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worden, daß die durch die Oeffentlichkeit der Sitzungen der Handelskammern ermöglichte Kontrole der Thätigkeit dieser Körperschaften durch das Publikum so sehr dem Interesse des Staats wie der Handel⸗ und Gewerbe⸗ treibenden entspreche, daß Werth darauf gelegt werden müsse, den Grundsatz der Oeffentlichkeit der Verhand⸗ lungen auch bei denjenigen Handelskammern durchgesührt zu sehen, welche ihn bisher nicht angenommen hätten.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Geheimeß Legations-Rath Graf zu Rantzau ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach dem Haag zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Finanz-Rath Dr. von Körner ist hier eingetroffen.
Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Edward Malet ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
Der Regierungs⸗Assessor Hartwig zu Duderstadt ist dem Landrath des Kreises Osterode, Regierungsbezirk Hildesheim, zur Hülfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
Der Regierungs⸗Assessor von Ravenstein zu Schleswig ist an die Königliche Regierung zu Liegnitz versetzt worden.
Der Regierungs⸗Assessor Brinckmann zu Danzig ist der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. zur weiteren dienst⸗ lichen Verwendung überwiesen worden.
Die Regierungs Referendare von Mallinckrodt aus Münster, ö. aus Stade und Kirchhoff und Steimer aus Posen haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Hellhoff, ist am 17. Oktober in Shanghai einge⸗ troffen und beabsichtigt, am 22. nach dan kow in See zu gehen.
Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats⸗A Enzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 5), enthaltend Entschei⸗ dungen des Reichsgerichts, beigefügt.
Köln, 18. Oktober. Der Reichsbank-Präsident Dr. Koch, welcher zum ersten Male in seiner jetzigen amtlichen Eigenschaft die Rheinprovinz besucht, war gestern der Mitiel⸗ punkt eines glänzenden, ihm von dem Handelsstande der Rhein⸗ lande bereiteten Festes im hiesigen Civilkasine. An dem ö. nahmen außer den Mitgliedern der hiesigen
andelskammer und des Bezirksausschusses der Reichsbank⸗ Hauptstelle die Vorsitzenden von 18 rheinischen Handels⸗ kammern (es waren von 20 nur das entlegene Saarbrücken und Eupen nicht vertreten, ferner als Ehrengäste der Ober⸗-Bürgermeister von Köln, die Präsidenten des Ober ⸗-Landesgerichts, der Regierung, der beiden rheinischen Eisenbahn-Direktionen, der Provinzial-Steuer⸗ Direktor, der Ober⸗Staatsanwalt und andere Vor⸗ steher von Behörden und Korporationen Theil. Das Hoch auf den Kaiser als Beschützer und Förderer von Handel und Gewerbe brachte der Ober⸗-Landesgerichts-Prasident Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz Rath Dr. Struckmann aus. Ihm solgte ein Hoch auf den Gefeierten aus dem Munde des Vorsitzenden der hiesigen Handelskammer, Kommerzien-Raths Michels, welcher auf die Verdienste der Reichsbank um das Erwerbsleben der Rheinprovinz und ihre erfolgreiche Leitung durch den jetzigen, wie durch den früheren Präsidenten hinwies. Ein nochmaliges Hoch auf den Präsidenten Dr. Koch brachte der Senats Präsident Heymer, Bank-Kommissarius der Reichsbank⸗ Hauptstelle, aus, indem er der Fürsorge des Präsidenten für die Beamten und der umfassenden, auf manchen Gebieten bahnbrechenden, schriftstellerischen Thätigkeit desselben gedachte. Nunmehr antwortete Präsident Dr. Koch selbst in schwung⸗ voller Rede mit mancherlei Rückblicken auf die Vergangenheit Kölns und der Bank. Er gab dem auch von Seiner Majestät dem Kaiser bei Allerhöchstdessen letzter Anwesenheit in Köln ausge⸗ sprochenen n,, Ausdruck, daß unter den Segnungen des Friedens Köln seinen alten Glanz als eine führende Stadt im west⸗ und süddeutschen Handel, als Hauptstadt der blühen⸗ den Rheinlande bewahren und noch erhöhen möge, und schloß mit einem Hoch auf Handel und Gewerbe in der Rheinprovinz. An diesen begeistert aufgenommenen Trinkspruch schlossen sich noch manche andere Seitens der Herren Ober⸗Bürger⸗ meister Becker, Eisenbahn⸗Direktions⸗Präsident Rennen, Regierungs⸗Präsident von Sydow, Ober⸗Staatsanwalt Hamm und mehrerer Präsidenten von Handelskammern auf das Vaterland, die Behörden, die Stadtverwaltung, zum dritten Male auf den Reichsbank-Präsidenten u. s. w. an. Die ganze Feier, an welcher mehr als 130 Personen Theil nahmen, verlief in gehobenster Stimmung und zeugte von der vollen Harmonie zwischen den Kreisen des Handels und der Bürger⸗ schaft und der Beamtenwelt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 19. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog hat sich der „Th. C.“ zufolge gestern nach Schloß Heinrichau begeben.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 19. Oktober. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin sind, wie die „Coh. Ztg.“ meldet, gestern Nacht aus Tirol hier wieder eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. Oktober. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Margarethe sind heute Nachmittag von Innsbruck nach
Trient abgereist, wo, wie „W. T. B.“ mittheilt, ein längerer Aufenthalt in Autsicht genommen ist.
Graf Zedtwitz sandte gestern im Namen des Aktions⸗ Comités der Prager Ausstellung ein Telegramm an den Kaiser mit der Mittheilung, daß die unter dem Protektorat Seiner Majestät stehende Ausstellung unter vieltausend⸗ stimmigen Slava⸗ und Hochrufen geschlossen worden sei. Gleichzeitig wurden noch Telegramme an den Minister⸗ Präsidenten Grafen Taaffe, an den Ackerbau⸗Minister Grafen Falkenhayn und den Handels⸗Minister Marquis Bacquehem abgesandt. Graf Taaffe antwortete alsbald telegraphisch, er sei hocherfreut über die loyalen Kundgebungen bei dem Schluß des so glänzend begonnenen und durchgeführten Unternehmens.
Im ungarischen Unterhause warf Graf Apponyi gestern bei der weiteren Debatte über das fünfmonatliche Budgetprovisorium unter dem Beifall der Linken dem Justiz-Minister sein passives Verhalten bei der Be⸗ rathung der Verwaltungsreform Vorlage vor und behauptete ferner, der Minister habe seinen Standpunkt bezüglich der Auffassung des Ausgleichs vom Jahre 1867 geändert, seitbem er Minister geworden sei. Der Minister⸗Präsident Graf Szapary wies in längerer Rede unter lebhafter Zu⸗ stimmung der Rechten die Ausführungen des Grafen Apponyi zurück und legte die Berechtigung des Ansuchens um das Budgetprovisorium dar. Hierauf wurde die Weiterberathung auf heute vertagt.
Großbritannien und Irlaud.
Der Schatzkanzler Goschen unterzog in einer kürzlich in Cambridge vor einer konservativen Versammlung gehaltenen Rede das Programm der liberalen Partei, wie es unlängst in Neweastle festgestellt worden ist, einer scharfen Kritik. Das Programm habe, so etwa führte er nach der A. C.“ aus, die Auflösung fast aller bestehenden Einrichtungen im Vereinigten Königreich zum Zweck, so die Auflösung der Kirche in Wales und Schottland, die Auflösung des Bandes, welches England mit Irland verbindet, und die Auflösung des Oberhauses, falls dieses die Home Rule⸗Bill verwerfen sollte. Fast jeder Punkt des Neweastler Pro⸗ grammes verlange die Auflösung der einen oder anderen Ein⸗ richtung, um dadurch die Stimmen der Wähler zu gewinnen. Der Leiter der Opposition habe einen so ausgedehnten gigan⸗ tischen Plan nur deshalb entworfen, weil er eingesehen habe, daß Home Rule allein wenig Anziehungskraft für die schottischen Wähler besitze und daß, wenn er sie durchführen wolle, er sie zwischen anderen Reformen, welche größere Zugkraft ausüben, durchschmuggeln müsse. Da die Gladstone'sche Partei aus einer Anzahl verschiedener Sektionen zusammengesetzt sei, von denen jede ihre besonderen Lieblingspläne habe, so habe Gladstone so viele verschiedene Versprechen in seine Rede gelegt, daß jedermann in ihr das finde, was er gerade wünsche. Daß dieses Programm im nächsten Parlament ausgeführt werden könne, selbst wenn Gladstone wieder zur Macht kommen sollte, sei absolut unmöglich. In Hinsicht auf den Home Rule⸗Plan äußerte sich der Redner dahin: es sei ihm gleichgültig, ob Gladstone denselben vor oder nach Auflösung des Parlaments enthülle. Theile er ihn vorher mit, so würden ihm die Unionisten noch vor den nächsten allgemeinen Wahlen ein Ende bereiten; theile er ihn nachher mit, so würden die Unionisten auf einem neuen Appell an das Volk bestehen.
Frankreich.
Paris, 20. Oktober. Der Senat nahm gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, in den Abtheilungen die Wahl einer Kommission vor, welche die Vorlage, betreffend die Bildung von Kolonisations⸗Gesellschaften, vorberathen solle. Die Mehr⸗ zahl der Gewählten ist für die Vorlage günstig gesinnt.
Die Deputirtenkammer begann in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung des Budgets. Der Abg. Por teu (Rechte) sprach sich gegen die Vermehrung der Ausgaben aus. Deschanel verlangte größere Einheitlichkeit des Budgets. Der große Fehler der französischen Budgets sei deren Dunkel⸗ heit. Das Mittel zu deren Verhesserung bestehe darin, daß man sie so einrichte, daß es möglich sei, darin klar zu sehen. Der Abg. Poin cars trat unter Aufzählung der einzelnen Posten für das Werk der Kommission ein, welches eine Er— sparniß von 42 Millionen aufweise.
Bei dem in Nr. 245 des „R. u. St.⸗A.“ vom 17. d. M. erwähnten Zwischenfalle in der Zollkommission des Senats handelte es sich, wie damals erwähnt wurde, um die sofortige Erhöhung des Zolls auf gesalzenes Schweine⸗ fleisch von 8 auf 20 Fr. Der Minister des Aeußeren und der Handels⸗Minister begründeten, der „Nat. Ztg.“ zufolge, die Dringlichkeit für das Perfektwerden dieses Gesetzes durch den Umstand, daß Deutschland mit der Aufhebung des Verbots der Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches vorgegangen, und daß es dringend geboten sei, ebenfalls dieses seit 1881 bestehende Verbot aufzuheben, zumal die seinerzeit für das Verbot geltend gemachten hygienischen Gründe fortgefallen seien. Die Deputirtenkammer hatte in ihrer Sitzung vom 16. Juli mit 365 gegen 99 Stimmen den Antrag auf Erhöhung des Eingangszolles für Schweinefleisch mittelst eines besonderen Gesetzes angenommen, damit dadurch ein⸗ mal die einheimische Produktion geschützt und sodann die Aufhebung des Einfuhrverbots des amerikanischen Schweine⸗ fleisches ,,, werde. Die Kommission des Senats hat nun in ihrer Sitzung vom Sonnabend, nachdem der Vorsitzende Jules Ferry seine angekündigte Demission zurückgezogen hatte, die Berathung dieser Vorlage auf den 26. d. M. angesetzt.
Der Kriegs⸗Minister de Freycinet hat beschlossen, die gemischten Regimenter derartig zu organisiren, daß ein jedes Regiment aus einem aktiven Bataillon und zwei Land⸗ wehr⸗Bafaillonen bestehen soll. Ein jedes Armee⸗Corps liefert vier gemischte Regimenter, deren Zahl demnach 72 be⸗ tragen wird.
Der Bureauchef im Unterrichts-Ministerium Roujon ist zum Direktor der schönen Künste ernannt worden.
Der Privatdozent der medizinischen Fakultät in Jena, Dr. Ziehen, dessen Verhaftung als Spion auf Korsika wir gestern mitgetheilt haben, ist, der „Nat. Ztg.“ zufolge, nach zwei Tagen wieder freigelassen worden. .
Die Garnison von Tlemeen in Algerien hat, laut Meldung des „W. T. B.“, Marschordre erhalten, doch steht der Abmarsch dieser Truppen mit der Tuatfrage in keinerlei Zusammenhang. Nach einem Communiqué der Regierung seien lediglich zwei Schwadronen Spahis an die marok⸗ kanische Grenze gesandt worden, um etwaige Kämpfe zwischen den Stämmen Mehaia und Angad auf algierischem Boden zu verhindern.
Nußland und Polen.
Der Kaiser hat, wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus St. Petersburg telegraphirt, drei Millionen Rubel aus eigenen Mitteln für die Nothleidenden in den Provinzen gespendet und den Erlaß eines Aufrufs an den grundbesitzenden Adel Behufs Bildung eines Nothstandsfonds verfügt. — Nach einer Depesche desselben Blattes über London aus St. Peters⸗ burg hätte der Reich srath beschlossen, die Erwägung des die Judenfrage behandelnden Planes, der ihm vom Minister des Innern im Laufe des Monats Oktober unterbreitet werden sollte, bis auf Weiteres zu verschieben.
Die zur Revision der Kosaken-Organisation und Ausarbeitung einer neuen Kosgken⸗Verordnung niedergesetzte Kommission hat, wie die „St. Pet. Ztg.“ meldet, dieser Tage ihre Arbeit in Angriff genommen. Mitglied der Kommission . ., der Kosaken⸗Divisions⸗Chef General⸗Lieutenant
utolmin.
Italien.
Die „Agenzia Stefani“ bezeichnet das von der „Tribuna“ erwähnte Gerücht, daß eine Vertagung der Friedens⸗ konferenz nicht unwahrscheinlich sei, als unrichtig und fügt hinzu: die Vorbereitungen für die Konferenz seien im vollen Gange, die Eröffnung der Konferenz werde zur festgesetzten Stunde in dem großen Saale des Kapitols stattfinden.
Dem „Temps“ wird aus Rom gemeldet: Die ita lieni⸗ schen Bischöfe, welche zu dem Bischofs-Jubiläum. des Papstes eine Kundgebung des gesammten Episkopats der Welt für die Freiheit des Papstes anregen wollten, hätten vom Papste die Weisung erhalten, von ihrem Vorhaben ab⸗ zustehen, um die an sich schon schwierige Lage nicht noch zu verschlimmern. Auch habe, der Papst zu verstehen gegeben, daß, Falls es nöthig scheine, Einspruch zu erheben, der Vatican selbst vorgehen werde. Der Episkopat außerhalb Italiens habe andererseits die Weisung erhalten, ohne Unter⸗ laß in der Agitation für die Wiederherstellung der weltlichen Macht fortzufahren.
Griechenland.
Die Prinzen Georg und Nicolaus von Griechenland sowie der neu ernannte serbische Gesandte Georgiewitsch sind, laut Meldung des „W. T. B.“, in Athen eingetroffen.
Bulgarien.
Sofia, 19. Oktober. Die So branje ist durch ein
heute veröffentlichtes Regierungsdekret auf den 15./27. Ok⸗
tober d. J. einberufen worden.
Dänemarẽk.
Kopenhagen, 19. Oktober. „Ritzau's Bureau“ meldet: Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland mit dem Großfürsten⸗Thronfolger und der Großfürstin Tenia, sowie der König und die Königin von Dänemark und die Prinzessin von Wales mit ihren Töchtern würden am 29. Oktober auf der Jacht „Polarstern“ nach Danzig reisen und sich von da über Warschau nach Livadia begeben. Von dem dänischen Königspaar sei daselbst ein etwa einmonat⸗ licher Aufenthalt bis nach der Feier der silbernen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin von Rußland in Aussicht genommen.
Im Folkething wurde heute die Wahl des Finanz⸗ ausschusses vorgenommen. Gewählt wurden 6 Radikale, ö. . der gemäßigten Linken und 4 Mitglieder der
echten.
Amerika.
Argentinien. Nach einer Meldung des „R. B.“ aus Buenos-Aires vom 18. d. M. ertheilte der Senat in einer besonderen Sitzung dem Präsidenten Pellegrini ein Tadelsvotum, weil n slb⸗ Mitre aufgefordert hatte, die Absicht des Rücktritts von der Präsidentschafts⸗Kandidatur aufzugeben. Roca hat die Stadt mit seiner Familie ver⸗ lassen; das Kabinet soll gänzlich umgestaltet werden.
Uruguay. Der Minister des Auswärtigen Espinosa und der Finanz⸗Minister Ramirez haben laut telegraphischer Meldung aus Montevideo vom 17. d. M. ihr Amt nieder⸗ gelegt. Der Finanz-Minister soll jedoch neueren Nachrichten über Paris zufolge, seine Demission zurückgezogen haben.
Chile. Ein Telegramm der „Times“ aus Valparaiso vom Montag beziffert die Zahl der bei den allgemeinen Wahlen gewählten Konservativen auf 30, diejenige der ge⸗ wählten Liberalen auf 60. Das Gesammtergebniß der Wahlen sei noch nicht bekannt.
A sien.
China. Ein Telegramm des „R. B.“ aus Tientsin vom 19. d. M. besagt; Von Peking werde gemeldet, der an der chinesisch⸗russischen Grenze stationirte chinesische Be⸗ amte Chang sei in der Nähe des Murgabflusses unweit von dessen len,, mit dem auch Ober⸗Oxus genannten Ak⸗Su einer vom Altai ⸗Plateau herab⸗ kommenden russischen Expedition begegnet und habe gegen den Eintritt derselben in das chinesische Gebiet protestirt. Die Russen, welche Chang und seiner Begleitung an Zahl überlegen gewesen seien, hätten die Bemerkungen Chang's aber unbeachtet gelassen, vielmehr ihren Marsch fort⸗ gesetzt und kurz darauf sich in zwei Abtheilungen getheilt, von denen die eine nach Alichur⸗Pamir, die andere nach Groß⸗ Pamir weiter marschirt sei.
Afrika.
Egypten. Eine Schwadron des 17. Ulanen⸗Regiments ist dem „R. B.“ zufolge am 17. d. M. nach England ab⸗ gesegelt; an ihre Stelle tritt eine Schwadron des 1. Dragoner⸗ Regiments. .
Die französische Regierung widersetzt sich auf Grund der Kapiiulationen einer Revision der französischen Apotheken. Der „Frkf. Ztg.“ wird darüber aus Alexandria berichtet:
Als die Apotheken⸗Revisions⸗Kommission am 14 d. M. vor dem Laden eines französischen Apothekers ankam, fand sie das Geschäft geschlossen. Der Dragoman des französischen Konsulats aber stand vor der Thür und erklärte den Kommissären, daß er Befehl erhalten habe, denselben den Eintritt in den Laden zu wehren, und, daß er nur der Gewalt weichen würde. Die Kommissäre zogen ab, ohne weitere Schritte zu thun.
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Kunst und Wissenschaft.
Ter Verein für deutsches Kunstgewerbe hat soeben seine Monats-Wettbewerbungen für Dezember. Januar und Februar ausgeschrieben und fordert seine Mitglieder, deren Mit arbeiter und in Berlin wohnende Fachgenossen zur Betheiligung auf. Gewünscht werden Entwürfe: I) za einem Diplom für den Verein in elnfarbiger Zeichnung; 2) zu einer Tischdecke in Aufnäh ⸗ Arbeit und Plattstichstickerei; 3) zu einem Ofenschirm mit gedrechseltem Holz- gestell und mit Füllungen von geschnittenem Leder. Für jeden Wett- bewerb sind 75 M als erster, 50 M als zweiter Preis ausgesetzt; außerdem erhält der beste Entwurf zu dem Diplom einen von einem Vereinsmitgliede als Ehrengabe gestifteten Pokal aus vergoldeter Bronze. Die näheren Bedingungen sind durch den Vereins⸗Schrift⸗ führer Herrn Professor Hildebrandt, Derfflingerstrt 20 3, zu beziehen.
— Wie die ‚Nat.⸗Itg. erfährt, wird Professor Robert Koch demnächst weitere Mittheilungen über das Tuberkulin veröffent. lichen, welche genaue Details der Herstellung des Tuberkuling ent⸗ halten und zugleich über die Versuche berichten, welche er in diesem Sommer zur Reindarstellung des Tuberkulins ausgeführt hat Diese Versuche sind darauf gerichtet, diejenigen Stoffe, welche die gesteigerten und das Leben der Patienten bedrobenden Entzündungserscheinungen nach den Tuberkulin Injektionen hervorriefen, aus dem Tuberkulin auszuscheiden, ohne die heilsame Einwirkung des Mittels auf die eigentlich tuberkulös erkrankten Organe aufzubeben.
— Der Köln. Ztg. wird vom 18. d. M. aus Bonn ge— schrieben: Heute Vormittag übergab in der Aula der Universität der bisherige Rektor, Justiz⸗Rath Professor Hüff er seinem Amtsnach⸗ folgert, dem Geheim en Regierungs- Rath Professor Strasburger, das Rektoram t. Eine ungewöhnlich große Zahl von Ehrengästen der Universität, darunter Bischof Reinkeng, Burgermeister Spiritus, Landgerichts. Präsident Klein, der Erste Staatsanwalt Dr. Huppertz, ein Ehrendoktor der Universität, Geheimer Rath von Mevissen, mehrere Offiziere der hiesigen Garnison, waren zu der Feier erschienen. Der scheidende Rektor erwähnte in seinem Berichte über die wichtigsten Vorgänge seines Amtsjahres an erster Stelle den Besuch Seiner Maßestät des Kaisers im Mai dieses Jahres. Von besonderem Interesse für die Studentenschaft war in Bezug hierauf folgende Stelle des Berichts: „Wiederholt äußerte der Kaiser, wie schon in dem Ständesaal zu Düsseldorf, seine gnädigen Gesinnungen für die Bonner Hochschule, dann auch den Dank für die von der gesammten Studenten⸗ schaft ihm dargebrachte Huldigung. Mit aller Bestimmtheit darf ich sagen: Derjenige würde die Gesinnungen unseres Kgisers nicht richtig auf⸗ fassen, der bezweifeln könnte, daß die huldvolle Theilnahme, die landes⸗ väterliche Sorge Seiner Majestät allen Studirenden ohne Unterschied und ohne Ausnah me zugewandt sind.“ Redner gedachte dann nit großer Wärme der ver storbenen Kollegen, des Astronomen Schönfeld, der Germanisten Birlinger und Andresen und des Theologen Fabri. Die Zahl der im letzten Sommer-⸗Semester neu aufgenom⸗ menen Studenten hat die seit der Stiftung der Universität noch niemals dagewesene Höhe von 601 erreicht und wurde unter den deutschen Hochschulen nur noch von Berlin, München und Leipzig übertroffen. Nach Schluß seines Berichts übergab Geheimer Rath Hüffer seinem Amtsngchfolger die Amtsinsignien und beglückwünschte ihn zu seiner neuen Würde. Dieser leistete den gesetzlichen Eid in lateinischer Sprache, sprach seinem Amtsvorgänger für dessen vorzügliche Amts⸗ führung seine Anerkennung und seinen Dank aus und hielt dann seine Antrittsrede, über die allgemeinen Bedingungen der Lebensvorgänge.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Wein⸗Ernte und Handel.
Aus dem Regierungsbezirk Wiesbaden wird geschrieben: Das kalte feuchte Wetter des diesjährigen Sommers hat den Weinbergen, die bereits im letzten Winter in Folge des Frostes erbeblich gelitten hatten, sehr geschadet. Es wird deshalb in diesem Jahre nur auf höchstens einen viertel bis einen halben Herbst zu rechnen und der Wein von geringer Güte sein. Von den Feinden des Weinstocks haben sich die Peronospera viticola sowie der Heu und Sauerwurm auch in diesem Jahre gejeigt. Besonders stark trat die Peronospera in der Gegend von Eltoille und von Lorch auf. An beiden Orten haben deshalb öffentliche Vorträge und Besprechungen über das Wesen und die Bekämpfung dieses Pilzes stattgefunden.
Im Weinhandel findet bei hohen Preisen guter Absatz statt. Die Schaumweinfabrikation im Rheingau geht anhaltend recht flott. Dagegen ist das Geschäft in Branntwein und Essig schleppend.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 4. bis 10. Oktober ein ziemlich günstiger und die Sterblichkeit eine kleinere als in der vorangegangenen Woche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 19.4). — Insbesondere war das Vor- kommen von akuten Darmkrankheiten, namentlich unter den kleinen Kindern, wenn auch noch immer ein zahlreicheres als gewöhnlich, doch ein erheblich selteneres als in den Vorwochen. Es wurden 137 Todesfälle gegen 186 der Vorwoche mitgetheilt. Die Theilnahme des Säuglingsalter an der Sterblichkeit war demgemäß eine erheblich kleinere als in der vorangegange nen Woche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 87 Säuglinge. Dagegen kamen akute Entzündungen der Athmungsorga ne zahlreicher zum Vorschein und verliefen auch in größerer Zahl tödtlich. Von den Infeftionskrankheiten haben Masern und Scharlach etwas mehr an Ausdehnung gewonnen und Erkrankungen an Unterleibstyphus und an Diphtherie abgenom - men. Masern kamen am häufigsten aus der jenseitigen Luisenstadt Diph herie aus Moabit zur Anzeige. Erkrankungen an Kindbett- fieber blieben selten, während von rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut mehr Erkrankungen zur ärztlichen Behandlung kamen. Erkrankungen an Keuchhusten gelangten seltener zur Behand⸗ lung, der Verlauf blieb meist ein milder. Groß war die Zabl der durch gewaltsamen Tod Gestorbenen (23), von denen 14 durch Selbst⸗ mord endeten. Rheumatische Beschwerden aller Art kamen etwas häufiger als in der Vorwoche zur ärztlichen Beobachtung.
Hamburg, 19. Oktober. Auf dem gestern von Afrika ein⸗ getroffenen Dampfer Akassa' starben laut Meldung des W. T. B:. während der Herfahrt zwölf Mann der schwarzen Besatzung am Fieber. Auf dem ebenfalls nach Hamburg bestimmten Dampfer Afrika“ sind auf der Fahrt von Banani nach Boni von den an . siebenundzwanzig Reisenden siebzehn am Fieber gestorben.
ESubmissionen im Aus laude.
Egypten.
2. November. Verwaltung der egyptischen Eisenbahnen in Kairo. Lieferung von 31 075 kg Stahl für Federn und Werkzeuge, von 600 Kautschuk⸗Spiral⸗ Rohren, sowie von Farben, Firniß, chemischen Produkten, Bürsten und Pinseln.
Britische Besitzungen.
22. Oktober, Mittags. Great Indian Peninsula Railway, Copthall House, Copthall Avenue, London E. C. Lieferung von Achsenbüchsen. ⸗ ;
22. Oktober, Mittags. Indian Midland Railway Compan), Limited, Gopthall House, Copthall Avenue, London E. CO. Lieferung von Bürsten, Spiegeln und Winteleisen.
23. Oktober, Mittags. Madras Railway qompany, 61 New Broad Street, London E. C. Lieferung von gußeisernen Schwellen, Stahlschienen und Zubehör.
November, 1 Uhr. General ⸗ Agent der Kolonie Süd⸗ Australien. Lieferung von 3132 Rädern und Radeisen, 366 Federn, 629 Gisen⸗ und 1 166 Eisen⸗ und Stahlplatten, 252 Stück galvanisirtem Wellblech u. s. w.
ar bei Eswald Brown, 32 Victoria Street, Westminster. n on.
; Italien.
26. Oktober, 3 Uhr. AÄArtillerie⸗Direktion des pyrotechnischen Laboratoriums in Bologna. Lieferung verschiedener chemischer Pro⸗ dukte. Voranschlag 6542 Franken.
27. Oktober, 3 Uhr. Dieselbe Behörde. Lieferung von 12 200 m Perkal. Lieferung 30 Tage. Voranschlag 6436 Franken.
27. Oktober, 1 Uhr. Stadtverwaltung in Verona. Bau zweier eiserner Brücken.
Rumänien.
24 Oktober. Kriegs⸗Ministerium, Bukarest. Lieferung von 20000 m Leinwand für Matratzen und von 3000 m desgl. für Kissen.
30. Oktober. Dieselbe Behörde. Lieferung von 38 842 m Lein wand für Bettzeug.
16. November. Dieselbe Behörde. Lieferung von A7 738 m Lein⸗ wand sür Hemden und Unterhosen.
24. November. Dieselbe Behörde. Lieferung von 20 500 m Leinwand für Zelte.
27. November. Dieselbe Behörde. Lieferung von 30 000 kg hydraulischem Kalk. ö.
erbien.
S 1. November. Gesellschaft für den Bau und den Betrieb der serbischen Staatseisenbahnen. Lieferung von zwel Güterzug⸗ und zwei Eilzug⸗Lokomotiven. .
Schweiz. 24. Oktober. Arsenal⸗Direktor J. Stiegler in Aarau. Lieferung von Militärtuch u. s. w.
Verkehrs⸗Austalten.
Bremen, 19. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Eider“ ist, von New. York kommend, gestern Nachmittag in Southampton eingetroffen und hat die Reise nach der Weser fortgesetzt. Der Schnelldampfer Ems“ ist auf der Fahrt nach New⸗Rork gestern Nachmittag von Southampton weiter⸗ gefahren. Der Schnelldampfer Saale“ bat vorgestern Vormittag von New⸗JYork die Heimreise angetreten. Der Dampfer Karl s⸗ ruhe“, nach Australien fahrend, ist vorgestern ist Port Said an⸗ gekommen. Der Dampfer Gera“ ist vorgestern in Rio, der Dampfer Sachsen“ gestern in Colombo einge⸗ troffen Der Dampfer Preußen ist gestern von Antwerpen nach Ostasien weitergefahren. Der Dampfer Kronprinz . Wilhelm ist auf der Fahrt nach dem La Plata in
igo angekommen. Der Dampfer Stuttgart“ hat. von Ost—⸗ asien heimkehrend, gestern Lizard passirt Der Dampfer „Graf Bismarck ist am 15 d. M. von Bahia abgefabren. Der Dampfer Stettin, ist, von Suez kommend, mit der australischen Post am IJ. d. M. in Brindist eingetroffen.
— 20. Oktober. (W. T. B.) Der Reichs Postdampfer Preußen“ hat am 19. Oktober Nachmittags die Reise von Southampton nach Genua , Der Reichs ⸗Postda m pfer Braunschweig, von Australlen kommend, ist am 19. Oktober Mittags in Genua angekommen. Der Schnelldampfer ‚Ems', 1 ö bestimmt, hat am 19. Oktober Morgens Lizard passirt.
Ham burg, 20. Oktober. (W. T. B) Hamburg ⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft. Ber Post⸗ dampfer Rhaetia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Abend 9 Uhr in New - Nork eingetroffen.
London, 19. Oktober. (W. T. B.) Die Union⸗Dampfer „Spartan? und . Scot “ sind, ersterer gestern, letzterer heute auf der Ausreise in Cape town angekommen.
Theater und Mu fik.
Berliner Theater.
Am Sonnabend gelangte Albert Lindner's zuerst vor etwa zwanzig Jahren aufgeführtes Trauerspiel Die Bluthochzeit‘ an dieser Kunststätte zur ersten Aufführung, welche von dem vollbesetzten Hause mit sehr lautem Beifall begleitet wurde. Das auf starke theatralische Wirkungen berechnete Stück erschien hier, seenisch reich ausgestattet, ganz im Geiste des Dichters, der ein groß angelegtes historisches Gemälde in einer Reihe von Einzelbildern zufammentrug, die bald durch ihre tiefe Tragik ergreifend, bald durch ihre reine Poesie rührend, als ein Wiederschein wirklicher Vorgänge gelten können. Vom Standpunkte des Mimen aus angesehen bietet das Stück viele gute oder schöne Rollen dar, in welchen der Darsteller seine Kunst und seine Künste zeigen kann, und in dieser Richtung schien der Haupt⸗ en sich zu bewegen, der den Zuschauern vorgestern dargeboten wurde.
Von den Personen, die im Mittelpunkte der Handlung stehen, wurde jede in ihrer Eigenart charakteristisch verkörpert, aber es fehlte der rechte Gesammteindruck, es fehlte die höhere Einheit, in der die Einzel⸗ erscheinungen zusammentreffen müssen, um einen wahren Kunstgenuß darzubieten und zu ermöglichen. Herr Stahl brachte die rührende Einfalt des schwachen Königs darstellerisch tadellos zur Geltung, zeigte aber in der letzten Scene die Wirkungen des eingeathmeten Gifts körperlich viel zu stark; vortrefflich gelang ibm der Ton in den poetischen kurzen Scenen mit seiner Schwester Margarethe von Valois, die von Fräulein Nu scha Butze mit ihren reichen schauspielerischen Mitteln und ihrem feinen Sinn für das rechte Maß bei⸗ fallswürdig wiedergegeben wurde. Die harte Medicäerin wurde von Fräulein Baumgart mit unerbittlicher Strenge nach dem Charakter ihrer abstoßenden Rolle durchgeführt. Herr Kraußneck spielte den Heinrich von Ravarra in den ersten Scenen sehr geschickt; weniger gelang dem Darsteller die Scene mit Margarethe im dritten Akt. wo er Hoheit im Wesen und Innigkeit im Ton vermissen ließ. Die Nebenrollen waren im Ganzen erfreulich besetzt und wurden recht tüchtig dargestellt.
In der Vorstellung der „Zauberflöte am Donnerstag im König⸗ lichen Opernhause sind die Damen Herzog, Leisinger, Dietrich, Kopka, Rothauser, Lammert, Staudigl, 66 und Weitz, die Herren Rothmühl, Betz, Mödlinger, rolop und Lieban beschãftigt. Am , findet die erste Wiederholung der mythologischen Tanzdichtung „Prometheus“ und der Oper nCavalleria rusticana“ statt. In der Oper treten die Damen Sucher, Rothauser und Staudigl, die Herren Sylva und Betz auf.
Im Königlichen Schauspielhause geht am Sonnabend das Lustspiel ‚Wohlthätige Frauen! von A LArronge zum ersten Mal in Scene.
Das Programm des Orchester⸗Concerts, welches der Komponist Ed. Behm am Donnerstag Abend in der Sing Akademie ver⸗ anstaltet, bringt von Instrumentalwerken jenes Quintett in G-moll und die Symphonie in D-moll, welche Herrn Behm soeben den großen Mendelssohn ⸗Preis eingebracht haben. — Morgen Abend 77 Uhr findet in der Sing ⸗ Akademie der zweite Klavier⸗ abend von Fräulein Sophie von Posnangsky aus St. Petert⸗ kurg statt. — Die Abholung der Abonnements für den J. Cyelus der k Coneerte (Direktor H. von Bülow) muß paͤtestens am Donnerstag Abend 6 Uhr bei Bote u. Bock erfolgt sein; ebendaselbst Abonnements für die sämmtlichen zehn Concerte, sowie Verkauf von Einzelkarten für das J. Concert am 26. Oktober.
Zum achtzigsten Geburtstage von Franz Liszt veranstaltet Kapell⸗ meister Meyer im Coneerthause morgen eine besondere „ Liszt⸗ Feier. Frau Betty Waibel wird an diesem Abend Wieder möcht ich dir begegnen,. „Schlüsselblümchen und die „Loreley singen. Der Klaviervirtuose Herr Zalewski spielt die ‚Ungarische Rhapsgdie Nr 12*, das „Concert in Es- dur“ und zwei Consolations⸗. Das Orchester bringt die symphonischen Dichtungen Festklänge un Ma⸗ zeppa-, fowie die Ungarische Rhapfodie Rr. 15, den „Goethe ⸗Marsch und Anderes zur .
Mannigfaltiges.
Bei d aupt⸗Kadettenanstalt zu Groß-Lichterfelde fand a. 6 die Enthüllung einer Bronze bü te
Seiner Majestät des Kaisers statt, die in den Schmuckanlagen des südlich der Anstalt gelegenen 6 Aufstellung gefunden hat. Die Feier, zu der sich nach der Host“ die höheren Vor⸗ gesetzten der Anstalt, der General⸗Inspecteur des Militär ·˖ Erziehungs⸗ und Bildungswesens, General der Infanterie von Keßler und der Commandeur des Kadetten. Corp, Oberst von Amann eingefunden hatten, war eine kirchlich militärische. Es fand Lor dem Standbild ein Feldgottesdienst statt, zu welchem die Offiziere, Lehrer, Beamten und die Kadetten der gesammten zehn Compagnien Aufstellung genommen hatten. In weihevoller Rede ge⸗ dachte der Kadetten-Pfarrer, Lieutenant a. B. Brück der Bedeutung der Feier; er bob die treue Pflege hervor, welche die Herrscher Preußens dem Kadetten ˖ Corys haben angedeihen lassen und in welcher Seine Majestät der jetzige Kaiser mit Seinen Abnen eins sei, deren Standbilder vom Portal des Anstaltsdomes auf den Nachkommen herabschauen. Demnächst folgte die , . des Commandeurs der Anstalt, Obersten von Freyhold, worauf die Hülle fiel. Der Vorbei= marsch der beiden Bataillone auf dem Paradeplatz der Anstalt bildete den Abschluß der Feier. — Die Bronzebüste des Kaisers ist in anderthalb Lebengeröße bom Bildhauer Albert Manthe modellirt und bei Martin und Piltzing hierselbst gegossen. Sie steht auf einem vier Meter hohen viereckigen Postament von Sandstein, das sich auf einem Sockel von Granitplatten erhebt. Das ausdrucksvolle Antlitz des Herrschers ist dem Portal der Kirche zugekehrt.
Vom Königlichen Gisenbahn⸗Betriebsamt Breslau ist uns folgende, das gestern kurz gemeldete ECisenbahnunglück in Kohlfurt betreffende Mittheilung zugegangen: Der Nachischnellzug von Breslau nach Berlin ist in der Nacht vom Sonntag zum Montag gegen 1 Uhr bei der Einfahrt in den Babnbof Kohlfurt dadurch verunglückt, daß eine Rangirlokomotive in die Seite gefahren ist. Hierdurch sind beide Lokomotiven des Schnellzugs, der Gepäck⸗ wagen und zwei Personenwagen J./II. Klasse entgkeist und stark be⸗ schädigt. Leider sind hierbei, soweit bis jetzt festgestellt ist, fünf Reisende getödtet und vier Reisende verletzt worden. Auch zwei Be—⸗ dienstete der Cisenbahn sind verletzt. Die Untersuchung ist sofort eingeleitet.
Nach einer Meldung des W. T. B.“ vom gestrigen Tage sind die Namen der bei dem Unglück Getödteten: I) Herrmann Schäfer aus Beuthen O.-S; 2) Apotheken, Besitzer Wiener aus Berlin, Kurstraße 34 35; 3) Christoph Friedrich von Kardorff aus Berlin; 4) Rittmeister von Böhm aus Lyck; 5) Dr. jur. Paul Wolff aus Berlin, Behrenstraße 43344. Verletzt sind, je⸗ doch nicht lebensgefährlich: von Koschitz ki aus Lichterfelde; Heizer Zippel und Fuhrer Trenner.
Ueber die Persönlichkeiten der Verunglückten hat die Nat. Itg.“ Nachstehendes ermittelt: Der Apotheker Herr Wiener, Kurftraße 34/56 in Berlin, seit dem 1. Juli Besitzer der daselbst belegenen Ein horn Apotheke, ist gebürtig aus Beuthen O.⸗Schl, unverheiratbet und befand sich auf der Rückreise von einem Besuch bei seinen Verwandten. Der verunglückte Herr von Kardorff ist der älteste Sohn des Landraths und Reichs tags⸗Abgeordneten von Kardorff⸗ Wabnitz. Er war unverheirathet, Königlicher Regierungs Referendar und Lieutenant der Reserve des Dragoner⸗Regiments Tönig Friedrich III. (2. Schlesisches) Nr. 8. Herr Dr. jur. Paul Wolff gebört dem Berliner Bureau der Laurahütte an. In der Behrenstraße 43544 (im Hause der Diskonto ⸗Gesellschaft) ist das Bureau der Gesellschaft. Seine Privatwohnung ist Linienstraße 154. Er stammt aus Tarnowitz, wo seine Eltern noch leben, war verlobt und stand unmittelbar vor seiner Verheirathung. Herr von Böhm, Rittmeister und Esgcadron-Chef im Ulanen ⸗Regiment Graf zu Dohna Ostpreußisches) Nr. 8, war der älteste Rittmeister des in Lyck garni⸗ sonirenden Regiments.
Ein Augenzeuge, der bei dem Unfall selbst zu Schaden gekommen ist, berichtet der Tägl. R.“: Als um 12 Uhr 50 Minuten Nachts der Zug etwa noch 1560 m von der Station Kohlfurt entfernt war, wurden die zumeist schlafenden Fahrgäste plötzlich durch schrille Noth⸗ signale von ihren Sitzen aufgeschreckt, und schon im nächsten Augen⸗ blick verspürten sie eine furchtbare Erschütterung. In wilder Eile stürzten Alle aus den Wagenabtheilungen. Der Anblick, der sich bot, war entsetzlich; eine Rangirmaschine war in schräger Richtung in den Expreßzug hineingefahren und, obwohl beide sich in ge⸗ mäßigter Fahrgeschwindigkeit befanden, hatte der Zusammenstoß doch eine furchtbare Wirkung gehabt. Ein Wagen jweiter Klasse, in welchen die Rangirmaschine hineingefahren, war durch den Anprall umgeworfen, die Seitenwand war zertrümmert und auf letztere hatte sich die Lokomotive halb heraufgeschoben. Der Schornstein war in das erste Abtheil des nachfolgenden Wagens dritter Klasse bineingedrungen, sandte eine gewaltige Rauch masse in dieses hinein und brachte die Reisenden in die Gefahr des Erstickungstodes. Durch den starken Rauch wurden neun Personen, welche in diesem Abtheil saßen, der Besinnung be⸗ raubt; nur ein Einziger, ein Berliner Kaufmann, hatte noch so viel Krast, die Thür aufzureißen und ins Freie zu stürzen. Hier erholte er sich bald soweit, daß er mit Hülfe Anderer die betäubken Wagen insassen rettete Ein Theil von ihnen kam bald wieder in der frischen Luft zu sich, während es bei mehreren Damen stundenlanger Bemühungen bedurfte, sie wieder ins Leben zurückzubringen; auch aus den ührigen Wagen wurden zablreiche Obnmächtige herausgehoben, die man in das Stationsgebäude trug. Auch ein Schlafwagen war aus dem Geleise herausgeworfen, während die beiden Lokomotiven des Expreßzuges umgeschleudert und stark beschädigt waren. Sowohl die Reisenden, soweit diese Hülfe leisten konnten, als auch das Bahnhofspersonal nahmen sofort die Rettungsarbeiten in Angriff, welche sich ganz be⸗ sonders schwierig bei dem zertrümmerten nur noch einen Bretter⸗ haufen bildenden Wagen zweiter Klasse gestalteten. Hier mußte die ganze Decke abgehoben werden, um die unter den Trümmern und der , men Rangirlokomotive befindlichen Fahrgaäͤste hervor⸗ zuholen.
Die „Schles. Ztg.‘ bringt ferner folgende Mittheilung: Das Eisenbahnunglück sst ausschließlich auf das Verschulden eines ein zelnen Mannes, Nameng Trennert, Führers einer Rangirmaschine, zurückzuführen. Was diesen Mann, einen seit seiner vor Jahresfrist erfolgten Verehelichung als nüchtern und besonnen bekannten Mann. zu seinem unseligen, verderbenbringenden Thun in der Unglücksnacht vermocht hat, ob eine Sinnestäuschung, eine kurze Unachtsamkeit oder was sonst, das ist bis jetzt noch nicht zu ermitteln gewesen. Denn der Mann, obschon äußerlich anscheinend ohne Verletzung davongekommen, war bis heute Abend, wahrfcheinlich in Folge der furchtbaren Aufregung durch die Katastrophe, vielleicht auch in Folge einer dabei davongetragenen Erschütterung des Rücken⸗ marks, vernehmungsunfähig. Aus den äußeren Umständen des Unglücksfalles ist in keiner Weise eine Veranlassung für das verhängnißvolle Thun Trennert's abzunehmen. Trennert, welcher in Kohlfurt wohnt, hatte Sonntag daselbst noch zu später Stunde für kurze Zeit einen Vergnügungsabend in einer Gast⸗ wirthschaft besucht und begab sich von da nach dem Bahnhofe ju seinem Dienste. Derselbe, jede Nacht jahraus, jahrein in derselben Weise dort wiederkehrend, bestand in Folgendem: Auf der nach Breslau zu belegenen Giebelseite der für den Personen verkehr be⸗ stimmten Bahnhofsbauten hatte Trennert seine Rangirmaschine . Auf ihr verharrte er, bis der von Lauban (kommende Personenzug an der (von Breslau und von Trennert's Stand punkte auß gerechnet) rechten Seite des Empfangsgebäudes, und zwar auf dem diesem Gebäude zunächst belegenen Geleise, Halt gemacht hatte. Dann setzte Trennert seine Maschine über eine zu diesem Zwecke von dem Weichensteller Gepke bediente Weiche binaus in Bewegung. fuhr auf dem Geleise, auf dem der von Lauban gekommene Zug stand, von hinten an diesen binan, ließ die rl. Eilgüter enthaltenden Wagen dieses Zuges an seine Maschine ankoppeln, fuhr mit diesen Eilgutwagen wieder zurück und brachte sie abseits, links von den Bahnsteigen, auf ein anderes Geleise. Dort ließ er sie loskoppeln und begab fich seinerseits mit seiner Maschine wieder auf seinen ursprünglichen Standort zurück. Hier wartete er, bis der Schnellzug Breslau⸗Berlin, dessen Geleise das (vom
Bahnsteig aus gerechnet) zweite, also hinter dem des Laubaner Zuges
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