1891 / 238 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Amerika.

Vereinigte Staaten. In Chicago ist am J. d. M. das Den kmal des Generals Grant feierlich enthüllt worden. Das Monument stellt den General zu Pferde dar. Zur Feier des Tages waren alle Geschäfte geschlossen.

Asten.

China. Ein Telegramm der „Times“ aus Singapore besagt: Nachrichten aus Amoy vom 27. September zufolge habe in einem etwa vierzig (engl) Meilen von Amoy ent⸗ fernten Distrikt ein Auf st and stattgefunden. Die chinesische Bevölkerung, gereizt durch fiskalische Mißbräuche bei der Liefe⸗ rung von Salz, habe mehrere Mandarinen getödtet. Der Auf⸗ stand sei durch eine von Amoy entsandte Truppenabtheilung von etwa 1000 Mann unterdrückt worden.

sunst und Wissenschaft.

Seine Majestät der König hat dem Verein für die Herstellung und Ausschmückung der Marienburg die Erlaubniß ertheilt, fünf weitere Geldlotterien zu veranstalten und die Loose im ganzen Bereiche der Monarchie zu vertreiben. 6 Ziehung wird aus 350 000 Loosen zu je 3 S bestehen. Die Gesammtsumme der Prämien beträgt 55 000 M6 in Gewinnen zu 90 000 his zu 15 6

Seine Majestät der Kaiser und König hat dem Münsterbau⸗Verein zu Freiburg im Breisgau mittels Aller⸗ höchster Ordre vom 11. August er, die Erlaubniß ertheilt, zu den mit Genehmigung der Großherzoglich badischen Landesregierung in den Jahren 1891 bis 1896 zu veranstaltenden Geldlotterien Behuss Gewinnung der Mittel zur Wiederherstellung und Freilegung des dortigen Münsters euch im preußischen Staats⸗ Kebietè und zwar in seinem ganzen Bereiche Loose zu ver⸗ treiben.

Theater und Mufik.

Wallner Theater. ;

Die erste Aufführung der dreiaktigen Posse mit Gesang Telephon⸗Amt Yin“ von Antony Mars und Maurice Desvallières fand gestern Abend unter reichem Beifall des gut besetzten Hauses statt. Außer den beiden genannten Verfassern der 3 find noch als Mitarbeiter Hermann Hirschel, der Ueber⸗ setzer, und Gaston Serpette, der Komponist der musi⸗ kalischen Begleitung, zu nennen. Der Gedanke, welchen die Autoren der? Posfe zu Grunde legen, ist lustig, die Durchfüh— rung erscheint aber zu oberflächlich und zum Theil gedankenarm. Der erste Akt, der das Telephon-Amt VII mit seiner Beamten Mädchenschaar in Thätigkeit vorführt. wirkt am Gefälligsten. Trl. Agathe erfährt in ihrem Amt als Telephonistin den zärtlichen Ge⸗ dankenaustaufch ihres Bräutigams mit einer auf etwas freiem Fuße lebenden Dame. Die aus dieser Voraussetzung abgeleiteten Ver⸗ wechselungen, der Rollentausch der beiden amen, ermangeln der Originalität und wirken wegen der Wieitschweifigkeit der gezeichneten nebensächlichen Details um so weniger unterhaltend, als der Dialog auch keinen besonderen Aufwand an Geist, Witz und Scher; erkennen läßt. Zierlich und ansprechend, öfter auch belebend, griff die musikalische Begleitung in den matten Lauf der Handlung

Wetterbericht vom 9. Oktober,

Morgens 8 Uhr. MaxkEGrube.

burg.

Wind. Wetter. Wagner.

h heiter 4 halb bed.

Meeressp. red. in Millim.

Stationen.

X D 8 1

3

28

5

8. *

uu. d. Temperatur in O Celsius

Mullaghmore Id42 Uhr.

Aberdeen .. 742 Christiansund 765 Kopenhagen. I62 Stockholm. 263 i 16h

t. Petersburg 770 Moskau . .. 773

Nissen. Max Pohl.

Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. häuser und der Sängerkrieg auf der Wart—⸗ Romantische Sper in 3 Akten von. R.

Ballet von Emil Graeb.

Schauspiel haus. 213. Vorstellung. Zriny. Trauer⸗ spiel in 5 Auffügen von Theodor Körner. In . gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Grube. Anfang

Deutsches Theater. studirt. Nathan der Weise. (Saladin: Hermann Sittah; Marie e Recha: Teresina Geßler. Carlsen. Tempelherr: Alexander Barthel. Derwisch:

ein, und der Erfolg der Musik wäre sicherlich noch bedeutender ge wefen, wenn der Vortrag des Textes überall klar und deutlich gewesen wäre; das bewies Hr. Meißner, der mit seinem Antrittsliede, defsen Text in jeder Silbe ver= ständlich ju Gehör gebracht wurde, stürmischen Beifall und Dacaporufe erzielte. Frl. Glöckner entwickelte in der Rolle der Agathe kecken Uebermuth und viel anmuthige Fröhlichkeit, die nur hier und da etwas erkünstelt erschien. Trefflich bewährten sich die Herren Gim nig als reicher Amerikaner, Gu thery als gestrenger Telephon Inspektor, dessen Ernst dem Anblick der hübschen Tele phonistinnenschaar nie Stand hält, und Hr. Müller in der Rolle

des Telephonboten. Sing ⸗Akademie.

Der stets willkommene Gast aus London, der ausgezeichnete Violinvirtuose Hr. Waldemar Meyer gab gestern mit dem Philharmonischen Orchester ein Concert, in welchem er das Beethopen'sche Concert (D-dur), drei Theile aus der für Violine allein komponirten Suite von Bach: Gavotte, Bourrée und Presto, die Fomanze aus Joachim's ungarischem Concert und ein neues Scherzo von dem in Berlin als Königlicher Kammermusiker thätigen Orn. A. Böhmer vortrug. In der Ausführung sämmtlicher Werke bewährten sich die ftets an dem Künstler gerühmten Vorzüge seines Spiels wiederum aufs Glänzendste: zarte Tonbebandlung, eminente technische Fertigkeit und verständnißvolle Ausdrucksweise, die sowohl den klassischen Werken wie den neueren sehr zu Statten kam, wenn wir auch nicht verschweigen wollen, daß dem Vortrage des Larghetto von Beethoven etwas mehr Wärme zu wünschen gewesen wäre. Das Philharmonische Orchester unter Leitung des Kapellmeisters Hrn. Herfurth leistete in der „Hebriden Ouvertüre“ von Mendelssohn, in dem Largo (Fis- dur) aus dem Streichquartett von Haydn sowie in der Bezleitung des Solisten wiederum Ausgezeichnetes.

In der Vorstellung des ‚Tannbäuser' am Sonntag im König“ lichen Opernhause sind die Damen Sucher und Hiedler, die Herren Gudehus, Stammer, Ernst, Bulß und Krolop beschäftigt.

Im Königlichen Schauspielhguße nimmt Frl. Lindner, von shrem Unfall wieder hergestellt, am Montag im „Kaufmann von Venedig“ als Porzia ihre künstlerische Thätigkeit von Neuem auf.

Im Berkiner Theater wird außer der Neueinstudirung des Richard Voß'schen Schauspiels „Schuldig“, das, wie schon mitge⸗ theilt, mit Nuscha Butze, Agnes Sorma, Ludwig Barnay, Ludwig Stahl, Arthur Kraußneck und Ferdinand Suske in den Hauptrollen morgen, Sonnabend, zum ersten Male in dieser Spielzeit in Scene geht, noch ein anderes Drama vorbereitet, das dem Reper⸗= foire diefer Bühne bisher noch nickt angehörte. Es ist dies Albert Lindner's . Bluthochzeit?“.! -In der am Sonntag Nachmittag stattfindenden Aufführung von „Wilhelm Tell“ wird neben Ludwig Barnay, der die Titelrolle Larstellt, Carl Sauermann in der Rolle des Melchthal debütiren.

Manuigfaltiges.

Hamburg, 6. Oltober. Die Eissperre, welche der Hamburger Hafen im verflofsenen Winter Monate lang auszuhalten gehabt, hat die Behörden veranlaßt, rechtzeitig Maßnahmen zu treffen, um einer Wicherkehr solcher Zustäade vorzubeugen. Der Senat hat in Folge deffen den Bau zweier neuer Eisbrecherkampfer beschlossen und die Bürgerschaft die für dieselben erforderliche Bausumme ohne Weiteres bewilligt, sodaß dieselben heute. der Reiher⸗ stieg Schiffswerft und Maschmenfabrik⸗Attiengesellschaft haben in Arbeit gegeben werden können. Der eine der beiden Gisbrecher und zwar derjenige, welcher für die Aufeisung der Unterelbe bestimmt ist,

erbält, Hamburger Blättern zufolge. Maschinen von 1000 Pferde⸗ kräften, während der zweite für die Offenhaltung der Häfen bestimmte Dampfer eine Maschine von 300 Pferdekrätten erhält Die Dampfer sind nach dem Baukontrakt am 1. September 1892 abzuliefern.

Madrid. Anläßlich der vierhundertjährigen Gedenkfeier der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus veranstaltet die spanische Regierung, wie schon gemeldet., im Jahre 1892 in Madrid eine Ausstellung aller auf Amerika sich beziebenden Objekte, welche geeignet sind, die Kulturverhältnisse der neuen Welt von den ältesten Zeiten bis zur ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu illustriren. Gleichzeitig findet, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, eine zweite retrospektive Ausstellung statt, welche Kunst. und kunst— gewerbliche Gegenstände aus dem 15, 16. und ans der ersten Hälfte detäz 17. Jahrhunderts umfassen und den Kulturzustand Europos, speziell Spaniens und Portugals, zur Zeit der Entdeckung und Er— oberung Amerikas veranschaulichen soll. Die beiden Ausstellungen, welche die offisiellen Titel „Exposicion Histöriea-Americana“ und „Exposicion Histörica-Europea“ führen sollen am 1. September 1897 erö6ffnet und am 31. Dezember desselben Jahrs geschlossen werden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Stuttgart, 9. Oktober. (W. T. B) Die Trauer—⸗ feierlichkeiten für den hochseligen König nahmen um 10 Uhr im Marmorsaal des Königlichen Residenzschlosses mit einem Gottesdienst ihren Anfang. Demselben wohnten Ihre Majestäten der Kaiser, der König Wilhelm 11I., die Königin Olga, Seine Königliche Hoheit Prinz Hein⸗ rich sowie sämmtliche zu der Beisetzung hier eingetroffenen Fürstlichkeiten bei. Um 11 Uhr setzte sich der Zug unter dem Geläut sämmtlicher Glocken in Bewegung. er König ging zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und dem Großherzog von Baden. Es folgten alsdann die übrigen hier anwesenden Fürstlichkeiten; dann folgte der Leichenwagen. Der Trauerrede lag der Text zu Grunde: „Der Herr Dein Gott ist bei Dir, Dein starker Heiland!“ Die Beisetzung des Sarges in der Gruft erfolgte unter Kanonendonner.

Die Trauerfeier verlief bei prachtvollem Wetter. Hierauf fand ein Déjeuner im Schlosse statt, an welchem alle fremden ö Theil nahmen. Um 5 Uhr folgt ein großes

iner.

Der König hat für den 18. d. M. eine allgemeine Todtenfeier angesetzt.

Florenz, 9. Oktober. (W. T. B.) Der geodätische Kongreß wählte endgültig Faye zum Präsidenten und Ferrero zum Vize Präsidenten.

Buenos-Aires, 9. Oktober. (W. T. B. Die Senats— kommission, welche mit der Prüfung der Vorlage, be— tteffend die Einführung des Zwangscourses für Papier⸗ n beauftragt war, beantragt in ihrem Bericht die Ab ehnung der Vollage.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)

204. Vorstellung. Tann siten, Beleuchtungseff eeten ꝛc. Anfang 7 Uhr.

Rennen auf der Anfang 73 Uhr.

liches Pferden.

Adolph Ernst-Theater.

Sonnabend: Neu ein ˖

Frauendorfer. Nathan: Daja: Paula Görß von ständig neuen Kostümen.

Belle⸗Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 72. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen ⸗Requi⸗ Jung⸗Deutschlaud zur See. Großes Ausstattungs⸗Jeitbild in 4 Akten (7 Bildern) von Ernst t n, 6. Bilde: Wirk⸗

ühne

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend: Zum 40. Male: Der großze Prophet. Gesangeposse in Kandelaber, geritt ; ö 146 4 Akten von Leon Treptom. Conplets von Gustav Jandelaber geritten b. Hrn, Ernst Rem (Ente

Görß. Masik von Gustav Steffens. Die neuen Dekorationen

Circus Nenz. Karlstraße. Sonnabend, Abends 76 Uhr: „Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“, gr. hydrologische Ausstattungs⸗Pantomime in 2 Abthei⸗ lungen mit National-Tänzen (60 Damen), Aufzügen ꝛe. Dampfschisf⸗ und Bootfahrten, Wasserfällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ze, arrangirt von lebenden und inseenirt vom Dir. Renz. Kunst⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Johnson. Schluß—⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend. Außer⸗ dem: Zyvszka, Zante, Dubosz u. Bravo, arabische Vollbluͤthengfte, zusammen vorgeführt v. Hrn. Franz Renz. Colmar, geritten von Frl. Clot. Hager.

Amerikanerinnen Sisters Lawrence am fl. Trapez. 4 Gebr. Briatore, weltberühmte Acrobaten. Auf⸗ treten der Reitkünstlerinnen Mlle. Adele und Frl.

Mit voll⸗

Cork Queeng 749

756 758 760 . 762 nde 762 Neufahrwasser Ih? Memel ... 764 wolkenlos Hari K halb bed. ünster. .. 161 S wolkenlos Karlsruhe. 164 ill wolkenlos Wiesbaden . I 64 Nebel München. 166 wol kenlos Ghemnitz .. 764 wol kenlos Berlin. .. . 763 Nebel Wien .... 763 bedeckt Breslau ... 763 bedeckt

e n,. 759 C bedeckt

gn .. 161 heiter . 1 bedeckt

Uebersicht der Witterung.

Eine tiefe Depression ist westlich von Schottland erschienen, welche nordostwärts fortzuschreiten scheint, während ein barometrisches Maximum sich über Bayern ausgebreitet hat. Die trübe Witterung mit Regenfällen, welche gestern in Westdeutschland herrschte, hat sich weiter ostwärts fortgepflanzt, dagegen ist im Westen vielfach wieder heiteres oder nebliges, sonst zrockenes Wetter eingetreten, wobei die Temperatur ziemlich erheblich gesunken ist. Die Depression im Nordwesten dürfte die Witterungs⸗ verhältnisse des nordwestlichen Deut schland nur in geringem Maße beeirflussen, sodaß für ganz Deutsch land ziemlich heiteres, zheilweise nebliges Wetter wahrscheinlich ist. Moskau meldet minus 2 Grad.

Deutsche Seewarte i itktRrfrrtesdrrt—e Theater⸗Anzeigen.

Nönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern baus. 703 Vorstellung. Oberon. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik von C. NI. von Weber. Die Reeitativr von F. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetz⸗ laff. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus 212. Vorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in? Vorgängen von Ernst von

wolkig

Gustav Kadelburg. Patriarch: Max Pategg. Kloster⸗ bruder: Georg Engels.)

Sonntag: Nathan der Weise.

Montag: Die Kinder der Excellenz.

Verliner Theater. Sonnabend: Schuldig.

Anfang 7 Uhr. ö Sonntag: Nachm. 23 Uhr: Wilhelm Tell. Abends 73 Uhr: Der Garnisonstenfel. Sab⸗ bath ves Herzens. Montag: Schuldig.

Tessing - Theater. Sonnabend: Zum 1. M.: Eine Geldheirath. Schauspiel in 3 Akten von uh Schwarzkopf und C. Karlweis. Anfang

r.

Sonntag: Eine Geldheirath.

Montag: Sodoms Ende. Drama in 5. Akten von Hermann Sudermann.

Wallner ⸗Thrater. Sonnabend: Zum 3. Male: Telephon, Amt VII. Posse mit Gesang in 3 Akten von Antony Mars und Maurice Desvallières. Deutsch von Herm. Hirschel. Musik von Gaston Serpette. Anfang 73 Uhr.

Sonntag und die folgende Tage: Telephon, Amt VII.

Friedrich - Wilhelmstädlisches Theater. Sonnabend? Der arme Jonathan. Operette in z Akten von Wittmann und Bauer. Musik von C Millscker. In Seene gesetzt von Julius Fritzsche Dirigent: Hr. Kapellmeister Karpa. An—⸗ fang 7 Uhr.

Sonntag: Der arme Jonathan.

Nesidenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten ˖ berg. Sonnabend: Zum 11. M.: Besuch nach der Hochzeit. Lustspiel in 1 Akt von Alexander Dumas. Deufsch von Paul Block. In Scene gesetzt von Sigmund Laufenburg Hierauf, zum 11. Male: Von Dreien der Glücklichste. Schwank in 3 Akten von Labiche und Gondinet. Regie: Emil Lessing. Anfang 75 Uhr. ;

Sonntag u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukaezß. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 78 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jabobstraße 30.

Direktion: Emil Thomaß. Sonnabend: Zum 16 Male, mit vollständig neuer Ausstattung: Mädchenschule. Vaudeville Posse in 3 Akten (4 Bildern) von Alexander Bisson. Musik von Louis Gregh. Frei bearbeitet von Richard Gense. In Scene gesetzi vom Direktor Emil Thomas. Sämmtliche neuen Costüme sind aus den Ateliers des Kaiserbazars. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Montag: Woblthätigkeitsvorstellung zum Besten des unter dem Protestorat Seiner Masestät Kaiser Wilhelm's II stehenden Nationaldanks für Veteranen. Zum 1. Male; Herr und Frau Doktor. Lust⸗ spiel in 4 Akften von H. Heinemann. Hierauf: Der Präfident. Lustspiel in 1 Akt von W. Kläger.

Concerte.

Sing- Akademie. Sonnabend, Abends 74 Uhr:

Concert von Emma Plüddemann (Sopran) und Dr Karl Päsler (Klavier).

Contert- Jaus. Sonnabend: Karl Meyder

Concert. Ouv. . Rosamunde' von Schubert. Tell“ von Rossini; ‚Dichter und Bauer! von Supps. Ungar. Tänze 5 u. 6 von Brahms. Phantasie a. dz. Dy. . Faust von Gounod. Un premier Bouquet“, Walzer von Waldteufel. Has Grab auf der Haide für Trombone von Heiser (Hr. Vogel). Phantasie aus „Der Mikado“ von Sullivan. Anfang 7 Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes ⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im , Theater. Näheres die Anschlag⸗ zetlel.

Elly, sowie der Reitkünstler Herren Fakcio, Pierre u. Adolf Delbotq ꝛc. Komische Entrses u. Inter⸗ mezzos v. sämmtl. Clowns.

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind freih: ‚Aschenbrödel! (Ballet Einlage: k Abends 77 Uhr: Auf

elgoland ?).

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarethe von Steinberg⸗Slirbs mit Hrn. Gymnasiallehrer Dr. Ernst Meyer (Münfter i. W Königsberg i. P.). Mimi Frelin von Hanstein mit Hrn Lieut. Hans von Sella (Besenhaufen bei Arenshausen Torgau). Frl. Margarethe Selle mit Hrn. Unter ⸗-Leeut. . . (Jätschau bei Glogau Wilhelmẽs

aven).

Verehelicht: Hr. Prem ⸗Lieut. Joachim Graf. von Oriola mit Adele Gräfin von Wenger ly (schow). Hr. Lieut. Otto Graf von Schwerin mit Miß Florence Wann (Oldenburg i. Gr.) Hr. Regierung. Assessor Ernst Frhr. von der Reck mit Ada Gräfin Baudissin (Magdeburg) Hr. 96 Schenck zu Schweinsberg mit Freiin von

auchnstz (Schloß Klein ⸗Zfchocher bei Leipzig).

Gebtren; Fin Sohn: Hrn. Prem. Lieut. Grafen Günther Schulenberg (Grimma). Hrn. Pfarrer R. Gareis (Buch). Eine Tochter: Hrn. Land⸗ gerichts⸗ Direktor Lindner (Oppeln). 99. Hauptmann Reimer (Königsberg] Hin Haut⸗ mann Hang Frhrn. vog der Goltz (Metz). Hrn. Regierungs- Rath Schwabach (Köln).

Gestorben: Hr. Lieut. Willv Kiesel (Schweidn 9. Verw. Fr. Amtsgerichtz⸗Rath Elise Thomgt, geb. Brachvogel (Kempen i P). Fr. Maior Uli von der Wense, geb. Mascher (dannoven j . Siiftsdame Frl. Nugaste Trützschler von Falten stein (Kaiserswerth).

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Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: . e Verlag der Expedition (Scholy).

1 ge Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Ilnftalt, Berlin , Wilhel mfträße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 238.

Berlin, Freitag, den 9. Oktober

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

Die Invaliditäts« und Altersversicherungsanstalt Schleswig⸗ Hol stein hat, wie die . Nord-Ostsee⸗ Ztg. berichtet, im Monat Sextember 345 Anträge auf Bewilligung von Altersrente anerkannt und 66 Anträge zuruͤckgewiesen. Sechs Anträge sind auf andere Weise zur Erledigung gelangt, somit insgesammt 417 An— sräge erledigt worden. Am Schluß des Monats August war ein Bestand von 288 unerledigten Anträgen vorhanden, im September wurden 265 Ansprüche neu erhoben. Auf den Monat Oktober find hiernach 135 unerledigte Anträge übernommen worden. Seit J. Januar 1891 sind im Ganzen 5195 Altersrenten zur Bewilligung gekommen, und zwar im Januar 325, im Februar 712, im März 438, im April 859. im Mai 912, im Juni 814, im Juli 184, im August 319, im September 343. Der Jahresbetrag sämmtlicher Altersrenten stellt sich auf ca. 690 000 „S.. Eine größere Zahl der neuerdings bewilligten Renten entfällt auf die Kreise Flensburg (Land) und Steinburg.

Die Familienbudgets, die Methoden ihrer Gewinnung und ihre statistische Tragweite.

Die Familie und ihr häusliches Budget mit der gehörigen Buchung aller Einnahmen und Ausgaben sind für die wirthschaftliche Entwickelung der Völker von höchster Bedeutung. Der bekannte Statistiker Dr. Engel hat jüngst dem internationalen statistischen Institut in Wien einige Mittheilungen über die von ihm auf die Faushaltungsrechnungen der Familien gestützten Untersuchungen ge— macht. Dieselben erstrecken sich auf etwa 18 000 Personen und 3278 Familien, die unter einjähriger Beobachtung gestanden haben. Diese Beobachtungen beruhen auf solchen Haushaltungsrechnungen, die ihm von vielen Familien aller Stände vertrauensvoll für seine Untersuchungen zur Benutzung überlassen worden sind. Sie erstrecken sich über Haushaltausgaben von jährlich 300 „M bis ca. 300 000 (6s Und manche dieser Budgets umfassen viele auf einander folgende Jahre, sodaß sich darin in Wirklichkeit das wirthschaftliche und soziale Leben der einzelnen Familien und ihrer Glieder mit voller Treue abspiegeln.

Die vollständigen Haushaltungsrechnungen gehen in der Regel aus zwei Haushaltungsbüchern hervor. Das eine wird vom Haus— herrn geführt, das andere von der Hausfrau. In das erste trägt der Hausherr gewöhnlich die Ausgaben ein, die auf einmal große Summen verschlingen: die Miethe, die Steuer, die Brennstoffe, die Versicherungsprämien ꝛce. Die Hausfrau führt Rechnung über das vom Manne gegebene Wirthschaftsgeld und bestreitet daraus vorzugs⸗ weise die Ausgaben für Nahrung, Wäsche, Licht 2c. Es giebt jetzt fast überall für die Einträge vorbereltete Hauthaltungsbücher. Dr. Enzel hat gefunden, daß sie zu vielen Verirrungen Veranlassung geben, und hat die unsystematisch- chronologischen Aufzeichnungen besser für seine Zwecke gefunden, allerdings erst nach einiger Bearbeitung. Die durch solche Bearbeitung der ein— zelnen Positionen der Einnahmen und Ausgaben gewonnenen Tabellen ordnet Dr. Engel nach den Beträgen für die Familien einheit. Er schuf sich, da die Familien nach Zahl der Personen, nach Alter und Geschlecht verschieden sind und da die Personen kommen und gehen, künstliche Zähleinheiten nach deren Verbrauch, nach der Person und nach der geit. Nach Engel's Annahme ist die Person I, O0 der neugeborene Mensch, der Verbrauch 1,00 ist der Verbrauch eines Jahres, die Zeit 1.06 ist der Zeitraum eines Jahres. Engel bemerkte, daß die Veränderung bis zu einem gewissen Grade wenigstens den Veränderungen oder der Zunahme der Länge und des Gewichts der Menschen entspreche. So repräsentirt z. B. ein Knabe oder ein Mädchen von 5 Jahren 135 Einheiten, ein Knabe oder ein Mädchen von 10 Jahren 2.0 Einheiten, ein Mann von 26 Jahren 3,5 Einheiten, eine Jungfrau oder Frau von 20 Jahren 2,00 Einheiten.

Aus der tabellarischen Bearbeitung dieser Familieneinheiten nach Ordnungen, Klassen, Gruppen ergiebt sich nach Engel nun gleichsam von selbst das auf den großen Zahlen beruhende Gesetz der Ausgaben, welches er dem internationalen statistischen Institut in graphischer Darstellung vorführte. Er bemerkte, daß dieses Gesetz zugleich lehre, wie viel bei gegebenen Mitteln für jedwede Familie von einer oder der anderen Einheitenzahl für die verschiedenen Bedürfnisse des Lebens ausgegeben werden könne und dürfe. Nicht minder gebe dieses Gesetz Aufschluß, welche Kosten die Erziehung und Auferztehung der einzel nen Menschen in den verschiedensten Vermögensklassen verursache. Dr, Engel hofft, die Ergebnisse seiner Untersuchungen bald, in der n des internationalen statistischen Instituts veröffentlichen zu können.

Zur Wohnungsfrage. Zur Lösung der Wohnungsfrage für den Mittelstand, namentlich für Beamte, Kaufleute, Lehrer, überhaupt für Leute, welche auf ein bestimmtes Cinkommen angemiesen sind, hat sich, wie der. Wes. Ztg.“ geschrieben wird, am 5. Oktober in Ham burg eine „Hamburger Vereinigung zur Erleichterung des Erwerbes von Grundbesitz“ unter dem Namen „Eigenheim“ gebildet. Es handelt sich in diesem Falle nicht um eine Erwerbsgenossenschaft, sondern um ein menschenfreundliches Unternehmen, bei welchem jede Dividenden erzielung ausgeschlossen ist. Die Gesellschaft hat zwischen Hamburg und Bergedorf, an einer 13 Minuten von Hamburg entfernten Halte—⸗ stelle, genannt „Mittlerer Landweg“, ein Terrain von 600 000 4m srworben und erbaut dort Villenhäuser für 1200 Familien unter dem Namen einer kleinen Stadt ‚Eigenheim“, sodaß jeder Eigenthümer ein eigenes Häuschen, nach besonderem Stil, mit einem Garten hat, In ähnlicher Weise sollen demnächst auch Kolonien in der weiteren Umgebung Damburgs und Altonas erbaut werden. Die Baukapitalien werden durch Lebensversicherungen beschafft und durch Hergabe von Kapitalien zu einem billigen Zinspreise. Die Miethen werden kapitalisirt, sodaß nach 30 Jahren dem Erwerber, resp seiner Wittwe das Haus zins⸗ frei und unbeschwert gehört. Das Arrangement erfreut sich der Gunst der Behörden wie vieler Wohlthäter, welch letztere bereitwillig ein be⸗ deutendes Kapital eingeschossen haben. Es sind bereits vier Millionen Mart gezeichnet und schon haben sich über 300 Familien zur Ueber— nahme von Häusern gemeldet. Zur Arbeiterbewegung. t Die Verhandlungen der seit Dienstag in Leipzig enden Tarifkommission der deutschen Buchdrucker un wie ein Wolff'sches Telegramm mittheilt, gestern abge⸗ . worden, weil die Anträge der Gehülfen abgelehnt Furden, Nach dem Abbruch der Verhandlungen erklärte hh Vorsitzende Klinkhardt im Namen der Prinzipale, . der jetzige Tarif bis auf Weiteres Geltung habe n jeder nach demselben . Prinzipal als tariftreu 3 Der Vorsitzende des Unterstützungs-Vereins deutscher beichdiucter Döblin erklärte, daß auch die Gehülfenschaft . bet henden Tarif fernerhin als Grundlage der Entlohnung . pennen, gegen Entlassungen von Vereinsmitgliedern durch . n ale aber ihre Maßnahmen treffen werde. Ueber . isherigen Gang der Verhandlungen entnehmen wir m Bericht des „pz. Tgbl.“ Folgendes:

In der ,,, am Dienstag wurden die Berichte der Kreisvertreter über die Tarifverhältnisse entgegengenommen, welche ergeben, daß sowohl die Loön wie die Lehrlingsverhältnisse sich unter dem Wirken der Tarifgemeinschaft in den letzten zwei Jahren fast überall gebessert hätten, daß dagegen die Konkurrenzverhältnisse überall zu wünschen lassen. In der Nachmittagssitzung wurde in die Berathung der Abänderungs⸗ anträge zum Tarif eingetreten und zunächst eine allgemeine Besprechung über die Hauptforderungen der Gehülfen, die Verküczung der Arbeits⸗ zeit und die Erhöhung der Grundpositionen für das Berechnen, vorgenommen. In mehr als vierstündiger Debatte, versuchten die Parteien einander zu überzeugen, und insbesondere führten die Prinzipalvertreter ein Uebermaß von schwerwiegen⸗ den Gründen ins Feld, um die Gehülfenvertreter zu bestimmen, von der Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit abzustehen. Alles ver geblich! Die Gehülfen waren allen Vorstellungen unzugänglich. Am Mittwoch früh wurde in die Einzelberathung der Abänderungz⸗ anträge eingetreten und dieselbe bis Nachmittags gegen 5 Uhr bis zu, dem die Arbeitszeit regelnden Tarifparagraphen erledigt. Da hier, ebenso wie vorher schon bei dem die Grund⸗ positionen des Berechnen betreffenden 5. 2 die Forderungen der Gehülfen mit Stimmengleichheit abgelehnt und laut Geschäftsordnung zu nochmaliger Abstimmung zurückgestellt wurden, drohten, die Ge— hülfen mit Abbruch der Verhandlungen. Nach, einstündiger Ver⸗ tagung der Sitzung stellte sich heraus, daß die Gehülfen ein Entgegen⸗ kommen nicht zu bieten gewillt waren, und es wurden deshalb die Verhandlungen nochmals, und zwar auf Donnerstag vertagt.

„In der „Voss. Ztg.“ werden noch folgende Einzelheiten über diese Berathungen mitgetheilt:

Die Prinzipale schlugen eine Erhöhung der Grundpositionen um 7 oo, die alte Arbeitszeit, dreijährige Gültigkeit des Tarifs und eine neue Eintheilung ver Tarifgemeinschaft vor. Die bigherigen Löhne, welche das Minimum überschreiten, sollten hiervon unberührt bleiben. In kleinen Städten sollten Lohnabschläge gestattet sein. Zur Be⸗ rathung dieser Vorschläge wurde eine Unterkommission gewählt. Letztere schlug neun Stunden Arbeitszeit mit einer viertelstündigen Pause vor. Der Vorschlag wurde nicht angenommen. In Folge dessen wurden die Verhandlungen als aussichtslos abgebrochen. In den späteren Nachmittagsstunden sollte eine Versammlung der Dele— girten stattfinden, um über weitere Schritte zu berathen.

Gestern Abend fand in Leipzig eine Buchdrucker—⸗ Versammlung statt, welche nach einem Telegramm des „Vorwärts“ von 2500 Gehülfen besucht war und folgende von den Gehülfenvertretern empfohlene Resolution einstimmig annahm: „Die allgemeine Buchdrucker⸗Versammlung, welcher als Gäste die Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen an⸗ wohnen, erklärt im Anschluß an die Berichterstattung Seitens des Referenten über die Verhandlung der Tarifkommission, nach wie vor an den aufgestellten Forderungen ffestzuhalten, behält sich aber zur Durchführung dieser Forderungen die weiteren Schritte vor und setzt in die örtlichen leitenden Personen das Vertrauen, daß sie die Inter⸗ essen der Versammelten auch ferner voll und ganz wahr— nehmen werden“. Am Mittwoch Abend hatte bereits eine Versammlung ber in den Buchdruckereien und Schriftgießereien beschäftigten Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen statt— gefunden, über welche die „Lpz. Ztg.“ berichtet:

Es mochten sich 16—1860 Personen eingefunden haben, deren Mehrzahl dem weiblichen Geschlechte angebörte. Zweck der Versamm⸗ lung war die Heranziehung der Versammelten zur Lohnbewegung der Buchdruckergehülfen. Hr. Wittich forderte als Referent in einem Vortrage zur Betheiligung an dieser Bewegung auf. Eine von der Versammlung angenommene Resolution sprach sich in diesem Sinne aus. Hierauf wurden die von einer Kommisston formulirten besonderen Forderungen der Hülfsarbeiter und Arbeiterinnen des Buchdrucker und Schriftgießergewerbes bekannt gegeben. Sie be⸗ stehen in: neunstündiger Arbeitszeit, einem Mindestwochenlohn von 13 ƽ , für Punktirerinnen, 10 S für Einlegerinnen, 7 „S. für Auslegerinnen im Alter von unter 16 Jahren, 10 6 für ältere Auslegerinnen, 13 e für Handschleiferinnen und 10 S für Auf— setzerinnen. Der etwa vereinbarte Acgordlohn soll mindestens die Höhe des Wochenlohnes erreichen. Dieser Tarif, wurde von der Versammlung gutgeheißen und der Kommission mit dem Auftrage übergeben, ihn den Prinzipalen zu unterbreiten. .

Aus Paris wird der „Voss. Ztg.“ telegraphirt, daß sämmtliche 4 Glashüttenbesitzer der französischen Pro— vinzen ihre Fabriken geschlossen haben und ihre Oefen löschen werden, wenn die Glasarbeiter ihren begonnenen Aus stand fortsetzen. Auch die Pariser Fabrikanten wollen diesem Beispiel folgen, wenn ihre Arbeiter die 2200 Provinz- ausständigen unterstützen. (Vgl. das in der gestrigen Nr. 237 d. Bl. mitgetheilte Telegramm.)

Ueber den Ausstand auf den Londoner Werften be— richtet die Londoner „Allg. Corr.“:

Unter starkem polizeilichen Schutz ging am Mittwoch die Arbeit an der Carron« und der Hermitage⸗Werft einigermaßen von Statten. Hunderte von Schutz leuten sind aus anderen Londoner Polizei⸗ distrikten nach Wapping geschickt worden, wo die heiden Werften liegen. Die Besitzer bieten jetzt folgende Bedingungen an: auf der Werft beschäftigte Arbeiter sollen 30 Sh. die Woche erhalten, anf dem Schiffe beschäftigte 35 Sh. wenn sie sich auf 6 Monate ver⸗ pflichten. Die Mittagspause dauert 15 Stunde. Die Arbeitszeit beginnt um 6 Uhr Morgens und endigt um 6 Uhr Abends. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt somit 63 Stunden. Ueberzeit, d. h. ÄÜrbeit zwischen 6 Uhr Abends und 6 Uhr Morgens soll mit 8 Pence die Stunde berechnet werden. Den Ausständigen wurde am Mittwoch der Strikezuschuß von 10 Sh. per Mann aus— gezahlt; sie erhielten aber 13 Sh, weil eine nicht unbedeutende Summe auf den Straßen und in den Häusern zu ihrem Besten gesammelt worden war. Tom Mann, der Praͤsi⸗ dent des Gewerkvereinz der Dockarbeiter, erklärte am Dienstag auf dem Jahresessen des Gewerkvereins der Seeleute und Heizer: man befinde sich am Vorabend einer großen Katastrophe. Die Gründung des Rhederbundes habe die Gründung des Bundes der Gewerkoereine zur Folge gehabt. Der letztere sei den Kapita⸗ listen gewach en, dennoch mahne er zur Mäßigung und zum Vergleich.

Die belgische Arbeiterpartei hat, wie der Hamb. Corr.“ berichtet, eine cooperative Genossenschaft mit 0 900 Francs gegründet, um neben ihrem bisherigen kleinen Organ „Peuple“ ein iäglich in Brüssel erscheinendes großes politisches Parteiblatt heraus zugeben. Tausend Antheilscheine von je 50 Franetz werden zur Unterzeichnung gestellt.

Aus Ottawa (Canada) wird der Londoner „Allg. Corr.“ unter dem 7. d. M. telegraphirt, daß der Ausst and der Arbeiter in den Holzsägewerken von Buell, Orr und Hardman beendet und die Arbeit wieder aufgenommen ist. (Vgl. Nr. 225 d. BÜ.) Die Firma bewilligte die Forderung der Ausständigen nach cinem Arbeitstag von 16 anstatt 11 Stunden, lehnte die verlangte Wochenzulage von 50 Cents jedoch ab. Der Ausstand beschränkt sich nunmehr nur noch auf drei Holzsägewerke, in denen allerdings in der Regel nicht

1891.

weniger als 39900 Mann thätig sind und deren Eigenthümer, wie sie , nicht daran denken, den Forderungen ihrer Arbeiter nach⸗ zugeben.

Bekämpfung der Trunk sucht.

Wie aus London gemeldet wird, gab in der am Dienstag dort abgehaltenen Viertel jahrsversammlung der „Gesellschaft zum Studium der Trunksucht“ der Vorsitzende, Dr. meld Norman Kerr, seiner Zu⸗ friedenheit über den Umjchwung Ausdruck, welcher in der öffent⸗ lichen Meinung zu Gunstn einer radikaleren gegen die Trunksucht gerichteten Gesetzgebung eingetreten sei. Man sei allgemein zu der Ansicht gelangt, daß Trinker, welche die Macht über sich verloren hätten, freiwillig um Aufnahme in ein Trinkerasyl einzukommen, zwangsweise dazu angehalten werden mäßten. Schon hätten verschiedene britische Kolonien, dem von anderen Ländern gegebenen Beispiel folgend, Zwangsgesetze für Trinker ein—⸗ gesührt. Es sei an der Zeit, auch in England entschlossen dahin zu agitiren, daß der ursprünglich von ärztlicher Seite ausgegangene Vor⸗ schlaz, Gewohnheitstrinker zwangsweise in Trinkerasyle überzuführen und bis zu ihrer Genesung dort zu halten, zum Gesetz erhoben werde. Auf. Vorschlag des Redners faßte der Kongreß den Beschluß, Petitionen in diesem Sinne eirkuliren zu lassen und sie, mit den Unterschriften von Privatpersonen, Medizinern und Vereinsvorständen bedeckt, dem Parlament zu überreichen. Dem Redner folgte Dr. W. Wynn⸗Westeott, Leichenbeschauer für Central - London und Middlesex, mit einem Vortrag über ‚Alkoholvergiftung in London und daraus resultirende Herzkrankheit“, in welchem er sich über 1900 von ihm selbst abgehaltene Leichenbeschauungen ausließ. Zwei Fünftel hier⸗ von entfielen auf Kinder und junge Personen unter 16 Jahren, die nicht in Betracht kommen könnten. Unter den übrigen drei Fünfteln, also unter 1150, hätten sich 255 Fälle befunden, in denen die Aerzte als direkte Todesursache Alkoholvergiftung angegeben. Unter 4,5 Todesfällen sei mithin ein Fall von Alkoholvergiftung. Von den erwähnten 255 Personen hätten 38 Selbstmord begangen, 47 ihren Tod zufällig gefunden und 170 seien aus natürlichen oder unnatür— lichen Ursachen, davon 73 an Herzverfettung, gestorben.

Kunst und Wissenschaft.

** Im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum ist für kurze Zeit die Ghückwunschadresse ausgestellt, welche die in Moskau ansässigen Deutschen dem russischen Kaiser⸗ paar zur Silberhochzeitsfeier am 9. November d. J. zu über⸗ reichen gedenken. Die Ausführung der Pergamentadresse in einem lostbaren Rahmen aus farbigem Ledermosaik ist der Königlichen Hof-Buchbinderwerkstatt von Collin übertragen, der zu ihrer Aufbewahrung aus Ebenholz und Rosenholz mit reichen Silberbeschlägen hergestellte Schrein ist in den Werk— stätten von Riezelmann, Feldmann und E. Holmich gearbeitet worden.

Vas Königliche Kunstgewerbe⸗Museum veranstaltet wie in den vergangenen Jahren in den Monaten Oktober und No—⸗ vember wiederum zwei Reihen von öffentlichen Vorträgen, die am 12. bezw. 13. d. M. beginnen und im nächsten Quartal fortgesetzt werden. Es werden sprechen: Montags: Dr. A. G. Meyer über Deutschland, Kulturleben im Mittelalter; Dienstags: Dr. Max Schmid über Technik und Geschichte der graphischen Künste. Die Vorträge finden wie bisher Abends von 83 bis 97 Uhr im Hör— saal des Königlichen Gewerbe⸗Museums statt; der Zutritt ist un⸗— entgeltlich. Von Januar 1392 an werden zwei weitere Reihen von Vorträgen eröffnet werden. Ausführlichere Programme der Vorträge werden im Bureau des Museums ausgegeben.

Der vorgeschichtlichen Abtheilung des Museums für Völkerkunde sind, wie die ‚N. Allg. Ztg.“ mittheilt, interessante Funde aus Westpreußen als Geschenke zugegangen. Ritterguts—⸗ besitzer A. Treichel auf Hoch-⸗Paleschken, Kreis Berent, hatte in den letzten Jahren auf seinem Grunde mehrere Steinkistengräber geöffnet und ausgegraben und dabei eine Reihe größerer Urnen zu Tage ge⸗ fördert, die er bei einem Besuch des Konservators des genannten Museums, E. Krause, dem Museum als Geschenk überwies. Unter diesen Gefäßen befinden sich seltene Formen, die um so erwünschteren Zuwachs bilden, da diese Gegend in dem Museum noch schwach ver treten ist. Hr. Treichel schenkte ferner einen auß einem Eichenstamme gefertigten Einbaumkahn, der in einem Bruche gefunden wurde, ferner einen Mahlstein aus Granit, sogenannte „Hunenhacke“, welchen ei auf der Chaussee bei Grenzmühle zwischen Groß und Klein⸗Klincz, Kreis Berent, fand. Der Vermittelung desselben Herrn verdankt das Museum als Geschenk des Lehrers Bensch in Neu— Barkoschin. Kreis Berent, eine Urne, mit sehr eigen artigem Stöpseldeckel. Der Deckel hat die Gestalt einer über die Urne gestülpten tiefen Deckelschale, hat jedoch innen einen breiten, ringförmigen Ansatz, welcher stöpselartig tief in den Hals des Gefäßes eingreift. Das Gefäß ist unweit Neu Barkoschin in einem Steinkistengrab gefunden. Der genannte Museumsbeamte besuchte mit Hrn. Treichel die sehr interessante Fundstelle. Die Urnen stehen in Steinkisten, d. h. in etwa 1 m großen vierkantigen Hohlräumen, welche aus flachen Steinen hergestellt und mit gleichen Steinen bedeckt sind. Ueber diesen Steinkisten sind aus größeren und kleineren Steinen Hügel aufgeführt bis zu 10 m Durchmesser und 13 m Höhe, Ein Kranz sehr großer Steine umgiebt, jeden Hügel, Das Gräberfeld ist so groß und so reich an Feldsteinen, das es jetzt als Steinbruch benutzt wird, zu welchem Zwecke ein Unternehmer eine eigene Feld⸗ bahn von weit über ein Kilometer Länge gebaut hat. In den bisher zersltörten Gräbern wurden meist durch den Druck der Steine zerstörte Gefäße gefunden, darunter aber schön geformte und reich verzierte, zum Theil mit schwarzer blanker Oberflache. In den Leichenbrand⸗ resten in den Urnen wurden nur sehr wenige Beigaben, einige Bronze⸗ Ohrringe und ein kleiner Bronze⸗Armring entdeckt. Kleine Nach⸗ grabungen durch die oben genannten Forscher mit den Hrrn. Pfarrer Dedlow und Lehrer Bensch ergaben ähnliche Funde, besonders ein zweites Exemplar eines Stöpseldeckels, sowie verzierte Scherben. Die Fundstücke gehören etwa dem 3. bis 4. Jahrhundert vor Christo an. Für die Bergung weiterer Funde ist Vorsorge getroffen.

Der Alterthumsverein in Kempten läßt auf dem Linden berg, am rechten Illerufer, der Stadt Kempten unmittelbar gegenüber liegend, neue Ausgrabungen vornehmen, die abermals . er⸗ folgreich sind. Auf der weiten Hochplatte des Lindenberg waren be⸗ reits früher die Grundmauern des Forums und verschiedener daran angrenzender Gebäude der Römerstadt Campodunum aufgedeckt wor⸗ den. Die neuen Ausgrabungen haben, wie das „Chm. Tabl. meldet, den Plan der alten Stadt wieder beträchtlich erweltert, und man hofft, mit der Zeit das Bild einer römischen Stadtanlage zu gewinnen, wie es diesseifs der Alhen nicht leicht anderswo hergestellt werden kann. Es ist dies dem glücklichen Zufall zu Lanken, daß die spätere Stadt Kempten nicht über den Resten der römischen Niederlassung erbaut wurde, sodaß man also die Grundlagen der letzteren im Zusammen⸗ hang ausgraben und deren Grundrisse aufnehmen kann. Kleinfunde sind auch bei diesen Ausgrabungen nur wenige gemacht worden.

8. Am Dome zu Freiberg i. S. hat die Königlich sächsische Baubehörde jetzt Arbeiten begonnen, um die berühmte Goldene Pforte gegen die Bodenfeuchtigkeit zu schützen. Dabei wird u. A. der Sockel der Pforte aus Grüllenburger Sandstein hergestellt. Beim Entfernen der alten westlichen Sockelsteine hat man nun am B. d. M.