1891 / 305 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Einnahme a. s ' dem

und der Fesandte Graf von Wallwitz zur Frühstückstafel ge⸗ laden. Von 3 bis 7 Uhr verblieben Seine Majestät im Arbeits zimmer.

Heute Morgen empfingen Seine Majestät um 9 Uhr den Minister des Königlichen Hauses von Wedell, um 91 Uhr den Cultus-Minister Grafen Zedlitz und um 10 Uhr den Chef des Militärkabinets, General der Infanterie von Hahnke. Um 12 Uhr nahmen Seine Majestät militärische Meldungen entgegen.

Am Neujahrstage wird in der Kapelle des hiesigen König⸗ lichen Schlosses Vormittags 10 Uhr ein festlicher Gottes⸗ dienst stattfinden, welchem mit Ihren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten sämmtliche Höchsten Herr⸗ schaften 2c. beiwohnen werden und nach dessen Beendigung sich alsdann bei Ihren Kaiserlichen Majestäten im Weißen Saal eine große Gratulation cour anschließen wird, an welcher die Mitglieder des Bundesraths, die Prinzen aus den ürst⸗ lichen souveränen Häusern, die General ⸗Feldmarschälle und die Ritter des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, die Häupter der Fürstlichen und der ehemals reichsständischen Gräflichen ö. das preußische Staats⸗ Ministerium, die Präsidien des Reichstags und beider Häuser des Landtags, die gesammte Generalität, die Wirklichen Ge⸗ heimen Räthe und die Räthe erster Klasse, sowie die Com⸗ mandeure der Leib⸗Regimenter und Leib⸗Compagnien, Eecadrons und -⸗Batterien ꝛc. theilnehmen werden. Vor Beginn des Gottesdienstes gedenken Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten bereits von 93 Uhr ab im Kapitel⸗ saal die Glückwünschꝛ der Obersten Hof,, der Ober⸗Hof⸗, der Vize⸗Ober⸗Hof⸗ und der Hoschargen und hierauf in der Rothen Sammetkammer diejenigen der Damen des Hofes der Kaiserin, sowie die der Prinzlichen Gefolge entgegenzunehmen. Alsdann

werden Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten in der

Schwarzen Adler-Kammer die Mitglieder der Königlichen Familie zur Abstattung ihrer Glückwünsche empfangen und sich darauf in geordnetem Zug unter großem Vortritt zum Gottesdienst in die Schloßkapelle begeben.

Nach Beendigung der Cour, gegen 11, Uhr, werden die hier anwesenden Botschafter im Maxinesalon durch Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin empfangen werden. Demnächst findet gegen 118 Uhr der Empfang der Ge⸗ mahlinnen der Chefs der landsässigen Fürstlichen 2c. Häuser durch Ihre Majestät die Kaiserin im Pfeilersaal statt.

Diejenigen Personen, welche durch Abgabe von Karten Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin ihre Glückwünsche zum Neujahrstage darzubringen beabsichtigen, werden gebeten, die Karten im Laufe des 51. Dezember bei Ihrer Excellenz der Ober-Hofmeisterin Ihrer Majestät, Frau Gräfin von Brockdorff in der Terrassen Wohnung am Portal IV des Königlichen Schlosses abzugeben.

Die „Post“ bringt in ihrer Nr. 356 ein Privattelegramm aus Frankfurt a. M. vom gestrigen Tage, wonach Seine Majestät der Kaiser zu dem Leichenbegängniß des Pro⸗ fessors Janssen einen Kranz gesendet habe. Diese Nachricht ist unbegründet.

Die Post- und Telegraphen⸗Verwaltung hat für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schluß des Monats November vereinnahmt: 152 594029 MSV (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres 4 6528 849 MS), die Reichs ⸗Eisenbahn⸗ Verwaltung 39 122 000 (Sp ( 1088000 M).

Die im Reichs-Eisenbahnamt a , in

der Ersten bezw. Zweiten Beilage zur heutigen ummer des „Reichs- und Staats-A Anzeigers“ verö entlichte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenb ahnen für den Monat November d. J. ergiebt für die 10 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monat des Vorjahres im Betrieb waren und zur Vergleichung ge⸗ . werden konnten, mit einer Gesammtbetriebs länge von

S880, 37 km, Folgendes: Im November d. J. betrug die Personenverkehr: im Ganzen 223 175 551 6 oder 6865 412 M6 mehr als in demselben Monat des Vorjahres, auf 1 km Betriebslänge 612 M oder 2 Proz. mehr als in demselben Monat des Vorjahres; b, aus dem Güterverkehr: im Ganzen 71 776 118 t oder 4215 851 M mehr als in demselben Monat des Vor— jahres, auf 1 km Betriebalänge 1952 6 oder 5, 17 Prog. mehr als in demselben Monat des Vorjahres. In der Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis Ende November d. J. beirug die Einnahme: A. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnungs⸗ jahr die Zeit vom 1. April bis 31. März umfaßt, a. aus dem Per sonenverkehr: im Ganzen 199 76 257 S4 oder 7982 I60 S mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 km Betriebslänge 6832 S oder 235 Proz. mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b. aus dem Güter⸗ verkehr: im Ganzen 471 441 205 S oder 20 371 3960 J mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 Km Beiriebslänge 15 877 6 oder 2.68 Proz. mehr als in dem⸗ selben Zeitraum des Vorjahres. B. Bei denjenigen Bahnen, deren Rechnungsjahr mit dem Kalenderjahre zusammenfällt, 2. aus dem Personen verkehr: im Ganzen 59 260 280 M oder 1261 480 M mehr als in demselben Zeitraum des Vor⸗ jahres, auf 1 km Beiriebslänge 8603 MS oder O, l0 Proz. weniger als in demselben Zeitraum des Vorjahres; b. aus dem Güterverkehr; im Ganzen 110 677 907 M oder 4166 235 6 mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres, auf 1 km Betriebs länge 15 910 M oder 1,63 Proz. mehr als in dem⸗ selben Zeitraum des Vorjahres. Eröffnet wurden am 1. November die Strecke Weilburg —Weilmünster 19,06 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Frankfurt a. M.), am 15. November die Strecken Johannisthal =Niederschönweide 408 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Berlin) und Ege rere ren lr eg 9,55 km (Königliche Eisenbahn Direktion

zu Magdeburg).

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Der Finanz Minister hat sich damit einverstanden erklärt, daß Hülsenfrüchte zum Getreide im Sinne des §. 41 des Branntweinsteuer⸗Gesetzes vom 24 Juni 1887 gerechnet werden.

iernach ist deren Verarbeitung in lan dwirthschaftlichen

rennereien als zulässig zu erachten. Dagegen ist Reis nicht als Getreide im Sinne der vorbezeichneten Gesetzes bestimmung zu behandeln. Unter den im gegenwärtigen Betriebsjahre obwal⸗ tenden besonderen Umständen hat der Minister ferner genehmiat, daß die durch den Bundesrathsbeschluß vom 22. Oktober d. J. für die Dauer dieses Betriebsjahres den landwirthschaftlichen Kartoffelbrennereien auf den Fall der Verarbeitung von Mais oder Dari gewährte Zusicherung, es werde deshalb eine Kürzung ihres Kontingents bei der nächsten Kontingentirung nicht 56 aleichmäßige Anwendung auf den Fall der Ver⸗ arbeitung von Hülsenfrüchten finde.

Nach einer Verfügung des Finanz Ministers dürfen die⸗ jenigen Prämien, die ein Steuerpflichtiger für die bei einer Aktiengesellschaft genommene Unfall versiche— rung vertragsmäßig zu entrichten hat, nicht von dem steuerpflichtigen Einkommen in Abzug gebracht werden. Die Bestimmung im 8. 91 Nr. 6. des Einkommen⸗ steuergesetzes vom 24. Juni d. J, erstreckt sich vielmehr lediglich auf. Beiträge zu Kranken⸗, Unfall-, Alters- und Invaliden⸗ persicherungs, Wittwen⸗, Waisen⸗ und Pensions-Kassen und ist deshalb schon nach ihrer Fassung nicht auf die an Aktien⸗ gesellschaften zahlbaren Prämien anwendbar; eine solche Ausdehnung würde auch der Abficht des Gesetzes nicht ent⸗ sprechen, da die angeführte Bestimmung, wie ihre Entstehungs⸗ geschichte ergiebt, nur die durch öffentliche Fürsorge begruͤn⸗ deten oder auf dem Prinzine der Selbsthülfe beruhenden Kassen der bezeichneten Art im Auge hat. Ebensowenig kann ein Anspruch auf Abzug der Prämie für die bei einer Aktien⸗ gesellschaft genommene Unfall versicherung auf die Bestim⸗ mung zu Nr. Ta. a. O. gegründet werden, da diese aus⸗ schließlich Versicherungsprämien betrifft, welche für Versiche⸗ rungen des Steuerpflichtigen auf den Todes- oder Erlebens fall zu entrichten sind.

Der Ober⸗-Hof- und Hausmarschall und Ober Ceremonien⸗ meister Graf zu Eulenburg hat zum Weihnachtsfest das Bett verlassen können und befindet sich in der Reconvalescenz so weit vorgeschritten, daß er voraussichtlich in den nächsten Tagen von Potsdam nach Berlin übersiedeln wird.

Der großbritannische Botschafter in Konstantinopel Sir William A. White, der auf der Durchreise nach England an der Influenza erkrankte, ist gestern hier gestorben. Die Leiche wurde gestern Abend nach der St. , über⸗ geführt, wo, wie die „Nat. Ztg.“ erfährt, ein Requiem abge⸗ halten werden wird. Die Beerdigung findet morgen auf dem katholischen Friedhof in der Liesenstraße statt. Sir William A. White, der im 75. Lebensjahre stand, begann seine diplo⸗ matische Laufbahn als Konsul in 536 wurde später Ge⸗ sandter in Brkarest und im Oktober 1886 zum Botschafter in Konstantinopel ernannt.

Der Regierungs-Rath Lempfert zu Königsberg ist an die Königliche Regierung zu Aurich versetzt worden.

Dem Regierungs⸗-Assessor von Glasenapp II. bei dem Königlichen Polizei Präsidium zu Berlin ist die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Tuchel, Regierungs⸗ Bezirk Marienwerder, übertragen worden.

Der neu ernannte Regierungs-Assessor Wittich ist der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. / O. überwiesen worden.

Bahern.

München, 28. Dezember. Heute fand laut Meldung des W. T. B.“ unter Theilnahme Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten in Nymphenburg die Vermählung Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Elvira von Bayern mit dem Grafen Wrbna statt. Die Feier verlief nach dem dafür aufgestellten Programm. Die Neuyermählten reisten um 7 Uhr Abends zunächst nach Augsburg. Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Herzog von Genua, der Prinz und die Prinzessin Ludwig Ferdinand sowie der Prinz und die Prin⸗ zessin Alphons gaben ihnen bis zum Bahnhof das Geleit. Der Herzog von Genua beabsichtigt, morgen Vormittag um 11 Uhr die Rückreise nach Genua anzutreten.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Wien, 29. Dezember. Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht das Fin anzgesetz für 1892 sowie das Gesetz über die provisorischs Regelung der Handels beziehungen zu der Türkei, Bulgarien, Spanien und Portugal.

Dem „Fremdenblatt“ zufolge wird der Präsident der General⸗Direklion der österreichischen Staatsbahnen, Freiherr von Czedik, in den nächsten Tagen in den Ruhestand treten. igll Nachfolger wird der Abg. Dr. von Bilinski

ezeichnet.

Gronhbritannien und Irland.

Ueher den bereits gestern gemeldeten Un fall, von dem der Prinz Christian zu S , bei einer am Sonntag in der Nähe von Os borne auf der Insel Wight. abgehaltenen Jagd betroffen wurde, veriautet nach dem „Reuter schen Bureau“ weiter, daß der Prinz durch eine Schrotladung aus dem Gewehr des Herzogs von Connaught verletzt wurde und daß hierbei ein Schrotkorn in das linke Auge des Prinzen drang. Das verletzte Auge hat auf operativem Wege herausgenommen werden müssen, und die Operation ist noch an demselben Tage durch den Königlichen Augenarzt Lawson erfolgt. Die Prinzessin Christian telegraphirte gestern an die Königin nach Windfor, der Prinz habe eine gute Nacht gehabt, es gehe Alles gut.

Wie jetzt amtlich angekündigt wird, soll die Trauung des Herzogs von Clarence und Apondale und der Prinzessin Victoria Mary von Teck Sonnabend, den 27. Februar, in der St. George⸗Kapelle im Schlosse Windsor vollzogen werden.

Das Ergebniß der Ersatzwahl in Wgterford hat nach der „Pall Mall Gazette nicht die große welche Parnelliten und Unionisten ihm beilegen. Jedenfalls werde die Spaltung der irischen Partei zur Freude der Unionisten dadurch noch einige Zeit verlängert. Red⸗ mond's Niederlage würde der Parnellitischen Fraktion ein Ende bereitet haben.

Den letzten Ausweisen zufolge ist der Bestand der regu⸗ lären Truppen in England und den Kolonken am Schlusse dieses Jahres ein wenig stärker als Ende 1890. Die Zunahme beläuft sich, englischen Blättern zufolge, auf etwa 8600 und die Gesammtzahl der in den Regimentzslisten befindlichen Namen beträgt jetzt gegen 211 500, im Vorjahr 211 000. Der Bestand der Kavallerie wird auf 19 300 Mann ver⸗ anschlagt, der der Artillerie auf 35 700, der Genietruppen auf 400, der Fuß⸗Garde⸗ und Linien⸗Infanterie auf 1359 000, des Verwaltungzpersonals auf 3500 und des ärztlichen Corps auf 2400 Personen. Der Rest setzt sich aus kleineren Spezial- Corps in den Kron⸗Kolonien zusammen. Die regu⸗ lären Truppen sind jetzt zumeist im Inland, Indien und ben großen Garnisonen im Mittelmeer sowie den Kron⸗Kolonien stationirt. In Canada und Australien stehen keine Reichs⸗ truppen, wenn man von 1500 Mann in Nova Scotia ab⸗ sieht. In ganz Süd⸗Afrika sind wenig mehr als 3000 Mann. In England und Wales find 713 006 Mann stationirt, in Irland 26 500, in Schottland 4009, in Gibraltar 5000, in Malta 8000, in Egypten 3409, in Indien 73 000, in Ceylon 1400, Hongkong 1600, den Straits Settlements 1400, West⸗ Indien 3000 und Bermuda 1300.

Eine dem Staatssekretär für Indien zugegangene De⸗ pesche aus Gilgit vom 20. d. M. meldet über die Ein⸗ nahme des Forts Stilt folgendes Nähere: Die Er⸗ stürmung sei durch etwa 100 Mann von dem in Kaschmir liegenden Regiment erfolgt. Auf Seiten der Feinde seien 0 getöptet und eine große Anzahl verwundet worden; die Zahl der Gefangenen betrage 118. Die Eingeborenen seien von den englischen Truppen verfolgt worden, welche letzteren auch Mayun, Gulmit und Pisan genommen hätten. Die Verluste der Engländer beständen in 4 Verwundeten. Jafar, Khan von Nagar, habe sich vollständig unterworfen.

Frankreich.

Paris, 29. Dezember. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete der Deputirte Miklevoye, der trotz eines Unwohlseins in der Kammer erschienen war, seine bereits angekündigte Interpellation über die Ver⸗ haftung und Ausweisung des Correspondenten der „Agence Havas“ Chadourne aus Bul⸗—⸗ garien an den Minister des Auswärtigen Ribot. Der Interpellant hob hervor, daß der einzige Beweggrund, der die bulgarische Regierung bei dieser Maßregel geleitet habe, unzweifelhaft der Wunsch gewesen sei, sich eines der gegenwärtigen Regierung unbequemen Augen- zeugen zu entledigen. Er beglückwünsche den Minister des Auswärtigen zu seinem Verhalten. Die Regierung in Sofia habe die Kapitulationen verletzt und damit den Versuch ge⸗ macht, eine Bresche zu legen, mittelst deren sie weitere Usurpationen vornehmen könne. Die diplomatische Aktion sei jetzt von Sofia nach Konstantinopel verlegt. Der Minister Ribot erwiderte, Bulgarien sei kein unabhängiger Staat, sei vielmehr der Suzeränetät des Sultans unterworfen und verpflichtet, die Kapi⸗ tulationen zu respektiren. Bulgarien könne nicht aus eigener Machtvollkommenheit einen Ausländer ausweisen, es könne überhaupt keinen Akt dieser Art vollziehen ohne Mit⸗ wirkung des betreffenden Konsuls. Wenn die bulgarische Regierung Anlaß zu Beschwerden habe, so brauche sie diese nur der französischen Regierung zur Kenntniß zu bringen. Das erste Chadourne betreffende Vorkommniß habe sich im April ereignet. Man habe damals gegen ihn einen Ausweisungsbefehl erlassen, der diplomatische Agent von 5 habe jedoch dagegen reklamirt und diese Reklamation ei vom italienischen Konsul, als Doyen des Konsular⸗-Corps, unterstützt worden. Der Ausweisungsbefehl sei in Folge dessen zurückgenommen worden. Einige Monate später sei der Befehl wiederholt, Chadourne verhaftet und am 9. d. M, ohne daß der französische Konsul davon benachrichtigt worden wäre, ausgewiesen worden. Der fran⸗ zöfische diplomatische Agent habe sich niemals seiner Pflicht entzogen, sondern erklärt, daß er bereit sei, jede Klage der bulgarischen Regierung entgegen zu nehmen. Die von der bulgarischen Regierung ertheilie Antwort sei nicht zufrieden⸗ stellend gewesen, der diplomatische Agent Frankreichs sei daher aufgefordert worden, alle Beziehungen abzubrechen. Frankreich müsse Genugthuung erhalten, er werde das Erforderliche thun ohne aber auch ohne Schwäche. (Beifall.) Der Deputirte Graf DouvilleMaillefeu äußerte, er kenne Stambulow nicht, er sehe aber in ihm den Minister der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten Bulgariens. Er halte die mitge⸗ theilten Thatsachen für stark übertrieben; die bulgarische Be⸗ völkerung strebe nach Freiheit, ihr Minifster habe weder Grausamkeiten noch Gewaltthätigkeilen begangen, ebensowenig sei Blut vergossen worden. (Lärm.) Der Deputirte Mille⸗ voye protestirte gegen die Ausführungen, des Grafen Douville⸗Maillefeu, welche mit der Wahrheit im Widerspruch 6 Graf Douville⸗Maillefeu erwiderte, Millevoye ei krank. (Erneuter Lärm.) Die weitere Erörterung der Angelegenheit wurde fallen gelassen. Die Kammer nahm darauf die Berathung der vom Senat abgeänderten Zoll⸗ tarife wieder auf.

Italien.

Der Pa pst empfing, wie dem Wolff 'schen Bureau aus Rom berichtet wird, gestern den österreichischen Botschafter Grafen Revertera und den preußischen Gesandten Dr. von ö zur Entgegennahme der Glückwünsche zum neuen

ahre.

Der „Italie! zufolge haben sich die Vereinigten Staaten und Italien nunmehr im , ö, über die Entschädigung geeinigt, welche den Familien der im Gefängniß von New⸗Orleans gelynchten Italiener zu ge⸗ währen sei. Die Vertreter der heiden Regierungen hätten 3 auch schon über die Höhe der Entschädigungssumme geeini ö. die ganze Angelegenheit werde daher demnächst geregelt werden.

. einer Meldung des „Journal des Dobats“ aus Nom härte der Papst gegen den Abt der brasilianischen Benediktiner die große Exkommunikation und gegen den päp stlichen Nuntius in Rio de Janeiro die Ab— berufung in Ungnade verfügt, weil diese Angesichts der von der brasilianischen Regierung getroffenen kirchenfeindlichen Maßnahmen eine den Interessen der Kirche zuwiderlaufende Haltung beobachtet hätten.

Spanien.

Der spanische Minist errath hat laut Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid gestern den neuen Zolltarif, welcher am 1 Januar 18973 publizirt werden soll, endgültig

enehmigt. Die Absicht, einen Ausfuhrzoll auf Erze einzu— ühren, hat die Regierung aufgegeben. Belgien.

Der belgische Minister⸗Präsident, Finanz-Minister Beer⸗ naert empfing, wie schon telegraphisch gemeldet, am 26. d. M. den aus neun Mitgliedern beslehenden Ausschuß der Brüsseler Union Syndicale“. Hinsichtlich des deutschebelgischen Handelsvertrages erklärte der Finanz⸗Minister, wie man dem „Hamb. Corr.“ schreibt: Es gebe eine starke Bewegung gegen diesen Vertrag, aber sie sei sehr wenig berechtigt. Deutschland habe Belgien zahlreiche Zugeständnisse gemacht. Andererseits seien nicht weniger zahlreiche Artikel vorbehalten worden, die Anlaß zu Erörterungen und Ermäßigungen geben würden. Es sei zweifellos, daß man, besser aufgeklärt, andere Anschauungen über diesen Tarif, welcher für Belgien ein gutes Geschäft sei, gewinnen werde. Im Einklange mit diesen Erklärungen der Regierung äußerte ein Mitglied des von dem Minister empfangenen Ausschusses in dem Brüsseler Journal „Patriote“, daß die Annahme des deutsch-belgischen Handels— vertrages zweifellos sei. Man werde nicht dulden, daß gegen die Unterschrift der belgischen Diplomaten proteslirt werde.

Griechenland.

In der griechischen Deputirtenkammer wurde am Sonnabend wiederum eine Interpellation eingebracht des Inhalts, ob das Gesetz über den obligatorischen Unter— richt der bul garischen Sprache an allen Schulen des Fürstenthums Bulgarien schon von der Soͤbranje angenommen worden sei. Der Minister des Aeußern bestätigte nach einer Depesche des „W. T. B.“ aus Athen diese That— sache mit dem Bemerken: der diplomatische Agent Griechen⸗

lands in Sofia habe seine Vorstellungen erneuert und die

Zusage Seitens der bulgarischen Regierung erhalten, daß sie der Sobranje in ihrer nächsten Session eine den Griechen günstige Abänderung des Gesetzes beantragen werde. Der Minister fügte hinzu, daß die Aktion in dieser Sache in erster Linie dem ökumenischen Patriarchen zustehe, und daß er sich vorbehalte, die nöthigen Schritte in dieser Richtung zu thun. (vgl. Bulgarien.)

Bulgarien.

Sofia, 238. Dezember. Die „Agence balcanique“ erfährt über die Einführung der bulgarischen Sprache an sämmtlichen Schulen des Fürslenthums, daß das be— treffende von der Sobranje angenommene Gesetz erst im Monat September nächsten Jahres zur Anwendung kommen solle und sich nur auf die bulgarischen Unterthanen griechischer Vatisnalität, nicht aber auf griechische Unterthanen beziehe. Die Regierung werde bei der Durchführung des Gesetzes den bulgarischen Unterthanen griechischer Nationalität die thun⸗ lichsten Erleichterungen gewähren (vgl. Griechenland).

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 28. Dezember. Der König verbrachte nach dem heute ausgegebenen Bulletin eine recht gute Nacht. Die Temperatur war gestern 37,8 der Puls 68, heute 37 bezw. 66. Der Husten hat sich etwas gemindert. Dem Kronprinzen ist während der Krankheit des Königs die Regentschaft übertragen worden.

Amerika.

Das Staats⸗ wie das Marine⸗Departement der Vereinigten Staaten bemühen sich, der irrigen Befürch⸗ tung, es möchte zu einem Kriege mit Chile kommen, entgegen⸗ zuwirken. Der Marine⸗Sekrelär Tra ch erklärte einem Reuter⸗ schen Telegramm aus Washington zufolge, der Lärm sei nur durch sensationelle Zeitungsartikel hervorgerufen. Das Kriegsschiff „Bosten“ sei sofort nach der Ankunft in Valparaiso weiter nach San Francieco gefahren. Kein einziges Kriegs⸗ sauff habe gegenwärtig Befehl, nach chilenischen Gewässern zu egeln.

Inzwischen ist laut Meldung desselben Bureaus am 26. Dezember in Santiago der Admiral Jorge Montt um räsidenten von Chile proklamirt worden.

lle auswärtigen Gesandten, mit Ausnahme desjenigen der Vereinigten Staaten Egan, wohnten der Feier bei. Ver

räsident legte im Kongreßssaal den Amtseid ab und begab ich dann nach der Kathedrale, wo die Einsegnung stattfand. Die kirchliche Feier schloß mit einem Te HBeum. Auf der ganzen Strecke vom RKongreßgebäude nach der Kathedrale bildeten Truppen Spalier. In Paris eingegangene Nach⸗ richten aus Valparaiso besagen, anläßlich der Einsetzung des

neuen Präsidenten Montt sei für alle wegen politischer Ver⸗

Ehn Verurtheilten volle Amnestie beschlossen, General elasquez und mehrere andere Personen dagegen seien unter dem Verdacht einer Verschwörung verhaftet worden.

Aus Valparaiso wird dem „New⸗HYork Herald“ gemeldet daß der Richter ö die Untersuchung über den Angriff auf die Matrosen des , ,,, , „Baltimore“ beendet und die Akten dem Staattz anwalt eingesandt habe. Danach behaupten die amerikanischen Matrosen, daß CLivilisten „und Andere“ sie angegriffen hätten. Dafür, daß den Leuten Handschellen angelegt oder sie von der Polizei mißhandelt worden wären, seien nicht die geringsten Beweise vorhanden. Nur der Matrofe Garrett glaube, daß er von einem Polizisten gestochen worden sei, Alle Matrosen des „Baltimore“ gestanden, getrunken zu haben, mit Ausnahme eines, Nameng Brown, welcher völlig nüchtern gewesen zu sein scheint. Anfangs seien dreißig Matrosen verhaftet worden. Von der anderen Partei würden vier Personen noch in Hast gehalten. Einer von diesen, Namens Gomez, gestehe, den bei der Affaire getödteten Kohlenzieher Turnbell drei Mal in den Rücken geslochen zu haben, doch habe er dabei zwei , vertheidigt, cht von Turnbell niedergeworfen wor

en waren. Ein anderer

Chilene, Rodriguez, gestehe ebenfallz, einen amerikanischen

Matrosen gestochen zu haben, weil diefer einen Matrosen eines

chilenischen Kriegsschiffes angegriffen hätte. Die beiden an⸗

sein. Ein Zeuge behaupte, gesehen zu haben, wie brei Po zisten den Riggin gehalten hätten, als er erschossen wurde. Im Uebrigen lauteten die Aussagen der Zeugen über die wichtigsten Punkte widersprechend.

Ein Distriktsgerichtshof in Illinois hat dem „Stan—⸗ dard zufolge das Staatsgesetz welches die Er werbung von Grundeigenthum beschränkt, für verfassungswidrig und ungültig erklärt. Sollte diese Entscheidung vom Obergericht bestätigt werden, so wären auch die ähnlichen Gesetze in Texas und Jowa ungültig.

Ueber die Lage in Argentini en berichtet ein Reuter'sches Telegramm aus Buenos Aires vom 25. d.: die Generale Mitre und Roca beabsichtigten sich zu versöhnen und auch ihre politischen Anhänger seien für eine Vereinigung, um fo den Radikalen geschlossen entgegentreten zu können.

Afrika.

Wie der aus dem Sudan in Kairo eingetroffene Pater Ohrwalder mittheilt, befinden sich in Omdur man noch die nachstehenden Mitglieder der österreichischen Mission am Leben: P. Paul Rossignoli, P. Joseph Rognotto und Schwester Theresa Grigol ini. E. Domenico Polinari starb im Sep⸗ tember 1890 und Schwester Concetta Corsi im Oktober v. J. Der Chef der österreichischen Mission in Kairo Msgr. Sogare hatte Vorkehrungen getroffen, welche die Flucht des Paters und der Missionsschwestern erleichterten. Wie die Flüchtlinge aus Khartum ferner berichten, führen die zahlreichen Wittwen des Mt ah di darüber Beschwerde, daß die Khalifa Abdullah sie nicht in den Stand setze, einen standesgemäßen Haushalt zu führen. Sie hätten einen Anwalt in der Person der Khalifa Aly Sherif gefunden, welche außerdem den ehrgeizigen Plänen Abdullah's, die Nachfolge in seiner Familie erblich zu machen, statt die von dem Propheten Muhamed vorgeschriebene Folge zu beachten, feindlich gegenüberstehe. Diese Spaltungen schwächten die Macht dez Mahdismuz, und die Bevöbl— kerung des Sudan würde jeden Wechsel willkommen heißen, der sie von der auf ihr lastenden Tyrannei zu befreien vermochte.

Die „Times“ meldet aus Sansibar vom 26. d. M.: Nach Meldungen aus Mponda am oberen Shire vom 4. No⸗ vember hätten der Kommissar von Britisch-Central⸗Afrika Johnston und der Hauptmann Maguire eine Sklaven— Tara w ane überrascht, die nach einem Siege über den Häuptling Oponda in Freiheit gesetzt wurde. Die H en hätten Oponda gezwungen, den Sklavenhandel in seinem Gebiete abzuschaffen. Ein ähnlicher Kampf habe im Gebiete von Makanjira stattgefunden, dessen Stadt gleichen Namens zerstört worden sei. Die Häuptlinge am anderen Ufer des Ryassa hätten einen Vertrag über die Abschaffung des Sklavenhandels unterzeichnet.

deren ö leugnen, an der Affaire betheiligt gewesen J

Nr. 23 des Archivs für Post und Tel egraphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs Postamts, herausgegeben im Auftrage deg Reichs Postamts) hat folgenden Inhalt: J. Aktenstücke und Auffätze: Ueber die Stromgebung für den Telegraphenbetrieb mittels Sammler⸗ batterien. Die Eitgehnisse der Reichs Post⸗ und Telegraphenver⸗ waltung während der Jahre 1888 bis 1890. Geschichte des deut⸗ schen Briefes. II. Kleine Mittbeilungen: Fernsprechverbindung London = Parig. Die Fortschritte der deutschen Lebensversicherungs⸗ anstalten im Jabre 1890. Einfluß elektrifcher Bahnen auf elek⸗ trische Meßinstrumente. III. Literatur des Verkehrswesens: Der Betrieb und die Schaltungen der elektrischen Telegraphen Unter Mitwirkung von mehreren Fachmännern bearbeitet von Prof. Dr. Karl Eduard Zetzsche, Kaiserl. Telegraphen⸗ Ingenieur a. D. Zugleich als II. Hälfte des dritten Bandes des Handbuchs der elektrischen Tele⸗ graphie. Heft 2 mit 89 und Heft 3 mit 63 in den Text gedruckten Abbildungen. Halle (Saale), Druck und Verlag von Wilhelm Knapp. 1891.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Eisenbabnstations⸗Vorsteher X. batte einen ver— späteten Pafsagier, welcher gegen das Verbot des 5. 61 des Bahn polinei⸗ Reglements auf einen in Bewegung befindlichen Eifenbahnjug gesprungen war und mit dem einen Fuß das obere Trittbrett. mit dem anderen Fuß bereits die Plattform des Waggonz erreicht batte, zurück= gerissen, ihn hierdurch zu Falle gebracht und eine Beinverletzung des selben verursacht. Der Stationsvorsteher wurde wegen fabrlässiger Körperverletzung aus 5. 230 Strafges. B. angeklagt, und die Strafkammer verurtheilte ihn, indem sie feststell te, daß der Angeklagte die Verletzung hätte vorausfehen müssen, und daß eine Ausschreitung über die Grenzen der Amts pflicht vorläge. Die Revision des Angeklagten wurde vom Reichsgericht, III. Strafsenat, durch Urtheil vom 17. September i891 verworfen, indem es begründend ausführte; „Der Angeklagte hatte über Dafein und Umfang des Rechts zur Gewaltanwendung nach Lage des Falls zu befinden. Der Zweck der zu treffenden Maßregeln ergiebt die Grenze. Der Beamte handelt offenbar nicht dem Zweck der Verbots⸗ vorschrift entsprechend, wenn er die Gefährdung, welche die Vor— schrift, verhüten will, nämlich das Verunglücken bei dem Einsteigen, durch Zurückreißen des einsteigenden Fahrgastes selbst berbeifuührt. Konnte und mußte der Beamte die Verletzung voraug⸗ sehen, wie von dem ersten Richter festgestellt worden, fo ist damit die Fahrlässigleit des Handelns des Beamten gegeben. Da die verbotene Handlung bereits geschehen war, so konnte auch nicht mehr von einer jwangsweisen Hinderung dieser Handlung, sondern nur von der nach F. 68 des Bahnpolizei⸗ Reglements zuläfsigen Sistirung des Schu. digen die Rede sein, einer Maßregel, welche, wie der erste Richter ausführt, ohne eine derartige Gefährdung des Kontravenienten durch andere Mittel ausgeführt werden konnte und mußte.

Läßt sich Jemand eine Hypothek in der irrthüm— lichen Annahme cediren, daß ihr eine bestimmte Summe vor⸗ gehe, während ihr thatsächlich eine wesentlich Höbere Summe vorgeht, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Nö. Civil senats, vom 17. September 1891, im Gehbiek des Preußischen Allgemeinen Landrechts die Cession wegen Irrthums in dem Wesent⸗ lichen des Geschäfts anfechtbar.

Kunst und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften in Turin hat, dem W. T. B. zufolge, den Bressta⸗Prels im Betrage von 12 000 Fr. dem Professor Herz in Bonn für seine Studten über die Uebertragung der elektrischen Kraft verliehen.

Auch 6. Britische Geographische Gesellschaft hat, dem Beispiel Deutschlands und Frankreichs folgend, die Schreibung aus ländischer geographischer Nam en geregelt. Die von der Gesellschast aufeesfl n z ln lauten: 1) Vie Orthographie aut⸗= ländischer Namen in Ländern, welche lateinische Buchftaben brauchen, wle die spanische, portugiesische, holländische Sprache u. s. w., ist so wie die betreffende Natlon sie selbst buchstabirt. 2) Auch wird die

Orthographie solcher Namen in Sxzrachen, welche nicht das lateinische Alphabet . dennoch aber dem englischen Leser vertraut geworden find, wie Calcutta, Celebes, Merca u. s. w. in ihrer jetzigen Form festgehalten. 3) Die Aussprache des Wortes, wie es an dem betreffenden Ort ausgesprochen wird, bildet die Grundlage der Orthographie. 4) Freilich wird man dem Laut meist nur ziemlich nabe kommen können. 5) Die Grundlinien des von der Gesellschaft befürworteten Systems in dieser Beziehung sind: a. Vokale werden ausgesprochen wie im Italienischen und Kon= sonanten wie im Englischen. b. Jeder Buchstabe wird aut gesprochen. Kommen zwei Vokale zusammen, fo wird jeder ausgesprochen, obgleich beim schnellen Sprechen manchmal beide zusammenklingen. c. Es wird nur ein Accent gebraucht, der Acutus, um die Silbe zu be⸗ zeichnen, welche betont werden soll. 4d. Indifche Namen werden buch stabirt wie von Hunter's Gazetteer of India, 18581.

Sandel und Gewerbe.

Der Central⸗Ausschuß der Reichsbank versammelte sich heute Vormittag um 10 Uhr im Reichs bankgebäude. Aus dem Vortrag des Präsidenten ist hervorzuheben, daß, wie alljährlich um diese Zeit, wachsende Ansprüche an die Reichsbank herantreten. Die Anlage ist in der letzten Woche um 22 Millionen und inzwischen noch weiter, etwa um 16 Millionen gestiegen; sie ist zwar geringer als in den beiden letzten Jahren, übersteigt' aber die von 1888 um 109. Millionen, die von 1887 um 47 Millionen. Die fremden Gelder, welche in der letzten Woche, abweichend von früheren Jahren, gefallen waren, sind wieder im Wachsen. Indessen ist auch der Metallvorrat groß 143 Millionen größer als 1896 —, und die no immer 230 Millionen betragende Noten-Reserve hat noch weiter zugenommen. Da auch die Wechselcurse fortdauernd für uns günstig sind, so nahm der Präsident eine baldige Herab⸗ setzung des Disconts in Aussicht. Eine Diskussion fand nicht statt. Schließlich wurden noch Schuldverschreibungen der Städte Braunschweig, Köln, Kaiserslautern und Remscheid zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen.

Eubmissionen im Auslande.

Rumänien.

1. Februar n. St. 1892. Bürgermeister ⸗Amt (Primaria) zu Galatz: Beleuchtung der Stadt Galatz mit Leuchtgas und elektrischem Licht. Vorläufige, bei Einreichung der Offerte niederzulegende Kaution 25 000 Fr. Lastenbeft in französischer und in rumänsscher Sprache nebst Stadtplan bei der Redaktion des „Reichs. Anzeigers.

Theater und Mufik.

Wallner Theater.

Gestern Abend wurde Das neue Programm“, Volksstück in drei Akten von Kempner -= Hochstätt und William Schu mann, recht beifällig aufgenommen. Die Verfasser sind in diesem gewandt und witzreich, daher unterhaltend geschriebenen Stück mit Erfolg bemübt, nachzuweisen, daß die gegenwärtigen Bestrebungen der Arbeiter nach Beseitigung der Schranken, die zwischen ihnen und dem Unternehmer durch das Kapital errichtet sind, unker Umständen das Gegen sheil des erstrebten Zieles bewirken können, wenn es einem der Ihrigen glückt, zu Wohlstand und Ansehen unter feinen Genoffen zu kommen. Dans Walberg, der Besitzer einer Teppichweberei⸗ sorgt über seine Kräfte für die Arbeiter seiner Fabrik und findet dafür wohl An⸗ erkennung, aber doch keine Zufriedenheit. Als er zum ersten Mal dem Verlangen nach Lohnerhöhung um zwanzig Prozent Widerstand entgegensetzt, werden die Arbeiter so aufsässig, daß er verstimmt be⸗ schließt. den Betrieb einzustellen. In diefem Augenblick erbietet sich ein durch Erbschaft reich gewordener Arbeiter, die Fabrik zu kaufen und die Leitung zu übernehmen. Die Freude darüber unker den übrigen Arbeitern sollte Jedoch nur von kurzer Dauer sein, denn der neue Besitzer der ger Gottlieb Hempel, der bisherige Führer und Sprecher Fei allen

orderungen der Genossen, verwandelt sich plötzlich in den Herrn mit einem neuen Programm“, der nicht nur jede Lohnerhöhung, sondern auch jede Vertraulichkeit mit seinen früheren Freunden schroff zurück weist. Die Unzufriedenheit der Arbeiter steigert fich deshalb in einem solchen Maße, daß sie mit Einstellung der Arbeit drohen und sich davon nur abbringen und zu den begeistertesten Hul⸗ digungen für den alten Fabrikherrn bestimmen lassen, als dieser sich enischließt, die Leitung der Fabrik wieder zu übernehmen, um dem drohenden Unheil vorzubeugen. Die Darstellung war durchweg tadelloz. Unübertrefflich spielte Herr Gutherv den Goftließr Hempel, zuerst als Arbeiterführer, dann als eingebildeter, aber un⸗ fähiger Fabrilherr. Der Fabrikherr Hans Walberg wurde von Herrn Otthert mit großem Geschick gegeben. Herr Meißner legte wieder hübsche Proben seines bedeutenden Talents ab durch Darstellung eines behäbigen Gutsbesitzers Papperitz, der mit der ganzen ruhigen Behaglichkeit des auf seine Krast vertrauenden Landwirths die Bestrebungen, die Landarbeiter der gegenwärtigen Bewegung geneigt zu machen, für aug⸗ sichtslos hält. In einer kleinen Liebesscene zwischen dem Fabrikherrn und der Tochter des Gute besitzers Käthe Papperitz zeichnete sich Fräulein Basté durch außerordentlich anmuthiges Spiel aus. Die stolz gewordene Frau Hempel und ihre Tochter Grete wurden von Frau Trost und Fräulein Schmidt angemeffen und ohne Ueber treibung gegeben.

Diesem Stück ging der französische Einakter Es lãutet“ , Lustspiel von Meilhaç und Hale vvy, voraus. Sein Inhalt bildet eine Ehestandsserne zwischen einem Diener und seiner Frau, welcher er guten Grund zur Eifersucht gegeben hat, wäbrend gleichteitig das⸗ selbe Verhältniß bei der nicht sichtbaren Herrfchaft obwaltet. Nach einer zum Theil recht humoristischen Plauderei, in der Herr Gi mnig und Fräulein Klinkhammer sich wieder als begabte Darsteller bewähren, endet die Scene durch eine nicht recht begründete Nach⸗ giebigkeit beider Frauen.

Das Königliche Sch auspielbaus hatte in letzter Zeit ganz besonders mit den Tücken der Influenza zu kämpfen, und nur mit Mühe konnte der Spielplan für die Feiertage aufrecht erhalten werden, da Fräulein Lindner, die Herren Blencke, Nesper und Hartmann erkrankt waren. Nun hat auch Herr Vollmer der Krankheit seinen Tribut zahlen müssen. Die Vorstellung des „‚Eingebildeten Kranken“ wird daher erst Ende nächster Woche in Scene gehen konnen. ‚Der zerbrochene Krug“ wird voraussichtlich zunächst nur einmal, am Sylvesterabend, gegeben werden und dann erst wieder . dem „‚Eingebildeten Kranken? zusammen auf dem

ielplan erscheinen.

* . eh chen Theater gehen am Sylwvesterabend das drei⸗ aktige Lustspiel Schwiegermama! von Sardou und Deslandes mit Frau Hedwig Nlemann in der Titelrolle, und die einaktige Plauderei Der Obolus‘ von Alfred Klaar zum ersten Mal in Seene. Die⸗ selbe Vorstellung wird am Neujahrstage sowie am darauflolgenden Sonntag wiederholt. Morgen und am Sonnabend finden Auf⸗ führungen von „Der Hungerthurm“ und In Civil“ statt.

Nach Madrid“ heißt das Lustspiel von Wilhelm Wolff, das am Berliner Theater in der ersten Woche des nenen Jahre zur ersten , ,, gelangen soll. . ꝛ;

Das Lessing Theater hat sich entschlossen, die Nachmittagt⸗ vorstellungen zu volksthümlichen Preisen dauernd beizubehalten. le nächsten Nachmittagsvorstellungen bringen am Neujahrstage den Fall Clsmenceau - und am kommenden Sonntag wiederum Hermann Sudermann's Schauspiel ‚Die Ehre“.