1891 / 249 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Rachsucht gab sie nicht minder ergreifend, wie die rührenden Bitten um Turiddu's Liebe und Treue. Fräulein Rothauser sang und spielte die Lola mit gewinnender Einfachbeit, ohne Ueber ˖ treibung der Koketterie. Frau Staudigl gab die Lucia würdig, wenn auch vͤelleicht etwas zu jugendlich. Herr Betz, der gefeierte Sänger, schien als Alfio nicht recht am Platz zu sein; vielleicht daß ibm die Rolle auch nicht behagte. Die Chöre sangen sicher und rein; nur war das Tempo zuweilen ju rasch, sodaß die weibevolle Stimmung, welche der Gesang vor der Kirche verbreitet, nicht recht jur Geltung kam. Die Ausstattung und die Scenerie waren lebenkwahr und zeugten bis ins Einzelne von der großen Sorgfalt der Einstudirung. Daß die Kirche halb in den Hintergrund der Bühne gelegt ist, muß als eine willkommene Besserung angesehen werden, da sie ebenso wie der Platz davor den Hauptort der Handlung bildet. Die Aufnahme war eine sehr warme. Das Intermezzo‘ zwischen den beiden Abschnitten wurde. wie üblich, Dacapo verlangt und gewährt; indeß möchten wir bei aller Anerkennung seines musikalischen Werthes glauben, daß es besser sein würde, wenn diese überall üblich gewordene Unsitte in dem König lichen Opernhause sich nicht ein bürgerte. .

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten der Vorstellung vom Anfang bis jum Schluß bei. Wie uns mitgetheilt wird., hat Sich Seine Majestät nach der Vorstellung an⸗ erkennend und höchst befriedigt über die mythologische Tanzdichtung Prometheus“ sowie über die Oper „Cavalleria rusticana“ und die Aufführung beider] Werke ausgesprochen und dem Herrn General Intendanten befoblen, den Betreffenden diese Allerhöchste Anerkennung zur Kenntniß zu bringen.

Sing Akademie. .

Die junge höchst begabte russische Pianistin Fräulein Sophie von Posnans ky gab gestern ihren zweiten Klavlerabend, der noch in gesteigertem Maße die Vielseitigkeit ihres virtuosen Spiels hervor⸗ treten ließ, zumal das Programm Stücke von noch bedeutenderer Schwierig⸗ keit enthielt, als das des ersten Abends,. Schumann's „Davids. bündler“, ein wahrer ö für Concertspieler, erfordern in seinen sehr mannigfaltig konstruirten zahlreichen Abhschnitten schon eine sehr durchgebildete Künstlerhand und ein tiefes Eingeben in den Genius des Komporisten, wenn sie dem Zuhörer klar vorgeführt werden sollen. Beides war der Concertgeberin zu eigen. Die As- dur -Polonaise von Chopin ist wohl sehr selten von einer Dame so vor trefflich ausgeführt worden; die Klarheit und Rapidität der Oktavengänge der linken Hand setzte Alles in Erstaunen. Auch die zarte Behandlung der melodiösen Stellen im Nocturne und in der Bereeuse desselben Komponisten, sowie ihre sorgfältige Phrasirung in den Variationen von Brahms über ein Thema von Schumann und in der A-dur-Sonate von Beetboven verdienen das größte Lob. Konnten wir uns auch mit den Tempohewegungen der chromatischen Phantasie von Bach nicht immer einverstanden erklären, so war doch die geschmackvolle Ausführung der kleinen zum Schluß gespielten Salonstücke von Saint⸗Sasns, Tschaikowsky und Rubinstein tadellos und von außerordentlicher Wirkung.

In der Vorstellung der Oper „Cavalleria rustieana“ am Sonn- abend im Königlichen Opernhause sind die Damen Pierson, Dietrich und Lammert, die Herren Rothmühl und Bulß beschäftigt. In der Sonntagsvorstellung der Oper „Der Prophet“ setzt Frau Ritter⸗Götze ihr Gastspiel fort. ö .

Das Deutsche Theater bereitet für die nächste Zeit eine Reihe von Aufführungen vor, welche neben ihrer dramatischen Einzelwirkung

durch die literarische Zusammengebörigkeit der Stücke und die ön⸗ lichkeit ihres Dichters sich zu einem charakteriftischen Gesammtbild aneinanderschließen. Es handelt sich um einen Cyklus der hauptsäch⸗ lichsten Dramen Goethe's, welcher in kurzen Zwischenräumen bereits im Laufe des Novembers in Scene gehen soll. In jeder Woche sollen zwei bis drei Aufführungen stattfinden, sodaß der ganze Cyklus sich auf ungefähr vier Wochen vertheilen wird. Für die Gesammtheit der Aufführungen ist ein Abonnement in Aussicht genommen, dessen Be⸗= dingungen nebst der Reihenfolge der aufzuführenden Stücke in den nächsten Tagen kund gegeben werden wird.

Julius Wisbeck, der bisherige artistische Sekretät des Lessing⸗ Thea ters, ist in der gestrigen Nacht seinen schweren Leiden erlegen. Das Institut, dem er angehörte, verliert an ihm einen treuen und kenntnißreichen Mitarbeiter. In der Theaterwelt hatte sich der enn sangent einen geachteten Namen und lebhafte Sympathien erworben.

Als zweite Kinder ⸗Vorstellung bringt das Belle⸗Allignge—⸗ Theater am Sonnabend Nachmittag wieder das beliebte Märchen Die Heinzelmännchen“. ;

Morgen Abend 75 Uhr findet in der Sing ⸗Akademie das Concert des Violinvirtuosen Johann Kruse unter Mitwirkung der Concertsängerin Frau Cornelia Schmitt ⸗Csänyi statt; den Oꝛchester⸗ part übernimmt das Philharmonische Orchester unter Leitung des Herrn Prof. Dr. Joachim. Für das eistep hil harm onische Coneert unter Hans von Bülow's Leitung findet am Sonntag. Vormittags 115 Uhr, in der Philharmonie die öffentliche Hauptprobe statt; das Programm bringt Hapdn's Symphonie in D Nr. 5 der Breitkopf u. Härtel'schen Ausgabe), Mozart's G-moll Symphonie und die VII Symphonie in A-dur von Beethoven. Der Kartenverkauf (2.4) ist bereits bei Bote u. Bock eröffnet. ; ;

Fräulein Helene Mayer wird in ihrem am Dienstag im Saal des Rözmischen Hofs“ stattfindenden Concert eine Arie aus Rossini's „Semiramis“, sowie Lieder von Schubert, Schumann, Liszt, Brahms, H. Hofmann und O Eichberg zum Vortrag bringen. Der Klaviervirtuose Perey Shorvood wird in seinem am 27. Oktober in der Sing Akademie stattfindenden, gemeinschaftlich mit dem Hof⸗Opernsaͤnger Paul Jensen aus Dresden zu ver⸗ anstaltenden Concert von größeren Werken Beethoven's Sonate op. 109 und Schumann's Phantasie op. 17 zu Gehör bringen. Kammersänger Carl Perron wird hier am 3. November in der Sing⸗Akade mie gemeinschaftlich mit dem Klavier⸗ virtuosen Emil Paur ein Concert veranstalten, in welchem er u. A. Beethoven's Liedereyelugß An die entfernte Geliebte“ vorzutragen gedenkt. Fräulein Käthe Lenbach, die junge Sängerin, welche am 4. November zum ersten Mal in Berlin in der Sing ⸗Akademie auftreten wird, ist eine Schülerin Eugen Gura's. Herr Alberto Jonas, der spanische Klaviervirtuose, wird in seinem hiesigen Concert in der Sing⸗ Akademie am 6. November in das Concert u A. A-cmoll von Paderewski spielen; das Werk wurde in Berlin bisher nur vom Komponisten in einem der vor— jährigen Philharmonischen Concerte vorgetragen. Das hier bereits vortheilhaft bekannte Geschwisterpaar Fo banna und Willy Bur⸗ mester (Klavier und Geige) wird Anfang November hier in der Sing ⸗Akadem ie concertiren. ö

Zum Geburtstage Albert Lortzing's reignstaltet Kapellmeister Meyder im Concerthause morgen unter Mitwirkung der Concert⸗ sänger Herren Rosenthal und Federhof Möller eine besondere Lortzing Feier. Herr Rosenthal wird an diesem Abend das Lied aus der Oper Der Waffenschmied“ꝰ und das Lied aus der Oper „Zar und Zimmer⸗

;

mann singen. Herr Federhof Möller singt das Lied aus der Dyer Undine. Das Orchefter bringt die Fest ˖ Duverture, den Holischubtanz aus der Oper Zar und Zimmermann, die Phantasie Ein Immor⸗ tellenkrar auf das Grab Vortzing g-, die Duverture zur Oper Zar und Zimmermann“, die Balletmusik aus der Oper Casanopa“ ꝛc. zur Aufführung. .

Die neuesten Nummern der Lessmann'schen Allgemeinen Musikzeitung“ enthalten eine interessante Sit eh le von A. Heintz unter dem Titel: Das Geheimniß Wagner's und seing Offenbgrung zu Bayrentb.“‘ Die jetzige Verwaltung der Bayreuther Bühnenfestspiele im Vergleich mit den ursprünglichen Intentionen des verewigten Meisters wird in dieser Betrachtung aufs Eingehendste kritisirt.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

München, 22. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten nahm heute einstimmig den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Forderung von 14963 006 4 zur Vermehrung des Fahrmaterials an. Im Taufe der Debatte erklärte der Minister⸗Präsident Freiherr von Crailsheim, daß er dem Gedanken, fur unvorher⸗ gesehen auftretenden Bedarf an Fahrmaterial ebenso wie für den Ankauf von Grundstücken einen besonderen Fonds zu beschaffen, sympathisch gegenüberstehe. Ebenso sympathisch sei ihm die Anregung, in Zukunst eine höhere Summe für ö. rig des Fahrmaterials in das Budget ein⸗ zustellen.

Die Einnahmen der bayerischen Staatsbahnen betrugen im Monat September 10511 025 gegen August cr. 64 645 S6. mehr. Die gesammten Einnahmen seit dem 1. Januar betragen 77 725 149 6, daher 2 139 577 M weniger als im Vorjahre, obwohl die Länge der Eisenbahnen in diesem Jahre um 82 Kilometer größer ist.

Wien, 22. Oktober. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Vormittag den Herzog Wil helm von Württem⸗ berg in Audienz.

In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses erklärte der Handels- Minister Marquis Baecquehem, die öster⸗ reichische und die ungarische Regierung seien mit der Re⸗ form der Patent gesetzgebung beschäftigt; allein der Zeit⸗ punkt ihrer , sei gegenwartig noch nicht zu bestimmen.

London, 22. Oktober. (W. T. B.) Nach einer Mel⸗ dung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos⸗-Aires vom 21. d. M. ist der Verwaltungsrath für den neu zu er— richtenden Banco Unico nunmehr ernannt. Die Bank wird am 2. November eröffnet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

c ——

Wetterbericht vom 22. Oktober,

Morgens 8 Uhr. des Herzens.

Am Fenster.

Stationen. Wetter.

88 8 ** D8 85 L —— 8 255 353 1 . 228 * 328

in O Celsius

Temperatur I 50 C. = qo R.

Anfang 7 Ühr.

halb bed. bedeckt bedeckt Regen Regen halb bed. wolkenlos bedeckt

2 2

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. ö, ;

t. Petersburg Moskau ... 764

Gork. Queens⸗ ton JI197 Gherbourg 741 elder. ... 746 vlt 747 Hamburg.. 760 Swinemünde J750 Neufahrwasser 750 Memel... 752

Paris.... 750 Münster.. . 750 Karlsruhe. 755 Wiesbaden. 754 München.. 757 Chemnitz.. 754 Berlin. ... 752 Wien .... 754 Breslau ... 7652

31 d'Aix .. 749 ö ö

) Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein barometrisches Maximum liegt über Nord—⸗ west Rußland, ein anderes von geringerer Höhe über Süd ⸗Deutschland, während die Depression im Nord⸗ westen wenig Aenderung zeigt. Am Kanal wehen

Berga. Myusik

2 O Se l O O d O

von Beethoven.

22 * 382

= O0 C D d L N.

Dirigent: Musi

Regen bedeckt wolkenlos

GG GG

Regisseur Max

wolkenlos wolkenlos wolkig bedeckt bedeckt bedeckt halb bed. bedeckt wolkig

wolkenlos 3 Regen

Berliner T

Sonnabend: Geizige.

de o = de e Re L d de = r, r =

fang 7 Uhr.

ift bei schwacher meist südlicher bis westlicher Luft⸗

Regen gefallen, in erheblicher Menge in den süd ; lichen Gebietstheilen. Aus Süd Norwegen. Däne mark sowie aus dem nordwestlichen und südlichen

Nizza 51, Cherbourg 45 mm.) 3. ö ; Deutsche Seewarte.

6 Friedrich

Schauspielhaus. 224. Vorstellung. Die Angen

G. Gallina. Aus dem Italienischen von J. Stinde. In Seene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur M. Grube.

Philippi. In Seene gesetzt vom Regisseur Plaschke. Herrn Kandel's Gardinenpredigten. Lustspiel in 1 Aufjug von G. v. Moser. Regie: Hr. Krause.

Sonnabend: Opernhaus. 216. Vorstellung. Ca- valleria rusticana (Bauern-⸗Ehre). Oper in 1 Aufzug, nach dem gleichnamigen Volksstück von

gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell. meister Weingartner. Vorher: Prometheus. Musik

dichtung E. Taubert's in 2 Akten von Emil Graeb.

heiter Schausyielhaug. 225. Vorstellung, Zum J Male: Wohlthätige Franen. Lustspiel in 4 Aufiügen von Adolph VArronge. In Scene gesetzt vom Ober⸗

Deutsches Theater. Freitag: Des Meeres

und der Liebe Wellen. Sonnabend: Die Stützen der Gesellschaft. Sonntag: Die inder der Excellenz. Die nächste Aufführung von „Der Psarrer von Kirchfeld“ findet am Montag statt.

Die Bluthochzeit. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachm. 2 Uhr: Die Bluthochzeit. Abends 75 Uhr: Esther. Der Geizige.

Tessing Theater. Die Großftadtluft. Schwank in 4 Akten von Ogcar Blumenthal und Gustav Kadelburg. An

Sonnabend und Sonntag: Die Großstadtluft.

Wallner Theater. starke bis stürmische südliche Winde. Das Wetter ir, , e, Poss? in 1 Att von Julius

Freund. Hierauf: bewegung in Deutschland andauernd mild, im Westen , 9 z Stephi. vielfach heiter, sonst trübe j fast überall ist daselbst . 7 . in 3 Akten von France ab

. Sonntag: Gewagte Mittel. Hierauf. auf all gankreich werden große Regenmengen gemeldet. gemeines gerlc i e fer s R er olina.

—Wilhelmslãdtisches Theater.

Familienbild in 1 Aufzug von

Lustspiel in 1 Aufzug von Felix

von Pietro Mascagni. In Scene Nach einer mythologischen Tanz⸗

kdirektor Hertel. Anfang 7 Uhr.

Grube. Anfang 7 Uhr.

heater. Freitag: 8. Abonn. Vorst. Zum 1. Male: Esther. Der

Freitag: Zum 1. Male:

Freitag: Zum 4. Male:

Zum 4. Male: Gewagt

eportgeschichten. Geinagte

alljährlich in der feierlichsten Weise neu gewählt und im glänzenden Umzuge zum Schloß geleitet, wo ihn der König von Frankreich in Audienz empfing.

Nestdenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten ˖ burg. Freitag: Zum 24. Male: Besuch nach der Hochzeit. Lustspiel in 1 Akt von Alexander Dumas. Deutsch von Paul Block. In Seene gesetzt von Sigmund Laufenburg. Hierauf, zum 24. Male: Von Dreien der Glücklichste. Schwank in 3 Akten von Labiche und Gondinet. Regie: Emil Lessing. Anfang 73 Uhr.

Sonnabend u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Belle Alliance Theater. Freitag: Zum 85. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstgttung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen Requi⸗ siten, Beleuchtungteffcten ꝛ·. Jung⸗Deutschlond zur See. Großes Ausstattungs-Jeitbild in 4 Akten 7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde; Wirk liches Rennen auf der Bühne von lebenden Pferden. Anfang 73 Ubr.

Sonnabend: Vieselbe Vorstellung.

Morgen. Sonnabend: Zweite Kinder -= Nach- mittags Vorstellung zu ermäßigten Preisen. „Die Heinzelmännchen.“ Märchen ⸗Komödie mit Gesang und Tanz von Oszear Klein.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: 1. Vol ls Vorstellung zu Volkspreisen (Eintritt auf sämmtlichen Plätzen des Theaters 1 A). Preciosa.

Vorvelkauf zu beiden Vorstellungen von heute ab an der Theaterkasse.

Adolph Ernst-⸗ Theater. Freitag: Zum b3. Male: Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll—⸗ ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen sind auß dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 77 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Thomas Theater. Alte Jakobstraße¶ 30. Direktion: Emil Thomas. Freitag: Zum 2. Male: Unruhige Zeiten, oder: Lietze ss Memoiren. Posse mit Gesang in 3 Akten (8 Bildern) von Emil Pohl für das Thomas. Theater neu bearbeitet. Die neuen Couplets von A. Bender. Musik von A. Conradi und J. Doebber. In Scene gesetzt von Emil Thomas. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Concert Jaus. Freitag: Karl Mevder · Concert.

Lortzing⸗ Feier unter Mitwirkang der Concertsänger Herren Rosenthal und Federkof⸗Möoͤller.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes ⸗Ausstellungs Park Cehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im e n e Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Circus Renz. Karlstraße. Freitag: Abends 7I Uhr: ‚Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth;, gr bydroloagische Ausstattungs Pantomime in 2 Abthei⸗ lungen mit National Tänzen (60 Damen) Aufzügen ꝛe Dampfschis und Bootfabrten, Wasserfällen Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten ꝛc, arrangirt und inseenirt vom Dir. E. Renz. Kunst—⸗ schwimmerinnen drei Geschwister Jobnson. Schluß⸗ Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, in einer Höhe von mehr denn 80 Fuß ausstrahlend Außerdem: 6 Trakehner Rapphengste, zusamm. dress. u. vorgef. von Hrn. Franz Renz. 4fache Fahrschule, geritten von 4 Herren mit 8 Schulpferden. Schulpferd Coriolan, geritten v. Irl Oceang Renz. Großes Hürden Rennen mit Vollblutspringpferden, geritten von Damen und Herren. 3 Athleten zu Pferde, von den Gebr. Briatore. Geschwifter Cottrellv, Equilibristinnen. Mlle. Adele, Parforcereiterin. Mr. F. Chiarini, Jockeyreiter Mr Alexandre, Saltomortales reiter Mr. Faseio, Voltigeur ꝛe. Komische Intermezzos von sämmtl. Clowns. ; Sonnabend: Gala · Vorstellung. . Auf Helgoland). Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachm. 4 Uhr (ein Kind frei): Auf vielseitiges Verlangen: Die luftigen Heidelberger. Abends 7 Uhr: „Auf Helgoland“.

——

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Ellv Eckert mit Hrn. Ritter⸗ , . Vollrath Lübbe (Berlin Klein Lunow in Meckl)

Verchelicht: Hr. Ludwig Frhr. von Hammerstein⸗ Getsmold mit Frl. Gertrud von Mandelgloh (Telle)h. - Hr. Lieut. Leo Tellenbach mit Frl. Anni von Tresckow (Stünzhain bei Altenburg).

Geboren! Ein Sohn: Hrn. Albrecht von Estorff (Veer ßen).

Gestorben: Frl. Margarethe von Villaume (Potsdam). = Dr. Hauptmann Sell Stettin). Verw. Fr. Superintendent Therese Benicke, geb. Kühze (Stolpe). Hr. Lieutenant Max Rudloff (Vogelsang bei Lalendorf in Meckl) * Hrn. Hauptmann von Zander Sohn Albrecht (Soldau).

m Theater⸗Anzeigen.

Näönigliche Schauspiele. Freitag: Opern baus. 215. Vorstellung. Cavalleria rusti- Cana (Gauern - Ehrej. Oper in 1 Aufzug, nach dem gleichnamigen Volksstück von Verga. Musslsvon , Maßcagni. In Scene gesetzt vom QOber⸗

egssseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Wein gariner. Vorher: Promethens. Mustk von Beethoven. Nach einer mythologischen Tanzdichtung G. Taubert's in 2 Akten von Emil Graeb. Diri⸗ gent: Musskdirektor Hertel. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Der Vogelhändler. Operette in 3 Akten von West und Held. Musik von C. Zeller. Regie: . Binder. Dirigent: Hr. Kapellmeister Karpa. nfang 7 Uhr. ; Sonnabend: Der Vogelhändler.

Die Basoche. Komische Beutsch von R. Gense. Musik von André Messager. Jof. J In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kapellmeister Federmann. . Basoche“ war eine Zanft

oachim.

schiedenen Privilegien ausgestattet. Der König der

Bafsoche, welcher auch Münzen prägen durfte, wurde

Concerte.

Freitag, Abends 71 Uhr: Berlin:

Goncert von Johann Kruse, unter gefälliger Mit⸗ Donnerstag, 298 Oktober: Zum 1. Male, mit wirkung der Concertsängerin Frau Cornelia Schmitt durchaus neuer n, , . verstärktem Orchester: Gignyi und unter Mitwirkung des Philharmonischen per in 3 Akten von Carrs. Srchesterk, unter gütiger Leitung des Herrn Prof

Sing - Akademie.

Freitag, Abends 76 Uhr:

5anlt Philharmonie. ber, Harisetzz aßlanents 1b lten, elch m re Populaͤrer Klavier⸗Abend von Prof. Heinrich Barth. und ein Prospekt der Firma Oscar Sperling

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlage⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage),

in Leipzig über Brief · und Formular · Schränke.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 249.

Per sonalver änderungen.

göniglich Prenßische Armee.

Offiziere, Portepee⸗ Fähnriche x. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 20. Oktober. v. d. Burg, General der Infan⸗ ferie und kommandirender General des II. Armee Corps, in Geneh⸗ migung seines Abschiedsgesuches mit Pension zur Disp. und gleichzeitig à Ia suite des 1. Garde ⸗Feld⸗Art. Regts. gestellt. vx. Blomberg, Gen. Lt. und Commandeur der 5. Div., zum kommandirenden Ge—⸗ neral des II. Armee ⸗Corps, Vogel von Falckenstein, Gen. Lt. und Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗Departements im Kriegs— Minlsterium, zum Commandeur der 5. Div., v. Goßler, Gen. Masor und Commandeur der 43. Inf. Brig. kommandirt zur Dienstleistung bei dem Kriegs ⸗Ministerium, zum Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗ departements im Kriegs⸗Min sterium, v. Schmidt, Oberst und Commandeur des Inf. Regts. Freiherr von Sparr (3. Westfäl.) Nr. 16, unter Beförderung zum Gen. Major, zum Commandeur der 43. Inf. Brig. ernannt. v. Bernuth, Oberst-Lieut. und etatsmäß. Stabsoffizier des Inf. Regts. von Horn (53. Rhein.) Nr. 29, mit der Führung des Inf. Regts. Freiherr von Sparr (3. Westfäl) Nr. 16, unter Stellung à la suite desselben, beauftragt. Frhr. v. Bothmar, Oberst Lt. vom Inf. Regt. Nr. 136, als etatsmäß. Stabtz⸗ offizier in das Inf. Regt. von Horn (3. Rhein.) Nr. 23 versetzt Meißner, Major vom Inf. Regt. Nr. 136, zum Bats. Commandeur ernannt. v. Heeringen, Major aggreg. demselben Regt. in dieses Regt. wieder einrangirt. v. Didt man, Gen. Major und Inspecteur der Jäger und Schützen und beauftragt mit Führung der Geschäfte des Kommandos des Reitenden Feldjägercorps, unter. Entbindung von diesem Verhältniß, mit der Führung der 8. Division beauftragt. v. Schweinichen, Gen. Malor und Commandeur der 39. Inf. Brig., zum Inspecteur der Jäger und Schützen ernannt und gleich- zeitig mit der Führung der Geschäfte des Kommandos des Reitenden Feldjägercorps beauftragt. v. Alvensleben, Oberst und Com⸗ mandeunr des Inf. Regts. Herwarth von Bittenfeld (1. Westfäl) Nr. 13, unter Beförderung zum Gen. Major, zum Commandeur der 39. Inf. Brig, von Warendor ff, Oberst und etatsmäß. Stabsoffizier des 5. Westfäl. Inf. Regts. Nr. 53, zum Commandeur des Inf. Regts. Herwarth von Bittenfeld (1. Westfäl) Nr. 13, ernannt. Frhr. von Massenbach, Oberst⸗Lt. vom 5. Thüring. Inf. Regt. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), als etatsmäß. Stabs—⸗ offizier in das 5. Westfäl. Inf. Regt. Nr. 53, v. Wagenhoff, Major und Bats Commandeur vom Gren. Regt. König Friedrich Il. (3. Ostpreuß.) Nr. 4, in das 5. Thür. Inf. Regt. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), versetzt. SBurckhardt, Major vom Gren. Regt. König Friedrich 1s. (3. Ostpreuß.) Nr. 4, zum Bats Commandeur ernannt. Funck, Major aggreg. dem Gren. Regt. König Friedrich II. (3. Ost preuß.) Nr. 4, in dieses Regt. wiedereinrangirt. v. Am ann, Oberst A la suite des Kadetten Corps und Commandeur desselben, von Rosen, Oberst à la suite des Kür. Regts. Graf Wrangel (Ostpreuß.) Nr. 3 und Commandeur der 10. Kav. Brig, Graf v. Wartenß⸗ leben, Oberst à la suite des Westfäl. Drag. Regts. Nr. T und Commandeur der 36. Kav. Brig. Knappe, Oberst à la suite des Eisen⸗ bahn ⸗Regts. Nr. 1 und Commandeur der Eisenbahn⸗Brig., zu Gen. Majors befördert. v. Winterfeld, Gen, Lt. und General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Könige, Commandeur der 20. Div', von dem Kommando zur Dienstleistung bei dem General ⸗Feldmarschall Prinzen Albrecht von Preußen Königliche Hoheit entbunden; derselbe führt neben seinen anderweiten Dienstgeschäften vorläufig noch die ihm übertragenen Geschäfte des fehlenden Chefs des Stabes der 1. Armee⸗Insp. fort. von Krosigk, Gen. Lt. und Chef des Militär⸗Reitinstituts, unter Entbindung von dem Kommando zur Ver⸗ tretung des Commandeurs der 20. Div., zum Inspeetetur der 1. Kav. Insp. ernannt. von Willich, Oberst u. Command. des 2. Garde⸗ Drag. Regts. und kommandirt zur Vertretung des Chefs des Militair⸗Reitinstituts, unter Stellung dla suite des gedachten Regts., mit Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des Militär ⸗Reitinstituts beauftragt. Prinz Heinrich Xx. Reuß Durchlaucht, Oberst Lt. und etatsmäß. Stabsoffizier des Regts. der Gardes du Corps, kommandirt zur Vertretung des Commandeurs des 2. Garde ⸗Drag. Regts., zum Commandeur dieses Regts. ernannt. Graf v. d. Asse⸗ burg, Major und etatsmäß. Stabsoffizier des 1. Garde-Ulan. Regts., in gleicher Eigenschaft zum Regt. der Gardes du Corps versetzt. v. Tresckow, Major vom 1. Garde⸗Ulan. Regt., unter Entbindung von dem Kommando als Adjutant bei der Garde⸗Kavallerie Division, zum etatsmäßigen Stabsoffizier ernannt. v. Dewitz, Rittm. und Commandeur der Leib -Escadr. vom Leib⸗ Garde⸗Hus. Regt., als Adjut. zur Garde ⸗Kav. Div. kommandirt. v. Goßler, Ritim. à la suite des Leib⸗Garde⸗Hus. Regts., unter Entbindung von dem Verhältniß als Lehrer bei dem Militär⸗Reit⸗ institut, als Escadr. Chef in das Regt. einrangirt. v. Trotha, Rittm. und Eecadr, Chef vom Leib ⸗Garde-Hus. Regt., zum Com- mandeur der Leib ⸗Etcgdr.; ernannt. Brecht, Rittm. und Eseadr. Chef vom 1. Westfäl. Hus. Regt. Nr. 8, unter Stellung à la suite des Regts.,, als Lehrer zum Militär Reit institut, v. Burgsdorff, Rittm. vom 2. Westfäl. Hus. Regt. Nr. 11, unter Entbindung von dem Kommando als Adjutant bei der 35. Kav. Brig, als Egcadr. Chef in das 1. Westfäl. Hus. Regt. Nr. 8, versetzt. Frhr., v. Willisen, Pr. Lt. vom Drag. Regt. Freiherr von Berfflinger (Neumärk.) Nr. 3, als Adjutant zur 35. Kav. Brig. kommandirt. v. Pr iem, Rittm. und ELeadr. Chef vom Hus. Regt. König Wilhelm J. (1. Rhein) Nr. 7, kom— mandirt zur Dienstleistung bei des Fürsten zu Schwarzburg ⸗Rudol⸗ stadt Durchlaucht, zum Flügel ˖ Adjutanten des Fürsten zu Schwarzburg—⸗ Rudolstadt Durchlaucht ernannt. v. Wallenberg, Rittm. aggreg. dem Hus. Regt. König Wilhelm J. (J. Rhein.) Nr. 7, als Escadr. Chef in dieses Regt. wiedereinrangirt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 18. Oktober. v. Möller, Gen. Lt. und Kommandant von Magdeburg, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension zur Disp. gestellt.

Neues Palais, 29. Oktober. v. Klüber, Oberst Lt. und Flügel ⸗Apjutant des Fürsten zu Schwarzburg ⸗Rudoistadt Durchlaucht, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension und seiner bie herigen Flügel · Adjutanten. Uniform zur Disp. gestellt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der sozial demokratische Parteitag in Erfurt hat eher die noch ausstehenden Beschlüsse, die Opposition und den Programm⸗Entwurf betreffend, gefaßt und wurde alsdann geschlossen. Die Bebel'sche Neuner-Kommission

at natürlich beantrag zu erklären, daß Beweise ür die gegen den Parteivorstand und die sozial— demokratische Reichstagsfraktion vorgebrachten Anschuldigungen nicht erbracht sind, und daß die in dem bekannten

en, der Berliner Opposition dem Vorstande und der Fraktion gemachten Vorwürfe auf Unwahrheiten beruhen, und

Berlin, Donnerstag, den 22. Oktoher

der Parteitag hat diese Anträge nach dem „Vorwärts“ mit allen gegen die Stimmen von neun Vertretern und zwei Ver⸗ treterinnen zum Beschluß erhoben. Der Programm-Entwurf des Vorstandes, den die Kommission des Parteitages nur in unwesentlichen Punkten geändert hat, wurde, von Liebknecht noch einmal in längerer Rede erörtert und ver— theidigt. Der Parteitag genehmigte den Entwurf einstimmig im Ganzen und ohne Debatte. Das neue Programm der sozialdemokratischen Partei Deutschlands stellt in der gegenwärtigen Gestalt nach Anführung der allgemeinen sozialdemokratischen Grundsätze, aus welchen die speziellen Forderungen sich ergeben sollen, folgende Forderungen auf:

I) Allgemeines gleiches direktes Wahl und Stimmrecht mit ge— heimer Stimmabgabe aller über 20 Jahre alten Reichsangehörigen ohne Unterschied des Gescklechts für alle Wahlen und Abstimmungen. Proportional ·Wahlsystem, und bis zu dessen Einführung gesetzliche Neueintheilung der Wahlkreise nach jeder Volkszählung. Zweijährige Gesetzgebungsperioden. Vornahme der Wahlen und Abstimmungen an einem gesetzlichen Ruhetage. Entschädigung für die gewählten Vertreter. Aufhebung jeder Beschränkung politischer Rechte außer im Falle der Entmündigung. 2) Direkte Gesetzgebung durch das Volk vermittels des Vorschlags⸗ und Verwerfungsrechts. Selbstbestimmung und Selbstverwaltung des Volks in Reich, Staat, Provinz und Gemeinde. Wahl der Behörden durch das Volk, Verantwortlichkeit und Haftbarkeit derselben. Jährliche Steuerbewilligung. 3) Er—⸗ ziehung zur allgemeinen Wehrhaftigkeit. Volkswehr an Stelle der stehenden Heere. Entscheidung über Krieg und Frieden durch die Volksvertretung. Schlichtung aller internationalen Streitigkeiten auf schiedsgerichtlichem Wege. 4) Abschaffung aller Gesetze, welche die freie Meinungsäußerung und das Recht der Ver— einigung und Versammlung einschränken oder unterdrücken. 5) Ab— schaffung aller Gesetze, welche die Frau in öffentlicher und privat— rechtlicher Beziehung gegenüber dem Manne benachtheiligen. 6) Er— klärung der Religion zur Privatsache. Abschaffung aller Auf— wendungen aus öffentlichen Mitteln zu kirchlichen und religiösen Zwecken. Die kirchlichen und religiösen Gemeinschaften sind als private Vereinigungen zu betrachten, welche ihre Angelegenheiten vollkommen selbst⸗ ständig ordnen. 7) Weltlichkeit der Schule. Obligatorischer Besuch der öffentlichen Volksschulen. Unentgeltlichkeit des Unterrichts, der Lehrmittel und der Verpflegung in den öffentlichen Volksschulen, so—⸗ wie in den höheren Bildungs Anstalten für diejenigen Schüler und Schülerinnen, die kraft ibrer Fähigkeiten zur weiteren Ausbildung ge— eignet erachtet werden. 8) Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und des Rechtsbeistandes. Rechtsprechung durch vom Volk gewählte Richter. Berufung in Strafsachen. Entschädigung unschuldig Angeklagter, Verhafteter und Verurtheilter. Abschaffung der Todesstrafe. 9) Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hälfeleistung einschließlich der Ge— burtsbülfe und der Heilmittel. Unentgeltlichkeit der Todtenbestattung. 10) Stufenweis steigende Einkommen- und Vermögenssteuer zur Be⸗ streitung aller öffentlichen Ausgaben, soweit diese durch Steuern zu decken sind. Selbsteinschätzungepflicht. Erbschaftssteuer, stufenweise steigend nach Umfang des Erbguts und nach dem Grade der Ver wandtschaft. Abschaffung aller indirekten Steuern, Zölle und sonstigen wirthschaftspolitischen Maßnahmen, welche die Interessen der All⸗ gemeinheit den Interessen einer bevorzugten Minderheit opfern. Zum Schutze der Arbeiterklasse fordert die sozialdemokra— tische Partei Deutschlands zunächst:

1) Eine wirksame nationale und internationale Arbeiterschutz⸗ gesetzgebung auf folgender Grundlage: a. Festsetzung eines höchstens acht Stunden betragenden Normal -Arbeitstages. b. Verbot der Er⸗ werbsarbeit für Kinder unter vierzehn Jahren. C. Verbot der Nacht⸗ arbeit, außer für solche Industriezweige, die ihrer Natur nach, aus technischen Gründen oder aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt Nachtarbeit erheischen d. Eine ununterbrochene Ruhepause von mindestens 36 Stunden in jeder Woche für jeden Arbeiter. e. Verbot des Trucksystems. 2) Ueberwachung aller gewerblichen Betriebe, Erforschung und Rege⸗ lung der Arbeitsperhältnisse in Stadt und Land durch ein Reichs Arbeitsamt, Bezirks ⸗Arbeitsämter und Arbeitskammern. Durch— greifende gewerbliche Hygiene. 3) Rechtliche Gleichstellung der land⸗ wirthschaftlichen Arbeiter und der Dienstboten mit den gewerblichen Arbeitern; Beseitigung der Gesindeordnungen. 4) Sicherstellung des Koalitionsrechts. 5) Uebernahme der gesammten Arbeiterversicherung durch das Reich mit maßgebender Mitwirkung der Arbeiter an der Verwaltung ; ;

Als Sitz des Parteivorstan des wurde wieder Berlin gewählt, auch soll der nächstjährige Parteitag in Berlin statt⸗ finden. Die Vorstandswahl ergab folgendes Resultat:

Es wurden gewählt: Reichstags-Abgeordneter Singer und Metallarbeiter Albin Gerisch als Vorsitzende, Reichs tags⸗Abgeord⸗ neter Auer und Schriftsetzer Richard Fischer als Sektetäre und Reichsstags⸗Abgeordneter Bebel als Kassirer. Zu Contro⸗ leuren der Parteileitung wurden gewählt: Ferdinand Ewald (Brandenburg a. H.), Du bber (Hamburg), Kaden (Dresden), Gottfr. Schulz (Berlin), Fritz Herbert (Stettin), August . (Berlin) und Reichstags⸗Abgeordneter Meister (Han⸗ nover Die vorgestrige Versammlung von Sozialdemokraten hier in Berlin, welche von den Erfurter oppositionellen Vertretern einberufen war, nahm einen sehr stürmischen, für die Oppo⸗ sition erfolgreichen Verlauf. Nach dem Weggang der Frak⸗ tionstreuen, den der sozialdemokratische Stadtverordnete Zubeil angeregt hatte (vgl. die gestrige Nr. 248 d. Bl.), blieben noch immer etwa 606 Personen in der Versammlung zurück. Ueber den Parteitag sprach zunächst der Magdeburger Vertreter Auerbach, der den Parteivorstand und besonders Bebel heftig angriff. Seinen Standpunkt präzisirend, schloß er, nach der „Voss. Ztg.“, mit den Worten: Wir wollen sein und bleiben revolutionäre Sozialdemokraten. Wir wollen kein Titelchen aufgeben von unseren Prinzipien zu Gunsten der indifferenten Massen. Arbeiten Sie mit uns für die revolutionäre Sozial⸗ demokratie. Dr. Bruno Wille, der später das Wort

nahm, bemerkte u. A.:

Vollmar's Rede habe gezeigt, wie der rechte Flügel der Partei aussehe, und laß den linken Fluͤgel in um so bellerer Beleuchtung erscheinen. Vollmar war konsequent, die Opposition sei die Kon⸗ sequenz des linken Flügels. Was dazwischen liege, sei Kom⸗ promiß. Auch mit der Organisation der Partei sei die Opposition nicht einverstanden. Die Partei lasse sich nicht durch Ge⸗ walt zusammenhalten, daher sei der Gedanke der Centra—- lisation ebenfalls Korruption. ‚Wir bäumen uns auf gegen die Dis⸗ ziplinidee, wie sie der Parteivorstand beliebt. Die Zusammengehorig ˖ keit der Partei sei eine geistige. Wie könne man da mit Aus schluß. dekreten kommen? Ein derartiger Ausschluß bedeute nur einen Appell an den Unverstand der Massen, bejwecke nur, die davon Betroffenen für vogelfrei zu erklären nach mittelalterlicher Manier Reichs acht. Bannbulle ꝛe) das nenne man „Disziplin⸗; Redner nenne das Ver⸗ gewaltigung. Dr. Wille brachte folgende Resolutionen ein:

** Anbetracht des Ümstandes, daß der Erfurter Parteitag das Bestreden zeigt, Genossen wegen taktischer und per soͤnlicher Differenzen

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aus der Partei auszuschließen, erklärt die Versammlung: der Sozia⸗ lismus ist eine geistige Bewegung und Gemeinschaft, aus welcher Niemand durch Dekret ausgeschlossen werden kann und hat ein Ausschluß⸗ dekret auf Grund taktischer und persönlicher Differenzen die Tendenz, die Betroffenen mundtodt und einflußlos zu machen Dieser Tendenz wollen wir nach Kräften entgegenarbeiten und zuvörderst die ausge—⸗ schlossenen und ausgeschiedenen revolutionären Sozialisten nach wie vor als Genossen betrachten. „Die Versammlung ist in der Be ziehung mit Vollmar der Meinung, daß jeder Soßalist nach geistiger Selbständigkeit für sich und die Genoffen streben und daber Alles vermeiden möge, was die freie Selbstbestimmung des Einzelnen syste⸗ matisch ertõdtet· .

Diese Resolutionen wurden später gegen zehn bis zwölf Stimmen angenommen. Demnächst sprach noch in demselben Sinne der Buchdrucker Wilhelm Werner. Herr Lief— länder beantragte, eine Kommission zu wählen, welche die Grün— dung eines Vereins der oppositionellen Sozialisten vorberathen soll. Dieser Antrag wurde angenommen und gewählt: Werner, Wille, Scherhach, Kampfmeyer, Schwabe, Paul Ernst, Richard Baginski. Maler Link beantragte, einen Voll— ziehungsausschuß von 17 Personen (davon 7 sofort in Berlin, 10 im Reiche wählbar) zur Gründung einer revolutionären sozialdemokratischen Partei Deutschlands zu wählen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Herr Pfeiffer beantragte noch folgende Resolution: :

Das diktatorische Auftreten des Parteivorstandes und die Stellung, welche der Parteitag in Erfurt zu den Reden Vollmar's eingenommen, hat uns zu der Ueberzeugung gebracht, daß die bisherige Taktik der sozialdemokratischen Partei eine falsche ist, die in ihren weiteren Kon—⸗ sequenzen die alte revolutionäre Bewegung zu einer Reform und Possi⸗ bilistenbewegung machen muß. Die heute versammelten revolutionären Sozialdemokraten erklären, daß sie von heute ab unabhängig von der von der Parteileitung geübten Disziplin für die Befreiung des Pro— letariats propagiren und agitiren werden. Sie versprechen, mit allen ihnen zu Gebete stehenden Mitteln das arbeitende Volk fär eine reine und revolutionäre Sozigldemokratie zu gewinnen zu trachten.“

Nachdem diese Resolution angenommen und auf Antrag Schweitzer (Rixdorf) den aus der Partei ausgeschiedenen Delegirten ein Vertrauensvotum ausgesprochen war wurde die Versammlung geschlossen.

Kunft und Wissenschaft.

. Herr Dozent Barbaro di San Giorgio wird auf viel. seitigen Wunsch in dem Kursus über italienische Grammatik an der Humboldt-Akademie (Freitag Abend 7 9 Uhr) von jetzt an sich statt der französischen der deutschen Sprache be— dienen.

Der künstlerische Nachlaß des Malers Philipp Veit ist, soweit nicht schon früher einzelne Stücke daraus nach Berlin, Frankfurt a. M. u. s. w. verkauft worden waren, im Laufe dieses Jahres in den Besitz der Stadt Mainz, der letzten Stätte der Thaͤtigkeit Veit's, übergegangen. Dieser noch immer sehr reich⸗ baltige Nachlaß ist nun geordnet und, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, seit dem 18. d. M. im Akademiesaale des Kurfürstlichen Schlosses daselbst zur Ansicht ausgestellt. Er enthält neben einzelnen Oel⸗ und Aguarellmalereien eine große Anzahl Hand⸗ zeichnungen Veit's, mehr oder weniger ausgeführt, Entwürfe zu seinen Schöpfungen und Varianten zu denselben, aufgenommen an den Haupt- orten seiner Wirksamkeit, in Wien, Rom, Frankfurt a. M. und Mainz. Insbesondere sind verschiedene Bildnisse und Gewandstudien sowie zwei Selbstbildnisse zu erwähnen, von welchen dasjenige aus dem Wiener Aufenthalt des angehenden Künstlers zu den interessantesten Stücken der Sammlung gehört.

Ein Brief des Asienreisenden N. F. Katanow ist, wie die „Now. Wr.“ mittheilt, dieser Tage in der Geographischen Gesellschaft zu St. Petersburg eingetroffen. Derselbe treibt linguistische Studien in Central⸗Asien und schreibt, daß er soeben im Begriff sei, zu demselben Zweck aus Tschugutschak in das Innere von China ein zudringen, wozu er von Peking aus Erlaubniß erhalten habe. Nach St. Petersburg werde er nicht vor einem Jahre zurückkehren.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Großbritannien. (Indien.)

Zufolge einer in der Bombay Government Gazette“ veröffent—⸗ lichten Verfügung der Regierung zu Bombay vom 30 September 1891 ist die in den Häfen von Aden, Perim und der Somali⸗Küste über Provenienzen von den Küsten des Rothen Meeres, und zwar von Tor bis zum Bab el Mandeb, verhängte Quarantäne aufgehoben worden; Schiffe, welche Mekkapilger an Bord haben, sind jedoch von dieser Befreiung ausgeschlossen.

Egvpten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 83. Oktober 1891 beschlossen, die gegen Ankünfte aus Janbo in Arabien verhängte Cholera Quarantäne (R. A. Nr. 245 vom 17. Ok- tober 1391) auf den Küstenstrich von HJanbo bis einschließlich Confudahb auszudehnen.

Türkei.

Der internationale Gesundheitsrath zu Konstantinopel hat am 6. Oktober 1891 beschlossen, gegen Ankünfte aus dem arabischen Küstenstrich von MJanbo bis einschließlich Confudah Quarantäne zu verhängen. .

Wien, 21. Oktober. Die „Neue Freie Presse! meldet aus Lemberg, daselbst seien mehrere tausend Personen an der In— fluenza erkranlt.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 10 725, nicht recht⸗ zeitig gestellt 66 Wagen. In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 4237, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Subhastations ⸗Resultate.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Schulstraße 5h, dem Fuhrherrn Carl Gericke gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 1020 MS festgesetzt. Fur das Meistgebot von 151 5900 66 wurden die Kaufleute Noa Naumann, , , 27, und Adolf Guttmann, Alte Schönbauserstraße 385, Ersteher; ferner Weißenburgerstraße 39 und Straße 29 Abtheilung XI., dem Klempnermeister Carl Hancke hierselbst gebörig; Nutzungg⸗— werth 25 360 M; das geringste Gebot wurde auf 1195 festgesetzt; für das Meistgebot von 348 600 A wurde der Eigenthümer Au güust Schnell, Bergmannstraße 32, Ersteher. Ausgesetzt, unter Aufrechterhaltung des Zwangsverfahrens, wurde der Termin am