1891 / 273 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

ᷓ*

sollte nur gegen Karten stattfinden und die Theilnehmer ein Eintrittsgeld erlegen. Der überwachende Beamte verlangte, daß Jedermann Zutritt erhalte, bis der Saal gefüllt sei, und löste die Versammlung auf, als die Eröffnung durch den Ein⸗ berufer mit einem allgemeinen „Bravo“ beantwortet wurde.

Ein Kongreß aller im Vergoldergewerk beschãftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands wird, wie der Köln. Ztg.“ geschrieben wird, am 26. Dezember in Köln stattfinden.

Ueber die Lohnbewegung unter den deutschen Buch— druckern liegen folgende neue Meldungen vor:

Aus Frankfurt a. M. schreibt man der „Köln. Ztg.“: Einen neuen Beweis, daß die Buchdruckergehülfen durch ihre gegenwärtige Ausstandsbewegung immer mehr ins soꝛ i aldemokratische Lager gedrängt werden, liefert eine Versammlung, die am Sonntag von den Ausständigen abgehalten wurde. Der Hauptredner war ein Führer der Frankfurter Sonlaldemokratie, Schlosser Em mel, der den Gehülfen den Text las, weil sie sich bisher von der Sozialdemokratie ferngehalten hätten. Er versicherte sie aber in der gegenwärtigen Bewegung der Unter stützung Seitens seiner Partei Als einer der Gehülfen die Ansicht aussprach, daß die Bewegung eine rein gewerkschaftliche bleiben müsse, stieß er auf Widerspruch. Ber Berichterstatter erklärte, daß sich die Gehülfenschaft künftig mehr der Arbeiterpartei anschließen werde, und mit einem Hoch auf die Sozial demokrgtie ging man auseinander.

Aus Stettin wird demselben Blatt berichtet, daß die aus— ständigen Setzer in der größten dortigen Druckerei (Graßmann) sich wieder zu den alten Bedingungen angemeldet haben und gestern die Arbeit wieder aufnehmen wollten. Die Un verheirateten wurden nicht wieder angenommen, da ihre Stellen inzwischen anderweitig be⸗ setzt sind Die Setzer in den übrigen Druckereien dürften in den nächsten Tagen folgen, ein großer Theil wird arbeitslos bleiben, da in letzter Zeit der Zuzug aus der Provinz sehr stark war.

us Lübeck meldet die D. B.- H. daß die ausständigen Buch⸗ drucker gestern gegen die arbeitenden thätlich vorgingen; es wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen. ; . -

Der Bergarbeiterausstand in Frankreich scheint nach den letzten Nachrichten von dem Departement Pas de Calais aus ins Nord-Departement überzugreifen. Gestern Nachmittag sollte eine Zusammenkunft des Ministers der öffentlichen Arbeiten, Mes Guyot, mit Vertretern der Kohlengruben⸗Gesellschaften des Departements Pas de Calais stattfinden. Es liegen heute ferner folgende telegraphische Meldungen vor: .

Gestern früh kam es bei den Gruben von Courrisres zwischen Ausständigen und Bergleuten, welche arbeiten wollten, zu einem heftigen Zusammenstoß wobei von Feldhütern, die den in Arbeit Stehenden Beistand leisteten, vom Revolver Gebrauch gemacht wurde. Mehrere. Personen wurden seicht verwundet. In Mericourt fand gleichfalls zwischen ausständigen und die Arbeit fortsetzenden Bergleuten ein Handgemenge statt. wobei von den Letzteren sechs verwundet wurden. In Saint Qmer zogen 200 mit Knütteln bewaffnete Ausständige noch den. Gruben von Fléschinelle und erzwangen die Einstellung der Arbeit.

In den Kohlengruben von Dorignies (Departement du Nord) ist gestern Vormittag ein Theilausstand ausgebrochen.

In Roubaix haben der „Köln. Ztg.“ zufolge die Weber der Firma Wattel die Arbeit niedergelegt, sie verlangen Lohnerhöhung.

Aus London berichtet die Londoner „Allg. Corr. : Die Ge⸗ sellen der beiden größten Buch bindereien Londons, Water low u., Sohn und Shaw u. Co., begannen am Montag einen Ausstand, weil beide Firmen sich weigerten, eine acht- stündige Arbeitszeit einzuführen und die spystematische Ueber⸗ zeit abzuschaffen. Der Ausstand wird sich wahrscheinlich auf andere Geschäfte ausbreiten, da der 35.0900 Mitglieder zählende Gewerkverein ihn gut geheißen hat Die Ausständigen erhalten 1 Pfd, Sterl. wöchentlich aus der Vereinskasse. Die Buchbinder von ganz England sind ö worden, bei den besagten Firmen keine Arbeit an—⸗ zunehmen.

Kunst und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.

In der Septembersitzung trug Herr Archivar Meinardus ein von Simon Dach verfaßtes, bisher unbekanntes humoristisches Gedicht vor, in dem der Kurfürst gebeten wird, dem Petenten 13 Hufen, von denen 10 wüst, als ein Geschenk zu überweisen.

Die Oktobersitzung eröffnete Herr Professor Holtze mit einem Nachruf für den im September verstorbenen Professor Dr. Ernst Fischer Den größeren Theil des Abends nahmen Verhandlungen über innere Angelegenheiten des Vereins in Anspruch. Zuletzt theilte Herr Professor Dr. Schmoller einiges von den Funden mit, die er in Bezug auf die Person und die Regierung König Friedrich Wilhelms 1. jüngst in den Wiener Archiven gemacht hatte.

In der Sitzung vom 11. November erneute Herr Graf Lip ye⸗

Weißenfeld das Andenken an den Königlichen Flügel: Adjutanten Hauptmann von Oppen, der mehr als billig in Vergessenheit gerathen. Ein vom „großen König“ selbst erzogener Offiüer, der bei Zorndorf in einem kritischen Moment sich an die Spitze einer Schwadron setzte, einen feindlichen Heerestheil attackirte und zurück warf. Man fand seine Leiche mit siebenundvierzig Wunden auf der Kampfstätte. König Friedrich beweinte den frühen Verlust des von ihm sehr hoch geschätzten Zöglings. (Vergl. Politische Correspondenz . des Großen, Band 17.) Fehlt Oppen's Name auf dem Rauch'schen Friedrichs Denkmal, so liegt dies an ehedem ergebnißlosen Nachforschungen über diese einer Erinnerung werthe Persönlichkeit. Oppen war, als der König ihn mit der Lobosttzer Siegesbotschaft (1. Ok- tober 1756) nach Berlin reiten ließ, Fähnrich und Adjutant des Leib⸗ Garde ⸗Bataillonz. Im November 1756 wurde er in des Königs Fluügeladjutantur eingereiht und hier am 19. Januar 1758 zum Kapitän befördert. Ein Querfolio⸗Kupferstich von P. Haas stellt Friedrich's des Großen Trauer dar, Angesichts dieses todten Zorndorfer Siegesgebhülfen. Anknüpfend an die Thatsache, daß der als Gouverneur von Berlin gestorbene Feldmarschall Graf Kalckreuth noch in seinem vorletzten Lebensjahre, 1817, jenen Königlichen Adju—⸗ tanten verunglimpft hat, erörterte Graf Lippe die Eigenart der von genanntem Feldmarschall fünf Jahre nach dem 60 jährigen Jubiläum seinem Sohne Friedrich Riktirten Reminiecenzen aus dem siebenjährigen Kriege, die Graf Friedrich Kalckreuth in Paris 13841 —1844 drucken ließ. Die unverschenkten Exemplare seines Buches gelangten nicht in den Handel, weil der Preis für diese 358 Oktav— seiten zwanzig Friedrichsdor betrug. Graf Lippe legte der Ver— sammlung ein in seinem Besitz befindliches Exemplar vor, zwecks Prüfung seiner Bemerkungen über den Inhalt, berichtete über einige in verschiedenen Druckschriften vorfindliche Seydlitz Anekdoten und erwähnte schließlich als Faktum, daß in der Zorndorfer Schlacht ein Offizier des schwarzen Husaren⸗ Regiments, dem beim Anritt gegen den Feind durch eine Kanonenkugel eine Hand und ein Schenkel fort gerissen worden, auf den Verband verzichtete mit dem Ausruf: „Ich sterbe zufrieden, wenn mein König siegt!“

Im Anschluß an dlesen Vortrag wies Herr Professor Nauds auf eine demnächst erscheinende Arbeit über die Schlacht bei Zorndorf hin, die durch eindringende Kritik der preußischen und russischen Berichte zu beachtenswerthen neuen Ergebnissen gelangt. Professor Nauds legte weiter einen Blücherbrief vor aus der Zeit nach der Schlacht bei Waterloo, vermuthlich an General Knesebeck erichtet, in dem Blücher seinem urwüchsigen Haß gegen alle ,, und gegen Ludwig XVIII. Luft macht, und den Adressaten bittet, sich dafür zu verwenden, daß diesmal der „Herr Tallieran“ ordentlich bezahlen! müsse und daß „wir nicht wieder den Vorwurf auf uns laden, von diesem verdorbenen Volke über⸗ listet zu sein (wie bei dem ersten Pariser Frieden). Der Vor⸗ tragende sprach ferner über die Memoiren eines preußischen General stabs⸗-Offiziers aus der Umgebung Gneisenau's, die, insbesondere mili⸗ tärisch, interessante neue Mittheilungen enthalten und in ihren wich

tigeren Theilen binnen Kurzem veröffentlicht werden sollen. Der Verfasser, der anziehend und humorvoll zu erzäblen verstebt, liefert manche hübsche Beiträge zur Charakteristik York's, Blücher's, Bennigsen's, Wellington's und anderer einflußreicher Männer, er zeichnet sich vortheilhaft aus durch unparteiische und sorgsame Dar⸗ stellung. Prof. N. beleuchtete an der Hand der Memoiren die ffe⸗ stände in Königsberg nach dem Abschluß des französischen Bündnisses 1512, die militärischen Vorgänge zwischen Groß ⸗Görschen und Bautzen und das Leben der preußischen Garde ⸗Offizlere in Paris im Frühjahr 1814.

Zum Schluß legte Herr Oberlehrer Dr. Bolte einige hol⸗ ländische Lieder vor, die sich in einem Amsterdamer Liederbuch aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts finden und die Kriegsthaten Friedrich's des Großen mit warmen Worten feiern. Die offenbar während des siebenjährigen Krieges entstandenen Dichtungen, deren eine nach der Melodie des preußsschen Husarenmarsches geht, geben ein unerwartetes Zeugniß für die Begeisterung, die Friedrich's Größe auch in Holland weckte.

In Folge der Versetzung des Herrn Prafessors Dr. Koser nach Bonn ist die Redaktion der Vereinsschrift Forschungen zur branden⸗ burgischen und preußischen Geschichte, neue Folge der märkischen For schungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg“ an Herrn Professor Dr. Naudé, Berlin W., Verlängerte Maaßensttaße 8, übergegangen. . . ;

Bie Dekoration der inneren Wandflächen der St. Nicolai⸗ Kapelle in Niedermargs berg im Kreise Brilon ist vollendet und damit die seit vielen Jahren mit Gewährung von Staats beihülfen ausgeführte Restaurationsarbeit beendigt.

In Stuttgart ist unter dem Vorsitz des Prinzen Hermann zu Sachsen Weimar ein Comits zur Errichtung eines Denkmals für den König Karl zusammengetreten.

Die medizinische Fakultat der Universität Jena hat der Madb. Ztg.“ zufolge den Vorsitzenden des Großherzoglichen Staats Ministeriums, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Groß in An⸗ erkennung seiner Verdienste um die Fakultät zum Ehrendoktor er⸗ nannt und ihm am 17. d. M. durch eine Abordnung das Diplom überreichen lassen. .

Ueber die Auffindung eines Porträts von Columbus wird der Frkf. Ztg. aus Paris geschrieben: Der Graf Louis de Turenne hat unläͤngst in dem dem Herzog von Tallevrand gehörigen Schlosse Valencay ein Bildniß bemerkt, auf welchem er Tie Inschrift: „Kae est effigies Liguri miranda Columbi“ entdectte. Das Bild wird Sebastian del Piombo zugeschrieben, Wie jedoch der Graf de Turenne in einer Zuschrift an die Pariser Geographische Ge⸗ sellschaft hervorhebt, könnte dasselbe von jenem Künstler schwerlich nach dem Leben gemalt worden sein, denn Lueiano Sebastiano, genannt Fra Sebastiano del Piombo, war 1506, als Columbus starb erst 2. Jahre alt; es wird aber berichtet, daß Sebastiano sich in seiner Jugend ausschließlich mit Musik be⸗ faßte und erst spät der Malerei widmete. Der Graf ist vielmehr zu der Annahme geneigt, daß das Bild nach der Natur gemalt, die Unterschrift aber unecht ist. Das Porträt ist seit Menschengedenken im Schloffe gewesen. Eine Photographie desselben ist vom Herzoge von Talleyrand dem Geographischen Verein geschenkt worden und wird im nächsten Jahre gelegentlich der Jubelfeier der ersten Ent⸗ deckungsfahrt von Christoph Columbus zu sehen sein. .

Der Geheime Ober Justiz· Und Kammergerichts⸗ Rath Friedrich Hinrichs, der in diesem Monat sein fünfzigjähriges Dienstzubiläum feiert, ist hiesigen Blättern zufolge von der juristi · schen Fakultät der Berliner Üniversität zum Ehrendoktor ernannt worden.

In Breslau ist laut Meldung des . W. T. B.“ gestern der irn. der Theologie an der dortigen Universität Dr. Räbiger

estorben. ; In Brüssel starb am 13. d. M. im Alter von 62 Jahren der General Direktor der Wissenschaften und schönen Künste im Minssterium des Innern und des öffentlichen Unterrichts Herr Jean Rousseau, Mitglied der belgischen Akademie der Wissenschaften. Er hat sich dem H. C. zufolge durch eine Reihe von Werken in der kunstgelehrten Welt einen Naõmen gemacht. Besonders geschätzt sind Die vlämischen Meister in Spanien“, „Die plaͤmische und. wallonische Bildhauerkunst vom 9. bis zum 19. Jahr- hundert“, „Vergleichung der griechischen und modernen Typen zum Studium der Antike. Im Jahre 1877 wurde er als Direktor der schönen Künste in das belgische Ministerium berufen und verstand es, in dieser Stellung einen schöpferischen Einfluß auszuüben. Ihm verdankt die belgische Bildhauerkunst ihre heutige Blüthe; unter seiner Leitung wurde der Palast der schönen Künste in Brüssel gebaut, der durch feinen künstlerischen Schmuck bewundernswerthe Zavelplaats ge— schaffen und das Museum der dekorativen Künste ins Leben gerufen.

Land⸗ und Forfstwirthschaft. Königlich preußisches Landes-Oekonomie⸗Kollegium.

In der gestrigen Sitzung wurde die Frage der Lungenseuche⸗ Impfung erörtert. Bei den großen Meinungsverschiedenheiten über die Rützlichkeit der Impfung, hat der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von einer definitiven Stellungnahme in dieser die landwirthschaftlichen Interessen lebhaft berührenden Frage Abstand genommen und zunächst das Votum des Landes Oekonomie Kollegiums darüber erfordert. Herr Freiherr von Erffa (Wernburg) beantragte folgende Resolution: Das Landes Oekonomie Kollegium wolle beschließen: den Herrn Minister zu ersuchen, geneigtest dahin wirken zu wollen, daß die Reichs! und Landeggesetzgebung in dem Sinne ergänzt werde, daß den Einzelstaaten die Befugniß eingeräumt werde, die Zwangs— Impfung bei den der Ansteckung durch die Lungenseuche ausgesetzten gesunden Thieren anordnen zu können, Falls der betreffende Provinzial⸗ bejw. Landes verband sich verpflichtet, die in Folge der polizeilich an geordneten Impfung entstehenden Verluste zu entschädigen.“

An der Debatte betheiligten sich Geheimer Ober ⸗Regierungs—⸗ Rath Müller, Amtsrath Rimpau, Geheimer Ober⸗Bergrath Br. Bever, Landesz⸗Oekonomie⸗Rath Kennemann und Regierungs⸗Rath Dr. Röckl. Die Herren von Sternberg und Freiherr von Hövel beantragten, hinter den Worten des von Erffa'schen Antrages: daß den Einielstaaten die Befugniß eingeräumt. werde“ einjuschalten: „nach Anhörunz der zugehörigen landwirthschaftlichen Central- und Hauptvereine“.

In der heutigen Sitzung wurde die Erörterung über diese Frage fortgesetzt, and der Antrag Erffa mit dem Zusatzantrage einstimmig angenommen.

Rindviehzucht.

Aus dem Regierungsbezirk Koblenz wird geschrieben: Wie bereits im Frühjahr, so wurde auch zu Ende Juli wieder eine Anzahl junger Zuchtstiere 2 Stück reiner Glanrasse durch eine vom Kreistage zu Cochem bestimmte Kommission am Glan aufgekauft und in Cochem zffentlich zum Verkauf an Private und Ge— meinden des Kreises Cochem ausgeboten. Das Unternehmen fand freudigen Anklang, und unter dem wohlthätigen Einflusse des im dortigen Kreise mit Nachdruck zur Durchführung gelangenden rheinischen Bullen—⸗ haltungsgesetzes herrschte rege Steiglust; der erzielte Erlös über— stieg sogar die Kaufsumme der Stiere ungefähr um so viel, als die nicht unbedtutenden Transport-; und Pflegekosten der Stiere betragen, sodaß der Kreis, der die Bifferenz tragen muß, bei diesem Stierankauf einen Zuschuß nicht zu leisten brauchte. In den drei letzten Jahren sind auf diese Weise 74 Glan— stiere eingeführt worden. Im Hinblick auf die nicht zu verkennenden guten Erfolge, welche die auf diese Weise angestrebte Verbesserung des schlechten Viehmaterials im dortigen Kreise jetzt bereits aufweist, ist neuerdings von mehreren Seiten die Anregung ausgegangen, es im nächsten Jahre auch einmal mit der Einführung von Mutterrindern der Glanrasse in derselben Weise zu versuchen.

Die Entwickelung der Kreis-Viehversicherung im Kreise Cochem geht in erfreulicher Weise vorwärts. Auch die Kreis ⸗Viehleihkasse hat

fortgesetzt Zuspruch Seitens der dortigen Landleute, sodaß sich zur Zeit 200 Viehleihverträge in Kraft befinden. Uebrigens machen sich, wenn auch nicht in dem Maße wie im Kreise Cochem, die segensreichen Folgen des Bullenhaltungsgesetzes in saͤmmtlichen Kreisen des Re⸗ gierungsbezirks in erfreulicher Weise bemerkbar.

Weinbau.

Vom Rhein wird geschrieben: Die Winzer sind in diesem Jahre durch den Heu⸗ bezw. Sauerwurm und durch das Ueberband⸗ nehmen der Blattkrankheit außerordentlich empfindlich geschädigt worden. Rach den bisherigen Erfahrungen nimmt die Blattfall⸗ krankheit alljährlich zu, und es sind auch die bisher verschont gebliebenen Weinberge in diesem Jahre von ihr ergriffen; nur in den Weinbergen an der Mosel hat sich die Krankheit bisher wenig gezeigt.

Dle Reben⸗Peronospora hat in diesem Jahre nur deshalb so zugenommen, weil vielfach in der Meinung, der geringen Weinaus sichten wegen lohne sich eine Bekämpfung der Krankheit nicht, die geeig⸗ neten Maßnahmen unterlassen wurden. Ungeachtet vieler Ermah⸗ nungen und Belehrungen wurde in den meisten Fällen nicht eingeseben, daß es sich nicht nur um den diesjährigen Ertrag allein, sondern noch vielmehr um die Zukunft, um die Kraft des Stockes, um die Reife des Holzes und um die Rusbildung der Augen handle, denen die Gescheine nur bei genügender Ernährung durch gesundes Blattwerk bereits für das kommende Jahr angelegt werden können.

Die schlechten Aussichten für die Weinernte haben vermehrte Nachfrage bei steigenden Preisen nach älteren Weinen zur Folge ge⸗ habt. Winzer, die noch im Besitze von Weinen waren, stellten zum Theil unerschwingliche Forderungen. Die Ausfuhr nach England war in der letzten Zeit lebhaft, schwächer dagegen diejenige nach Amerika.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Wien, 18. November. In Troppau wurde, wie H. T. B.“ meldet, ärztlicherseits das Auftreten der Influenza festgestellt.

London, 18. November. Wie der .Mgdb. Stg. telegraphirt wird, verlautet in London, daß an Bord des britischen Truppenschiffs „Crocodile“, das sich auf der Reise von Indien nach Ports mouth befindet, unterwegs die Cholera ausgebrochen sei.

Edinburg, 16. November. Die schon seit einiger Zeit in Schottland wieder aufgetretene Grippe fängt nach der K. Itg. an, in bedenklicher Weise sich auszubreiten. In Dumfries sind mehrere Schulen wegen der Erkrankung von Lehrern und Schülern geschlossen. In Perth, Dundee, Edinburg nimmt die Krank⸗ heit ebenfalls bedenklich zu.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kols an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 10 744, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. ; In Oberschlefien sind am 17. d. M. gestellt 4144, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Subhastations ⸗Resultate.

Beim Königlichen Amtsgericht J. Berlin stand am 18. November 1891 das Grundstück Swinemünderstraße 64, dem Zimmermeister Gustav Schenke gebörig, zur Versteigerung; das geringste Gebot wurde auf 178 6765 *Æ* I6 3 festgesetzt; für das Meisigebot ron 179 000 M wurde der Banquier Emanuel Fränkel, Elsasserstraße 61, Ersteher. Eingestellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Grundstück in der Kochstraße 53, dem Rittergutsbesitzer A. Eschwe zu Groß— Lichterfelde gehörig.

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die Schl. Ztg.“: Obwohl das Kohlengeschäft in der vorletzten Woche einen guten Anlauf genommen hatte, ist die Erwartung auf einen regen Geschäftsverkehr im Allgemeinen nicht in Erfüllung gegangen. Nicht allein, daß die kleineren Sortimente, wie Nuß II, Erbsen, Gries und Kleinkohlen, keinen genügenden Absatz fanden, so hat sich sogar der Begehr nach Stück., Wäürfel⸗ und Nuß⸗Letwas vermindert. Eine Ausnahme machen nur diejenigen Gruben, welche La Fettkohlen fördern, wie Königin ⸗Louise-, Deutschland, Florentine Grube ꝛc., die kaum den gegenwärtig an sie gestellten Lieferungsaufträgen zu ge⸗ nügen vermögen. Der ungleichen Vertheilung der Versandtordres der Großhändler ist es zuzuschreiben, daß einzelne Gruben fast ihre ganze Förderung zur Verladung bringen, während andere einen nam—⸗ haften Theil in Bestand zu stürzen gezwungen sind. Man sieht daher auf mehreren Gruben bereits recht erhebliche Bestände an Nuß II. Erbsen⸗ und Grieskohlen, die jedoch bei Eintritt kälterer Witterung bald wieder geräumt werden dürften. Hinsichtlich der Kohlen preise ist eine Aenderung nicht zu verzeichnen; dielelben dürften für die Wintermonate in. den bisherigen Sätzen beibehalten werden. Die auf Deutschland⸗ Grube in diesem Jahre erbaute dritte Separationsanlage sowie eine neue Förder⸗ anlage sind fertig gestellt; auch ist die neu eingerichtete Kettenförderung in voriger Woche in Betrieb gesetzt worden. Das Kokes⸗ geschäft hat sich immer noch nicht erholen können und leidet an2 scheinend an Ueberproduktion; selbst die Ermäßigung der Preise ge⸗ nügte nicht, den Kokeswerken den erwünschten Absatz zu schaffen. In befferer Lage befinden sich diejenigen Werke, welche für eigenen Be⸗ darf arbeiten oder Ia. Qualttät produziren; diese sind voll im Be⸗ triebe, und ihr Fabrikat findet guten Absatz. Der Begehr nach Theer und Theerprodukten hat in der letzten Zeit ebenfalls nachgelassen.

Die ‚Zeitschrift für das gesammte Aktien wesen“, Organ für Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktien gesellschaften, Herausgeber Josef Bauer, Leipzig, hat in der vor⸗ liegenden Nr. IJ folgenden Inhalt: Der Vorsitz in den General versammlungen. Beurkundung der Beschlüsse derselben. Von Ober⸗ Landesgerichts ⸗Rath Hergenhahn. Das Stimmrecht der Interimsscheine. nie lange darf eine Aktiengesellschaft ohne Vorstand sein? Zur Verantwortlichkeit des Aufsichtsrathes. Haftung des Kassirers einer Aktiengesellschaft. Einfluß der Subhastation auf die Rübenlieferungtz⸗ pflicht des Aktionärs. Entscheidung des Aufsichtsraths über die Rühenbaumöglichkeit eines Aktionärs. Ueber die Löschung der Liqui dationsfirma einer Aktiengesellschaft. Stempelpflichtigkeit der Kon⸗ vertirungsgeschäfte. Einkommensteuerveranlagung der Aktiengesell⸗ schaften in Preußen. Der Strasprozeß gegen Bankdirektor Roßbach und Genossen. Geschäftsberichte. Aus der Generalversammlung. . den englischen Aktiengesellschaften. Neue Aktiengesellschaften.

iteratur.

Der „Zeitschr. f. Spir Ind.“ entnehmen wir folgenden Bericht über den Handel mit Stärke nach Mittheilungen der Vertrauens männer in der Zeit vom 11. bis 17. November 1591: Im Laufe der Woche sind folgende Abschlüsse in Kartoffelfabrikaten mitgetheilt worden. Es wurden verkauft an:

Kartoffel mehl: 400 Sack Prima zu 35 *, lieferbar Deiember, frei Station an der Bahnstrecke Stargard⸗Kreuz; 100 Sack Prima zu 34 M netto Kasse, sosort lieferbar, frei Station bei Magdeburg; 100 Sack Prima zu 36,25 MS netto Kasse, Lieferung November, frei Station bel Magdeburg; 200 Sack prima zu 36 „, lieferbar bis Mitte November, frei Station in der Altmark; 300 Sack prima zu 36 A6 netto Kasse, frei Station in P-MhuFsmern; 200 Sack prima zu 36 „S6, o/o Provision frei Oderstation in Schlesien; 1000 Sack prima zu 36 6, ohne Abzug gegen Kasse, Lieferung November— Dezember, frei Station in der Altmark; 1000 Sack prima zu 36 46, Abnahme sofort und Kasse bis Ende Dezember, ab Station in der Altmark; 50 Sack prima zu 386 , netto Kasse, frei Station bei Magdeburg, sofortige Lieferung; an feuchter Kartoffelstärke: 100 Sack zu 18,25 S frei Station an der Bahnstrecke Landtz⸗ berg a. WaKreuz; 1060 Sack zu 17,75 K* frei Station an der Bahn⸗ strecke Stargard ⸗Kreuz; 200 Sack zu 20 „, lieferbar bis Mitte De- zember, frei Station an der Bahnstrecke Breslau⸗Posen. Ein Gebot

von 20 Æ frei Station an der Bahnstrecke Greifenbagen⸗Küstrin Vor⸗ stadt ist nicht angenommen worden, weil die Kartoffeln durch Verkauf an Brennereien besser können verwerthet werden.

Im Verlage der Haude und Spener'schen Buchhandlung ist nun auch das alljährlich im Herbst herauskommende Ergänzungs⸗ heft zu Saling's Börsen⸗Jahrbuch 1891592“ erfschienen, das , des Hauptwerks unentgeltlich geliefert wird. Das vortreffliche Nachschlagebuch wird durch diese Ergänzung derart ver vollständigt, daß alle Veränderungen und e, , die bis zum 1. Oktober eingetreten sind, zur Behandlung gelangen.

3 18. November. (W. T. B.) Kam mjug⸗Termin⸗ bandel. a Plata. Grundmuster B. per November 3,47 , ver Dezember 3,475 M, ver Januar 3,0 AÆ, per Februar 3, 5 A. ver März 3575 , per April 3,60 n, ver Mai 3,65 Æ, per Juni 36 „, per Juli 3,677 „S, per August 3,671 M, per September 3,67 * Umsatz 110 060 kg. Ruhig.

London, 18. November. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen Ladung angeboten.

Paris, 18. November. (W. T. B.) Die Börse zeigte nach sehr bewegtem Verlauf am Schluß befestigte Tendenz auf Inter ventiontkäufe in Russenwerthen und fortaesetzte Käufe erster Häuser für Rente und Italiener Beide merklich erholt. Auch Spanier, . und Türken befestigt; Russen haussirend. Banken und

uez besser.

New⸗JYPork, 18. November. (W. T. B.) Die Börse zeigte anfänglich schwache Tendenz; . entwickelte sich allgemein eine steigende Bewegung. Der Schluß blieb fest bei indeß sehr stillem Verkehr. Der Umsatz der Aktten betrug 244000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 600 000 Unzen geschätzt. Die Sil ber⸗ verkäufe betrugen 10 000 Unzen. Für den Staatsschatz wurden 336 000 Unzen zu 94,75 à 94,90 angekauft.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Strombauten im Rheine haben in der Nähe von St. Goar einen erfreulichen Fortgang genommen. Durch die im ver— gangenen Winter vorgenommenen Felssprengungen und durch die seit dieser Zeit ausgeführte Vertiefung bezw. Beseitigung der gesprengten Fels massen hat das Fahrwasser an der Bank“ (am oberen Ende von St. Goar) eine wesentliche Besserung erfahren; die dort vor— handene starke Nehrung ist fast gänzlich verschwunden. Die scharfe Krümmung des Stromes hat durch die Aufführung einer starken, steilen, etwa 7 m hohen Ufermauer an der Köln— Mainzer Straße und durch Lossprengung der in den Strom ragenden Felsenmassen eine gestrecktere Richtung erhalten. Werden, hieran anschließend, die bereits bestimmt vorgesehenen weiteren Arbeiten unterhalb der Bank“! noch ausgeführt, so wird die für die Schiffahrt bieher gefährliche Stelle bald nur noch in der Erinnerung fortleben, und auch die Eisstauungen an der Loreley werden durch das gestreckt durchgehende Vorwasser hoffentlich immer seltener werden.

Bremen, 18. November. (W. T B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer Bayern“, von Ost Asien heimkehrend, hat gestern von Port Said die Rückreise fortgesetzt Der Dampfer . Karls ruhe“ ist gestern in Adelaide angekommen. Der Dampfer „Spree“ hat gestern früh die Heimreise von New⸗Pork an⸗— Der Dampfer „Stettin“ ist gestern Nachmittag von

ort Said mit der Post von Ost⸗Asien nach Brindist abgegangen. 19. November. (W. T. B.) Der Postdampfer Weimar“ ist am 18. d. Mts. Morgens in Baltimore, der Postdampfer Berlin', nach dem La Plata bestimmt, gleichzeitig in Corunna und der Postdampfer Hannover“ vom La Plata kommend, am 18. d. Mts. Nachmittags auf der Weser angekommen.

Hamburg, 18. November. (W. T. B.) Hamburg ⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampfer Russia“ ist, von Hamburg kommend. heute Morgen in New⸗ York eingetroffen. Der Postdampfer „Dania“ ist, von New⸗Pork kommend, heute Abend auf der Elbe eingetroffen.

19. November. (W. X. B.) Der Postdampfer Teu⸗ to nia“ hat, von New-⸗Jork kommend, gestern Nachmittag 5 Uhr Lizard passirt.

London, 18. November. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Lismore Castle“ ist heute auf der Heimreise hier angekommen.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Der gestrige dritte Abend des Goethe-⸗CEyklus brachte die Aufführung des kleinen Schauspiels „Die Geschwister“ und die des Trauerspiels , Clavigo“. Das erstgenannte, feinsinnige Drama ist ein lieber und gern gesehener Gast auf jeder deutschen Bühne, die das Drama höheren Stils pflegt, und ist in seiner zarten Wirkung allgemein bekannt. Die herzige Einfalt und naive Seelengüte Mariannen's sprachen klar und beweglich aus dem Spiel der Darstellerin des gestrigen Abends, der Frau Geßner, die zärtliche Schwermuth, die zaghafte Unentschlossenheit des Liebhabers, von der ernsten, zurückhaltenden Kühle des älteren Bruders zum Theil verdeckt, traf Herr Sommer storff in Sprache und Bewegung mit der Sicherheit eines klugen und nachdenkenden Künstlers. Herr Wessels vermochte als Fabriee keine den vorangehenden gleichwerthige Leistung zu bieten; ein Hauch starrer Kälte und lächelnder Selbstgenügsamkeit erstickte den warmen Herzschlag der Freundschaft, die dieser traurigen Liebhabergestalt noch einigen Werth zu verleihen vermag.

Die dramatische Wirkungsfähigkeit des ‚Clavigo“ wurde gestern von Neuem erprobt und mußte abermals bestätigt werden. Goethe, und zwar der noch sehr jugendliche, kaum fünfundzwanzigjährige Goethe, hat mit diesem Trauerspiel gezeigt, wie er einen Stoff aus der leben digen Gegenwart zu ergreifen und dramatisch zu verwerthen verstand. Er zeichnete treu nach der Natur, er ging darin so weit, daß er, nach Shake⸗ speare's Muster, viele Stellen aus Beaumarchais Memoiren, von denen er sich eine theatralische Wirkung versprach, wörtlich übersetzte und in sein Trauerspiel aufnahm. Aber welche Gestaltungskraft . aus den einzelnen Figuren, denen er den lebendigen Odem einblies! Dem als leidenschaftlichen Rächer seiner Schwester erscheinenden jungen Beaumarchais, der sein Alles einsetzt, um die wehrlose Un— schuld nicht ungestraft beschimpfen zu lassen, steht die fein abgewogene Weltklugheit, die von mephistophelischem Geiste angehauchte Spottlust und. Weltverachtung des Don Carlos in kräftigem Widerspiel gegenüber; das überströmende, heißflammende Herz dem kühlen Verstande und der klaren scharfsinnigen Ueberlegung. In der Mitte, dem Einfluß beider anstürmenden Kräfte wechselweis unterliegend, schwankt die Gestalt des ungetreuen Clavigo hin und ber; und wie hat. Goethe sie klar und diese jweite Weislingengestalt, „Weielingen selbst in der ganzen Rundheit einer Hauptperson', wie der Dichter in einem Briefe schreibt. Die Handlung entwickelt sich mit überraschender Einfachheit und in dramatischer Geschlossenheit, getragen von einer markigen Kraft. Kühnheit und Klarheit der Sprache, die den echten Dichter kennzeichnet. Diese Vorzüge treten nur in, dem letzten kurz ehaltenen Akte, dem von Goethe den Memoiren hinzugedichketen Ab- chlusse des tragischen Ereignisses, etwas zurück, aber seine theatralische

irksamkeit ist darum nicht geringer.

Die Darstellung kann ganz vorzüglich genannt werden, soweit es um die Repräsentonten der drei männlichen Hauptpersonen ch. Herr Sommerstorff, den wir schon als ausgezeichneten

, e. kennen, konnte in dieser Rolle die dort fein angelegten ie angedeuteten Charakterzüge ausspinnen in ihrer Größe, ihrer 1 einheit und in ihrer trostlofen Verwirrung, bis ein gewaltsamer Riß nl . sprengte und das Leben mit fortnahm. Den jungen 966 schen Beaumarchais spielte Herr Barthel mit Feuer und , ü,. und Herr Poh! arbeitete die spöttische Weltverachtung, ron er sich die zärtliche, fast väterliche Freundschaft für Clavigo um o backender abhebt, kräftig heraus; im Jwiegespräch mit Clavigo ver— mischte sich die Feinheit der Waßr philosophirenden Kopfes mit der manns und der Besorgtheit des

nehmungen eines klugen, leichten Ironie des Welt- aufrichtigen wohlmeinenden

*

voll hingestellt,

reundes zu einem ebenso. wechselvollen wie anztehenden Bilde. Als Marie Beaumarchais trat Fräulein gurken auf; ihrer ganzen Darstellungsweise fehlte das Fesfelnde, sie trug das Gepräge des Unbedeutenden; die Darstellerin verwifchte die ohnehin mit schwachen Strichen gezeichnete Figur des sterbenden Mädchens so sehr, daß sich dieser schattenbaften unbedeutenden Gestalt gegenüber nur die Verwunderung aufdrängte, warum sich Clavigo je zu ihr hin⸗ gejogen gefühlt habe. Die Tragik von Mariens Geschick und von Clavigo s Vergehen erschien hierdurch herabgedrückt Die Darstellung beider Stücke wurde von den Zuschauern mit lebhaffer Theilnahme und beifallsfreudig aufgenommen.

Lessing⸗Theater.

Gestern Abend wurde das dramatische Erstlingswerk des bekannten Erzählers Alexander Baron von Roberts: Satis faktion?, Schauspiel in vier Akten, gegeben und fand eine sehr freundliche Auf⸗ nahme. Das Stück ist nicht im eigentlichen Sinne ein Tendenzstück, so sehr auch der Hauptheld, ein Professor Voltz, durch Wort und That gegen das Duellwesen ankämpft. Aber in diesem Kampf unterliegt er mit seinen Ideen und sieht sich schließ«— lich doch in die Nothwendigkeit versetzt, feine Ehre durch ein Duell wiederherzustellen: die von seinem Schwiegervater, einem General, mit großer Schärfe vertretenen Ideen des altritterlichen Ehrbegriffs gehen rein und ungetrübt aus den Konflikten hervor. Sen Zweck des Stücks kann man daher nur in der Schilderung der einen Mann moralisch und phwysisch fast vernichtenden Folgen sehen, die ein auf modernen idealen Prinzipien beruhendes Auflehnen gegen die Ge— setze und Ehrbegriffe der Gesellschaft nach sich zieht.

Die dramatische Durchführung ist in den ersten beiden Akten spannend, im dritten verliert sie an Schärfe und Konsequenz, um im vierten sich zu einer kraftvollen realistischen Lösung zu erheben. Doch wird letztere am Schluß durch einige mehr als äberflüssige Reden arten, die den modernen, das Duell verwerfenden Humanitätsbegriffen Rechnung tragen sollen, getrübt; es ist in der That unmotivirt, weshalb der General, dessen Ehrbegriffe zum Siege durchgedrungen sind, vor eben diesen modernen Idealen die Segel streichen und ihnen das Feld überlassen will. Die Schilderung der Situationen und die Zeichnung der Charaktere verrãth die feine Beobachtungsgabe des Erzählers; nur trägt der General, dessen Ideen thatsächlich triumphiren, einige Züge von Karikatur, die hätten vermieden werden müssen und können. Gerade hierin auch zeigt sich der gerügte Mangel an Konsequenz. Das Spiel war vortrefflich; um das Gelingen machten sich vor— nehmlich verdient Herr Molenar, Frau von Pöllnitz und Fräulein Marie Meyer die gute Charakterzeichnungen lieferten; Herr Brandt, Fräulein Reisenhofer und Herr Sauer führten ibre mehr dramatisch in den Vordergrund tretenden Partien im Ganzen angemessen durch. Der Verfasser wurde nach jedem Akt und zum Schluß mehrere Male gerufen.

In der morgigen Vorstellung der Cavallerig Rusticana. im Königlichen Opernhause sind die Damen Pierson, Vietrich und Lammert, die Herren Sylva und Betz beschäftigt. Dem Werk geht auf Wunsch eine Wiederholung der Dper „Doktor und Apotheker“ voraus, und zwar mit den Damen Kopka, Herzog, Weitz, den Herren Krolop, Mödlinger, Schmidt, Ernst und Lieban. n der Sonnabend ⸗Vorstellung der Oper „Carmen“ treten die Damen Rothauser, Herzog und Dietrich, die Herren Philipp, Bulß, Schmidt, Fränkel, Krasa und Lieban auf. der zur Feier des hundertsten Todestages Mojart's am 4. Dezember im Opernhause stattfindenden Symphoniesoirse der Königlichen Kapelle wird Herr Kapellmeister Weingartner die Zauber⸗ flöten ⸗Ouverture und die Symphonie in -moll, Herr Kapellmeister Sucher die Jupiter⸗Symphonie und das Concert für Violine und Viola dirigiren. Die Solopartien des Concerts führen Herr Pro— fessor de Ahna und Herr Kammervirtuos Genz aus. Ein von Dr. Kalischer verfaßter Prolog eröffnet den Abend.

Am Sonntag, als dem Todtenfeste, werden im Deutschen Thegter „Stella“ und „Clavigo“ gegeben.

Im Belle⸗Alliance- Theater kommt am rächsten Sonntag Ferdinand Raimund's „‚Verschwender“ zur einmaligen Aufführung.

Morgen Abend 8 Uhr findet in der Sing⸗Akademie das Coneert des Hofpianisten Alfred Sormann statt, in dem das Philharmonische Orchester (Dir.! Rud. Herfurth) mitwirkt. Fräulein Jettka Finkenstein wird in ihrem am Sonnabend, Abends 8 Uhr, stattfindenden Liederabend in der Sing- Akademie eine ganze Reihe hier noch garnicht oder selten gehörter Werke, darunter „Chanson arabe“ und „Fille à la blonde chevelure“ von Godard, einen Bolero von Masss und ferner zwei Lieder von Heitsch: Ich ging im Wald“ und »Im Grase thaut's“ zum Vortrage bringen. Für das dritte Philharmonische Concert unter Hans von Bülow's Leitung und solistischer Mitwirkung von Frau Teresa Carreño findet am Sonntag Vormittag, und zwar ausnahmsweise erst um 12 Uhr die öffentliche Hauptprobe statt; der Kartenverkauf ist bereits bei Bote u. Bock eröffnet.

Rudolf Oberhauser veranstaltet demnächst einen Liederabend. Derselbe findet unter gefälliger Mitwirkung der Violinvirtuosin Frau Anna von Pilgrim Freitag, den 27. d. M., Abends 7 Uhr, im großen Saale des Hotel de Rome statt. Karten zu 4 und 3 4 sind im Bureau des Hotels schon jetzt zu haben.

Im Concerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen auf vielseitigen Wunsch den zweiten Strauß -Suppé-Millsöcker⸗ Offenbach ⸗Abend.

Der Termin für die Anmeldungen zu der internationalen Musik⸗ und Theater⸗Ausstellung, die in Wien im nächsten Sommer statlfinden soll, ist bis zum 31 Dezember verlängert worden. Spätere Anmeldungen bleiben unberücksichtigt.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der gestern fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 185. Königlich preußi scher Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung:

2 Gewinne von 15 000 S6 auf Nr. 14988. 152241.

2 Gewinne von 10000 S auf Nr. 3230. 114678.

1ẽ6Gewinn von 5000 (S6 auf Nr. 12800.

28 Gewinne von 3000 (S6 auf Nr. S600. 15640. 26 248. 49 134. 52 894. 54 932. 56 586. 57 559. 69 658. 69 921. 70 675. 77 396. 82 512. 88 964. 91 941. 96 720. 102 938. 118 799. 121 859. 130 369. 145 720. 152965. 165 447. 172761. 173 443. 173926. 176019. 185 955.

36 Gewinne von 1500 66 auf Nr. 296. 1571. 5480. 10960. 12160. 13477. 24007. 24 234. 26 399. 54 240. 61 423. JI5 182. 76 565. S1 757. 92 026. 105 652. 106606. 107 703. 117 747. 121 825. 128 602. 130 810. 132 019. 135 172. 135 255. 141 908. 150 777. 151 086. 162 332. 168 165. 170 310. 174 486. 177132. 177 749. 183 290. 186 425.

35 Gewinne von 500 96 auf Nr. MW. l 17144. 195516. 26 303. 24 651. 28 245. 31 33. 42 G. 45 584. 46 379. 69 779. 70 126. 70 465. 70 506. B 60. 75 165. 718470. 82 025. 83 684. 2 1415. G3 971. 1092937. 168 794. 119 445. 124 4536. 146 MX. 146311. 142795. 158 200. 159 273. 166 300. 166 X 18482.

Bei der heute fortgesetzzen. Ziehung der 4 Klasse 185. Königlich preußischer Klassenlotterte fielen in der Vor⸗ mittags Ziehung: .

15 518.

J Gewinn von 150 000 auf

1 Gewinn von 40 000 M auf Nr. 132 393.

Gewinn von 15 000 auf Nr. 164570. . ö! nne von 5000 M auf Nr. 28 059. 34 692.

35 Gewinne von 3000 S auf Nr. 7033. 21 513. 36 335. 37766. 44249. 46 956. 48 845. 54 635. 56 860. 60211. 64 567 79 185. 79 436. 89 477. 91 158. 92 822. 98 720. 101 323. 107060. 111733. 113 604. 127091. 135950. 136 345. 147040. 149 756. 162 896. 165 145. 165910. 169 858. 179 926. 182 732. 182 886. 183 052. 189 429.

29 Gewinne von 1500 S auf Nr. 13 566. 13763. 15 063. 54 255. 59 505. 64972. 69771. 74 314. S5 720. 86 1509. 86 620. 86 31. 90769. 102096. 105 785. 106 566. 1097318. 109 963. 111540. 114314. 123 530. 155 754. 140319. 145983. 152514. 161 069. 165 775. 178 357. 184 557.

43 Gewinne von 500 6 auf Nr. 2763. 55652. 14446. 22 577. 22617. 26 620. 31 4535. 34111. 36 632. 36 673. 47 227. 18 425. 52 303. 59 935. 63 841. 76 2533. 74 3859. 18 S093. 79 265. S3 539. S6 585. 102 226. 107 588. 109 490. 111 378. 113 566. 117309. 124 374. 124 707. 125 206. 133 175. 146064. 147011. 147 755. 147 908. 151 578. 6 335. 154 984. 170 626. 172391. 177 559. 1816603.

S9 DOo06.

NMannigfaltiges.

Gestern Nachmittag erfolgte, wie die ‚N. Pr. Itg.“ berichtet die Beisetzung des Generals der Infanterie z. ö. 4 . auf dem Garnisonkirchhofe in der Hasenbaide. Die 4. Compagnie des 2. Garde · Regiments z. Fe deren Chef der Sohn des Ent⸗ schlafenen ist, bildete auf dem Kirchhof das Ehrenspälier. Vor der Kapelle hatte das Musikeorps des Regiments Aufstellung genommen. Der Sarg war reich mit Kränzen geschmückt. Das Kriegs⸗Ministerium hatte einen großen Lorbeerkranz mit schwarz⸗weißer Schleife nieder⸗ gelegt, Für die Verwaltung des Invalidenwesens war der Gouverneur des Invalidenhauses, General von Grolman erschienen. Ihm hatten sich viele andere höhere Offiziere angeschlossen. Ein Palmen Arrangement war von den Kriegsschulen ihrem ersten Inspecteur' gewidmet. Das Garde Schützen · Bataillon, in dem der Verewigte einst als Einjährig⸗ ö diente, war durch zahlreiche Offiziere vertreten. Das olberger Grenadier-Regiment „Graf Gneifenan Nr. J hatte einen kostbaren Kranz gesandt, ebenso das Offiziercorps des 5. Rheinischen Infanterie Regiment Nr. 65, während ein großes Palmen Arrangement die Widmung des Offiziercorps vom Infanterie Regiment Graf Tauentzienꝰ trug. Weitere Kränze hatten die Offiziere des Kaiser Franj⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr.? und des 2. Garde Regiments z. F, sowie die Mannschaften der 4. Compagnie dieses Regiments überbracht. Die Feier wurde mit Musik eingeleitet, die Trauerrede hielt Hofprediger B. Frommel über „Siehe, ich sterbe, aber der Herr unser Gott wird mit Euch sein'. Unter den Klängen des Chopin'schen Trauermarsches wurde sodann der Sarg, dem ein Offizier mit dem Ordenskissen voranging, nach der Gruft getragen und mit Gebet und feierlicher Choralmusit zur letzten Ruhe gebettet.

Die Kirchen vertretung von St. Nikolai und Marien hat, wie die „Nat Ztg. meldet, in ihrer letzten Sitzung den dringlichen Aus bau der St. Marienkirche dadurch zu fördern gesucht, daß sie eine Baukommission von neun Mitgliedern gewählt hat, die alle zur . möglichen Vorbereitungen zum Bau zu treffen und auch Ver andlungen mit dem Magistrat über dessen Betheiligung am äußeren Ausbau zu führen bestimmt ist. ;

2 9.

5

6. B: Hütt, 7. Dr. Gerstenberg, : Fr Offermann, t iberal hörend; neugewählt ist nur Herr Fähndrich, die Übrigen sin wahlen. Die Stichwahl für die IAI. Abtheilung 15. Dezember stattfinden.

Charlottenburg. Bei den vorgestrigen St wahlen der dritten Klasse bethei n sich zum ersten Male die Sozialdemokraten in Mittelbezirk und im Ostbezirk wurden di Kandidaten gewählt. Dagegen unterla⸗ liberalen Kandidaten. Es kommen dort zwei Sozialdemokraten zur Stich

Konservative und zwei

Spandau, 17. November. netenwahl wurden, wie der 83 ber vird, Arbeiterkandidaten, darunter zwei Sozialdemokraten, gewählt. Mohrungen November. Im Wege der Zwangspoll⸗ streckung wird, wie man der Voss. Ztg.“ berichtet, am 21. Januar 1392 das Geburtshaus des Dichters Johann Gottfried von verst eigert.

Szittkehmen, 15. November. Heute ist es, wie die Pr. Litt Ztg.“ mittheilt, den Forstbeamten der Rominter Haide gelungen, einen Wolf, der so manches Stück Wild zerrissen und auf den man drei Tage nacheinander Jagd gemacht hatte. in ö Blindischken zu erlegen. Der Wolf, ein männliches Th selten schönes Exemplar sein, eine Länge von 1,66 m don O, 77 m haben.

4m Koblenz. In Burgbrobl, Kreis Maven, Regierungs⸗ bezirk Koblenz, einem Ort, in dem d ung der der Erde ent strömenden Kohlensäure bis ietzt on mehreren Fabriken betrieben wird, ist zu Anfang September er. eine mächtige Kohlen⸗ säurequelle angebohrt worden, die aus dem Bohrloch, bei einer lichten Weite von 21 em, in einer Höhe von ca. 10 bis 12m mit intenstver Kraft emporgeschleudert wird. Seit dem Austritt dieser mäch⸗ tigen Quelle sind gemeinschädliche Einwirkungen durch Ver⸗ siegen der Gemeindebrunnen, Leben und Gesundheit gefährdendes Ein dringen von Kohlensäure in Wohnungen und Keller festzustellen ge— wesen. Der Betrieb der in der Nähe der Quelle liegenden Kohlensäure. und Bleiweißfabrik der Gebrüder Rhodtus mußte zum großen Theil eingestellt werden. Es schweben. Verhandlungen, um die hierdurch herbeigeführten, sowohl im öffentlichen wie im privaten Interesse zu beklagenden Mißstände zu beseitigen.

Freis

ie Ausnutz h

schon v

Freiburg i. Baden, 18. November. Der Tägl. Rdsch. wird gemeldet: Gestern Abend gegen? Uhr fand in den üdwestlich gelegenen Ortschaften eine starke Erderschütterung statt. U wurde in schwingende Bewegung versetzt; die Leute stürzten erschreckt aus den Häusern.

London. Am 16. November starb, wie die .A. C. berichtet, der britische Artillerte ˖ Lieutenant Baily im 101. Lebendiahre. Er hatte noch den spanischen Krieg unter Wellington mitgemacht, war aber schon seit stebzig Jahren pensionirt worden.

Sosnowtee, 18. Nevember. In der Koblengrube Jerzy wurden, wie der ‚Staatsb. Ztg. telegrapbirt wird, durch Herabstürzen der Schicht fünf Bergleute verschüttet.