1891 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Lasten weggeworfen hatten, Wahehe, welche dieselben durch⸗ suchten, sterbende Krieger und zurückkehrende vielfach ver⸗ wundete Soldaten.

Nachdem ich die Wahehe durch Schüsse verjagt hatte, be— setzte ich die Höhe in einer kreisrunden Stellung, in deren Mitte Träger, Verwundete und unsere Viehheerde.

Ich nahm an, daß rechtsseitlich von mir das Gefecht zum Stehen gekommen sei, und wollte mit meiner Stellung dem Gros als Stützpunkt dienen. Die deutsche Flagge wurde an einem hohen Baum gehißt, und meine Hornisten gaben in kurzen Unterbrechungen unsere üblichen Signale ab.

Das Feuergefecht verstummte etwa nach 10 Minuten bis auf einzelne Salven, welche, wie ich nachher erfuhr, aus der Tembe des Lieutenants von Heydebreck kamen. Auf die Meldung, daß in meiner Nähe ein Europäer mit einem Geschütz sei, sandte ich diesem durch eine Patrouille den Befehl, sich an mich heranzuziehen. Dieser Befehl erreichte Lieutenant von Heydebreck, welcher um 8 Uhr 30 Minuten Vormittags selbst, durch zwei Speerstiche hinter dem rechten Ohr verwundet, blut— überstiömt bei mir eintraf. In seiner Begleitung waren Unteroffizier Wutzer, Murgan Effendi und 12 Mann. Von diesen hörte ich, daß unsere drei Geschütze vom Feinde ge— nommen seien und daß unsere Verluste, namentlich bei der Artillerie und der 5. Compagnie, sehr beträchtlich seien.

Ich beschloß hierauf, meine Stellung auf der Höhe zu halten, in der Hoffnung, daß sich Versprengte unserer Ex— pedition, die, wie ich jetzt annehmen mußte, vollständig auf— gerieben war, bei mir einfinden würden.

Auf allen Seiten in dem mich umgebenden Gestrüpp waren Wahehegruppen sichtbar, welche durch unsere Kugeln verscheucht wurden. Die Wahehe hatten ringsumher das dichte, eben nicht hohe Gras in Brand gesteckt. Die Flammen wurden uns durch heftigen Wind näher gebracht und ge— stalteten unsere Lage zu einer recht bedenklichen. Unsere Verwundeten waren dem Flammentode preisgegeben. Um 9 Uhr Vormittags wurde Sergeant Thiedemann, mit einem schweren Speerstiche im Unterleibe und durch Brand— wunden verletzt, herbeigeschafft. Wir legten ihm einen Noth— verband an und betteten ihn in einem Zelt, auch wurden nach Möglichkeit unsere schwarzen Verwundeten verbunden.

Auf mein fortgefetztes Signalblasen hatten sich bis 4 Uhr Nachmittags etwa 60 Soldaten und 70 Träger eingefunden. Da mein Rückzug immer gefährdeter werden mußte, je mehr die von der Verfolgung zurückkehrenden Feinde sich zu sammeln begannen, marschirte ich in eine über unser am Tage vorher aufgeschlagenes Lager hinausliegende Tembe, nahe am Waffer, und befestigte mich hier. J

Noch immer war ich der Ansicht, hier in der Nähe (1 Stunde) des Gefechtsfeldes auf der einzigen Rückzugslinie mit meinem endgültigen Abmarsch warten zu sollen, obgleich mir meine beiden schwarzen Offiziere Murgan und Gaber Effendi riethen, soweit als möglich abzumarschiren. Es gab doch noch eine Möglichkeit, daß sich kleine Abtheilungen und vereinzelte Europäer im Busch versteckt hielten, denen nur mit meiner Hülfe ein Entkommen möglich gewesen wäre.

Ich beschloß demgemäß, den nächsten Tag, den 18. August, noch hier auszuhalten.

Die Wahehe griften mich weder in der Nacht noch am folgenden Tage an, sondern zogen sich in größeren Massen seitlich in der Richtung auf Mage vorbei.

Es erschien mir nunmehr bedenklich, auf dem alten Wege über Mage abzumarschiren, und ich beschloß, über das steile Gebirge im Südosten von Lula auf den Ukose, und längs dieses den Ruahg erreichend, abzuziehen. Auf diesem Wege durfte ich nach Aussage eines angeblich ortskundigen Führers hoffen, auf keine feinbliche Bevölkerung zu stoßen.

Nach diesem Plane brach ich am 18. August um 9 Uhr Abends auf, marschirte vielfach des Nachts und ohne Weg durch die Wildniß, überschritt am 27. August, 30 Vormittags, den Ruaha ungefähr hart nördlich der Mwega-Mündung, nachdem ich muihmaßlich Ikula und Mdene passirt hatte.

Da der Marsch meiner Karawane ziemlich wenig bekannt wurde und ich fast stets wegen meiner Nachtmärsche und Ge⸗ schwindigkeit überraschend auftrat, wurde ich von der uns wenig freundlich gesinnten Bevölkerung wenig gestört und erreichte am 29. August, Nachmittags um 3 Uhr, den Mjombo⸗ Fluß, wo ich von der Bevölkerung freundlich empfangen wurde. Nach Aussage von Einwohnern sind gestern hier dreizehn Soldaten von uns durchgekommen und nach Kondoa

weitergegangen.

Ich marschire morgen nach Kondoa, verbleibe dort so lange, bis ich die in Mywapwa liegenden, für die Karawane bestimmten Lasten herangeholt habe, und breche dann nach Dar⸗es⸗Salam auf. .

Ueber den Verbleib der Europäer vermag ich Folgendes zu berichten: Unteroffizier Thiedemann erlag seinen schweren Verletzungen in der Nacht vom 17. zum 18. und wurde in der Tembe, . Sicht der uns stets umspähenden Wahehe ent— ogen, begraben. k * 6 Aussage einiger Schwarzen, welche sich bei Beginn des Üeberfalls in der Nähe des Commandeurs befanden, soll derselbe, sowie Dr. Buschow und Lieutenant, von Pirch, noch auf den Eseln sitzend, durch viele Speerstiche niedergemacht worden sein. J

Von den übrigen Europäern ist mit absoluter Bestimmt⸗ heit nichts zu sagen; doch kommen die Aussagen der wenigen, aus dem vorderen Gefecht Entkommenen dahin überein, daß sie sämmtlich den Tod gefunden haben.

Bei mir befinden sich. Lieutenant von Heydebreck, dessen Wunden fast geheilt, Feldwebel Kay und Unteroffizier Wutzer, Murgan Effendi, Gaber Effendi und 62 Soldaten, von denen 11 verwundet, 74 Träger, von denen 7 verwundet; außer⸗ dem 4 Efel, einige Lasten. Unser Verlust beläuft sich auf 10 Europäer (4 Offiziere, 6 Unteroffiziere), etwa 250 Soldaten, ebensoviel Gewehre und 3 Geschütze, 28 Esel und 96 Träger und den Haupttheil unseres Gepäcks. ,

Die Anzahl unserer Angreifer dürfte mit 3000 nicht zu och geschätzt sein, wovon vielleicht 100 getödtet worden sind. hr Häuptling Kuawa und Fühier Marawatu sind gefallen.

Nur dem Umstande der Führerlosigkeit unserer Feinde schreibe ich unser glückliches Catkommen zu. Eure Excellenz bitte ich ganz gehorsamst, im Falle bereits die irrthümliche Nachricht vom Tode der geretteten Europäer die Küste ver⸗ lassen haben sollte, hochgeneigtest veranlassen zu wollen, daß dieselbe in einer deutschen Zeitung richtig gestellt wird.

von Tettenborn, Lieutenant. Seiner Excellenz dem Kaiserlichen Gouverneur, Herrn Freiherrn von Soden.

In neuerer Zeit ist es öfters vorgekommen, daß zweifel⸗ hafte Londoner Firmen durch Inserate in deutschen, ins⸗ besondere ostpreußischen Zeitungen oder durch Versendung von gedruckten Cirkularen sich gegen Vorauszahlung eines be⸗ stimmten zur Deckung der Unkosten bezw. als Provision geforderten Betrages zur Gewährung von Darlehen erboten haben. Es kann nur dringend empfohlen werden, solchen Offerten gegenüber große Vorsicht zu gebrauchen, denn es kommt nur zu häufig vor, daß es hierbei nur darauf abgesehen ist, das Publikum durch Einbehaltung der erforderten Vorschüsse auszubeuten.

Der General⸗Lieutenant Edler von der Planitz I., Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der hiesige brasilianische Gesandte Baron Itaju ba hat seinen Posten auf einige Wochen verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt bis auf Weiteres der zweite Legations⸗Sekretär A. de Paiva als Geschäftsträger.

Salzwedel, 5. Oktober. Das Ulanen⸗Regiment Hennigs von Treffenfeld (Altmärkisches) Nr. 16 feierte vorgestern das Jubiläum seines fünfundzwanzigjährigen Be⸗ stehens. Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen, Chef des Regiments, wohnte der Feier bei.

Sigmaringen, 8. Oktober. Ihre Königliche Hoheit die Gräfin von Flandern ist, wie die „Köln. Ztg.“ er— fährt, heute hier eingetroffen.

Bahern. .

München, 8. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend nach Stuttgart abgereist, um im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des PrinzRegenten den Beisetzungsfeierlichkeiten da— selbst beizuwohnen. Eine Deputation des in Metz garni⸗ sonirenden 4. bayerischen Infanterie⸗Regiments König Karl von Württemberg hat sich ebenfalls nach Stuttgart begeben.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Oktober. Die Sektion der Leiche Seiner Majestät des hochseligen Königs Karl wurde, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, am vorgestrigen Tage oon Mittags i? Uhr an ausgeführt und, hiermit die Einbalsamirung verknüpft. Hierauf wurde die Leiche in das Sterbezimmer zurückgebracht und der Anordnung des Vexewigten ent⸗ sprechend mit der Generals-Uniform bekleidet. Gestern Mittag 12 Uhr fand ein Trauergottesdienst im Sterbezimmer im Kreise der Königlichen Familie statt. Gegen 1 Uhr erschien der Präsident des Staats-Ministeriums, um am Sarge des entschlafenen Königs Namens der Mitglieder des Staats— . und des Geheimen Raths einen Kranz nieder— ulegen.

. Gestern Abend 13, Uhr traf Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Michckel Nikolajewitsch von Rußland, Bruder Ihrer Majestät der Königin-Wittwe, hier ein und wurde von Seiner Majestät dem König auf dem Bahnhofe empfangen. Zu den Beisetzungsfeierlichkeiten sind serner ein— getroffen: Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden, Seine Königliche Hoheit der Herzog Philipp von Württemberg und der Fürst von Teck.

Die Beeidigung der Königlich württembergischen Truppen auf Seine Majestät den König Wilhelm, fand gestern Mittag 12 Uhr in allen Garnisonen statt. Die hiesigen Truppen wurden im Hofe der Infanteriekaserne 1 durch den General⸗Lieutenant von Gleich, Kommandanten von Stuttgart, beeidigt. Die Fahnen und Standarten wurden zu diesem Zweck durch eins Compagnie des Infanterie Regiments Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, ohne daß daz Spiel gerührt wurde, aus dem Königlichen Residenzschloß abgeholt.

Von 2 Uhr ab war gestern Gelegenheit geboten, im Marmor⸗ saal des Königlichen Schlosses den Katafalk mit dem Sarge des Königs Karl zu sehen. In dem Raums nor der Kette, die den inneren Schloßhof vom Schloßplatz abschließt, harrte die Menge. Tausende wurden durch den von berittenen Schutzleuten bewachten Eingang eingelassen. Um 416 Uhr wurde der Einlaß in den Schloßhof abgesperrt; die Letzten der Zugelassenen waren geschlossene Infanterie⸗-Abtheilungen.

Das Wetter ist heute prachtvoll, auf den Straßen bewegt sich bereits eine Kopf an Kopf gedrängte Volksmenge, da der Leichenkondukt auf den kleinen Raum zwischen dem Residenz⸗

schloß und dem alten Schlosse beschränkt ist.

Baden.

Karlsruhe, 8. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen ist, dem „W. T. B.“ zufolge, von Stockholm kommend, heute Nach— mittag in Baden-Baden angekommen; derselbe gedenkt, mehrere Wochen daselbst zu verbleiben.

Mecklenburg⸗Echwerin.

Schwerin, 8. Oktober. Die Fortschritte in der Ge⸗ nesung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs sind nach einem heute in Cannes ausgegebenen Bulletin fehr er⸗ freuliche. Der Appetit ist dauernd gut, das Körpergewicht nimm? stetig zu, die Bewegungen der Hände werden sicherer und freier, sodaß Höchstderselbe seit mehreren Tagen Schreib— versuche macht. Auch an den Füßen ist eine langsame aber sichere Rückbildung der Lähmungen zu konstatiren. Die ner⸗ vösen . treten seltener und nur in geringer Heftig⸗ keit auf.

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Wien, 9. Oktober. Ihre Majestät die Kaiserin beab⸗ sichtigt, wie das „Prag. Abdbl.“ erfährt, von Korfu in nächster Zeit verschiedene Ausflüge nach dem Orient zu unternehmen. Aus diefem Anlasse befindet sich die Kaiserliche Macht „Mira—⸗ mar“ bereits im Hafen von Korfu zur Verfügung Ihrer Maje tät. .

Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Friedrich ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in Be⸗ gleitung des Obersthofmeisters Grafen Herberstein gestern Nachmittag nach Stuttgart abgereist, um der dortigen Leichenfeier beizuwohnen; vor der Ahreise stattete der Erz— herzog dem Minister des Auswärtigen Grafen Kaälnoky einen

längeren Besuch ab. Die Offiziers⸗Deputation des 6. Husaren— Regiments hat sich ebenfalls nach Stuttgart begeben.

Dem „Fremdenblatt“ zufolge, hat der württembergische Gesandte von Maucler dem Ministerium des Auswärtigen angezeigt, daß der von der Gesandtschaft beabsichtigte Trauer⸗ gottesdienst unterbleiben werde, da der verstorbene König Karl gewünscht habe, daß seine Beerdigung möglichst einfach sei und von besonderen Trauerfeierlichkeiten Abstand genommen werde.

Der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses welche von dem Präsidenten Smolka eröffnet wurde, wohnten auf der Ministerbank sämmtliche Minister mit dem Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe bei. Der Antrag Jacgues und Genossen, nach welchem die Pflicht des Staats zur Leistung entsprechender Entschädigung für ungerechtfertigt erlittene Strafen fest— gesetzt wird, wurde angenommen. Das Gesetz hat rück wirkende Kraft. Der Jungezeche Tilscher und Genossen brachten eine Interpellation ein wegen der Vorgänge in Reichenberg bei dem Empfange des Kaisers, bei dem die czechische Bevölkerung von den Behörden zurückgesetzt worden sei.

Nach einer Meldung der „Presse“ hat der volkswirth⸗ schaftlichöe Ausschuß des Abgeordnetenhauses beschlosfen, die Regierung aufzufordern, den Bau des Don au-Oderka nals ohne Verzug in Angriff zu nehmen, eventuell die Initiative wegen Ausführung des Unternehmens durch Privat⸗ kapital zu ergreifen.

Die gestrige Berathung der technischen Mitglieder der Kommission für die Wiener Verkehrsanlagen ergab Uebereinstimmung Betreffs Vertheilung der einzelnen Bahn⸗ linien auf verschiedene Bauperioden, sowie Betreffs des Pro⸗ jektes der Regulirung des Wienflusses.

Am J. d. M. wurde in Reichenberg, wie die „Presse“ mittheilt, die gerichtliche Besichtigung der wo der Anschlag auf den Eisenbahnzug verübt worden ist, unter Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen. Die Bomben enthielten Dynamit, nicht Nitroglycerin. Es wurden neuerlich corpora delicti gefunden und ge— richtlich in Verwahr genommen. Das Ausschreiben einer Belohnung für die Ermittelung des Urhebers des Rosen— thaler Bahnfrevels ist gestern auch an den Wiener Straßen⸗ . in deutscher und tschechischer Sprache angeschlagen worden.

Der Finanzausschuß des ungarischen Unterhauses nahm gestern die Vorlage, betreffend das fünfmonatliche Budgeiprovisorium, an. Der Minister⸗-Präsident Graf Szapary hatte hervorgehoben, daß ein fünfmonatliches Budget— provisorium schon deswegen nothwendig sei, weil die Berathung des Budgets kaum vor dem 15. Januar 1892 beginnen werde, und eventuell auch hinsichtlich der Handelsverträge gewisse Verfügungen erfolgen müßten.

Anläßlich der Feier des 6. Oktober, des Todestages der dreizehn Arader Märtyrer, ist, dem „Fremdenbl.“ zufolge, in Pest ein neuer Zwischenfall entstanden. Der Gymnasial⸗Dixektor Lutter verbot den Schülern, den Trauergottesdiensten beizu⸗ wohnen. Lutter hatte auch im Vorjahre in den Zeugnissen mehrerer Schüler die lnmerkung angebracht, daß die Schüler einer ähnlichen Feier beigewohnt hatten, was der Gegenstand einer Interpellation im Abgeordnetenhause war. Vorgestern forderten nun drei Abgeordnete der äußersten Linken den Minister Grafen Csaky auf, Lutter sofort des Amts zu entheben, da sie sonst Lutter infultiren müßten. Der Minister versprach eine rasche Verfügung.

In Folge eines gegen den „Magyar Hirlap“ verfügten Verbots des Verkaufes auf den Staatsbahnhöfen kam es vor— gestern Abend in Pest zu Studentenkundgebungen gegen den Handels⸗-Minister Baroß, welche auch Abends ihre Fortsetzung fanden. Eine Schaar Studenten wollte über die Kettenbrücke vor das Palais des Handels-Ministeriums, um gegen Baroß zu demonstriren. Die Polizei gestattete keine Passage. Vor dem Liberalen Klub erfuhren die Stu— denten, daß das Gebäude im Umbau begriffen sei, weshalb sie fortzogen und vor die „Magyar Hirlap“-Redaktion gingen, von wo die Polizei sie verjagte.

Großbritannien und Irland.

Die Königin wird nach den vorläufigen Anordnungen am 25. November von Schottland nach Windsor übersiedeln Prinzessin Christian zu Schleswig-Holstein wird bis zur Wiedergenesung der Prinzessin Heinrich von Batten— 6 bei ihrer erlauchten Mutter in Schloß Balmoral ver—

eiben.

Bei der gestrigen Neuwahl zum Unterhause im

Wahlkreise Manchester-Rordo't erhielt der neue General⸗

Postmeister Sir James Fergusson (konservativ) ö, i. (Gladstonianer) 39006 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Eine Depesche des „W. T. B.“ aus Brighton sagt, das Leichenbegängniß Parnell's werde ein öffentliches fein. Die Ehegattin Parnellis hat, den Wünschen der Freunde des Verstorbenen nachgebend, auch ihre Zustimmung zu einer öffentlichen Leichenfeier in Irland ertheilt. Die Vorbereitungen zu derselben werden von dem Lord mayor von Dublin und den nationalistischen Deputirten getroffen. Den im Sterbehause versammelten parnellitischen Deputirten machte der Arzt über die Ursachen des Tode; Parnell's Mittheilung; hiernach trat nach voraufgegangenem rheu⸗ matischen Fieber der Tod in Folge Herzschlags ein. Der Munizipalrath von Dublin nahm eine Resolution an, in welcher dem üefsten Bedauern über das Hinscheiden arnel Ausdruck gegeben wird. Der Lordmayor von Dublin un die Mitglieder des Munizipalraths werden offiziell der öffentlichen Leichenfeier beiwohnen. Allgzemein wird ange⸗ nommen, daß der Tod Parnell's zu einer Vereinigung der verschiedenen Gruppen der irischen Partei führen werde. . „A. C.“ entnehmen wir über den Eindruck, den der Tod J irischen Agitators in England und Amerika hervorgerusen hat, noch folgende Mittheilungen:

Selten ist die Rachricht von dem Tode eines herrorgse

Den⸗

Oertlichkeit,

er sich letzte Weche eine Erkältung zugezogen hat. Am Freitag legte er sich und in der Dienstag Nacht ist er in seiner Privatwohnung in Walsingham Terrgee in Brighton entschlafen. Das Ende trat so Hlötzlich ein, daß Niemand an seinem Lager stand, als er seinen letzten Atbemzug aushauchte. Seine Gattin, welche ihm erst vor einigen Monaten in gesetzlicher Ehe angetraut wurde, ist von Schmerz ge— en.

drob g, Dublin gerieth in eine fieberhafte Aufregung, als die Nachricht vom Tode seines ungekrönten Königs; kurz vor 1 Uhr intraf. Tausende versammelten sich vor den Zeitungs gebäuden, die Geschäͤfte ruhten. Niemand legte mehr Hand an. Parnell's jäher Tod verschlang alle anderen Interessen und viele sah man in Thränen. Seine Dubliner Freunde versammelten sich am Mittwoch im Gebäude der Nationalliga. Die Versammlung war geheim. doch heißt es, daß die Abgg. Mahony und Redmond nach Brighton geschickt worden sind. um die Anordnungen für die keberfübrung der Leiche nach Irland zu treffen, damit dem jrischen Führer ein öffentliches Begräbniß zu Theil werde. Die irische nationale Föderation der Mae Cartbyaner hielt am Mitt woch ihre halbmonatliche Sitzung ab. Auf Antrag des Vortsitzenden, des Abg. Sheehy, wurde dieselbe jedoch alsbald vertagt.

In New-HYPork traf die Nachricht vom Tode Parnell's um 7 Uhr in der Frühe ein. Sie kam so unerwartet, daß am Anfang Niemand daran glauben wollte. Es danerte aber nicht lange, fo theilten Extrablätter die näheren Einzelbeiten mit. Der Eindruck, den das jähe Ende des vor Kurzem noch all— mächtigen Führers in Amerika machte, war tief, und rach⸗ kaltig. Der leicht erregbaren Iren bemächtigte sich eine edle Rühtung. Seine Gegner begrtuben ihren Haß über dem Ge— danken an seine Verdienste um die gemeinsame Sache, und seine ameri⸗ kanischen Freunde, welche auch in der letzten Periode seiner politischen Laufbahn unbeirrt zu ihm gestanden hatten, drückten ihren Zweifel aps, ob ein solcher Mann zu ersetzen sei. Im Allgemeinen herrscht in Amerika die Ansicht, daß die Sache der Iren durch das Hinscheiden Parnell's an Stärke gewinnen und die beiden Parteien unter dem heilenden Einfluß der Zeit sich wieder vereinigen werden.

Parnell's betagter, in Bordentown (New. Jersey) in beschränkten Verhältnissen lebenden Mutter wurde die Nachricht von dem Tode ihres Sohnes von einem Berichterstatter der Presse mitgetheilt. Der Schmerz der Greisin war herzzerreißend. „Die Verfolgung Davitt's und der anderen Politiker hat ihn gemordet,“ rief sie aus; „Ich wußte es schon, daß das so endigen würde.“

Justin Mae Carthy, der Führer der irischen parlamentarischen Partei, hält es für unmöglich, die Folgen des Abscheidens Parnell's zu berechnen, hofft jedoch, daß die beiden irischen Parteien sich nun vergleichen werden Die versöhnende Gewalt des Todes werde sicher— lich alle feindlichen Gefühle gegen den Verstorbenen unterdrücken. Die Home Rule⸗Frage werde nicht berührt. Daß Irland Home Rule bekommen werde, sei so sicher, wie irgend etwas.

Chamberlain äußerte sich über die Folgen des Todes Parnell's wie folgt: „Man kann nicht sagen, was sich ereignen wird. Viel⸗ leicht legt die Regierung auf Grund ihrer bisherigen Wirksamkeit Berufung an daß Land ein. Wahrscheinlich aber wird sie erst ver suchen, ihre irische Lokalverwaltungsbill durchzusetzen. Die Aussichten sind dafür nicht schlecht. Die Opposition wird gegen die Maßregel wahrscheinlicherweise dieselbe Haltung einnehmen, wie gegen die Volks⸗ unterrichtsbill. Geschieht es, so wird es am Ende des Jahres zu Neuwahlen kommen.“

Das Organ der MacCarthvaner, die in Dublin erscheinende National Preß“, schreibt: „Jetzt, wo die Nachricht kommt von dem Tode eines Mannes, welcher so viele Jahre hindurch eine Macht ohne Gleichen unter der irischen Race ausgeübt hat, möge sein neulicher Verrath vergessen sein und allein seiner früheren Verdienste gedacht werden. Sollte jedoch die Erinnerung an din bittern Kampf und die furchtbare Feuerprobe, durch welche Irland gegangen ist, selbst Angesicht des Todes nicht sterben, so möge sie die Form edelmüthigen Mit— leids annehmen, daß eine so große Laufhahn so getrübt wurde, daß so glänzende Verdienste durch so rücksichtslosen Verrath umwölkt wurden. Wir wollen den Geist zu dem Parnell der alten Tage wenden, dem praktisch wirkenden Patrioten, dem kühlen, furchtlosen, unbezwingbaren Manne, ehe der Krebs schuldhafter, von göttlichem und menschlichem Gesetz verbotener Leidenschaft sich in sein Herz fraß.“

Der „Standard sagt: „Auf den ersten Blick möchte es scheinen, daß der Tod Parnell's der liberalen Opposition nützen wird. Es wird sich aber bald zeigen, daß diese Ansicht unrichtig ist. So lange es Parnelliten und Anti⸗Parnelliten in Irland gab, mußten die Letzteren sich den Anstrich der Einigkeit geben. Jetzt wird in Kurzem unter den Anti-Parnelliten Uneinigkeit ausbrechen. Es giebt unter ihnen keinen Mann, der die Uebrigen um Haupteslänge überragt. Persönliche Rivalität und Leidenschaft wird bald zu Tage ireten. Jetzt wird es noch klarer werden, wie unerläßlich Parnell der irischen Agitation war, und das englische Volk wird einsehen, daß Gladstone viel mehr als die irischen Home Ruler eine sterile Obstruk tion fortzusetzen wünschen, Für die Regierung und die unionistische Partei macht der Tod Parnell's keinen Unterschied. Sie werden Irland gerecht und rücksichtsvoll behandeln, aber auf Loßreißung nicht eingehen, welche in Parnell ihren bedeutendsten Vorkämpfer besaß. Er war vielleicht der einzige Irländer, welcher eine Zeit lang das Unheil hätte abwehren können, das aus einem so unvernünftigen und unnöthigen Experiment erwächst.“

Noch ein anderer vielgenannter Home Ruler Sir John Hope Hennessy, Abgeordneter für den irischen Wahlkreis Kilkenny, ist am 7. Oktober auf Schloß Rostillan bei Queenz— town gestorben. Er war im Dezember v. J. als Anti⸗Parnellit in das Parlament gewählt worden. Es heißt, daß die An⸗ strengungen des Wahlfeldzuges seine Gesundheit gebrochen haben. Sir John Pope Hennessy Fat eine Anzahl hoher Aemter bekleidet; er ist Gouverneur von Mauritius, Hongkong, Barbados, Natal und Labuan gewesen.

Frankreich.

Paxis, 9. Oktober. Der Pröüäsident Carnot empfing . Vormittag, wie „W. T. B.“ berichtet, den russischen General Annenkow, welcher aus Biarritz kommend, nach Rußland zurückkehrt.

n Die Budgetkommis sion genehmigte gestern den Be⸗ ö über die Ermäßigung der Passagier⸗ Und Gütertarife p Schnellzügen. Die von der Regierung und den Eisen⸗ ohngesellschasten bewilligten Reduktionen der Passagiertarife ttragen für die erste Klasse 9 Proz, für die zweite Klasse . und für die dritte Klasse 7 Proz. Bei Netour— . tritt eine Ermäßigung von 20 Proz., ein. Für Waaren⸗ g en ist 1/3 weniger als für sonstige Frachtgüter zu ö. . Der daraus resultirende Verlust der Regierung wird f kl. Millionen, derjenige der Eisenbahngesellschaften auf Nillionen Frances geschätzt. Ro Den Ministern de Freycinet, Constans, Guyot, n und Rouvpier wurden bei ihrer Ankunft in Mar— . 9. wohin sie sich, wie gestern gemeldet, zur Einweihungs—⸗ ki er Assanirungsarbeiten begeben hatten, von der Bevöl⸗

u lebhafte Ovationen bereitet. Einige Perfonen, welche n ,, verhaftet. Nachmittags fanden wiederholt feind— e er undgebungen gegen die Minister statt, als dieselben

r laseltut verlassen hatten. Bei dem gestern Abend von der re rg unt zu Ehren der Minister veranstalteten Bankett herd ern on ei Brästdent de Frey cin et eine Rede, in welcher er

hob, daß die Republik nunmehr auf unerschütterlichen

rundlagen ruhe und Dank der Armee, sowie der Weisheit

er Diplomatie zu einem Faktor des europärschen Glelch=

gewichts geworden sei. Es gelte jetzt, die nach Außen ge⸗ wonnene Situation zu konsolidiren und im Innern an die Lösung der sozialen Probleme heranzutreten. Die Verbesserung der Lage der unteren Klassen müsse die Aufgabe sein, welche die Republik beherrsche; die Regierung arbeite unablässig daran. Der Minister wies auf die spontane Bewegung hin, welche gegenwärtig alle Franzosen ergriffen habe und zur Republik hinziehe; die neu zu derselben Hinzutretenden seien willkommen, würden es aber natürlich und begreiflich finden, wenn die Regierung fortfahre, die Freiheit und die Reformen J vertheidigen, für welche sie gekämpft habe. Nach dem

ankett wurden die Minister von einer großen Volksmenge mit Pfeifen und Zischen verfolgt. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Wie esz heißt, wäre man in Marseille darüber aufgebracht, daß die Regierung keinen Staatszuschuß für die Assanirungsarbeiten beantragt habe.

Rußland und Polen.

Bezüglich der mehrfach erwähnten Konsular⸗Reform theilen die „Pet. Wed.“ mit, daß dieselbe sich auch auf den Orient beziehen werde. Unter Anderem soll die Zahl der russischen Konsulate in der Türkei vermehrt werden.

Die „Mosk. Wed.“ berichten, daß in der Kanzlei des General⸗ Gouverneurs von Finnland das Projekt einer Reorganisation des Finnländischen Senats aus— gearbeitet worden ist. Die Frage wurde auf Kaiserlichen Befehl bereits im vorigen Jahre in Angriff genommen. Es handele sich namentlich um eine Erweiterung der Macht— vollkommenheiten des General⸗Gouverneurs, der jetzt ohne den Senat eigentlich nichts zu thun vermöge.

In Sachen der Sibirischen Bahn melden die „Pet. Wed.“, daß diese Angelegenheit dem Reichsrath aufs Neue vorliegen werde. Insbesondere soll das Bahnprojekt der Strecke Ostufer des Baikalsees-Ssretensk geprüft werden. Dasselbe ist vom General-Gouverneur des Amur⸗Gebiets bereits 1836 vorgelegt worden und besonders für die Gold— industriellen im Bezirk Nertschinsk von Wichtigkeit.

Den „Daily News“ wird aus Odessa berichtet:

Während der vergangenen Woche sind 120 Juden aus Palästina und anderen Gegenden der Türkei selbstverständlich nur gänzlich mittellose Auswanderer nach Odessa zurückgekommen. Die russischen Behörden gestatten ihnen zu landen und nach ihrer früheren Heimath zurückzukebren, wodurch die ohnehin schon beschränkten Mittel der lokalen jüdischen Wohlthätigkeits— gesellschaften auf das Aeußerste angespannt werden. Gleich⸗ zeitig setzten die im Besitze geringer Mittel befindlichen Juden ibre Auswanderung fort, und fäst alle Nachtzüge nach der westlichen Grenze sind von ihnen angefüllt. Der Aufruf des Barons Hirsch, in dem er seine Glaubensgenossen in Südrußland ermahnte, die Entwickelung seines Auswanderungsplans abzuwarten, scheint wenig oder gar keinen Eindruck auf sie gemacht zu haben.

Italien.

Der italienische Delegirte für die Handelsvertrags⸗ Verhandlungen in München, General-Sekretär Malvano ist . Nachmittag von Rom wieder nach München zurück— gereist.

Der russische Minister des Auswärtigen von Giers hat sich gestern Nachmittag von Mailand nach Pallanza begeben.

An einem von dem früheren Unter-Staatssekretär Bonghi nach Rom eingeladenen sogenannten . kongreß“ wollen auch etwa zwölf deutsch⸗freisinnige Ab⸗ geordnete, darunter der Abg. Rickert, theilnehmen. Vor einigen Tagen suchte Bonghi die Bedenken der Deutschen wegen Betheiligung durch einen an das „Berl. Tgbl.“ gerichteten Brief zu zerstreuen, worin er sich dafür verbürgte, daß die sogenannte „elsaß⸗lothringische Frage“ auf dem Kongreß nicht erörtert werden würde. Jetzt

hat nun der Abg. Rickert an Bonghi ein Schreiben gerichtet,

worin er erklärt, daß nur unter der gedachten Voraus—⸗ setzung eine Betheiligung Deutscher an dem Kongreß möglich sei, und worin er unter Hinweis auf die jüngste Erklärung des Abg. Petri in, der „Straßb. Post“ (vgl. Nr. 236 des „R. u. St.-A.“) die irrthümlichen Auffassungen Bonghi's, die er in dem gedachten Schreiben über die bisherigen Erfolge Deutschlands in Elsaß⸗ Lothringen äußerte, zu widerlegen sucht. Zum Schluß spricht Abg. Rickert seine Sympathie mit dem dem Kongreß zu Grunde liegenden Gedanken aus, indem er hinzufügt, es wäre sehr zu wünschen, daß nicht in irgend einer Form Erörterungen angeregt würden, welche dazu führen müßten, die Sympathien fur diese Bestrebungen in Deutsch— land abzukühlen. ierzu bemerkt die Berliner „National—

tg.“ „Der Erfolg muß lehren, ob Hr, Rickert und seine Freunde sich nicht in eine für sie und für ganz Deutschland peinliche Situation begeben, wenn sie an dem Kongreß Theil nehmen.“ Zu dem Kongreß haben sich bis jetzt außer 260 Depu⸗ tirten und 90 Senatoren aus Italien aus allen Parteien, darunter auch Crispi und Rudini, 60 französische, 40 österreichisch— ungarische, 40 rumänische und 40 englische Parlaments⸗ mitglieder angemeldet; dazu etwa zwölf deutsch freisinnige deutsche Reichstag abgeordnete.

Das nächste Konsistorium, welches im November statt— finden sollte, ist auf Ende Dezember vertagt.

Der „Fanfulla“ meldet, gestern früh sei mit dem Lesen der Messe im Pantheon wieder begonnen worden. Die „Italie“ ergänzt diese Meldung dahin, daß die Schließung desz Pantheons am Mittwoch Abend auf Befehl des Papstes aufgehoben worden sei, und daß die italienische Regierung davon verständigt wurde. Die kirchlichen Embleme sind auf ihren früheren Platz in der Kirche gebracht.

Ueber Nachklange vom 2. Oktober wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 6. d. M. aus Rom berichtet, daß eine Sub⸗ seription eröffnet worden ist, um einen Kranz von Bronze als nationale Huldigung am 9. Januar 1892 auf das Grab Victor Emanuel's niederzulegen. Hier und da, in Versamm⸗ lungen und Theatervorstellungen, dauern die Einspruchskund⸗ gebungen gegen die That der sranzösischen Pilger noch fort. Von den drei Verhafteten sind zwei am Sonntag Abend nach der Grenze gebracht worden; der Hauptschuldige befindet sich noch im Polizeigewahrsam, doch glaubt man, daß der König das Verfahren gegen ihn niederschlagen werde. Inzwischen hat mit anerkennenswerther Schnelligkeit das Gericht bereits der⸗ jenigen sich angenommen, die bei den nationalen Gegen⸗ kundgebungen vom 2. Oktober über die gesetzlichen Schranken hinausgegangen waren. Ein Buchdrucker, der einen gewalt⸗ thätigen Angriff auf nile ff. Priesterseminar gemacht hatte, indem er das päpstliche Wappen abreißen wollte, wurde zu drei Tagen Gefängniß, in die Kosten und zum Schaden⸗ ersatz verurtheilt. Die korrekte Haltung der Sicherheitsbehörden in den kritischen a wird überhaupt allgemein anerkannt. Der französische Botschafter hat sogar besonderen Auftrag von seiner Regierung erhalten, der italienischen Regierung für den

Schutz des Botschaftsgebäudes und der Pilger gegen die auf⸗ geregte Menge zu danken. Der Dank gebührt aber auch der Bevölkerung selbst, die bei aller Aufwallung des nationalen Zornes doch Maß zu halten verstand. Zu den offiziellen Entschul⸗ digungen gesellt sich nun auch noch ein Schreiben des Marquis de Rogquefeuille, Vorfitzenden der französischen Jünglings⸗ vereine, an den Quästor, welches die Thorheit der drei Pantheonshelden bedauert und versichert, daß die katholische Jugend bei ihrer Pilgerfahrt in der That nicht die Absicht hatte, Italien und Rom zu beleidigen.

Epanien.

Die Königin-Regentin gedenkt, wie man der „Köln. Ztg.“ aus San Sebastian meldet, sich am 12. Oktober Morgens nach Burgos zu begeben, dort drei Tage zu ver⸗ weilen und dann am 16. d. früh nach Madrid zurückzukehren. Die Kosten der Reise bestreitet die Königin; jeder Aufwand ist verbeten. Ihre Majestät wird in der Kathedrale einer Seelenmesse für die bei dem Eisenbahnunglück Getödteten bei— wohnen und die Verwundeten besuchen.

Schweiz.

Anläßlich des Hinscheidens des Königs von Württem— berg hat der Bunde srath, wie der Berner „Bund“ meldet, das schweizerische Konsulat in Stuttgart telegraphisch an⸗ gewiesen und den deutschen Gesandten in Bern gebeten, dem Königlichen Hause und der Regierung Württembergs seine aufrichtige Theilnahme auszudrücken.

Im Genfer Kantonsrath betonte Fazy, wie man der „Frkf. Zig.“ aus Bern meldet, der Simplon⸗ Durchstich habe für Genf keinen Werth, solange der Col de la Faucille (im Jura nordwestlich von Genf) nicht durch— stochen sei. Finanz⸗Direktor Ador erwiderte, Genf werde an das Simplon⸗-Unternehmen erst eine Subyention entrichten, wenn Genfs Interessen durch die Sicherstellung des Faucille⸗ Durchstichs gewahrt seien.

Belgien.

Der Kronprinz von Italien ist gestern Mittag in Ostende eingetroffen und am Bahnhofe von dem König, der vom General Nicaise begleitet war, herzlich begrüßt

worden. Um 1 Uyr fand im Königlichen Schlosse ein Dejeuner zu 20 Gedecken statt.

Rumänien.

Das Befinden der Königin ist, den aus Pallanza eingetroffenen Meldungen zufolge. ein befriedigendes. Die Schmerzen traten in den letzten Tagen weniger heftig auf, die Nächte waren ruhiger.

Serbien.

Belgrad, 8. Oktober. Die Regierung beschloß, laut Meldung des „W. T. B.“, das Demissionsgesuch des Unterrichts-Ministers Nicoliec nicht anzunehm en, sich vielmehr mit demselben solidarisch zu erklären. Die Frage wegen Bestätigung des zum Bischof von Zajeczar gewählten Stockie bleibt in suspenso,

Bulgarien.

Sofia, S8. Oktober. Wie die „Pol. Corr.“ erfährt, ist die Handelskonvention zwischen England und Bul⸗ ö auf ein Jahr, bis zum 1. Februar 1893, verlängert worden.

Montenegro.

Cetinje, 8. Oktober. Der fünfzigste Geburtstag des Fürsten Nicolaus wurde dem „W. T. B.“ zufolge gestern im ganzen Lande festlich begangen.

Schweden und Norwegen.

(FE) Stockholm, 6. Oktober. In einer heute unter Vorsitz des Königs abgehaltenen Staatsrathssitzung berichtete der Finanz⸗Minister, daß 78 Petitionen seinem De⸗ partement zugegangen seien, in denen verlangt werde, daß die Regierung die Verwendung von Brodgetreide und Kar— toffeln zur Fabrikation von Branntwein verbiete. Der Finanz— Minister gab nach längerer Darlegung anheim, die einge⸗ gangenen Petitionen unberücksichtigt zu lassen, da so außer— ordentlich wichtige Umstände nicht vorlägen, wie die Verfassung

erlange, um ein Verbot des Branntweinbrennens zu recht—= fertigen. König Oscar stimmte diesen Ausführungen zu. Christiania, 8. Oktober. Von den insgesammt 114 Neuwahlen zum Storthing find jetzt 74 Resultate be— kannt; davon entfallen, wie W. T. B.“ meldet, 49 auf die Linke, 13 auf die Moderaten und 10 auf die Rechte; bei zwei Neugewählten ist es zweifelhaft, ob sie der Linken oder den Moderaten zuzuzählen sind. Die betreffenden Wahlkreise waren bisher durch 35 Mitglieder der Linken, 22 Moderate und 17 von der Rechten vertreten,

Dänemark.

(FE) In dem Finanzgesetzentwurf für das nächste Jahr sind, wie schon mitgetheilt, die Ausgaben des gat Ministeriums zu 15 902 457 Kronen berechnet, nämlich die ordentlichen zu 10767 167 und die außerordentlichen zu 4235 300 Kr.; ferner die ordentlichen Ausgaben des Marine—⸗ Ministeriums zu 6 802 808 Kr. und die außerordentlichen zu 1595090 Kronen. Der größere Theil der außerordentlichen Aus⸗ aben steht mit der Befestigung Kopenhagen im Zu⸗ ammenhang. Da die Befestigungslinien nach der Landseite zu nur noch Ergänzungsanlagen erfordern, so werden auch nur für die Anlagen auf dem Gladsaxe- Plateau 500 000 Kronen und zu Positionsgeschützen 360 006 Kronen gefordert. Das Haupt⸗ interesse der Kriegsverwaltung ist dagegen auf die Verstaͤrkung der Seebefestigung Kopenhagens gerichtet. Zur Vollendung des . werden 23 500 000 Kronen eingestellt, für transportables gepanzertes Geschütz 200 06065 Kronen, für passive Seeminen 50 000 Kronen, zur Vervollständigung der vorhandenen Minensperren bei Kopenhagen 200 006 Kronen zur Anschaffung von Granaten mit brisanten Sprengladungen 100 099 Kronen, zur Anschaffung von schnellfeuerndem Geschůtz für die Seebefestigungen 130 009 Kronen. Bezüglich der letzteren Bewilligung heißt es in der Begründung: „Da in Folge der Anlage des Mittelgrundforts die Torpedosperren und Minenlinien vor den Forts weiter in das Fahrwasser hinaus verlegt werden müssen, so müssen die Charlottenlund⸗ batterie Nordfront am Sunde) und die Kastrupbatterie (Süd⸗ front auf Amager) mit einigen leichteren Geschützen versehen werden, um an der Vertheidigung der vorgeschobenen Minen⸗ . se, 6 . öh können.“ . werden ronen zur Einrichtung eines elektrischen Signal⸗

dienstes auf den Seeforts verlangt. ft ;