1892 / 19 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Ausführungen des Herrn Finanz⸗Ministers und nach meiner überein⸗

stimmenden Auffassung zunächst eine Periode der Zurückhaltung für die Staatseisenbahnverwaltung angebrochen ist, so ist es doch durch⸗ aus nicht etwa die Absicht derselben, nunmehr, da sie mit umfassenden Reformen nicht vorgehen kann, ihrerseits die Hände in den Schoß zu legen; im Gegentheil, wir halten diese Zeit für willkommen dazu, die verschiedenen

Reformprojecte, die vorliegen, näher zu prüfen und besser abzuklären, um dereinst zu hoffentlich bald eintretender günstigerer Zeit damit vorgehen zu können. (

Andererseits ist die Staatseisenbahnverwaltung bemüht gewesen und wird auch ferner bemüht bleiben, im eigentlichen Betriebe Ver⸗ besserungen und Vervollkommnungen einzuführen: im Personenverkehr, in Bezug auf die Pünktlichkeit, Schnelligkeit, Bequemlichkeit und Sicherheit der Beförderung, im Güterverkehr in Bezug auf die Regelmäßigkeit und Beschleunigung des Dienstes für das Personal in Bezug auf die Verminderung der Gefahr. In dieser Beziehung ist bereits manches geschehen und manches in Vorbereitung begriffen. Ich glaube heute davon absehen zu dürfen, Einzelheiten Ihnen vor⸗ zuführen; ich nehme an, daß demnächst in der Commission und auch bei den Berathungen hier im Hause sich dazu noch Gelegenheit er— geben wird.

Ich darf dann noch vielleicht zurückkommen auf einige Bemer— kungen des Herrn Abg. Rickert. Der Herr Abg. Rickert hat den Wunsch ausgesprochen, es möchte zunächst einmal festgestellt werden, welchen Einfluß die Nebenbahnen auf die Rentabilität des Staats⸗ bahnnetzes überhaupt ausüben. Meine Herren, diese Frage ist genau ziffermäßig sehr schwer zu beantworten, da für die betreffenden Bahnen kein besonderer Etat, auch keine besonderen Einnahmen- und Aus— gaben⸗Controle geführt werden.

Die Berechnungen, die meinerseits auf Grund des vorhandenen Materials angestellt sind, lassen nun darüber wenigstens keinen Zweifel, daß die Nebenbahnen sich im Durchschnitt zu einem Betrage rentiren, der dem landesüblichen Zinsfuße mindestens gleichkommt und ihn, wenn man den Einfluß der Nebenbahnen auf den Verkehr der Hauptbahnen hinzurechnet, nicht unerheblich übersteigt. hört! links.

Der Herr Abg. Rickert hat es ferner als eine beklagenswerthe Folge der Verstaatlichung der Eisenbahnen hingestellt, daß Tarif— reformen eigentlich dadurch ausgeschlossen oder wenigstens nicht in dem Maße erfolgt seien, wie das früher unter der Herrschaft des sogenannten gemischten Systems der Fall gewesen sei.

Der Herr Finanz⸗Minister hat Ihnen schon mitgetheilt, daß nach den Aufstellungen, die gemacht worden sind, die Ermäßigungen, die seit dem Beginn der Verstaatlichung auf dem Netz der preußischen Staatseisenbahnen und auf den benachbarten von dem Einfluß der Staatsbahnen abhängigen sonstigen deutschen Bahnen eingetreten sind, ungefähr den Betrag von jährlich 100 Millionen erreicht, also immer— hin eine ganz erhebliche Ermäßigung, die dem wirthschaftlichen Leben zu gute gekommen ist. .

Meine Herren, es ist aber auch seit der Zeit in manchen anderen Richtungen, die sich der strikten Berechnung entziehen, eine wesentliche Verbesserung der Lage der Verkehrsinteressenten eingetreten, es ist namentlich das eingetreten, daß jetzt wenigstens jeder mit gleichem Maße gemessen wird, während früher unter der Herrschaft der Privat— bahnen derjenige, der sich der Gunst erfreute, an einer von der Nachbar— bahn concurrenzirten Linie zu liegen, billigere Tarifsätze hatte; der— jenige aber, der mitten im concurrenzfreien Lande lag, die hohen Sätze bezahlen mußte, die die Privatbahnen für gut fanden, ein⸗ zuführen. Der Herr Abg. Rickert hat auch vielleicht vergessen, er hat es wenigstens nicht angeführt, daß unter der Herrschaft der gemischten Systeme noch lurz vor der Verstaatlichung eine zwanzigprocentige Erhöhung der Tarife vorgenommen worden ist (Bewegung), die die Staatsbahnen erst nachher wieder abgeschafft haben. Es hat sich eine viel größere Stetigkeit und eine viel größere Gleichmäßigkeit des ganzen Eisenbahnwesens durch die Verstaatlichung der Bahnen angebahnt, und darin liegt ich glaube, die Uebereinstimmung aller wirthschaftlichen Zweige des Landes zu finden eine der größten Wohlthaten der Verstaatlichung.

Dann hat Herr Abg. Rickert sehr rühmend der Staatsbahn. verwaltung eine kleine Privatbahn vor Augen geführt; das ist Marien— burg⸗Mlawka, die in Zeiten des Sturms und des Drangs unmittel—

bar nach Schluß der russischen Grenze das geleistet haben soll, was menschenmöglich ist. Meine Herren, ich bestätige das sehr gern: die ausführenden Organe von Marienburg⸗Mlawka haben mit hoch anzuerkennender Umsicht und Thatkraft wirklich geleistet, was irgend zu leisten war; allein, meine Herren, die Staatsbahn hat dazu wesent— lich mitgeholfen; (Hört! hört! rechts) denn wir haben ihr die Wagen dazu gegeben. (Heiterkeit.)

Meine Herren, wenn ich hier die Leistungen der Staatseisenbahn— verwaltung in der Hochfluth des Verkehrs vorführen wollte wir hängen gewöhnlich unsere Erfolge nicht an die große Glocke so dürfte ich vielleicht nur ein Beispiel hervorheben. Es hat bekanntlich die Austellung des heiligen Rocks in Trier im Spätherbst stattge— . . . . ö. irgendwie der allgemeine Verkehr in ö. ö s nen dadurch alterirt worden wäre, diesen Verkehr

mwältigt, der in den schlimmsten Perioden oder in den besten K will ich sagen Geiterkeit), täglich bis zu 70000 1 Cisenbahnverwaltung damals i J ö. nver in allen Tonarten gesungen worden. Wir haben im ganzen etwa 1 800 000 Menschen befördert, ohne daß irgend welche Störung vorgekommen ist. . J n e e lar te e senbe h n m ü, e eräeugung gewinnen werden, daß die

386 tung noch auf dem Posten ist, und, wenn

auch die Zeiten nicht so günstig sind, daß sie mit

großen Reformen hervortreten kann, sie doch ihre in vollstem Maß erfüllen und mit Hingebung aller ihrer

Kräfte bestrebt sein wird, ihrer großen Aufgabe nach wie vor gerecht

pu . ö Bravo rechts und im Centrum.)

Minister der geistli ꝛc. i ebm, . ri fh i chen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Meine Herren! Ich habe den Eindruck, etwas unbescheiden zu

sein, daß ich mich nun schon zum zweiten Male in die Ctats-Debatte

hinein mische, aber die der Form nach so außerordentlich milde, dem

Princip nach so außerordentlich scharfe Ausführung lsehr

richtig! bei den Nationalliberalen) des verehrten Herrn Vor⸗

(Hört!

Pflicht

das eigentlich nicht

als der geehrte Herr Redner noch nach einer andern Richtung hin auf eine Angelegenheit eingegangen ist, die, glaube ich, nicht ganz mit dem Schulgesetz zusammenhängt, aber doch an meine Adresse gerichtet war; ich meine die sogenannte Polenfrage.

Meine Herren, wie vorhin schon hervorgehoben, bitte ich, es mir zu erlassen, heute des näheren auf das Schulgesetz selbst einzugehen. Das zu thun, ist ganz unmöglich, ohne sich in sehr ausführliche Anseinandersetzungen zu verlieren und damit Ihre Zeit noch mehr in Anspruch zu nehmen; aber zwei kurze Hinweisungen wollen Sie mir gestatten.

Der Herr Abg. Hobrecht characterisirt gewissermaßen das neue Schulgesetz mit dem Wort: es ist die Ausführung der Windthorst'schen Anträge. (Sehr richtig! links Ja, meine Herren, Sie rufen: „Sehr richtig!“ Ich habe mir soeben die Windthorst'schen Anträge kommen lassen und habe sie hier im Wortlaut. Ich kenne sie und bin bereit, sie vorzulesen, wenn Sie sie nicht mehr kennen sollten.

Schulgesetz enthält, absolut nicht. Gerade das gänzlich freie Ermessen der kirchlichen Organe, wie es die Windthorst'schen Anträge fordern, ist durch das Schulgesetz beschränkt durch die staatliche Genehmigung beziehentlich staatliche Einwirkung, und das, was Herr Abg. Hobrecht forderte, daß auf diesem Gebiete Staat und Kirche gemeinsam zu arbeiten hätten, ist in den Bestimmungen des Schulgesetzes zum Ausdruck und zur Geltung ge⸗ bracht worden. (Sehr richtig) Meine Herren, eine weitere Ausführung geht dahin, der Einfluß des Geistlichen solle sich in der Schule nur insoweit geltend machen dürfen, als wenn ich recht verstanden habe, in jedem einzelnen Falle die staatliche Instanz dies für zulässig erachte. Wäre dies die Aufgabe einer Neuregelung des Schulgesetzentwurfs,

schlechterung des bestehenden Zustandes herbeiführen würde; denn gerade damit, worin ja jetzt schon in vielen Beziehungen der Kern der vorkommenden Reibungen liegt, wärde diese Conflictsperiode ver— ewigt werden. (Sehr richtig!)

Nun hat der Herr Abg. Hobrecht seine Bedenken insbesondere motivirt aus den Erfahrungen in den östlichen Provinzen. Ich gehöre durch Geburt den östlichen Provinzen an und, wie Ihnen be— kannt ist, auch durch meine frühere Stellung und durch meinen Besitz. Ich glaube also über die östlichen Provinzen auch ein Urtheil zu haben. Und da finde ich mich nun in einer Beziehung mit dem Herrn Abg. Hobrecht vollständig auf demselben Boden stehend. Auch ich bin der Meinung ich habe es mir aufgeschrieben „daß mit allen der Staatsregierung gesetzlich zustehenden Mitteln diese Provinzen fortdauernd für die deutsche Cultur zu gewinnen sind“. Gewiß, Herr Abg. Hobrecht, ich schlage meine Hand ia die Ihre und will, so lange ich auf irgend einer Stelle maßgeblichen Einflusses stehe, nach dieser Richtung hin völlig mit Ihnen Hand in Hand gehen. Aber das schließt nach meiner Ansicht nicht in sich, daß man den, der zur Zeit noch nicht völlig der deutschen Cultur gewonnen ist, der an seinen Traditionen nationaler Art festhält, absolut außerhalb des Landesrechts stehend betrachtet. (Sehr richtig!)

Ich behaupte nicht, daß die Herren das thun, ich bitte dringend das nicht von mir anzunehmen. Ich sage nur ich treibe es ab— sichtlich auf die Spitze es giebt eine ganze Reihe von Zwischen⸗ punkten, wo man sich fragen muß: Wie ist in dem einzelnen Falle zu procediren? und da bin ich allerdings der Meinung, daß derjenige, der nicht von Geburt Deutscher ist, im übrigen sich aber den Gesetzen des Landes pure fügt, ebenso zu behandeln ist, wie jeder andere, der sich den Gesetzen unbedingt unterwirft. (Bravo! Das ist meine principielle Stellung.

Nun hat der Herr Abg. Hobrecht darauf hingewiesen: Es ginge eine schwere tiefe Beunruhigung durch die Bevölkerung der östlichen Provinzen, daß die bisherige Politik in ihr Gegentheil verkehrt werde daß mit anderen Worten das deutsche Interesse durch die gegenwärtig⸗ Staatsregierung oder meinetwegen auch durch den] gegen⸗ wärtigen Cultus-Minister vernachlässigt würde zu gunften ausländischer, nicht deutschnationaler Interessen. Herr Abg. Hobrecht hat dann in sehr vorsichtiger Weise gesagt: Ja, bestimmte Momente und bestimmte Thatsachen, aus denen ich in der Lage wäre, das hier zu beweisen, kann ich allerdings nicht angeben; ich kann nur sagen, die Befürchtung besteht.

Ja, meine Herren, das ist doch die Reincultur des Beunruhigungs⸗ bacillus in der allerhöchsten Potenz. (Sehr richtig!)

Das einzige, worauf der Herr Abgeordnete hingewiesen hat, ist mein bekannter Erlaß vom 11. April vorigen Jahres wegen der Privatschulen. Nun gestatten Sie, daß ich die Entwicklung dieses Erlasses Ihnen vortrage.

Eine Reihe von Familienvätern schreibt an den Cultus Minister und bittet ihn, doch zu gestatten, daß ihre Kinder, da in der Schule polnisch nicht gelehrt werde, privatim im Polnischen unterrichtet werden dürsen. Sie sagen, natürlich ist eine solche Genehmigung für uns nur dann von Werth, wenn auch gleichzeitig das einzige Local

was dafür brauchbar ist, man weiß ja, wie auf dem Lande p Dinge liegen das Schullocal zur Verfügung gestellt wird. Meine ö welcher Cultus-Minister hätte auf diese Anfrage Nein sagen

können?

Zunächst, wo ist die gesetzliche Basis für dieses Nein? Daß

jeder Vater seine Kinder ebenso gut Polnisch lehren lassen kann wie Französisch oder Lateinisch oder Sanskrit, ist

doch zweifellos im preußischen Staat. Daß eine Schulgemeinde ver⸗

fügt über Schulanstalten, die ihr gehören, soweit dadurch das Schul⸗

interesse an sich, welchem das Gebäude dient, nicht verletzt wird, ist

auch zweifellos. Es geschieht auch toto die. Eine große Zahl von

Schulanstalten werden zu Gemeindeversammlungen, zum Impfgeschäft,

zu allen möglichen Zwecken der Gemeinde benutzt. Natürlich, und man könnte nur fragen, wie kommt der Cultus-Minister dazu, für einen Zweck, der außerhalb der Aufgabe des Staates liegt,

seine Genehmigung zu ertheilen? Meine Herren, ich habe sie gar nicht ertheilt sondern ich habe mich auf den sehr vorsichtigen Standpunkt

zurückgezogen, wenn diejenigen Instanzen, welche darüber zu befinden

haben, einverstanden sind, so will ich nicht dagegen sein. Ich glaube,

vorsichtiger kann man nicht sein. . Und nun endlich der Lehrer! Ja mit den Lehrern ist es eine eigene Sache! Sie wissen, unsere Lehrer ich möchte öffentlich aussprechen sind bis jetzt doch wenigstens nicht so gestellt, daß sie auf jeden Nebenverdienst so

redners aus dem . Hause nöthigen mich umsomehr dazu,

e, e , . , .

ohne weiteres verzichten dürften. Außerdem ist der Lehrer wünschens⸗

Nun muß ich sagen: der Wortlaut stimmt doch mit dem, was das

dann würde ich allerdings glauben, daß sie eine wesentliche Ver⸗

per

den. Also wenn ein solcher Lehrer sich bereit finden lassen will, diesen Sprachunterricht zu ertheilen außerhalb seiner Amtsstunden und in einer Form, die aufsichtlich controlirt wird und die Ge— nehmigung würde ganz zweifellos nicht ertheilt werden, wenn in irgend einer Weise aus der Person des Lehrers oder dem Zustande der Schule Bedenken entgegenständen ja warum soll einem solchen Lehrer nicht die Genehmigung ertheilt werden, Privatunterricht zu geben? Ich muß wirklich sagen, für diese Auffassung fehlt mir das Verstãndniß, trotzdem ich in den östlichen Provinzen geboren, erzogen, angesessen bin, und den größten Theil meines Lebens in ihrer Verwaltung thãtig . bin, und glaube, Menschen, Verhältnisse und Dinge dort zu ennen.

Nun aber, meine Herren, hat man noch eine besondere Besorgniß daraus entnommen, es könnte der Fall eintreten, daß auf diese Weise einige Kinder deutscher Eltern Polnisch lernten. Erlauben Sie, meine Herren, Ihnen hier ein höchst interessantes Factum mitzutheilen, statistisch nachweisbar. In der Provinz Posen, wahrscheinlich auch in Westpreußen ich kenne in Westpreußen die Berhältnisse nicht so ist es ganz zweifellos, daß nicht etwa seit kurzem, sondern seit einer langen Reihe von Jahren in den Städten das Handwerk und der Handel mehr und mehr in polnische Hände übergehen. In der Stadt Posen ist beispielsweise im Jahre 1840 nur ein einziges größeres polnisches Handelsgeschäft gewesen. Jetzt sehen Sie eine große Zahl von Hotels, Restaurationen, Handelshäusern jeder Art, Handwerken überall in polnischer Hand. Auch einen großen Theil des Hausbesitzes hat jetzt die polnische Hand. Ich habe natürlich dieser auffälligen Erscheinung in der Zeit, wo ich an der Spitze der Provinz Posen stand, meine Aufmerktsamkeit gewidmet. Ich bin dabei zu folgendem Resultat ge⸗ kommen. Wenn in einer zweisprachigen Provinz der Chef eines Geschäftshauses oder auch der Chef einer Verwaltung einen Beamten nimmt, so fordert er von ihm Doppelsprachigkeit. Mir sind eine große Zahl von Herren aus der Provinz Posen bekannt ich bin überzeugt, Viele von ihnen, nicht Alle, ich weiß es, Einzelne machen Ausnahmen, aber Viele von ihnen, auch wenn sie nur einen landwirthschaftlichen Beamten haben wollen, schreiben in die Zeitungen: „beider Landessprachen mächtig“. Der Commis des Kaufmanns, der Apothekerlehrling, der Schreiber des Rechtsanwalts muß unter allen Umständen beider Sprachen mächtig sein; denn sonst ist er unbrauchbar in einer Bevölkerung, von der thatsächlich ein Theil nicht beide Sprachen kennt, und ein anderer vielleicht auch nicht beide Sprachen kennen will. Was ist die Folge dieses Zustandes? Daß derjenige Theil der Bevölkerung, welcher doppelsprachig ist, ein eminentes wirthschaftliches und sociales Uebergewicht hat. (Sehr richtig! im Centrum.)

Mit dieser Tendenz einer völligen Abschließung der beiden Nationalitäten sprachlicher Art erreichen wir nichts weiter als daß die Polen hochkommen und die Deutschen unterdrückt werden. (Sehr richtig h)

Meine Herren, auf den höheren Schulen der Provinz Posen wird seit längerer Zeit polnischer Sprachunterricht ertheilt; er ist früher ertheilt worden in einer Form, die für den Deutschen absolut unbrauchbar war. Der polnische Sprachunterricht war eine Geschichte des Polenreichs, er war eine Literaturgeschichte, eine Kunstgeschichte Polens, er regte die Phantasie und das Interesse der von Hause aus polnischen Schüler auf das lebhafteste an; und ich habe mich nich! einen Augenblick gewundert, als auf meine Veran— lassung meine Herren, nicht, wie ich Cultus-Minister war, sondern wie ich noch Ober⸗Präsident war dieser Unterricht auf die Basis gestellt wurde, daß er für deutsche Schüler das Hilfsmittel bilden sollte, um Polnisch zu lernen, zu dem Zwecke, sich künftig in der Provinz Posen in geschäftlichen Beziehungen tanti zu machen ich sage: ich habe mich nicht gewundert, daß, als ich das erreicht hatte, von den Polen in der erbittertsten Weise gegen mich gearbeitet wurde. Meine Herren, das ist der deutlichste Beweis, wie falsch es isc, in diesen Dingen die Sache übertreiben und auf die Spitze treiben zu wollen (sehr wahr), wie richtig es ist, daß nirgends das Schwert schartiger wird als in den Fragen, die mit dem soeialen und dem wirthschaftlichen Leben unmittelbar zusammenhängen. Diese Dinge können nicht aus der Abstraction irgend einer Theorie ent— schieden werden, sondern da muß man mitten im Leben gestanden haben und muß wissen, wie die Dinge sind, um sie zu entscheiden. (Bravo! im Centrum und rechts.)

Um 31 Uhr wird die weitere B Frei n Mh . . h eitere Berathung auf Freitag

Sandel und Gewerbe.

Leipzig, 21. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin⸗ h andel., La Plata. Grundmuster B. per Sen nn n , e, Februar 3,525 F, per März 3,56 6, per April 3, 55 M, per Mai 34 M, per Juni 3,578 ½, per Juli 3,60 z, per August 3,60 66,

eptember 3,60 St, per Oktober 360 M, per Nobember 3, 60 S per Dezember 3, 60 ς Umsatz 50 000 kg. . . . Kämmlings-⸗Auction. Stimmung lebhaft. Feine Kämm— linge 29, gute correcte 10 bis 15, fehlerhafte 5 3 höher, als in der letzten Auction. Von 332 000 kg wurden 250 069 verkauft. London, 21. Januar. (W. T. B.) Die Londoner Handelskammer lehnte den Antrag Montagu's zu gunften der Einführung von Einpfundnoten ab und erklärte es für unrathsam, derartige Noten einzuführen, ehe die Nützlichkeit durch eine eingehende parlamentarisch⸗ un e n. . sei.

Bradford, 271. Januar. (W. T. B.) Wolle ruhig aber stetig, Exportgarne ruhiger, ö ruhig. Paris. 21. Januar. ; T. B.) Der Minister des Innern Constans hat es abgelehnt, das regelmäßige Stattfinden der Ab en dbörse zu untersggen, ebenfo wie der Finanz⸗M inister

kept en hat. ö .

ntwerpen, 21. Januar. (W. T. B.) Wollauc tion. An⸗ . waren 1740 B. La Plata, F, ic B. verkauft. Die BPetheiligung war eine mittelmäßige, die Kauflust eine rege. Sie reise waren 10 niedriger gegen Nobember-⸗Auction. . New⸗Hork. 21. Janugr. (W. T. B) Nach fester, lebhafter Eröffnung entwickelte die Börse eine schwächere Haltung. 6 Schluß war lustlos, aber fest. Der Umfatz der Aetien betrug 104 0009 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 200 650 Unzen geschätzt. Die Sil berverkäufe betrugen 33 000 Unzen. ö Nach einer Meldung der New⸗Nork⸗Times“ erhielt die Central . Eisenbahn⸗Compagnie“ ein Tele⸗ gramm des Inhalts, daß die Regierung von Uruguay die ir , der Compagnie bis zum 31. Dezember v. J.

werther. Weise organisch mit den Eltern seiner Kinder nahe verbun⸗

D . . „„ /

Figubier sich für die Zulaffigteit des C ouliffen ver kehrs aus.

zahlreichen ihr ang

M 19.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 22. Januar

1892.

Deutscher Reichstag. 153. Sitzung vom Donnerstag, 21. Januar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Director im Reichsamt des Innern Nieberding.

Zur ersten und event, zweiten Berathung steht das Ab— kommen zwischen dem Reich und Oesterreich-Ungarn

über den gegenseitigen Patent-, Muster- und

Markenschutz.

Abg. Schmidt⸗Elberfeld (dfr.): Die Bemühungen, den inter⸗ nationalen Muster⸗ und Markenschutz auszudehnen, würden von den Gewerbetreibenden freudig begrüßt; denn die bisherige Art, diese Dinge zu ordnen, habe auf die Dauer nicht befriedigen können, son— dern es bedürfe besonderer Abkommen mit den einzelnen Staaten. Ferner sei erfreulich, daß die Gründe zu dem Abkommen wegen des Schutzes, den die Waaren durch Angabe des Herkunftsortes hen fen in der ö eine Lücke anerkennten, die zu beseitigen die Reichsregie⸗ rung für ihre Pflicht halte. Ein 3 müsse ferner den Bezeichnungen der Waaren gewährt werden, wenn sie auf den Markt gebracht würden unter einem eigens zu dem Zwecke erfundenen Namen, dessen Nach⸗ ahmung in anderen Ländern von den Gewerbetreibenden als ein illoyaler Wettbewerb angesehen und von der Gesetzgebung verfolgt werde. Gerechtfertigt sei auch, wenn man sich bestrebe, in der Folge jeden Schein zu vermeiden, als ob eine im Auslande ge—⸗ fertigte Waare deutschen e ge, sein könnte. Den Ausländern dürfe eine angemeldete Marke nach Art. 6 des Abkommens deshalb nicht zurückgewiesen werden, weil sie den ,, des Landesgesetzes nicht entspreche. Man sei bisher wegen der Behandlung der Ausländer viel weiter gegangen, als man es nach den bestehenden gesetzlichen Vor⸗ schriften nöthig gehabt habe. Aber dieses Entgegenkommen sei dem Neiche nicht gedankt worden, sondern es habe, bei den anderen Staaten nur Beschränkungen erfahren, namentlich bei denjenigen, die der Staatenconvention bon 1883 angehörten. Die gesetzliche Be⸗ stimmung, daß in Deutschland Zahlen, Buchstaben oder Worte t angebracht werden dürften, habe bisher Ausländern gegenüber nicht angewendet werden können. Jetzt sei wegen dieses Paragraphen eine neue wichtige Entscheidung des . herausgekommen, die für die in den Gründen in Aussicht gestellte Novelle zum Marken⸗ schutzgesetz von besonderer Bedeutung sein werde. Es handele sich um die Anwendung eines Wortes von einem Ausländer und es sei hier der Grundsatz vom Reichsgesetz vom 12. Oktober 1891 anerkannt, daß für den Ausländer in Deutschland der gesetzliche Schutz im Gebrauch einer Marke nur innerhalb der durch das deutsche Markenschutzgesetz geschaffenen Grenzen gelte. Das sei sehr wichtig und widerspreche einer Reihe früherer Entscheidungen. Es sei ausgeführt worden, daß der Wortschutz nach dem bestehenden Gesetz nicht in so weit gelte, als das Wort bei der Aus⸗ 9 einen gewissen Klang habe, sondern daß der Schutz nur in der zur Eintragung angemeldeten charakteristischen Form gelte. Deutschland sei in der Begünstigung des Auslandes sogar noch weiter gegangen infolge der mangelnden Vorprüfung der von den Ausländern angemeldeten Zeichen in Leipzig. Nach § 20 des Gesetzes von 1874 müsse der anmeldende Ausländer in seinem Lande für das Zeichen einen Schutz beanspruchen und solle ihn in Deutschland nur so lange haben, als er ihn in diesen fremden Ländern genieße. Das heiße und werde auch in der Convention so verstanden, daß der Aus⸗ länder sein Zeichen im Auslande bereits angemeldet habe. Bei den Leipziger Gerichten sei aber die 3 so gehandhabt worden, daß der ein in England nicht registrirtes Zeichen anmeldende Engländer trotzdem hier habe registriren dürfen, wenn er die Versicherung ab⸗ gegeben habe, daß das Zeichen in England nach gommon law, nach dem gewöhnlichen bürgerlichen Recht M t sei. Ez sei verwunderlich, daß die deutschen Richter diese Erklärung anerkannt hätten, ob⸗ n England seit 1875. Gesetze zur Markenregistrirung in Kraft seien, und der Engländer, der in Deutschland anmelde, ganz gewiß auch in England angemeldet hätte, wenn er glaubte, die Marke dort registriren zu können. Die Berufung auf das common law sei in den in Leipzig n rn, Prozjessen unbegreiflicher ö zugelassen worden, obwohl nach 5 77 des englischen Markenschutzgesetzes von 1883 Niemand berechtigt sei, wegen Mißbrauchs seines Zeichens in England eine Klage anzustrengen, wenn er feine Marke nicht registrirt habe. Also Deutschland pflege den Ausländern große Rechte zu gewähren und die Ausländer pflegten die Deutschen dagegen recht schlecht zu behandeln. Der Artikel 1 des Abkommens gewähre das Recht für den Erwerb des Schutzes, gehe aber nicht weit genug; denn er garantire nicht die Ausübung dieses Rechts, der Einführung der betreffenden Waare in das andere Land, die, wie das Beispiel Englands beweise, trotz des gewährten Rechts verhindert werden könne. Nach dem, Wiener Friedensschluß von 1815 habe die Schifffahrt auf dem Rhein frei von Zöllen und Abgaben sein sollen jusqus à 14 mer: die Holländer hätten das wörtlich genommen und ihr Zollkutter habe kein Schiff heraus⸗ gelassen, das nicht den Zoll bezahlt hätte, Genau so machten es die Engländer: sie legten die Sache wörtlich aus und verhinderten die Einführung der deutschen Waaren. Der Redner legt einen von ihm gefaßten Zusatz zu Art. J vor, der dem vorbeugen soll und empfiehlt auch die Aufnahme einer Meistbegünstigungselausel darin, die vielleicht dem so eng befreundeten und verbündeten Oesterreich gegenüber nicht eben nothwendig sein möge, wohl aber den Staaten gegenüber, die der Pariser Convention von 1883 angehörten, unter denen sich auch Italien befinde. England gewähre Deutschland nicht die Ver⸗ günstigungen, die es den Conventionsstaaten, namentlich den Ver⸗ einigten Staaten, gewähre. Die Engländer sagten, daß bei einer in England eingetragenen Marke eines Deutschen durch diese Ein⸗ tragung das e . Zeichen ein englisches werde und den englischen 5. unterliege; das geschehe, um die Anwendnng der Madrider CGonventionsbeschlüsse von 1890 und einer bien Bestimmung ihres Gesetzes bewirken zu können, womit die Einfuhr einer ganzen Reihe von Waaren unmöglich werde. Nach dieser Bestimmung dürfe ein mit einer englischen Marke bezeichneter Gegenstand nur dann einge⸗ führt werden, wenn der Ursprung deutlich darauf verzeichnet fei, z. B. mit den Worten; „manufacture of (terman *. Dadurch werde die Einfuhr zahlreicher Gegenstände in England, z. B. der Stahl⸗ waaren, hei denen die Marke, eine ganz hervorragende Bedeutung habe, vollständig unmöglich. Die Amerikaner, die das n. eingesehen hätten, namentlich auch für andere kleine Gegenstände und Kunstwerke, kenn eichneten für England den Ursprung der Waare , durch die Buchstaben „U. S. A. (United States America). Das fei möglich und verringere die Waare nicht in der Weise, wie das Aufsetzen dreier lange Worte. Das gleiche Recht wolle man dem Deutschen Reiche in England nicht gew f ieh und auch die Syn⸗ dikate der anderen Staaten verhinderten durch dieses Mittel den Ein⸗ gang deutscher Waaren. Das müsse durch das Abkommen unmöglich gemacht werden, oder das Reich müsse darin zu , . en, wie es analog im Zolltarif a. von 1879 geschehe. Dem Rath, daß Deutschland einfach der Staatenkonvention von 1883 bei⸗ trete, könne er 53 beistimmen, da es durch die Abstimmung der

ehörenden kleineren Staaten in seinen Interessen Bei Abkommen mit anderen Staaten ein können, wie man es bei dem

wohl in

nicht gefördert werden würde, werde man nicht so gemäßigt

mit Oesterreich gewesen sei und habe sein dürfen.

Director im Reichsamt des Innern Nieberding: Die Re⸗ gierung sei dem Vorredner dankbar dafür, daß er mit den allgemeinen Grundanschauungen, die für dieses vorliegende Abkommen maßgebend 6 seien, seine Zustimmung und seine Anerkennung ausgesprochen habe. Er glaube in der That, daß in der ganzen deutschen Industrie kein Zweifel darüber bestehe, daß die Art und 5 wie die Fra⸗ gen, die dieses Abkommen berühre, bisher nebensächlich in den Handels⸗ verträgen ihre Regelung gefunden hätten, nach den jetzigen Bedürfnissen des internationalen Verkehrs nicht mehr genügt habe. Nichtsdesto⸗ weniger habe die Regierung, bevor sie den Weg beschritten habe, auf dem das vorliegende Abkommen die erste Etappe darstelle, es für zweckmäßig gehalten, sich mit hervorragenden Vertretern der deutschen Industrie ins Benehmen zu setzen, und diese hätten sich einstimmig dahin ausgesprochen, daß die Absichten, welche die Re— gierung verfolge, i r seien, und, sie hätten insbesondere auch was er mit Rücksicht aj die Schlußbemerkung des Vor⸗ redners nicht unterdrücken wolle sich dahin ausgesprochen, daß es zur Zeit nicht 6 sei, der bekannten internationalen Union beizutreten, sondern daß den deutschen Interessen besser gedient wäre, wenn die Regierung ,, auf dem Wege von Separatabkommen die Beziehungen zwischen Deutschland und den einzelnen Staaten zu regeln versuche. Sie werde natürlich in den verschiedenen Separat⸗ abkommen die besonderen Verhältnisse, die zwischen Deutschland und den einzelnen Staaten beständen, nicht außer Betracht lassen, und er möchte zu den Ausführungen des Vorredners, die er über die Praxis der englischen Behörden bei der Einführung deutscher Waaren gemacht habe, zur Beruhigung bemerken, daß die Regierung selbstverständlich in den Verhandlungen, die sie etwa mit Großbritannien zu führen haben werde, auch alle die Gesichtspunste in Betracht ziehen werde, die in seinem Vortrage Ausdruck gefunden hätten. Er halte es für 5 tiger, den Gegenstand gegenüber England in diesem Augenblick nicht weiter zu berühren. Er glaube, die Regierung führe die Verhand⸗ lungen günstiger wenn man zunächst hier in eine Erörterung der Einzelheiten auch der gegenwärtigen practischen Handhahung der englischen Gesetze nicht eintrete. Er bitte den Vorredner, sich damit zu beruhigen, aber auch aus seinem Schwei en nicht herleiten zu wollen, als wenn er mit allen seinen Ausführungen einverstanden wäre. Er dürfe nur noch hinzufügen, daß die Regierung inzwischen mit der italienischen Regierung im wesentlichen auf dem Boden des vorliegenden Abkommens zu einer Verständigung gelangt sei. Das Abkommen sei unterzeichnet worden und werde, wie er nicht zweifle, in den nächsten Tagen dem hohen Hause vorgelegt werden. Er habe dann zu den Ausführungen des Vorredners in zwei Beziehungen noch einige Bemerkungen zu machen. Er habe sich zu einer Erörterung der Mängel des bestehenden Markenschutzgesetzes gewendet. Er (Redner) glaube sig in diesem Punkt auf die ja schon in den Gründen der Vorlage hervorgehobene Thatsache beschränken zu können, daß die Regierung mit der Ausarbeitung eines neuen Markenschutzgesetzes so weit vorgeschritten sei, daß sie mit einiger Sicherheit hoffen dürfe, dem hohen Hause in der nächsten Sitzung eine Vorlage zu machen, eine Vorlage, in der auch diejenigen Mängel ihre Erwägung und, so⸗ weit es gehe, auch ihre , . J würden, die von dem Vorredner vorhin ausdrücklich . en worden seien. Er habe dann zweitens gesagt, daß das gegenwärtige Abkommen in manchen Beziehungen nicht weit genug ginge. Er habe aber, wenn er (Redner) ihn richtig verstanden habe, diese seine Bemerkungen nicht aus den , wie sie zwischen Desterreich⸗UWnõgarn und Deutsch⸗ land beständen, heraus gerechtfertigt, sondern mit der Praxis der englischen Behörden gegenüber der Waareneinfuhr aus Deutschland. Er möchte dem Vorredner gegenüber ausdrücklich betonen, daß der Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn sich ohne alle diejenigen Beschwerden bisher vollzogen habe, die in dem Verkehr mit England allerdings hervorgetreten seien. Die Regierung werde zu er⸗ wägen haben, wie weit sie diesen Beschwerden Rechnung tragen könne in einem Abkommen mit Großbritannien. Sie habe aber keine Ver⸗ anlassung gehabt, in dem Abkommen mit Oesterreich⸗Ungarn auf diese Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Er glaube, daß das Abkommen, wie es vorliege, den beiderseitigen Verhältnissen auch nach Maßgabe der Erfahrungen in dem bisherigen Verkehr genugsam Rechnung ö und er bitte das hohe Haus, die Zustimmung ihm nicht zu versagen.

Abg. Dr. Hammacher (ul): Die vorliegende Convention werde in den betheiligten Kreisen Deutschlands mit großer Genugthuung entgegengenommen, insofern darin die Tendenz hervortrete, die gesetz⸗ lichen Bestimmungen über das geistige gewerbliche Eigenthum auf internationale Weise zu regeln. Die Interessen der Gewerbe⸗ treibenden hätten jedoch seiner Meinung nach nicht genügende Be⸗ rücksichtigung gefunden. Man hätte bei Gelegenheit dieses Ab⸗ kommens mit Desterreich auch eine Vereinbarung treffen sollen, die den sogenannten Ausführungszwang beseitige. In dem Patentgesetz sei die Bestimmung enthalten, daß das Patent zurückgenommen werden könne, wenn der Erfinder es nicht innerhalb dreier Jahre aus ö das österreichische Patentgesetz sei schärfer, es bemesse die Frist auf ein Jahr, nur daß die Bestimmung obligatorisch sei, kat wie in Deutschland facultativ. Freilich sei sie in ö, bisher nicht so streng gebandhabt, aber man habe keine Sicherheit, daß es in Zukunft so bleibe. Ein Deutscher könne in ,, sein Patent ver⸗ lieren, wenn er es erst im zweiten oder dritten Jahre praetisch ausführe. Sollte in diesem Punkte von Oesterreich nicht eine Gleichstellung mit dem pt r , lr. zu erlangen sein? Ferner wäre eine Bestimmung wünschenswerth, welche die Bezeichnung des Landes vor⸗ schreibe, aus dem die Waare herkomme. Die internationale Parxiser Convention vom 20. März 1883 habe hohen Werth für die betreffen⸗ den Länder; die Industriestaaten Europas und die Vereinigten Staaten von Rord-Almersta felen ber Ünion böigetreten. Die deulschen Inter⸗ essenten meinten, daß der Beitritt Deutschlands zu dieser Union nicht so bedenklich sei, wie der Regierungs⸗Commissar es hinstelle. Das wesentlichste dieser interngtionglen Union bestehe in der Anerkennung des Grundsatzes, daß der Angehörige eines der Unionsländer in allen Unionsländern den Schu ahr, gewerblichen geistigen Eigenthums genieße, und in Deutschland werde der Tag der . Patents als der K der Frist für seine Dauer betrachtet, in Oesterreich der Tag der Anmeldung. In Deutschland dauere die Patentertheilung sechs bis sieben Monate, zuweilen jahrelang, wenn Einspruch erhoben werde. Die Anmeldung des Patents werde in Deutschland veröffent- licht, in Oesterreich⸗ Ungarn nicht. Unter diesen Umständen könne es vorkommen, daß jemand in Deutschland gleichzeitig dieselbe Erfindung mache, in guten Glauben sein Patent anmelde und erlange und schließlich dem Oesterreicher gegenüber, der es früher angemeldet habe, zurückstehen ö. § J des Entwurfs, der diesen Punkt be⸗ treffe, bedürfe einer Abänderung, ebenso der 8 4. Beide Para—⸗ graphen seien auch unklar. In BDeutschland würden viele Erfindungen nicht patentirt, die in Oesterreich⸗Ungarn zur Patentirung gelangten. Nun könne folgender Fall eintreten: Ein deutscher Erfinder habe sich darauf verlassen, daß er ein Patent erhalte, es werde ihm aber nicht ertheilt. Mittlerweile habe irgend ein Oesterreicher das gleiche Patent in Oesterreich erlangt und der Deutsche sei um seine Priorität gekommen. In der Convention seien Bestimmungen enthalten, die für ihn unannehmbar hien er beantrage die Ueberweisung an eine Commission von vierzehn Mitgliedern.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (b. k. F.): Bei der ein⸗ heitlichen Regelung des Marken Muster und Patentschutzes sollte man auch das Urheberrecht für Erzeugnisse der Kunst und Wissen⸗

schaft zwischen Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn regeln. Deutsch⸗ lands Entgegenkommen DOesterreich gegenüber gehe ja doch bis zur Selbstverleugnung. In Deutschland sei die Dauer des Schutzes des l ig, Eigenthums auf dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers emessen, in Oesterreich auf 2 Jahre. Im nächsten Jahre würden die Werke Richard Wagner's in Oesterreich frei sein, in. Deutschland nicht. Die Erben seien dadurch e n, Hoffentlich werde die Regierung neue Unterhandlungen in dieser Richtung mit Desterreich eröffnen.

. Menzer (cons.): Seine Partei sei der Meinung, daß Deutschland England gegenüber eine andere Stellung einzunehmen habe, als Oesterreich⸗Ungarn gegenüber. Sie habe einige leichte Bedenken gegen den Entwurf, er sei jedoch im ganzen für sie an⸗ nehmbar. Deutschland habe einen Vortheil vor Oesterreich⸗Ungarn durch seine Gebrauchsmuster⸗Gesetzgebung. Was hier als Gebrauchs⸗ muster geschützt werde, könne dort nur als Erfindung geschützt wer⸗ den, wenn es als solche anerkannt werde. Die Kosten in Oester⸗ . seien in solchen Fällen höher als in Deutschland. In Oester⸗ reich seien für das Patent für fünfzehn Jahre zu zahlen im Ganzen 330 Gulden, in Deutschland koste der Musterschutz nur 250 0 Hier wäre eine einheitliche Regelung der Tarifsätze angebracht. Gegen Art. 4 habe seine Partei auch Bedenken. Die Bestimmung, daß Marken, die gegen die Sittlichkeit und öffentliche Ordnung ver⸗ stießen, in Oesterreich nicht zugelassen werden sollten, halte er für überflüssig, weil sowieso keiner der beiden Staaten solche Marken zulasse. Seine Partei halte eine commissarische Berathung des Abkommens für überflüssig und werde ihm zustimmen.

Director im Reichsamt des Innern Nieberding: Die vom Abg. von Liebermann angeregte Frage wegen des Schutzes des lite⸗ rarischen und künstlerischen Eigenthums werde zur Verhandlung kommen bei der Interpellation, die dem Hause vorliege und diese Materie zum Gegenstand habe. Zugleich mit den J habe diese Sache nicht geregelt werden können. Der Vorbehalt wegen der Marken, die gegen die Sittlichkeit oder öffentliche Ordnung verstießen, sei auf einen österreichischen Wunsch zurückzuführen, den die deutsche Regierung nicht empfunden habe, dem sie jedoch habe entsprechen müssen. Eine . Regelung der Gebühren sowohl für die Erfindungen wie für die Muster und Marken in Deutsch⸗ land und Oesterreich⸗Ungarn sei unmöglich. Durch die Gebrauchs⸗ muster⸗Gesetzgebung habe Deutschland zwar einen Vortheil vor Dester⸗ reich, dafür seien aber auch die Patentgebühren in Deutschland erheblich höher. Die Gebrauchsmuster entbehrten eines Schutzes in Oesterreich⸗ Ungarn ebenfalls nicht. Der Abg. Dr. Hammacher habe sich zu seinem Bedauern in ziemlich scharfer Weise gegen das nur mühsam zu Stande gebrachte Abkommen gewandt. Wegen des Ausführungszwanges sei er vollkommen mit ihm einverstanden, der Zwang sollte in jedem der beiden Länder nicht aufrecht erhalten werden. Die Regierung habe jedoch vergeblich versucht, die Regierung von Oesterreich⸗Ungarn von ihrer Auffassung zu überzeugen und habe sich bei dem bescheiden müssen, was die Vorlage enthalte. In der mit Italien geschlossenen Convention sei der Ausführungszwang vollständig beseitigt. Die Frage der Bezeichnung von Waaren zum Zweck der Tauschung mit dem Namen des Auslandes werde durch ein künftiges ee geregelt werden. Art. 3 und 4 des Ahkommens seien nicht unklar, sonst hätte sie der Abg. Dr. Hammacher nicht voll, und richtig verstanden. (Heiterkeit)

Selne Bedenken gegen den Beginn der Prioritätsfrist seien nicht be⸗ gründet, diese Bedenken könnten auch gemacht werden, wenn die ö von dem Zeitpunkt der k sollte.

in solches Abkommen hätte die deutschen Interessen schwer geschädigt. Die Regierung sei der Ansicht, daß das Abkommen, so wie es sei, 96 . der deutschen n, für Deutsche sogar einen sehr roßen Vorzug enthalte, der darin liege, daß, wenn die Frist mit der

atentanmeldung begänne, der Deutsche, der auf Grund der Anmel dung in Oesterreich seine Erfindung auch anmelde, später ja genöthigt sein könne, noch einmal anzumelden, weil im Laufe des in Deutsch— land üblichen Prüfungsverfahrens die Anmeldung eine neue Gestalt erhalten könne und dann in Oesterreich keineswegs mehr als identisch mit der früheren Anmeldung angesehen werden koͤnne. Das wäre ein sehr erheblicher Nachtheil, daher halte die Regierung dafür, daß das Abkommen in der gewählten Fassung der beste Weg sei. Zur Com⸗ . möchte er nicht rathen, denn es könne dort nichts mehr geändert werden. Da man sich auch sagen müsse, daß das Ab⸗ kommen im großen und . den deutschen Interessen' günstig sei, so möge man über das Abkommen gleich in zweiter Lesung beschließen, umsomehr, als es ja am 1. Februar gleichwie die Handelsverträge in Kraft treten solle.

Abg. Dr. Horwitz (dfr: Das Abkommen gebe allerdings zu mannigfachen Bedenken Veranlassung und . von einer allzu großen Rücksichtnahme auf Oesterreich⸗Ungarn, aber man könne an der Vor⸗ lage ja nichts ändern, sondern müsse sie annehmen, wie sie sei, oder ablehnen. Und ö. sei dieses Abkommen noch besser als der bestehende Zustand. a man Anträge der Commission auf Abände⸗ rung doch nicht annehmen könne, möge man den Umweg über die Commission lieber ersparen, und er bitte den Abg. Dr. Hammacher, seinen Antrag auf Commissionsberathung zurückzuziehen.

Abg. Sam ham m er (dfr.): Er schließe sich dem Antrage Ham⸗ macher an. Eine Verzögerung durch eine Commissionsberathung hätte nur die Folge, daß man ein besseres Gesetz etwas später bekomme.

Abg. Dr. Ham macher (ul.): Er würde seinen Antrag nicht so hartnäckig aufrechterhalten, wenn er nicht die Grundlagen dieses Abkommens, die doch wohl für ähnliche Abkommen mit anderen Staaten typisch sein sollten, geradezu für schädlich im Interesse der deutschen Industrie hielte. Ber Regierungs⸗Commissar habe seine Bedenken nicht widerlegt und auch nicht die Gesichtspunkte angegeben, mit denen die , den deutschen Interessen dienen zu können glauhe. Die Bedingungen für Erlangung eines 1 seien in Desterreich viel milder als hier, sodaß ein in

eutschland abgewiesener Patentsucher in Oesterreich doch ein Patent erhalten und dann nach diesem Abkommen auch in Deutsch⸗ land Patentschutz genießen könne. Ebenso . es mit Italien, welches das Anmeldeverfahren für Patente habe. Man treibe also die deutschen Patentsucher ins Ausland. Dieser Vertrag dürfe, nicht typisch werden, sonst sei er ihm nicht annehmbar. Auch mit der k könne man die Vorlage bis zum 1. Februar erledigen.

r Schmidt⸗Elberfeld (dfr.); In der Commission könne man die Ausstellungen gegen die Vorlage genau, feststellen und in Resolutionen festlegen, welche die , bei Abschluß fernerer Abkommen berücksichtigen könne. Den Ausführungszwang für Patente könnte man vielleicht auf Oesterreich Ungarn beschränken. Wenn auch der Regierungs⸗Commissar die Ausstände nicht in einer Commission erörtert wissen wolle, so bitte er doch um Ueberweisung an eine Commission. ;

Director Nieberding: Er sei nicht gegen die Commissions⸗ berathung, um eine Erörterung der rh zu unterdrücken, im Gegentheil, der Regierung könnten mögli k gründliche Erörterungen nur erwünscht sein; sie würde die Herren dann hoffentlich von ihren Ansichten überzeugen können. Aber es sei zu befürchten, daß dann die Vorlage nicht rechtzeitig zu stande komme. .

Damit schließt die erste Berathung. Der Antrag Ha m⸗ macher auf Ueberweisung an eine Commission von 14 Mit⸗ gliedern wird angenommen. r .