinrich zu Schönaich— Carolath. Den höchsten Herrschaften schlossen sich die zahlreich erschienenen Vertreter auswärtiger befreun⸗ deter Höfe an, an deren Spitze der General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Kommandant des Königlichen Hauptquartiers, General-Lieutenant von Wittich, der Kaiserliche und Königliche österreichisch ungarische Gesandte am Königlich sächfischen ꝛc. Hofe Graf Chotek und der Raiserlich und Königliche LegationsRath Baron Sterneck als Abgesandte Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich, ferner der Königlich sächsische Gesandte, Wirkliche Geheime Rath von Minckwitz, sowie der Königliche Ceremonienmeister von Metzsch als Vertreter Seiner Majestät des Königs von Sachsen einher⸗ schritten. Hiernächst gingen die Mitglieder der Fürstlichen Landesregierung und des Fürstlichen Konsistoriums sowie die übrigen Fürstlichen Räthe, zahlreiche Offiziere des 7. Thüringischen Infanterie Regiments Nr. 96, die hier wohnhaften Reserve⸗ und Landwehr⸗-Offiziere, auswärtige Herren vom Civil, Kammer⸗ und Forstpersonal, die Staatsbeamten einschließlich der Kaiser⸗ lichen Postbeamten, Königlich sächsische Bahnbeamte, die Lehrer⸗Kollegien der Städte und des Landes, die Gemeinde⸗ vorstände und Gemeinderäthe von Greiz und Zeulenroda und der Landgemeinden. Den Schluß des Zuges dildeten Vereine und Privatpersonen in großer Zahl und endlich das privilegirte Bürger⸗Schützencorps. Die Militärvereine des Landes, Gesang⸗ und Turnvereine, Innungen, Gymnasium und Semi⸗ nar hatten, zum Theil mit Fahnen, vom Sommerpalais aus bis zur Kirche dichtes Spalier gebildet. Während des Zuges ertönte volles Trauergeläute. Als der Leichenwagen an der Hauptwache vorüberführ, präsentirte die verstärkte Wache; kurz zuvor war auf der Thurmkuppel der Fürst⸗ lichen Neuen Burg die Hausstandarte halbmast gehißt worden. Vor der Stadtkirche machte der Zug Halt, der Sarg wurde vor den Altar getragen und dort nieder— gesetzt, während die höchsten und hohen Herrschaften im Halb— kreise um den Sarg Platz nahmen. Am Kopfende des Sarges, der von silbernen Armleuchtern mit brennenden Kerzen um— geben war, hatten sich zwei Ehrendamen niedergelassen, der Altar war von der Geistlichkeit umstanden. Schiff und Em⸗ poren des Gotteshauses waren überfüllt. In der Fürstlichen Kapelle hatten dicht verschleiert Platz genommen: Ihre Durch— laucht die regierende Fürstin zu Schaumburg Lippe, Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Hermine von Württemberg, Ihre Durchlaucht die Prinzessin Marie zu Vsenburg, der Erbprinz Heinrich TLXIV. und die Prinzessinnen-Töchter. Die Trauerrede hielt nach dem Gesang des Liedes „Jesus, meine Zuversicht“ der Konsistorial-Rath, Superintendent Frei— herr von der Trenck. Nach derselben ertönte von der Orgel— galerie herab der vom Lehrer⸗Gesangverein Orpheus muster⸗ haft vorgetragene Gesang „Selig sind, die in dem Herrn sterben“, zu dessen Ende Ihre Durchlauchten der regierende Fürst und Fürst Adolph zu Schaumburg-⸗Lippe in ergreifender Weise am Sarge Abschied nahmen. Die Höchsten Herrschaften verfügten fich nach der Neuen Burg, während der Sarg wieder nach dem Leichenwagen gebracht wurde, der sich unter Glockengeläute wieder in Bewegung setzte. Voran rilt der Stallwachtmeister, nebenher gingen die Gewerke und dem Wagen folgte in einer Equipage allein Seine Durchlaucht der Tun Heinrich so hatte es die hohe Verewigte gewünscht.

er kleine Trauerkondukt, mit Fürstlicher Gendarmerie an der Spitze, schlug den direkten Weg durch den Fürst— lichen Park nach der waldumrauschten Für tengruft bei. Ida⸗Waldhaus ein, wo alsbald nach Ankanft‘ die Beisetzung der Leiche in, der Stille erfolgte. So ruht nun die erhabene Fürstin als Erste in dem vor acht Jahren von ihr mitgeiweihlem Mausoleum, auf dessen Kanzel sie noch am letzten Geburistag Seiner Durchlaucht des Fürsten eine Bibel hat niederlegen lassen, auf, die sie mit kunstfertiger Hand in goldener Seide die Worte eingestickt hat: „Ehristus ist mein Leben.“ Sie ruhe in Frieden, die edle Fürstin und TDulderin!

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 5. Oktober. Seine Majestät der König von Sachsen traf, wie W. T. B.“ berichtet, gestern früh 3M Uhr auf dem Nordwestbahnhof hier ein. Die da— selbst aufgestellte Ehren⸗Compagnie mit der Kapelle wurhe vom Regiment „Hochdeutschmeister“ gestellt. Seine Majestät der Kaiser und König in Marschalls-Uniform mit dem Großkreuz des Albrechts⸗ Ordens, die Spitzen der Behörden und der Generalität erwarteten die Ankunft des Königs, der die österreichische Dragoner— Uniform mit dem Stephans -Orden trug. Unter den Klängen des „Heil Dir im Siegerkranz“ reichten sich beide Monarchen, sich wiederholt küssend, die Hände. Nach Abschreitung der Ehren Compagnie erfolgte die Vorstellung der beiderseitigen Gefolge. Der König fuhr sodann, zur Rechten des Kaisers sitzend, nach Schönbrunn, wo um 1 Uhr ein Dejeuner Dinatoire stattfand, an welchem der König von Sachsen, Prinz Leopold von Hayern der Groß⸗ herzog von Toscana, der bayerische Gesandte Graf von Bray⸗ Steinburg, der sächsische Gesandte Graf von Wallwitz und das Gefolge des Königs von Sachsen Theil nahmen. Abends reisten der König von Sachsen, Prinz Leopold von Bayern und der Erzherzog von Toscana zu den Hofjagden nach Steier⸗ mark ah. Der Kaiser folgt nach.

Aus Anlaß des Namensfestes des Kaisers wurden gestern in allen Kirchen der Residenz Festgottesdienste ahge⸗ halten. Dem Hochamt in der Votipkirche wohnten die Erz— herzoge, die Generalität und das Offizier-⸗Corps, dem Hochamt im Stephansdome die Minister und andere Würdenträger bei. In allen Kronländern und in Ungarn wurde das Namens— fest des Kaisers ebenfalls auf das Feierlichste begangen. In Prag fand in der Ausstellung eine Feier statt, welcher der Statt⸗ halter, der Oberst-Landmarschall, der Bürgermeister, die Mit⸗ glieder der Aristokratie und zahlreiche geladene Gäste bei— wohnten. Der Präsident der Ausstellung Graf Zedtwitz hielt eine patriotische Ansprache, welche mit einem Hoch auf den Kaiser schloß.

Das ung axische Oberhaus hielt am Sonnabend eine kurze Sitzung ab, in welcher der Bischof von Waitz en be antragte, den Präsidenten zu ermächtigen, die huldigenden Glückwünsche des Hauses anläßlich des Namensfestes des Kaisers an den Stufen des Thrones niederzulegen. (Lebhafte Zustimmung.) Der Präsident erklärte hierauf, der Antrag werde diesmal freudiger als je vom Hause zur Kenntniß ge⸗ nommen werden. (Beifall.)

In einer gestern Abend stattgehabten Konferenz der un— garischen liberalen Partei wies der Minister-Präsident Graf Szapary unter lebhafter Zustimmung der Anwesenden die Anklagen des Grafen Apponyi in einer zu Jasz⸗ bereny gehaltenen Rede, zurück. Der Präsident der Parrei dankte dem Minister-Präsidenten und versicherte, die Partei werde sich durch keinerlei Verdächtigung von dem im Interesse des Landes für richtig erachteten Wege abwendig machen lassen.

Wie die „Politische Korrespondenz“ meldet, stattete der neuernannte. französische Botschafter in Konstantinopel Cambon gelegentlich seiner Durchreise durch Wien dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky einen Besuch ab.

Das von dem Kaiser von Rußland gewidmete, in Melk errichtete neue Denkmal für das Grab russischer Krieger aus dem Jahre 1805 wurde heute im Beisein des xussischen Botschasts-Raths Fürsten Kant akuzenos, des Personals der russischen Botschaft, des russischen Militär- Attachés Obersten Zusew, sowie des österreichischen General— Majors von Beck, des Abtes von Melk und zahlreicher Militär— wie Civilpersonen durch den russischen Erzpriester Kartassevich feierlich eingeweiht. Fürst Kantakuzenos dankte der Ge— meinde Melk für den pietätvollen Schutz des russischen Grabes; Oberst Zujew im Namen des gesammten russischen Heeres den Vertretern der österreichisch ungarischen Armee für ihre Theilnahme an der Feier. General⸗-Major von Beck er— widerte, das österreichischungarische Heer hege innige kamerad— schaftliche Gefühle für die tapferen Allürten von 1805. Die Feier schloß mit Hochrufen auf den Kaiser. (In Melk waren im Jahre 1305 von den Franzosen 500 Russen zu Gefangenen gemacht worden; diese wurden in eine Kasematte gesperrt, wo sie durch den Rauch eines von ihnen zur Erwärmung an— gemachten Feuers erstickten. D. R.)

Großbritannien und Irland.

Gelegentlich der Jahresversammlung der nationalen iberalen Föderation in NJCweasthe am Tyne wurde Glad⸗ stone am Sonnabend von der dortigen Munizipalität der Bürgerbrief überreicht. Gladstone hielt darauf eine Dank— rede, worin er unter Anderem auch die Frage des Frei⸗ handels berührte und betonte, daß England dieses Prinzip immer aufrecht er halten müsse, trotz der protektionistischen Politik, welche Europa und Amerika befolgten. Aus den Verhandlungen der Föderation erscheint noch folgendes von Interesse: Der Marquis von Rpon stellte den Antrag, zu beschließen, daß die Lage der ländlichen Bevölkerung die sofortige Aufmerk— samkeit des Parlaments erheische. Von größter Bedeutung sei es, wählhare Gemeinde⸗ und Distrikts⸗-Räthe einzusetzen, den Lokalbehörden die volle Gewalt zuzugestehen, Land, eventuell zwangsweise, für Kleinstellen, Arbeiterwohnungen, Gemeindehäuser, Kirchen und andere Gemeindezwecke ge— eignet, zu erwerben und schließlich die bestehende Kleinstellenakte durch Entfernung der hemmenden Vorschriften zu reformiren. Sir Walter Foster unterstützte den Antrag, welcher einstimmig angenommen wurde. Zum Schluß der Verhandlungen beantragte Sir Wilfrid Lawson, sich für eine völlige Reform der Landgesetze zu erklären, die Erst— geburts und Fideicommiß⸗Gesetze aufzuheben, Ver⸗ kaufs⸗ und Uebertragungsfreiheit zuzugestehen und Grund und Boden in gerechter Weise zu besteuern. Sir Wilfrid befürwortete ferner ein direktes Verbot des Spirituosen⸗ handels, die Entstgatlichung der Kirche in Schottlany, gleiche Bemessung der Erbschaftssteuern auf persönliche Habe und Grundbesitz, Erweiterung der Fabrik- und Werkstättenakte und Beschränkung, resp. Abschaffung des Oberhauses. Sein An⸗ trag gelangte ohne Widerspruch zur Annahme.

Aus Las Palmas vom 1. Oktober ist folgendes Tele⸗ gramm des „R. B.“ eingelaufen: „Das britische Kanonen— boot „Goshawk“ ist vom Kap Juby, wo das Leben und Eigenthum der dort lebenden Engländer von den Mauren bedroht war, zurückgekehrt. Es herrscht jetzt Ruhe und die englische Fabrik schwebt nicht mehr in Gefahr. Der „Goshawk“ segelte nach Gibraltar.“

Frankreich.

Paris, 5. Oktober. Die gegenwärtig hier weilenden Minister hielten, wie „W. T. B.“ berichtet, am Sonnabend unter Vorsitz des Minister-Präsidenten de Freycinet einen Ministerrath ab, in welchem anläßlich der gestrigen Vorfälle

in Rom beschlossen wurde, die französischen Prälaten aufzu⸗

fordern, sich bis auf Weiteres an Pilgerfahrten nach Italien nicht zu betheiligen. Ein Rundschreiben des Justiz Ministers de Fallisres soll diesen Beschluß dem Klerus kundthun.

Die in Wien exhumirten Gebeine des Generals Lassalle wurden heute unter großem Gepränge nach dem Invalidendem überführt. Der Militär⸗Gouverneur von Paris, General Saussier, hielt hierbei eine Rede, in welcher er an die ritterlichen Tugenden des Verstorbenen erinnerte und sodann dankend der tapferen österreichischen Armee gedachte, einer Armee, welche Lassalle bekämpft habe und die soeben einen Beweis ihrer edlen Gefühle gegeben, indem sie vor dem Sarge Lassalle's diejenigen militärischen Ehren erwiesen habe, die den Manen des Helden gebührten.

Die Freunde und Parteigänger Boulanger's gedenken, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, demnächst zusammenzutreten, um über die zukünftige politische Haltung der ren isiy⸗ nistischen Partei zu berathen. Der boulangistische Ab⸗ geordnete Lejeune hat dem Minister des Innern angezeigt. daß er nach Wiedereröffnung der Kammern eine Int er⸗ pellation über die Lohengrin-Aufführung einbringen werde. Dem Vernehmen nach beabsichtigen die Boulangisten, nach der Rückkehr der Führer ihrer Partei aus Brüssel bei Champigny eine große Manifestation zu arrangiren.

Ueber die Enthüllung des Garibaldi-Denkmals in Nizza liegen folgende Mittheilungen des ‚W. T. B. vor:

Am Sonnabend Nachmittag trafen der General Canzio und zahlreiche italienische Deputirte zur Theilnahme an der Ent— hüllungsfeier des Garibaldi Denkmals hier ein. Abends machten die. selben dem Minister Rouvier in der Präfektur einen Besuch. Bei der gestern erfolgten Enthüllung hielten der Maire von Nin Malaussena, sowie die Deputirten Raiberti, un Borriglione Ansprachen, in welchen sie den Manen Garibaldi für die einst Frankreich in den Tagen dez Unglücks ge

leistete Hülfe dankten und in seiner Person das Symbol der Einigung zwischen den Völkern begrüßten. überbrachte zunächst den Erinnerungsgruß der Familie Garibaldiss. Auf die politische Lage übergehend betonte er dann, daß man sich die gegenwärtigen Schwierigkeiten in der eurspäischen Lage nicht verhehlen könne. Gemeinsame Feinde versuchten Verdächtigungen auszustreuen Diese Verdächtigungen gelte es als verderblich für die Größe Frankreichs und seine Aufgabe in der zurückzuweisen. günstige Gelegenbeit, Empfindungen

Der General Canzio

zwischen Frankreich und Italien. Enthüllung

Entschließungen bestimmt seien,

Eifersucht ein gemeinsames großes Ziel zu verfolgen Rane sprach im Namen der französischen republikanischen Presse. Nach Erinnerung an die Tage der nationalen Vertheidigung von 1870 wies der Redner die Anschuldigung zurück, als beabsichtige die Republik eine Wiederherstellung der weltlichen Machtstellung des Papfles, und forderte die Italiener auf, sich nicht durch eitle Mani⸗ festationen einnehmen zu lassen. Es sei die Pflicht der freien Preffe in beiden Ländern, den Nebel zerstreuen und klar zösischen und

stammverwandten gegenseitige Der Deputirte

gegenseitiger Verdächtigungen Interessen des fran⸗ italieniscken Volkes streitende seien und daß ein Kampf zwischen beiden Nationen ein Verbrechen gegen die Civilisation, die Freiheit und Unabhängigkeit Der Finanz. Minister Rouvier hob h r meinsamen Gefühl der Dankbarkeit und Bewunderung die Söhne der beiden durch das unvergaͤnaliche Band gem insamer Abstammung geeinigten Nationen einander näher. Ganz Frankreich theile dieses Gefühl, was Garibaldi für dasselbe in den Tagen des Unglücks gethan. Der außergewöhnliche Garibaldi's und deren zwei Höhepunkte, die Einigung Italiens und die Erhebung Roms zur nationalen Hauptstadt. er hinzu. habe selbst eine schönere als diesen demokratischen Staat

Europas wäre,; ; heutige Feier bringe in dem ge

nicht vergessen,

Garibaldi, so fügte Apotheose für sich nicht gewünscht, mit einem starken Heer zu sehen, welcher in Ordnung, Fretheit und Frieden sich entwickle, diese Republik. deren Dauer, Weisheit und Kraft Europa Gefühle der Herzlichkeit und Achtung einflößten. Den Rednern wurde lebhafter „Unter dem Rufe: Es lebe die Republik, es' lebe Frankreich, es lebe Italien!“ schloß die F

Bei dem gestern Abend von der Munizipalität veranstalteten Bankett zu Ehren ger anwesenden italienischen und französischen Delegirten wurden mehrere Reden gehalten, in denen hauptsächlich die Gemeinsamkeit der Interessen Frankreichs und Itallent gefeiert

Beifall gezollt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 4. Oktober. Der Kaiser, ßfürst⸗Thronfolger, die Groß— 5nig und die Königin von inder sind heute Mittag auf dem Die Großfürsten Großfürstin Maria Petersburg verlassen, um n zu begeben.

Kaiserin, der Gro fürstin Kenia sowie d Griechenland und deren K „Polarstern“ nach Dänemark abgereist. Wladimir und Alexis und die Pawlowna haben gestern St.

sich über Paris nach San Sebastia

Italien.

Die Erregung über den dur am Sarge Victor Emanuel's Unfug hat sich inzwi vinzen verbreitet.

ch französische Pilger im Pantheon begangenen schen von Nom aus auch in die Pro— Wie „W. T. B.“ meldet, Bologna am Sonnabend Nachmittag eine reiche Menschenmenge Spitze zu dem Denkmal Victor Emanuel's, niederzulegen. eine große Menschenmenge mit „Es lebe der König, es lebe Italien!“ die Straßen. Palermo zog das Volk unter den Rufen: unantastbare Hauptstadt, es lebe der König!“ Victor Emanuel's, Kundgebungen werden aus Turin, Livorno und Bari Auch in Peggio di Calabria, Caltanisetta, Verona, Genug und Arezzo fanden Protestkundgebungen statt. In Rom veranstalteten neuerdings am Sonntag Vor— mittag der Militärverein „König Humbert“ klub eine Kundgebung. Zwanzig Vereine überaus zahlreichen Italien und unter d Pantheon, wo begeist Lorbeerkränze am

begab sich in überaus zahl⸗— Bürgermeister um am Fuße

Musik und mit dem Rufe

„Es lebe Rom, hie zum Denkmal Aehnliche

um dasselbe zu bekränzen.

und der Savoyer⸗ zogen, von einer Volksmenge gefolgt, unter Hochrufen auf en Klängen der Nationalhymne nach dem ert aufgenommene Ansprachen gehalten und Sarge Victor Emanuel's wurden. Der Zug löste sich alsbald auf. Nur setzte die Kundgebung noch kurze Zeit Straßen zog und die Bewohner auf— hne zu hissen. vom Bürgermeister geführt, fünf otti Garibaldi aus Albano ein und begaben sich, von einer unahsehbaren Menschenmenge be⸗ gleitet, ins Pantheon, um den Manen Victor Emanuel Menotti Garibaldi hielt hier eine welche begeistert aufgenommen wurde. önigsmarsch gespielt worden war, begaben sich ach dem Bahnhofe, um nach Albano zurück—

niedergelegt eine kleine Gruppe junger Leute

sort, indem sie durch di forderte, die italienische Fa Nachmittags trafen, liberale Vereine mit Men

Ehrfurcht zu bezeugen. patriotische Ansprache, Nachdem der K die Vereine n

Abend vorher hatte in Rom unter dem eine aus Delegirten der politischen ahlreichen Veteranen bestehende Ver⸗ den, in welcher nach langer und lebhafter g beschlossen wurde, welche der Bevöl⸗

der Ruhe empfiehlt, den welcher den Katholizismus als Nationalrechten zuwiderlaufend zu auffordert, die Aufhebung des Artikels g des Garantiegesetzes mit allen gesetzlichen

otti Garibaldi's Vereine Roms und 3 a mm lung stattgefun Debatte eine Tag g. die Aufrechterhal ten Artikel der Verfassung, taatsreligion einsetzt, als den bezeichnet, und da und die Beseitigu Mitteln anzustreben. Dem „Don Chisciotte“ zufolge wurde auch von einer r von 46 unggrischen Pilgern gegen die im Pan— Frevelthat Protest erhoben. Die Urheber der rei französischen Pilger, welche, wie ge— darauf verhaftet wurden, sind gestern unker ch der Grenze gebracht worden. Der Leiter der beschloß, die zu hnzüge mit Pilgern,

esordnun

theon verübte etzteren, die d meldet, bald skorte na ilgerfahrten weitere Eisenba ochz in Rom eintreffen s

des französische Unter Staats fe

und sieben welche Ende der nächsten ollten, zu sistiren.

„Popolo Romano“ meldet, dankte der n Pilgerzuges Abb Boulay am Bahnhofe dem kreiär des Innern Lucca für die Maßnahmen Pilger und bezeichnete den Zwischenfall im n einfaches Bubenstück; er begre

unterbrechen

antheon als ei

gung, der Bevblkerung Roms. ö Zwischenfall als ein beklagenswerthes

ife vollständig Mehrere klerikale

orkommni er „Riforma“ r Bil lot dem druck des Bedauer en Staatsbürger

zufolge übermittelte der französische Bot— Minister des Innern Nicotera den ns wegen des im Pantheon von fran⸗ begangenen „unbesonnenen und tadelns⸗

werthen Aktes“. Der Bürgermeister von Rom erhielt aus verschiedenen Städten des Königreichs Telegramme, in welchen der Vorfall im Pantheon beklagt und Rom als Uun— antastbare Hauptstadt sowie Victor Emanuel als der Vater des Vaterlandes bezeichnet wird. Die „Opinione“, der „Fan⸗ full“ und andere Blätter versichern, der Pap st habe“ die Handlungsweise der drei französischen Pilger lebhaft getadelt. In dem Beschluß des französischen Ministerraths, ein Ytundschreiben an den französischen Episkopat zu richten s. u. „Frankreich“ ), erblickt die „Opinione“ einen Akt dez Entgegenkommens gegenüber Italien.

Der Bürgermeister von Rom richtete an den Köni ein Telegramm, welches den öffentlichen Protest der Bevöl⸗ kerung Roms gegen den Zwischenfall im Pantheon zur Kennt⸗ niß Seiner Majestät brachte. König Hum bert beantwortete dasselbe gestern von Monza aus, indem er dem „W. T. B.“ zu⸗ folge versicherte:; Er sei für diese Kundgebung der Anhäng⸗ lichkeit erkenntlich. Rom habe bei diesem Anlaß seine tiefe Ergebenheit für das geheiligte vaterländische Andenken bewährt.

Anläßlich des Namenstages des Kaisers von Oesterreich fand am Sonntag in der Kirche dell' Anima eine Festmesse statt, welcher der Staats-Sekretär, Kardinal Rampolla, die Kardinäle Vannutelli und Melchers, sowie die Bot schafter Oesterreich-Ungarns beim Quirinal und beim Vatican beiwohnten.

Die Zolleinnahmen für Petroleum und Zucker haben neuerdings wesentlich zugenommen. Diese beiden Pro⸗ dukte allein haben im Monat September eine Einnahme von . . gebracht, welche Summe den Durchschnitt bereits übersteigt

Schweiz.

Für Annahme des Zolltarifs und der Banknoten— vorlage treten, wie die „N. Zürch. Ztg.“ meldet, auch die

konservativen Parteileitungen der Kankone Solothurn, Zug, Uri und Luzern ein. Niederlande.

Die Königin Wilhelmine ist, wie dem „W. T. B.“ aus dem Haag vom 3. d. M. gemeldet wird, von ihrem Unwohlsein wieher hergestellt und das Fieber gänzlich ge⸗ schwunden; die Königin hütet auch nicht mehr das Zimmer.

Der Kronprinz von Italien traf am Sonntag Abend gegen 61/9 Uhr im Haag ein und stieg in der italienischen Gesandtschaft ab, woselbst später ein Diner und Empfang des diplomatischen Corps stattfand.

Das liberale Ministerium hat den Ges etzent wurf be⸗ züglich Nord-Borneos von der vorigen Regierung über— nommen. Der Vertrag, welcher am 20. Juni in London zu Stande gekommen ist und in welchem die Grenze zwischen den niederländischen und den englischen Besitzungen in Borneo festgestellt wurde, ist der „Frkf. Ztg.“ zufolge jetzt von dem Minister des Auswärtigen unverändert in beiden Kammern eingebracht worden.

Belgien.

Am Sonnabend hat in Brüssel unter großem Tumult das Leichenbegängniß des Generals Boulanger statigefunden. W. T. B.“ berichtet darüber:

Anläßlich des Leichenbegängnisses des Generals Boulanger hielt eine zahllose Menschenmenge die Zugänge zu dessen Hotel besetzt. Die Polizei wurde mehrfach von der Menge zurückgedrängt und war deshalb gezwungen, Gendarmerie zu Lequiriren; später nahm fie mehrere Verhaftungen vor. Rochefort, Deroulsde, Laur, Millevoye, so wie andere Führer der boulangistischen Partei, waren anwesend. Viele Kränze in französischen Farben waren am Sarge niedergelegt worden. Das Trauergemach in welchem der Sarg mit der Leiche des Generals aufgebahrt war, wurde bis unmittelbar vor Abgang des Leichenzuges zahlreich befucht. Der Zug setzte sich um 5i / Uhr in Bewegung. Im Trauer— hause wurde keine Rede gehalten. Die Polizei konnte die Ruhe nur mit großer Mühe aufrecht erhalten; wiederholt kam es zu Zusammenstößen zwischen ihr und der Menge, wobei mehrere Personen verwundet wurden. Alle Straßen, die der Zug berührte, waren von Menschen dicht besetzt. Am Kirchhofsthore entstand ein Gedränge, jedoch machte die Gendarmerie alsbald den Eingang frei, worauf der Leichenzug den Kirchhof betrat. Als der Sarg in das Grab gesenkt war, ergriff Déroulsde eine französische Fahne, umarmte sie, warf fie auf den Sarg und rief „Adieu, mein Freund!“ Reden wurden auch hier nicht gehalten. Beim Verlassen des Kirchhofs stieß die Menge gegen Rochefort höhnende Rufe aus, die durch Gegenkundgebungen beantwortet wurden. Die zu dem Leichenbegängniß in Brüssel ein— getroffenen Freunde und Anhänger Boulanger's stellten in einer am Abend stattgehabten prwaten Versammlung den Wortlaut einer Erklärung fest, welche besagt, daß sie das von Boulanger unternommene Werk im Interesse Frankreichs fortsetzen würden.

Türkei.

Der neue General-Gouverneur von Kreta,

Mahmud Dschellaleddin Paschg, hat am 16. v. M. in Canea vor dem versammelten Volke seinen Bestallungs firman verlesen und dann, wie dem „Hamb. Corr.“ berichtet wird, nachstehende Ansprache gehalten:

Wie es Allen aus dem unter guten Auspizien verlesenen Hohen Kaiserlichen Firman bekannt wurde ordnet Seine Malestät, unser erhabener und gütiger Monarch alle jene Maßregeln an, welche zur Sicherung und Erhaltung der Ruhe beitragen, sowie auch zur Ver— mehrung des Wohlergehens der Einwohner dieser bedeutenden Insel, gemäß den heißen Wünschen, welche er für alle Provinzen des Reichs und die Unterthanen, die darin wohnen, Hegte. In der That, am Meisten trägt zum Fortschritt und Wohl- ergehen dieser Welt bei, wenn die bürgerliche Gesellschaft in guter und patriotischer Harmonie lebt, und die Früchte ibrer legitimen Ansprüche genießt. Nur durch dieses Mittel kann er⸗ folgreich das Glück jener Nationen und Völker begründet werden, welche heutzutage die Fortschritte der Civilisation genießen. Auf Grund der Wichtigkeit, welche vermöge ihrer geographischen Lage diese große Insel hat, können sicherlich die natürlichen Anlagen der Einwohner zur Entwickelung des Reichthums und des Wohl⸗ ergehens beitragen. außerdem auch die thatsächlichen Erfolge der übrigen. Konzessionen, welche die Kaiserliche Regierung, von väterlichen und billigen Gefühlen geleitet, in so reichlichem Maße dieser Insel gewährt hat, sei es in. Bezug auf die Be— zahlung der Steuern, sei es in Bezug auf die Justiz, deren sort⸗ dauernde Erhaltung den Wunsch der Regierung bilden. Daher schließen sie auch die Annahme aus, daß irgend Jemand ein anderes System in der Administration oder Justiz wünschen möchte, als jenes, wie es auch in anderen Provinzen des Reichs besteht. Alles dies ge⸗ stehen in Dankbarkeit und mit Lohpreisungen alle gewissenhaften Leute. Demzufolge erwartet unser mächtiger Herrscher von Allen die gewissen⸗

hafte Erfüllung der Pflichten des Unterthaneneides im Hinblick auf seine der Insel erwiesenen Gnadenbezeugungen. Auch das General⸗ Gouvernement hat die Pflicht und betrachtet es als seine angelegent · liche Sorge, dem Lande im vollsten Maße die Ruhe und Sicherheit zu erhalten, seine Rechte, Leben und Ehre, sowie das Eigenthum jedes Bürgers im geregelten Gang der administrativen Maschine zu schůtz en. Daher sind die Pforten der Regierung Allen geöffnet, und ich zweifle nicht, daß Alle dem sicheren Fortschreiten der Regierung Beifall zollen und dieselbe unterstuͤtzen werden. Zum Schluß erheben wir unfere Hände im Gebet zum allmächtigen Gott, damit er das Leben und den Ruhm unseres erhabenen Herrschers verlängere und unfere An= strengungen von Erfolg beglelten lasse.

Serbien.

Belgrad, 4. Oktober. Die Nachricht, der Unterrichts⸗ Minister Nicolic habe anläßlich der Wiederwahl des libera— len Milutin Stokie zum Bischof von Zaicsar seine De— mis sion eingereicht, findet, wie ‚W. T. B.“ meldet, all seitige Bestätigung. Die Annahme der Demifsion gilt als wahrscheinlich. Der „Dnevni List“, Organ der selbständigen Radikalen, sagt anläßlich des Konflikts zwischen der Synode und der Regierung und der hierdurch veranlaßten Demission des Kultus-Ministers Nicolie, die serbische Kirche sei nur dem Namen nach autokephal, weil sie von verschiedenen russischen Comités beherrscht werde. Serbien liebe Rußland innig als Brudernation. Rußland würde, wenn es unter— ließe, sich in die inneren serbischen Angelegenheiten einzu⸗ mischen, größere Sympathien genießen; es laufe Gefahr, durch seine Einmischung in die kirchlichen Angelegenheiten Serbiens die Sympathie des gesammten serbischen Volkes zu verlieren.

Bulgarien.

Sofia, 4. Oktober. Der Prinz Ferdinand von Coburg hat sich heute nach dem Kloster Rilo begeben, um daselbst einen mehrtägigen Aufenthalt zu nehmen.

Schweden und Norwegen.

(E) Christiania, 2. Oktober. Das Finanz- und Zoll⸗ departement hat der von der Regierung niedergesetzten Ko m⸗ mission, welche in Verbindung mit der Reviston des jetzigen auch ein neues Zollgesetz ausarbeiten soll, noch folgende Punkte zur besonderen Erwägung unterbreitet: I) Eine Be⸗ schränkung der Kreditniederlagen und eine Erweiterung und vollständigere Ordnung der Transitniederlagen und der Frei⸗ lager. 2) Veränderte Regeln für die Zollrestitution für aus— ländische Waaren, die zu inländischen, nach dem Auslande auszuführenden Fabrikaten verwendet werden. 3) Veränderte Regeln für die Berechnung der Schiffsabgaben. Eine Reihe anderer Punkte beziehen fich auf die eigentliche Zollverwaltung.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Wie ein Telegramm des „R B, aus Los Angelos in Californien meldet, ist der Dampfer AItata“ am 30. v. M. freigegeben worden, nachdem er eine Buße von 120 000 Doll. gezahlt hatte. Das Schiff wurde be⸗ kanntlich seiner Zeit beschlagnahmt, weil es Waffen für eine der . chilenischen kriegführenden Parteien zu befördern versuchte.

Argentinien. Buenos Aires, 3. Oktober. Der Präsident der Republik hat sich laut Meldung des „W. T. B.“ in das Innere des Landes begeben, um Maß⸗ regeln gegen die Heuschreckenplage zu treffen, welche in diesem Jahre verheerender als jemals auftritt. Die Annahme der Gesetze, betreffend die Einführung des Zwangscourses und die Neuemission von 45 Millionen Papiergeld, er— folgte in den Kammern mit großer Majorität; gleichwohl haben die Beschlüsse in der Bevölkerung eine gewisse Beun⸗ ruhigung verursacht und ist ein Meeting einberufen, um gegen die gedachten Gesetze zu protestiren. Nouguez, der . des abwesenden Präsidenten, ist ein Gegner der

esetze.

Aten.

Die „Times“ meldet aus Singapore vom 3. d. M., der Sultan von Bruni auf Borneo habe in eineni großen Rathe der Malayen, dem auch der britische Konful beiwohnte, sich geweigert, eine Geldentschädigung für die Befitzergreifung von Limbang durch den Rajah Brooke zu nehmen, und habe sich bitter über den Werth der englischen Verträge geäußert: man könne wohl das Land rauben, er würde es jedoch nicht verkaufen.

Kunst und Wissenschaft.

Pt Die Ausstellung von Kupferstichen und Handzeichnungen Daniel Chodowiecki's im König⸗ lichen Kupferstichkabinet wird Ende Oktober geschlossen, um einer neuen Sonderausstellung Platz zu machen.

If In England, wo man dem Porträt ein ganz besonderes Interesse seit jeher zugewendet hat und wo man in der 1856 gegründeten National Portrait Gallery in Beihnal Green eine einzig dastehende musterhaft geordnete Bildniß— sammlung hervorragender Landsleutée vergangener Jahr⸗ hunderte besitzt, ist neuerdings der schon früher angeregte Plan ausgeführt worden, auch die Porträts berühmter Zeitgenossen der Gegenwart systematisch zu sammeln. Eine ungefähr zweihundert photographische Bildnisse bekannter Politiker, Künstler, Schriftsteller und Gelehrter umfassende Ausstellung ist unlängst, insbesondere gefördert durch die Be⸗ mühungen des Sekretärs der Amateur Photographie Association in London Mr. Arthur J. Melhuish zusammengestellt und. im South Kensington Museum dem Publikum zugänglich gemacht worden. Es bedarf kaum des Hin— weisesz, wie anregend eine solche Sammlung nicht nur auf den Geschichtsschreiber der Gegenwart, den Künstler und den Psychologen, sondern auch auf weiteste Kreise der Be⸗ völkerung wirken muß. Wir möchten bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit auch auf die Porträtsammlung des Berliner Königlichen Kupferstichkabinets kenken, deren Benutzung neuerdings durch die Anlage eines alpha⸗ betischen Zettelkataloges wesentlich erleichtert worden sst.

Ik Das, wie neuere Nachrichten bestätigen, aus der Galerie Borghese mit Einwilligung der italienischen Regierung an Alphonse Rothschild in Paris um 600 056 Fr. verkaufte Gemälde Raffgel's, das Porträt des Cesare Borgia, hat in der Werthschätzung der Fachkritik seit Lermolieff's Untersuchungen wesentliche Einbuße erlitten, so⸗ daß der dafür gezahlte Preis als ein bei Weitem zu hoher bezeichnet werden muß. Die Tracht des Dargestellten läßt es zunächst ungemein zweifelhaft erscheinen, ob wir es über⸗ haupt mit einem Bildniß des berüchtigten, im Jahre 1507 bei