ü ft besond i Ich die ernsten Be⸗ Bürgerschaft bejonders am Herjen liegt und Ich mühungen der städtischen Verwaltung, die durch das schnelle An⸗ wachsen der Reichs hauptstadt und die Zeitverhältnisse hervorgerufenen mannigfachen Schäden und Nothstände nach Kräften zu lindern, mit
lebhaftem Interesse begleite. Berli 6. Januar 1892. Berlin, den Wilbelm KR.
An die Stadtverordneten zu Berlin.
Der Bundesrath hielt gestern unter dem Voersitz des Vice⸗Präsidenten des el e glb erinner Staatssecretärs des Innern Dr. von Boettich er seine erste Plenarsitzung in diesem Jahre ab. Ein neu n, , . Gesetzentwurf für Elsaß⸗Lothringen über die Rechtsberhältnisse der Lehrer ist den zuständigen Ausschüssen überwiesen worden, womit die gam nn sich einverstanden erklärte. Hierauf wurde der Bericht der zuständigen Ausschüsse über den Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Bekämpfung der Trunk⸗ sucht, entgegen genommen und in die Specialberathung bes Gesetzentwurfs eingetreten, welche indessen in dieser Sitzung noch nicht zum Abschluß gelangte. Auf den Bericht der zuständigen Ausschüsse wurde eine Reihe von Abänderungen des Eisenbahn⸗-Betriebsreglements rücksichtlich der Beförderung von Phosphorstreichhölzchen. von Prxä—⸗ paraten aus Terpentinöl und Harz, von Würfel⸗ pulver 2c. festgesetzt. Die nachgesuchte Befreiung von der Versicherungspflicht gem eß des Invaliditäts- und Alters⸗ versicherungsgesetzes wurde ertheilt rücksichtlich der bei der Verwaltung der westpreußischen und der neuen westpreußischen Landschaft, sowie bei dem Warthebruch⸗Deichverband mit Pensionsberechtigung angestellten Beamten. Schließlich wurden Eingaben vorgelegt.
Die „Nationalzeitung“ hält an der Behauptung fest, daß die Regierung Seiner Majestät des Kaisers und Königs wegen Besetzung der IV. Armee-Inspection mit der Königlich bayerischen und wegen anderer militärischer Fragen mit der Großherzoglich mecklenburg-⸗schwerin— schen Regierung sich neuerlich in Differenzen befinde oder befunden habe. . ⸗ .
Was die IV. Armee⸗-Inspection angeht, so haben darüber weder vor noch nach den letzten Manövern irgend welche Ver⸗ handlungen zwischen den betheiligten Regierungen stattgefunden. Ein Grund dazu lag um so weniger vor, als jene Inspection gar nicht vacant ist. ö. . . .
Was die angeblichen Differenzen mit der Ircchrre mecklenburg⸗schwerinschen Regierung angeht, so fehlt jeder Anhalt dafür, worauf jene voͤllig falschen Gerüchte sich gründen und wie sie entstanden sein können.
Der Königlich spanische Botschafter und dessen Gemahlin werden, wie aus der oben veröffentlichten Ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen. Dieser Empfang wird Mittwoch, den 13., und Donnerstag, den 14. JaWnuar, jedesmal Abends von R. bis 11 Uhr, stattfinden.
Der Anzug ist: für die Damen in ausgeschnittenen Kleidern, für die Herren vom Militär in kleiner Uniform, für e erren vom Civil in Frack mit Ordensband über der Weste. =
Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, General⸗Major und Commandeur der 4. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade, Chef des 5. Badischen Infanterie⸗Regi⸗ ments Nr. 113, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.
. Der Commandeur der Garde⸗-Cavallerie⸗Division, General⸗ Lieutenant Edler von der Planitz J. hat sich mit kurzem Urlaub nach Thüringen begeben.
Infolge des Ablebens des hiesigen Königlich portugie— sischen Endo Marquis de Penafiel ist der Erste Gesandtschafts⸗Secretär E. de Souza Pxrego mit interimisti⸗ . Wahrnehmung der gesandtschaftlichen Geschäfte betraut worden.
. Der Königlich dänische Gesandte am hiesigen Aller— höchsten Hofe von Vind ist vom Urlaube nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
. Kanonenboot „Iltis“, Commandant Capitän— Lieutenant Müller, ist am 8. Januar von Shanghai nach
Chinkiang in See gegangen.
Hannover. Die Vorarbeiten für den Mittel— land⸗Canal sind, wie der „ Nat.-Itg.“ berichtet wird, seit dem . August v. J. in vollem Gang Und unter der Leitung des Regierungs- und Bauraths Messerschmidt so gefördert worden, daß die Linie von Bevergern, wo sie den Dortmund⸗Ems⸗Canab verläßt, bis über die Weser hinaus auf eine Länge von rund 150 km fast vollständig im Felde burch Zeichen fest⸗ gelegt ist. Die ganze Länge des Canals von evergern bis zur Elbe beträgt rund 350 km, von denen in den drei preußischen Provinzen rund 315 km liegen, der Rest in Schaumburg ⸗Lippe und Braunschweig. Die Kosten der Vor⸗ arbeiten, welche bekanntlich aus Interessentenkreisen durch die Bemühungen des hier unter Leitung des Landes⸗ Directors Freiherrn von Hammerstein bestehenden „Aus⸗ schusses zur Förderung des Rhein-Weser - Elbe-Canals? unter Mithilfe des hier unter dem Vorfitze des Bürger— meisters . begründeten „Vereins für Hebung der Inh. und Canalschiffahrt für Niederfachsen“ , worden, betragen 135 000 S6. Davon sind bereits 5 G00 M 9 die vom Minister der öffentlichen Arbeiten bezeichnete Canalbau⸗Hauytcasse zu Münfler gezahlt. Von den noch zu ahlenden so Coo 6 find bereitz wicber 55 6bM6 M durch Hie erührten größeren Städte und die Provinz Hannover gedeckt, während der Rest von 23 Gh 46 durch Veisteuern der Pro⸗ vinzen Westfalen und Sachsen erwartet wird.
Sach sen.
Dresden, 8. Januar. Die Besserung in dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Georg schreitet . Der Prinz bringt mit Unterbrechung einige Stunden
es Tages sitzend außer Bett zu. Appetit und Allgemeinbefinden sind befriedigend. . . ü
Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Erzherzogin Maria Josepha ist, wie das „Dr. J.“ meldet, vorgestern Abend nach Wien zurückgekehrt. . . —
Beide Kammern haben gestern ihre Sitzungen wieder aufgenommen. In der Ersten Kammer begrüßte der Prä⸗ sident Graf Könneritz die Mitglieder mit einer Ansprache, in der er betonte, daß das neue Jahr unter ernsten Eindrücken
, habe, die die Freude über das erneute Zusammen⸗ ar
eiten nicht recht durchdringen ließen. Redner erinnerte an das schwere körperliche Leiden, welches Seine Königliche Hoheit den Prinzen Georg befallen hatte, der nicht nur in der Mitte der Kammer, sondern an der Spitze Aller stehe, nicht allein vermöge seiner Geburt, sondern vermöge seines seltenen Pflicht⸗ eifers; darum danke nicht nur die Kammer, sondern das ganze Land innig dem Höchsten, der der Krankheit Einhalt gethan habe. Weiter gedachte der Präsident mit kurzen, warm empfundenen Worten des Verlustes, welcher das Land durch das Ableben des Cultus-Ministers von Gerber betroffen habe, dessen Verdienste um Gesetzgebung, Kirche und Schule mit hoher Anerkennung hervorhehend, und forderte die Kammer auf, dem Dahingeschiedenen durch Erheben von den Sitzen die letzte Ehre zu erweisen. Die Kammer nahm dann den , über die Bergschiedsgerichte unter redactioneller Abänderung des 8 4 dem Antrage der Deputation gemäß an. Die Sitzung der Zweiten Kammer wurde von dem Prä— sidenten Geheimen Hofrath Ackermann mit herzlichen Wünschen für die baldige Wiedergenesung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Georg und einem Nachruf an den dahingeschiedenen Staats⸗-Minister Dr. von Gerber, dessen Andenken die Mit—⸗ glieder durch Erheben von den Plätzen ehrten, eröffnet. Die Kammer erledigte darauf Petitionen.
Baden.
Karlsruhe, 7. Dezember. Nachdem der Erkältungs— zustand Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs glücklich überwunden ist, wird Höchstderselbe, der ‚Karlsr. Ztg.“ zufolge, mit Ihrer Königlichen Hoheit der Erbgroßherzogin heute nach Berlin zurückkehren.
Braunschweig.
Braunschweig, 7. Januar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin haben fh am 5. d. M. zur Ab⸗ haltung größerer Festlichkeiten bis auf Weiteres nach Han— nover begeben.
Reuß ä. L.
() Greiz, 7. Januar. Ihre Durchlaucht die Prin⸗ zessin Maxie zu )senburg ist nach mehrwöchigem Auf— enthalt von hier wieder abgereist.
Der bis jetzt vertagt gewesene Landtag hat heute seine Thätigkeit wieder aufgenommen.
Oefterreich⸗Ungarn.
Wien 8. Januar. Seine Majestät der Kaiser stattete, wie der Magd. Ztg.“ gemeldet wird, gestern Vormittag aus Anlaß des Hinscheidens des Prinzen Gustav von Sachsen⸗Weimar der Gemahlin des deutschen Botschafters einen Beileidsbesuch ab.
Die deutsche Linke hielt gestern Abend eine Sitzung ab, in der der Abg. Dr. von Plener die durch die Ernen— nung des Grafen Kuenburg zum Minister ohne Portefeuille eschaffene Lage präcisirte. Er erklärte dem „W. T. B.“ zu⸗ 6 die Partei wünsche freundliche Beziehungen mit der Regierung unter Wahrung ihrer Actionsfreiheit, und betonte, daß die Ernennung Bilinski's zum Präsidenten der Staats⸗ bahn mit der Ernennung Kuenburg's in keinem Zusammen— hange stehe. Die Versammlung trat dem Berichte Plener's einstimmig bei und versicherte den Grafen Kuenburg ihres vollsten Vertrauens.
Die Vertrauensmänner der jungezechischen Partei hielten vorgestern in Prag eine Versammlung ab, die, wie die M. J.“ erfährt, nach einer längeren Erörterung der jüngsten Vorgange im Abgeordnetenhause des Reichsraths, wobei sich weder eine Billigung, noch eine Mißbilligung des Verhaltens der Abgg. Gregr und Vasaty ergab, beschloß, auch bei den Handelsverträgen Opposition zu machen.
Wie die „Narodna Czasopys“ auf Grund authentischer Informationen berichtet, hat der ruthenische Abgeordnete Teliszewski in einer in Turka abgehaltenen Versamm— lung auf das Nachdrücklichste betont, daß sich die einzuberufende ruthenische Parteiconferenz damit zu be er haben werde, irgend einen modus vivendi mit den Polen aus— findig zu machen. Teliszewski bezeichnete auch die Oppo— sition gegen die Regierung, die auf volkswirthschaft⸗ lichem Gebiet eine auch für die Ruthenen ersprießliche Action eingeleitet habe, als inopportun.
Nach einem gestern in Gmunden ausgegebenen Bulletin 6 die Königin von Hannover in der vorvergangenen
acht einen mehrstündigen ruhigen Schlaf. Der Entzündungs—⸗ herd in der linken Lunge ist stationär. Die Königin leidet an großer Mattigkeit.
Das ungarische Amtsblatt publicirt ein Aller—⸗ höchstes Handschreiben, über die Einberufung des neuen Parlaments. ,, des Ministerraths werden die Magnaten und Abgeordneten des Landes zu dem am 18. Februar in Budapest, zu eröffnenden Reichstag einberufen und die Municipien angewiesen, Alles vor— zubereiten, damit die Wahlen regelmäßig durchgeführt werden und die gewählten Abgeordneten am obigen Tage pünktlich im Reichstag erscheinen können. Im Anschlüsse hieran ordnet ein Rundschreiben des Ministers des Innern die allgemeinen Wahlen für die Zeit vom 28. Januar bis einschließlich 6. Februar an.
Großbritannien und Irland.
. Die amtliche „London Gazette“ vom 5. Januar theilt die Ernennung des Prinzen Alfred von Edinburg zum Lieutenant im zweiten (Prinz von Wales⸗ Freiwilligen⸗ Bataillon des Devonshirer Regiments mit.
Ueber die Stellungnahme der . , sind, wie der parlamentarischen Kreisen geschrieben wird, vielfa irrige Ansichten verbreitet. So heißt es; B. daß Mr. Chamberlain sich die Unterstützung des Cabinets für seinen Plan gesichert habe und dieser schon in der kommenden Session zur Verhandlung gelangen werde. Wie dagegen von gutunterrichteter Seite verlautet, wäre es frag⸗ lich, ob Mr. Chamberlain und seine Collegen überhaupt im Laufe der 9 eine k Ss⸗Bill beantragen würden. 2 sei, dagegen, daß die Regierung im Laufe dieses Jahres keinerlei derartigen Versuch unterstützen werde. Selbst der Ausschuß für Altersversicherung halte einstweilen 9 r ,, hierüber für ausgeschlossen und aus—⸗ ichtslos.
In Walsall Staffordshire) wurden, wie man dem .W. T. B.“ aus London berichtet, gestern Abend drei Per⸗ sonen — ein Engländer, ein Franzose und eine ihrer Nationalität nach bisher nicht bekannte Frau — unter der Anschuldigung einer anarchistischen Verschwörung ver⸗ haftet. Den Verhafteten wird zur Last gelegt, im Vereine mit einem vierten Anarchisten, der in London bereits internirt ist, Bomben hergestellt zu haben. Die Polizei ist infolge der Haussuchungen, welche sie in dem socialistischen Club zu Walsall vorgenommen hat, zu der Ueberzeugung gelangt, daß eine anarchistische Verschwörung im Werke gewesen sei—
Frankreich.
Paris, 8. Januar. Der Senat nahm gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Budgets mehrerer Ministerien ohne bemerkenswerthe Debatte an. Die Deputirtenkammer ge— nehmigte den Zoll für Petroleum in der vom Senate festgesetzten Höhe. Der Finanz⸗-Minister Rouvier wieder⸗ holte dabei . im Senat abgegebene Zusage, vor dem 1. October einen Gesetzentwurf, betreffend die Ermäßigung der Petroleumbesteuerung um ins— gesaamt 20 Millionen, einzubringen. Der Zoll⸗ gesetzentwurf wurde schließlich bei der Abstimmung im ganzen mit 394 gegen 114 Stimmen endgültig ge— nehmigt. Im weiteren Verlaufe der Sitzung beschloß die Kammer die Dringlichkeit der Berathung des Äntrags, den 22. September d. J. als hundertsten Jahrestag der Proclamirung der Republik zum Feiertag zu erklären.
Der Finanz-Minister Roupier hat, wie der „Allg. 3. geschrieben wird, die übrigen Minister ersucht, ihm den Vor— anschlag des Haushalts ihrer Dienstzweige für 1893 364 vor dem 19. d. M. zukommen n . damit er den Budgetentwurf für das nächste Jahr bald nach der Genehmigung des laufenden Haushaltsplans aufstellen könne. Der Minister be⸗ tont dabei die Nothwendigkeit, zu sparen und womöglich die für 1392 bewilligten Beträge nicht zu überschreiten. Auch für das nächste Jahr sei Zurückhaltung geboten, denn die Ueberschüsse des letzten Jahres über den Voranschlag seien bereits auf den Haushalt für 1892 bis auf einen Betrag von 10 Millionen 56 angewiesen, und selbst über diesen Betrag könne nicht mehr rei n werden, da im nächsten Jahre 163 Millionen Fr. kurzer Schaßscheine zu Verfall kämen und eingezogen werden müßten. Der Minister gelangt zu folgendem vorläufigen Budgetplan für 1893: Anschlag der alten Einnahmen auf Grund des Er—⸗ trags, den sie 1891 abgeworfen haben, 32281, Millionen Fr.; Mehreinnahmen durch die Zollerhöhungen lwie bereits im diesjährigen Haushalte) 70 Mill. Fr.; eine Reihe anderer neuer kleiner Abgaben und sonstiger Mehreinnahmen 1715, Mill. Fr., zusammen 3315/3 Mill. Fr. AÄndererseits ist die Eilgutabgabe um 531 und die Rosinenweintaxe um 3i/ Mill. , sodaß rund 101 Mill. Fr. Ueberschuß verbleiben würden.
Am Mittwoch hatte der „Temps“ einen Brief aus Groß⸗Popo vom 9. Dezember veröffentlicht, worin gesagt war, der König von Dahomey lasse genf ic bei seinen Nachbarn Menschenjagden abhalten, um auf Grund
zu C.“ aus
eines Vertrages der Congo-Regierung sogenannte Arbeiter Ein deutsches Haus in Whydah
. zu liefern. ei der Vermittler zwischen dem König und dem Congostaat ewesen und habe schon Tausende von Schwarzen versandt. Vor wenigen Tagen habe der deutsche ö „Gertrud Woermann“ in Whydah einen solchen Sklaventransport für den Eisenbahnbau am Congo an Bord genommen, weitere Transporte ständen in Aussicht. Es handle sich um Sklaven⸗ handel im größten Maßstabe und der Vorwand der Anwer⸗ bung freier Arbeiter sei eine unhaltbare Verschleierung. Dem gegenüber constatirt die „N. A. Z.“, unrichtig, daß die Gertrud Woermann“ „wenige Tage“ vor dem 9 Dezember von Whydah nach dem Congo gefahren sei. Dieses deutsche Schiff sei am 24. Ok tober v. J in Accra, am 9. November in Loanda, am 27. November in Lagos, am 3. Dezember in Accra gewesen und am 26. Dezember in Hamburg angelangt, sei also in der fraglichen Zeit auf der Heimfahrt nach Europg begriffen gewesen. Nach einem der Nat⸗Itg.“ zugegangenen Telegramm aus Paris von gestern werden von kompetenter Stelle in Brüssel aus die Angaben des Correspondenten des „Temps“ für unwahr erklärt. Die Regierung des Congostaats habe niemals direct oder indirect irgend welches Abkommen mit dem König von Dahomey abge⸗ ⸗ lossen. Verschiedene französische, englische, portugie⸗ ische und deutsche , seien beauftragt, für die Congobahn freie Neger als Arbeiter zu beschaffen, welche, auf ein, zwei und drei Jahre engagirt, nach Ablauf ihres Kontraktes in ihre Heimath zurückbefördert würden. Die meisten Anwerhungen fänden in Whydah unter Aufsicht der dortigen europäischen , statt. Der Trangport nach dem Congostaate erfolge ebensowohl durch französische, als englische oder deutsche Schiffe.
Rußland und Polen.
Zur allgemeinen Durchsicht und . der Ver⸗ fassung des Großfürstenthums Finland soll, wie der Rey. Ztg.“ aus St. Petersburg geschrieben . K
es rä si⸗
eine Commission unter dem Vorsitz
denten des Minister⸗Comitès, Wirklichen Geheimen Raths Bunge zusammentreten. Als Mitglieder der Commission sollen sechs russische Stagtswürdenträger (darunter die ins— besondere betheiligten Minister) und vier finländische höhere Beamte fungiren. Als Unterlage der Verhandlungen soll ein vom General⸗Gouverneur von Finland Grafen Heyden aus⸗ gearbeiteter, bereits geprüfter Entwurf dienen.
Die St. Petersburger Garnison dürfte dem „Hamb. Corr.“ zufolge bald vollständig mit Gewehren neuester Construc tion ausgestattet sein; es werde bereits . der Militärbehörden näch neuen von der Stadt ent— ernteren Plätzen für Schießübungen Umschau gehalten.
dem
es sei jedenfalls
über London von
Die Polizeibehörde von Warschau hat nach demselben Blatt ö 3 wegen des Ke nes, und Legi⸗ timationswesens nachdrücklich in Erinnerung bringen lassen. Es wurde hierbei betont, daß Jedermann, mit Ausnahme der infolge ihrer militärischen oder civilamtlichen Stellung von dieser Pflicht befreiten Personen, immer in der Lage sein müsse, h auf eine etwaige Aufforderung der Behörde durch einen Paß, eine Legitimationskarte oder eine gewerbliche Be⸗ scheinigung zu legitimiren. Italien.
Die „Gazzetta ufficiale“ von gestern veröffentlicht ein Decret des Königs, durch welches das Gesetz über die Ver— längerung der Wirksamkeit der gemischten Gerichte in Egypten sanctionirt wird.
Belgien.
In einer Versammlung, die am Mittwoch bei dem Minsster⸗Prãsidenten Beernart stattfand und in der hundert der Regierungspartei angehörige Abgeordnete und Senatoren anwesend waren, wurde, wie der „Magdb. Ztg.“ berichtet wird, die unveränderte Annghme des deutsch-belgischen Handelsrertrags beschlossen.
Der „Moniteur Belge“ veröffentlicht den am 31. De— zember v. J. in Paris unterzeichneten belgisch-fran— ösischen Vertrag über die wechselseitige Wehrpflicht in eiden Ländern. Darnach steht es, wie wir der „Köln. 3tg.“ entnehmen, den jungen Leuten, von denen es zweifelhaft ist, ob sie belgische oder französische Staatsangehörige sind, frei, bis zu ihrem 22. Lebensjahre für Belgien oder Frankreich zu optiren, sodaß also Belgien die Söhne eines Belgiers, die in Frankreich geboren sind und sich bei ihrer Großjährigkeit für die fran⸗ zösische Staatsangehörigkeit entscheiden, ebensowenig als unsichere Heerespflichtige betrachtet, als die Söhne in Frank⸗ reich naturalisirter Belgier. Gleiches gilt für Frankreich betreffs der in Belgien wohnenden Abkömmlinge französischer Eltern. Uebrigens gestattet der Vertrag, daß die jungen Leute auch schon vor dem zweiundzwanzigsten Lebensjahre, d. h. sobald sie überhaupt das gesetzliche Alter erreicht haben, freiwillig in das Heer des Landes, für das sie sich entscheiden, eintreten. Eine besondere Bestimmung des Vertrags betrifft die in Frank— reich von belgischen Eltern geborenen jungen Leute, deren Eltern gleichfalls schon in Frankreich geboren waren. Diese Abkömmlinge betrachtet das französische Gesetz unwiderruflich als Franzosen, was von Belgien für die Folge durch den Vertrag anerkannt wird. Die Uebergangsbestimmungen endlich entbinden alle Diejenigen von der Wehrpflicht, die dieser schen vor dem Vertrag in einem der beiden Länder genügt haben. Türkei.
Der Großvezier Dschewad-Pascha ist, wie W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, zum General-Adjutanten des Sultans ernannt worden mit der Weisung, bei Unter— zeichnungen sich beider Titel zu bedienen.
Schweden und Norwegen.
(E) Die zwischen den Delegirten Schweden⸗Norwegens und Frankreichs getroffene Uebereinkunft wegen eines Handels- und Schiffahrtsvertrags ist dem Departe— ment des Aeußern zugesandt worden. Die Zeit für die nächste Zusammenkunft der Delegirten wird nach erfolgter Prüfung der Vereinbarung bestimmt werden.
Dänemark.
Kopenhagen, 7. Januar. Der General-Lieutenant Kauffmann, welcher in den Jahren 1879 bis 1881 den Posten des Kriegs⸗Ministers bekleidete, ist dem „W. T. B.“ zufolge heute in Fredensborg gestorben.
Amerika.
. Die in Nr. 4 d. Bl. unter den nach Schluß der Redaction eingegangenen Depeschen aus Washington von vorgestern gebrachte Meldung, worin es hieß, man nehme dort allgemein an, daß die Finanz⸗Commission des Repräsentanten— hauses der Mac Kinley-Bil!l durch Vorlagen entgegen— wirken werde, welche die Abschaffung oder eine wesentliche Herabsetzung der Zölle auf verschiedene Artikel zum Zweck hätten, wird durch ein neueres Telegramm des „W. T. B.“ theilweise bestätigt. Danach hat der nt der Commission Springer eine Vorlage vorbereitet, nach der alle Woll— sorten zollfrei belassen werden . Diese Vorlage soll demnächst dem Repräsentantenhause zugehen. — Anderer⸗ fits hat der Präsident Harrison den diplomatischen Vertretern von Oesterreich-Ungarn und Spanien mittels Note mitgetheilt, daß er auf Grund der Bestimmungen der Mac Kinley⸗Bill am 15. März die Aufhebung der , Einfuhr von Zucker, Kaffee, Thee und Häuten aus diesen Ländern nach Amerika verfügen werde, wenn nicht bis dahin ein Reciprocitäts-Verträg vereinbart sei. Die Verhandlungen mit Frankreich und anderen Ländern machen, wie ‚W. T. B. vernimmt, solche Fortschritte, daß der Präsident davon Abstand genommen hat, bezüglich der Einfuhr aus diesen Ländern eine ähnliche Maßnahme in Aus— sicht zu stellen. Afrika.
Ein Telegramm des Reuter'schen Bureaus aus Kairo gestern Abend meldet den Tod des Khedive. Sein Hinscheiden erfolgte in Heluan nach kurzem Kranksein an der Influenza durch ö einer Lungenentzündung. Mehemed Tewfik, Khedive von Egypten, war im Jahre 1852 als Sohn des Khedive Ismajl geboren, der am 26. Juni 1879 auf den Thron verzichtete und seitdem, mit dem Sultan ausgesöhnt, in einem Palast am Bosporus lebt. Durch Firman vom 8. August 1859 wurde Tewfik⸗Pascha zum Khedive ernannt und am 14. August mit der Investitur bekleidet. Seit 1873 war er vermählt mit der
S5) geborenen Prinzessin Emineh Hanem, Tochter des ver⸗ storbenen Prinzen El Hamy⸗Pascha. Aus dieser Ehe sind zwei 7 und zwei Prinzessinnen hervorgegangen. Zur Nachfolge i der Erbprinz Ir be m ee, geboren am 14. Juli 1874, berufen. — Die heutigen Pariser Morgenblätter sprechen, wie „W. T. B.“ meldet, die Befürchtung gus, der Tod. des Khedive werde für England ein neuer Anlaß sein, die Räumung Egyptens hinauszuschieben (vgl. die nach eiu d. Red. eingegangenen Depeschen).
Die mg rokkanische Frage hat heute zunächst nur Ge⸗ rüchte gezeitigt, die fich aber alsbald als unbegründet erwiesen haben. So wollte die Pariser „France“ wissen, eine franzö⸗ . r ren nach der Oase Tuat wäre eine be— schlossene Sache; das Sber-⸗Commando über die Expedition,
die in den nächsten Tagen beginnen
⸗ und sämmtliche disponible Trunypen der Division von Oran um⸗ fassen sollte, 5 dem General Thomassin anvertraut worden. Diese Meldung ist jedoch, wie ‚W. T. B.“ berichtet, durch eine den 6. lättern aus Regierungs—⸗ kreisen zugegangene Mittheilung für durchaus unbegründet erklärt worden. Ferner war an der gestrigen Pariser Börse das Gerücht verbreitet, daß das englische Canal⸗-Geschwader nach den marokkanischen Gewässern beordert und daß die Mannschaft der en glisch en Kriegssch iffe, welche gegenwärtig vor Tanger liegen, gelandet sei; der französische Gesandte habe hiergegen protestirt. Der „Liberté“ zufolge wäre jedoch an competenter Stelle keinerlei derartige Meldung in gegangen, Vielmehr wird aus Tanger (über Paris) gemeldet, in dem dortigen Hafen lägen drei englische e ech eine Lan⸗ dung von Mannschaften habe aber nicht statt— gefunden: die aufständischen Kabylen aus der Um— gegend von Tanger schienen sogar geneigt, sich zu unter— werfen; es sei ein Waffenstillstand geschlossen worden, und die Lage habe sich gebessert. — Der spanische Ministerrath hat, wie W. T. B.“ aus Madrid meldet, unter dem Vorsitze der Königin-Regentin beschlossen, ein Kriegsschiff nach Tanger zu entsenden. Zu dem Ende erhielt der Kreuzer erster Klasse „Alphons XII.“ den Befehl, dorthin in See zu gehen.
Parlamentarische Nachrichten.
Im 10 hannoverschen Wahlkteise — Hildes heim — ist für den verstorbenen Rittergutsbesitzer von Hake der Amtsrath Sander in Himmelsthür — nationalliberal — mit 11 226 Stimmen zum Mitgliede des Reichstags gewählt worden. Der Gegencandidat Gutsbesitzer Bauermeister in Heyersum — Centrum — erhielt 8341 Stimmen.
Nr. 1 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge— sundheitsgmtsz vom 5. Januar hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. — Gesundheits— stand und Sterbefälle im November. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in den deutschen Stadt- und Landbezirken. — Aus dem statistischen Jahrbuche der Stadt Paris 1888. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. (Cypern, Griechenland, Argentinien, Uruguay.) — Thierseuchen in Oesterreich 1389. — Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Handelsvertrag mit der Schweiz — (Sachsen⸗Meiningen.) Viehbeförderung auf. Eisenbahnen. — Eübeck.) Aerztliche Melde— pflicht. — (Elsaß⸗Lothringen. Rohhäute. (Unter⸗Elsaß.) Cantonal⸗ arztordnung. — (Oesterreich. Nieder⸗Oesterreich Dampf⸗Badeanstalt. Bukowina.) Pellagra. — (Frankreich. Seine⸗Departement.) An⸗ steckende Krankheiten. — (Großbritannien.) Lungenseuche. — Nieder⸗ lande⸗Belgien. Tollwuth. — Vermischtes. (Preußen. Berlin.) Straßenreinigungswesen 1890)91. — C Desterreich Desinfections⸗ Einrichtungen. — Geisteskranke in Wien. — Geschenkliste. — Sterbe— fälle in deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern, No— vember. — Desgl. in größeren Orten des Auslandes. — Beilage. Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz (verdorbenes Fleisch, insbesondere Infeetionskrankheiten, Blutzersetzung, infectiöse ähme ꝛc., Eiterungen und Geschwüre).
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Wegen wissentlicher Verbreitung erdichteter oder ent— stellter Thatlachen, um dadurch Staatseinrichtungen oder An⸗ ordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen (§ 131 St.-G.⸗B.) ist, 0. einem Urtheil des Reichsgerichts, 1IV. Strafsenats, vom 13. Oktober 1891, nur derjenige zu bestrasen, welcher einen erdich—⸗ teten oder entstellten gon creten Vorgang zu dem gedachten Zwecke behauptet, nicht aber derjenige, welcher sich nur auf die schmähende Beurtheilung von Staatseinrichtungen beschränkt, die zwar den Schein erweckt, als beruhte sie auf thatsächlicher Grundlage, specielle Begebenheiten aber nicht zur Sprache bringt.
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Nach § 109 Thl. 1 Tit. 8 A. L. R. ist in der Regel ein jeder die über sein Eigenthum gehenden Gräben und Kanäle, wodurch das Wasser seinen ordentlichen und gewöhnlichen Ablauf hat, zu unterhalten verbunden. Behauptet der Eigenthümer, daß diese öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit nicht ihm, sondern einem Anderen obliege, so kann er im Verwaltungsstreitverfahren Klage erheben (E 66 Abs. 3 des Zust. Ges.). Die Klage darf sich nur auf eine öffentlich⸗rechtliche Verbindlichkeit des Beklagten sitützen. Die Ersitzung (Verjährung), als Titel des Privatrechts ist hierzu nicht geeignet. Dagegen kann eine Ob servanz als Norm des objektiven Rechts die in § 10090 1 8 A. L.⸗-L. erhaltene Regel ab— ändern. Die Prüfung, ob eine Observanz vorliegt, steht selbständig auch dem Revisionsrichter ob; dabei ist, wie das O. V.⸗G. in einer Entscheidung vom 5. November 1891 (111 982) zum Ausdruck gebracht hat, davon auszugehen, daß sich da, wo das Provinzial⸗ recht, wie in Schlesien, nicht codifieirt ist, noch neue Observanzen, die nicht contra legem sind, bilden können. Contra legem aber ist eine Observanz nicht, wonach nicht der Eigenthümer, über dessen Grundstück der Graben geht, sondern ein Dritter, der den Grahen zu seinen Zwecken angelegt hat, zur Räumung verflichtet ist. Es schließt namentlich weder das Ediet vom 20. Dezember 1746, noch der § 100 4. a. O. die Bildung von Observanzen über die Räumungspflicht bei Gräben aus.
— Ein Mitglied einer Ortskrankenkasse war in dem Krankenhause eines Ortsarmenverbandes ärztlich behandelt und verpflegt worden. Der Klage des Ortsarmenverbandes auf Er— stattung der Kur⸗ und Verpflegungskosten setzte die Krankenkasse den Einwand entgegen, daß der 57 des Krankenversicherungsgesetzes keine Anwendung erleide, wo es sich um die a eines freiwilligen Kassenmitgliedes handele. Diesen Ein— wand hat das O.⸗-V.⸗G. in einer Entsch. vom 9. Nov. 1891 11I. 993 verworfen, denn die Vorschrift im § 75 Abf. 2 beziehe sich, indem sie allgemein von Unterstützungsansprüchen spreche, welche dem Unterstützten auf Grund des Kranken-Ver⸗ sicherungsgesetzes zustehen, gleichmäßig auf die versicherungs— piii und die freiwilligen Mitglieder. Der Anspruch letzterer abe nicht lediglich in einem auf gegenseitiger Uebereinkunft beruhenden 6 Vertrage seine Quelle, sondern, insofern es sich um Personen handele, welche in den Gewerbszweigen und Betriebs⸗ arten einer Ortskrankenkasse beschäftigt seien, in der Vorschrift des Abs. 3 des 19, die diesen Personen, auch wenn sie nicht versiche⸗ rungspflichtig, das Recht verleihe, der Kasse beizutreten. In dem hier durch begründeten Rechtsfundamente ändere sich dadurch nichts, daß es zur Erlangung der Mitgliedschaft und des Anspruchs auf
aber auch
Krankenunterstützung der schriftlichen oder mündlichen r. bei dem Kassenvorstand oder einer auf Grund des § 49 Abs.“
errichteten Meldestelle bedürfe.
Theater und Mnsik.
Königliches Opernhaus.
Gestern fand im Theaterraum des Opernhauses der sechste Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Leitung des Kapellmeisters Herrn Weingartner statt. Nach der schwung⸗ voll ausgeführten Ouverture zu (Euryanthe“ von Weber erschien als Novität an dieser Stelle die Faust-⸗Symphonie von Lißzt in drei Charakterbildern (nach Goethe), die durch Faust“, „Gretchen“ und „Mephisto« näher bezeichnet sind. Diesen drei Theilen folgt ein Schlußchor und Tenorsolo: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichniß. Bereits im Jahre 1840 waren die ersten Entwürfe dieses großartigen Werks entstanden, das jedoch erst 1857 und 1861 seine beiden ersten Aufführungen zu Weimar erlebte. Der erste Theil „Faust“ schildert zu Anfang in langsam auf⸗ und nieder⸗ schreitenden, keiner bestimmten Tonärt angehörenden, von den Streichinstrumenten eingeführten Tongruppen das grübelnde Wesen Faust's. Aus seinen quälenden Gedanken erlöst ihn das Verlangen nach einem nie geahnten Glück. Oboen und Clarinetten intoniren ein leidenschaftlich bewegtes Motiv, das sich bei dem durch Mephisto ihm vorgeführten Bilde Gretchen's zu einem sehr wirksam in Tönen ausgedrückten Höhepunkte steigert. Die weiche Stimmung der Liebessehnsucht drängt dann wieder ein kraftvolles, marschartiges Thema zurück, das, vom vollen Drchester fortissimo9 ausgeführt, einen imponirenden Effect macht. Ein leises Anklingen an das erste Motiv beschließt diesen ersten Theil des Werks. Im zweiten Theile wird die Einfach— heit und stille Glückseligkeit Gretchen's durch ein liebliches, von Flöten und Clarinetten eingeführtes Thema ausgedrückt, das später beim Hinzutreten der Harfenbegleitung die Wonne ihrer entstehenden Ge⸗ fühlserregung zu schildern scheint. Der ganze Satz ist, was Form und Inhalt betrifft, von außerordentlicher Schönheit. Der Mephistosatz ist wohl der originellste. Die Idee des Componisten, die in den beiden ersten Sätzen aufgestellten Motive rhythmisch und modulatorisch umzugestalten und sie im Charakter eines Capriccios durchzuführen, ist von dem geistvollen Tondichter mit der ihm eigenen Beherrschung aller glänzenden Orchestereffecte auf das wirksamste erreicht worden. Die Ausführung von Seiten des Orchesters, des Theaterchors und des Königlichen Hofopern⸗ sängers Herrn Sylva war eine in jeder Beziehung vollendete. Unter der energischen und umsichtigen Leitung Weingartner's wurde am Schluß des Abends noch Beethoven's Cmoll-Symphonie ausgeführt. Das zahlreich erschienene Publicum bethätigte seinen Dank für den höchst interessanten Kunstgenuß durch sehr lebhafte Beifallsbezeugungen. Schließlich sei hier noch erwähnt, daß die Faust⸗Symphonie vor etwa zwanzig Jahren von der Berliner Symphonie-Capelle unter Stern's Leitung und in neuerer Zeit auch von dem Philharmonischen Orchester ausgeführt worden ist.
Am Sonntag gelangt im Königlichen Opernhause Meyer— beer's „Afrikanerin! mit den Damen Hiedler und Sucher, den Herren Bulß, Krolop, Mödlinger, Stammer, Ernst und Krasa zu erneuter Darstellung.
Im Deutschen Theater geht am nächsten Montag, 11. d. M., nach längerer Pause neu einstudirt Die Welt, in der man sich lang' weilt“ in Scene.
Im Wallner-Theater beginnt die morgige Vorstellung des Francis Stahl'schen Lustspiels „Gewagte Mittel“ ausnahmsweise um 7 Uhr. Die erste Vorstellung der Gesangsposse „König Krausen am Sonntag beginnt, wie gewöhnlich, um 73 Uhr.
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater ist das in Vorbereitung befindliche neue Werk von Millöcker Das Sonntags⸗ kind“ bereits in das Stadium der Bühnenproben getreten. Director Fritzsche leitet die Inscenirung persönlich. Die interessante Neuheit erfordert eine vollständig neue Ausstattung.
Morgen, Sonnabend, Abends 77 Uhr, findet der dritte musi— kalische Abend (zum Besten unbemittelter Schüler) der Klindworth'schen Musikschule (Potsdamerstraße Nr. 2) statt. in welchem die Herren Professor Karl Klindworth (Klavier), Eharles Gregorowitsch (Violine) und Adolf Schulze (Gesang) mitwirken.
Das Programm des Concerts, welches Josef Wieniawski mit dem Philharmonischen Orchester am 21. Januar in der Sing⸗ Akademie veranstaltet, bringt außer den bereits bekannt gegebenen Klavierconcerten von Bach und Litolff und einer größeren Reihe von Klaviersoli noch ein rein orchestrales Werk aus der Feder des Concertgebers, die dramatische Ouverture „Guillaume le Taciturne“.
Eugen d' Albert wird in seinem Concert am 22. Januar zum großen Theil solche Compositionen zum Vortrage bringen, welche er . in Berlin noch nicht gespielt hat, wie u. A. die Suite an—
laise von Bach und ein von ihm selhst bearbeitetes Bach'sches Orgel⸗ ö in D-dur, die Phantasie op. 565 von Friedr. Kiel und Raff s Suite in D-moll; außerdem finden sich Werke von Mozart, Beethoven, Chopin und Liszt auf dem Programm.
Für die am Sonntag, Vormittag 114 Uhr, in der Philharmonie
stattfindende öffentliche Probe zum V. Philharmonifchen Eon— cert unter Hans von Bülow's Leitung und solistischer Mit— wirkung Eugen de Albert's ist der Kartenverkauf bei Bote u. Bock eröffnet.
Fräulein Wietrowetz wird im VI. Philharmonischen Concert, dem ersten des II. Cyclus (25. Januar), das „ungarische“ Violin⸗-Concert von Joachim zum Vortrage bringen.
Am nächsten, zweiten Kam mermusik-Abend der Herren Joh. Kruse und Genossen (Sing-Akademie, am 15. Januar) gelangt u. a. ein noch im Manuscript befindliches Streich-Trio von Friedr. E. Koch zur Aufführung; den vocalen Theil des Programms übernimmt Frau Professor Anna Schultzen-von Asten.
Mannigfaltiges.
Der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Klix feierte gestern sein 25 jähriges Jubiläum als Provinzial-Schulrath der Mark Brandenburg. Aus diesem Anlaß fand gestern Abend ein von der Gymnasiallehrer⸗Gesellschaft und Andern im Englischen Hause ver⸗ anstaltetes Fest mahl statt, dem der Staats-Minister Graf von Zedlitz-Trützschler und die vortragenden Räthe des Custus⸗ Ministeriums Schneider, Stauder, Wehrenpfennig und Bohtz bei⸗ wohnten. Die Behörden der Propinz waren durch den Ober Präsidenten Dr. von Achenbach vertreten; das Provinzial⸗Schulcollegium war voll⸗ zählig erschienen, nur der erkrankte Vice-Präsident Tappen mußte der Feier fernbleiben. Im Auftrage der Stadt waren die beiden Schul⸗ räthe Fürstenau und Bertram entsandt. Die Directoren und Lehrer der höheren Schulanstalten aus Berlin und aus allen Theilen der Provinz hatten sich so zahlreich an der Feier betheiligt, daß der große Saal kaum genügend Platz bot. Rach den ersten Gängen des Mahles erhob iich der Staats⸗Minister Graf von Zedlitz. In scharfer Charakteristik entwarf er ein Bild unserer Zeit mit ihrem überall zu Tage tretenden Kampf der Kräfte, die ein geist⸗ erfülltes Leben nur noch in stiller Zurückgezogenheit möglich mache. Wer hätte nicht schon oft darüber nachgedacht — so ungefähr führte der Minister aus — welchen Grund diese Gährungstendenz unserer heutigen Zeit hat! Ich meine, neue Erscheinungen bietet unsere Zeit nicht, aber ebenso fest, meine ich, giebt die Geschichte Zeugniß dafür, daß das Maß der sittlichen Kraft und der idealen Hingabe ent— scheidend sein wird für die Zukunft unserer Epoche: ent⸗ weder die Geburtswehen einer neuen besseren Zeit oder Culturverfall in tiefe Nacht. Unsere Aufgabe ist es, die Generation zu erziehen, die den Entscheidungskampf führen soll — eine herrliche, schwere Aufgabe! Wer, wie wir, berufen, das nachfolgende Geschlecht mit Charakterfestigkeit und Kraft auszustatten und so zu