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Für den Hochseligen König Karl von Württem⸗— berg fand heute Vormittag in der Kapelle des Domkandidaten⸗ stifts ein von der hiesigen württembergischen Gesandschaft ver⸗ anstalteter Trauergottesdienst statt. Die württember⸗ gische Gesandtschaft war durch den Gesandten von Moser, den Militärbevollmächtigten Oberst⸗Lieutenant von Neidhardt und den Direktor Dr. von Stieglitz vertreten. Im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs war der General à la suite Graf Wedel erschienen, im Auftrage Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich der Hofmarschall Freiherr von Reischach. Der Trauerfeier wohnten ferner bei: der Reichskanzler von Caprivi, der Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums, Staats⸗ sekretär von Boetticher, die Stagtssekretäre Freiherr Marschall von Bieberstein und Freiherr von Maltzahn, der sächsische Gesandte Graf Hohenthal, die Gesandten von Hessen, Baden und Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, der hanseatische Minister Dr. Krüger, der Oberst von Schlieben und andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, der Kommandant von Berlin, General Graf Schlieffen, der General von Lattre und andere hohe Militärs. Das Offiziercorps der Württemhergischen Eisenbahn⸗-Compagnie und die hierher kommandirten württembergischen Offiziere waren vollzählig erschienen, die Mannschaften waren durch eine Abordnung vertreten. Ferner wohnten der Feier bei: der xussische Botschafter Graf Schuwalow, der Präsident des Reichs-Eisenbahnamts Schulz, der Vize⸗Präsident des Rechnungshofs des Deutschen Reichs Mand, sowie zahl⸗ reiche hier lebende Württemberger. Der Henneberg'sche Chor eröffnete die Feier mit der Hymne Selig find die Todten“, und der Militär-Oberpfarrer B. Frommel hielt die Gedächtnißrede, welche an die Psalmenworte „Der Herr ist die Stärke, die seinem Gesalbten hilft“ anknüpfte. In herzlicher Weise wandte sich der Geistliche besonders an die Männer und Frauen des Schwabenlandes, „die herge⸗ kommen, um einen Kranz der Liebe an der stillen Gruft des geliebten Herrschers niederzulegen und das Gelübde der Treue zu erneuern“.
In der Presse ist in der letzten Zeit mehrfach die Nach— richt von Unruhen in Guatemala verbreitet gewesen. Nach einem hier eingetroffenen amtlichen Telegramm ist die Ruhe daselbst nicht gestört worden.
Der Kaiserliche Botschafter am Königlich italienischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf zu Solms-Sonne⸗ walde ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Rom zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Botschafter am Königlich spanischen Hofe, Freiherr von Stumm ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Madrid zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Alvensleben ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Brüssel zurück— gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über nommen.
Bayern. München, 16. Oktoher. Ihre Majestät die Kaiserin ,, unh Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin argarethe von Preußen sind gestern in Hohen⸗ schwangau , . Von dort gedenkt Sich Ihre Majestät über Innsbruck nach Trient zu begeben.
Württemberg.
Stuttgart, 16. Oktober. Auf die . welche die ,. Kollegien der Stadt Stuttgart an Ihre Majestät die Königin Olga anläßlich des Hingangs Seiner Majestät des in Gott ruhenden en Karl gerichtet haben, ist gestern, wie der „St.. f. W.“ meldet, von Ihrer Majestät folgendes Handschreiben bei dem Ober-Bürgermeister Dr. von Hack eingelaufen:
Werther Herr Ober⸗Bürgermeister Dr. von Hack! In dem unsäg—⸗ lichen Leide, das Mich betroffen, haben Mir die vielfachen, von allen Seiten entgegengebrachten Beweise der Theilnahme unendlich wohl gethan. Aber unter all diesen zahlreichen Kundgebungen des Beileids, welche das Andenken Meines unvergeßlichen Gatten so tief in die Herzen seiner Untertbanen gegraben erscheinen lassen, hat Mir keine zum größeren Troste gereicht, keine Meinen Schmerz mehr gelindert, als die warmen Worte, welche Sie, werther Herr Ober⸗Bürgermeister, im Namen der Stadt Stuttgart an Mich ge— richtet haben. War doch Mein theurer Gemahl bis in sein innerstes Herz hinein ein treuer Württemberger und guter Stuttgarter. Das Wohl seiner Residenzstadt, mit welcher die liebsten Erinnerungen seines Lebens aufs Engste verwoben waren, ihr Blühen und Gedeihen und auch ihre Verschönerung lagen ihm stets nah am Herzen, und kein durch seine Schönheit noch so berühmter Ort war in seinen Augen vergleichbar mit seiner theuren Heimath. Diese Ge— fühle sind auch in Mein Herz übergegangen und die Jahre, welche Mir von der Vorsehung unter Ihnen zu leben bestimmt sind, will Ich gerne ausnützen, um im Sinne des hohen Entschlafenen zu wirken und, soweit Meine Kräfte reichen, die Noth der Armen und Leidenden der Stadt zu mildern. Mit wohlgeneigten Gesinnungen
Ihre Königin
Olga. Stuttgart, den 15. Oktober 1891.
Gestern traf hier eine Deputation des Kgiserlich russischen
16. Dragoner⸗Regiments König Karl von Württemberg, ein, bestehend aus dem Abersten und Flügel⸗Adiutanten Sergei Bibicow und dem Regiments Adjutanten Lieutenant Victor Bibicow.
Elsaß⸗Lothringen.
Das in Nr. 243 des „R. u. St.⸗A.“ bereits kurz er⸗ wähnte Schreiben des Reichstags⸗Abgeordneten Dr. Hoeffel an die „Straßb. Post“, worin er es ablehnt, an dem Friedens⸗— kongresse in Rom theilzunehmen, hat folgenden Wortlaut:
Buchsweiler, den 14. Oktober 1891.
Die bekannte Veröffentlichung Bonghi's widerspricht so voll⸗ ständig meinen politischen Ueberzeugungen, daß ich meine Theil⸗ nahme an dem Friedenskongreß durch ein motivirtes Schreiben an den Schriftfübrer des Comités Marchese Pandolfi abgelehnt habe.
In der mir zugegangenen Einladung erinnert Herr Bonghi, als Vorsitzender des dirigirenden Comitss, an die Beschlüsse, die als
Grundlage jeder Erörterung bei den bevorstehenden Verhandlungen
dienen sollen. In dem ersten Beschluß heißt es wörtlich:
„Die Mitglieder der interparlamentarischen Konferenz empfehlen dringend den Regierungen aller civillsirten Länder die Abschließung von Verträgen, durch welche, ohne daß ein Eingreifen in ihre Un . abhängigkeit und eine Einmischung in ihre innere Verfassung zuge⸗
lassen würde, sie sich verpflichten würden, die Regulirung sämmtlicher unter ihnen vorkommenden Streitigkeiten einem schiedsrichterlichen Urtheil zu unterwerfen.“
Nun schreibt derselbe Herr Bonghi ‚über den gegenwärtigen Zwist zwischen Frankreich und Deutschland, wer der legitime Besitzer Elsaß Lothringen sein soll
Herr Bonghi hat offenbar den Friedensvertrag von Frankfurt, den die legitimirten Vertreter beider Nationen in feierlicher Form abgeschlossen haben, vergessen und merkt nicht. daß er durch seine Zu⸗ schrift nicht Krieg dem Kriege, sondern Krieg dem Frieden als Gin⸗ leitung zum Friedenekongreß erklärt.
Daß Bonghi als künftiger Leiter des Friedenskongresses andere Ansichten vertreten wird, als diejenigen, die er in seinem Schreiben als Denker ausspricht, ist wohl kaum annehmbar
Dat Reichs land hat lang genug durch Ungewißheit und Schwanken gelitten, sodaß es hobe Zeit ist, daß solche Fragen, die Herr Bonghi aufwirft, die Gemüther nicht immer wieder auf das Neue aufregen. Die Zeit, der große Melster, hat auch hier das Stadium der Versöh— nung herbeigeführt: eine neue Generation ist herangezogen, die von Frankreich aus eigener Anschauung nichts mehr weiß, und von den Aelteren hat sich die große Mehr zahl mit den bestebenden Verhältnissen ehrlich ab— gefunden. Herr Bonghi scheint von dieser Thatsache leine Ahnung zu haben. Die Quelle feiner Jafor mation über die reichs lãnd ischen J ist nicht geeignet gewesen, ihm ein unparteiisches Bild zu bieten. ;
Bei der jetzigen Sachlage werden sich wohl wenige Deutsche ent⸗ schließen können, dem Kongreß noch weiter beizutreten; ich habe meinersens, bei der festen Gewißbeit, daß seder aufgeworfene Zweifel an der Dauer der neuen Verhältnisse bei der Bevölkerung Elsaß ˖ Lothringens nur von Schaden sein kann, bereits Abstand davon ge—
nommen. Dr. Hoeffel, Mitglied des Reichstages.
Oefterreich⸗Ungarn.
Wien, 17. Oktober. Die „Neue freie Presse“ erfährt aus zuverlässiger Quelle, der kommandirende General des III. Armee⸗Corps zu Graz, Feldzeugmeister Herzog Wil⸗ helm von Württemberg beabsichtige, in Folge Ablebens des Königs Karl von Württemberg, wenn auch nicht aus der österreichischen Armee auszuscheiden, so doch Allerhöchsten Orts die Bitte vorzubringen, ihn von der gegenwärtigen Anstellung und dadurch von der Friedens-Dienstleistung zu entbinden.
Ueber das Jubiläum des K. und K. Infanterie— Regiments Nr. 34 „Kaiser Wilhelm“ in Leutschau be⸗ richtet die „Kaschauer Ztg.“. Wiewohl das Regiment gegen⸗ wärtig mit dem Regimentsstabe, dem 1. und 4. Bataillon in Leutschau, dem 2. Bataillon in Kaschau und mit dem 3. Bataillon in hl stationirt ist, haben doch an der Feier fast alle Offiziere des Regiments theilgenommen. Auf Befehl Seiner Majestät des Deutschen Kaisers trafen am 10. 8. M. in Iglo ein: der Militär⸗Attaché Oberst⸗Lieutenant von Deines, als Vertreter Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm II., und eine Deputation des Kaiser Franz⸗Garde⸗ Grenadier⸗Regiments, bestehend aus dem Oberst-Lieutenant von Hugo und dem Lieutenant von Winterfeld. Die Deputation wurde auf dem . von dem Offizier⸗ Corps des 34. Regiments aufs Herzlichste empfangen und begab sich in dessen Gesellschaft nach Leutschau. In Leutschau harrte der deutschen Offiziere ebenfalls der wärmste Empfang; durch eine Triumphpforte zogen sie in die festlich beleuchtete und dekorirte Kaserne ein, wo in der Menage der Bekanntschaftsabend abgehalten wurde. Die , Feier begann mit der Parade am Exereirplatz am 11. d., M. Vor⸗ mittags, zu welcher sich nebst den Angehörigen des Regiments und den deutschen Gästen der Bürgermeister Münster von Kaschau, der Zipser Ober-Gespan, der Gerichtshof⸗Präses, die Bürger⸗ meister von Leutschau und Iglo und andere offizielle Persön— lichkeiten eingefunden hatten. Nach einer an das Regiment gehaltenen, auf die Bedeutung der Feier bezüglichen Anrede des Regiments⸗Kommandanten Obersten von Königsbrunn wurden von dem Oberst⸗Lieutenant von Deines statt der alten die Fahnenbänder, welche der hohe In⸗ haber dem Regiment spendete, an die Fahne ge⸗ heftet. Nach der Parade fand ein Dejeuner im Offiziers⸗Kasino, Nachmittags ein Diner im Komitaissaale statt. Bei diesem brachte zuerst der Regiments-Kommandant ein R auf Ihre Majestäten die Kaiser Franz Joseph und
ilhelm II., dann der Corps-Kommandant F3M. von Braumüller ein solches auf das Regiment, hierauf der Vertreter Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm, der ein Begrüßungs⸗ Telegramm seines Monarchen erhielt und verlas, ein Hoch auf das Regiment und die österreichisch ungarische Armee aus. Die Feier verlief auf das Würdigste. . as Abgeordnetenhaus nahm nach einer Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung mit 173 gegen 31 Stimmen, also mit mehr als der erforderlichen Zweidrittel⸗ Mehrheit, die Anträge des Budgetausschusses auf Abkürzung der Budgetdebatte an, nachdem der Generalredner für die An⸗ träge Dr. von Plener den Einwendungen der Jung—⸗ czechen gegenüber erklärt hatte, daß in der Abkürzung der. Budgetdebatte keine Einschränkung der parlamen— tarischen Rechte liege. In seiner Rede erklärte Dr. von Plener auch, seine in Eger gehaltene Rede sei kein Kampfruf gewesen, sondern eine Versicherung der Treue zu den Wiener Ausgleichspunktatio nen. Die Deutschen seien für den Frieden im Lande und zu einem Entgegenkommen in der Frage der Landtagswahlordnung bereit, allein sie müßten auf dem Zustandekommen des Kuriengesetzes bestehen, welches die nationale Existenz der Deutschen in Böhmen garantire.
Der Klub der gemäßigten Oppositilon des unga—⸗ rischen Unterhauses beschloß der „Presse“ zufolge, die Indemnitätsvorlage mit der Motivirung abzulehnen, daß, abgesehen davon, daß die Partei kein Vertrauen zur Regierung hege, die Indemnität diesmal auf eine ungewöhn⸗ lich lange Zeit gefordert werde.
Großbritannien und Irland.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, würden weder von der britischen noch von der indischen Regierung in der Pamirfrage Schritte unternommen werden, bevor der Reisende Jounghusband zurückgekehrt sei, da von diesem erst genauere Informationen über die dortige ihatsächliche Lage eingeholt werden sollen. Das Gerücht über die Regelung der Pamirfrage durch eine Kommission, die mit der Grenz⸗ absteckung betraut sei, sei verfrüht; ein derartiger Vorschlag sei noch nicht erfolgt. ;
Der Daily News“ zufolge hat Lord Salisbury die Leitung des Unterhauses und den Posten eines Ersten
Lords des Schatzamts . dem Ober⸗Sekretär Bal fo ur angeboten. Sollte derselbe das Amt annehmen, so würde der Finanz⸗Sekretär des , Jackson zum Ober⸗Sekretaͤr des Vize Königs von Irland ernannt werden. Herr Balfour würde durch diese Ernennung sein Mandat für Manchester nicht einbüßen, da er schon ein Kronamt innehat und dasselbe nur mit einem andern ver⸗ tauscht. Anders liegt der . bei Herrn Jackson, dem Abge⸗ ordneten für Leeds. Der Sekretär des Schatzamts wird von den Lords des Schatzamts ernannt und bekleidet deshalb kein Kronamt. Herr Jackson würde sich somit einer Wieder⸗ wahl unterziehen müssen.
Der Parlaments⸗Abgeordnete Pierce Mahony wurde am 15. 8. M. auf einer in Dublin abgehaltenen Versammlung von den Parnelliten als Führer der Partei begrüßt. Mahony erklärte, daß die Niederlagen ihn nicht wankend machen würden. Die Sache erheische Opfer; wer die Wege Parnell's weiter ver⸗ folgen wolle, müsse bereit sein, solche zu bringen. Die Gegner drohten, die Parnelliten um alle Parlamentsmandate zu bringen. Wohlan, wenn die Partei auch nicht einen Ver—⸗ treter im Unterhause besitze, so bestehe sie dennoch fort und habe ihre sichere Stütze an allen unabhängig denkenden Männern. Nur diese könnten die Befreiung Irlands durch
setzen. — Während sämmtliche 31 parnellitischen Abgeordneten
ihrem Führer die letzte Ehre erwiesen, haben zwei der⸗ selben das letzter Tage veröffentlichte Manifest nicht unterzeichnet. Es sind dieses die Abgeordneten Mac⸗ donald und Oberst Nolan. — Keine der beiden geg— nerischen Parteien hat sich bis jetzt für einen Kan⸗ didaten in Cork, dem Wahlkreise des verstorbenen Parnell, schlüssig gemacht. Der patriotische“ „Cork Examiner“ räth, eine Konvention von Priestern und Volk zu dem Zwecke abzuhalten. Das Blatt giebt William O'Brien den Vorzug und hätte auch gegen Michael Davitt nichts einzuwenden. Der Letztere trifft dieser Tage von Amerika in Irland ein.
Der neue General⸗Postmeister Sir 6 Fergus son hat, der „A. C.“ zufolge, eine strenge Untersuüchung an⸗ geordnet, um festzustellen, ob die Beschwerde des Anwalis des flüchtigen Abgeordneten, de Cobain begründet ist, daß Briefe von ihm und seinen Klienten auf der Post geöffnet worden seien.
Frankreich. ö
Paris, 16. Oktober. Die kirchlichen Blätter veröffent⸗ lichen heute ferner die Protestantworten der Bischöfe von Autun und Clermont gegen oas Cirkular des Kultus⸗ Ministers, betreffend die Einstellung der Pilgerfahrten nach Rom, sowie ein Schreiben des Bischofs von Grenoble an den Bischof Freppel, worin dieser dem Protest des Letzteren zustimmt. Nach einer der „Nat. Ztg.“ zugegangenen Mitthei⸗ lung hätte die Regierung beschlossen, diej⸗nigen Bischöfe, welche das Rundjchreiben des Kultus-Ministers ungebührlich beantwortet hätten, zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Minister Ribot und Jules Roche vertheidigten, wie „W. T. B.“ berichtet, in der Zoll kommission des Senats den von der Kammer genehmigten Gesetzentwurf, be⸗ . die unverzügliche Anwendung des Zolles von 26 Fr. auf gesalzenes Schweinefleisch. Mehrere Mitglieder der Kom⸗ mission bekämpften den Gesetzentwurf. Der Präsident Jules Ferry schlug vor, die Berathung auf morgen fest— zusetzen. Der Antrag wurde mit 8 gegen 5 Stimmen ab⸗ gelehnt, Angesichts dieses Resultats sprach Ferry die Absicht aus, sein Amt als Präsident niederzulegen.
Nußland und Polen.
Die „Now. Wr.“ berichtet, daß mit dem 1. (13.) Oktober das einstige Comité für finn ländische Angelegen— heiten beim Staatssekretariat des Großfürstenthums Finnland in St. Petersburg zu existiren aufgehört hat. .
Die „Birss. Wed. erfahren, daß in der dieser Tage stattfindenden ersten Sitzung des Reichsraths die Frage der Errichtung eines Acker bau-Ministeriums berathen werden soll. Es liegen in dieser Sache bereits mehrere um⸗ fangreiche Denkschriften hervorragender Staatsmänner vor. — Auch die Frage der Gründung eines besonderen Handels⸗Ministeriums ist aufs Neue angeregt worden. Die Gesellschaft zur Förderung russischen Handels und Ge⸗ werbefleißes hat sie an die Spitze ihrer Tagesordnung gestellt und wird darüber in diesem Herbst eingehend a n
Die „Pet. Wed.“ erfahren, daß zur Bekämpfung des Nothstandes, und zwar nicht bloß im Augenblick, sondern
auch für die Zukunft eine Reihe neuer Maßnahmen ge—⸗
plant und in Angriff genommen werden. In erster Linie komme das oben bereits erwähnte Projekt eines Ackerbau⸗ Ministeriums zu stehen. Sodann sei von der Ausfüh⸗ rung früher schon geplanter Maßnahmen die Rede, nameni⸗ lich von der obligatorischen Herrichtung gedeckter Lagerplätze für Getreide an den Eisenbahnstationen und der Car.
einer strengen Kontrole über die Getreidetransporte au
Eisenbahnen, die unter die Aufsicht besonderer Kommissionen für jede einzelne Bahn gestellt werden sollen. Diese Kom⸗ missionen sollen aus Repräsentanten der Landschaften (zwei aus jedem Kreise), der Getreideinspektion, der örtlichen Eisen⸗ bahn⸗Instanz, der Duma u. A. bestehen; als Präsident würde eine vom Finanz-Minister ernannte Persönlichkeit fungiren, und alle Kommissionen zusammen sollen dem Eisenbahn⸗Departe⸗ ment des Finanzressorts untergeordnet werden. Was die Kosten der oben erwähnten verschiedenen Schutzbauten betrifft, so sollen sie aus einem sofort zu bewilligenden Darlehen be⸗ stritten werden, das durch die Steuer von ie Kopeken pro Pud Traneportgetreide gedeckt werden soll.
Italien.
Der Deputirte Bonghi hat nunmehr, — wie anzunehmen ist, in Folge des unliebsamen Aufsehens, welches seine wiederholt erwähnten Erklärungen über in,, gemacht haben, — laut Meldung, des W. T. B.“ aus Rom sein Amt als püiovisorischer Präsident des Comités für den interparlamentarischen Friedens⸗ kongreß niedergelegt und das Comits eingeladen, die Er⸗ nennung des definiliven Präsidenten vorzunehmen. Das Comits hat die Mittheilung zur Kenntniß genommen und wird alsbald zur Wahl eines definitiven Präsidenten schreiten.
Die Anzahl der gültigen Unterschriften für das Refe⸗ rendum egen den Ankauf der Centralbahn betrug gestern 91 698, d. h. etwa 14 Proz. der Stimmberechtigten.
Die von dem Staatsrath des Kantons Tessin auf Ver⸗ anlassung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten
vergenommene Untersuchung bezüglich der Gerüchte von chweren Grenzverletzungen durch italien ische Alpini hat, wie, W. T. B.“ meldet, in unzweifelhafter Weise deren
Unbegründetheit ergeben. ;
Zu dem Fall Buzzi bringt der Berner „Bund“ fol⸗ gende Mittheilung:
Man liest in verschiedenen Zeitungen, der Bundesrath habe bei der Tessiner Regierung Informationen verlangt wegen des Falles Buzjt, und darauf sei ihm die Antwort zu Theil geworden, er habe sich in diefe rein kantonale Angelegenheit gar nicht zu mischen. Das ist durch⸗ aus unrichtig. Der Bundesrath erbielt am Montag früh eine Depesche von Mendrisio, welche den Vorfall meldete und die Intervention des Bundes nachsuchte. Diese Depesche wurde der Tessiner Regierung übermittelt mit dem Begehren um Auskunft in der Angelegenbeit. Diese Auskunft wurde auch sofort ertheilt, indem die Tessiner Re⸗ gierung durch den Sindaco von Mendrisio, Borella, bereits von dem Verbrechen in Kenntniß gesetzt worden war und ihre ersten Anordnungen gejroffen hatte, Der Regierungsstatthalter Ginella ließ sich erst Mittags auf besondere Einladung hin vernehmen. Der Friedensrichter und der Sindaco hatten die Untersuchung sofort eingeleitet; der Untersuchungs⸗ richter des Bezirks, Primavesi befand sich in Locarno. Er wurde ersetzt durch den kantonalen Untersuchungsrichter Lotti. Es wurden Hautsuchungen in Mendrisio vorgenommen, und die Regierung ließ in Alessandria. Come, Marseille auf die Brüder Ortellt fahnden. Man bat noch keine Spur von denselben. Das Begräbniß Buzzi 's war eine große Kundgebung. Das versammelte Volk faßte eine Refolution, in welcher es Gerechtigkeit und Absetzung des Regierungsstatthalter Ginella und, des Untersuchungsrichters Primavest verlangte. Die Ruhe ist zurückgekehrt. ⸗
Aus Bellinzona vom 15. d. wird demselben Blatt berichtet:
Ohne das energische Dazwischentreten einiger gut gesinnter Bürger hätte das Begräbniß des unglücklichen Buzzi ein frauriges Nachspiel haben können. Die in großer Anzahl herbeigeeilten Liberalen erhielten Kenntniß davon, daß sich bewaffnete Konservative auf dem Thurm bei Mendrisio angesammelt hätten. Es entstanden sofort drohende Manifestationen vor dem Thurm und dem Gerichtsgebäude. Die Menge verlangte mit lauter Stimme die Entfernung des Präfekten Ginella, des Untersuchungtrichters Primavesi, der Landjäger, welche die Mörder Bu ngi's entfliehen ließen, und der im Thurme versammelten Konfer⸗ vativen. Man parlamentirte mit dem Sindacos Borella und mit dem Untersuchunggrichter Lotti. Die Konservativen wurden entwaffnet und die Menge zerstreute sich Am Abend besorgte ein aus beiden Parteien ,, Freiwilligen ˖ Corps in Gemeinschaft mit der Gendarmerie den Polizeidienst und alles blieb ruhig.
Amerika.
Argentinien. Nach einem Reuter'schen Telegramm aus Buenos ⸗Aires entstand dort am Donnerstag Abend in Folge des Gerüchts, General Mitre habe gedroht, seine Bewerbung um die Präsidentschaft zurückzuziehen, eine gewisse Beunruhigung; man glaubt indessen, daß Mitre diefe Absicht nicht aufrecht erhalten werde. Bisher herrscht überall Ruhe; die Behörden haben jedoch Vorsichtsmaßregeln getroffen. — Die Gesetze, betreffend die Gründung einer National—⸗ bank von Argentinien sowie die Liquidirung der vormaligen Nationalbank, sind nach erfolgter Genehmigung Seitens ö. Kammern am 16. d. veröffentlicht worden.
Kunsft und Wissenschaft.
t Der Königlichen National⸗Galerie ist durch testamentarische Bestimmung die Ge mälde⸗ und Aqua rel len⸗ Sammlung des een. verstorbenen Chemikers Wagner, eines Sohnes des schwedischen Konsuls J. H. Wagner, zu⸗ 6 dessen hochherzige Stistung aus dem Jahre 1851
ekanntlich den Grundstock der genannten staatlichen Samm⸗ lung bildet. ö
F Die gegenwärtige Ausstellung von Schüler— arbeiten der Unterrichts-Anstalt des Königtichen Kunstgewerbe-Museums und der Königlichen Kunst— schule unterscheidet sich kaum in wesentlichen Punkten von ihren Vorgängerinnen. Beide unter der Leitung Professor E. Ewgld 's stehende Institute haben nahverwandte Ziele: die künstlerische Erziehung unserer Kunsthandwerker, die Vor— bereitung begabterer Schüler für den Beruf des Zeichen⸗ lehrers und . das Studium auf der Kunst-Akademie. Preußen ist in die Bewegung zu Gunsten der staat— lichen Ausbildung kunstgewerblicher Kräfte verhältnißmäßig spät eingetreten und hat sich die in Frankreich und DOesterreich auf diesem Gebiete gemachten Erfahrungen schon bei der Be—
ründung seiner dafür bestimmten Anstalten aneignen können. Insbesondere galt es, die reichen Vorbilderschätze unseres Kunstgewerbe⸗Museums für die praktische Fortbildung der Gewerbetreibenden und Handwerker nutzbar zu machen. Die Kunstschule hat neben ihren anderen selbständigen Aufgaben den Zweck, die künstigen Zöglinge des Kunstgewerbe⸗ Museums in den Elementarfächern vorzubilden. Ornament⸗ und, Architekturzeichnen, Figurenzeichnen, Modelliren und Projektionslehre sind die Hauptfächer dieser An⸗ stalt. Aus den Klassen der Maler Goethe, Professor Hancke, Ländler, Jürss, Tschautsch sowie des Bildhauers hmann liegen auf der i n Ausstellung äußerst achtbare Schülerarbeiten vor, wahrend unter den Fachklassen des Kunstgewerbe⸗Museums insbesondere diejenigen des Pro⸗ en, Behrendt für plastisches Flachornament, des Pro⸗ essors Koch für dekorative Malerei, Ba st an ier für Email⸗ malerei, Geyer für Kupferstich und des Fräuleins Seliger * Kunststickerei sich auszeichnen. Die Gipszeichenklasse des rofessors Kip s sowie die Modellirklasse des Bildhauers er g⸗ meier zeigen das Streben nach freierer Kunstrichtung, während auf dem Gebiet der graphischen Künste neben den ächermalereien aus der Klasse des Pro essors Do ep ler noch die Zierschriften der Schüler A. Scho pmeier's Erwähnung verdienen. Was die Auswahl der Vorbilder anlangt, so ist, neben der Bevor⸗ zugung der Antike für das Studium der brperlichen Formen und der Rococoornamentik insbesondere für Flachmodellirung, das Studium der Frührenaissance, wie es in der Bilb⸗ auerklasse Bergmeier's uns begegnet, und der lassischei Zeit der Schmelzmalerei ' des 15. Jahr— . für, die Emaildekoralion deutlich erkennbar. nmittelbares Naturstudium finden wir vorzugsweise in einer . dekorgtiver Stilllebenmalereien vertreien. Was bei en großen Reichthum an Entwürfen doppelt empfindlich sich gel . macht, ist der Mangel an einer reicheren Auswahl wirklich ausgeführter kunsigewerblicher Leistungen, ins besondere auf dem Gebiet der Schreiner⸗ und Metallarbeiten, welche den Beweis liefern könnten, daß der Aufschwung unfetes heutigen Kunstgewerbeg aus eigener hanbwerklicher Kraft? mnscht aus künstlerischer, wenn nicht gar künstlicher Zucht allein, erfolgt ist; zugleich würden fie auch im Publikum das Zu⸗ . und die Antheilnahme für die kunstgewerbliche Pro⸗ uktion wesentlich erhöhen. Und nur aus n Zusammen⸗
J
wirken der drei Faktoren; künstlerische Anregung, handwerk⸗ liche Tüchtigkeit und Nachfrage des kauflustigen Publikums kann sich eine wirklich förderliche Entwickelung der Kunst—= industrie ergeben.
4* In Wien 2 man die 450. Jahresfeier der Erfindung des Buchdrucks durch die Errichtung eines Gutenberg ⸗Denkmals zu verewigen. Auch eine Gutenberg⸗Ausstellung wird für diese Feier in der österreichischen Hauptstadt geplant.
—s Die Freie photographische Vereinigun u Berlin, welche es sich zur Aufgabe macht, das Interesse kr b Photographie in den Kreisen der Gebildeten zu wecken und zu fördern, bielt gestern Abend ihre General versammlung ab. Der bisherige Vor⸗ . Herr Professor Fritsch, wies in dem erstatteten Jahres
ericht auf die gedeihliche Entwickelung hin, deren sich die Vereinigung zu erfreuen hatte; dieselbe konnte mit einem Bestande von äber 190 Mitgliedern in das am 1. Oktober d. J. begonnene neue Geschäftsjahr eintreten. Nachdem sodann die vorgeschriebene Rechnungslegung erfolgt war, ergab die Neuwahl des Vorstandes, abzeseben von elner erforderlich gewordenen Zuwahl, die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder; der Vorstand der Vereinigung setzt sich demnach folgendermaßen zusammen: Professor Fritsch (1. Vor⸗ sitzender) Stabsarzt Br. Pfeiffer (2. Vorsitzender), Dr. Neu pauß (3. . Herr F. Goer ke (I. Ser n rie, Dr. Benda (2. Schriftführer) und Herr R. Knob be (Schatzmesster).
An die Stelle des von Herrn Kammergerichts Rath Keyßner, welcher durch eine Reise fern gebalten war, übernommenen Vortrages über; Nachdruck durch Photographie trat die Vorlag- vhots— graphischer Darstellungen durch , Professor Bruno Meyer; es waren zwei besonders interessante Serien von Erzeugnissen der Pbotographie, welche sich auf der im August d. J. zu Dresden abgehaltenen Ausstellung des Deutschen Photographen-Vereins befunden haben und deren Vorlage der Vortragende mit entsprechenden Erläuterungen begleitete Die erste Serie bildeten zwanzig landschaftliche Dar⸗ stellungen, welche Herr Gotthe il. Königsberg i. Pr. auf seiner lebten Drientreise mittels des Anschütz schen Verfahrens für Moment⸗ pbotographie gewonnen hat. Nach Herstellung der Aufnabme hat Derr G die Bilder einer Vergrößerung unserzogen und darauf durch J Retouchirung Werke geschaffen, die man unbedingt als künst⸗ jerische Hervorbringungen bezeichnen muß, denen die Photographie nur als Grundlage gedient hat; den Gegenftand der Darstellung bilden vor⸗ zugsweise Ansichten von Athen, Kairo, Theben, Damaskus und Jerusalem. Die zweite zur Vorlage gesangende Serie umfaßte 1 Kopfstudien des Hofphotographen Friedrich Müler⸗ München. In einem Theile derselben, namentlich bei der Barstellung von Köpfen älterer Männer mit verwetterten Zügen, war durch Verwendung des körni⸗ gen Wattmann'schen Papiers eine glückliche Wirkung erzielt worden, während die Linien zarter Frauengesichter durch die mit dem benutzten Material verknüpften Unterbrechungen einigermaßen beeintrãchtigt werden; im Uebrigen fand die Handhabung der Beleuchtung und die technische Behandlung, welche die Müller'schen Aufnahmen auszeichnen, die volle Anerkennung Seitens des Vortragenden.
Es folgte als letzter Gegenstand der Tagesordnung ein Vortrag des Pr. R. Neuh auß über: . Wolken ⸗ Photographie“ unter gleichzeiti⸗ ger Vorlage eines Atlas von Wolkenaufnahmen, deren reiche Zahl und saubere Ausführung Zeugniß für den außerordentlichen Fleiß des Vortragenden ablegten, welcher bei Erläuterung feiner Aufnahmen die erheblichen Schwierigkeiten betonte, die fich der Wiedergabe der Färbung bei der Anfertigung photographischer Wolkenbilder entgegen. stellen. Eine sich an den intereffanten Vortrag anknüpfende Dig⸗ kussion gab schließlich Veranlaffung zur Erörterung der Frage, in wieweit es im Interesse einer genauen Wiedergabe der Grenzen, welche die Wolken von dem Himmel trennen, erwuͤnscht sei, der Her⸗ stellung von Wolkenaufnahmen eine Skizze des ganzen, zur Darstellung zu bringenden Wolkengebildes zu Grunde zu legen.
— Am Donnerstag Mittag fand in der Aula der König— lichen Akademie zu Münster zugleich mit der Eröffnung des Winterhalbjahres und der Enthüllung des von Seiner Majestät dem Kaiser gestifteten lebensgroßen Bildes des Hochseligen Kaisers Friedrich die Einführung“ des neuen Rektors, Profeffors Dr. Langen, statt. Der Kurator der Akademie, Ober⸗Präsident Studt, übergab, wie der „Köln. Ztg. berichtet wird, der Hochschule das Bild mit dem Wunsche, daß die Augen des Dulderg auf dem Throne stets herabblicken möchten auf Studentengenerationen, welche erfüllt felen von vaterländischer Gesinnung und Treue. Der scheidende Rektor, Pꝛofefsar Dr. Aloys Schäfer, nahm das Geschenk mit dem Ausdruck tiefempfundenen Dankes entgegen und brachte nach geistvoller, von Begeisterung und Vaterlandollebe getragener Rede ein ö. auf den Landesherrn aus. Im Anschluß hieran wurde die ationalhymne gesungen. Nach erfolgter Uebernahme des Rektorats hielt Professor J. angen eine Rede über naturwissenschaftliche Forschungen des
— Bei einer Erdaufgrabung in einem Fabrikanwesen in Worms stieß man, wie die „Köln. Htg.“ berichtet, letzter Tage auf drei Römergräber. Die Steinsöͤrge waren bis dahin unberührt und zeigen sich gut erhalten, den Verstorbenen waren aber leider nur geringe Werthe an Glas und Thonfachen nebst Münzen beigegeben. Dagegen wurde an elner anderen Stelle ein feltenes Fundstück, eine bemalte römische Gesichtsmatke, gehoben.
— Anläßlich des vierhundertjährigen Jubiläums der Entdeckung Amerikas soll außer dem Amerikanisten Kongreß in Sevilla und der Ausstellung amerikanischer Alterthümer auch noch eine Interna tionale Kunstausstellung im Monat September nächsten Jahres in. Madrid stattfinden.
= Die wissenschaftlichen Untersuchungen im östlichen Mitte meerg, welche in diefem Sommer wie im Vorjahre don dem Schiffe . Pola“ (Kommandant Linienschiffs Kapitän Mörth) aus⸗ geführt worden sind, haben, wie Wiener Blätter berichten, zur Auf⸗ findung einer Strecke geführt, welche tiefer ist als alle bisher ge⸗ lotheten Tiefen des Mittelmeeres. Nach einem Bericht, welchen Pro⸗ fessor Luksch an deg Leiter der wissenschaftlichen Arbeiten, Hofrath Br. Steindachner, gerichtet hat, und welcher in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Wien am 9. d. Nl. zur Verlesung gelangte, betrãgt diese größte Tiefe 4400 m und liegt 350 447 26 nard⸗ licher Breite und 210 44. 50 südöstlich von der Insel Cerigo. Die größte, früher bekannte Tiefe war von dem itallenischen Schiffe Washington⸗ (Kapitän Magnaghi) ungefähr in derselben Breite, doch viel weiter im Westen, mit 1000 m gelothet worden.
Submissionen im Auslande.
Spanien.
I0. Dezember 1891. Direccion General de Obras publieas Ministerio de Fomento Madrid: Konzession einer Straßendampf⸗ bahn von Grao (Valencia) nach Cabanal. Kaution 3705 Pesetas.
Bedingungen in spanischer Sprache beim ‚Reiche⸗Anzeiger'*.
Theater und Mnsik.
Königliches Opernhaus.
Gestern Abend verabschiedete sich Herr ODberhauster in der Titelrolle des Trompeter von Säckingen von der Königlichen Bühne. Der Sänger, der bei seinem letzlen Auftreten mit derfel ben Bescheidenheit wie gewöhnlich sich in dem Rahmen der Gesammt⸗ aufführung hielt, wurde von dem Publikum durch reiche Beifalls⸗ und Blumenspenden ausgezeichnet und mußte besonders nach dem Schluß der Vorstellung ungezählte Male vor der Gardine erscheinen, um seinen Dank zu bezeugen.
. Königliches Schauspielhaus.
Als Nathan in Lessing's Nathan der Weise“ führte sich Herr Oskar Borcherdt gestern Abend fehr vortheilhaft ein. Der Bar- steller bewies nicht nur ein schönes schauspielerisches Können, sondern auch ein tiefes Verständniß für die Lessing'sche Idealgestalt, die er frei aus den Elementen des reinen Menschenthums zu schaffen ver⸗
. . din e,, ,. . 9 durch e natürliche Vortragsweise unterstützt wurde. em Gast wurde reicher Beifall Seitens der 337. Theil. ;
. Sing ⸗Akademie.
Der Komponist Herr Max 2 aus Breslau, der seine ersten Studien in der Hochschule beim Profeffor Biel gemacht, bald jedoch seine eigenen Wege eingeschlagen hat, gab gestern ein Concert, in welchem er mehrere seiner Werke zu Gehör brachte. Eine Ton⸗ dichtung für Orchester und Orgel: Fuga solemnis“, der einige poetische Worte zu Grunde gelegt sind, läßt einen Künstler erkennen, dem es nicht an der echten Begeisterung für sein Schaffen feblt; nur wird die gewählte Form nicht überall Anklang finden. Die Fuge enthält noch vier sogenannte Nebenthemata, wie . wohl in einer Sonate möglich, die aber schon deshalb zu mißbi igen sind, da der strenge Stil der Fuge, der zu Anfang noch einigermaßen festgehalten ist, uf verlassen und oft vom rein homopbonen Stil verdrängt wird. Auch schweigt einmal das Orchester gänzlich, und es tritt die Orgel fehr fremdartig dazwischen. Nichtsdestoweniger ist ein festliches Geprãge unverkennbar, das sich in manchen energischen Motiven ausdrückt. Der Titel Mus i a Solemnis wäre ohne Zweifel besser gewählt gewefen. Die Ouvertüre über ein nordisches Thema, welche versucht, die gro⸗ tesken nordischen Landschaftsscenerien in Tönen zu schil dern, sowie die svmphonische Dichtung Leben und Ideal“, nach Schiller's Worten kom⸗ ponirt, heweisen des Komponisten Begabung, die verschiedenen Eigen⸗ thümlichkeiten der Orchester⸗Instrumente tonmalerisch zu verwenden; auch sind die Grundideen stzes originell erfunden, nur ist ein Ueber⸗ maß im Gebrauch der Bl instrumente oft sehr störend. Am Meisten trifft dieser Vorwurf das Klavierconcert, das zuletzt in einen wahren Kampf zwischen dem Fortissimo des Klaviers und dem des Orchesters aug. artet. Unter den diedern für Sopran heben wir besonders die sehr poetisch gehaltenen Ich ging im Walde, „Glockenblumen“ and . meiner Seele schönster Traum‘ hervor, die, von Fräulein Marte Berg vortrefflich vorgetragen, fich der günstigsten Aufnahme von Seiten des sehr zahlreich erschienenen Publikums 'erfreulen. Die Aus⸗ führung des Klaxjerconcerts batte Herr Puchat felbst übernommen. Daz Philharmonische Orchester bewährte unter Leitung des Kapell⸗ meisters Herfurth wiederum seine anerkannte Tüchtigkeit.
Im Deutschen Theater findet morgen, Sonntag, die erste Wiederholung des dreigktigen Schauspiels Pas golden? Buch“ von
) „Gewagte Mittel“, ein dreiaktiges Lustspiel von Stahl, und ‚Sportgeschichten ‘, ein einaktiger Schwank von Freund, gelangen an diesem Abend erstmalig zur Aufführung. Neben dem gesammten Lustspielversonal der Bühne wird Herr Hubert Reusch vom hiesigen Residenz-⸗· Theater, welchem Herr Direktor Lauten⸗ kurg die Erlaubniß dazu ertheilte, die Rolle des Fähnrich Erich Frischmuth kreiren.
In Friedrich ⸗Wilhelmstädtischen Theater hat Zeller's Vogelhändler. bei der erneuten Wiederaufnahme feine frühere Wirkung bewährt, sodaß dieses amüsante und auch musikalisch anziehende Werk in der neuen Woche auf dem Spielpfan verbleibt. Die darin beschäftigten Darsteller, Sophie Sffeney, Jenny Stubel, Elise Schmidt und die Herren Klein, Steiner, Hanno, Steinberger und Broda ernten allabendlich den reichsten Beifall. Inzwischen nehmen übrigen die Ensembleproben zu Meffager'z Basocher ihren Fortgang, sodaß noch vor Ende Oktober die rstaufführung dieser interessanten und eigenartigen Neuheit von Statten gehen wird.
In Anbetracht des Erfolges, den die beiden Repertoirestücke des Residenz⸗Theaters — Alexandre Dumas „Befuch nach der Hochzeit‘ und Labiche⸗Gondinet's Schwank Von Dreien der Glück⸗ lichste! — bei Presse und Publikum gefunden haben, ist die Erst⸗ aufführung von Daudet's ü Obstgele“ (. Hinderniß -) zunäͤchst noch hinausgeschoben worden. Die Premisre der Novität wird am 31. Of tober stattfinden.
Im Thomas⸗Theater wird die Posse „Unrubige Zeiten“ von Emil Pohl vorbereitet. Den Lietze wird Emil Thomaz spielen. 1 dürfte das Stück bereits am Donnerstag in Scene gehen.
Im Concerthause veranstaltet Herr Kapellmeister Meyder am Montag ein Extra⸗Symphonie Concert, in welchem zwei neue große Orchesterwerke von Karl Goepfart unter persönlicher Leitung des Komponisten zur erstmaligen Aufführung gelangen werden: die symphonische Dichtung Amor und Psyche“ und eine Symphonie in D-moll.!‘ Der junge Komponist hat sich zuerst durch feine Märchen⸗ musiken“, z. B. zu . Beerenlietzchen“, bekannt gemacht, die in Weimar, Bremen, , . 2c. aufgeführt worden sind. Der Klaviervirtuose Herr Pfeiffer (Schüler Hans von Bülow'sz wird an diesem Abend die Ungarische Phantasie für Klavier von Lisjt vortragen.
Das Concert, Repertofre der Concert Direktion H. Wolff ist für die kommende Woche, wie folgt, festgestelt: Montag, 19.,, Philharmonie, 77 Uhr, 1 Concert des Stern'fchen Gesang⸗ vereins (Paradies und Peri). Dienstag, 20, Sing ˖ Akademie, 8 Uhr,
Liederabend von Adolf Schulze. Mittwoch, 21, Sing. Atad ie, t Uhr, II. Klavierabend von S. von Pognanskv. Ser erbe, en.
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