Auch die S5. 263 bis 211, welche die „Erfüllung“!
betreffen, wurden mit nicht erheblichen Abweichungen angenommen. An Stelle des 5. 266 fand die Bestim⸗ mung Aufnahme, daß die an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung erfolgte Leistung unter denselben Voraussetzungen als Erfüllung wirksam werden soll, unter denen nach der zum Allgemeinen Theile als 8 127 beschlossenen allgemeinen Vorschrift die von einem Nichtberechtigten erfolgte Verfügung über einen Gegen— stand wirksam wird. Ferner wurde der §. 267 Abs. 2 dahin ge⸗ ändert, daß unter mehreren fälligen Schulden zunächst diejenige ge⸗ tilgt wird, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, und wurde der §. 268 Satz 2 durch die Vorschrift ersetzt, daß, wenn der Schuldner eine andere Abrechnung verlangt, als die im Satz̃ 1 hestimmte, der Gläubiger die Leistung abzulehnen be⸗ rechtigt ist. Bei der Berathung des 5. 269 Abs. 1, welcher bestimmt, daß der Gläubiger gegen Empfang der Leistung dem Schuldner auf dessen Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen hat, war beantragt, dem Gläubiger die Verpflichtung aufzuerlegen, dem Schuldner eine Quittung im Sinne eines den Empfang der geschuldeten Leistung fest— stellenden Anerkennungsverttags zu ertheilen. Der An⸗ trag wurde jedoch nach einer eingehenden Erörterung über die rechtlich! Bedeutung der Quittung abgelehnt, in⸗ dem die Mehrheit der Ansicht war, daß nach der Verkehrsauffassung die Quittung regelmäßig nur die Bedeutung eines Beweismittels habe und daher der Gläubiger auch nur in diesem Sinne zur Ertheilung einer Quittung gesetzlich verpflichtet werden könne. Eine Er⸗ gänzung erfuhr der §. 270, der die Kosten der Quittung als Regel dem Schuldner auferlegt, durch die Vorschrift, daß, wenn an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege des Erbgangs mehrere Gläubiger treten, die dadurch veranlaßte Erhöhung der Quittungskosten den Gläubigern zur Last fällt. Außer⸗ dem wurde eine dem Art. 296 des H. G. B. entsprechende Vorschrift aufgenommen, daß der Ueberbringer einer Quittung für ermächtigt gilt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Schuldner bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
Anlangend die Vorschriften über die Befreiung durch „Hinterlegung“ (88. 272 bis 289), so fand der 8. 272 Abs. 1, der die zur öffentlichen Hinterlegung geeigneten Gegenstände und die Gründe der Hinter⸗ legung bestimmt, mit der Erweiterung Zustimmung, daß nicht nur Geld und Werthpapiere, sondern auch sonstige Ur—⸗ kunden sowie Kostbarkeiten hinterleagbar sein sollen. Ein Antrag, der die reichsgesetzliche Zulässigkeit der Hinterlegung auch auf andere bewegliche Sachen auszudehnen und im Zusammenhange damit das im S§. 218 be— stimmte Recht der Verkaufsselbsthülfe auf die Fälle zu beschränken bezweckte, in denen der Läistungsgegen— stand dem Verderb ausgesetzt ist oder die Aufbewahrung unverhältnißmäßige Kosten erfordert, wurde abgelehnt und insoweit der Standpunkt des Entwurfs gebilligt, der im §. 2380 Abs. 2 den Landesgesetzen die Bestimmung vorbehält, daß bie öffentlichen Hinterlegungsstellen auch
andere Sachen als die im §. 272 bezeichneten anzunehmen hahen. Die von der Wirkung der Hinterlegung handelnden Vorschriften des ? 272 Abs. 2 und der 8
275, 276 erfuhren zwar sach⸗ lich keinen Widerspruch, jedoch wurde beschlossen, das Verhältniß, so lange der Schuldner das Recht hat, den hinterlegten Gegenstand zurückzunehmen (5. 274), in der Art zu gestalten, daß dem Schuldner gegenüber dem Anspruche des Gläubigers eine Ein— rede zusteht, kraft deren er den Gläubiger auf den hinterlegten Gegenstand zu verweisen berechtigt ist, und daß er während dieser Zeit die Gefahr des hinterlegten Gegenstandes nicht zu tragen und Zinsen nicht zu zahlen hat. Mit der Zurücknahme soll der Anspruch des Gläubigers wieder wirksam werden, wie wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre. Um das durch die Hinterlegung begründete Recht des Gläubigers auf Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes gegenüber der Hinter⸗ legungsstelle klarzustellen, wurde ferner beschlossen, im 8. 272 Abs. 1 zum besonderen Ausdrucke zu bringen, daß die Hinterlegung „für den Gläubiger“ erfolgen müsse, wobei man davon ausging, daß im Falle der Ungewißheit über die Person des Gläubigers die Hinterlegung in der Art erfolgen könne, daß unter Angabe des Grundes der Hinterlegung für den unbekannten Gläubiger, z. B. den unbekannten Erben, hinterlegt werde. Zur Beseitigung von Zweifeln soll außerdem als § 2722 die Vorschrift aufgenommen werden, daß der Schuldner, wenn er nur Zug um Zug gegen eine von dem Gläubiger zu bewi kende Leistung zu leisten verpflichtet ist, bei der Hinterlegung das Recht des Gläubigers auf Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen kann. Weiter hielt man es, um dem Gläubiger den Nachweis seiner Empfangasberechtigung gegenüber der Hinterlegungsstelle zu er—⸗ leichtern, für geboten, zu bestimmen, daß der Gläubiger unter denselben Voraussetzungen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt war, von dem Schuldner dessen Einwilli⸗ gung in die Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes verlangen kann, soweit nach den Vorschriften über die öffentliche Hinter⸗ legung (vgl. §. 280 Abs. 3) die Beibringung dieser Einwilli⸗ gung zum Nachweise der Empfangeberechtigung erforderlich oder genügend ist. Die Vorschriften des 8. 273 Abs. 1 und des §. 274 ersuhren keine Anfechtung. Der 5. 273 Abs. 2 wurde gestrichen und statt dessen dem 5. 280 Abs. 3 der Satz hinzu⸗ gefügt, daß die Hinterlegung von einer gerichtlichen Anordnuag nicht abhängig gemacht werden kann. Der 5§. 277 fand sachlich mit der Erweiterung Zustimmung, daß das Recht des Schuldners, den hinterlegten Gegenstand zurückzunehmen (G. 274), der Pfändung nicht unterworfen ist. Auch die s§. 278, 279 wurden sachlich nach dem Entwurfe angenommen. Zustimmung fanden ferner die im 5. 280 enthaltenen Vorbehalte für die Landes⸗ gesetzaebungen, der Abs. O jedoch mit den aus dem Beschlusse zu sz 272 über die Ausdehnung der xeichsgesetzlich hinterlegbaren Gegenstände sich ergeben den Aenderungen und mit der Ein⸗ schränkung, daß, soweit landesgesetzlich noch andere Gegenstände als zur öffentlichen Hinterlegung geeignet erklärt sind, die Vor— schriften des 5. 272 kraft Reichsrechts Anwendung finden sollen. Im Abs. 3 wurde außerdem die Vorschrift, die den Landesgesetz⸗ gebungen vorbehält, die Wirkungen der Hinterlegung schon mit dem Zeitpunkt der Absendung an die Hinterlegungsstelle ein⸗ treten zu lassen, gestrichen und statt derselben im Anschluß an das Preußische Recht als Abs. 2 des §. 273 beschlossen, daß, wenn die zu hinterlegende Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden ist, die ersolgte Hinterlegung auf den Zeit⸗ punkt der Absendung der Sache zurückwirkt. Die zu §. 280 angenommenen Vorschriften sollen in das Einführungegesẽtz eingestellt werden.
Seitens des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten ist die Einfuhr von lebenden Schweinen aus Bielitz Biala, Steinbruch und. Wiener⸗Neustadt über Dzieditz und Oderberg in die Schlachthäuser zu Neumarkt und Schweidnitz und nach Letzterem — über die Grenz Zollämter an der schlesischösterreichischen Grenze — auch die Einfuhr von leben dem Rind vieh aus Oesterreich⸗Ungarn unter geeigneten Sicherheitsmaßregeln mit der Maßgabe widerruflich gestattet worden, daß die für Schweidnitz bestimmten Viehsendungen erst vom 1. Dezember d. J. ab eingeführt werden.
Der General der Artillerie 3. D. von Voigts-Rhetz, à la suite des 1. ,, und der General⸗Lieutenant von Wodtke, Commandeur der 12. Di⸗ vision, haben Berlin wieder verlassen.
Der General Lieutenant von Krosigk, Inspecleur der ö. k hat sich mit Urlaub nach Hannover egeben.
Der General Lieutenant von Rosenberg, à la suite des Husaren⸗ Regiments von Zieten und Inspecteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, hat eine Dienstreise angetreten.
Der Landrath Dr. Sander, bisher zu Waldbröl, im Regierungsbezirk Köln, ist in die allgemeine Staatsverwaltung übernommen und, unter Belassung seines bisherigen Amts— charakters, bis auf Weiteres der Könialichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Dem Regierungs-Assessor Dr. jur. Bahlmann zu So⸗ lingen ist die kommissarische Verwaltung des Oberamts zu Gammertingen, Regierungsbezirk Sigmaringen, und
dem Regierungs Assessor Hoffmann zu Frankfurt a. O. die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Beckum, Regierungsbezirk Münster, übertragen worden.
Der neu ernannte Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Sartorius ist der Königlichen Regierung zu Stade überwiesen worden.
Kassel, 28. Oktober. Bei dem 25 jährigen Ju⸗ biläum des Infanterie-Regiments von Wittich (63. Hessisches) Nr. 83 fand nach einer Meldung des „W. T. B.“ Abends in dem glänzend erleuchteten und dekorirten Exerzierhause die Aufführung eines Festspiels statt, in dem die Ruhmesthaten des deutschen Heeres und des Regiments dargestellt wurden. Die Auffüh⸗ rung schloß mit einer Huldigung für Seine Majestät den Kaiser. Der Chef des Regiments, Seine Durchlaucht der Fürst zu Waldeck wohnte mit seiner Gemahlin und der Prinzessin Elisabeth dem Festspiele bei, ebenso Ihre Durch— lauchten der Prinz und die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern.
Am 27. d. M. feierte der Ober-Auditeur des XI. Armee⸗ Corps, Geheime Justir Rath Michelis das Jubiläum seiner fünfzigjährigen Dienstzeit, aus welchem Anlaß ihm, wie die „Magd. Ztg.“ berichtet, mannigfache Ehrenbezeugungen zu Theil wurden. Der Chef des Generalstabs des XI. Armee⸗ Corps, General⸗Major von Mikusch Buchberg, brachte dem Jubilar die Glückwünsche des Generalstabs dar. Die Glückwünsche der Auditeure des XI. Armee⸗Corps brachte Garnisons-Auditeur Justiz-Rath von Schirp in einer Ansprache zum Ausdruck. Als Geschenk überreichte er eine große Kaiserbüste. Der kommandirende General von Grol—⸗ man hatte von Italien aus, wo er zur Erholung weilt, ein Glückwunschschreiben übersandt. Das Gleiche geschah von Seiten des Divisions Commandeurs, des Prinzen Friedrich von Hohenzollern, von Sigmaringen aus.
Bayern.
München, 29. Oktober. Der hiesige Magistrat hat in seiner gestrigen Sitzung den Antrag der Gemeinde⸗Bexoll— mächtigten angenommen, daß die Petition um die Ab⸗ änderung des Landtagswahlgesetzes zu Gunsten einer Vermehrung der Abgeordneten der Stadt Munchen sowohl an die Staatsregierung als auch an die Kammer der Abgeordneten geleitet werde. Am Montag hat, wie die „Allg. Ztg.“ bei diesem Anlaß nachträgt, eine Versammlung der hiesigen frei⸗ sinnigen Partei die folgende Resolution angenommen:
Die im Orpheum zu München tagende Vollsversammlung er⸗ achtet es als ein zwingendes Gebot der Gerechtigkeit, daß dem An— suchen des Magistrats München und der anderen größeren sich an⸗— schließenden Städte um Abänderung des Absatzes? des Artikels 1 des Landtagtwahlgesetzes entsprochen werde. Weiter erachtet die Ver— sammlung die Einführung des gleichen, direkten und allgemeinen . für den baverischen Landtag als dringend wünschens— werth.⸗ Sachsen.
Dresden, 29. Oktober. Heute Vormittag wurde, wie das „Dr. J.“ berichtet, in der hiesigen katholischen Hofkirche zum Jahresgedächtniß für weiland Seine Majestät den König Johann (z 1873) ein feierliches Requiem abgehalten, welchem Seine Majestät der König, sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg und die Prinzessin Mathilde anwohnten. Nachmittags ertheilte der König im hiesigen Schlosse dem in außerordentlicher Mission hier angekommenen kommandirenden General des Königlich Württembergischen Armee⸗Corps, General-Lieutenant von Wölckern eine besondere Audienz. Der General nahm dann später an der Hoftafel in Strehlen Theil.
Dem Ober-Hofmarschall Freiherrn von Koennexitz ist die aus Gesundheitsrücksichten nachgesuchte Dienstentlassung,
ee, Verleihung des Haus⸗Ordens der Rautenkrone, bewilligt worden.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 29. Oktober. Das Befinden Seiner König— lichen Hoheit des Großherzogs ist den „Meckl. Nachr.“ zu— folge zur Zeit ein recht befriedigendes; der Reizhusten ist gänzlich geschwunden, und sind Anfälle von Asthma oder Nervenziehen in den letzlen Tagen nicht eingetreten. Erfreulicher Weise hat sich namentlich die Beweg— lichkeit der Hände bei Seiner Königlichen Hoheit der Art gebessert, daß der schriftliche Verkehr mit den Behörden, der im August und September ruhen mußte, zunächst durch kurze eigenhändige Dekrete und Unterschriften, dann aber auch in längeren eigenhändigen Verfügungen wieder
aufgenommen worden ist. Der Staatsrath von Bülow
wird sich in den nächsten Tagen nach Cannes begeben, um
Dr. Weckerle?
dem Großherzog noch vor Beginn der Sitzungen des Land⸗ tages Vortrag über Regierungsangelegenheiten zu halten.
Anhalt.
DOessau, 28. Oktoher. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen ist, wie der „A. St. .A.“ meldet, hier eingetroffen.
Waldeck und Pyrmont.
Arolsen, 28. Oktober. Der zur diesjährigen verfassungs⸗ mäßigen Sitzung einberufene Landtag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont wurde heute Mittag 12 Uhr im landständischen Sitzungssaale im Gerichtsgebäude von dem Königlichen Landes-Direktor von Saldern mit nachfolgender Rede eröffnet:
Meine Herren!
Seine Majestät der König von Preußen haben durch Allerböchsten Erlaß, gegeben zu Wilhelms höbe am 21. M mich Aller⸗ gnädigst ermächtigt, den Landtag der Fürstenthümer Waideck und Pyrmont zur diet jährigen verfassungsmäßigen Sitzung zu berufen, in Allerhöchstseinem Namen diese Sitzung zu eröffnen, den Land ag nach Erforderniß zu vertagen und die Sitzung nach Erlediguag der Vorlagen zu schließen.
Indem ich Sie, meine Herten, demgemäß bei Ihrer heutigen Zusammenfunft begtüße, gedente ich zunächst des seit Ihrem letzten Beisammensein eingetretenen, für das Fürstliche Haus und das Land bedeutungsvollen Ereignissez, von welchem im Auftrag:; Seiner Durchlaucht des Fürsten ich dem Landtage hiermit amtliche Mit— theilung mache.
Seine Durchlaucht der Fürst baben Sich am 29. April d J in zweiter Ebe mit Ihrer Hoheit der Peinzessin Louise zu Schleswig- Holstein⸗Sonderburg ⸗ Glücksburg. Tochter weiland Seiner Hobeit des . Friedrich zu Schleswig Holstein⸗Sonderburg⸗ Glücksburg, vermã
Welche aufrichtige Freude dieses Ereigniß überall im Lande hervor- gerufen, hat der warme herzliche Empfang gezeigt, welcher Ihrer Hoheit der Fürstin mit Seiner Durchlaucht dem Fürsten bei Höchst⸗ deren Einzuge in das Land und beim Besuch der Kreisstädte von Seiten der Landesange hörigen zu Theil geworden ist In all die Glück und Segenswünsche, welche bei diesen Gelegenheiten den Höchsten Herr⸗= schaften ausgedrückt worden sind, werden auch Sie, meine Herren, gewiß aus vollen Herjen einstimmen.
In der diesjährigen Sitzung wird Ihnen ein Gesetzentwurf, be— treffend einige Abänderungen der Dienstboten⸗Ordnung, zur Kerathung und Beschlunfassung und ferner die Staatskassenrecknung vom Jahre 1885 zur Wahrnehmung Ihrer verfassungs mäßigen Rechte vorgelegt werden. Außerdem sind Ihnen dieses Mal nur noch einige minderwichtige ge— schäftliche Vorlagen und Mittheilungen, welche die laufende Verwal⸗ tung der Landesangelegenheiten betreffen, zu machen.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Preußen erkläre ich den Landtag der Fürstentbümer hiermit für eröffnet
Der Alters-Präsident Abg. Bürgermeister Schulze Vaßbeck brachte hierauf, dem „Hann. Cour.“ zufolge, ein Hoch auf Seine Majestät den König und Seine Durchlaucht den Fürsten aus. Bei der sodann vorgenommenen Wahl wurge der Amts—⸗ gerichts⸗Rꝛath Moak aus Korbach zum Pꝛäsidenten, der Amtsrichter Dr. Mommsen aus Pyrmont zum Vize⸗ Präsidenten und der Regierungssekretariats-Assistent Bade⸗ Arolsen zum Schriftführer gewählt. Der Landes Direktor theilte im Laufe der Sitzung noch mit, daß dem Landtage noch eine Vorlage wegen Reform der Gewerbesteuer und Klassensteuer zugehen wird. Zur Vorbereitung dieser Vorlage wird eine Kommission, bestehend aus dem Landes⸗-Direktor, verschiedenen Landtags-Abgeordneten, Kreisamtmännern und Rentmeistern, zusammentreten.
Reuß j. L.
Gera, 29. Oktober. Ihre Majestät die Kaiserin wird, wie die „Ger. Ztg.“ amtlich meldet, morgen Abend auf Schloß Osterstein eintreffen, um der Taufe des jünstgeborenen Sohnes der Erbprinzlichen Herrschaften beizuwohnen.
Lippe.
Detmol d, 28. Oktober. Den Mitgliedern des Landtages, der auf den 23. November einberufen ist, sind nach der „Köln. Ztg.“ bis jetzt vier Vorlagen zugegangen. Zwei derselben betreffen Ge⸗ haltserhöhungen für verschiedene Unterbeamte und die Er— höhung des bisher gewährten Zuschusses für die höhere Mädchenschule in Detmold. Eine dritte Vorlage beantragt, zu Gunsten der durch Hagelschlag im Anfang Juli Geschädigten Darlehen bis zum Betrage von insgesammt 40 000 6 zu ge⸗ währen. Die vierte Vorlage endlich bringt die Aufbesserung der Gehälter der Volksschullehrer. Die Regierung be— absichtigt hierzu jährlich 30 000 M zu verwenden. Die Neben⸗ lehrer erster Altersklasse sollen statt 600 S neben freier Wohnung 720 M erhalten, das Gehalt der Nebenlehrer zweiter Altersklasse, d. h. derjenigen, welche die zweite Prüfung be⸗ standen und eine fünfjährige Dienstzeit zurückgelegt haben, soll von 50 S6 auf 800 C erhöht werden. Die Hauptlehrer erhalten wenigstens 1000 M6 neben freier Wohnung und steigen dann nach zwölfjähriger Dienstzeit seit ihrer Anstellung als Lehrer überhaupt von fünf zu fünf Jahren bis auf mindestens 600 6, also jedesmal um 150 4
Oesterreich⸗ Ungarn.
Wien, 30. Oktober. Das Befinden der Erzherzogin 6 1 arethe Sophia hat sich bis gestern Abend nicht ver⸗ ändert.
Wie das „Fremdenblatt“ mittheilt, hat der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky anläßlich der der serbischen Regierung kundgegebenen Befriedigung über deren Entschluß, Delegirte nach München zu entsenden, die Nothwendigkeit einer kurzen Verschiebung der Entsendung betont, weil die österreichisch ungarischen Unterhändler in den nächsten Tagen durch die in dem letzten Stadium hefindlichen Verhandlungen mit Italien vollständig in Anspruch genommen seien. München ist, wie das „Fremdenblatt“ hinzufügt, auch weiter als Ort für die Verhandlungen mit Serbien in Aussicht ge⸗ nommen.
Das selbe
Theile annehmbare Forn-— finden ließe,
stattfinden könne. 6 Im Finanzau Fschuß des ungarischen
erhaltung des E leichgewichts hervor. Der F
26 Blatt konstatirt, daß bie ent oster reichische Regierung bisher der Südbahn ta , fenen Angebot gemacht habe. Das Handels-Mir,. Afferium habe nur Studien eingeleitet, um die Frage klar 3 stellen, ob sich eine für . unter der die Uebernahme des Betriebe enes der Südbahn durch den Staat
Unter⸗ hau fes hoben geste.“ en! gach' einem Bericht des 3 T. B. ö Verhandlung über 93 Budget mehrere Redner die Verdienste des „bob Fin anz-Ministers um die Aufrecht⸗
— nanz⸗Minister zankie und erklärte, das Gleichgewicht im un=
arischen Budget könne auch nach der rigorosesten Auffassung als
ein gel. ke Finanzlage als konsolidirt angesehen werden Er halte es nicht für eine krankhafte Erscheinung, daß der Üeberschuß im Budget gering sei; er würde gerade einen beträchtlichen Ueberschuß für krankhaft halten, da. er im Stande gewesen wäre, erheblich Höhere Voranschläge zu machen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen des Staats⸗ kredites müßten jedoch die Einnahmeposten innerhalb stabiler, mäßiger Grenzen veranschlagt werden. In Betreff der An⸗ häufung der Kassenvorräthe sei zu bemerken daß be⸗ beulende Lasten getilgt und beträchtliche Summen dem Finanz⸗ markte zur Ver sügung gestellt worden seien, was zur Be⸗ lebung des Finanzmarktes beigetragen habe. Was die Frage wegen der eldverkehrsmittel anbelange, so erkenne er an, daß die Quantität der Baarzahlungsmittel ungenügend sei. In dieser Beziehung Maßnahmen zu. treffen, wäre jedoch ungerechtfertigt, za diese Frage eine gründliche Lösung nur in Verbindung mit der Valutaregulirung finden könne, wozu Ungarn bereit sei. Er habe niemals gesagt, daß die Valuta⸗ regulirung ad calendas graecas verschoben sei. Der Minister sprach sich ferner sehr anerkennend über die Zuvorkommen⸗ heit der österreichisch ungarischen Bank gegenüber den natio⸗ nalen Ansprüchen aus. Auf die Anfrage, ob es wahr sei, daß bei der Ablösung der Oesterreichisch⸗Ungarischen Staats⸗ bahn Betreffs 40 000 Aktien von der Regierung an die österreichische Bodenkredit-Anstalt eine Sicherheit gegeben worden sei, erklärte der Minister, er wisse, daß dieses Instistut eine bedeutende Menge Aktien gekauft habe. Der Staat habe jedoch hierzu keine Ordre ertheilt, weder für eigene, noch für andere Rechnung.
Großbritannien und Irland.
Der 50. Geburtstag des Prinzen von Wales (9. November) soll, wie aus England verlautet, auf besonderen Wunsch des Prinzen nicht anders gefeiert werden, als es bisher üblich gewesen ist. Die geplanten besonderen Ver⸗ anstaltungen werden daher wohl unterbleiben müssen. Wie dem „Leeds Mercury“ gemeldet wird, beabsichtigen die Radikalen, in der nächsten Parlaments-Session mit aller Wucht einen Angriff auf das Haus der Lords zu unter⸗ nehmen. Der Angriff soll sich nicht auf den üblichen Labouchére'schen Antrag über das erbliche Prinzip beschränken, sondern es soll der Hauptansturm gegen den Etat des Ober— hauses gerichtet werden. Die Radikalen wollen alle Gehälter der Beamten des Oberhauses einfach verweigern, weil, wie sie behaupten, Las Oberhaus eine ebenso unnütze wie schädliche Einrichtung sei. . Der Staatssekretär für Indien Lord Eroß hat, wie die „A. C.“ wissen will, allen Offizieren und Aerzten der indischen Armee, welche die nöthigen Qualifikationen besitzen, gestattet, nach Rußland zu reisen, um ihre russischen Sprachstudien zu vollenden, damit es an kompetenten Dolmetschern nicht mangele. Jeder Offizier und Arzt hat die Unkosten der Reise selbst zu tragen, erhält aber eine Gratifikation von 200 Pfd. Sterl. uns außerdem eine Reiseentschädigung, wenn er die später abzuhaltende Prüfung im Russischen besteht. Michael Davitt hat sich entschlossen, nicht als Kan⸗ didat der nationalistischen Partei bei der binnen Kurzem in dem irischen Wahlkreise Kilkenny stattfindenden Ersatzwahl aufzutreten. Er meint, er könne der irischen Sache mehr nützen, wenn er bis zu den allgemeinen Parlaments wahlen kein Mandat annehme. Der ngtionalistische Kandidat wird P. Me. Dermott von Woeodford sein, , 5 In Eork ist es nach der blutigen Schlägerei des Mitt⸗ wochs am nächsten Tage ruhig geblieben. Das Militär war jedoch für alle Fälle in den Kasernen konsignirt. Beide Parteien betreiben die Wahlagitation mit der größten Rührigkeit weiter. Dil lon und O' Br ien waren auf ihren Rund⸗ gängen von mehreren Priestern begleitet. Die beiden Red⸗ monds und andere parnellitische Abgeordnete waren gleichfalls den ganzen Tag auf den Beinen. . Ueber das Dubliner Dynamit-⸗-Attentat liegen in englischen Blättern jetzt folgende weiteren Einzelheiten vor: Vie „National Preß' halte schon seit Wochen wutbschnaubende Drohbriefe erhalten. Die Polizei hatte deshaeb die Wache vor dem Gebäude des Blattes verdoppelt. Zur Zeit der Explosion war die Abbey⸗ straße, wo das Bureau der National Preß! liegt, aukerst still. Es heißt, daß man versckledene Gruppen von Leuten in der Nähe habe umher— lungern sehen, die anscheinend auf eiwas warteten. Dann wurde eine Schlägerei in einer berachbarten Wirthschaft in Scene gesetzt, um die Aufmerksamkeit der wachthabenden Schutzlente abzulenken. Die Polizisten verhafteten einen Mann und eine Frau. Das war der gelegene Zeit vunkt zur Verübung des Dynamitattentats. Ein merkwürdiger Umstand ist auch noch der, daß unmittelbar nach der Explosion sich ein? Bande von 50 bis 60 Kerlen in das Zeitungsbureau stürzte mit dem Rufe: „Zur Hölle mit Healy!“ „Die Mörder!“ Ein Schurke fragte höhnend: „Ist Tim (Healy todt?“ Ehe eine Polizei- abtbeilung angekommen war, hatten die Angestellten des Blattes nur eine Besorgniß, nämlich, daß die gtimmig dreinschauenden Gesellen die gesammten Bureaux plündern möchten. Wie die „National Preß in ihrem eigenen Bericht angiebt, wußten die Direktoren sehr wobl, daß eine dunkle Sorte von Politikern einen Anschlag gegen das Blatt im Schilde hattꝭ. Sie glaubten aber, daß eis auf eine ‚Monhschein“ Expedition abgesehen war, und die Vorbereitungen waren deshalb namentlich gegen eine solche getroffen. Die Angestellten der National Preß' waren in Folge dessen seit Wochen mit Revolvern bewaffnet. Die Leidenschaft der unteren Schichten der Parnelliten in Dublin kennt überhaupt seit Wochen kaum eine Grenze. Vor Kurzem ist ein Wagen, auf dem sich nationg⸗ listische Zeitungen befanden, von einer Bande mit Revolvern bewaff⸗ neter Kerle angefallen worden. Die Zeitungen wurden in alle vier Winde geworfen. Der Werkmeister des „Jrish Catholie wurde auf dem Heimgang von der Arbeit eist vor einigen Tagen auf offener Straße überfallen.
Frankreich.
Paris, 30. Oktober. Ein von dem Justiz-Minister vorbereiteter Gesetzentwurf gegen das Zuhälterwesen enthält, dem „W. T. B.“ zufolge, auch Bestimmungen zur Unterdrückung pornographischer Publikationen.
Der Senat vegann gestern die Berathung der Vor⸗ lage über den Eingangszoll für gesalzenes 6 und beschloß die Dringlichkeit. Fresneau be— ämpfte die Vorlage im Interesse der öffentlichen Gesundheit. Cornil behauptete, daß das amerikanische Fleisch in gekochtem Zustande unschädlich sei. Der Handels⸗Minister Jules Roche erklärte, alle gelehrten Körperschaften sprächen sich dahin aus, daß das aus Amerika kommende gesalzene Fleisch keinerlei Gefahr biete, und daß dasjenige Fleisch, gegen welches man Vorsichtsmaßregeln treffen müsse, das frei aus Deutschland nach Frankreich eingehende, nicht selten trichinöse Fleisch sei. Uebrigens komme amerikanisches Fleisch jetzt wieder mehr nach Frankreich. Die Regierung bitte um An⸗ nahme des Gesetzentwurfs, weil sie Beschwerden der Vereinig⸗
ten Staaten erhalten habe, die als berechtigt anerkannt werden müßten. Frankreich habe ein Interesse daran, diesen Beschwerden gerecht zu werden, denn die Vereinigten Staaten führten in Frankreich vorwiegend Rohstoffe ein und kauften ihm Fabrikate ab. Der Senat beschloß mit 179 gegen 64 Stimmen, zur Berathung der einzelnen Artikel der Vorlage überzugehen. Die Deputirtenkammer genehmigte bei der Be— rathung des Budgets des Auswärtigen einen Kredit von 160 000 Fr. für die Kolonisirung in Madagascar, Ferner wurde ein Antrag angenommen, den Platz, auf dem sich die Ruinen des Rechnungshofes befinden, zum Bau eines Museums für dekorative Künste zu verwenden. Auf eine Anfrage wegen des Eisenbahnunglücks bei Moirans erklärte der Minister der öffentlichen Arbeiten Yves Guyot, der Unfall sei der Verwendung von zwei
okomotiven zuzuschreiben. Du may interpellirte wegen der Maßregelung von Eisenbahnbeamten und wegen der jüngsten Eisenbahnunfälle, die er der Ueber⸗ bürdung der Beamten zuschreibt. Der. Arbeits⸗Minister Yves Guyot erwiderte, es bestehe kein Zusammenhang zwischen diesen Unfällen und dem jüngsten Strile der Eisenbahnbediensteten. Dumay brachte darauf eine Tages⸗ ordnung ein, in der die Verwaltungsorgane der Eisenbahn— gesellschaften für die Unfälle verantwortlich erklärt werden. Die Kammer nahm dagegen die einfache von dem Minister acceptirte Tagesordnung mit 267 gegen 2095 Stimmen an. Hierauf wurde das Budget der öffentlichen Arbeiten und der Staatseisenbahnen genehmigt. — Der Abg. Dreyf uß brachte unter dem Beifall der äußersten Linken einen Antrag wegen Trennung der Kirche vom Staat, ein und beantragle die Dringlichkeit. Nach einer lebhaften Erörterung zog der Deputirte seinen Antrag zurück. . .
Der Prinz Damrong von Siam wird sich am Sonn⸗ abend nach Kopenhagen begeben und nach einem kurzen Aufenthalt daselbst nach Livadia weiterreisen. n.
Das gestern Abend zu Ehren der Offiziere des russischen und französischen Geschwaders von der Munizipalität., in Brest veranstaltete Bankett verlief glänzend. Die russischen Offiziere wurden bei der Landung von mehreren Munizipal⸗ Räthen empfangen und auf dem Wege zum Stadthause von der Menge lebhaft begrüßt.
Rußland und Polen.
Wie die „Revaler Ztg.“ aus St. Petersburg erfähit, würde dort an einem Projekt zu einer ganz eigenthümlichen einmaligen Besteuerung gearbeitet, die durch die Lage, in welche der landwirthschaftliche Nothst and die Finanz- verwaltung gebracht habe, hervorgerufen sei. Es soll nämlich für dieses eine Jahr eine Besteuerung der Ernte in den von der Mißernte nicht betroffenen Land— strichen eintreten, hierbei aber nur der erzielte Ertrag an Roggen und Weizen in Betracht diese Weise sollen zehn Millionen aufgebracht werden, während die gesammte Staatsgrundsteuer etwa 131, Millionen Rubel beträgt. Unter den Gründen, die zu diesem Gedanken führten, soll auch die Erwägung eine Stelle gefunden haben, daß die durch die Mißernte hervorgerufene enorme Steigerung der Preise für Roggen und Weizen den mit mittleren und guten Ernten gefegneten Landstrichen außergewöhnlichen Gewinn gebracht habe. Die Erntesteuer würde nun einen Theil dieses Gewinnes zum Besten der Landstriche ver— wenden, deren Mißernte jenen Gewinn gezeitigt habe,
Ueber die Russifizirung der Universität Dorpat bringt das Revaler Blatt „Kolywan“ verschiedene Mit— theilungen, denen die „St. Pet. Ztg.“ entnimmt, daß die radikale Reorganisation der Universität in ihrem Vorbereitungs- stadium schon stark vorgeschritten sei. Das Russische sei als Lehrsprache nicht mehr in der juristischen Fakultät allein an— zutreffen: in der medizinischen Fakultät würden zwei, in der philologischen Fakultät sechs Fächer russisch gelesen, von denen eines obligatorisch für die Studenten aller Fakultäten sei. Der Lehrkörper komme den Absichten der Regierung entgegen; eine große Gruppe von Professoren und Dozenten erlerne oder habe schon das Russische erlernt, sodaß 35 von ihnen die Sprache bereits beherrschten Das Blatt knüpft daran die Hoffnung auf größeren Besuch der Universität durch nationalrussische Studenten, wodusch andererseits die in⸗ neren Zustaͤnde des dortigen akademischen Lebens wesentlich verändert werden dürften. Auch die Universitätsstatuten und der Etat seien bereits von der Reform berührt worden, und im nächsten Jahre würde die neue Ordnung auch in der philo— logischen Fakultät eingeführt werden. ;
Ueber neue militrrische Maßregeln zur Beschleu⸗ nigung der Kriegsbereitschaft wird der „Köln. Zig.“ berichtet: Im Militärbezirk Warschau werden auf Verlangen des dortigen Ober-Befehlshabers Generals Gurko sämmtliche Feldbatterien vom 1. Janua: 1892 an mit acht be— spannten Geschützen und dreiviertel der im Kriege nothwendigen bespannten Munitionswagen ausgerüstet sein. Die Ober⸗-Befehlshaber in Kiew und Wilna, die Generale Dragomirow und Ganetzki, haben für ihre Militärbezirke das Gleiche beantragt, find aber vorläufig der großen Kosten wegen abgewiesen worden. Die Verlegung der 38. Infanterie⸗ Division aus Kutais (kaukasisch'türkische Grenze) nach der deutsch österreichischen Grenze hat begonnen.
Rach einer dem „Hamb. Corr.“ aus St. Petersburg zu⸗ . Meldung würde die in Aussicht genommene, aus
ertretern Rußlands, Englands, Chinas und Afghanistans be⸗ stehende gemischte Komm ission für die Grenzabsteckung im Pamirgebiet, da die Jahreszeit schon zu sehr vorgeschritten ist, nicht vor dem nächsten Frühjahre zusammentreten, um ihre Arbeiten an Ort und Stelle beginnen zu können. Wie die Meldung hinzufügt, sollen verläßlichen Informationen zu⸗ folge in der Zwischenzeit direkte Verhandlungen zwischen den interessirten Mächten gepflogen werden, um eine freundschaft⸗ liche Lösung der Pamir-Angelegenheit herbeizuführen.
Schweiz.
Am Mittwoch Vormittag hielten die Vorsteher des Departements des Aeußern, des Departements für Land⸗ wirthschast und Industrie und des Finanz⸗Departementz, die Herren Droz, Deucher und Hauser, im Bundesrath⸗ haus in Bern eine Berathung über den Han delsvertrag mit dem eidgenössischen Gesandten in Wien Aepli und den Unterhändlern Hammer und Cramer-Frei. Der Gesandte in Berlin Dr. Roth konnte aus Gesundheitsrücksichten nicht er⸗
f
aufenthalt verordnet hatten. Wie der „Bund“ meint,
dürfte gegenwärtig noch nicht entschieden sein, ob
kommen. Auf
scheinen, da die Aerzte ihm dringend einen schleunigen Bade ⸗
die Schweiz die Verhandlungen mit Deutschland und Desterreich Ungarn wieder aufnehmen werde, bevor die Ver⸗ handlungen mit Italien eingeleitet seien. Da man in München nur langfam von der Stelle rücke, so wäre es wohl möglich, daß Italien mit der Schweiz unterhandeln möchte, bevor es mit den übrigen Mächten ins Reine gekommen sei. Den durch Vertrag zur ausschließlichen Verarbeitung in⸗ ländischer Rohprodukte verpflichteten 54 Brennexeien der Schweiz hat der Bundesrath gestattet, in der Brenn= campagne 1891/97 bis höchstens 85 Prozent fremde Roh⸗ stoffe zu brennen. Sollten jedoch der Alkohol verwal⸗ tung annehmbare Anerbielungen von einheimischen Roh⸗ makerialien, Kartoffeln, Getreide gemacht werden, so kann sie die Brennerei von ausländischen Stoffen entsprechend beschränken. Mit denjenigen Brennern, die vertragsmäßig theilweise aus⸗ ländische Rohstoffe brennen, sowie mik denen, die gleichzeitig Preßhefe fabriziren, werden bejondere Vereinbarungen über die ihnen zu zahlenden Spritpreise getroffen. Belgien.
Aus dem jetzt veröffentlichten Bericht der Centralsektion der Kammer über die Reform des Wahlrechts giebt eine dem „W. T. B.“ aus Brüssel zugegangene Depesche folgenden Auszug: Der Bericht tritt im Namen der Mehrheit für das Belgien angepaßte englische System des Wahlrechts auf Grund des Besitzes einer eigenen Wohnung ein, durch dessen Ein⸗ führung die Zahl der Wahlberechtigten sich auf 800 909 er⸗ höhen würde. Der Abgeordnete Fräre⸗-Orban vertheidigte in den Verhandlungen der Sektion das Kapazitäts⸗ system, das nach dem Gesetz von 1883 eine Zahl von 550 000 Wählern ergeben würde. Ferner wird in dem Bericht betont, daß keine belgische Kämmer Ein⸗ schüchterungen nachgeben werde. Eine Verständigung werde im Lande gewünscht. Die Rechte sei einmüthig für das Wahlrecht auf Grund des Besitzes einer eigenen Wohnung und werde auf diesem Boden vor die Wähler treten. Der Bericht fordert dringend zur Verständigung über die vom Lande gewünschte Reform auf. Die Verantwortung für das Nichtzustandekommen einer Verständigung würde derjenigen Partei zur Last fallen, die sich zu keinem Entgegenkommen verstehe.
Türkei.
Die „Agence de Constantinople“ meldet: Betreffs des Verbots der Einwanderung von Juden in das tür— kische Gebiet erklärte der Großvezier: das Verbot sei aus⸗ schließlich durch die Ansammlung einer großen Zahl ein— gewanderter Juden hervorgerufen. Der ärmliche Zustand der Einwanderer habe die augenblicklich ohnehin heiklen Gesund⸗ heitsverhältnisse von Kenstantinopel bedroht. Das Verbot sei lediglich aus hygienischen Rücksichten erflossen und habe mit der Religion und Nationalität Nichts zu schaffen.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Der provisorische chilenische Gesandte Senor Montt wurde, wie „R. B.“ aus Washington meldet, am 28. d. zum ersten Mal von dem Staatssekretär Blaine empfangen. Dem Präsidenten wird er erst vor⸗ gestellt werden, wenn er seine Beglaubigungsschreiben, die unterwegs sein sollen, erhalten hat.
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Es ist bisher zweifelhaft gewesen, wie die Verfügungen der mit polizeilichen Funktionen ausgestatteten Wasser-Bauinspektoren angegriffen werden können In einem Erkenntniß vom 10. September 1851 (111 771) hat das Ober⸗Verwaltungsgericht die Frage folgender⸗ maßen entschieden: Die Wasser ⸗Bauinspektoren sind keine Orts⸗ oder Kreispolizeibehörden im Sinne des 5§. 127 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung. Gegen ihre polizeilichen Ver— fügungen findet daber die im 5§. 128 a a. O, vorgesebene Klage nicht statt. Die Verfügungen der Wasser ⸗Bauinspektoren sind st rom ⸗ oder schiffabrtspolizeiliche. Ihre Aufhebung im Wege der Klage würde, da die Strom und Schiffahrtspolizei ein Theil der Landerpolizei ist, nur dadurch herbeigeführt werden können, daß nach den Vorschriften des 5. 130 a. a D. gegen einen in letzter Beschwerdeinstanz ergangenen Bescheid des Ober⸗-Präsidenteu geklagt wird. Eine Vorschrift, vermöge deren auf Aufhebung einer von einem Wasser ⸗Bauinspektor erlassenen polizeilichen Verfügung gegen den Wasser ⸗Bauinspektor selbst geklagt werden könnte, besteht nicht.
Gemäß dieser Entscheidung ist gegen die polizeiliche Ver fügung eines Wasser ⸗Bauinspektors die Beschwerde direkt an den Ober. Präsidenten binnen zwei Wechen zu richten, sofern es nach Lage der Sache die Partei nicht für angängig hält, sich vorher im Wege derRemonstration an den Regierungs⸗Präsidenten zu wenden, in dessen Auftrage der Wasser⸗Baninspektor gehandelt bat.
— Nach §. 5 Nr. 5e der revidirten Börsenordnung für Berlin ist mittelst Beschlusses der Aeltesten der Kaufmannschaft von den Börsenversammlungen auszuschließen, wer in den Börsensälen oder den zugehörigen Nebenräumen von dem Zeitpunkte der Oeffnung bis zu demjenigen der Schließung der Eingangsthüren sich der Verbreitung falscher Gerüchte schuldig macht. Nach dem Wortlaute und nach dem offenbar auf Verhinderung jeder grundlosen Beunruhigung des Börsenverkehrs gerichteten Zwecke der Vorschrift ist unter einem falschen Gerücht nicht lediglich eine als tichtig hingestellte Thatsache, welche sich nachträglich als unrichtig erweist, sondern jede objektiv nicht richtige That sache zu versteben, gleichviel in welcher Form dieselbe mitgetbeilt wird. Es ist also namentlich gleichgültig, ob die Mittheilung in Form einer positiven Behauptung geschieht oder ob sie in dem Bekanntgeben einer von anderer Seite gemachten Mittheilung besteht, ob sie in einer die Existenz anderweiter Mitthei⸗ lungen überhaupt bloß referirenden, oder in fragender, oder auch selbst nur in jweifelnder Form geschieht. Zum Begriffe des Verbreitens gebört nicht die Absicht, das Gerücht in weitere Kreise gelangen zu lassen. Im Sinne obiger Bestimmung ist vielmehr eine Verbreitung vorhanden auch ohne folche Absicht und selbst bei Mittheilung nur an eine einzige Person, welche das Mitgetheilte bereits kannte und von welcher der Mittheilende dies wußte, oder von welcher er annehmen durfte, daß sie das Mitgetheilte nicht weiter mittheilen werde. (Erk. vom 5. Okt. 1891. III 866)
— Das Vorstuthgesetz vom 15. November 1811 gewäbrt zur Herbelfübrung einer ausgiebigen Benutzung des Grund und Bodens aus nahm sweise die Befugniß, sich unter gewissen Vorausetzungen fremdes Eigentbum dienstbar zu machen. Die Ausübung diefes Rechts setzt aber voraus, daß es für den Grundbesitzer nicht thunlich ist, das Wafser durch Veranstaltung auf eigenen Grund und Boden a bzufübren, sei es, daß dies in technischen Schwierig- keiten, sei es, daß es in einem ganz unver hãltnißmãßigen Kosten · aufwande oder in jonst bervortretenden, im einzelnen Falle auf ihre Grbeblichkeit zu prüfenden, Nachtheilen seinen Grund hat. Erk. vom 8. Oktober 1391. III 880.