1891 / 292 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Einfuhrverbot ersolgt und der Getreidepreis auf die jetzige Höhe ge⸗ kommen sei, habe die Regierung bekennen müssen, daß lediglich die Räöcsiichten auf die Handelsvmerträge sie von der Suspension der Ge treidezölle abhielten. Er könne sich unmöglich dieser Polltik ganz anschließen, er richte deshalb an den Reichskanzler die Bitte, lieber mit einer Suspension der Getreidezölle auf eine festbemessene Zeit vorzugehen, vielleicht sogar den Roggenzoll ganz aufzuheben für ein halbes oder ein ganzes Jahr, als in eine Herabsetzung der Zölle für unbestimmfe Zeit zu willigen. Bis jetzt habe die Regierung ihre Rolle mit großem Geschick und anerkennen werther Entschiedenheit durchgefübrt. Die Handel verträge seien durch die Ver weigerung der Zollsuspension in allerbester Weise vorbereitet worden. Aber er glaube, daß der gegenwärtige Preisstand z. B. des Roggens von 240 ½ auf die Dauer nicht erhalten werden könne Der Roggen⸗ preis habe bereits auf 100 M gestanden. Damals habe der Land⸗ wiith mit Unterbilanz gewirthschaftet, damals sei dieser höhere Ge treidezoll nothwendig gewesen. Wer bürge dafür, daß bei einer guten Ernte in Rußland der Preis nicht wieder heruntergehe? Dieser Ver⸗ trag habe eine Vorgeschichte. Bereits zu Beginn des Jahres 1886 habe er unter der Hand Kenntniß von dem Plan, die Einfuhr des österreichischen Getreides nach Deutschland zu erleichtern und zu be— vorzugen, erhalten. Dieser Plan sei in den Kreisen ungarischer Großgrundbesitzer entstanden, und der Umweg, auf dem er nach Berlin gelangt sei, sei für die Eingeweihten nicht schwer zu verfolgen gewesen. Er habe schon Lamals seine Bedenken dagegen ausgesprochen, weil er Differentialzölle auf nothwendige Nahrungsmittel überhaupt nicht für richtig halte. Er wisse nicht, ob diese oder ähnliche Gründe viel⸗ leicht in der damaligen Regierung maßgebend gewesen seien, um den Plan von der Hand zu weisen. Thatsächlich begegne dieser Plan seit anderthalb Jahren keinen Schwierigkeiten mehr. Das jetzige Wort des Reichskanzlers, der Vertrag solle nur dazu dienen, die Bundes genossen materiell oder finanziell zu stärken, sei schon 1836 die Grund⸗ lage des ganzen Planes gewesen. Jeder Vaterlandsfreund müsse von dem Wunsch beseelt sein, die für Deutschland so überaus wichtigen und werthvollen politischen Bündnisse zu hegen und zu pflegen. Eine andere Frage aber sei es, ob eine wirthschaftlich besonders intime Annäherung an Oesterreich und Italien zur Befestigung dieses Dreibundes beitrage. Einstweilen habe er leise Zweifel daran. Wenn für dieses Bündniß so große Opfer gefordert würden, dann werde man auch in weiteren Kreisen Untersuchungen annellen, ob diefes Bündniß vielleicht ein recht theuer erkauftes sei, und er fürchte, die Sympathien für das Bündniß würden dadurch keinen sonderlichen Zuwachs erfahren. Der Gedanke einer einseitigen Bevorzugung der österreichischen Getreideeinfuhr lasse sich jetzt nicht mehr aufrecht erhalten, schon wegen der bestehenden Meistbegünstigungsverträge. Er sei dem Reichskanzler sehr dank— bar, daß er heute mitgetheilt habe, daß die an Oesterreich zu Lewilligenden Getreidezollermäßigungen sofort auch den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika zu Gute kommen würden. England mit seinen Kolonien genieße ebenfalls das Recht der Meistbegünstigung; die englischen Besitzungen Canada, Ost⸗ Indien und Australien könnten also ihr Getreide ebenfalls zu 3,50 einführen. Es bleibe dann nur Rußland übrig, gegen das sich allein der Differentialzoll richte. Wenn auch nicht augenblicklich, so werde doch in nächster Zeit Rußland das Verlangen nach Beseitigung dieses Differentialzolls haben. Wenn Rußland nur einige Konzessionen mache, werde die deutsche Regierung nachgeben und dann sei der Zoll auf 3,50 M herabgesctzt rund um die deutsche Grenze herum. Dann würden die Oesterreicher für ihr Getreide allerdings 15 6 weniger Zol an der Grenze erlegen, aber sie würden auch ihr Getreide zu einem entsprechend geringeren Satz an Deutschland verkaufen, es werde also für die österrelchische Landwirthschaft durch diesen Vertrag gegen den bieherigen Zustand nichts verbessert und nichts verschlechtert. Den Schaden davon trage nur die deutsche Land⸗ wirihschaft. Der Reicht kanzler babe gesagt, der Zoll von 5 sei nur eine Kraftprobe gewesen. Auf die Ursachen det Nothstandes der Landwirthschaft wolle er (Redner) nicht näher eingehen. Er erinnere nur an die Thronrede, mit der 1884 der Reichstag eröffnet worden sei. Da sei gesagt worden, daß sich die Landwirthschaft in einer bedrohlichen Nothlage befinde, die Preise seien nnter dem Drucke des ausländischen Angebots so tief gesunken, daß jede Ertragsfähigkeit der Arbeit des deutschen Landwirths gefährdet erscheine; die bestehenden Zölle hätten diese ungünstige Entwickelung nicht aufzuhalten vermocht. Wenn der Reichskanzler sich einmal die Verschuldungs- und Sub— hastationsstatistik ansehen wollte, würde er erkennen, daß damals nicht nur eine Kraftprobe gemacht worden sei, sondern, daß die Zoll⸗ erhöhung ein Ausfluß der bittersten Nothwendigkeit gewesen sei. Tausende und Abertausende strebsamer Landwirthe hätten damals Haus und Hof verlassen müssen, weil sie mit diesen billigen Preisen nicht hätten wirthschaften können, es sei ein Ding der Unmöglichkeit ge— wesen. Wenn wieder normale Zuslände in Europa einträten es brauchten nur Durchschnittsernten zu sein wer stehe denn dafür, daß der Roggenpreis nicht wieder auf. 100 „6 heruntergehe? Unge⸗ fähr mit den Worten des Staatssekretärs Dr. von Boetticher in Stralsund habe der Reichtkanzler gesagt: die Landwirthschaft könne sicher sein, daß mit den Zöllen nicht weiter heruntergegangen werde, als sie vertragen könne. Da müsse man denn aber doch die Pro—⸗ dultionkkostenstatistik zu Rathe ziehen, die vor einigen Jahren in ganz Deutschland angefertigt worden sei. Damals habe man sie für eine Tonne auf 150, in Bavern auf 160 S6 berechnet. Eigentlich müsse man noch 30 S. zuschlagen auf Rechnung der höheren Löhne, der Ausgaben für Inva— liditäts. und Altersversicherung u. s. w. Wenn nun der Preis des Roggens 100 sei, so müßte doch so und so viel zugesetzt werden. Wenn der Reichskanzler ein so warmes Herz für die Landwirthschaft babe, wie er schildere, so möchte er ihn bitten, auch diese Eventualität zu bedenken, daß man einen Preisrückgang in Deutschland wie damals erleben könne und daß dann der Regierung die Hände gebunden seien und sie die Zölle nicht erböhen könne. Dann werde die Nothlage noch viel schlimmer sein als 1886. Lege man die Zölle auf zwölf Jahre sest, dann sei auch für dieselbe Zeit die Hoffung auf Besserung abgeschnitten. Was die finanzielle Wirkung der Handelsverträge betreffe, so würden in Preußen die Be⸗ träge, die nach der lex Huene den Kreisen überwiesen würden und die im vorigen Jabre insgesammt 41 Millionen Mark und für diesen oder jenen Kreis 40 bis 80 000 M betragen hätten, in Folge der Herabseßung der Zölle voraussichtlich schwinden. Für die Rꝛicht⸗ kasse komme dieser Ausfall wenig oder gar nicht in Betracht, da nach der Tranckenstein'schen Klausel nur eine bestimmte Summe der Zoll⸗ einnahmen dem Reich verbleibe und nur der schwankende Rest den Einzelstaaten überwiesen werde; die Kreise würden diesen Ausfall durch Zuschläge zu den direkten Staatssteuern aufbringen müssen. Auch alle enderen landwirthschafilichen Berufszweige würden durch diese Vorlage hart getroffen: Pferde, Rindvieh, Schweine, Sutter, Eier, Federn, Geflügelzucht, die für den kleinen Landwitth ein? große Bedeutung habe. Nicht minder be⸗ dauere er die Herabsetzung des Hopfenzolls und vor Allem die so beträchtliche Ermäßigung des Weinzolls, deren Wirkung noch garnicht zu ükerfehen sei. Auch die Industrie werde durch die Vorlage in wanchen Punkten recht empfindlich getroffen. Wenn Tischlerarbeiten, wußkaliscke Instrumente, Galanteriewaaren, feine Lederwaaren, Por⸗ jellan u. s. w. zu den ermäßigten Zollsätzen von Oesterreich ein- gefübrt würden, könne man auf keine gute Stimmung in diesen Inrduftriejweigen in Deutschland rechnen, denn diese hätten schon jetzt eren schweren Kor kurrenzkampf mit Oesterreich zu bestehen. Eine Petition des Vereins der Berliner Perlmutterfabrikanten habe im vorigen Jahre nachgewiesen, daß sich diese Industrie des Weitbewerbs mit der gleichartigen österreichischen kaum noch erwehren könne, und jetzt würden die Zölle auf die Waaren dieser Industrie sogar heiabgesetzt! Die Großindustrie komme ja bei dem Handelsvertrage gut weg, die Eisenindustrie behalte ihre alten Zölle, ja sie erhalte sogar durch die Ermäßigung der öster⸗ reichischen Eisenzölle ein Absatzgebiet in Oesterreich, wenn sie auch davon vielleicht keinen Gebrauch mache. Er habe die Ansicht ge⸗ wonnen, daß die österreichischen Gegenleistungen nicht im richtigen

Verhältniß zu den Konzessionen ständen. Die österreichische Industrie, wenn auch nicht die Landwirthschaft, mache ein recht gutes Geschäst dabei. Die beifällige Aufnabme des Vertrages in Wien und Pest wundere ihn nicht, denn Geschenke würden immer bereitwilligst an⸗ genommen. Man wolle die deutsche Industrie durch eine bessere Er ˖ schließung des ausländilchn Marktes heben. Aber wenn die wichtigsten einheimifchen Erwerbe zweige beeinträchtigt würden, sei die Ver⸗ schlechterung des inländischen Marktes durch keine Verbesserung der ausländischen zu ersetzen. In seinem Buch über die Handelsvertrags⸗ politik sage der jttzige Kaiserliche Staatesekretär von Schraut, den er als eine besondere Kapazität auf diesem Gebiet sehr hoch stelle, daß in der einseitigen Betonung rer Wichtigkeit der fremden Märkte gegenüber dem einheimischen Absatzgebiet die Schwäche der Beweis⸗ mittel für Handelsverträge läge. Vielmehr müͤsse die einheimische Prot uktion gegen die internationale Schleuderkonkurrenz hinreichend geschützt werden; so spreche eine anerkannte Autorität. Der Gedanke an einen mittelturopäischen Zollbund an sich möge berechtigt sein, aber man sollte, ähnlich wie Frankreich, einen Maximal und Minimal⸗ tarif einführen, wobei der Minimaltarif jedem Lande zugänglich sein würde, das angemessene Zugeständnisse mache. g Gunsten dieses Planes tönnte er fein Bedenken gegen die Offferentialzölle fallen lassen. Aber in Frankreich ständen die landwirthschaftlichen Erzeugnisse nur im Maximaltarif. Ständen sie aber in Deutschland im Minimal tarif, so seien sie für Jedermann da. Das sei ein schwerer, wirth= schafts- und handelepolitischer Fehler. Es sei ein Unding, das Hauptnahrungsmittel, das Getreide, mit einem Vertragszoll zu be⸗ lasten. Die landwirthschaftlichen Zölle seien in Deutschland nur durch die eiserne Nothwendigkeit vorgeschrieben worden, sonst wäre der Getreidezoll der allerverwerflichste. Deshalb dürfe der Getreidezoll nicht zu einer feilen Waare heruntergesetzt werden, wie es die Vorlage thue. Entweder sei der Zoll eine Nothwendigkeit, dann müsse er nach allen Grenzen aufrecht erhalten werden, oder er sei keine Nothwendigkeit, dann fort mit die sem Zoll]! Die deutsche Landwirthschaft nehme nicht mehr eine gleich⸗ berechtigte Stellung neben der Industrie ein. Der Reichskanzler habe die Industrie die Nährmutter des Landes genannt. Dagegen sage Adam Smith: Seit dem Niedergang des römischen Reichs hätten alle europäischen Regierungen die Industrie der Städte auf Kosten der Landwirthschaft bevorzugt, und Adam Smith sei der Vater des . von dem Alle hätten lernen können. Dieses Mißver⸗ ältniß zwischen Industrie und Landwirthschaft müsse im ganzen Reich Mißstimmung hervorrufen. Bisher sei die Landwirthschaft gewöhnt gewesen, in der Regierung ihre beste Freundin zu erblicken, namentlich auch bei den Wahlen sei dieses Vertrauen zum Ausdruck gekommen. Dieses Vertrauen werde durch die Vorlage nicht ge⸗ kräftigt. Als konservativer Mann, als treuer Unterthan des Taisers und Königs, bedauere er, daß es dahin gkkommen sei. Nicht dem Reichskanzler mache er einen Vorwurf, er sei von der allerbesten Absicht beseelt auch für die Landwirthschaft; aber er bedaure, daß dem Reichskanzler bei diesen Verttagsverhandlungen nicht andere Rathgeber zur Seite gestanden hätten. In der Denkschrift sei der liberal⸗freihaͤndlerische Geheimrathsstil zu finden. Dem Freihandel zu liebe seien die weit- gehendsten Konzesstonen gemacht. Die demokratische Presse triumphire schon über die Niederlage der Agrarier. Er wolle lieber eine Nieder iage erleiden, als sich auf Tranzaktionen einlassen, die sein Gewissen nicht verantworten könne. Die Bevölkerung soll wissen, daß sie noch nicht ganz verlassen ist

Reichskanzler von Caprivi:

Ich verzichte bei der späten Stunde, auf die Einzelheiten der Rede des Herrn Grafen von Kanitz einzugehen. Die Insinuation, daß innerhalb der Reichsämter gearbeitet werde und Arbeiten nach Außen gehen, die nicht meiner Ansicht entsprechen, für die ich die Ver⸗ antwortung nicht übernehme, weise ich auf das Schroffste und Be⸗ stimmteste zurück. (Bravo! links) Ich füge hinzu, daß das dieselben Beamten sind, die unter dem Fürsten Bismarck gearbeitet haben, und daß man ihnen den Vorwurf der Freihändlerei nicht machen kann. (Bravo! links.)

Danach vertagt das Haus um 4 / Uhr die weitere Be—

rathung auf Freitag 1 Uhr.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.

Von der Landes ⸗Versicherungsanstalt Elsaß⸗Lothringen sind bis zum Schluß des Monats Okiober 3881 Altergzrenten angewiesen, 9g39 Anträge sind abgelehnt und 126 sind anderweit durch Tod der Antragsteller, Zurückziehung der Anträge u. s. w. erledigt worden. Demnach sind bis zu dem gedachten Zeitpunkt überhaupt 4949 Renten⸗ anträge zur Verabschiedung gelangt. Der jährliche Betrag der 3881 anerkannten Rentenansprüche beziffert sich auf rund 537 826 4 Von diesem Betrage zahlt das Reich als seinen Antheil 194 060 „M, die übrigen 343 870 A6 hat die , . zu decken. Betheiligt an der erwähnten Rentenzahl ist: Lohnklasse JI mit 964 Renten zu je 106 80 M, Lohnklasse Il mit 1702 Renten zu je 136,00 , Lohnklasse Ill mit 970 Renten zu je 163,20 „, Lohn⸗ klaffe I 7 mit 246 Renten zu e 191,40 ι,. Von den Renten= empfängern sind wohnhaft in den Kreisen: Altkirch loo, Bolchen S8, Chateau⸗Salins 131, Colmar 169 (darunter in der Stadt Colmar 60), Dledenhofen 105, Erstein 172, Forbach 216, Gebweiler 236, darunter in der Stadt Gebweiler 75), Hagenau 185 (darunter in der Stadt Hagenau 31), Metz 298 (darunter in der Stadt Metz 87), Molsheim 245, Mülhausen 448 (darunter in der Stadt Mülhausen 28), Rappoltsweiler 224 (darunter in der Stadt Mar irch 665), Saarburg 131, Saargemünd 134 (darunter in der Stadt Saar⸗ gemünd 23), Schlettstadt 185, Straßburg 346 (darunter in der Stadt Straßburg 207), Thann 164, Weißenburg 114, Zabern 200. Ver— storben sind inzwischen 102 Rentenempfänger.

Die Landes ⸗Vorschußkassen in Elsaß ⸗Lothringen.

Im Juli vorigen Jahres bestanden auf Grund des Gesetzes vom 18. Juni 1887 h3 Landes ⸗Vorschußkassen in 328 Gemeinden, die bis zum 1. Juli 1890 einen ihnen aus den Beständen der Depositen—⸗ verwaltung zur Verfügung gestellten Betrag von zusammen 427 000 MυV in kleineren Darlehen ausgeliehen hatten. Seit dem sind 4 neue Kassen mit 31 Gemeinden hinzugekommen und 8 20 Gemeinden bereits bestandenen Kassen beigetreten, so daß gegenwärtig für 379 Gemeinden Landes⸗Vorschußkassen be⸗ stehen. Diese 57 Kassen hatten am 1. Oktober d. J. zusammen 640 000 MS von der Depositenverwaltung entnommen, also rund 50 o mehr als am 1. Juli 1890. Rechnet man zu den 213 000 , welche die Kassen seit dem 1. Juli 1890 his zum 1. Oktober 1891 zur Gewährung neuer Darlehen von der Depositenverwaltung ent nommen haben, die Beträge hinzu, die von früher gewährten Darlehen als Ratenzahlungen in die Kassen zurückgeflossen und wieder von Neuem ausgeliehen worden! sind, so kann der Geschäftsumfang der Kassen als ein fortschreitend zunehmender be⸗ zeichnet werden. Als besonders erfreulich ist hervorzuheben, daß die Jahresabschlüsse der Kassen nur ganz vereinzelt Jinsrückstände und auch nur wenig rückständige Kapitalraten nachweisen, sowie daß mehrere gut gehende Kassen bereits mit der Ansammlung eines Refervefonds begonnen haben. Von den vorhandenen b7 Kassen kommen: auf Ober ⸗Elsaß 18 mit einem aus der Depositenverwaltung entnommenen Betriebe kapital von 373 300 M½, auf Unter⸗Elsaß A mit einem aus der Depositenverwaltung entnommenen Betriebskapital von 163 700 A, auf Lothringen 18 mit einem aus der Depositenverwaltung ent⸗ nommenen Betriebskapital von 103 000 4K

Zur Arbeiterbewegung. Als ein erfreuliches Zeichen der unter einem Theile der

Bergarbeiterschaft des niederschlesischen Kohlen⸗

re viers im Waldenburger Bezirk . Stimmung theilt die „Schweidn. Tgl. Rundschau“ die Thatsache mit, daß zwischen den reichstreuen Bergarbeitervereinen in Hermsdorf und Weißstein, deren Mitgliederzahl stetig zunimmt, und dem Gottesberger Knappen verein eine freundschaftliche Annäherung stattgefunden hat. Es er⸗ öffne fich damit ein neuer verheißungsvoller Ausblick für das immer festere Zusammenhalten aller patriotisch gesinnten Bergarbeiter.

ur Lohnbewegung unter den deutschen Buch⸗ druckern theilt die „Lpz. Ztg.“ Folgendes mit:

Die männlichen und weiblichen Hälfsarbeiter der Buch⸗ druckereien Leipzigs waren zu einer Versammlung am Mittwoch ein⸗ geladen worden, in der nach einem Vortrage über das Thema „Die Frau und die Verkürzung der Arbeitszeit“ ein Bericht über die gegenwärtige Lage der ausständigen Buch⸗ drucker erstattet wurde. Der Vortragende stellte die Lage günstig dar. Die Versammlung faßte auch den Beschluß, den Aus⸗ stand zu Ende zu führen, aber es war eine verhältnißmäßig sehr schwach besuchte Versammlung, die also beschloß. Es mehren sich überhaupt die Anzeichen dafür, daß der Ausstand seinem Ende nahe ist.

In Frankfurt a. M. faßte eine von den Buchdruckern einberufene, von etwa 500 Personen besuchte Arbei terversamm⸗ lung am Mittwoch einen Beschluß, in dem sie sich der Berliner Volksztg.“ zufolge mit sämmtlichen Forderungen der ausständigen Gehülfen einverstanden erklärt und sich verpflichtet, sie materiell zu unterstützen, weil der Sieg der Buchdrucker als Sieg der gesammten Arbeiterschaft zu betrachten sei.

Aus London schreibt man der „Köln. Ztg. unter dem 7. d. M.: Die Zahl der ausständigen Buchbindergehülfen wurde am Sonnabend durch die Arbeiter 13 weiterer Geschäfte vermehrt. Außer⸗ dem kündigten die Buchbindergehülfen von 4 großen Geschäften auf eine Woche. Die Zahl der Ausständigen beläuft sich bis jetzt auf etwa 500. Am Sonnabend wurde ihnen je 1 Ausstandsgeld aus⸗ gezahlt; die Ausstandsbewegung gilt dem achtstündigen Arbeitstag.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Verwüstungen durch die Reblaus haben nach dem Bericht des Ackerbau ⸗Ministeriums im Vorjahre in Oesterreich nicht un⸗ beträchtlich zugenommen. Während im Jahre 1889 in 168 Orts gemeinden 25 315 ha von der Reblaus infizirt waren, trat im Jahre 1890 dieser Rebenfeind in 201 Ortsgemeinden auf und verseuchte 238 42 ha. Demnach wurden über 31009 ha mehr infizirt. Der Bericht theilt sodann mit, daß die früher übliche Bekämpfung der Reblaus mittels Schwefelkohlenstoffs nur noch geringe Anwen⸗ durg finde und daß man auch daz Rodungs verfahren aufgegeben habe. Dagegen gehe man daran, in Schnittrebengärten widerstandsfähige amerikanische Reben zu ziehen und an die betroffenen Weinbauern zu vertheilen. So haͤtten im Jahre 1890 etwa 530 000 Stück Reben zur Vertheilung gelangen und fur 1892 sollten 950 000 Stück Reben abgegeben werden können.

Washington, 10. Dezember. (W. T. B) Der Dezember bericht des Ackerbau ⸗Bureaus stellt fest, daß die Baum wolle auf den Plantagen nur mittlere Preise erzielt habe. Da die Preise wenig lohnend seien, trete die Neigung hervor, den Anbau von Baumwolle einzuschränken. Der Durchschnittspreis stelle sich auf 7öio Cents; in den letzten fünf Jahren habe er zwischen Si io und S6/io Cents geschwankt. Die Ernte, die Abschälung und die Ver⸗ sendung nach den Märkten seien sehr rorgeschritten. Die Faser, obwohl sehr kurz und unter Mittel, sei rein und von schöner Färbung. Der Durchschnittspreis von Mais betrage 422/10 Cents, von Roggen 77 i, von Gerste 54, von Hafer 3221. Gegen den Durchschnittspreis für die letzten zehn Jahre stelle sich der Preis für Mais um 2910 Cents für 1 Bushel, für Weizen um 25/10, für Hafer um 181 Cents böher. Der Durchschnittestand des Weizens sei 85rio, dez Roggeng S88/ io. Die Aussichten der nächsten Winter getreideernte seien im Allgemeinen nicht günstig. Die hessische Fliege habe unter den Frühsaaten an der Atlantischen Küste Schaden an—⸗ gerichtet.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrunge⸗ Maßregeln. Uebersicht über die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche in Preußen im Ausgang des Monats November 1891.

Die Seuche herrschte in Angabe der Thier

gattung, welche von der Seuche befallen ist.

Regierungs⸗

Gemeinde⸗ bezirk.

(Guts⸗) Bezirken.

Laufd. Nr.

Kreisen.

Schafe. Rindvieh.

Königsberg Gumbinnen. Danzig ; Marienwerder. Potsdam. Köslin. Posen .. Breslau.

Rindvieh, Schweine, Ziegen.

Rindvieh, Schweine.

Rindvieh.

Rindvieh, Schweine, Schafe.

Rindvieh.

Rindvieh, Schweine.

Rindvieh.

Rindvieh, Schafe, Schweine.

Rindvieh.

23 Rind⸗ u Schafwieh. 6 Rindvieh.

Summe 162

Ende Oktober 1891 waren verseucht. 69 150 Berlin, sowie die vorstehend nicht aufgeführten Regierungs⸗ bezirke waren am Schlusse des Monats November frei von der Maul- und Klauenseuche. Im Regierungsbezirk Schleswig ist seit dem Monat Mai 1851 kein Seuchenfall vorgekommen.

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Liegnitz... Magdeburg. Merseburg

Erfurt.. Münster Minden Kassel .

Wiesbaden Koblenz . Sigmaringen

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2

Von der Saar, 8. Dezember. In diesem Herbst treten, wie der „K. Z. berichtet wird, in jahlreichen Ortschaften an der Saar Kinderkdrankh eiten, wie Diphtherie, Scharlach und Masern, in erschreckender Weise auf. Die Sterblichkeit unter den Kindern ist sehr hoch. In vielen Dörfern sind die Schulen geschlossen.

ion, 9. Dezember. Die Influenza ist, wie dem „Pos. Tabl. berichtet wird, nun auch in der hiesigen Gegend aufgetreten; in einzelnen Dörfern ist die Zahl der Erkrankten sehr erheblich, gu Kinder werden davon ergriffen. Die Fälle sind häufig schwer. Auch einzelne Todesfälle sind schon zu verzeichnen.

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 292.

Literatur.

Gesetze, Verordnungen re.

Das Arbeiterschutzgesetz, von August Creuzbauer. Dresden, Verlag von Wolf und Tretbar. Die Bestimmungen des Arbeiterfchutzgesetzes werden in der vorliegenden Brochtre in popu- lärer und Jedem verstäaͤndlicher Weise klargelegt. Der Verfasser hat dabei nur die durch die Novelle vom 1. Juni 1891 neu aufgenommenen oder in ihrer alten Fassung veränderten Gesetzesparagraphen besprochen, dabei aber die Reihenfolge des Gesetzes nicht festgehalten, vielmehr alle für einen Gegenftand, jz. B. die Sonntagsruhe, maß

ebenden Bestimmungen zusammengestellt, auch wo sie an verschiedenen

tellen des Gesetzes sich befinden. Nur die Strafbestim ˖ mungen sind am Schluß in einem besonderen Paragraphen zusammen * f worden. Der Vollständigteit wegen sind die auf die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter bezuͤglichen Gesetzesparagraphen, die durch die Novelle nicht abgeändert worden sind, ebenfalls, aber in kleinerer Schrift aufgenommen, dagegen ist der Wortlaut der zur Besprechung gelangten Gesetzesstellen in der Regel nicht aufgefübrt. Der Preis von 509 , der sich bei Partiebezug noch erheblich vermindert, ist als ein recht mäßiger zu bezeichnen.

lUlgemeine Wissenschaft.

n. Zeitphrasen. Von Otto Seeck, Professor in Greifswald. Berlin 1892. Siemenroth u. Worms. Preis 1,50 M Diese geist⸗ volle Schrift ist gegen das Buch „Rembrandt als Erzieher“ gerichtet, soweit sich darin in dem Verhältniß von Kunst und Wissenschaft die Perrschende Tagesmeinung widerspiegelt. Dem Verfasser erscheint das Wirken unserer Zeit als kein Epigonent hum, da er an eine Entwickelung der Menschheit zum Besseren glaubt, naß sie auch nicht gleichmäßig in gerader Linie und ohne Ruhepunkte erfolgen, und diesen Glauben will er der Jugend erhalten wissen. Die Kunst kann nicht gleichzeitig individuell sein und doch ihre Wirkung über die breite Masse des Volkes ausdehnen, da erfahrungmäßig die scharfauggeprägte In⸗ dividualität des Künstlers für die Wirkung seines Schaffens nicht nothwendig, theilweise sogar hinderlich ist. Schlimm würde es sein, sollte unser Volk sich jetzt allmählich von der Wissenschaft ab und der Kunst zuwenden. Der Verfall der Kunst, nicht der Wissenschaft würde die unausbleibliche Folge sein. Die Größe des Gelehrten ist der großen Menge kaum verständlich, sein Wirken liefert Bausteine zur Welterentwickelung der Wissenschaft; die Werke des Künstlers aber empfindet die Menge weit lebhafter, in ihnen tritt ihr eiwas Ab geschlessenes entgegen. Dafür aber ist die Kunst seit der Antigone des Sophokles und dem Hermes des Praxiteles um keinen Schritt weiter gekommen; nur ihre Mittel hat die moderne Kunst erweitert, und ihre Aufgaben geändert und vermehrt. Anders die Wissenschaft; sie muß sich weiter entwickeln und bedarf, dazu der Spezialisirung, die in Rembrandt als Erzieher“ irrig bekämpft wird. Denn ist die Spezialisirung nicht auch der Weg, auf dem die menschliche Kultur forischreitet? Zum Schlusse tritt der Verfasser mit Wärme für die Bedeutung und Erhaltung der Museen ein. Durch glückliche Ver⸗ . weiß er seinen Ausführungen noch einen besonderen Reiz zu verleihen.

n. Die Ironie in der Geschichte. Von Franz Lüdecke, Superintendent in Neustettin. Gotha, Gustav Schlocßmann 1891, Preis O, 75 S6. Die Ironie, von der der Verfasser spricht, unter⸗ fcheidet sich von dem Sarkasmus und der Persiflage, mit denen sie die Waffen des Witzes gemein hat, durch ihr Ziel: sie will nicht wie jene verletzen, sondern zur Selbstkritik bewegen und bessern. Verfasser nennt sie eine heilige, die in den verschiedenen Perioden der Geschichte durch die Logik der Thatsachen über die göttliche Vorsehung aufklärt, am deutlichsten in ihrem Höhepunkte, wenn wir vor das Kreuz Christi treten. Hier wird das Ironische, wie es von Anfang an im Herzen Gottes gemeint ist, zugleich das Irenische: ihr Zweck ist der Friede der Menschenkinder! Segnender Friede wird sie aber nur für die, welche dankbar das Kreuz küssen; für die Feinde ist und bleibt sie die

trafende Kritik. feel Oi kunst

n. Gesammelte Werke von Otto Weddigen. 1. Band. Gedichte. Gesammtausgabe. Mit dem Bildnisse des Dichters. Zweite, durchgesehene und vermehrte Auflage. Wiesbaden, Druck und Verlag von Rud. Bechtold u. Co. Preis 3,75 16. In Otto Weddigen begegnen wir einem Dichternamen von gutem Klang. Den wohlverdlenten Ruf, dessen er sich erfreut, ist diese Gesammt⸗ autgabe feiner Dichtungen zu varmehren wohlgeeignet. Die zahlreichen Lieder bringen manche Perle, würdig der Vorbilder, die er, wie Uhland und Geibel, besingt; oft auch scklagen sie Töne an, die dem Volksliede abgelauscht sind. Unter ihnen verdient die Sammlung „Am eigenen Herd“ befondere Hervorhebung. Unsere Possie ist nicht so reich an tief⸗ empfundenen Hausliedern, daß wir nicht jede Bereicherung freudig begrüßen follten. Mit inniger Liebe umfaßt er sein Heimathland Westfalen, dem er, wie feiner Vaterstadt Minden, manches schöne Lied weiht. Eine männlich⸗ tüchtige Gesinnung und kernige Kraft bekunden seine Vaterländischen Ge⸗ dichte, mag er in den Schwerlliedern die Eindrücke von 180/671, an dessen Großthaten im Felde theiltunehmen ihm vergönnt gewesen ist, dichterisch gestalten, oder in den Zeitgedichten, unter denen wir hervor⸗ heben „Drei Wahrzeichen“, ‚Deutsches Lied, Die Welt in Waffen“, beweisen, daß er neben der engeren Heimath Alldeutschland mit ganzem Herjen umfaßt. Im einfachen sangbaren Lede, wie in kunstvollen fremden Klängen zeigt er die volle Herrschaft über Form und Sprache. An Platen, dessen er in dem Soneit „an Venedig“ gedenkt, gemahnen die Soneite und Epigramme, in denen er Italiens Schönheit preist. Balladen und Romanzen, unter denen Der Skalde, „Die Heide braut, „Der alte . . Beachtung werth erscheinen, bilden den Schluß der Sammlung.

—n. geen von Otto Weddigen. (4. Tausend.) Wies⸗ baden. Druck und Verlag von Rud. Bechtold u. Comp. 1862. (Der

efammesten Werke 3. Band). Preis 3 4. Diese Märchen be⸗ fätigen vollauf, was über Weddigen's Gedichte Anerkennendes gesagt werden kann. Er zeigt seine hervorragende Begabung auch auf diesem Gebiete, das leider verhältnißmäßig wenig angebaut ist und doch des Eindrucks auf Herz, Gemüth und Phantasie der Jugend, die sich nach dieser fo antegenden wie bildenden geistigen Nahrung sehnt, nicht ver⸗ fehlt. Neben längst kekannte Märchen immer wieder von Neuem ijbren unvergänglichen Zauber auf die Jugend aus, wie erst neue, wenn ein Dichter Phantafie und Gestaltungskraft mit warmem Verständniß für das, was der Jugend gut ist und gefallt, verbindet! Dieser köstliche Strauß von 30 Maͤrchen, den ein liebender Vater zuerst den eigenen Kindern gewunden hat, ist eine Gabe, für welche der Dichter zu lebhaftem Danke verpflichtet.

Unterhaltung.

n. Leipziger Carcer- Album. Gewidmet den Alten Herren‘. Herausgegeben von Curt Müller. Kommissions verlag von Scar Gottwald in Leipzig. Preis 1 Die in diesem Büchlein vereinigten „feuchtfröhlichen! Beiträge in Vers und Prosa zeigen, daß der alte Studentenhumor im Wechsel der Zeiten unmandelbar derfelbe geblieben ist. Mögen diese Blüthen jugendlichen Uebermuths bisweilen zu sehr ins Kraut schießen wir streichen vor ihnen die Segel, um nicht für die zu gelten, die keinen Sinn, für fröhliches, harmloses Treiben haben.. Ueber einige . Carcer Albums würde auch weiland Jofeph Vietor Scheffel seine helle Freude em- pfunden haben. ;

Bag foeben ersckienene Dezemberheft der von Pgul Lindau herausgegebenen Monatsschrift Nord und Süd (Verlag der

Berlin, Freitag, den 11. Dezember

Schlesischen Buchdruckerei, Kunst und Verlagsanstalt vorm. S. Schottlaender in Breslau) wird eröffnet durch das wohlgelungene Porträt Max Bruch's, während eine biographisch⸗kritische Skizze aus der Feder Robert Ludwigs das Leben und die Werke des Komponisten schildert. Einen interessanten Beitrag hat Professor Hugo Blümner in Zürich geliefert. Unter dem Titel Bilder aus dem altgriechischen Leben' legt er uns mit den nöthigen Commentaren versehene Ueber- setzungen der kürzlich in Egypten aufgefundenen Bruchstücke des Herondas vor, die in kleinen dramatischen Scenen überraschende und mitunter seltsam modern anmuthende Einblicke in das tägliche Leben und Treiben der antiken griechischen Welt gewähren. Felix Dahn spinnt in der Fortsetzung seines Aufsatzes „Moltke als Erzieber“ seine anregenden Betrachtungen über den volkserziehlichen Werth der Moltke'schen Geschichte des großen Krieges weiter. Eine Abhandlung von Alexander Tille über den Weihnachtsbaum und seine Geschichte wird mit besonderer Anerkennung aufgenommen werden,. Wolfgang Michael steuert einen Essay ‚Die Dynastie Hannover auf dem britischen Königsthron“ bei. An novellistischem Stoff bietet das Heft eine etwas anrüchige Erzählung aus dem Berliner Leben von Paul von Schöoönthan „Schlechte Rassen', die wohl nicht in Nord und Süd“ hineinpaßt, und eine kleine Skizze von Ernst Koppel „Die Tante, die in der Veranschaulichung einer merkwürdigen psychologischen Entwickelung ihre Aufgabe sucht. Es erübrigt noch, auf . reich ausgestatteten biographischen Theil des Heftes hin⸗ zuweisen.

Das Dezemberheft der Deutschen Rundschau Gebr. Pätel in Berlin) enthält u. A. einen lehrreichen Aufsatz von Julius Post über Wohlthätige und wohlthuende Frauen“, der das Wohl⸗ thun in richtige Bahnen leiten möchte; ferner einen interessanten Aufsatz von Professor C. Arendt über „Die bäusliche und gesellschaft⸗ liche Stellung der Frauen in China“. Weiter heben wir hervor: Oversberg, ein Lebensbild von Marie von Ebner ⸗Eschenbach; das Museum von Gizeh, von Heinrich Brugsch; aus Karl Fr. Reinhard's ö W. Lang, und Conrad Ferdinand Meyer's Gedichte, von

na Frey.

Der mit dem soeben erschienenen 5. Hefte fertiggestellte 1. Band der illustrirten Oktavhefte von Ueber Land und Meer“, Jahrgang 1891/92 (Preis 5 „M), ist wieder überaus reichhaltig, nicht nur an Erzählungen und belehrenden Aufsätzen, sondern auch an sehr gut und sauber ausgeführten Bildern. Der Preis eines Heftes be⸗ trägt dabei nur 1 0

Heft VIII der illustrirten Zeitschrift Zur guten Stunde“ (Berlin W. 57, Deutsches Verlagshaus Bong u. Co.,) enthält eine illustrirte Arbeit über Mütter und Kinder“, die namentlich eine Schilderung der Methoden, die Kinder in sicherer Hut zu halten, und die Abbildung der Vorrichtungen, welche hierfür bei den verschiedenen Völkern im Gebrauch sind, giebt. Ein gleich fesselnder Artikel des⸗ selben Heftes ist die Abhandlung über „Torpedos und Seeminen“ von G. van Muyden, ebenfalls reich mit Illustrationen geschmückt. M. von Stern schildert das neue Stadttheater in Zürich, das in hübschem Farbendruck dem Leser vorgeführt wird. Der illustrative Schmuck sst überhaupt ein sebr reicher; in schönen Holzschnitten finden sich Bredt's „Briefschreiber in Tunis„, Schmutzler's Alter schützt vor Thorheit nicht“, J. Malczewski's origineller Künstler⸗ traum“ u. s. w. Weiter bringt das Heft die Fortsetzung der Ro⸗ mane „Empor“ von Ida Boy -⸗Ed und Komödianten“ von R. Ort⸗ mann. Ferner ist dem Heft die dritte Lieferung von Theodor Körner's Leyer und Schwert“ beigegeben. Preis des Vierzehntagsheftes 4090 3.

Die am 12. Dezember erscheinende Nr. 2528 der . Illu—⸗ strirten Zeitung“ enthält u. A. folgende Abbildungen: Die Feier der Vermählung des Prinzen Friedrich August von Sachsen mit der Erzherzogin Luise. Floriano Peixoto, der neue Präsident der Republik Brasilien. Ansicht von Porto Alegre, Hauptstadt der abtrünnigen Provinz Rio Grande do Sul in Brasilien. Fürst Günther zu Schwarzburg⸗Rudolstadt und seine Gemahlin Anna Luise, geb. Prinzessin von Schönburg⸗Waldenburg. Das neue Reichspost! und Telegraphengebäude in Köln. Dr. Florian von Stablewski, der erwählte Erjbischofß von Gnesen und Posen. Ansicht von Orlamünde mit der Kemnate (im Hintergrund die Leuchtenburg). Herzogin Helene von Mecklenburg ⸗-Strelitz, die Braut des Prinzen Albert zu Sachsen ⸗Altenburg Die Börse für landwirthschaftliche Produkte in Wien. Ein Kränzchen. Gemälde von Gabriel Max. Aus der diesjährigen Fächerausstellung in Budapest. Polytechnische Mittheilungen.

In Nr. 45 von ‚Schorer's Familienblatt“ findet sich unter der Ueberschrift „Körperliche Seelenanzeichenꝰ von Ottomar Behr ein interessanter Vergleich des den Erdball umspannenden Netzes von Telegraphendrähten mit dem menschlichen Nervensystem, das im Hirn sein Haupttelephon⸗ und Telegraphenamt hat. In einem Auf. satz „Helene Lange und die Frauenfrage! von J. Adam wird das Wirken dieser durch die Einrichtung der Realkurse für Frauen in Berlin um eine zweckentsprechende Ausbildung des weiblichen Geschlechts hoch⸗ verdienten, zur ersten Vorsitzenden des Allgemeinen deutschen Lehrerinnen- vereins gewaͤhlten Dame eingehend gewürdigt. Außerdem werden die beiden Romane „Die goldene Karla“ von H. Hartenstein und Schatten pflanze von C. Vely fortgesetzt. Aus dem reichen Bilderschmuck, mit dem auch diese Nummer wieder geziert ist, mögen erwähnt sein: Der Kampf um die Standarte“, eine Episode aus der Schlacht von Vionville, nach dem Gemälde von Th. Rocholl; Müde von der Arbeit‘, nach dem Gemälde von Viktor Thomas; Eine Partie Sechsundsechzig“, nach dem Gemälde von A. Hornemann und „Phrenologisches Selbstgefühl“, nach einer französischen Karikatur.

Verschiedenes.

„Das Gestütswesen Deutschlands? von Dr. Pusch, Professor an der Thierärztlichen Hochschule in Dresden. Berlin 1891. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin (Richard Schoetz). Preis 3 4 Die Pferdezucht in Deutschland hat sich in diesem Jahrhundert der⸗ artig gehoben., daß es für den gesammten Armeebedarf jetzt unah⸗ hängig vom Auslande ist. Diesem Zwecke dienen die Hauptgestüte (in Süddeutschland Stammgestüte genannt), die Landgestüte, Hof⸗ gestüte und Privatgestüte. Für die Entwickelung der Pferdezucht kommen hauptsächlich die Hauptgestüte, die dem Staat gehören und deren Aufgabe es ist, Hengste hervorzubringen, die also als die eigentlichen Pflanzstätten der Pferdejucht anzusehen sind, und die Landgestüte, d. b. mit Hengsten besetzte dem Staat gehörige Marställe, die zum Dedhen der bäuerlichen Siuten bestimmt sind und einen sehr wohlthätigen Ein⸗ fluß auf die Pferdezucht ausüben, in Betracht. Hauptgestüte besitzt . drel: in Trakehnen, Graditz und Beberbeck bei Hofgeismar.

ährend in Graditz mit außerordentlichem Erfolge Vollbkutzucht be⸗ trleben wird, werden in Trakehnen und Beberbeck nur Halhblutpferde gejogen. AÄn Landgestüten besitzt Preußen sechzehn Landgestüt⸗ Marställe mit 2326 Hengsten, von denen 569 in den t estũten gejogen und 1776 angekauft sind. Die Ankäufe von Halbbluthengsten geschehen nur im Inkande, während solche für die Arbeiteschläge dem Auslande (Belgien, Frankreich, Dänemark und England) entnommen werden. Fur Tie Keimmontirung der Armer ift die Pferdejucht in. Ost preußen von großer Bedeutung. waz schon daraus hervorgeht, daß von 548 gekauften Remonten im Jabre 1889 ven 64 Heeg n allein Sido, aifo 65 . geilefert wurden, während .

esten, wo auf Sachfen j. B. nur 1, Westfalen 22, Fanart rd, beef dauf kf . . d n, mehr Werth auf die ung . lt ner. Ber Staat trägt dieser Verschiedenheit

1891.

insofern Rechnung, als er dem Osten die Zucht des Remontepferdes überläßt, dagegen den Westen mit solchem Hengstmaterial versieht, das die Zucht des Arbeitspferdes sichert. Auch in den übrigen deut⸗ schen Staaten wird fleißig und mit Erfolg an der Hebung der Pferdezucht gearbeitet, doch sind sie für Dedung ihres Bedarfs auf Preußen angewiesen. Das vorliegende Werk giebt einen klaren Ueber⸗ blick des gesammten Gestütswesens in Deutschland und wird deshalb allen Freunden der Pferdezucht willkoinmen sein.

n. Die Kleinmotoren und die Kraftübertragung von einer Centrale ihre withschaftliche Bedeutung fur das Kleingewerbe, ihre Konstru tion und Kosten. Von E. Clauß en, Königlicher Regierungs⸗Baumeister. Berlin 1891. Verlag von Georg Siemens. (Pr. 3 S). Der Verfasser hat sich durch dies Werk sehr verdient gemacht. In klarer, auch für den Laien faßlicher Weise erörtert er die Kraftquellen, die allmählich der Menschen ! und Thierkraft zu Hülfe gekommen sind. Er tritt eifrig für den Schutz der Kleinindusttie ein, die auf den Gebieten, wo es angeht, der Großindustrie konkurrenzfähig gemacht werden soll. Bereits stehen billige Arbeitsmaschinen dem Kleinmeister zur Verfügung; es handelt sich also noch um die nöthige Betriebskraft und die Versuche der Technik, diese durch Kraftmaschinen zu liefern. Der Verfasser beschreibt die verschiedenen vorhandenen Kleinmotoren und er prüft sorgfältig, welche Maschinen vermöge ihrer Billigkeit, des geringen Raumes, den sie einnehmen, und der nicht theuren Fundamentirung sich für den Klein—⸗ betrieb am Bisten eignen dürften. Allerdings arbeitet die der Groß— industrie zur Verfügung stehende Großdampfmaschine immer noch billiger als die Kleinmotoren. Um der Kleinindustrie zu helfen, würden am Besten natürliche Kraftquellen für Centralanlagen zu ver⸗ werthen sein. Hier ist lehrreich die in einer dem Werke beigegebenen Karte veranschaulichte Idee, den Theil Berlins, in welchem die Klein industrie am Verbreitetsten ist, nämlich den Süden und Südesten, durch gepreßtes Wasser mit Kraft zu versorgen. Zahlreiche Abbil⸗ dungen erleichtern das Verständniß und ein alphabetisches Sachregister die Benutzung des Werkes.

Haul Moser's Notizkalender für das Jahr 1892. TVI. Jahrgang. Berlin, Lithogr. Institut (Julius Moser), Pots—⸗ damerstraße 110. Dieser Kalender dient als Schreibunterlage und ist für den Gebrauch jeder geordneten Wirthschaft empfehlenswerth (Pr. 2 M) Dasselbe gilt von Paul Moser's Haus haltungs⸗ buch, das sich für den Schreibtisch deutscher Hausfrauen eignet, sowie von den Mongtsabschlüssen zu diesem Haushaltungsbuch; diese beiden zusammen kosten 3 AM.

. St. Hub ert us *. Illustrirte Zeitschrift für Jagd, Fischerei und Naturkunde, Organ des „St. Hubertus⸗Verein“ und des Brauntiger⸗Klub“, hat in der vorliegenden Nr. 22 vom 15. November folgenden Inhalt: Wildgänse. Schmalrehchen. Bild von A. Seifart. Wildtauben. Von C. G. 2. Quensell. Gemsen. Mit Vollbild von K. Wagner. Ein Jagdfest zu Moritzburg. Von C. G. L. Quensell. Die Sage von der schwarzen Lacke. Ein Märchen aus dem Wiener Wald von G. Sieben. Mit Text Illustrationen von demselben. Ueber die Staupe der Hunde. Rucksack. Jägerlatein. Jägerheim.

Verkehr s⸗Anstalten.

Bremen, 10. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Havel ist gestern Mittag in Bremerhaven eingetroffen. Der Schnelldampfer Trave bat vorgestern Vormittag die Heimreise von New⸗York angetreten. Der Dampfer Baltimore * ist vorgestern von Bahia, der Dampfer „Karlsruher gestern von Adelaide abgegangen. Der Schnell⸗ dampfer Fulda“ ist gestern Nachmittag in Genua und der Dampfer „» Ohjo gestern in Vigo angekommen. Der Dampfer Gera!“ ist heute von „Vigo abgegangen. Der Dampfer Oldenburg', ist gestern von Port Said abgegangen. Der Dampfer Stettin ist gestern Nachmittag mit der Post von Australien von Port Sa id nach Brindisi abgegangen.

London, 109. Dejember. (W. T. B) Der Union ⸗Dampfer Moor“ ist auf der Heimreise hente von Madeira abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Drummond Castle“ hat auf der Ausreise heute Madeira passirt. Der Union ⸗Dampfer Arab“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.

Mannigfaltiges.

Pasewalk, 7. Dezember. Auf dem dem Rittmeister z. D. von Borcke gehörigen Gute Neuendorf steht, nach einer der. N. Pr. Ztg.“ zugegangenen Mittheilung, gegenwärtig ein Apfelbaum in voller Blüthenpracht.

Waldenburg, 10. Dezember. Eine furchtbare Explo⸗ sion schlagender Wetter hat, wie der ‚Voss. 3. telegraphirt wird, auf der Friedenshoffnungsgrube stattgefunden. Neun Todte sind bereits hervorgeholt. Wahrscheinlich beträgt die Zahl der Todten insgesammt dreißig. . ö.

Mailand. In Ozieri auf Sardinien entführten, nach einer Mittheilung der N. A. Z.“, sechs maskirte Uebelthäter den Unter⸗ nehmer der Rosazza⸗Eisenbahn, brachten ihn in die Berge und verlangten 300 000 Lire Lösegeld. Es sind Truppen aufgeboten worden, um die Räuber zu fangen.

Neapel, 10. Dezember. Im Süden der Insel Pantelleria ist, wie das ‚D. B. H.‘ meldet, eine neue Insel von 500 m Durchmesser aufgetaucht. Die Schiffe erhielten Befehl, sich von Pantelleria fernzuhalten und zwar zum Wenigsten um eine Meile weit.

Brüssel, 9. Dezember. Ein furchtbarer Sturm hat, wie der „Voss. Z.“ mitgetheilt wird, geflern in Belgien getobt und vieles Unheil angerichtet. Die meisten Eisenbahnzüge hatten so er⸗ hebliche Verspätungen, daß alle Anschlüsse versäumt wurden. Die telegraphischen und Fernsprechleitungen haben schwer gelitten. Aus vielen belgischen Städten liegen heute Berichte über die durch den Sturm herbeigeführten Verwüästungen, über beschaͤdigte häuser und Dächer, über zerstörte Baumanlagen vor. Die Schelde war in vollem Aufruhr. Zwei mit weißem Sand beladene Lichterschiffe verfanken innerhalb zehn Minuten, und die deutsche voll beladene Barke „Katharinen, die nach Rangoon, der Hauptstadt Birmas, ab⸗ gehen sollte, scheiterte in der Nähe von Vlissingen bei Rammekens. Bie Befatzung der drei Fahrzeuge konnte gerettet werden. Die Post⸗ dampfer der Linie Ostende Dover trafen nur mit großen Verspä—⸗

tungen ein.

ew⸗Pork, 9. Dezember. In Louis ville ist, wie das W. * * meldet, in der vorigen Nacht ein ganzer Häuserkomplex durch eine Feuersbrunst in Asche gelegt worden. Die Zahl der in den Flämmen umgekommenen Personen wird auf, sechsehn be ziffert. In einer von den Flammen n. Fabrik von Feuer⸗· werkgkzrßern befanden sich im vierten Stockwerk vierzig Mädchen. Fünf von ihnen kamen in den Flammen um, während die übrigen

fich dadurch retteten, daß sie aus den Fenstern sprangen, wobei sie Gliederbrüche und andere Verletzungen erlitten.